Kommentarserie 1949 zusammengefasst

Einige Stichworte in diesem Jahrgang (in Auswahl):

Feuerbestattung, Alaska, Rassentrennung in den USA, Euthanasie, Care-Pakete, Polen, Vatikanstaat, Mexiko, Quebeck (Kanada), Seelenlehre, Evolution, Arche Noah, Griechenland, Kongress New York 1950, Blockade Berlin, Siegmund Freud, Muttertag, Bibeln für Japan, letzte Verteidigungslinie der Religion, Mindszenty, Argentinien, Ludwig Reinhardt, Seelenlehre, Nordlicht, Guayana, Sexualerziehung, China, Hölle, Gangster in Amt und Würden, Theokratische Hilfe für Königreichsverkündiger (Buch)

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Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 02. Januar 2009 06:14

Im "Wachtturm" vom 1. 1. 1949 liest man:
"Zitieren wir das religiöse Monatsblatt 'Victorian'-Magazine von Father Baker, welches in Lackawanna, New York, herausgegeben wird. Auf Seite 65 seiner Ausgabe vom Juni 1948 veröffentlicht die 'Victorian'-Zeitschrift unter dem Titel 'Aufgepaßt, Amerikaner!' zwischen kurzen Artikeln über den Kommunismus und einem letzten Artikel über das deutsche Volk, das durch Hitler verdorben worden sei, in auffallender Schrift folgenden Artikel:

Die katholische Presse berichtet uns, dass die atheistische Regierung von Polen Sekten finanziere wie diejenige der Zeugen Jehovas, um die Katholizität des Volkes zu vernichten. 'Wachtturm'-Verkäufer machen in den Wohnungen die Runde mit Pamphleten, die die Kirche verunglimpfen. Es werden auch Sonntagsvorträge organisiert, wodurch der Katholizismus herabgewürdigt und der Kommunismus verherrlicht wird.'

Von ähnlicher Tendenz wie das oben angeführte Stück römisch-katholischer Propaganda ist folgende Rundfunkmeldung der katholischen Nachrichten, die am 16. Oktober 1948 um 18.45 Uhr über die Radiostation WHKC, Columbus, Ohio durchgegeben wurde in der Absicht, die Hilfsaktion in ein falsches Licht zu setzen, die Jehovas Zeugen in Polen unter ihren eigenen Brüdern durchführten:

'J. Z.-Angebot für Polen: 15 Dollar für deine Seele.
WARSCHAU - Du kannst deine Seele für 15 oder 20 Dollar hier verkaufen - wenn das deiner Vorstellung über ihren Wert entspricht. Die treuen Katholiken Polens jedoch schätzen sie höher ein.
Jehovas Zeugen, die in grausamer Weise aus der Armut des Volkes Nutzen schlagen, verabreichen ein amerikanisches Lebensmittelpaket und eine Anweisung auf Kohlen im Werte von 10 Dollar irgendeiner Person, welche die katholische Kirche verläßt und sich ihrer Sekte anschließt. Nur wenige sind Abnehmer.

Die Zeugen, deren Gratisschriften deutlich die Spuren kommunistischer Propaganda tragen, werden von der Satelliten-Regierung der Sowjets ermutigt und finanziell unterstützt.'
Diese Radiomitteilung erfolgte durch Monsignor Herman E. Mattingiy, den Redaktor des (katholischen) Columbus-'Register'. Dies war eine Meldung der Vereinigten Rundfunkgesellschaft, welche dem Interesse der Allgemeinheit dienen soll."


Dazu kommentiert der WT:
"Zu einer Zeit, da die Regierung der Vereinigten Staaten alle Vorsichtsmaßnahmen wieder kommunistisches Eindringen in das politische Gefüge ergreift und eine Kommunisten-Säuberung durchführt, veröffentlicht die katholische Presse Propaganda gleich der obigen, um römische Katholiken und so viele Amerikaner als möglich gegen Jehovas Zeugen aufzuhetzen. Verantwortliche Amtspersonen der amerikanischen Regierung haben sich aber in den letzten Jahren über Jehovas Zeugen zu gut unterrichten lassen, als dass sie jetzt von einer solchen Lügenpropaganda der katholischen Presse getäuscht werden könnten.

… Es ist eine willentliche Lüge der katholischen Presse, bekanntzumachen, dass unsere Zweigstelle in Polen sowie die Tätigkeit christlicher Gruppen, die ihr unterstellt sind, durch die 'atheistische Regierung Polens' finanziert werde."


Dazu wird man wohl bestätigend sagen können. Mit dieser zeitgenössischen Agitation hat sich die Catholica selbst einen Bärendienst erwiesen.
Weiter. Es ist durchaus typisch für die "Gemeindefrömmigkeit" der Catholica, die da mit unsachlichen "Argumenten" um sich wirft.

Was Naivität und Niveaulosigkeit anbelangt, gibt es eigentlich keinen wesentlichen Unterschied zwischen den beiden Kontrahenten. Aber in diesem Fall hat die Catholica wieder einmal den "schwaren Peter". Und daran gibt es nichts zu deuteln.

Lehrreich auch dahingehend, dass der Demagoge aus dem Catholica-Stall in der Neuzeit, namens Robin de Ruiter, offenbar schon Vorgänger auf demselben Niedrigst"niveau" hatte. Und man kann die Kontinuitätslinie noch weiter ausziehen. Schon zu Nazizeiten, etwa in Österreich, gab es ähnlich schockierende Resultate eine religiösen Naivitätstheologie zu "bewundern".
Man vergleiche dazu:
Katholisches Österreich

Aber noch in anderer Hinsicht ist dieser Bericht aufschlußreich. Verweist doch der WT auch darauf, dass amerikanische Regierungskreise die WTG durchaus realistischer einzuschätzen wüssten, und dass in deren Sicht diese Naivitätstheologie-Vorwürfe jeglicher Grundlage entbehrten. Und das allein, ist für die WTG letztendlich entscheidend gewesen.
Das Gebell der katholischen Naivitätstheologie brauchte sie nicht ernst zu nehmen. Es wirkte eher im Gegensatz zu den Intentionen seiner Macher, auf die Zeugen stimulierend. Hatten sie doch da wieder einmal den Beweis frei Haus geliefert bekommen, dass ihnen gegenüber mit Verleumdungen gearbeitet würde.

Letzendlich hat die Catholica mit ihren "Experten", dieser "Güte", sich nur selbst Schaden zugefügt. Ähnliches wird man auch einmal im Rückblick auf den Catholica-"Experten" Robin de Ruiter zu sagen haben!
Man vergleiche dazu auch:
Der unselige Herr de Ruiter

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 09. Januar 2009 06:10
Zwar polemisch ausgeführt, dennoch einen grundsätzlichen Dissenz ansprechend, liest man in „Erwachet!" vom 8. 1. 1949:

„Die Kremation oder Feuerbestattung ist bekanntlich den Katholiken streng untersagt. Wer z. B. die Verbrennung für sich angeordnet hat, kann die Sakramente, auch in der Sterbestunde, nicht empfangen. Kein Priester darf einer Kremation beiwohnen.

Begründet wird dieser Standpunkt unter andern damit, daß die Kremation eine Unsitte sei, die das christliche Empfinden und die natürliche Pietät gegen die Verstorbenen verletze, daß sie nicht dem Beispiel Christi und der ersten Christen entspreche, ferner etwas Brutales und Gewaltsames an sich habe und als heidnischer Brauch, der von den Gegnern der Kirche propagiert werde, abgelehnt werden müsse. Jedoch wird zugegeben, daß kein biblisches Gebot gegen die Feuerbestattung besteht.

Eigentümlich ist die katholische Auffassung immerhin schon. Gegen die Verbrennung von toten Körpern läuft man Sturm, verwirft sie als unschön, widernatürlich, brutal, unchristlich und heidnisch. Da fragt man sich zu Recht: Wo sind denn alle diese Erwägungen und Bedenken geblieben zur Zeit der Inquisition, wo die katholische Hierarchie nicht etwa tote, sondern lebende Körper zu Hunderten und zu Tausenden dem Flammengrab übergab? Wurden hier keine christlichen Gefühle verletzt, wie etwa das der Nächstenliebe? Wo, fragen wir, gab denn Christus das Beispiel, das zu solchem Handeln berechtigte?

Wo bleibt ferner die Folgerichtigkeit, wenn man dem katholischen Standpunkt über die Feuerbestattung die katholische Lehre vom Fegfeuer gegenüberstellt? Wenn das rasche Verbrennen eines Leichnams zu solchen Bedenken Anlaß gibt, wievielmehr sollte sich da das katholische Gewissen gegen die Fegfeuer- und Höllenlehre erheben, wonach die Seelen bei Bewusstsein entweder zeitlich oder ewig in der Flammenpein zu schmachten haben. Ist nicht eine Inquisition, eine Fegefeuer- und Höllenlehre tausend Mal unschöner, widernatürlicher, brutaler, unchristlicher und heidnischer als die Kremation, gegen die überhaupt keine biblischen Einwände vorgebracht werden können?


Man vergleiche ergänzend auch noch:
http://forum.mysnip.de/read.php?27094,1568,1568#msg-1568

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 16. Januar 2009 03:20
Die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) sind bekanntlich ein föderalistischer Bundesstaat. Einer dieser Bundesstaaten: Alaska. In der "Wachtturm"-Ausgabe vom 15. 1. 1949 wird über einige nordamerikanische Bezirksversammlungen der Zeugen Jehovas, des Jahres 1948 berichtet. Zwar wurde Alaska erst 1959 als 49. Bundesstaat in die USA aufgenommen. Allein dies will bezüglich der Zeugen Jehovas überhaupt nichts besagen. Pflegen sie doch generell auch außerhalb der USA missionarisch tätig zu sein
1876 wurde dort von den Presbyterianern eine erste Missionarsschule gegründet. Dieser Fakt verdeutlicht schon mal. Das Christentum war noch nicht, wie andernorts, bereits seit Jahrhunderten ansässig. Seine Ureinwohner waren denn mit Sicherheit keine Christen. Tatsächlich entdeckten die Europäer diese klimatisch unwirtliche Gegend erst im Jahre 1741. Spektakulär dann auch der Erwerb Alaskas für 7,2 Millionen US-Dollar von Russland im Jahre 1867. Seit jenem Jahr datiert dann der US-amerikanische Einfluss dort. Noch heute wird die ansässige Bevölkerung auf etwas mehr als eine halbe Million Einwohner beziffert. Also ein sehr dünn besiedeltes Land, trotz seiner großen geographischen Ausdehnung.

Inwieweit dort die christlichen Kirchen, außer den schon genannten Presbyterianern, Fuß fassten, entzieht sich der näheren Kenntnis. Mutmaßlich aber haben sie dort sicherlich nicht solch eine ausgeprägte Infrastruktur aufbauen können, wie dass in den eigentlichen USA der Fall ist.

Noch in anderer Beziehung sind die USA eine Hochburg. Eine Hochburg des Freimaurertums, der "Religion" ("Religion" in Anführungsstrichen) der Highsociety von vorgestern. Soweit es Europa betrifft, Fürsten, Könige, Philosophen, zu ihren Mitgliedern zählend. Ähnliches, mit Abwandlungen auch in den USA. Selbst USA-Präsidenten (Warren G. Harding) waren Freimaurer. Geschichtlich bedingt, bestehen besonders zwischen der katholischen Kirche und den Freimaurern starke Spannungen. Meint die Catholica, doch ihren partiellen Machtverlust in Europa, etwa den Verlust des Kirchenstaates in seiner ursprünglichen Ausdehnung, auch den Freimaurern anlasten zu können. Und so etwas, verzeiht die Catholica nie!

Auch andere Kirchen waren bekanntlich auf die von C. T. Russell gegründete Religion nicht sonderlich gut zu sprechen. Als Russell anfing, verfügte seine Bewegung natürlich noch nicht über einen umfänglichen Immobilienbestand, wie das heutzutage der Fall ist. Wollte man eine größere Versammlungsstätte nutzen, war man darauf angewiesen entsprechende Räumlichkeiten anzumieten. Die Kirchen sagten zu solchen Ansinnen (damals und heute) erst mal generell nein:
Damit reduzierte sich schon mal das Angebot für die Bibelforscher/Zeugen Jehovas beträchtlich.

Sonderlich wählerisch konnten sie daher nicht mehr sein. Und so ergab sich der bekannte Umstand, dass die Freimaurer, die auch ihren eigenen "Strauß" mit den Kirchen auszufechten hatten, in beachtlichem Umfange als Vermieter von Räumlichkeiten (gegen klingende Münze), auch für die Bibelforscher tätig wurden.

Offenbar bestand eine ähnliche Situation auch in Alaska. Liest man in der genannten WT-Ausgabe auch davon, dass der öffentliche Vortrag, anlässlich der 1948er Bezirksversammlung, dort in einem Freimaurer-Tempel stattfand.

Überbewerten indes, sollte man diesen Fakt nicht. Andernorts haben Jehovas Zeugen ihre Versammlungen auch schon mal in öffentlichen Schulgebäuden oder Sportstadien und ähnliches durchgeführt. Auch dadurch sind sie dort nicht etwa zu einer "Volkshochschule" oder „Sportverein" mutiert. Das sind sie mit Sicherheit nicht. Ähnliches gilt auch für das Beispiel Freimauer-Tempel in Alaska.

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 23. Januar 2009 06:38

Dem Thema Rassentrennung in den USA widmet sich „Erwachet!" in seiner Ausgabe vom 22. 1. 1949. Laut Untertitel machen „offenkundige Benachteiligungen die Freiheits-Versprechungen lächerlich".
Diverse Beispiele dafür werden genannt. Ein Unterabschnitt in diesem Artikel ist dann überschrieben:
„Wie sich die Religion hierzu stellt".
In ihm wird ausgeführt:

„Eine Rundfrage unter Geistlichen von Oklahoma ergab, daß einige für, andere gegen die Absonderung in den Kirchen waren. Manche Kirchenverbände ersuchten ihre Mitglieder, diesen Brauch abzuschaffen. Sollte es aber in Birmingham (Alabama) geschehen, daß ein Weißer durch eine Tür, die nur für Farbige bestimmt ist, in eine Kirche eintritt, so wird er verhaftet, selbst wenn es sich um einen Senator der Vereinigten Staaten (z. B. Glen Taylor) handelt.

Ein religiöser Pressedienst brachte am 13. Mai 1948 folgende Notiz aus Columbia (S. C.): 'Völlige Rassentrennung ist der Wille Gottes' und muß beibehalten werden, wurde von der Generalkonferenz der Methodistenkirche des Südens erklärt … 'Der allmächtige Gott hat es in seiner unendlichen Weisheit für gut befunden, von Anfang her die Rassen abzusondern, und wir sind ernsthaft der Auffassung, daß dem Willen Gottes durch das Beibehalten einer völligen Trennung zwischen den weißen und den schwarzen Rassen am besten gedient wird.'"


Abschließend kommentiert „Erwachet!" dazu:
„Die Rassenbenachteiligung ist nicht ausschließlich 'Amerikas Dilemma'. Südafrika, Indien, Australien sind nur einige weitere Beispiele. Tatsächlich haben mindestens vierzig Mitgliedstaaten der Vereinigten Nationen ihre eigenen Rasseprobleme; und die volle Lösung dieser Probleme ist all den menschlichen Regierungen nicht gelungen, auch den demokratischen nicht.
Das lenkt uns erneut auf die unbestreitbare Wahrheit, daß nur die theokratische Herrschaft alles beseitigen wird, was mit Rassenhaß und Rassenbenachteiligung zusammenhängt - jene Herrschaft, bei der Christus Jesus als Friedefürst über gerechtigkeitsliebende Menschen 'aller Nationen' regiert."


Also wie gehabt: Orientierung auf Hoffen und Harren; auf den „Sankt Nimmerleinstag".

Geflissentlich indes vermeidet es „Erwachet!" zu erläutern, wie denn das praktische Verhalten der Zeugen Jehovas in diesen Fragen war. Denn das diese Fragestellung auch an ihnen nicht vorübergehen würde, ist offenkundig.
Zitiert sei noch aus der deutschen „Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 1. 1949 der nachfolgende Passus.

„Im Bezirk Nr. 2, der sich im südlichen Teil der Vereinigten Staaten befindet, bestehen Farben- oder Rassenprobleme, denen die Königreichsverkündiger andernorts nicht gegenüberstehen. Hallen und Säle werden nicht vermietet, wenn sich eine gemischte Zuhörerschaft einfinden möchte. Indes verursachte die trennende Kraft, welche die alte Welt hoffnungslos zersplittert, keine Uneinigkeit an dieser Bezirksversammlung der Zeugen Jehovas. Allerdings mussten wir uns um den Saal mieten zu können, den Vorschriften anpassen, wonach die weißen und die farbigen Geschwister in verschiedenen Teilen des Saales sitzen mussten."

Herbert Stroup etwa, notierte dazu schon in seiner 1945 in New York erschienenen Dissertation (später als Reprint erneut verlegt):
„In der Geschichte der Bewegung hat der Führer der Gesellschaft einmal farbige Zeugen ausdrücklich aufgefordert, sich nicht um Posten als Pioniere zu bewerben: 'Der Grund dafür ist der, dass nach unserer Erfahrung Farbige weniger gebildet sind als Weiße - viele von ihnen haben nicht genügend Wissen um aus der Lektüre unserer Literatur Nutzen zu ziehen. Unsere Schlussfolgerung basiert daher auf der Annahme, dass Literatur, die an eine Versammlung von Farbigen verteilt wird, weitgehend verschwendet wäre, nur bei einem ganz geringen Prozentsatz wären gute Ergebnisse zu erwarten.' Watchtower vom August 1928"

Man beachte als weitere Beispiele die Jahrbuchberichte.
Bereits im "Bibelforscher-Jahrbuch 1928" (S. 97) konnte man lesen:

"Der Herr hat uns auch seinen Segen deutlich gezeigt, dass es nach seinem Willen war, dass für unsere farbigen Geschwister in Amerika ein besonderer Zweig des Werkes aufrecht erhalten wird. Es geschieht dies nicht, um einen Unterschied zwischen Christen zu machen, weil jene farbig sind, sondern weil es uns so eine bessere Gelegenheit bietet, auch die zu erreichen, die ein Vorurteil haben. Es gibt durchaus keinen Grund, warum sich die farbigen Geschwister nicht mit ihren weißen Brüdern zum gemeinsamen Studium versammeln sollten. Aber wenn es sich um öffentliche Vorträge handelt, ist es viel besser für die Zuhörerschaft, wenn eine Trennung aufrecht erhalten wird."

Oder etwa in dem USA-Bericht des 1933er Jahrbuches.
In selbigen eigens ein eigener Abschnitt „Andersfarbige Zeugen" überschrieben.
Darin wird die faktisch auch betriebene eigene Rassentrennung mit den Vokabeln „geschönt"
„den Verhältnissen anzupassen". Oder auch dass „die andersfarbigen Zeugen besonders dazu bestimmt worden, unter Andersfarbigen zu arbeiten."

[Hinweis Stroup, auch Rogerson (S. 81), zitieren den Englischsprachigen 'Wachtower' vom August 1928 zum Thema. Eine 100prozentige 1 zu 1 Übersetzung und Übernahme, im deutschen Wachtturm" gab es damals noch nicht. Ergo ist die fragliche Passage im deutschen WT des Zeitraumes 1928, so nicht nachweisbar. Diese Feststellung ist deshalb auch angebracht, dieweil Rolf Nobel in seinem Buch „Die Falschspieler Gottes", in einer Passage den Eindruck erweckt, als gäbe es die fragliche Passage auch im deutschen WT, womit er falsch liegt, dieweil die Unterschiede zwischen der Englischsprachigen und der deutschen Ausgabe nicht beachtend.
Das ist dann aber nur die formale Seite. Auf der inhaltlichen Seite sieht es schon erheblich anders aus. Beleg dafür auch jene Aussage aus der deutschen Ausgabe des „Goldenen Zeitalters" vom 15. 10. 1929 (S. 311) die in ihrer Tendenz inhaltlich sich auf demgleichen Niedrigstniveau bewegt, wie die ebenfalls verabschauungswürdige Euthanasie-Thesen-Kolportierung der zeitgenössischen WTG

Kolportierung von Euthanasie-Thesen durch die WTG

Euthanasie und Rassismus, waren auch und besonders ideologische Merkmale des Nazismus.

Die heutige WTG als Evolutionsgegner beliebt ja besonders auch den Sozialdarwinismus (in Worten) zu geisseln. In der Praxis indes, ihn selbst allerkräftigst zu praktizieren. Es ist was dran an der These, Nietzsche, der tote Gott müsse dadurch ersetzt werden, sich selbst zum Gott zu erklären. Nazis diese Detailthese Nietzsches besonders aufgreifend und extensiv in die Praxis umzusetzen. Wie gesagt, da ist was dran.

Wahrlich bin ich kein Freund der Catholica. Aber das anerkenne ich. Sie war eine der wenigen Stimmen zur Nazizeit, die sich, unter auch erheblicher persönlicher Gefährdung, dieser nazistischen Grundthese entgegenstellte. Wenn die berüchtigte T4-Aktion zu Nazizeiten, letztendlich nach einiger Zeit, klammheimlich wieder abgeblasen werden musste, dann kann die Catholica, sich zu Recht, auch ihren Anteil daran zugute halten.
Und dann vergleiche man dazu die auf dem Nazilevel liegende Aussage aus der genannten deutschen GZ-Ausgabe vom 15. 10. 1929]


Nun hat man wohl im Falle der USA zu registrieren. Der Name Martin Luther King etwa, steht dafür. Die dortigen Rassisten mussten zurückstecken. Eher unfreiwillig, aber sie mussten es. Das dies ein harter Kampf war, liegt auch auf der Hand. Und da stellt sich schon die Frage.

Und, wo stand in der Zeit des Kampfes die WTG?
Wie verhielt sie sich? Darüber aber gibt dieser „Erwachet!"-Artikel keine Auskunft.

Die Sachlage war doch so, dass die WTG in ihren Versammlungen auch partielle Rassentrennung betrieb. Das die „Kastanien aus dem Feuer holen" lassen, überlies sie wieder einmal anderen.

Wenn die WTG auch in ihrem Artikel, zeitgenössische kirchliche Stimmen aus den USA zitiert, welche die Rassentrennung befürworteten, dann zeigt der Finger, mit dem sie da auf andere zeigt, letztendlich auf sie selbst auch mit zurück.

Natürlich wusste man in Brooklyn zu der Zeit, auch im Rückblick auf die eigene Geschichte. Soziale Unterklassen sind das Ursprungs-Potential der ersten WTG-Generation. Insofern will auch jener Artikel sich nicht mit den Benachteiligten „anlegen". An Lippenbekenntnisse für deren Interessen mangelt es also nicht.

Indes „Sonntagsreden" - und tatsächliches Verhalten, pflegen nicht selten „zwei linke Schuh" zu sein. Auch im Falle der WTG-Religion.
Siehe auch
Parsimony.20202

Parsimony.22640

Parsimony.22761

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 02. Februar 2009 05:16
In Euphorie schwelgt der Jahrbuch-Bericht der im "Wachtturm" vom 15. 2. 1949 partiell nachgedruckt wurde. Insbesondere interessiert hier der Deutschland-bezügliche Teil. Schwere Gewitterwolken, vornehmlich politischer Art, lagen seit 1948, synchron auch als beginnender kalter Krieg bekannt, in der Luft. Konnte 1947 noch mit Genehmigung der SMAD eine Kongreßähnliche Veranstaltung auch in Magdeburg veranstaltet werden; so scheiterten ähnliche Planungen für das Jahr 1948 schon im Vorfeld. Kategorisch sagten die Sowjets "Njet".
Da tat sich für die Zeugen Jehovas die Chance auf, in der Westberliner Waldbühne, ein geeignetes Tagungsgelände zu bekommen und das sogar kostenlos!

Durch Verzicht auf die Erhebung regulärer Mietgebühren, wurde schon mal von den politisch Verantwortlichen im Westen dokumentiert, wohin man die Zeugen Jehovas mit dem "Zuckerbrot" zu leiten gedachte. Von den Sowjets hatten sie ja eher nur die Peitsche kennengelernt. Die Rechnung dieses politischen Kalküls sollte denn auch noch aufgehen, wie ein, zwei Jahre später, mit aller Deutlichkeit sichtbar wurde.

Auf die Mentalität der Anhängerschaft abgestimmt, kamen politische Komponenten in ihrer Weltsicht nur als "Wirken des Herrn" vor. Auch der Bericht über die deutschen Kongresse des Jahres 1948, deren es zwei gab (neben Berlin noch Kassel) trieft nur so vor "Wunder des Herrn:"
Ein paar Zitate aus der genannten WT-Ausgabe:

"Während der Dauer dieses Dienstjahres hielt die Not in Deutschland auf jedem Gebiet des Lebens an, ja sie erreichte Höhepunkte, die - besonders in der Ostzone - durch keinerlei Erscheinungen während einer Zeit des Krieges überboten wurden. … Es ist unvorstellbar, was die große Lebensmittelspende von 22.000 Care-Pakten und die gewaltige Kleidersendung von 220 Tonnen unter den bedürftigen, von langanhaltenden Entbehrungen wirklich stark mitgenommenen Geschwistern an Freude und Segensströmen bewirkte!"

Hier mag es schon angebracht sein, diesen WT-Bericht einmal kurz zu unterbrechen. Auf 29.172 (Höchstzahl 36.526) beziffert die WTG ihre Durchschnittsverkündigerzahl in Deutschland des Jahres 1948. Schon diese Zahl macht deutlich, dass da durchaus nicht jeder in den Genuss "eines" Care-Paketes kam. An anderer Stelle ist ersichtlich, dass deren Verteilung auch nicht etwa nach Familienanzahl organisiert war. Es gab diverse Fälle, wo einzelne Familien mit besonders für die WTG-Aktiven, mehrere Pakete erhielten. Um so größer war die Masse jener, die überhaupt nichts erhielten!

Das dies letztendlich nur ein Instrumentarium war, um dem Esel die berühmte Mohrrübe vor die Nase zu halten, wird auch daran deutlich, wenn man weiter in diesem Bericht liest, dass man die ansteigenden Verkündigerzahlen sehr wohl in diesem Kontext einordnete, wenn man verklärt dazu kommentierte:

"Dass Jehovas Zeugen in Deutschland im Begriff sind, ihren Dank auf dem rechtmäßigsten Wege, durch treuen Dienst und erhöhte Anstrengungen abzustatten."

Zu den vermeintlichen "Wunder des Herrn" überleitend liest man dann im WT:
"Da kam die Währungsreform und Entwertung des deutschen Geldes. Sie begann im Westen und stoppte nahezu alle Geschäfte und wirtschaftlichen Planungen in Westdeutschland. Unsere etwa bis zur Hälfte gediehenen Vorabeiten wurden jedoch fortgesetzt um beide Bezirksversammlungen aufrechterhalten. Der Herr tat Wunder. Alle Arbeiten in Kassel waren bis zur Stunde des Beginns der Versammlung beendet. Statt des Dauerregens trat pünktlich am Freitag morgen Sonnenschein ein, und angesichts der nicht aus dem Staunen kommenden Bürger Kassels hielten Jehovas Zeugen auf der ausgedehnten, festlich geschmückten Wiese ihre größte Zusammenkunft ab, die jemals in Deutschland stattfand. 16.400 Verkündiger und Mitverbundene waren gekommen. …"

Damit hatte man sich selbst bescheinigt: "Wir sind wieder wer". Sicherlich, ein psychologisch wichtiges Stimulans.

Wie aber sah es bezüglich der zweiten Veranstaltung in Berlin aus? Dazu liest man:

"Inzwischen verdunkelten sich die politischen Wetterwolken, die über Berlin hingen, immer mehr. Dort hatte kurz nach der im Westen vollzogenen Währungsreform das gleiche Geldmanöver in der Ostzone einen Zwiespalt unter den Besatzungsmächten hervorgerufen und eine Hungerblockade über den weitaus größten Teil der Millionenstadt Berlin gelegt. Die russische SMA (Sowjetische Militär-Administration) hatte unsern anfänglichen Wunsch und Antrag, unsere Bezirksversammlung in Leipzigs Messehallen zu veranstalten, abgelehnt, während uns im britischen Sektor Berlins die schöne 'Waldbühne' … angeboten und für drei Tage zur freien Verfügung gestellt worden war. Als die Tage der Zusammenkunft herbeigekommen waren, befand sich die politische Spannung über Berlin auf dem Höhepunkt. Lichtstromzufuhr in die Westsektoren war unterbrochen und der Verkehr der großen Stadt ins Stocken geraten. Die Versorgung der 2.000.000 Menschen mit Nahrung durch die 'Luftbrücke' von amerikanischen Großflugzeugen mußte unter immer größeren Schwierigkeiten erfolgen.

Da geschah das zweite Wunder des Herrn. Wieder mußte das bis zum Donnerstag abend anhaltende schlechte Wetter weichen, und am Freitag morgen die Eröffnung der Bezirksversammlung für Ostdeutschland zu gestatten. 16.265 Menschen aus allen Teilen der Ostzone hatten durch alle Widerstände und Schwierigkeiten politischer, wirtschaftlicher und verkehrstechnischer Art sich den Weg nach Berlin gebahnt und sich versammelt … inmitten des politischen Wirrwarrs. … Mit hungrigen Mägen, doch vor Freude glänzenden Augen saßen sie in dem riesigen Freilicht-Theater."


Der "Wachtturm" versäumt es allerdings hinzuzufügen, was denn wohl dabei die "glänzenden Augen" verursacht habe. Der "wundersam und rechtzeitig beendete Dauerregen" wird es wohl nicht gewesen sein. Das Stimulans war anderer Art. Es sollte sogar noch als Kongressmotto ein Jahr später in großen Buchstaben am dem Rasen jenes Amphitheater lesbar sein: "Es ist später als du denkst!" Das war es doch was die zeitgenössischen Zeugen Jehovas beflügelte. Das war es doch, was noch im Jahre 1950 einen Friedrich Adler kommentierend zu seinem eben vernommenen Gerichtsurteil (lebenslänglich) sagen ließ: "Sie meinen wohl ein Jahr!"
Es waren in der Tat betrogene Betrüger, die sich da in der Waldbühne versammelt hatten!

Die Jahrbuchzahlen aus der Neuzeit über die einzelnen Länder sind ja geläufig. Da ist es mal nicht uninteressant einen Vergleich anzustellen, wie es denn kurz nach Ende des zweiten Weltkrieges aussah. Aus der genannten WT-Ausgabe einige Durchschnittsverkündigerzahlen des Jahres 1948 (in Klammern die gleiche Zahl für das Jahr 1947)
USA 72.945 (67.680)
Argentinien 927 (679)
Australien 3.503 (3.284)
Belgien 1.177 (876)
Brasilien 1.077 (648)
Großbritannien 14.676 (12.149)
Chile 191 (137)
China 25 (9)
Dänemark 3.260 (2.724)
Deutschland 29.172 (15.856)
Finnland 2.610 (2.281)
Frankreich 2.627 (2.184)
Griechenland 2.238 (1.891)
Türkei 12 (6)
Kanada 12.603 (11.224)
Kuba 4.352 (3.199)
Mexiko 4.711 (4.125)
Niederlande 4.190 (3.764)
Nigeria 5.511 (3.710)
Norwegen 992 (799)
Österreich 1.286 (751)
Philippinen 3.589 (2.471
Polen 9.048 (6.334)
Rumänien 1.992 (1.990)
Rußland 8.000 (3.498)
Schweden 3.231 (2.894)
Schweiz 1.660 (1.512)
Südafrika 4.440 (3.843)
Njassaland 4.918 (3.542)
Nordrhodesien 9.873 (6.114)
Südrhodesien 3.599 (2.572)
Tschechoslowakei 1.581 (1.257)
Ungarn 1.346 (989)
Zypern 59 (37)

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 09. Februar 2009 06:49
Auf den politisch als britische Kronkolonie verwalteten Bermudainseln, verzeichneten Jehovas Zeugen im Jahre 2008 eine Durchschnittsverkündigerzahl von 447. Immerhin entspricht dies einem Verhältnis von 1 zu 142 zur übrigen Bevölkerung. Also ein Wert der "besseren" Art. (Jene Verhältniszahl war dort auch schon mal besser. Im Jahre 2002 betrug sie 1 zu 131). Immerhin lief dort nicht immer alles glatt für die Zeugen Jehovas. So gab es dort nach 1945 Kampagnen, die auf ein Verbot hinzielten. Die zogen sich zwar einige Zeit hin, fanden dann aber am 26. 9. 1948 einen vorläufigen Höhepunkt, mit der Ausweisung von zwei WTG-Missionaren. 19 lange Monate sollen diese Auseinandersetzungen laut "Erwachet!" vom 8. 2. 1948 gedauert haben. Auf WTG-Seite wurden da alle Register der Öffentlichkeitsbeeinflussung eingesetzt. Offenbar aber doch nicht mit ausreichendem Erfolg, denn nur dass zählt letztendlich.

Analog zu ähnlichen Auseinandersetzungen, auch in den USA, wurden die Zeugen Jehovas dabei verbal in die "linke Ecke" gestellt. Verständlich schon, dass sie sich als verleumdet ansahen. Und man meint auch den eigentlichen Urheber all dieser Schwierigkeiten wahrzunehmen, wenn "Erwachet!" kommentiert:

"Den heulenden Wolf erkennt jedermann schon an seiner Stimme. Als darum von 'Roten' und 'Kommunisten' geheult wurde, hörte jedes kundige Ohr aus diesem Gebell der Freiheitsfeinde sofort heraus, dass es jenen Kehlen entsprang, deren Geheul auch in anderen Teilen der Welt auf 'rot' abgestimmt ist, nämlich den Kehlen der Katholischen Aktion."

Als im Interesse der Zeugen Jehovas liegend zitiert dann "Erwachet!" unter anderem noch das Votum:
"'Dieser Versuch, die Zeugen (Jehovas) in Verruf zu bringen', so bemerkte 'The Berrmuda Recorder', nimmt sich einigermaßen wie die augenblickliche Kommunismus-Hysterie in den Vereinigten Staaten aus. Wir hoffen wirklich, dass der Kommunistenschreck nicht in solchem Maße zu uns dringt, wie das dort der Fall ist.'"

Mit der Ausweisung der WTG-Missionare zurück nach Großbritannien, nahm dies auch dort die Formen einer politischen Kontroverse an. Es ist davon auszugehen, dass der damit erzeugte Gegendruck, die Früchte für die "Katholische Aktion" höher hängen ließ.

Da die WTG, wieder einmal glaubt die Catholica als eigentlich potenten Gegner ausgemacht zu haben, nutzt man die Chance um in der gleichen "Erwachet!"-Ausgabe noch eine gezielte "Abrechnung" abzudrucken. Es macht sich ohne Zweifel gut, wenn man sich da als "Freiheitskämpfer" verkaufen und den Gegner das Stigma finsterster Reaktion anhängen kann. Zu dem von "Erwachet!" noch zitierten Votum ist zu sagen, dass es in der Zeit vor dem zweiten Vatikanischen Konzil der Catholica in der Tat zutreffend war. Dann trat aber eine Wende ein. Abgesehen von einigen katholischen Randgruppen, zu denen offenbar auch der Robin de Ruiter zuzurechnen ist, repräsentiert es nicht mehr die offizielle Position der heutigen Catholica. Beziehungsweise wagt es der jetzige Papst noch nicht, die Position dieser Randgruppen, auf allen Ebenen durchzuboxen. Noch nicht ...

"Erwachet!" schrieb noch:

"Das offizielle Organ der Gesellschaft Jesu in Rom, 'Civilta Cattolica' ging in seiner Nummer vom April 1948 auf Proteste gegen die Freiheitseinschränkungen für die spanischen Protestanten ein und legte erneut den römisch-katholischen Standpunkt in Sachen der Religionsfreiheit dar. Diesen Artikel gab die amerikanische Zeitschrift 'The Christian Century' in ihrer Nummer vom 23. Juni 1948 wie folgt wieder:

'In der Überzeugung, dass sie auf Grund ihrer göttlichen Vorrechte die einzig wahre Kirche ist, muß die römisch-katholische Kirche das Recht auf Freiheit für sich allein in Anspruch nehmen, weil nur die Wahrheit ein solches Recht besitzen kann, niemals der Irrtum. Was andere Religionen betrifft, wird die Kirche sicherlich niemals das Schwert ziehen, aber sie wird verlangen, dass jenen anderen keine gesetzmäßige Möglichkeit geboten wird, eine Irrlehre zu verbreiten. In einem Staat mit mehrheitlich katholischer Bevölkerung wird die Kirche demzufolge verlangen, dass dem Irrtum die legale Existenz versagt bleibt, und dass bei tatsächlichem Vorhandensein religiöser Minderheiten diese nur de facto existieren, ohne Gelegenheit zum Ausbreiten ihrer Glaubensanschauungen zu bekommen. Wenn jedoch die tatsächlichen Verhältnisse, entweder wegen feindlicher Einstellung von Regierungsseite oder wegen der Stärke der andersdenkenden Gruppierungen eine vollständige Anwendung dieses Grundsatzes unmöglich machen, dann wird die (katholische) Kirche für sich alle möglichen Zugeständnisse beanspruchen und sich - als dem kleineren Übel - darauf beschränken, die de jure-Tolerierung anderer Kultformen gelten zu lassen.

In manchen Ländern werden die Katholiken genötigt sein, volle Religionsfreiheit für alle zu fordern, und werden sich damit abfinden, zu einem Zusammenleben mit anderen gezwungen zu sein, obwohl rechtmäßig nur ihnen gestattet sein sollte, dort zu leben. Damit gibt die Kirche jedoch nicht die These auf, die ihr gebieterisches Gesetz bleibt, sondern paßt sich lediglich de-facto-Verhältnissen an, die bei praktischen Angelegenheiten berücksichtigt werden müssen. …"


Die unsterblichen Irrtümer von Papst Benedikt

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 16. Februar 2009 05:34
Es ist eher eine Passage der nebensächlichen Art. Dennoch verdient jener Satz im "Wachtturm" vom 15. 2. 1949 einmal beleuchtet zu werden. Nachdem ausgeführt wurde, der Papst hätte das Jahr 1933 zum "heiligen Jahr" erklärt, kommentiert der WT:

"Dies aber verschafft der Welt kein Licht, denn erklärte der Papst nicht auch das Jahr 1933 als ein heiliges Jahr und sagte, dass eine 'Welle der Religion' steigen und die Nationen in Frieden und die Wohlfahrt hineingetragen werde'? Die Geschichte zeigt, dass der Papst ein falsches Licht emporgehalten hat, denn statt in den Frieden und die Wohlfahrt hineingetragen zu werden, wurde die Erde durch Hitler in den zweiten Weltkrieg hineingezogen …"

Nun kann man sich in der Tat auf den Standpunkt stellen, der Papst hat sich mit seinem 1933er "heiligen Jahr" grundlegend verkalkuliert. Dennoch greift eine solche Sichtweise zu kurz. Da muss man doch wohl die Tradition der katholischen Kirche insgesamt, mit ins Blickfeld nehmen. Und zu deren Tradition gehört es nun mal, gewisse Äußerlichkeiten zu "verkaufen".

Egal ob es sich um den "heiligen Rock" im Dom zu Trier handelte, dessen provokative Ausstellung dann noch bewirkte, dass sich eine Protestbewegung formierte (in die Geschichte eingegangen als "Deutschkatholizismus"). Oder eben um ein vermeintliches "heiliges Jahr". Auch den Zeugen Jehovas dürfte doch wohl geläufig sein, dass Jesus nach christlicher Tradition 33 Jahre alt wurde. So gesehen war 1933 ein Jubiläumsjahr. Sollte der Papst jenes Jahr wirklich verstreichen lassen, ohne es symbolhaft zu nutzen? Das zu erwarten, wäre doch wohl etwas blauäugig.

Gut, die "frommen Wünsche" des Papstes wurden nicht Realität. Und was ist mit den "frommen Wünschen" der Zeugen Jehovas, namens Endzeit-Naherwartung?! Die sind doch genauso, wenn nicht noch viel öfter, gescheitert. Sich da in die Pharisäerbrust zu werfen, wie es der WT tut, dafür besteht wahrlich kein Anlass.

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 23. Februar 2009 06:27
Das die katholische Kirche in Polen eine Macht war und ist, dürfte hinreichend bekannt sein. Wenn man die Kirchenpolitik der verschiedenen osteuropäischen Länder in ihrer kommunistischen Phase miteinander vergleicht, ist derjenige der sich damit beschäftigt, immer wieder erstaunt, welche (relative) Privilegien jene Kirche doch in Polen hat. Vielleicht mit am herausragendsten die kirchliche Universität in Lublin. Eine gesamte Universität in kirchlicher Trägerschaft - das wäre wohl in keinem anderen kommunistischen osteuropäischen Land denkbar gewesen.

Des einen Freud - des anderen Leid. Jene übergroße Machtstellung der Catholica sollten dort auch noch die Zeugen Jehovas zu spüren bekommen. Wenn letztere, Anfang der 1990er Jahre auch durch ihre Streikbrecherdienste bei den von der Solidarnosc inszenierten Streiks in Erscheinung getreten sind, dann muss man wohl auch nach den Wurzeln einer solchen Entwicklung fragen. In der "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 2. 1949, gab es schon zeitgenössisch einen umfänglichen Bericht über Polen. Aus ihm sei nachstehend einiges zitiert:


"… Zwei 'Erwachet!'-Korrespondenten, die Gelegenheit hatten, gut anderthalb Jahre lang in Polen umher zu reisen, wollen sich nun bemühen, auf Grund eigener Anschauung ein richtiges Bild über gewisse Verhältnisse in diesem Lande zu vermitteln.
In ihrer Nummer vom 27. Februar 1948 enthielt die Zeitung 'The Catholic Chronicle' von Toledo, Ohio, USA einen Artikel mit der Überschrift 'Polnische Rote finanzieren 'Jehova'-Agenten, wo es unter anderem hieß:
Warschau. - Die atheistische Regierung Polens finanziert Sekten wie die Zeugen Jehovas, um das Volk zu entkatholisieren. 'Wachtturm'-Reisende klopfen mit Schmähschriften gegen die Kirche die Privatwohnungen ab. An Sonntagen werden auch Vorträge veranstaltet, die den Katholizismus angreifen und den Kommunismus verherrlichen … Als nächstes setzen sie sich für den Glaubensübertritt ein. Schließlich bieten sie Geldbeträge an, um zum Beitritt anzureizen. Diese Bestechung wird als 'Wohltätigkeit' getarnt.'

Zuerst einmal werden alle einsichtigen Polen, die im Lande selbst leben, ohne weiteres zugeben, dass die katholische Kirche dort nicht verfolgt wird, und dass man ihr sogar ihre Vorrechte beläßt. Polen ist zu mehr als 90% katholisch, und der starke Einfluß, den dieses System auf allen Lebensgebieten ausübt, wird von der Regierung berücksichtigt. Darum ist ihm von Staats wegen volle Bewegungsfreiheit eingeräumt. Das mit dem Vatikan abgeschlossene Konkordat vom Jahre 1925 ist allerdings aufgehoben, und trotzdem ist das jetzige Regime der Kirche sehr entgegengekommen.

In einem Interview, das Staatspräsident Bierut dem bekannten Schriftsteller Ksawery Pruszynski gewährte, heißt es unter anderem:
'Der beste konkrete Beweis dafür, dass der Staat gute Beziehungen zur Kirche wünscht, liegt im Status der kirchlichen Besitztümer. Diesen Status (Rechtsstellung) haben auch private katholische Schulen der Unter-, Mittel- und Oberklassen, darunter auch eine katholische Universität mit theologischer Fakultät, der vom Staate volle öffentliche Rechte verliehen sind. Ferner gehört hierzu die katholische Presse mit mehreren Organen. Schließlich ist in den staatlichen Schulen der Religionsunterricht durch Religionslehrer ein Pflichtfach, sofern die Eltern des Kindes nichts dagegen haben.

Wir fügen noch hinzu, dass die Geistlichkeit ihren Grundbesitz, vor allem die Landgüter behalten durfte, trotz Bodenreform. In anderen Ländern wurde von einer solchen Reform gewöhnlich die Kirche in erster Linie betroffen. Klöster und Religionsinstitute die aus dem Gebiet jenseits des Bug evakuiert werden mußten, haben von uns einen Sitz in den neuerworbenen Gebieten zugewiesen erhalten.
Unsere Armee hat ihre Feldprediger; ihre Fahnen werden von Priestern eingeweiht; sie beginnt den Tag mit einem religiösen Lied und beim Morgenappell und geht Sonntags zur Kirche.
Der Rundfunk eröffnet bei uns sein Programm mit einem religiösen Lied und überträgt Predigten und die Kulthandlungen in der Kirche. Wir glauben nicht, dass Sie das in vielen Ländern finden werden. Und das geschieht in einem Lande, dessen Regierung der Vatikan hartnäckigerweise nicht anerkennt. - Aus 'Wieczor Warszawy' (Warschauer Abend), 24. Nov. 1946.

Trotz der unvorstellbaren Wohnungsnot sind Wiederherstellungsarbeiten an beschädigten katholischen Kirchen schon jetzt staatlich bewilligt und an vielen Orten bereits durchgeführt worden, während die Menschen in ihren zertrümmerten Städten noch in Höhlen hausen.
Das Verhalten der Kirche in der Kriegszeit. Auch hierüber sprach sich Staatspräsident Bierut im oben erwähnten Interview aus, und zwar wie folgt:

'Für unsere Mißstimmung gegenüber der Kirche liegen zweierlei Gründe vor. Der erste ist sehr unangenehm, wir nennen ihn aber offen: die Deutschenliebe des Vatikans. Während des Krieges und in der Zeit der schwersten Verfolgung, die der polnischen Nation je widerfuhr, warteten wir vergeblich auf den Einspruch des Heiligen Stuhls. Wenn er seine Stimme vernehmen ließ, so geschah dies gewissermaßen beiläufig, zufällig, behutsam; sie wurde unseren schweren Leiden und der deutschen Verbrechen nicht gerecht.
Heute hört man die gleiche, jedoch viel stärkere Stimme sich für das unterdrückte Deutschland einsetzen, sogar in solchen Fällen, die nur wenig Barmherzigkeit verdienen, wie bei dem Henker von Warthegau. -

Die zweite Ursache für unsere Mißstimmung liegt in gewissen Kreisen unserer eigenen Geistlichkeit und ihrer betrüblichen Neigung, die Kanzel für eine politische Kriegführung zu missbrauchen. Vielen Polen ist noch gut in Erinnerung, wie die katholische Kirche in der Kriegszeit ihre Sympathien für das Hitlerregime erkennen ließ, sich aber wenig um die furchtbaren Leiden des polnischen Volkes kümmerte. Der Klerus war ja stets bereit, zur Förderung seiner eigenen Interessen mit irgendwem zusammenzugehen. Jetzt soll es auch in Polen, wie in der Tschechoslowakei, ein paar katholische Priester geben, die der kommunistischen Partei angehören.

Hier ist noch auf die Beziehungen hinzuweisen, die Geistliche zu den faschistischen Freischaren unterhielten, die von ihren Waldverstecken aus in verschiedenen Gegenden Polens Mord- und Raubzüge unternahmen. Verschiedene solcher Banden unterstehen der Führung eines katholischen Priesters, der seinen Mordbrennern für ihre Untaten die Absolution erteilte. So schrieb die Zeitung 'Robotnik' (Der Arbeiter) in ihrer Nummer vom 9. Januar 1947:
'Unlängst verurteilte das Militärgericht in Warschau den Priester Jurkiewicz von Kierski zum Tode, weil er eine Terroristenbande organisiert und Todesurteile über die 'Ungehorsamen' seines Pfarrkreises ausgesprochen hatte. …
Bei den Gerichten laufen noch verschiedene Fälle solcher Art.
Das Munitionslager des Bande des Priesters Jurkiewicz befand sich in der Pfarrkirche.
In der Kirche von Drohiezyn entdeckten die Sicherheitsbehörden ein ganzes Arsenal von Kriegsausrüstung der 'Hamer'-Bande. Eine Kirche in Klimantow diente als Speicher für das Raubgut, das sich die verheerende NS-Bande im ganzen Umkreis aus Geschäften und staatlichen Institutionen verschafft hatte."


Nach dieser Beschreibung der Situation der katholischen Kirche, kommt "Erwachet!" dann auf die Zeugen Jehovas zu sprechen. Insbesondere wird herausgearbeitet, welcher Widerstand ihnen entgegengesetzt wird. Zum Beispiel mit der Angabe:

"Am 1. Juli 1948 wurden Verkündiger aus der Gruppe Piotrkow Trybunalski der Zeugen Jehovas, als sie in den Städten Moszczenice und Gujkowice die Menschen guten Willens zu einem öffentlichen Bibelvortrag einluden, von einer größeren Anzahl dortiger Einwohner überfallen mit Besen und Holzschuhen geschlagen, mit Seinen beworfen und mit Wasser übergossen. Vier von ihnen wurden verletzt, einer davon verlor das Bewusstsein. Die Bürgermiliz sah zu, verhaftete keinen der Angreifer und gewährte den Verkündigern nicht die notwendige Hilfe.

In Piotrkow Trybunalski wurden die Schreiber dieses Artikels und einige andere am 5. September 1948 nach Abschluss einer Kreisversammlung der Zeugen Jehovas von einer Rotte fanatischer, irregeleiteter Katholiken verprügelt. Man hatte ihnen aufgelauert, um die 'Bischöfe', wie man diese Leiter der Veranstaltung nannte, zu erwischen. Zwei der Zeugen Jehovas wurden bewußtlos geschlagen. Die Sicherheitsbehörden verhafteten einige der Angreifer, die sich nun - wie erwartet wird - bald vor Gericht zu verantworten haben werden.

Bei solchen Kreisversammlungen geschieht es fast stets, dass die Geistlichkeit eine Rotte ihrer Anhänger aufstachelt, die Veranstaltung zu stören und möglichst zu sprengen. In der Stadt Gorzow erzwang im Oktober 1947 ein fanatischer Pöbelhaufen den vorzeitigen Abschluss einer solchen Zusammenkunft, indem er mit Ziegeln und Steinbrocken die Saalfenster einschlug und gewaltsam einzudringen suchte, so dass die Eingänge mit einer Barrikade aus Tischen und Stühlen versperrt werden mußten. Den Raufbolden, unter denen sich ein Priester befand, gelang es, ein gerichtliches Nachspiel zu vermeiden.

Unter sehr schwierigen Umständen wurde vom 2. bis 4. Juli 1948 in der katholisch gemachten Stadt Lublin die Bezirksversammlung der Zeugen Jehovas abgehalten. In besonderen Predigten hatte die Geistlichkeit ihre Pfarrkinder im voraus auf diese Veranstaltung hingewiesen und gesagt, Jehovas Zeugen kämen, um die Kirchen zu zerstören, und sie würden zu den Leuten in die Wohnungen kommen, um dort die religiösen Bilder zu beseitigen. Hiergegen sollten die Gemeindeglieder eine Abwehrstellung beziehen. Infolge dieser Irreführung warteten Gruppen katholischer Männer und Frauen schon am Bahnhof auf die ankommenden Zeugen Jehovas, um über sie herzufallen. Einige wurden direkt nach dem Verlassen des Bahnhofes verprügelt, andere waren auf dem Weg zur Versammlung Angriffen ausgesetzt. Am ersten Tage gab es so viele Schlägereien, dass die Bürgermiliz und das Amt für öffentliche Sicherheit dem Kongreßkomitee mitteilten, sie übernähmen keine Gewähr für die Sicherheit derer, die eventuell am zweiten und dritten Tag eine Predigttätigkeit von Haus zu Haus ausüben wollten. Später, als diese Unruhestifter merkten, dass ihre Pläne für diese beiden Tage durchkreuzt worden waren, machten sie Überfälle auf Jehovas Zeugen daheim und im Versammlungssaal.

Bei zwei Familien wurde die Wohnungseinrichtung teilweise zertrümmert, und einige von ihnen erlitten Verletzungen. Vor gewissen Häusern, wo Zeugen Jehovas wohnten, mußte die Miliz die ganze Nacht hindurch Wache halten.
Während des öffentlichen biblischen Vortrags in Lublin hatte die Miliz alle Hände voll zu tun, die gegnerischen Zusammenrottungen an verschiedenen Plätzen in Schach zu halten. Sie hatten Feuerwehruniformen an und zerstreuten eine feindliche Menge beim Versammlungslokal mit einem Wasserstrahl. Nach Schluß mußten sie die abreisenden Zeugen Jehovas in größeren Trupps durch die Straßen nach dem Bahnhof geleiten. Auch dabei kamen noch Steinwürfe und gräßliche Beschimpfungen vor, wie die Schreiber dieses Artikels es selbst erlebten. …"


In Reaktion darauf berichtet "Erwachet!" dann:
"Am 18. Februar 1948 reichten Jehovas Zeugen an das Innenministerium und an das Amt für öffentliche Sicherheit in Warschau ein Memorandum ein, worin folgendes aufgezählt war:
60 Fälle von Folterungen mit tödlichem Ausgang, 226 Fälle gräßlicher Mißhandlung, 256 Fälle von Plünderungen, eine Anzahl gegen sie ausgesprochene Todesurteile, Verwüstung von Wohnungseinrichtungen, Brandstiftungen, Steinigungen, tätliche Beleidigungen und Drohungen. Und damit waren nicht etwa alle, sondern nur die markantesten Fälle von Übergriffen aufgezählt, die sich römisch-katholische Fanatiker seit Beendigung des zweiten Weltkrieges gegenüber den Zeugen Jehovas erlaubt haben"


Weiter verwahrt sich "Erwachet!" gegen die Unterstellung, als würden die Zeugen Jehovas von den Kommunisten finanziell unterstützt, und bezeichnet dies als eine nicht sachgerechte Verleumdung. Die Hauptklage fasst man dann in den Worten zusammen:
"Bis jetzt behandelt das gegenwärtige Regime in Polen die Zeugen Jehovas nicht als gesetzlich anerkannte Glaubensgemeinschaft oder Konfession. Es gibt in Polen rund zwölf religiöse Glaubensrichtungen, einschließlich der römisch-katholischen, die bis auf eine oder zwei alle vom Staat anerkannt sind. Jehovas Zeugen … kämpfen seit 1945 um die gesetzliche Anerkennung. Schon oft sind Abordnungen von ihnen auf den Amtsstellen in Warschau vorstellig geworden. Doch nehmen die Behörden auch jetzt noch den Standpunkt ein, dass Jehovas Zeugen lediglich auf Grund der Verfassung geduldet sind.

Alle Religionsgemeinschaften haben ihre Kirchen oder anderen Versammlungsstätten, wo sie ihre Gottesdienst abhalten, ohne von Beamten oder Privatpersonen gestört zu werden. Manche von ihnen, vor allem die römisch-katholische Kirche, dürfen für ihre religiösen Veranstaltungen sogar den Rundfunk benutzen, während es den Zeugen Jehovas bisher (gleiches) verwehrt blieb …

Die meisten Religionsgemeinschaften in Polen erhalten gutes Druckpapier in annehmbaren Mengen zugeteilt, um ihre Zeitschriften herausgeben zu können. Die katholische Hierarchie erhält Papierzuteilungen für rund sechzig verschiedene Zeitschriften, die das Land mit religiösen Überlieferungen und mit Propaganda gegen die Zeugen Jehovas überschwemmen. Jehovas Zeugen hingegen müssen sich damit begnügen, jede Nummer des für die Gruppen-Studien in den Versammlungssälen und für die Heimbibelstudien bei den Menschen guten Willens benutzten 'Wachtturms' auf Vervielfältigungsapparaten herzustellen...."

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 02. März 2009 07:02
"Dies sind nur Beispiele davon, wie sich die organisierte Religion auf der ganzen Erde mit weltlichen Angelegenheiten befaßt, und in der Schlacht von Harmagedon wird sie wie ein Baum umgehauen und im Feuer zu Asche verbrannt werden."

Das ist die Quintessenz dessen, was der "Wachtturm" (wieder einmal) glaubt seinen Lesern freudestrahlend offerieren zu können. Sicherlich hat er damit die Befindlichkeit seiner Klientel erreicht. Sich von der Politik als "fernstehend" zu verkaufen, macht sich immer dann gut, wenn man zu registrieren hat, dass ein politischer Weg in die Sackgasse geführt hat.

Zu einer Zeit, wo die Zeugen Jehovas noch nicht "Körperschaft des öffentlichen Rechts" werden wollten, kritisierte man beispielsweise massiv die katholische Kirche. So auch in der WT-Ausgabe vom 1. März 1949. Was hatte die Catholica denn getan?
Nun, sie hatte zeitweilig mit den Wölfen geheult. Da gibt es nichts zu beschönigen. Was aber ist denn der gewaltsame Kampf der Zeugen Jehovas, um den KdöR-Status in der Gegenwart gewesen. Im Prinzip doch ähnlich gelagert. Auch die Catholica sagte doch der Sache nach nur; wer uns nützt ist unser Freund. Und wer uns schadet ist unser Feind. Auf genau dem gleichen materiell orientierten Level ist auch die Leitung der Zeugen Jehovas angelangt. Lediglich mit dem Unterschied, dass die Geschichte der Catholica etliche Jahrhunderte länger dauerte; und sich in diesem Zeitraum einiges an kritisierenswertem angesammelt hat.

Aber die Weichen, für den gleichen abschüssigen Weg sind auch bei den Zeugen Jehovas mittlerweile so gestellt. Nachstehend noch ein paar Zitate, wie sich im Jahre 1949 der abschüssige Weg der Catholica laut WT vom 1. 3. 49 darstellte:

"Im Jahre 1870 weigerte sich der Papst, sich mit dem König von Italien zu einigen. Am 20. September jenes Jahres erbrachen die Truppen Italiens ... die Mauern der Stadt und drangen in Rom ein. Am nächsten Tag erließ Kardinal Antonelli einen diplomatischen Protest gegen die italienische Besetzung Roms. Mehrere Tage später fügte der Papst seinen eigenen Protest hinzu. ... Dann wurde am 2. Oktober eine Volksabstimmung veranstaltet, und von den 167.548 Stimmen waren 133.681 für die Vereinigung Roms mit dem Königreich Italien. ... Trotz allen Bemühungen des Königs Victor Emanuel, friedliche Beziehungen mit dem Papste herzustellen, verharrte Pius IX. unnachgiebig auf seinem hartnäckigen Protest wider den demütigenden Wechsel der Dinge. ... Im Jahre 1922 ergriff Mussolini die Macht in Rom ... Im Jahre 1929 wurde der Vertrag zwischen den zweien unterzeichnet, wodurch der Papst wiederum als weltlicher Herrscher eingesetzt und ihm als Herrschaftsbereich die Vatikanstadt gegeben wurde. ... Mussolinis ehrgeiziges Streben ging darauf hinaus, ein großer Kriegsherr zu werden; und er sprach von der Demokratie Amerikas als von einem 'verwesenden Leichnam', und unter Pius XI. arbeitete die römisch-katholische Organisation mit ihm zusammen und unterstützte seine Bestrebungen. Als er seinen blutigen Eroberungsfeldzug gegen die armen Schwarzen von Abessinien zu unternehmen begann und einen Krieg führte, in welchem viele Menschen ums Leben kamen, unterstützten der Papst und das katholische Religionssystem Mussolini und 'segneten' seine mörderischen Angriffe. Ebenso 'segnete' in späteren Jahren, während des Eroberungsfeldzuges gegen Albanien und gegen die demokratischen Nationen im zweiten Weltkriege, die römisch-katholische Geistlichkeit Italiens die faschistischen Legionen Mussolinis doch mit dem Schlußergebnis welches nun der ganzen Welt bekannt ist."

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 09. März 2009 04:12
In der "Erwachet!"-Ausgabe vom 8. März 1949 meint die WTG Martin Luther als Kronzeugen für ihre Auffassung in der Seelenlehre bemühen zu können. Auszugsweise zitiert, meint man sagen zu können:
"Die meisten Protestanten haben vergessen, welche überaus wichtige Lehre Martin Luther entdeckte, als er sich
einem ehrlichen Bibelstudium zuwandte. Nämlich die Lehre, dass die Seele von Natur aus keineswegs unsterblich ist, und dass sie ewiges Leben nur auf Grund des Glaubens und des Glaubensgehorsam erlangen wird."

Man meint weiter, die besonders in der katholischen Kirche verbreitete Lehre einer weiterlebenden Seele, heidnischen Ursprüngen zuordnen zu können. Luther zitiert man mit den Worten:
"Die Toten sind ohne Bewusstsein. Sie ruhen, ohne die Tage oder Jahre zu zählen; aber wenn auferweckt, wird es ihnen sein, als ob sie kaum einen Augenblick geschlafen hätten. Sie liegen in tiefer Ruhe und schlafen bis zum Tage des Gerichts, und wissen nicht, wo sie sind..."

Einen Autor namens Blackborn zitiert man dann noch, der bezüglich Luther meinte, er trete "für die Lehre vom Seelenschlaf ein und benutzte diese Lehre dann zur Widerlegung des Fegfeuers und der Heiligenverehrung. An diesem Glauben hielt er bis zum letzten Augenblick seines Lebens fest. Luther stand klar und einwandfrei auf Seiten derer, die den Seelenschlaf gelten lassen."
Nicht hinzugefügt in der genannten Ausführung wird allerdings, wie denn die Reaktion der kirchlichen Konkurrenz auf solche Positionen ist. Zwar mag Luther (und die Zeugen Jehovas) da eine mittlere Position eingenommen haben. Indem sie einerseits vom Seelenschlaf reden; andererseits auf eine Auferstehung hoffen. Eine Auferstehung, ohne vorhandenen "Kern" einer Seele (wenn man es mal so nennen darf), dürfte dann doch wohl eher einer Art "Neuschöpfung" entsprechen. Das wiederum mit dem Auferstehungsglauben in Übereinstimmung zu bringen, fällt nicht jedem leicht.
Zudem belegt die Katakomben-Praxis in der Frühchristlichen Phase , wie man sich damals dass mit der Auferstehung vorstellte. Die in den Katakomben gestapelten Leichen, sollten in dieser Lesart, wieder neu belebt werden (Wundersamerweise).
In dieser Konsequenz haben auch etliche kirchliche Kreise (eben mit Ausnahme der Zeugen Jehovas), eine Feuerbestattung etwa, konsequent abgelehnt.
In der Praxis ist es denn auch so gewesen; dass etliche jener, die einmal "A" sagten; irgendwann auch "B" sagten. Anders formuliert. Wer akzeptiert, dass es mit dem Tode erst einmal aus ist, keine Seele weiterlebt, der geht vielleicht auch soweit, die christliche Auferstehungslehre gleichermaßen zurückzuweisen.
Dem trat die Catholica mit ihrer Variante der Seelenlehre entgegen. Wer weiterlebende Seelen voraussetzt, dem fällt es leichter eine Auferstehungslehre damit zu verbinden. Insofern kann man der katholischen Seelenlehre durchaus eine größere Plausibilität zuerkennen. Da die Zeugen Jehovas sie aber nicht anerkennen, ergab sich nicht selten aus katholischer Sicht der Vorwurf an die ZJ-Adresse. Sie gleichem einem, der ein Klavier erst in Stücke zerschlägt und trotzdem glaubt, darauf noch Musikstücke spielen zu können.

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 16. März 2009 06:23
Als im 16. Jahrhundert, die Spanier jenes Gebiet in Mittelamerika eroberten, dass heute als Mexiko bekannt ist, und in ihren Windschatten die katholischen Missionare agierten, da hatten sie zwar allerlei Pläne. In der Regel jedoch Pläne der selbstsüchtigen Art.
Die indianischen Kulturen der Mayas und Azteken wurden gewaltsam unterdrückt und offenbar erfolgreich versucht, der dortigen Bevölkerung den katholischen Glauben aufzuotroyieren. Immerhin zählen sich noch heute dort rund 90% der Gesamtbevölkerung nominell zur Catholica, und dies trotz des Umstandes, dass es in Mexiko auch scharfe antireligiöse Wellen gab.

Aber wie schon der deutsche Sozialdemokrat (und vormalige jüdische Rabbiner) Jakob Stern in seiner lesenswerten Schrift "Halbes und Ganzes Freidenkertum" aus dem 19. Jahrhundert herausgearbeitet hatte, (partiell editiert in einer Neuausgabe im Alibri-Verlag) ist Religionskritik von der Warte der "oberen Zehntausend" aus, zum Scheitern verurteilt. Religionskritik die nicht in gebührendem Maße soziale Komponenten berücksichtigt; Religionskritik welche den Kerngedanken negiert, dass Religion soziale Wurzeln hat, negiert oder nur Lippenbekenntnisse zollt. Ein solches "Freidenkertum" mündet "bestenfalls" in elitäre, sich selbst belobhudelnde Zirkel der "Highsociety". Genau dieser Fall ist auch in Mexiko eingetreten.

Die dortigen Religionskritiker kann man also unterm Strich, geschichtlich gesehen, "vergessen". Die Catholica hat das Feld behauptet. Es reichte der Catholica offenbar, nominelle Mitglieder zu haben. Volksbildung - nicht ihr Thema. Und so hatte noch in den 1940er Jahren Mexiko eine überdurchschnittlich hohe Analphabetenrate. Noch heute registriert man dergestalt Nachwirkungen dessen, dass die staatliche Schulpflicht in Mexiko lediglich 6 Jahre beiträgt; ein niedriger Wert im Vergleich gesehen.

Zeugen Jehovas sind nicht gerade als überdurchschnittlich "Bildungsfördernd" bekannt. Allein in Mexiko hatten auch sie ein Problem. Wie soll man einen Analphabeten dazu bewegen WTG-Literatur zu lesen? Diese Quadratur des Kreises konnten selbst sie nicht lösen. Und so entschlossen sie sich denn tatsächlich, in Mexiko Alpabetisierungskurse anzubieten. Selbstredend auf der Grundlage der WTG-"Literatur". Denn "selbstlos" waren die Zeugen noch nie. In der "Wachtturm"-Ausgabe vom 15. 3. 1949 feiern sie sich denn auch gebührend, ob dieser Großtat. Das sie diese ihre Investition in zwischen mit Zinzeszins wieder zurückkassieren konnten, machen auch die Jahrbuchstatistikzahlen über Mexiko deutlich 1938 wurde ihre Zahl dort auf 309 beziffert. 1948 waren es dann 4.711.
Und im Jahre 2007 gar 639.320 was einem Verhältnis von 1 zu 165 zur übrigen Bevölkerung entspricht

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 23. März 2009 03:30

Im Kommentar zur "Erwachet!"-Ausgabe vom 8. 2. 1954 wurde schon einmal auf die Auseinandersetzungen eingegangen, die sich nach 1945 in der katholisch dominierten kanadischen Provinz Quebeck ergeben hatten. Man kann dazu auch vergleichen ForumsarchivA59

Darüber hinaus gibt es auch an anderer Stelle in den WTG-Veröffentlichungen einige Hinweise auf diesen Disput. So beispielsweise in der "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 3. 1949. Letzterer Bericht ist dahingehend besonders interessant, als er einen Einblick in ein akutes Gerichtsverfahren vom 15. 11. 1948, sozusagen relativ zeitsynchron ermöglicht. Jener Artikel schließt denn auch mit der Angabe, dass beim Redaktionsschluss das Verfahren noch nicht beendet sei.
Man findet in ihm also durchaus einige Anhaltspunkte, die seitens der WTG bei späteren redaktionellen Überarbeitungen lieber unter den Tisch fallen gelassen wurden.

Berichtet wird, dass zu einem aktuellen Gerichtsverfahren, selbst der WTG-Anwalt Covington, damals noch personengleich WTG-Vizepräsident, angereist war. Natürlich ist der Artikel nicht "wertfrei". Er vertritt sehr wohl parteiisch die WTG-Sicht. Aber er erlaubt zumindest ansatzweise, auch einen Einblick in die Sicht der Gegenseite.
Die Gegenseite brachte vor, dass sie es als Provokation bewerte, wenn in der nach ihrer Lesart, zu 95% katholisch geprägten Provinz Quebeck, die Veröffentlichungen der WTG verbreitet wurden, die in ihrer Sicht, den Tatbestand der Beleidigung des religiösen Empfindens der Katholiken erfüllen würden. Als Beweisgegenstand wurde besonders auf die aggressive WTG-Flugschrift über "Quebeck's loderndem Hass" und das Rutherford-Buch "Feinde" abgestellt.
Über den Part des Staatsanwaltes in diesem Verfahren berichtet "Erwachet!":
"Er gebrauchte das Buch 'Feinde'. Erklärte sich Herr Covington damit einverstanden, wenn dieses Buch die römisch-katholische Hierarchie als zur Hure der Offenbarung gehörig hinstellt?" Wie nicht anders zu erwarten bejahte Covington diese Frage.
Weiter fragte der Staatsanwalt:
"Hielt er es für recht, eine solche Lehre in einer Provinz zu verbreiten, deren Bevölkerung zu 95 bis 100% katholisch ist?" Auch diese Frage bejahte Covington, der es denn auch nicht verabsäumte, dem ganzen das Mäntelchen angeblichen "göttlichen Auftrages" überzuhängen. Zitat:
"Es wurde betont, dass diese Verurteilungen des Katholizismus dem Urteil Gottes entsprechen und Jehovas Zeugen dies lediglich im Gehorsam gegen Gottes Gebot bekanntmachten."
Einen vermeintlichen Sieg glaubte die Gegenseite auch damit erringen zu können, dass sie es den Zeugen Jehovas absprach, eine "Religion" zu sein. Begünstigend kam für diese Argumentation hinzu, dass die zeitgenössischen Zeugen Jehovas selbst diese These vertreten hatten, die erst in den 1950er Jahren wieder revidiert wurde. Soweit war es aber damals noch nicht. Damals galt noch, dass Zeugen Jehovas selbst mit Plakaten umhängt durch die Straßen marschierten auf denen zu lesen war: "Religion sei ein Gimpelfang". Die "Feinheiten" dabei, dass man das in eigener Lesart "wahre Christentum" nicht als Religion bezeichne, dürften mit Sicherheit bei dem Zufallsbeobachter solcher Zeugenmärsche, nicht angekommen sein. Der registrierte doch lediglich, da lehnt eine Gruppe pauschal Religion ab.

Ein weiterer Fallstrick des Staatsanwaltes:
"Sie sagen doch, der Teufel sei der Herrscher der jetzigen Welt; ist demnach dieser Gerichtshof hier Ihrer Meinung nach vom Teufel?"
Mit gewundenen Worten sucht Covington sich aus dieser Schlinge zu lösen. Es könnte ja sein, dass der Gerichtshof auch eine Urteil fälle, das nicht im Widerspruch zu "Gottes Geboten" stehe. Dann sei er selbstverständlich nicht vom Teufel. Man sieht, Covington hat sein Advokatenlatein beherrscht!

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Vor Sechzig Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 02. April 2009 02:54

Bekanntlich wird seitens der Zeugen Jehovas die Lehre einer "unsterblichen Seele" abgelehnt. Besonders die katholische Kirche ist es wohl, die im Gegensatz dazu, diese Lehre nach wie vor aufrecht erhält. (Belege dafür auch in einem für dem 4. April vorgesehenen Beitrag). Seitens der Zeugen Jehovas wird nun unterstellt, dass sei eine Lehre heidnischen Ursprunges. Lang und breit wird dieses Thema auch in der "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. April 1949 ausgewalzt. Vielleicht ein paar Kernsätze daraus, bezüglich des unterstellten heidnischen Ursprunges. Der WT meint:
"Sie (die Verfechter der Lehre einer unsterblichen Seele) werden auf den heidnischen griechischen Philosophen Pythagoras hinweisen, der im Jahre 608 v. Chr. geboren wurde und lehrte, ein jedes Menschengeschöpf habe eine Seele, die von seinem Fleischesleib getrennt und verschieden und unsterblich sei und von einem fleischlichen Körper in einen andern übergehen könne."
Weiter laut WT:
"Anderthalb Jahrhunderte später erschien ein anderer griechischer Philosoph, Sokrates, der im Jahre 468 v. Chr. geboren wurde und durch seinen hervorragendsten Schüler, durch Plato, die Theorie von der 'Unsterblichkeit der Menschenseele' dem Volke mundgerecht machte. Um den Schein einer biblischen Stütze zu haben, damit den Lehren Platos gefolgt werden könne, mögen römisch-katholische Theologen auf die Bücher 'Die Weisheit Salomos' oder 'Ekklesiastikus' (oder: Jesus, der Sohn Sirachs) hinweisen. Um zu zeigen, dass die Wörter 'unsterblich', Unsterblichkeit, unverweslich, Unverweslichkeit schon vor Christus und seinen Aposteln vorkommen."

Dies sei aber in WT-Lesart kein Argument, da genannte Bücher nicht in den heute gängigen offiziellen Bibelkanon aufgenommen wurden, und als "apokryph" bezeichnet werden. Mit diesem Schlagwort hat sich dann das Thema für den WT fürs erste erledigt.

Als Hintergrund, weshalb es zu dieser Übernahme "heidnischer Lehren" in WT-Sicht, durch die katholische Kirche kam, meint der WT als Beleg, auf eine eher der Rubrik "katholische Publikumsschriften" zuzuordnenden Ausführung verweisen zu können. Dazu liest man:

"In einem Frage- und Antwortebuche, auf dessen Titelseite wir lesen, es sei ein 'Expose über Jehovas Zeugen', gaben die römisch-katholischen Priester, welche es verfaßten, auf die Frage: 'Ist es eine offenbarte Lehre, dass die Seele des Menschen unsterblich sei?' folgende Antwort:
'Der Bericht im 1. Buches Moses über die Erschaffung des Menschen beweist es. Gott ist unsterblich und kann nicht sterben. Er hat den Menschen in seinem Bild und Gleichnis erschaffen. Doch gleichen unsere Leiber Gott im Aussehen keineswegs und sind sterblich. Daher befindet sich das eigentliche Bild Gottes in unserer Seele, und es gleicht Gott durch die Unsterblichkeit …"


Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, dass hierbei in der Argumentation in hohem Maße mit Zirkelschlüssen gearbeitet wird. Aber das ist ja ohnehin ein Charakteristikum der Religion. Lediglich, dass jede Variante selbiger glaubt, ihre spezielle Form von Zirkelschlüssen, müsse es wohl sein.


In der gleichen WT-Ausgabe findet sich, in WT-Vokabular verpackt, auch der Erlebnisbericht einer 71jährigen Zeugin Jehovas, die in Schweden zwanzig Jahre lang Übersetzungsarbeiten für die WTG aus dem Englischen in Schwedische machte. In einigen Nebensätzen gewinnt man da durchaus interessante Einblicke.
Etwa wenn sie über ihre eigene Biographie anmerkt:

"Dann gefiel es dem Herrn, mir den Weg zum unentgeltlichen Besuch des nicht sektiererischen Ausbildungsheim für Missionare in London von Dr. Grattan Guiness zu öffnen."

Schon hier muss man Widerspruch anmelden. "Nicht sektiererisch" meint diese Dame, sei das Wirken des Herrn Guiness gewesen. Das kann man bestenfalls dahingehend gelten lassen, als Guiness, ideologisch, auf einer ähnlichen Wellenlänge schwamm wie Russell.
Dazu kann man vergleichen "Geschichte der Zeugen Jehovas. Mit Schwerpunkt der deutschen Geschichte" S. 91 f.


Dann wird noch ein Brief zitiert, den diese Dame an den WTG-Präsidenten Knorr richtete. In ihm findet sich auch der Satz:
"Nie dachte ich damals, dass die Botschaft noch vor Harmagedon dorthin (nach Westafrika) gelangen würde. Du weißt, Bruder Knorr, dass es dem Herrn um jene Zeit nicht gefallen hatte, uns weiter als bis 1914 blicken zu lassen."

Jenen Satz sollte man sich in der Tat auf der Zunge zergehen lassen; ist er doch ein Musterbeispiel dafür, wie ein ideologischer Bankrott, im nachhinein zum "Wirken des Herrn" verklärt wird.

Russell und Rutherford, auf Besuchsreisen auch in Schweden Station machend, lernte diese Dame dann auch dort noch persönlich kennen.
Bemerkenswert auch der Kommentar, den sie dabei Rutherford angedeihen ließ:

"Ich erinnere mich immer noch, wie ängstlich bestrebt er war, auf den Herrn zu warten, damit alles im Einklang mit dem Willen des Herrn geschehe. Besonders war dies der Fall, als er im Jahre 1925 hier war.

Ich werde den Tag nie vergessen, als ein Wechsel im Büro hier eintrat, und wie dankbar wir Jehova waren, alle, die in dieser Sache auf ihn gewartet hatten.
Ich sagte zu Bruder Rutherford: 'Ich kann nicht sehen, wie wir hier auf diese Weise noch länger weitergehen können.' Ich mußte ihm eine Liste von all den Artikeln geben, die im amerikanischen Wachtturm erschienen, aber den Freunden vorenthalten worden waren und nicht in den schwedischen Wachtturm kamen; und diese las Bruder Rutherford am Kongress in Örebro allen Anwesenden vor, und noch am selben Tage kam der Wechsel."

Auch hier wiederum ein Beispiel, wie handfeste Interessengegensätze in dieser Beschreibung verniedlichend dargestellt werden. Noch am selben Tage kam der Wechsel. Das bedeutete nichts anderes, dass die vormalige Führungscrew in Schweden, die wohl noch auf der Linie von Russell weiter segelte, von Rutherford "achtkantig" aus ihren Stellungen hinausgeworfen wurden. Erfahrung diesbezüglich hatte er ja schon einige. Dies war mit Sicherheit nicht der erste, und nicht der letzte diesbezügliche Fall.

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 09. April 2009 04:25

„Die Evolutionisten sind rückständig" titelt „Erwachet!" in seiner Ausgabe vom 8. 4. 1949. Besonders kirchliche Kreise, welche auch - teilweise - einen Spagat in Richtung Evolutionstheorie versuchen, finden da das besondere Mißfallen von „Erwachet!".

„Erwachet!" muss zwar einräumen. Es gäbe auch Biologen, welche mit der Evolutionstheorie kokettierten. Aber das ficht „Erwachet!" - wie zu erwarten, nicht sonderlich an. Und liest man jenen Artikel im Detail, gewinnt man auch nicht den Eindruck einer Detail-Auseinandersetzung, sondern eher das verkünden eines „ex cathedra Grundsatzes". Für den aber die Evolutionstheorie nur bestätigendes Beiwerk ist. Nicht jedoch die Hauptstütze dieses hochgehaltenen Dogmas.

Und dieses Kerndogma lautet dann in der Lesart von „Erwachet!" so:
„Entgegen ihrer Meinung, ganz auf der Höhe der Zeit zu stehen, sind die Evolutionisten hinter dem aufrüttelnden Zeitgeschehen der jetzigen 'letzten Tage' derart weit zurück, daß sie so veraltet wirken."
Das Dogma der „letzten Tage" ist also der Kern. Die Frage Evolution oder nicht, das dem untergeordnete „Beiwerk". Insofern argumentiert die WTG unredlich, arbeitet mit Taschenspielertricks.
Nun mag man in Sachen Evolution in der Tat eine gewisse Unsicherheit haben (des „sowohl als auch möglich sein"). Dann wäre es aber angemessen auf diese Kernpunkte einzugehen. Das Dogma der „letzten Tage" hat dabei den Wert eines überflüssigen Kropfes.
„Die Entwicklungslehre wurzelt in heidnischen Religionen" meint „Erwachet!".
Unter anderem wurde dazu ausgeführt:
„Sie wurde schon im fünften Jahrhundert vor Christus verbreitet. Als 'Vater der Entwicklungsidee' hat man den
griechischen Philosophen Empedokles (493 - 435 v. Chr.) bezeichnet. Auch Aristoteles vertrat diese Theorie, ja sie wurde allgemein von den griechischen Philosophen gepredigt. Folgende Darlegungen der 'Encyclopedia Americana', Band 10, Seite 606, Ausgabe von 1942, lassen erkennen, wie viele Grundbegriffe dieser - heute allerdings abgegriffenen und abgeschliffenen - Theorie im Entwurf schon vor zweitausenddreihundert Jahren vorlagen:
Empedokles … glaubte, daß der Ursprung des Lebens durch Selbstentstehung [Urzeugung] zu erklären ist, und er glaubte, daß es keine gleichzeitige Hervorbringung verschiedenartiger Lebensformen gegeben hat. Zuerst entstand das pflanzliche Leben, das Tierleben hingegen erst nach einer langen Reihe von Versuchen; aber der Ursprung der Organismen war ein ganz allmählicher Vorgang. 'Alle Organismen gingen aus dem Zufallspiel hervor, das die beiden großen Naturgewalten mit den vier Elementen trieben. So traten die Tiere anfänglich nicht als vollständige Einzelwesen in Erscheinung, sondern als Köpfe ohne Hals, Arme ohne Schultern, Augen ohne die Augenhöhlen. Infolge des Triumphes der Liebe über den Haß begannen diese Einzelteile einander zu suchen und sich zu vereinigen, aber rein zufällig. So entstanden aus diesem wirren Spiel der Körper alle Arten unbeabsichtigter, außergewöhnlicher Wesen.' Diese unnatürlichen Erzeugnisse starben jedoch rasch aus, weil sie sich nicht fortpflanzen konnten. Nach dem Aussterben dieser Mißbildungen entstanden andere Formen, die sich zu erhalten und zu vermehren vermochten. Wenn man will, kann man also in den Gedankengängen des Empedokles den Keim zur Theorie vom Überleben der Tüchtigsten, von der Zuchtwahl, erkennen.

Aristoteles (384 - 322 v. Chr.), der größte unter den griechischen Naturphilosophen … Die Natur, sagt er, ist in ständigem Fortschreiten mittels allmählicher Verwandlungen vom Unvollkommensten zum Vollkommensten … Der Mensch ist der Höhepunkt eines langen, ständigen Aufstieges … Im ganzen genommen, lieferten die Griechen in mehr oder weniger unfertiger Form die Idee von einer Ausmerzung der Entwicklungs-Mißgriff, und demgemäß die Idee vom Überleben der Tüchtigsten, die Idee vom Sichanpassen der Einzelteile."


Und mit mißbilligend erhobenen Zeigefinger notiert „Erwachet!" weiter:
„Wenn Wissenschaftler die Evolutionstheorie schlucken können, dann die Geistlichkeit erst recht. Dementsprechend beteiligen sich ordinierte Diener der Christenheit und des Judentums voller Verzückung am religiösen Gesang der Wissenschaft. Bei ihrer langen Übung im Zurechtstutzen heidnischer Lehren, wie der 'Dreieinigkeit', der 'unsterblichen Seele', dem 'Fegfeuer' und der 'Hölle', bringen sie das bestimmt auch mit dem heidnischen Evolutionsdogma fertig. Die 'Catholic Encyclopedia' Band 5, Seiten 654, 655 Ausgabe von 1909, sagt unter 'Evolution':

Sie stimmt mit der christlichen Auffassung vom Weltall vollkommen überein; denn die Heilige Schrift sagt uns nicht, in welcher Form die jetzigen Arten von Pflanzen und Tieren ursprünglich von Gott erschaffen worden sind. Schon im Jahre 1877 erklärte Knabenbauer, 'daß von seiten des Glaubens nichts gegen die Annahme einzuwenden ist, daß alle Pflanzen- und Tierarten von wenigen Grundformen herkämen'. (Stimmen aus Maria Laach, XIII, Seite 72) … Inwieweit ist die Evolutionstheorie auf den Menschen anwendbar? - Daß Gott bei der Bildung des menschlichen Körpers von naturgemäßen, evolutionären Erstursachen Gebrauch gemacht haben mag, ist per se nicht unwahrscheinlich und wurde als Gedanke schon von St. Augustin vorgebracht [Augustinus von Hipp, 354-430 n. Chr.].

Im Jahre 1930 wurde von einer Konferenz anglikanischer Bischöfe in Lambeth die Annahme einer Resolution berichtet, welche besagte, daß 'die Evolution als ein Vorgang schöpferischer Entwicklung, der sich mit der christlichen Theologie vertrage, hingenommen werde.' Der bekannte protestantische Theologe S. Parkes Cadman erklärte: 'Im Bibelbericht spiegelt sich der primitive Zustand der damaligen Zeit; Darwins Erklärung kommt mir als die großartigste vor, die ich je gehört habe.' Dr. Albert E. Ribourg stellte die Behauptung auf: 'Der Glaube an eine schöpferische Entwicklung legt edlere Vorstellungen von Gott nahe, als eine unvermittelte, zeitbegrenzte Erschaffung; denn jener Glaube hilft uns verstehen, daß Gott allezeit in seiner Welt ist und sie entwickelt und vervollkommnet.'

Bischof Barnes von Birmingham predigte in der Westminster-Abtei: 'Darwins Behauptung, daß der Mensch vom Affen abstamme, hat in mehr als einem halben Jahrhundert den kritischen Untersuchungen standgehalten; zunehmendes Wissen und sorgfältige Forschung haben ihre Richtigkeit nur bestätigt. Die Geschichten von Adams und Evas Erschaffung und von ihrer ursprünglichen Unschuld und ihrem Fall sind für uns Volkssagen geworden.'

Für das Judentum äußert sich die 'Jewish Encyclopedia' Ausgabe von 1910, Band 5, Seite 281, das Verhältnis der jüdischen Religion zur Evolutionstheorie sei 'nicht notwendigerweise feindlich und abweisend'."


Derart siegesgewiß ist es wohl nur konsequent, wenn „Erwachet!" in seiner Ausgabe vom 22. 2. 1949 auch die nachfolgende Meldung für weitergebenswert hielt:
„Noahs Arche gefunden?
Vor einigen Jahren hieß es, ein russischer Flieger habe beim Überfliegen des Berges Ararat ein gegen das Ufer eines Gletschersees gestrandetes, gewaltiges Schiff gesichtet. In den entsprechenden Nachrichten hieß es, daß es sich um die Arche Noahs handle. Der Bericht erfuhr aber keine weitere Bestätigung, obwohl er wiederholt und auch ausgeschmückt wurde. Die neuesten Nachrichten über die Arche auf dem Gebirge Ararat kommen nun aus Istanbul durch die Associated Press, in einer Notiz vom 13. November 1948.

Die Meldung berichtet über versteinerte Reste eines Objektes, die den Überbleibseln eines Schiffes gleichen und hoch oben auf dem Berge Ararat gefunden wurden. Diese waren für Jahrhunderte verborgen und kamen nun letzten Sommer ans Licht, zufolge des ungewöhnlich warmen Wetters, das einen alten Mantel von Schnee und Eis wegschmolz. Viele Bauern der Dörfer am Fuße des Berges erklommen die Stelle um die versteinerten Überreste zu sehen;
sie erzählten dann aufgeregt, daß es sich um ein Schiff handle. - Doch diese und andere Berichte über Noahs Arche stoßen bei Wissenschaftlern auf Skepsis und lassen sie leider immer noch kühl.


Nun haben die Arche Noah-Storys in der WTG-Religion (wohl nicht "nur" in dieser) mittlerweile Tradition
Schon in der frühen WTG-Publikation "Beröer-Buch" findet man einen Euphorie-Bericht dazu. Etwa wenn da auch zu lesen ist:
Die "Chicago-Tribüne" vom 13. August 1883 brachte ein Telegramm von London, aus Konstantinopel sei der Bericht gekommen, daß eine türkische Kommission auf dem Berge Ararat die Arche entdeckt habe - mit Gletschereis bedeckt. Das Innere der Arche sei in Kammern von 15 Fuß Höhe eingeteilt.

1975 hingegen, wollte dasselbe "Erwachet" (Ausgabe vom 22. 12. 75) nichts mehr von der früheren Vollmundigkeit in Sache Arche Noah wissen.
Etwa wenn es nun 1975 schrieb:

"Selbst wenn man überzeugend nachweisen könnte, daß dieses Holz über 4 300 Jahre alt ist, daß es aus der Zeit Noahs stammt, wäre das dann ein Beweis dafür, daß es ein Stück von der Arche ist? Zur Zeit Noahs gab es zweifellos außer der Arche auch andere Bauwerke aus Holz (Luk. 17:26-28). Trümmer davon konnten von dem Wasser, das die Erde überschwemmte, weite Strecken mitgeführt werden, ja bis an den Ararat. Noch fehlt es an überzeugenden Beweisen dafür, daß die Holzstücke vom Ararat von der Arche Noah stammen. ...

Diese Organisation hat der Awake!-Redaktion ein 20 × 25 cm großes Schwarzweißfoto von der Arche überlassen. Bei diesem Bild handelt es sich um eine Vergrößerung. Ist es ein überzeugender Beweis? Die Vergrößerung wurde von sieben Berufsfotografen untersucht. Fünf von ihnen sagten, daß das verschwommene Bild nicht vom Originalnegativ, sondern von einem Abzug davon stamme, der offensichtlich retuschiert worden sei. Das sei vor allem geschehen, um den Eindruck hervorzurufen oder zu verstärken ...

Das alles sollte man erwägen, bevor man den Behauptungen, die veröffentlicht worden sind, Glauben schenkt. Indizien dürfen noch lange nicht als Tatsachen betrachtet werden. Aber es gibt noch etwas Wichtigeres zu bedenken. Was ist das? Man darf nicht vergessen, daß der Apostel Paulus erklärte, Christen würden durch Glauben, nicht durch Schauen wandeln (2. Kor. 5:7)."


Indes Elementen der „heiligen Einfalt" kann man auch weiterhin in der WTG-Religion benennen. Etwa, wenn sie in einem neueren Video ziemlich genau meint zu wissen, wie denn die Arche ausgesehen haben soll. Solche bildlichen Darstellungen sind ja nicht unbedingt zwingend. Angepasst an das Level ihrer Anhängerschaft, präsentiert die WTG dennoch solch eine.

Tja, dass liegt dann wohl auf derselben Ebene wie (beispielsweise) die WTG-Euphorie in Sachen Pyramide zu Gizeh.
An der ergötzten sich ja die frühen WTG-Narren auch über alles.
„Nach Tisch" mussten dann dieselben Narren auch noch einräumen:
Das war wohl nichts ...
(wieder einmal).
Die Gegenposition dazu hatte schon der von Russell als namentlicher Gegner georte Thomas Paine formuliert, wenn letzterer unter anderem auch schrieb:

Man nehme der Genesis den Glauben, daß Moses deren Verfasser war, worauf allein der sonderbare Glaube, daß dieselbe das Wort Gottes sei, beruht hat, und es bleibt von der Genesis nichts übrig, als ein namenloses Buch voll Märchen, Fabeln und überlieferter oder erfundener Abgeschmacktheiten oder unverschämter Lügen. Die Geschichten von Eva und der Schlange und von Noah und seiner Arche sinken herab auf gleiche Stufe mit den arabischen Märchen, ohne daß erstere ebenso unterhaltend sind, und die Erzählung von Menschen, welche vor ... Iahren lebten, wird ebenso fabelhaft, wie die Unsterblichkeit der Riesen in der Götterlehre.

Da ja nun der ominöse Berg Ararat auch genannt wurde, sei denn mal aus der verstreuten Literatur (Neuwinger) dazu unter anderem auch dieses zitiert:

Zum Beispiel an „Albrecht Bengel zu erinnern, der zu Ende des 18.. Jahrhunderts die Wiederkunft Christi für das Jahr 1836 voraussagte, ohne die Gefahren zu erkennen, die derartige Theologastereien heraufzubeschwören imstande sind. Viele schwäbische Familien verließen damals Haue und Hof und zogen mit Kind und Kegel zum Ararat, um des Wunders teilhaftig zu werden, und das Ende vom Lied waren bittere Armut und unsagbares Elend.
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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 16. April 2009 02:04
Klagend notiert der "Wachtturm" (15 April 1949):
"Tatsächlich ist eine Anzahl von Christen ermattet, weil Gott im Herbeiführen der Schlacht von Harmagedon und im Vernichten aller Feinde und im Einführen der tausend Jahre des Friedens und der Gerechtigkeit scheinbar so langsam vorgegangen ist. So sind sie denn abgefallen vom emsigen Dienste Gottes Jehovas und von der Verkündigung der Botschaft seines Königreiches."

Was wäre wohl die WTG-Führungscrew ohne die ständig "aktualisierte" Endzeit-Naherwartung? Sie wäre ein Nichts. Genau dieser Aspekt ist es doch, vergleichbar der Möhre die dem Esel vor die Nase gehalten wird und die er doch nicht bekommt. Und so setzt man denn auch in dieser WT-Ausgabe alle Register in Bewegung, um die "Ermattenden" möglichst neu hochzuputschen. Weil das aber nicht immer im gewünschtem Umfange gelingt, gilt auch das besondere Augenmerk dahingehend, möglichst Neukonvertierungen zu erreichen. Jene Neuen sind ja noch nicht in dem Umfang von Ermattungsanfällen betroffen, wie jene die den Brooklyner Rattenfängern schon etwas länger gefolgt sind.

Auch das muss man sagen. Es besteht sehr wohl ein sozialer Nährboden dafür. Unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg ohnehin. Aber auch in der Gegenwart werden die Entwurzelten nicht weniger. Sie werden eher mehr. Das sind die Brutsümpfe in denen der WTG-Mückenschwarm so recht zur Entwicklung gelangen kann. Wer im laufe der Zeit kritisch werden sollte, der wird vor die glasharte Alternative gestellt. Entweder er marschiert im bisherigen Trott weiter (grundlegende Voraussetzung dafür: Eigenes Denken ist an der Garderobe abzugeben). Oder er läuft Gefahr den sozialen Ächtungsmechanismen der WTG ausgesetzt zu sein.

Die WTG ist sich der Schärfe dieser Waffe sehr wohl bewusst und setzt sie auch entsprechend ein. Gelingt es dann gar noch ein paar Unbedarfte Neuzugänge zu gewinnen, läuft das Geschäft um so besser. Gerade diese Neuzugänge haben dann ja auch die Chance, sofern auf WTG-Kurs schwimmend, relativ schnell "Karriere" in dieser Organisation zu machen. Damit kann man dann die "Ermatteten", noch zusätzlich in de Ecke drängen.

Falls man wissen will, wie menschenverachtender Kapitalismus in seiner Reinkultur funktioniert. Bei der WTG-Organisation hat man da ohne Zweifel ein besonders aussagekräftiges Veranschaulichungsbeispiel!

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 23. April 2009 04:29
Griechenland, im zweiten Weltkrieg mit von deutschen Truppen besetzt, hatte auch danach eine bewegte Geschichte. Als Reaktion auf die deutsche Besetzung bildeten sich Widerstandsgruppen. Anrainende kommunistische Staaten aus der Zeit nach 1945 (Albanien, Bulgarien, Jugoslawien), suchten den kommunistisch orientierten Widerstand in Griechenland zu stärken. Aber auch die Westmächte. Anfangs besonders Großbritannien, suchten den "Fuß in der Tür" Griechenlands zu behalten. Dabei sah es für die Briten düster aus. Ihre politischen Gegenspieler hatten zeitweise fast (bis auf wenige Gebiete) die Majorität in Griechenland. In dem Moment griffen die USA ein, bekannt auch als "Truman-Doktrin" .

Die Zurückdrängung der kommunistisch orientierten Kräfte dauerte Jahre und zog sich bis Ende der 1940er Jahre hin. Faktisch herrschte der Bürgerkrieg.
Jede Bürgerkriegsseite nahm für sich in Anspruch, in dem von ihr beherrschten Gebiet, Rekrutierungen für's Militär vorzunehmen. Und in den Sog dieser Auseinandersetzungen gerieten auch die Zeugen Jehovas, mit ihrem Grundsatz der Wehrdienstverweigerung.

Ihre politischen Gegner fackelten nicht lange und schreckten auch nicht vor Todesurteilen zurück. Zwar konnten die westlich orientierten Kräfte, dank den USA, letztendlich das Feld beherrschen. Aber in der Wehrdienstfrage waren sie genauso rabiat, wie ihre politischen Gegenspieler. Hinzu kam der Umstand, dass 97% der griechischen Bevölkerung, nominell zur Griechisch-orthodoxen Kirche gehört. Letztere war und ist, alles andere als "gut" auf die Zeugen Jehovas zu sprechen. Sie konnte es beispielsweise erreichen, dass der Besitz von nur zwei gleichen Ausgaben einer Zeugen Jehovas-Zeitschrift, als gerichtlich strafwürdiger Proselytismus gewertet wurde. Das sagt dann ja wohl schon einiges über das dortige Intoleranzklima aus.

Die "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 4. 1949 ist im besonderen dem Thema Griechenland, und der Beleckung der eigenen Wunden durch die Zeugen Jehovas dort, gewidmet.

Man vergleiche thematisch auch:
Griechenland

Das Buch von Reppas

Und da „der Apfel nicht weit vom Stamm zu fallen pflegt", darf man getrost auch die Geschehnisse, der im besonderem Maße im Mittelalter, gleich nach dem Islam kommend, steckengebliebenen Orthodoxen Kirche, etwa in Georgien, auch diesem Kontext zuordnen.
Siehe unter anderem:
Parsimony.509
Parsimony.7228
Parsimony.7284
Parsimony.22488

Re: Vor sechzig Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 02. Mai 2009 06:25

Bereits in der "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. Mai 1949, machte die WTG die Vorankündigung für ihren "Internationalen Kongress" vom 30. 7 - 6. 8. 1950 in New York. Also mehr als ein Jahr im voraus.

Erklärte Zielstellung dabei war es auch, möglichst viele Besucher aus anderen Ländern mit anzulocken. Dies war die erste größere "Heerschau" seit die WTG unter der Administration von N. H. Knorr stand. Davor gab es eigentlich, mehr oder weniger, nur regionale Veranstaltungen.

Zwei weitere solcher Mammutveranstaltungen in New York (1953 und 1958) sollten noch folgen. Danach wurde wieder mehr auf regionale Veranstaltungen gesetzt; zumal solche Mammutveranstaltungen, mit dem zwangsläufigem System von Simultanübersetzungen der Vorträge, eher in den Bereich der Zumutungen einzuordnen sind.

Aber das kennt man ja auch von anderen Diktaturen, die da bei ihren Nationalfeiertagen große Defilees vor der Führungscrew abhalten lassen. Offenbar konnte auch die religiöse Diktatur der Zeugen Jehovas, dieser Versuchung nicht entsagen.

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Re: Vor sechzig Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 09. Mai 2009 03:34
Es ist ein Lieblingsthema der Religionen; auch der Zeugen Jehovas. Die Kritik an der Evolutiontheorie. So, beispielhaft auch in der "Erwachet!"-Ausgabe vom 8. Mai 1949 nachlesbar, unter der Überschrift: "Fehlende Bindeglieder fehlen immer noch".
Man kann sich der darin vorgetragenen Kritik sicherlich nicht entziehen. Wer anerkannt, die Kritik ist fundiert, der muss weiter fragen. Welche Konsequenzen werden daraus abgeleitet. Für die Religionen, das ist schon mal klar, der Schöpfungsglaube.
Es geht aber weiter, und das beweist die Kritik an der Evolutionstheorie keinesfalls, dass die Religionen diesem Schöpfer auch in der Gegenwart noch aktives Handeln zuschreiben.

An diesem Punkt muss allerdings gesagt werden, so schlüssig ist das offenbar nicht. Am Beispiel Zeugen Jehovas auch deutlich. Ursprünglich mal adventistische Endzeiterwartungen fortschreibend, im Sinne des "Zeitgewinnens", habe sich dann die eigenen diesbezüglichen Theorien als genauso brüchig und spekulativ erwiesen als die ihrer Vorgänger. Ihr Gott ist offenbar aus seinem "Mittagsschlaf" immer noch nicht erwacht. Weder zu Zeiten des ersten, noch des zweiten Weltkrieges, noch beim Holocaust und vielem ähnlichem mehr. Man kann, wenn man will, dann einen Schritt weiter gehen und das Bonmot bemühen "Gott ist tot".

Dies beinhaltet ja auch, dass man einen Schöpfergott als Option, nicht grundsätzlich ausschließt. Wenn Menschen sterben müssen, warum soll das nicht auch für diesen Gott zutreffend sein?!

Jetzt beginnt automatisch der große Zirkelschluß der Religionen: Es kann nicht sein, was nicht sein soll. Sie setzen somit ihr Wunschdenken mit der Realität gleich.

Letztendlich stochern alle im Nebel. Egal ob Evolutionisten oder Religionisten. Für beide gilt: "Nichts genaues weiss man nicht".

Die Frage nach dem Woher und Wohin ist sicherlich eine interessante Frage. Immer wieder aufs neue werden sich einige darüber die Köpfe zerbrechen; letztendlich jedoch aus dem Hypothesenstadium (mit all seinen Risiken) nicht herauskommen. Der Überlieferung nach soll der Astronom Laplace auf die Frage Napoleons, warum in seinem System Gott nicht vorkomme geantwortet haben:

"Sir, ich bedurfte dieser Hypothese nicht".
Sehr zum Schrecken der Religionsvertreter, die eben von dieser Hypothese leben. So gilt es denn immer auch die Auswirkungen der entsprechenden Thesen zu sehen.
www.bbaw.de/akademie/kalender/BiographienNew/Laplace.htm

Wer sich darauf versteht, die Erde ist und bleibt ein Jammertal, der wird mit Sicherheit eines erreichen; dass sie es auch tatsächlich bleibt. Er erfüllt somit seine eigene Prophezeiung selbst. Es ist somit ein hoher Preis, der für diese religiöse Weltsicht gezahlt wird. Meines Erachtens, ein zu hoher Preis!

Thematisch siehe auch:
Laplace

Parsimony.19242

Parsimony.20158
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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 16. Mai 2009 06:07
Zwar begann die Geschichte der jetzigen Zeugen Jehovas mit C. T. Russell, der adventistische Thesen übernommen und modifiziert hatte. Der Höhepunkt seiner Bewegung war ohne Zweifel mit dem Jahre 1914 erreicht, dem man zufieberte. Danach ging es peu a peu erstmal abwärts. Noch ließ sich die Mehrheit mit Vertröstungen hinhalten. Aber vertröstete Hoffnungen vermögen nur eine begrenzte Zeit wirksam sein. Als Russell dann 1916 verstarb, war der Zeitpunkt erreicht, wo mancher der vormaligen Russell-Aktivisten ernsthaft darüber nachdachte, nunmehr seinen "eigenen Laden" aufzumachen. Die orientierungslos gewordenen boten jeder ihre eigene "Orientierung" an, die in der Regel nicht mit der anderer konform ging.

Die Weltkriegsverhältnisse waren widrig. Es blieb kaum Zeit zum Luft holen, geschweige denn größere organisatorische Anstrengungen zu realisieren. Das war letztendlich der "Platzvorteil", den Russell's ungeahnter Nachfolger dann auch ausspielte. Als der dann gar noch den siebenten Band der "Schriftstudien" auf den Markt bringen ließ, war die "Stunde der Wahrheit" gekommen. Die potentiellen selbsternannten Nachfolger Russells mussten sich entscheiden. Ordnen sie sich dem "neuen König" unter, oder eben nicht.

Ein beträchtlicher Teil von ihnen entschied sich für die zweite Variante. Und die konnte Rutherford dann in der Tat dauerhaft abschreiben. Hinzu kam, dass er selbst, zumindest zeitweise, in der Weltkriegssituation die Mauern eines Gefängnisses von innen kennenlernte. Es ist dem "Wachtturm" daher durchaus dahingehend zuzustimmen (WT 15. 5. 1949), dass 1919 als das eigentliche Gründungsjahr der jetzigen Zeugen Jehovas angesehen werden muss; denn erst da, hatte Rutherford die Zügel wieder fest in der Hand. Symbolisch demonstriert auch auf dem Kongress Cedar Point, September 1919, wo er die rund 7.000 Anwesende auf seinem Kurs einschwörte. Das war die eigentliche Keimzelle.

Und noch etwas ist bemerkenswert. Nicht in den USA ging es mit dieser Organisation zu jener Zeit voran. Gemessen an der Größe des Landes, dümpelte man dort eher so vor sich hin. Das sollte sich zu Zeiten Rutherford's auch nicht mehr wesentlich dort verändern. Die eigentlichen Zuwachsraten wurden im vom Krieg und Inflation gebeutelten Europa, besonders in Deutschland, erreicht.

Hier, nur hier, ging es mit dieser Organisation, vor 1933 nennenswert aufwärts. Auch hier das gleiche Bild. Die alten Russellianer hatten sich aus dieser Organisation mehr oder weniger verabschiedet. Wer jetzt in der Organisation war, war dies zum überwältigenden Teil erst nach 1919.

Dann noch jener ideologische Schwenk, um die Endzeit-Naherwartung aufrecht zu erhalten. Nach 1925 wagte man es lange Jahre nicht mehr, konkrete Daten direkt und unverblümt auszusprechen. Man zog da eher die indirekte Variante vor. Das herumreiten auf den vermeintlichen "Zeichen der Zeit" gehörte auch, selbstverständlich, weiter zum Standardrepertoir und wird es wohl zeitlebens in dieser Organisation weiterhin gehören.

Jetzt aber der Trick, dass man 1935 erklärte, wer danach zu dieser Organisation hinzustoße, bekomme nur noch eine "irdische Hoffnung". Die "himmlische Hoffnung" überließ man, kalendarisch bestimmt, den alten Veteranen. Und da diese Stichtaglösung bewirkt das deren Zahl immer geringen wird, kann man dem einfältigen Volk auch so eine Endzeiterwartung "unterjubeln". Und so notiert denn der "Wachtturm" in seiner zitierten Ausgabe, dass deren Zahl im Jahre 1949 schon auf 25.395 zurückgegangen sei. In späteren Jahren reduzierte sich diese Zahl weiter.

So erfüllt man vermeintliche "Prophezeiungen" selbst. Und das wird auch weiterhin so sein.

Das „Wort zum Tage von der WTG"
 
Re: Vor sechzig Jahren / Eine kleine Auswahl!
geschrieben von: X ~ mysnip
Datum: 16. Mai 2009 12:08
Zitat:
Drahbeck
... Dann noch jener ideologische Schwenk, um die Endzeit-Naherwartung aufrecht zu erhalten. Nach 1925wagte man es lange Jahre nicht mehr, konkrete Daten direkt und unverblümt auszusprechen. Man zog da eher die indirekte Variante vor. Das herumreiten auf den vermeintlichen "Zeichen der Zeit" gehörte auch, selbstverständlich, weiter zum Standardrepertoir und wird es wohl zeitlebens in dieser Organisation weiterhin gehören. ..

WTG-Buch 1925 Das vollendete Geheimnis S. 10, 261, 393, 451, 496, 586
,,Wir glauben, daß alle wahrhaft Geweihten, welche dieses Buch lesen und wertschätzen, die Worte des Meisters, ,Das Reich der Himmel ist nahe gekommen!' in den Ohren klingen werden wie helle Trompetentöne in klarer Morgenluft ... "
7010.HTM

,,Gottes Wort hingegen verurteilt ungerechte Regierungen der Erde als tierisch, selbstsüchtig, bedrückend, und erkennt nur ein ,Königreich' als von Gott verordnet an, nämlich das Königreich, daß bald auf der ganzen Erde errichtet werden soll ..."
7261.HTM

,,Des Herrn Weisheit sieht, daß die Zeit der Auflösung der jetzigen ungerechten und gottlosen Systeme gekommen ist."
7393.HTM

,,Die Apokalypsis [Enthüllung, Offenbarung] ist nahe gekommen. Siehe Offb. 16:15."
7451.HTM

,,Die Wiedergeburt der Welt ist nahe gerückt."

7496.HTM

,,Gott sagt, daß er dafür sorgen wird, daß sie nicht mehr so sprechen werden, denn nahe vor der Tür steht die Zeit der Drangsal, das Königreich Gottes und die Erfüllung aller Prophezeiungen."
7586.HTM

Re: Vor sechzig Jahren / Eine kleine Auswahl!
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 16. Mai 2009 13:07

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Re: Vor sechzig Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 23. Mai 2009 05:35
Griechenland, im zweiten Weltkrieg mit von deutschen Truppen besetzt, hatte auch danach eine bewegte Geschichte. Als Reaktion auf die deutsche Besetzung bildeten sich Widerstandsgruppen. Anrainende kommunistische Staaten aus der Zeit nach 1945 (Albanien, Bulgarien, Jugoslawien), suchten den kommunistisch orientierten Widerstand in Griechenland zu stärken. Aber auch die Westmächte, anfangs besonders Großbritannien, suchten den "Fuß in der Tür" Griechenlands zu behalten. Dabei sah es für die Briten düster aus. Ihre politischen Gegenspieler hatten zeitweise fast (bis auf wenige Gebiete) die Majorität in Griechenland. In dem Moment griffen die USA ein, bekannt auch als "Truman-Doktrin".

Die Zurückdrängung der kommunistisch orientierten Kräfte dauerte Jahre und zog sich bis Ende der 1940er Jahre hin. Faktisch herrschte der Bürgerkrieg.
Jede Bürgerkriegsseite nahm für sich in Anspruch, in dem von ihr beherrschten Gebiet, Rekrutierungen für's Militär vorzunehmen. Und in den Sog dieser Auseinandersetzungen gerieten auch die Zeugen Jehovas, mit ihrem Grundsatz der Wehrdienstverweigerung.

Ihre politischen Gegner fackelten nicht lange und schreckten auch nicht vor Todesurteilen zurück. Zwar konnten die westlich orientierten Kräfte, dank der USA, letztendlich das Feld beherrschen. Aber in der Wehrdienstfrage waren sie genauso rabiat, wie ihre politischen Gegenspieler. Hinzu kam der Umstand, dass 97% der griechischen Bevölkerung, nominell zur Griechisch-orthodoxen Kirche gehört. Letztere war und ist, alles andere als "gut" auf die Zeugen Jehovas zu sprechen. Sie konnte es beispielsweise erreichen, dass der Besitz von nur zwei gleichen Ausgaben einer Zeugen Jehovas-Zeitschrift, als gerichtlich strafwürdiger Proselytismus gewertet wurde. Das sagt dann ja wohl schon einiges über das dortige Intoleranzklima aus.

Die "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 4. 1949 ist im besonderen dem Thema Griechenland, und der Beleckung der eigenen Wunden durch die Zeugen Jehovas dort, gewidmet.
Siehe auch:
http://forum.mysnip.de/read.php?27094,24906,26068#msg-26068

Das wiederholt sich jetzt in der Ausgabe vom 22. Mai 1949. Dazu wird zitiert:

"Durch die Trumandoktrin tat die amerikanische Regierung im März 1947 ihren Entschluss kund, dem griechischen Volke ihren Entschluss kund, dem griechischen Volke im Interesse der Wahrung freier demokratischer Einrichtungen Hilfe zu leisten. Am 12. März 1947 sagte Präsident Truman dem Gesamtkongress:
'Jeder ausgegebene Dollar wird dazu beitragen, dass Griechenland sich schliesslich selbst erhalten kann … indem eine gesunde Demokratie blühen kann."


Im Hinblick auf die eigenen Erfahrungen wird das Erreichen dieser Zielstellung verneint. Insbesondere wird darauf verwiesen, dass in Griechenland Todesurteile ausgesprochen wurden, wegen Wehrdienstverweigerung. Nicht nur dass. Wegen simpler Zusammenkünfte der Zeugen Jehovas wurden staatlicherseits rabiate Maßnahmen ergriffen.
Zitat

:
"In Larissa (Thessalien) wurden Jehovas Zeugen am 15. September 1948 bei ihrem gemeinsamen Bibelstudium verhaftet. Die ursprüngliche Anklage lautete auf unerlaubtes Zusammenkommen, verurteilt wurden sie aber am 8. Oktober 1948 auf Grund des Sondergesetzes 509, das sich gegen die Kommunisten richtet. Sechs Personen erhielten Gefängnisstrafen von 4 bis 15 Jahren.
In Vola (Thessalonich) waren im Juli 1947 bei einem biblischen Vortrag 55 Zeugen Jehovas verhaftet worden. Gegen 14 von ihnen wurde Anklage erhoben … 9 von ihnen erhielten Gefängnisstrafen von neun Monaten bis zu fünf Jahren wegen unerlaubtem Zusammenkommen.
In Athen erfolgte am 9. Juli 1948 eine Massenverhaftung von 35 Zeugen Jehovas, die einer Predigt … beiwohnten. Ihr Fall kam am 25. September 1948 vor dem Militär-Sondergericht in Athen zur Verhandlung."


Als Strafen wurden verhängt
"gegen 22 von den 33 Angeklagten Gefängnisstrafen von zwei Monaten bis zweieinhalb Jahren … und einer erhielt eine Geldstrafe von 2.000.000 Drachmen."

Am 11. Februar 1948 ging dann die Meldung über die erste Hinrichtung eines Zeugen Jehovas in Griechenland, durch die Presse.

Weiter zitiert "Erwachet!":

"Diese Regierung hat sich inzwischen mit weiterer solcher Blutschuld befleckt. Am 12. Februar 1949 wurde George Orphanidis von Piräus, der zu Jehovas Zeugen gehörte, von einem Sondergericht in Nauplia zum Tode verurteilt und am 2. März 1949 hingerichtet. Ausserdem befinden sich in griechischen Militärgefängnissen noch sechs bereits zum Tode verurteilte Zeugen Jehovas, über deren schließliches Los eine Berufungsinstanz zu entscheiden hat. Vier Zeugen Jehovas wurden von Militärgerichten zu lebenslänglicher Haft verurteilt, und fortlaufend geschieht es, dass viele andere auf solche Weise für längere Zeit ihrer Freiheit beraubt werden."

Und "Erwachet!" schließt kommentierend seine Berichterstattung mit dem Satz:

"Wenn Griechenland mit ausländischer Hilfe vor dem Kommunismus gerettet wird, in welcher Verfassung soll dann das 'gerettete' griechische Volk leben?"

Es ist in der Tat so, dass man vorstehende Beispiele nicht primär den USA anlasten kann.
Maßgeblichen Einfluss auf diese Entwicklung hatte zweifelsfrei die Griechisch-orthodoxe Kirche. Sie ist als der eigentliche Scharfmacher anzusprechen. Jahrhunderte echter Demokratie entfremdet, tat und tut sie sich besonders schwer, mit weltanschaulichem Pluralismus zu leben.
Sie kommt damit in ihrem Intoleranzklima gleich nach dem Islam.
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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 02. Juni 2009 02:47
Nahezu schwelgend inflationär flutscht dem "Wachtturm" (1. Juni 1949) das Wort Krieg oder Kriegsdienst über die Lippen. Fast meint man eine Militärtheoretische und nicht eine religiöse Zeitschrift zu lesen. So belehrt der WT etwa:

"Der Krieg, den die ausgehobenen Israeliten auskämpften, war ein Theokratischer Krieg, denn er geschah nicht aus Gehorsam gegen einen Menschen, sondern aus Gehorsam gegen Jehova Gott, ihren König. So handelten sie denn in ganz buchstäblichem Sinne als die menschlichen Scharfrichter Gottes an all den heidnischen Nationen, die Gottes Ratschlüssen im Wege standen."

Verbleiben wir mal einen Moment bei letzterem Satzteil: "die … im Wege standen". Wer bitte schon soll das für bare Münze nehmen, wer der Politik einer bestimmten Priesterklasse im Wege steht …

Das ist doch der Kern. Nicht "Gott", sondern sein vermeintliches "Bodenpersonal" definiert.
Wer diesem Bodenpersonal "im Wege steht", der wird kraft metaphysischer Verklärung, zum vernichtungswürdigen Feind erklärt.

Es ist sicherlich nichts neues, dass Menschen unterschiedliche Interessen, nicht zuletzt materieller Art haben, die dann nicht selten kollidieren. In profane Sprache übersetzt heißt dieser Vorgang Krieg. Besonders übel ist es jedoch, wenn irdische Kriegsziele metaphysisch verklärt werden. Da macht es überhaupt keinen Unterschied, ob sich jemand, wie weiland Hitler, auf die "Vorsehung" oder wie die WTG bei ihrer Kriegsverklärung auf "Gott" beruft. Es ist in beiden Fällen derselbe stinkend egoistische Humus auf dem solche Blüten gedeihen.

Scheinheilig betont die WTG weiter, in der Gegenwart könne keine Nation rechtmäßig für sich in Anspruch nehmen, "Gottes Nation" zu sein. Auch hier wieder das gleiche Spiel. Die Priesterklasse, in diesem Fall die WTG, nimmt für sich die Definitionsmacht in Anspruch. Sie setzt sich somit an "Gottes Statt".

Im übrigen, ruft die WTG, den Umständen angepaßt, sehr wohl zum realen Krieg auf. Symptomatisch dafür auch der Satz, dass es "hohe Zeit" sei, "aufzuhören, unsere Hoffnung und unser Vertrauen in Fürsten zu setzen, seien es religiöse oder politische, ferner in menschliche nationale und internationale Gebilde, und dagegen Gott den Glauben, die Hoffnung, das Vertrauen, die Anbetung darzubringen, die ihm gebühren."

Nüchtern betrachtet ist das nichts anderes als die Kriegserklärung der WTG-Priesterschaft an den Rest der Welt. Wobei sie wie selbstverständlich voraussetzt, ihre Irrlehren, seien "Gottes Lehren".
Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: X ~ mysnip
Datum: 02. Juni 2009 15
Zitat:
"Wachtturm" (1. Juni 1949)
"Der Krieg, den die ausgehobenen Israeliten auskämpften, war ein Theokratischer Krieg, denn er geschah nicht aus Gehorsam gegen einen Menschen, sondern aus Gehorsam gegen Jehova Gott, ihren König. So handelten sie denn in ganz buchstäblichem Sinne als die menschlichen Scharfrichter Gottes an all den heidnischen Nationen, die Gottes Ratschlüssen im Wege standen."

>>>http://www.youtube.com/watch?v=JgPr_ovDbMk

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Re: Vor sechzig Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 09. Juni 2009 05:38
Drei Meldungen aus der Rubrik „Wir beobachten die Welt" in „Erwachet! vom 8. 6. 1949 sind zugleich Zeitdokumente der Weichenstellung im Kalten Krieg, dessen überheiße Phase gerade noch einmal abgewendet werden konnte. Sie verdeutlichen aber auch, dass die Bahnen des kalten Krieges weiterhin verstärkt zementiert wurden.
Ohne es ausdrücklich festzustellen, gilt es auch zu registrieren, dass auch die WTG ihren Part dabei mitspielte. Jedenfalls passte sie sich dem herrschenden Mainstream westlicher Prägung an. Zwei Meldungen betreffen politische Sachverhalte. Die dritte streift ein anderes Gebiet.
„Erwachet!" notiert:

„Die Blockade
Berlins fand am 12. Mai ihr Ende. Das bedeutet, wenn auch nicht des Ende des 'kalten Krieges', so doch Waffenruhe an der einen Front. Westberlins Bevölkerung wird nun vieles erhalten, was sie bisher entbehren musste. Ausser den wieder aufgenommenen Landtransporten bleibt auch die 'Luftbrücke' weiter in Betrieb, 'um die Vorräte aufzufüllen'. 1.500.000 Tonnen Waren sind in den letzten zehn Monaten von den amerikanischen und britischen Transportflugzeugen nach Berlin geschafft worden, darunter 950.000 Tonnen Kohle! Auch die Gegenblockade der Westmächte fiel am 12. Mai dahin, so dass die deutsche Ostzone die dringend benötigten Maschinen, elektrotechnische Erzeugnisse und anderes erhalten kann. Auf den 23. Mai ist nach Paris eine Aussenministerkonferenz der vier Grossmächte einberufen, bei der sich Ost und West wieder gemeinsam über Deutschland beraten wollen.

Eine Verfassung für Westdeutschland
ist vom Parlamentarischen Rat in Bonn am 8. Mai mit 53 gegen 12 Stimmen angenommen worden. Die Beratungen über dieses Verfassungswerk hatten Anfang September 1948 begonnen. Ein ursprünglicher Entwurf, gegen den die drei Militärgouverneure der Westmächte Einspruch erhoben, erfuhr gewisse Abänderungen, besonders nach der Richtung, dass die Gewalt der einzelnen Länder gegenüber der Bundesgewalt gestärkt wurde. Einleitend werden persönliche Grundrechte gewährleistet, wie sie anderswo in einer 'Bill of Rights' verankert sind. Diese Verfassung kann später ohne Schwierigkeit auf ganz Deutschland ausgedehnt werden. Deutschland wird darin als Bundesrepublik bezeichnet. Die Landesfarben sind wie die der Weimarer Republik: Schwarz-Rot-Gold.

Eine merkwürdige Vokabel verwendet „Erwachet!" in seiner Ausgabe vom 8. 6. 1949 auch noch:
„Freud-Sekte".
Nun ist das wohl so mit den Stigmatisieren zu einer „Sekte". Keiner der so Titulierten schätzt das sonderlich, was denn auch in diesem Falle gilt. Und die entsprechende Artikelüberschrift gibt sich auch eher neutral, wenn getitelt wird „Legen sie sich auf die Couch".
Man kann diesem Artikel auch nicht absprechen, eine relativ sachliche Information zu vermitteln. Dennoch kommt die eigene Auffassung zum Thema der Abhandlung eben auch in dem Begriff „Sekte" zum Ausdruck. Man wähnt sich also überlegen, nicht der Erkenntnisse dieser „Sekte" bedürfend. Aber bilde sich jeder seine eigene Meinung dazu. Nachstehend ein paar der Infos, die auch „Erwachet!" vermittelte:
„... Die Psychoanalyse ist eine Erfindung Siegmund Freuds. Seine Theorie geht dahin, dass Erinnerungen, die vom Bewusstsein als zu schmerzlich abgelehnt werden, ins Unterbewusstsein verdrängt würden. Solche Verdrängung mache den Menschen geistig und körperlich krank. Werde der Patient aber gezwungen, sich die schmerzliche Gefühlsbewegung oder Erfahrung ins Gedächtnis zurückzurufen, so befreie ihn das von seinem Empfinden der Schuld oder der Angst oder der Minderwertigkeit, und er könne gesunden. Um nun das Unterbewusstsein wie in einer Falle zu fangen, liess Freud seine Patienten sich auf eine Couch legen, wo sie ihren Gedanken und ihrer Zunge freien Lauf lassen sollten, während er ausserhalb ihres Blickfeldes dabei sass und zuhörte. So gelang es ihm, wie er sagte, nach Monaten oder manchmal auch erst nach Jahren, die seelische Wunde ausfindig zu machen, die angeblich das Grundübel für die Beschwernisse seines Patienten bildete. Dieses Verfahren nannte er Psychoanalyse.
Durch die Vokabel „angeblich" bringt die WTG schon ihre Distanziertheit zum Ausdruck, welche sich dann bis zum Kampfbegriff „Sekte" fortsetzt.
Ein Kritikaspekt aus der Sicht von „Erwachet" stellt auch die Aussage dar:
„Durch Behandlung vieler Patienten gelangte Freud zu der Überzeugung, dass der Ursprung von Neurosen (Nervenerkrankungen) ohne Ausnahme in irgendeinem geschlechtlichen Erlebnis der Jugendzeit zu suchen sei, ja dass solche seelischen Verletzungen sogar bis in die Kindheit zurückreichten. Zufolge der gesellschaftlichen Moralschranken hätten sich die geschlechtlichen Triebe damals aus der Sphäre des Bewussten ins Unbewusste flüchten müssen und später kämen sie in Form neurotischer Symptome wieder zum Vorschein. Freuds Psychologie baut sich auf dem Geschlechtsleben auf und stellt die menschliche Natur in ein ziemlich übles Licht. Manche Psychiater schlucken zwar, als brave Freud-Jünger, diese Pille von der Allherrschaft des Geschlechtlichen, andere hingegen wenden sich gegen solche Auffassungen als schmutzig, geil und anstössig, und manche lehnen das psychoanalytische Vorgehen überhaupt ab. Andere, die sich ihm verschrieben haben, möchten es an Stelle Gottes und Christi zum Retter der Welt machen."
„An Stelle Gottes und Christi", auch damit, nebst der im Kontext prüden WTG-Sexuallehre zu sehenden Kritikaspekt, bringt die WTG auch ihre Distanziertheit zum Ausdruck. Selbige wurde von ihr später noch eindeutiger dahingehend spezifiziert. Ein Christ hätte - ihrer Meinung nach - eigentlich keinen Grund die Dienste eines Psychiaters in Anspruch zu nehmen. Wer es dennoch tue erkläre ja damit den Bankrott der WTG-Ideologie, da man ja (vermeintlicherweise) in einem „geistigen Paradies" lebe, und da könne eben nicht sein, was nicht sein soll.

Man vergleiche zu der letzten Meldung, thematisch etwa auch:

http://forum.mysnip.de/read.php?27094,27984,27984#msg-27984

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 16. Juni 2009 03:04
Dem Thema "Auferstehung" und den damit verbundenen, sich widersprechenden Theorien, widmet sich die "Wachtturm"-Ausgabe vom 15. Juni 1949 im besonderen.
Erst mal eine Bestandsaufnahme vornehmend notiert der WT:
"Auch die ganze nichtjüdische Welt dachte, die Auferstehung der Toten sei unglaubwürdig, oder hatte überhaupt nie so etwas gehört. "
Das interpretiert der WT dahingehend:
"Dem war so, weil Nicht-Juden an die falsche Lehre von einer der Menschenseele anhaftenden Unsterblichkeit glaubten. Sie dachten, dass diese Seelen etwas Nicht-Materielles, Intelligentes sei, das im menschlichen Körper wohne und durch diesen handle, bis der Tod den Leib überwältige, und dass sie darauf den Körper verlasse, um ihr bewusstes Dasein anderswo weiterzuführen."

Weiter wird in diesem Zusammenhang die Frage gestellt
"warum eine Auferstehung der Toten überhaupt notwendig sei, wenn doch die Seele gar nicht sterbe?"
Weiter wird im Blick auf die Konkurrenz notiert:
"Es ist viel darüber spekuliert worden, wie die Auferstehung dieser Toten vor sich gehen werde. Wir denken an einen Vortrag, den im Jahre 1891 ein sehr gelehrter presbyterianischer Geistlicher vor einer Zuhörerschaft in der Stadt Brooklyn gehalten hat und über den in der öffentlichen Presse berichtet worden ist. Er suchte zu erklären, dass die Auferstehung in einem Zusammenbringen und Wiederbeleben all der Gebeine und Sehnen und all des Fleisches und der Haut usw. bestehe, aus denen je menschliche Körper bestanden haben, unbekümmert, ob sie durch Feuer zerstört worden seien oder im Grabe oder sonstwie zerfielen. Jawohl, unbekümmert, ob gewisse Teile davon durch Chirurgen entfernt oder durch Unfälle zerstört oder von Fischen, Vögeln oder Raubtieren verschlungen wurden, oder ob sie verwest seien und als Düngemittel in verschiedene Früchte, Gemüse, Grasland usw. übergegangen und so immer und immer wieder umgewandelt und von andern lebenden Geschöpfen assimiliert worden seien."
Auch dieser Theorie erteilt der WT eine Absage.
Auch in den eigenen Reihen registriert der WT dann noch eine paar nicht "Rechtgläubige". Über sie wird ausgeführt:
"In den Tagen, da Charles T. Russell Präsident der Watch Tower Bible & Tract Society war, wurde von einem an der Wahrheit interessierten Manne der Gedanke angedeutet, die Auferstehung werde durch sogenannte Metempsychose oder Seelenwanderung (Übersiedlung der Menschenseele) stattfinden. Seine Ansicht war, die Seele eines Verstorbenen werde in den menschlichen Leib eines Kindes verpflanzt, das einem Ehepaar geboren werde … Demzufolge verfocht jener Befürworter der Seelenwanderung die Ansicht, Johannes der Täufer sei buchstäblich der Prophet Elia gewesen, der aus den Toten zurückgekommen sei."
Wie man sieht, dass Spektrum der diesbezüglichen Spekulationen ist ziemlich breit, und eine bezichtigt die andere, nicht "rechtgläubig" zu sein. Sicherlich ist aber Glauben eine unabdingbare Voraussetzung. Wer diese Art von Glauben nicht (oder nicht mehr) hat, für den stellt sich das allerdings etwas nüchterner dar. Derjenige wird sich vielleicht auch mal die praktische Frage stellen.
Im Fall der Fälle:
Ärzte erachten eine Bluttransfusion als notwendig. Soll ich dennoch mit dem Kopf durch die Wand rennen und stur an einer dogmatischen Auslegungsform festhalten, die andere Dogmatiker der gleichen Firma Christentum, so noch nicht einmal teilen? Ist er verblendet genug, wird er sich für das faktische Selbstmordkommando entscheiden. So wie es auch Islamisten gibt, die aus ähnlicher Verblendung sich für Selbstmordkommandos bereit finden.
Das gibt denen, die an den verantwortlichen Schaltstellen sitzen eine ungeheure Macht, die zu missbrauchen, ihre Bereitschaft dazu, sie schon mehr als genug unter Beweis gestellt haben. Dennoch muss man den Opfern sagen: Sie sind betrogene Betrüger.
Rationalem nicht mehr in ausreichendem Maße zugänglich.
Warum? Weil sie mehr vom Leben haben wollen, als letzteres wirklich zu bieten vermag. Und so verfallen sie in ihrer Gier auch den Flötenspielern der Christentums, wie weiland die Kinder dem Rattenfänger von Hameln. Sie wollten "alles" haben. Am Ende haben sie nicht selten, weniger als Nichts bekommen!

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 23. Juni 2009 05:42
Bereits in der "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 2. 1949 ward das Klagelied über die Verhältnisse in Polen angestimmt. Eine Fortsetzung erfährt dieser Bericht nun in der "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 6. 1949. Man erfährt nun, dass es zu einem weiteren Mordfall an einem Zeugen Jehovas gekommen sei. Man liest dazu:

"Ist doch am 21. November 1948 in dem Dorfe Borowianka, Gemeinde Kamyk, Bezirk Czestochowa, wieder ein Zeuge Jehovas namens Josef Sieja, ermordet worden. …
Die Polizei nimmt oft Protokolle über Misshandlungen von Zeugen Jehovas auf. Sie werden in den meisten Fällen an die Gerichte weitergeleitet. Jedoch, wenn es dann zur Verhandlung kommt, steht die Geistlichkeit für ihre Gimpel ein und verschafft ihnen mehrere Verteidiger. In manchen Fällen werden die Übeltäter von Schuld und Strafe freigesprochen, während sie in anderen Fällen nur bedingt verurteilt werden; worauf sie ihr Treiben ungestraft fortsetzen. Bei solchen Gelegenheiten erscheinen in der Presse nirgendwo Meldungen über das Unrecht, das Jehovas Zeugen widerfahren ist.

Nach mehrstündiger Beratung des Gerichts wurden über neun Angeklagte folgende Strafen verhängt:
Pelagia Maruwska, drei Jahre Gefängnis, fünf Jahre Einstellung in den bürgerlichen Ehrenrechten, 5000 Zloty Gerichtsgebühren;
Antonia Krawczyk, anderthalb Jahre Gefängnis, 2000 Zloty Gerichtskosten;
Konstatyn Jagodzinski, zweieinhalb Jahre Gefängnis (er hatte dem bereits bewusstlosen Paul Mahuluk einen Schlag auf den Kopf versetzt, Jagodzinski ist inzwischen im Gefängnis gestorben);
Helena Glowacka, ein Jahr Gefängnis;
Mieczyslaw Langin Hubert, ein Jahr Gefängnis;
Zdzislaw Szarun, ein Jahr Gefängnis;
Janina Rutowicz und Stefan Siurka, je sechs Monate Gefängnis;
und Jan Chruszcz wurde schuldig befunden, aber lediglich seine Mutter für sein künftiges Wohlverhalten haftbar gemacht.
Die Anwälte der Angeklagten legten Berufung zum Obergericht ein, und so steht zu erwarten, dass die Angelegenheit demnächst vor dieser Instanz nochmals aufgerollt wird.

Aus Vorstehendem ist ersichtlich, dass jene, die über Jehovas Zeugen herfielen, angemessene Strafen erhielten. Jedoch berichtete keine einzige Zeitung über diesen zweitägigen Prozess, obwohl jeden Tag ein Reporter anwesend war."
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Vor sechzig Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 02. Juli 2009 05:28

Wieder mal vor Konservatismus triefend, so muss man wohl die "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. Juli 1949 bezeichnen, die sich dem Hauptthema "Frauen" widmet.
Abwertend schon der WT-Kommentar zu dem kulturellen Brauch des Muttertages. Dies sei
"törichte Sentimentalität" , so der WT.
Ansonsten wird nur wiederholt, was zur Grunddoktrin der WTG gehört. In deren Augen kann die Welt nur dann in "Ordnung" sein, wenn es Herren und Knechte gibt. "Selbstverständlich", so der Tenor, haben die Knechte ihren Status nicht in Frage zu stellen. Der ist "gottgewollt". Die gesamte Hierarchie käme ja ins Rutschen, sollte an einer Stelle da "aufgemuckt" werden.
Natürlich brauchen die Herren auch Wasserträger. Wie sollten sie sonst weiter Herren sein. Das muss dem gläubigen Volke entsprechend rübergebracht werden. Und da ist die konservative Auffassung in der Frauenfrage offenbar ein geeignetes Vehikel dazu.

Den Frauen wird gepredigt "schluckt runter - Gott will es so" Zitat:

"Um der Theokratie Jehovas willen herrscht der Grundsatz der Leitung durch ein Haupt im ganzen Universum, und dementsprechend müssen alle Geschöpfe Untergebenheit unter den göttlichen oder Theokratischen Willen lernen."
In diesem Zusammenhang entblödet sich der WT dann auch noch, des lang und breit über den "kulturellen Brauch" des Verschleierns, von Frauen versteht sich, zu reflektieren. Als Begründung dafür wird dann noch eine antiquierte Bibelstelle herangezogen in der das als "Achtung vor den Engeln" interpretiert wird. Das wird dann gar noch als wörtlich zu verstehen dargestellt: auf dass auch auf dieser Ebene der Aberglaube, die Verdummung, so richtig gezüchtet werden möge.

Zitat:

"Wer die hier erwähnten Engel sind, aus Respekt vor denen sich unsere christlichen Schwestern den obigen Verordnungen unterziehen sollten, ist schon verschiedentlich erwogen worden. Wenn wir aber einfach den Aufschluss annehmen, den uns die lautere Heilige Schrift gibt, so scheinen es die ungesehenen Geistengel zu sein."

Also auch damit versucht die WTG ihre Schäfchen ins Boxhorn zu jagen, indem sie ihren Konservatismus noch nach Kräften metaphysisch erhöht. Offenbar ist sich wohl auch die WTG bewusst, dass sie heutzutage die Verschleierungspraxis nicht mehr generell durchsetzen kann. Sie muss daher die Einschränkung machen, nur dort anwendbar, wo es auch andernorts noch üblich ist. Aber an ihrem grundsätzlichen Anspruch auf die Anwendung von Unterwerfungsritualen, mag sie nicht verzichten. Dafür steht auch der Satz in der genannten WT-Ausgabe:

"Wenn also in den apostolischen Tagen an gewissen Orten für Frauen die Sitte herrschte, Haupt und Angesicht in der Öffentlichkeit zu verschleiern, weshalb beobachteten sie christliche Frauen? Um nicht einen volkstümlichen Brauch zu verletzen und Missverständnisse heraufzubeschwören und sich Schande zuzuziehen? Jawohl, besonders aber, um die Untergebenheit des weiblichen unter das männliche Geschlecht im Hinblick auf die Engel anzuzeigen."

Der Aspekt des WTG-Konservatismus kam kürzlich auch in einem anderen Disput zum Vorschein.
Um zuerst nochmals auf die „Frauenfrage" in WTG-Sicht zurückzukommen.
In soziologischer Hinsicht besteht die überwältigende Mehrheit der Zeugen Jehovas-Gemeinden aus Frauen. Jedenfalls mehr, als Männern.
Trotzdem sind die Ältestenposten etwa, grundsätzlich Männern vorbehalten.

Gelegentlich gab es in der jüngeren Vergangenheit auch schon (seltene) Fälle, wo etwa bei „Standhaft"-Veranstaltungen, ganz vereinzelt, Frauen gegenüber der säkularen Presse, als SprecherInnen auftraten.
Das sind dann aber wirklich die vereinzelten „Schwalben", die noch lange keinen Sommer machen.

Der andere angedeutete Streitpunkt betrifft den Aspekt „Apartheid". Es macht sich ja gut, etwa auf ZJ-Kongress-Veranstaltungen, in Bildern ein rassisch gemischtes Publikum zu präsentieren.
Als indes in den USA ein Martin Luther King etwa, diesbezügliche Kämpfe um Gleichberechtigung führte, da jedenfalls (auch dabei) erfuhr er seitens der WTG nicht den Bruchteil eines Jota an Unterstützung.

Rückblickend gesehen indes, haben sich die von Martin Luther King (als Beispiel) repräsentierten Kräfte in den USA (relativ) durchgesetzt.
Öffentliche Verkehrsmittel, getrennt nach Rassen benutzbar, dass ist auch heute in den USA nicht mehr möglich. Es war aber mal (in den dortigen Südstaaten) sehr wohl möglich.
Diesen Veränderungen der Rahmenbedingungen kann letztendlich auch die WTG sich nicht entziehen.

Wohl kaum aus eigener Einsicht; aber wohl aus Anpassung an den Mainstream.
Wer sich von den genannten Kongressbildern blenden lässt, und eben nicht genauer hinsieht, zeigt lediglich seine eigene Oberflächlichkeit in der Bewertung relevanter Tatbestände.

Was für die „Frauenfrage" gilt, gilt analog auch für die „Rassenfrage".

Letztere fand ihre besondere Zuspitzung (Zeit nach 1945, von der Zeit 33-45 lieber in dem Kontext nicht redend) weniger in europäischen Ländern. Dafür um so mehr in Ländern wie Südafrika und den USA.
Und solange dort die Apartheid-Verfechter das Feld behaupteten, war auch die WTG-Religion eine, die selbigen keinerlei Schwierigkeiten bereitete.

Hätten also die Apartheid-Verfechter dort auf Dauer, das Feld behauptet, hätte auch die WTG-Religion dort auf Dauer nur „Ja und Amen" dazu gesagt.
Wie ja bereits in der Bibel ein Paulus das Sklaventum als ehernes Gesetz verteidigte.
Denn der WTG-Hinweis auf das imaginäre „Eingreifen Gottes" am Sankt Nimmerleinstag, besitzt dabei noch nicht mal den Wert von Toilettenpapier!

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Re: Vor sechzig Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 09. Juli 2009 05:46
Zwei Kurzmeldungen aus „Erwachet!" vom 8. 7. 1949:

„Gegen Unterdrückungen in Ostdeutschland sprach sich der evangelische Bischof von Berlin, Dr. Otto Dibelius in einer Pfingstbotschaft u. a mit den Worten aus:
„Die K5-Abteilungen der sogenanten Volkspolizei ist nichts anderes als eine Wiedergeburt der Gestapo, die mit den gleichen Methoden arbeitet."
Von kommunistischer Seite sind daraufhin Versuche im Gange, Dibelius zum Rücktritt zu zwingen."

Da wird man wohl als erstes dazu sagen müssen:
Da hat der Herr Dibelius „den Nagel auf den Kopf getroffen!"
Zweite Kurzmeldung aus dergleichen „Erwachet!"-Ausgabe:

„Bibeln für Japan",
ist das Programm General MacArthurs, des amerikanischen Befehlshabers in jenem Lande. Er meint, Japan brauche dreissig Millionen Bibeln, damit das Volk zum Christentum bekehrt werden könne. Die amerikanische Bibelliga will im ersten Jahr eine Million „Neue Testamente" einführen und ihre Aktion zehn Jahre fortsetzen. Solche Bibelaktionen, die nicht unbedingt mit sektiererischer Mitgliederwerbung verbunden sein müssen, schaffen in solchen Ländern die Grundlage für die Verbreitung biblischer Erkenntnis. Denn auch einem Japaner wird die biblische Botschaft erst dann wirkungsvoll nahegebracht werden können, wenn er die Bibel besitzt und sich mit ihrem Inhalt vertraut machen kann."


Auf den ersten Blick haben diese beiden Meldungen nichts mit einander gemein. Auf den zweiten (indirekten) Blick schon durchaus einiges.
Was sich da im Falle Japan abspielte, war nichts anderes als der über einen Umweg vorgenommene Export des „American way of Life" auch in jenes Land. Dem Bibelexport würden durchaus noch die entsprechenden Missionare folgen. Zahlenmäßig auch am Beispiel der Zeugen Jehovas belegbar.

Gerne hätten USA-Kreise ähnliches auch beispielsweise in China veranstaltet. Ansätze dazu gab es auch. Aber die dortigen politischen Rahmenbedingungen, verurteilten das (bisher) zum scheitern.

Im Falle Deutschland war ein Bibelimport, im engeren Sinne, so nicht nötig. Die gab es dort aus der Tradition her, schon in ausreichendem Maße. Also konnten in Deutschland, USA-Kreise gleich zum „Schritt zwei" übergehen, dem massiven Missionarseinsatz. Und vielfältig ist dabei auch die Begünstigung der WTG durch die US-Militärregierung in Deutschland nachweisbar.

Wiederum das Beispiel Japan - China aufnehmend. Was in Japan möglich war, eben weil man dort einen US-Befehlshaber zu sitzen hatte, war eben in China nicht möglich.
Einen ähnlichen Vergleich kann man auch auf Deutschland übertragen, dergestalt, dass je länger je mehr, sich hier eine Zweistaatlichkeit herauskristallisierte. Was in den Westzonen möglich war, war in der Ostzone durchaus nicht zwangsläufig „gewünscht".

Die zitierte Dibelius-Äußerung und die Reaktionen auf selbige, machten schon mal deutlich. Wer eine bestimmte „ungeschriebene" Grenze überschreitet, begibt sich ins Kriegsgebiet. Die WTG war also vorgewarnt. Sie hat diese Warnung in ihrer Zeitschrift selbst dokumentiert. Das jedoch hinderte US-Kreise nicht daran, auch um den Preis weiterer Kriegsverluste, ihre Form von Politik auch in der Ostzone versuchsweise durchzusetzen.

Auf der eigentlichen Politikebene war das sicherlich nicht möglich. Umso größere Bedeutung erlangten für US-Kreise jene religiösen Narren, namens Zeugen Jehovas, die sich in ihrer Verblendung als entsprechendes „Kanonenfutter" zur Verfügung stellten!

Das auch die Zeugen Jehovas mitten in der Politik gelandet sind, wird auch in der „Erwachet!„-Ausgabe vom 8. 7. 1949, mit einem Bericht über Kanada deutlich.

Darin wird beklagt:

„Man sollte es zwar nicht meinen, und doch ist es so, dass Kanada keine schriftliche Urkunde besitzt, die seinen Bürgern solch grundlegende Rechte wie die Glaubens-, Rede-, Presse- und Versammlungsfreiheit gewährleistet. Kanadas jetzige Verfassung wurde 1867 vom britischen Parlament aufgestellt und ist in der Britisch-Nordamerika-Akte niedergelegt. Dieses Grundgesetz bildet mit seinen Zusätzen im wesentlichen die rechtliche Grundlage für alle Befugnisse der Regierung und Gesetzgebung des Bundes und der Provinzen. Diese Verfassung gewährleiste zwar gewisse Minderheitenrechte, jedoch enthält die Akte keine 'Bill of Rights' mit ausdrücklichen Garantien für die persönlichen Bürgerfreiheiten."

Zur Änderung dieses Zustandes, griff nun die WTG aktiv in die kanadische Politik ein.
Dazu berichtet „Erwachet!"
:
„Im Rahmen dieser Aktion war dem kanadischen Unterhaus bereits bei einer früheren Gelegenheit, am 9. Juni 1947, eine Petition mit 500.967 Unterschriften vorgelegt worden …

Auf einem Kongress, den Jehovas Zeugen im Juni 1948 in Kanadas Hauptstadt abhielten, gab der Präsident der Watch Tower Bible and Tract Society den Tausenden von Teilnehmern bekannt, dass eine zweite, diesmal noch bestimmtere Petition im ganzen Lande in Umlauf gesetzt wurde. …
Zur Zeit der ersten Petition war behauptet worden, viele hätten ihre Unterschrift nicht gegeben, wenn ihnen bekannt gewesen wäre, dass die Aktion zugunsten von Jehovas Zeugen war. …
Ehe die Einladung erging, die Petition zu unterzeichnen, erhielt jeder Haushalt ein Flugblatt mit der Überschrift 'Kampf um die Freiheit!' … Von diesen Flugblättern druckten Jehovas Zeugen 1.490.000 Stück und verbreiteten sie unter 9.000.000 Einwohnern. … Die anschliessende Sammlung von 625.510 Unterschriften spricht für sich selbst …
Eng mit dieser Petition zusammenhängend, gab die Watch Tower Society, als weitere Unterstützung dieser Aktion für eine 'Bill of Rights', zwei englische Broschüren heraus, nämlich 'Die dynamische amerikanische Bill of Rights' und 'Was für eine kanadische Bill of Rights spricht. Von diesen Heften wurden je 10.000 Stück gedruckt und mit einem Begleitbrief an Rechtsanwälte, Richter, Gesetzgeber, Redakteure, Journalisten, Parlamentsabgeordnete und an Angehörige freier Berufe im ganzen Lande versandt."
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Re: Vor sechzig Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 16. Juli 2009 05:50
In der Rubrik "Erfahrungsberichte" des "Wachtturm" vom 15. Juli 1949, liest man von einem in den USA, der auf seiner Weltanschauungsreise auch mal bei den Kommunisten Station machte; sich aber letztendlich unbefriedigt wieder von ihnen abwandte. In seinem Fall kam noch hinzu, dass engere Verwandte von ihm (seine Schwester und ihr Mann) bereits Kontakt zu den Zeugen Jehovas hatten. Dies scheint mir bei diesem Fall der entscheidende Aspekt zu sein. Ihnen gelang es somit, das Unbefriedigtsein mit dem vorherigen Lebensweg in den WTG-Kanal einzuleiten. Wären diese Umstände, Verwandte schon bei den Zeugen, so nicht gegeben. Es wäre wohl fraglich, ob es in diesem Fall zur Konvertierung gekommen wäre. Das dies durchaus kein "Alltagsfall" war, wird auch durch den Umstand seiner Erwähnung im WT als etwas außergewöhnlichem hervorgehoben.

Laut WT soll der Betreffende sich euphorisch mit den Worten geäußert haben:
"Im Lichte der Wahrheit habe ich den Kommunismus aufgegeben und Gottes Wort als die Wahrheit angenommen. Ich habe Marx verworfen und zur Wahrheit der Bibel gegriffen. Ich danke Gott in Wahrheit für seine führende Hand, die er mir durch Jehovas Zeugen gnädig gereicht hat."

Es ist unbekannt, ob diese Euphorie indes dauerhaft vorgehalten hat.
Nun ist es vom Prinzip her nicht außergewöhnlich, dass es immer mal Konvertierungen aus Lagern gibt, die eigentlich nicht zu der klassischen Anwerbeklientel gehören. So etwas kommt auch heutzutage vor; und dabei geht es nicht nur die "Einbahnstraße" entlang. Es kann ebensogut auch anders herum passieren. So gesehen verdient dieser Vorgang keine sonderliche Aufmerksamkeit. Nicht ganz, muss man ergänzend hinzufügen. Das ganze wurde im Jahre 1949 veröffentlicht; also in der Hochzeit des politischen kalten Krieges. Und diesen Zeitrahmen beachtend, stellt das durchaus auch ein Politikum dar.

Der WT wollte damit auch rüberbringen: Seht, wir besiegen den Kommunismus. Weitere WT-Kommentare im Ohr, die die katholischen Kirche beispielsweise vorwarfen, in Sachen Kommunismus ein "zahnloser Tiger" zu sein, ist davon auszugehen, dass dieser Bericht über den engeren Bereich der Zeugen Jehovas Beachtung fand. In unterschiedlicher Wertung allerdings.

Für die USA-Falken stand damit einmal mehr fest: Das sind unsere Leute.
Für ihre Gegenspieler indes auf dem europäischen Kontinent, bedeutete dies auch: Das sind unsere Feinde!
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Re: Vor sechzig Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 23. Juli 2009 05:54
Wenn man nur das DDR-Buch über die Zeugen Jehovas aus dem Jahre 1970 zur Hand nimmt (Uraniabuch) und dort die Seite 239 aufschlägt, dann bekommt man in der Tat einen schiefen Eindruck vermittelt. In Reproduktion wird darin die reißerische Überschrift aus "Erwachet!" vom 22. Juli 1949 wiedergegeben, die da von einer "letzten Verteidigungslinie der Religion" redet. Für das Uraniabuch ist es eine "ausgemachte Sache", dass in diesem Kontext auch die Zeugen Jehovas ein "antikommunistisches Bollwerk" seien.

Nun bestreite ich jedenfalls nicht, dass auch die Zeugen Jehovas eine scharfe politische Waffe im kalten Krieg gegen den verhassten Osten waren. Sie sind auch heute noch eine der schärfsten politischen Waffen, wenn es darum geht, dem Rest der Welt den US-Anspruch beizubringen, dass sie die Weltgeschicke bestimmen wollen, und zu dieser Bestimmungsbefugnis gehört auch, die Konservierung ungerechter Strukturen, zum Nutzen des Establishments der USA.

Insofern besteht eher ein formaler, weniger aber ein sachlicher Dissens zu diesem Detailaspekt des Uraniabuches. Fakt ist aber auch, jenes DDR-Buch zitierte tendenziös einen "Erwachet!"-Artikel. Liest man nämlich den gesamten Artikel im Zusammenhang, erschließt sich ein völlig anderer Eindruck.

Denn in der Substanz, berichtet jener Artikel über den Fall des Kardinal Mindszenty, der just zu dieser Zeit, zeitgenössische Schlagzeilen machte. Man muss "Erwachet!" zudem bescheinigen, relativ sachlich über den Fall Mindszenty berichtet zu haben. Insofern erweist sich jener Artikel, als "Beleg" für die These des Uraniabuches, als ungeeignetes Objekt. Hinzu kommt erschwerend noch, dass im DDR-Buch nicht die Spur einer Andeutung enthalten ist, jener Artikel bezöge sich auf den Fall Mindszenty. Der Leser wird also in eine bewusst falsche Richtung geschickt. Dies muss ausgesprochen werden als nicht entschuldbar, wie immer man sonst auch zu den Thesen des Uraniabuches stehen mag.

Nachstehend eine etwas ausführlichere Zitierung des fraglichen "Erwachet!"-Artikels aus seiner oben genannten Ausgabe:

Die letzte Verteidigungslinie der Religion
Düsteres Sturmesgewölk ballt sich im Osten zusammen. Mit jedem Tag türmt es sich, unheildrohend, höher empor und senkt sich tiefer drückender auf die Menschheit herab. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis aufzuckende Blitzstrahlen in dieses Wolkenmeer die Löcher reißen, aus denen ein Sturm der Vernichtung herniederprasseln wird. Hiervon haben die Religionen der Christenheit am meisten zu befürchten. Sie werden bald in die letzte Verteidigungslinie gedrängt sein. Schon jetzt steht die Religion vor einer Krise, durch die kommunistische Flut aus dem Osten heraufbeschworen. Wird sie überleben? Wird sie, um sich zu decken, die Nationen durch ihre Schutzmächte in den Wahnsinn eines dritten Weltkrieges hineinpeitschen können?

Im Falle des ungarischen Kardinals Mindszenty hat sie dafür gesorgt, dass die Hysterie riesige Wellen schlug. Ein Wust von Propaganda begrub unter sich die spärlich gemeldeten Tatsachen. Jetzt, nachdem etwas Abkühlung eingetreten ist, die wegen der Hysterie sich verflacht haben und die in der Flut zeitweilig erstickte Urteilskraft wieder zum Leben erwacht, ist es angebracht, die Tatsachen auszugraben und zu sehen, wie sie sich in dieses Bild von einem heraufziehenden Sturm und der letzten Verteidigungslinie einfügen.

Der erste Weltkrieg sollte der Welt die Demokratie sichern. Das trat nicht ein. Der zweite Weltkrieg sollte die Welt vor Diktaturen sichern. Auch das traf nicht ein. Nun spricht man vielerorts von einem dritten Weltkrieg, als einzigem Mittel, der Welt die Religion zu sichern. Der Sprengstoff liegt beisammen, die Zündschnur ist gelegt, das Zündhölzchen schon zum Abstreichen angesetzt. Nur wenig braucht es noch, damit der Zündfunke aufflammt, die Zündschnur glimmt und das vernichtende Feuerwerk losgeht. Die Aufregung über den Mindszenty-Prozess lieferte fast genug Reibung, um einen dritten Weltkrieg zu entflammen.

Am 29. Dezember 1948 gab die ungarische Regierung Kardinal Mindszentys Verhaftung bekannt. Die Anklage gegen ihn lautete auf Verrat, Spionage, Verbrechen mit dem Ziel einer staatlichen Umwälzung und Verkauf von Dollar und Dollarschecks auf dem Schwarzen Markt. Als Mitschuldige wurden zwölf weitere Personen verhaftet, darunter acht Priester. Kurz zuvor war Mindszentys Sekretär, der Priester Zakar, in Haft genommen worden. Der Papst erklärte sich als "tief betrübt und erschüttert", und alle ungarischen Katholiken, die mit der Verhaftung des Kardinals etwas zu tun hatten, wurden exkommuniziert.

Die Anklagen stützten sich hauptsächlich auf Dokumente, die der Polizei am 23. Dezember in die Hände gefallen waren. Man hatte sie in einer Metallhülse entdeckt, die im Keller des fürsterzbischöflichen Palastes vergraben war. Der Prozess begann am 3. Februar 1949 und richtete sich gegen sieben von den insgesamt vierzehn Angeklagten. Fünf hiervon waren Priester, darunter Kardinal Mindszenty.
Nur Zakar hatte einen Offizialverteidiger; die anderen sechs Angeklagten, auch Mindszenty, hatten sich ihre Anwälte selbst gewählt. Der Kardinal erklärte, in den Vorbereitungen zu seiner Verteidigung nie behindert worden zu sein und stets Gelegenheit gehabt zu haben mit seinem Anwalt in Verbindung zu treten. Im Prozess stand den Angeklagten das Schlusswort zu.

Auslandskorrespondenten waren einundvierzig zugegen, aus vielen verschiedenen Ländern. Eine große britische Zeitung schrieb, das Beunruhigende sei nicht "Mangel an Nachrichten, sondern die Nachrichten selbst." Der Budapester Gerichtssaal war nicht durch einen "eisernen Vorhang" von der Welt abgesperrt, und die Zeitungskorrespondenten gaben in einer gemeinsamen Erklärung bekannt, es sei keinerlei Zensur ausgeübt worden und es treffe auch nicht zu, dass nur solchen Korrespondenten, die Kommunisten seien oder mit den Kommunisten sympathisierten, ein Visum erstellt oder der Zutritt in den Gerichtssaal bewilligt worden wäre. Nur der Berichterstatter der 'Times' von New York und der United Press unterzeichneten diese Erklärung nicht, der erste, weil er zu spät zum Prozess zugelassen worden war, und der zweite, weil solche Erklärungen bei der United Press nicht üblich seien.

Wir übergehen hier die von Mindszenty zugegebenen Schwarzmarkt-Spekulationen mit ausländischen Valuten und wenden uns dem ernsteren Anklagepunkt zu, der auf Verrat lautete. Dass der Kardinal ein Gegner des Regimes war, bildete nie ein Geheimnis. Die Bodenreform hat er energisch bekämpft, schon weil die katholische Kirche einer der grössten Grundbesitzer des Landes war. Die katholische Kirche missgönnte den Bauern die ihnen zugemessenen fünf Hald Land (287 Aren) und beschwerte sich, dass die einem jeden Bischof zugemessenen 100 Hald nicht zum Leben ausreichten! Der Kardinal beeinflusste die Wähler und suchte Royalisten (die für die Rückkehr der Habsburger sind) in Schlüsselstellungen des politischen Parteiwesens hineinzubringen.

Mindszenty und die ungarischen Bischöfe widersetzten sich der Verstaatlichung der Schulen und verurteilten diese Maßnahme in mehreren Hirtenbriefen, trotzdem die Schulen doch auch so weit stärker unter religiösem Einfluss blieben, als dies zum Beispiel in den Vereinigten Staaten der Fall ist. Das Recht, in den staatlichen Schulen durch Priester, Nonnen und andere Lehrer Religionsunterricht zu erteilen, blieb den verschiedenen Religionen gewahrt, und die Bezahlung dieser Religionslehrer übernahm der Staat. Das ist weit mehr, als in den Vereinigten Staaten und anderen Ländern zugelassen ist.

Die Anklage wegen Verrat stützte sich jedoch auf nichts von alledem, sondern auf folgendes:
Vor Gericht erzählte der Mitangeklagte Dr. Jusztin Baronyai von einem im Jahre 1947 gefassten Plan für die Ersetzung der jetzigen ungarischen Regierung. Der Plan ging von mehreren Voraussetzungen aus:
Erstens einem dritten Weltkrieg, zweitens dem Sieg der Westmächte, drittens dem Einmarsch der Amerikaner in Ungarn, als militärische Besatzungsmacht. Das politische Vakuum hätte dann der Ausfüllung bedurft. Hierfür hatte Baronyai einen Plan ausgearbeitet und ihn Mindszenty unterbreitet, der ihn prüfte und billigte und ihn schließlich in der Metallhülle unterbrachte, die im Keller seines Palastes vergraben wurde. Der Plan, den Mindszenty im Gerichtssaal verlas, lautete wie folgt:

"Wenn dieses große Vacuum juris eintritt, wird die allererste, die wichtigste und die schwierigste Frage sein, ein auf moralischer Grundlage beruhendes Regime zu finden. Es auf die besiegte Revolution (anderswo mit Bolschewismus übersetzt) zu gründen, wäre politisch eine Unmöglichkeit. Das Hortyregime wiederherzustellen, würde neue, unübersehbare Verwicklungen schaffen. Für eine ruhige Entwicklung gibt es nur eine Möglichkeit. Das Fürstprimat des Landes ist, mit der hohen Stellung des Fürstprimas (Mindszenty), als einzigem im Lande durch die Überlieferungen von Jahrhunderten, von beinahe tausend Jahren, geheiligt. Gemäß den altererbten Gesetzen unserer Nation wird bei Abwesenheit des Königs die Herrschergewalt dem Fürstprimas in Verwahrung gegeben. Seine Autorität ist von der öffentlichen Meinung des Landes nie in Frage gezogen worden. In Not- oder Katastrophenzeiten hat die Nation stets erwartet, dass er die Initiative ergreife. Heute liegt die außerordentlich glückliche Lage vor, dass der jetzige Inhaber dieses Ranges Kardinal Jozsef Mindszenty, in den beiden letzten Jahren, diesen besonders traurigen Jahren unseres nationalen Lebens, das Prestige des Fürstprimates außerordentlich gehoben hat. Wohl erstmals in der neueren Geschichte des Landes ist es dahin gekommen, dass Protestanten - Kalvinisten und Lutheraner -, die auf nationaler Plattform stehen, in ihm ebenfalls den wahren, prädestinierten Führer der Nation erblicken. Heute ist die nationale Sehnsucht des ganzen Volkes in ihm verankert. Auch in der Politik werden nur seine Worte befolgt. Wie der Metropolit von Athen, scheint er die einzige zuständige Autorität zu sein, und gleicherweise wäre es zu Beginn einer amerikanischen Besetzung hier seine Pflicht, die neue Regierung zu ernennen."

Dem war eine Namenliste von Anwärtern auf die Ministerposten beigefügt! Baronyai gab vor Gericht zu, dass Plan hätte der amerikanischen Gesandtschaft unterbreitet werden sollen. Wozu? Damit die amerikanischen Besetzungsbehörden zur gegebenen Zeit Mindszenty mit der Regierungsbildung beauftragten! Inzwischen drängte der Kardinal die Amerikaner zum Eingreifen und versorgte sie mit Berichten über die Lage im ganzen Lande. Vor Gericht erklärte er:
"Ich wünschte mit amerikanischer Hilfe einen Wechsel des Regimes herbeizuführen. Aus diesem Grunde unterhielt ich regelmässige Verbindungen mit den Budapester Gesandschaften der Westmächte."

Der Streit drehte sich auch um die ungarische Krone, die zur Zeit von der amerikanischen Armee in Wiesbaden verwahrt wird. Deswegen schrieb Mindszenty dem amerikanischen Gesandten, Chapin, am 31. August 1947:
"Mein Ansuchen an Sie geht dahin, von Ihrer Regierung die Anweisung zu erwirken, dass die Krone durch die Armee an den gleichen apostolischen Machthaber, seine Heiligkeit den Papst, weitergeleitet werde, dessen Vorgänger im Jahre 1000 St. Stephan mit dieser heiligen Krone beschenkte. Da dies für unsere Nation eine sehr wichtige Sache ist und Rückgabeforderungen oder ein militärischer Vormarsch für die Krone verhängnisvoll werden könnten, kann nur Rom Beruhigung bieten."

Auch Kardinal Spellman schrieb an den amerikanischen Kriegsminister, um die Rückgabe der Krone an Ungarn zu verhindern. Warum wollte Mindszenty die Krone haben? Die Antwort finden wir in seinem Geständnis:
"Für die Krönung Ottos (von Habsburg) wünschte ich mit allen Mitteln die heilige ungarische Krone sicherzustellen. Darum unternahm ich alles mögliche, um zu verhindern, dass die heilige Krone von den amerikanischen Heeresbehörden der jetzigen ungarischen Regierung übergeben wird. Von einem militärischen Vormarsch sprach ich (im Brief an Chapin), weil ich den Ausbruch des dritten Weltkrieges erwartete."

Sowohl Mindszenty, als auch Zakar, sein Sekretär, sprachen von einer geheimen Zusammenkunft zwischen dem Kardinal und Erzherzog Otto, die im Juli 1947, als Mindszenty die Vereinigten Staaten besuchte, in einem Nonnenkloster bei Chikago stattfand. Dabei wurde die Sache der Royalisten erörtert.
Am 23. Januar 1949, ein paar Tage vor der Gerichtsverhandlung, ersuchte der Kardinal die amerikanische Gesandtschaft um Hilfe bei einem Versuch, aus dem Lande zu fliehen, doch wurde dieser Brief abgefangen. Hernach schrieb er an den Justizminister, dass er die ihm zur Last gelegten Straftaten zugebe, wodurch, wie es ihm scheine, die Notwendigkeit für eine Gerichtsverhandlung, soweit es seine Person betreffe, nicht mehr unbedingt vorliege und er darum bitte, ihn mit Rücksicht auf seine Stellung nicht in den Prozess vom 3. Februar einzubeziehen. Dieser Versuch, seine kirchliche Würde in die Waagschale zu werfen und die Mitangeklagten im Stich zu lassen, misslang.

Der Prozess fand statt, und wenige Tage darauf erfolgte die Urteilsverkündigung: Mindszenty wurde für schuldig erklärt und zu lebenslänglicher Haft verurteilt; seine sechs Mitangeklagten erhielten Gefängnisstrafen zwischen drei Jahren und lebenslänglich. Alle, mit Ausnahme des Priesters Zakor, legten Berufung ein.

Auf dieses Gerichtsverfahren wurden in der westlichen Welt alle nur denkbaren Schimpfnamen angewendet. Nun sollte man aber meinen, wenn es sich um eine so offensichtliche Rechtsverdrehung handle, müsste der Gerichtsbefund durch eine Unmenge von Tatsachen zu widerlegen sein. Aber nach dieser Seite war die Zeitungspropaganda ebenso schwächlich, wie Mindszentys Verteidigung vor Gericht.

Gericht über die Religion?
Um die Aufmerksamkeit von Mindszentys politischen Intrigen abzulenken, suchte vor allem der katholische Klerus den Menschen weiszumachen, der Prozess habe sich gegen die Religion, überhaupt gegen jede Religion gerichtet.
Beweise? Nichts da, auf solche Nebensachen lässt man sich nicht ein; und wenn jemand etwas dagegen hat, bekommt er das Etikett "Kommunist" aufgeklebt! So wird in Bausch und Bogen, hemmungslos, die Anklage erhoben: Russland hat der christlichen Welt den Krieg erklärt!
Es ist kein Kampf zwischen Katholizismus und Kommunismus, sondern zwischen jeder Art Christentum und dem gottlosen Kommunismus! Zwischen Christus und dem Antichrist!
Der Mindszenty-Prozess reiht sich dem Gerichtsverfahren gegen Christus an, und Budapest ist das Jerusalem des zwanzigsten Jahrhundert! Aber auch hier wieder genügt dem nüchternen Sinn all diese Schaumschlägerei.

Keineswegs Beweise?
Mindszentys religiöse Tätigkeit wurde für die Anklage überhaupt nicht in Betracht gezogen, nicht einmal seine herausfordernden Predigten und Hirtenschreiben. Unter dem katholischen Klerus, wie auch unter der Laienschaft Ungarns gab es solche, die schon seit einiger Zeit verlangt hatten, der Kardinal solle sich zurückziehen, weil er ein Übereinkommen zwischen Kirche und Staat unmöglich mache. Übrigens sind die staatlichen Aufwendungen für die Religion in Ungarn immer noch höher, als es bei den meisten der grossen Westmächte der Fall ist.

Mindszenty bezog vom Staat ein dreimal so hohes Gehalt wie der ungarische Ministerpräsident! Das alles bleibt unberücksichtigt von solchen, die an der Wahnvorstellung leiden, ein Mann im Priestergewand sei unantastbar und dürfe auch für Unrecht nicht zur Verantwortung gezogen werden. …

Von protestantischer Seite wäre gegen die Ausschlachtung des Mindszenty-Prozesses sicher kräftiger protestiert worden, als es geschehen ist, wenn diese Kreise nicht befürchtet hätten, als Kommunisten verschrieen zu werden. Immerhin wurde von einigen beklagt, dass mit dieser Sache der kalte Krieg geschürt werde, und manche erinnerten daran, dass "die beiden grossen Bedrohungen des Weltfriedens heute die kommunistische Internationale und die papistische Internationale" sind. Die totalitären Neigungen des Vatikans sind allzu gut bekannt. In Wirklichkeit ist die römisch-katholische Hierarchie, mitsamt der ihr hörigen Presse, nicht aufrichtig an der Freiheit für alle interessiert, sondern nur an der Freiheit für den Katholizismus. …

Die Religion sucht ein "Schwert der Kirche", um den Kommunismus zu durchbohren und diese Bedrohung ihrer eigenen Existenz zu beseitigen. Sie schürt einen Kreuzzug. Ihre eigenen Misserfolge aber bedeuten Erfolge für den Atheismus. Nun ist sie bestürzt über das Sturmesgewölk im Osten und hat dazu alle Ursache. Sie ist ja so verwundbar

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 02. August 2009 05:26
In beiläufigen Nebensätzen, zugleich aber garniert mit weiterer Hoffnungshinhaltung, geht die WTG gelegentlich auch mal auf einige dunkle Punkte ihrer Illusionsgeschichte ein. So etwa auch im "Wachtturm" vom 1. August 1949.
Das Prinzip des "Hoffen und Harrens" wird dabei bewusst beibehalten. War es nicht beim anvisierten Termin, dann eben "etwas" später; aber mit Sicherheit "demnächst", so der WT-Tenor. Das was man dabei notgedrungen auch zugeben muss, soll so zugleich wieder eliminiert werden. Sicherlich kann man der WTG bestätigen, dass sie psychologische Taktiken beherrscht.
Da liest man in der genannten WT-Ausgabe auch den beiläufigen Satz:

"Während die Jahre des Ersten Weltkrieges gegen 1918 vorrückten, dachten Jehovas Zeugen auf Erden, der Weltkrieg werde direkt in die 'Schlacht von Harmagedon' münden, in welcher Weltanarchie die Oberhand erhalten würde, wobei eines jeden Hand sich wider seinen Nächsten erhebe. Unter dem Titel 'der Beginn der Wehen' hiess es in der Kriegsausgabe des 'Wachtturm' vom 1. August 1915 (engl.):

'Wir sehen das Vorspiel zur grossen Schlacht von Harmagedon. Unser Gedanke ist, dass Harmagedon selbst das mächtige Erdbeben sein wird, wovon die Offenbarung spricht (Offb. 16: 16-18). In dieser grossen Revolution und in der darauffolgenden Anarchie werden alle irdischen Einrichtungen weggefegt werden. Das Ergebnis des Zornes, Hasses und Streites wäre, wenn man es unbegrenzt andauern liesse, so schrecklich, dass es die Vernichtung des Menschengeschlechts herbeiführen würde. Aber um der Auserwählten willen, damit sie ihre herrliche Herrschaft beginnen können, wird Gott das Gemetzel verkürzen und sein eigenes Königreich unter Christus und seiner auserwählten Kirche aufrichten.'
Harmagedon ist im Jahre 1918 nicht gekommen."


Letzteren Satz aufnehmend, ist hinzuzufügen: Nicht "nur" 1918. Die gesamte innere Geschichte des Christentums von seinen ersten Tagen an, ist doch die Kultivierung einer Endzeitnaherwartung, die in der erwarteten Form - allen tatsächlichen Schrecknissen zum trotz -
(egal ob Weltkriege, Pestkatastrophen, Geißlerzüge, 30jährige Kriege und was immer man da an einschlägiges nennen will). Egal, trotz dieser Widerwärtigkeiten, ist die Ursprungserwartung nie eingetreten.

Die sich institutionalisierende Kirche "lernte" daraus. Insbesondere ab dem Zeitpunkt, wo sich eine besoldete Priesterschaft herausbildete. Dann eben ist im Sinne eines Wortes von Loisy ernst gemacht worden, mit dem Satz:

Anstelle des Reiches Gottes kam die Kirche.

Auch bei den Zeugen wiederholte sich dieses Spiel. Randvokabeln verdeutlichen es auch.
Etwa wenn man davon redete, nunmehr eine "Neue Welt Gesellschaft" zu sein; etwa wenn ihre Funktionärsschicht von "Dienern" zu "Aufsehern" avancierten. Man erinnere sich auch daran, dass Himmler seine KZ-Schergen nie als "Diener" titulierte, sehr wohl aber als Aufseher. Dann hat man einen keineswegs so abwegigen Vergleich, wohin der "Hase läuft".

Die Aufseher bestimmen, immer zum Wohle ihrer eigenen Kaste. Ihre Untergebenen notfalls auch mal "verheizend", egal ob politisch verursacht
(Stichworte Naziregime und DDR, Malawi usw.) oder dogmatisch motiviert (Stichwort Bluttransfusionsproblematik, Ersatzdienstverweigerung usw.).

Die WTG-Aufseher herrschen wirklich, im negativsten Sinne des Wortes. Sie sind eine wirkliche Kirchenhierarchie, wie es deren davor schon mehr als genug gab. Indem diese Grenze, der glasharten Institutionalisierung, der absoluten Herrschaft von oben nach unten, überschritten wurde, hat auch die Bewegung der Zeugen Jehovas, wie so viele vor ihnen, und wahrscheinlich auch nach ihnen, ihre "Unschuld" und Glaubwürdigkeit, endgültig verloren!

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 09. August 2009 04:47
"Erwachet!" vom 8. August 1949 berichtet aus Argentinien:

"Am 3. April unterbrach die Polizei von Buenos Aires einen öffentlichen Bibelvortrag, den sie vorher genehmigt hatte, mitten in seinem Verlauf, verhaftete den Redner, einen Bürger der Vereinigten Staaten, und ging daran, die gesamte Zuhörerschaft von 1200 Männern, Frauen und Kindern ebenfalls zu verhaften. Der Polizeiwagen brachte in vielen Fahrten eine Gruppe Zuhörer nach der anderen ins Polizeipräsidium, bis ihm das Benzin ausging, worauf die übrigen Anwesenden im Versammlungssaal eingeschlossen und polizeilich bewacht wurden.
Die Polizei hatte am 31. März die vor mehreren Wochen erteilte Genehmigung für eine dreitägige Zusammenkunft der Zeugen Jehovas in Los Ambassadeurs von Buenos Aires zurückgezogen. Das Kernstück der Zusammenkunft sollte ein öffentlicher Vortrag von N. H. Knorr, dem Präsidenten der Watchtower Bible and Tract Society in Brooklyn (N. Y.) sein.

Die Genehmigung wurde erst einen Tag vor Beginn des angekündigten Kongresses rückgängig gemacht. Gründe für ihr Vorgehen abzugeben, lehnte die Polizei ab, genehmigte aber die Abhaltung der Zusammenkunft im Königreichssaal der Zeugen Jehovas von Buenos Aires, wo schon seit acht Jahren regelmässig Versammlungen stattfinden. Am Freitag waren 672, am Samstag 772 Teilnehmer zugegen.

Es wurde ein Gesuch gestellt, den öffentlichen Vortrag in Los Ambassadors abhalten zu dürfen, weil der Königreichssaal zu klein ist, doch lehnte man dieses Gesuch in letzter Minute ab. Bei der argentinischen Polizei soll es gang und gäbe sein, etwas erst in letzter Minute rückgängig zu machen oder zu verweigern, damit es den Veranstaltern unmöglich wird, andere Anordnungen zu treffen oder Beschwerden einzulegen, die noch rechtzeitig erledigt werden können. Der Vortrag begann am 3. April nachmittags 4 Uhr. Es waren 1200 Personen zugegen. Zwanzig Minuten vor fünf wurde der Vortrag von der Polizei unterbrochen. Ohne ein Wort der Erklärung begann man mit dem Abtransport der Anwesenden auf das Polizeipräsidium. Die Polizisten, deren man 46 zählen konnte, hatten ihre Revolver gezogen und hielten Tränengasbomben in der Hand. Den jeweils dreissig Personen, die mit dem Wagen zur Polizei geführt wurden, untersuchte man vorher die Taschen. Die Polizei merkte bald, dass der Abtransport aller 1200 Personen die ganze Nacht beansprucht hätte, und ließ darum zuerst die Frauen mit Kindern gehen und später alle Frauen. Als dem Polizeiwagen das Benzin ausging, schloss man die verbliebenen Männer im Saale ein und stellte davor einen Polizeiposten auf.

Auf dem Polizeipräsidium nahm man die Personalien des Herrn Knorr und seiner engen Mitarbeiter auf und fertigte Fingerabdrücke an, wie das auch mit allen anderen Eingelieferten geschah, deren Zahl sich schliesslich auf rund 500 belief. Sie mussten sich in einem ungedeckten Hof des Polizeipräsidiums aufhalten, hatten keine Sitzgelegenheit, hatten seit Mittag nichts zu essen bekommen und waren der Kälte ausgesetzt. Als Herrn Knorr morgens vier Uhr weggehen durfte, waren sie immer noch dort.

Die Montagsblätter von Buenos Aires enthielten keine Meldung über die gewaltsame Beendigung des biblischen Vortrags über die Massenverhaftungen …"

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 16. August 2009 05:17
Einer bekannten Streitfrage zwischen den Zeugen Jehovas und etlichen anderen Kirchen, widmet sich die "Wachtturm"-Ausgabe vom 15. August 1949.
Wieder einmal geht es darum, wie denn ein Jesuanisches Wort "recht" zu verstehen sei.
"Heute wirst du mit mir im Paradies sein", wie es die Kirchen interpretieren.
Oder "Ich sage dir heute, Du wirst mit mir im Paradies sein."
Streitet man sich da um des Kaisers Bart? Aus der Sicht jener, für die die Bibel nur ein interessantes Buch, aber nicht "Gottes Wort" ist, sicherlich.

Jene die diese Position nicht zu teilen vermögen, sehen es indes anders. Da geht es in deren Sicht ans "Eingemachte"; dieweil sich aus der unterschiedlichen Interpretation, unterschiedliche, weitergehende Folgerungen ableiten ließen.

Wer dem Standpunkt zuneigt, "heute wirst Du mit mir im Paradiese sein"; für den ist es durchaus logisch, dass zum Beispiel das Lazarus-Gleichnis wörtlich zu verstehen sei. Wörtlich verstanden, gäbe es also eine Hölle. Jahrhundertelang war das dann auch weitgehender Konsens zwischen den unterschiedlichen Kirchen. Mag sie einiges getrennt haben, in der Regel die Machtansprüche ihres Führungspersonals. In dieser Detailfrage waren sie doch wieder einig.

Und da trat nun in der Neuzeit die Bibelforscherbewegung (jetzige Zeugen Jehovas) in Erscheinung, und kippte dieses Konsens. Große Empörung darüber allerorts. Einige konnten sich in ihrem "heiligen Zorn", angesichts dieses "Sakrilegs" gar nicht genug tun. Das ist die kaum verhüllte Vorstufe zum puren Unglauben, verkündeten sie mit zittriger oder auch lautstarker Stimme.

Exemplarisch studierbar an der mit "Schaum vorm Maul"-Agitation des katholischen Herrn Fritz Schlegel in seinem Bibelforscher-Buch-

Das mag mit dem Unglauben mag so sein, oder nicht. Fakt ist, dass hier eine Detail-Übersetzungsfrage auf den Stand einer Grundsatzfrage erhoben wurde.

Verstehen die einen, jene Aussage wörtlich, so ziehen andere es vor sie symbolisch zu interpretieren. Also doch der Streit um des Kaisers Bart!
Die symbolischen Interpretierer, in diesem Falle die Zeugen Jehovas, gelangen dabei aber auf eine immer größer werdende abschüssige, schiefe Bahn.

Ein Beispiel dafür liefert auch vorgenannte WT-Ausgabe, wo man versucht sich auch mit der in der Bibel enthaltenen Aussage von einer Entrückung in den dritten Himmel auseinanderzusetzen. Letztendlich hat man dabei schlechte Karten. Man ist genötigt immer mehr Aussagen, die man durchaus auch buchstäblich verstehen könnte, zu symbolisieren. So auch diesen "dritten Himmel", den man nicht buchstäblich, sondern symbolisch glaubt deuten zu können.

Ob die Verfasser jener Bibelaussagen indes daran geglaubt haben, es würden mal spätere "Jünger" kommen, die Aussagen die sie als wörtlich verstanden wissen wollten; symbolisch erklären würden, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden.

Das vorwissenschaftliche Weltbild der Bibelschreiber und ihre neuzeitlichen Symbolik-Ausleger, sind sich so "nah" wie Feuer und Wasser.
Was nun, mag die Rückfrage kommen. Gilt die Symbolik-Auslegung nicht, dann muss es also doch eine Feuerhölle usw. geben. Die ist aber wissenschaftlich bis heute im Wortsinne nicht erwiesen. In der Tat, dass ist sie nicht. Betrogene Betrüger gibt es offenbar auf beiden Seiten dieses Streites!

Re: Vor sechzig Jahren / heute
geschrieben von: Frau von x
Datum: 16. August 2009 13:44
Zitat:
Drahbeck
Einer bekannten Streitfrage zwischen den Zeugen Jehovas und etlichen anderen Kirchen, widmet sich die "Wachtturm"-Ausgabe vom 15. August 1949.
...
"Heute wirst du mit mir im Paradies sein", wie es die Kirchen interpretieren.
Oder "Ich sage dir heute, Du wirst mit mir im Paradies sein." ...

Folgender Text findet sich im WT für die Öffentlichkeit vom 1.AUGUST S.23:

Kurz vor seinem Tod sagte Jesus zu einem Verbrecher, der wie er am Sterben war: "Du wirst mit mir im Paradies sein" (Lukas 23:43).
Jemand der sich nicht in der Bibel auskennt oder keine Neue-Welt-Übersetzung besitzt, weiß nicht, daß es dort genau heißt:
"Wahrlich ich sage dir heute: ...".
Warum wurde der Text nicht korrekt wiedergegeben oder zumindest durch ... nach den Anführungsstrichen angezeigt, daß man etwas weggelassen hat?
Bin ich einfach nur kleinlich?

Re: Vor sechzig Jahren / heute
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 16. August 2009 14:49

Nun, schon seit Russells Tagen, ist ja der WTG bekannt, dass ihre Art der Interpretation zu Luk. 23, 43 lediglich auf der Interpunktion beruht.

Baut man ein Komma in den Text ein, kann man einen ganz anderen Sinn herauslesen; als wenn der gleiche Text ohne Komma gelesen wird.

Zudem gab es diese Interpunktion (Zeichensetzung) in den Ursprungstexten ja gar nicht. Das kam erst alles später auf.
Insofern ist den WTG-Granden sehr wohl bewusst, auf welch schwachen Füßen ihre These basiert.

Man bedient sich da mit Vorliebe der Hilfskonstruktion, der Sinn des "göttlichen Planes", wie ihn die WTG verstehen (will) als Gott der Liebe, könne halt keine Feuerhölle und ähnliches gebrauchen, wovon die Petrusapokalypse plastisch redete (auch wenn die siegreiche Kirche, selbige "Petrusapokalypse" mit dem Stigma "apokryph" versah). Jedenfalls wie diese Schriften (damals) mal neu waren, wurden sie sehr wohl als echt gehandelt, unter den Zeitgenossen.

Ein Herr H. soll dem vernehmen nach (was dann ja auch praktiziert wurde mit dem inszenierten Überfall auf den Sender Gleiwitz, am 31. 8. 1939, als Beginn des Krieges gegen Polen).
Besagter Herr H. soll da ja wohl mal geäußert haben.
Es wird propagandistischer Anlass gegeben werden, und der Sieger wird später nicht gefragt werden, ob der zu Recht bestand oder nicht.

Es wäre wohl etwas blauäugig zu meinen, dass diese Art von "Philosophie" nur einem Herrn H. zu eigen wäre.

Das machte schon die siegreiche Kirche der Frühzeit so, mit ihrer Aussortierung gewisser Schriften als "apokryph".
Aussortierung deshalb, dieweil sie nicht ins Konzept der siegreichen Kirche mehr passten, und da wurde halt "propgandistischer Anlass" gegeben.

Gelehrige Schüler vorgenannter werden sich nicht in Detail-Auseinandersetzungen, in Schriften für die Öffentlichkeit aufhalten.

Da wird einfach nur behauptet, und was unbequem unter den Tisch verschwinden gelassen.
Dann die "Partei", "Kirche" ersatzweise "Leitende Körperschaft", muss ja immer recht haben.
Passt etwas nicht, wird es halt "passend" gemacht!

Man vergleiche mal (beispielsweise) wie die Menge-Übersetzung Lukas 23,43 wiedergibt:

Und da, wie aus dem Textausriss ersichtlich ist, verweist die Menge-Übersetzung mittels ** auf eine zugehörige Fußnote.
Selbige sei dann auch noch zitiert:

"Abzulehnen ist die Übersetzung: "Wahrlich ich sage dir (schon) heute: Du wirst mit mir im Paradiese sen."
Diese Übersetzung verkennt völlig, was mit dem Paradies gemeint ist, nämlich der Ort, an dem die Gerechten der Vollendung des Reiches Gottes entgegenharren."

Re: Vor sechzig Jahren / heute
geschrieben von: X ~ mysnip
Datum: 17. August 2009 23:37
Zitat:
Drahbeck
Nun, schon seit Russells Tagen, ist ja der WTG bekannt, dass ihre Art der Interpretation zu Luk. 23, 43 lediglich auf der Interpunktion beruht.

Baut man ein Komma in den Text ein, kann man einen ganz anderen Sinn herauslesen; als wenn der gleiche Text ohne Komma gelesen wird.

Im Buch Geschichte der Zeugen Jehovas erwähnst du interessanterweise Reinhardt.
http://books.google.de/books?id=dYVWgHsYxJkC&pg=PA39&dq=wahrlich+ich+sage+dir:+du+wirst+mit+mir+im+Paradies+sein&source=

Seine Übersetzung entspricht nicht der Menge-Auslegung.

Zitat:

Man vergleiche mal (beispielsweise) wie die Menge-Übersetzung Lukas 23,43 wiedergibt:
 

Vegelahn zählt einige Bibeln auf, die dem Sinn der NWÜ entsprechen.

Reinhardt
,,Und Jesus sprach zu ihm: Wahrlich, ich sage dir heute: Mit mir wirst du im Paradies sein."
http://www.bibelarchiv-vegelahn.de/Lukas_23_43.html

Die Volxbibel
,,Eins kann ich dir heute sicher versprechen: Du wirst mit mir im Paradies landen!"

Wenn ich mich recht erinnere, fragte mal jemand zu dieser Art von Interpretation:
Wann hätte Jesus es angesichts des Todes auch sonst versprechen sollen?

Re: Vor sechzig Jahren / heute
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 18. August 2009 05:03
Möglicherweise muss man es auch so deuten, dass in dieser Streitfrage Russell (und Nachfolger) nicht eigenständig waren.
Schon in adventistischen Kreisen lässt sich ähnliches nachweisen.
E. Rühling etwa, schreibt in seinem im adventistischen Saatkorn Verlag erschienenen Buch "Am Scheideweg" (S. 166, 167; Zitierung ohne inhaltliche Bewertung):

"Der Doppelpnkt vor dem Wort 'heute' gibt dem Satz einen ganz andern Sinn. Wir dürfen nämlich nicht vergessen, daß die Zeichensetzung für die Heilige Schrift erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts eingeführt wurde. Damals wurde der Doppelpunkt als Folge der inzwischen ins Christentum eingesickerten Irrlehre von der Unsterblichkeit der Seele an die falsche Stelle gesetzt und stört nun das Verständnis der tatsächlich vom Heiland gegebenen Verheißung."

Es waren (und sind) in der "klassischen Theologenzunft" nicht viele, die in dieser Streitfrage auf der Seite von Russell und Nachfolger stehen.
Reinhardt ist in der Tat einer der Wenigen, auf den das zutrifft.
In einem von seinem Schüler Staehelin herausgegebenen Buch, findet man dann auch Schriftwechsel zwischen Reinhardt und Russell-Jüngern dokumentiert, wo genannte Herrschaften sich gegenseitig ihre Hochachtung bekunden.
Zu Reinhardt kann man auch vergleichen:

http://forum.mysnip.de/read.php?27094,26783
04. Mai 2009 03:57
Noch ein N ... Bericht

Dort auch eine Verlinkung zu dem Kapitel im Buch "Geschichte der Zeugen Jehovas", wo auf Reinhardt weiter eingegangen wird (außerhalb der auch möglichen Google-Variante).

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Re: Vor sechzig Jahren / heute
geschrieben von: X ~ mysnip
Datum: 18. August 2009 23:18
Zitat:
Drahbeck
Möglicherweise muss man es auch so deuten, dass in dieser Streitfrage Russell (und Nachfolger) nicht eigenständig waren.
Schon in adventistischen Kreisen lässt sich ähnliches nachweisen.
E. Rühling etwa, schreibt in seinem im adventistischen Saatkorn Verlag erschienenen Buch "Am Scheideweg" (S. 166, 167; Zitierung ohne inhaltliche Bewertung):

"Der Doppelpnkt vor dem Wort 'heute' gibt dem Satz einen ganz andern Sinn. Wir dürfen nämlich nicht vergessen, daß die Zeichensetzung für die Heilige Schrift erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts eingeführt wurde. Damals wurde der Doppelpunkt als Folge der inzwischen ins Christentum eingesickerten Irrlehre von der Unsterblichkeit der Seele an die falsche Stelle gesetzt und stört nun das Verständnis der tatsächlich vom Heiland gegebenen Verheißung."
Es waren (und sind) in der "klassischen Theologenzunft" nicht viele, die in dieser Streitfrage auf der Seite von Russell und Nachfolger stehen. ...

Dem rot Hervorgehobenen entspricht ebenso die Auslegung der Missionszeitschrift vom MHA e.V..

Fundament für ein befreites Leben - Auf der Suche nach der unsterblichen Seele Nr. 3 2008 S. 22, 23
,,Noch heute im Paradies?"
www.hoffnung-weltweit.de//Publikationen/auf-der-suche-nach-der-unsterblichen-seele.pdf

Informationen zum MHA e.V.:
www.ekd.de/ezw/42714_informationen_das_missionswerk_historischer_adventisten_eine_neue_splittergruppe.php

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 23. August 2009 06:05
Seinen einleitenden mit "Eingesandt" gezeichneten Artikel gibt "Erwachet!" in seiner Ausgabe vom 22. 8. 1949 den Titel: "Die Aramco schafft sich ein Weltreich. Eine Studie über Monopole." Und dieser Abkürzungsname wird dann in dem Artikel aufgelöst als "Arabian American Oil Co"
Also ums begehrte Erdöl dreht es sich. Und führt man sich den Artikel dann im Detail zu Gemüte, könnte man fest meinen, einen zeitgenössischen USA-kritischen Artikel aus einer kommunistischen Gazette zu lesen. Aber eben nur "fast". So äußert dieser "Eingesandt" unter anderem:
"Und während sie sich um die Zahlung von Einkommenssteuern drückte, brach sie auch ihr Versprechen, als Gegenleistung für den Schutz, den ihr eigenes Land ihr gewährte, diesem Land Petroleumprodukte zu einem angemessenen Preis zu liefern. Mit Hilfe schamloser Lügen überforderte sie die Kriegsmarine der Vereinigten Staaten im grössten Trubel des zweiten Weltkrieges um mehr als 38 000 000 Dollar für Petroleum, während sie andere Länder, darunter auch das feindliche Japan, zu niedrigeren Preisen belieferte. Bei alledem darf man sicher sein, dass es die ARAMCO während ihres rücksichtslosen Aufstieges niemals an Hurra-Patriotismus fehlen liesse."

In diesem Stil verbreitet sich der "Eingesandt" in diesem Artikel weiter. Dennoch bleibt ein gewisser fader Rückgeschmack dabei zurück. Zusammenfassbar in dem Satz. Wieder einmal wird das Rezept verwandt:
"Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass."

Das was der "Eingesandt" da mitteilt, ist wohl kaum als exklusiv zu bezeichnen. Er bietet allenfalls eine thematisch konzentrierte Presseschau, wiederholt also nur das, was andere vor ihm schon ausgeführt haben. Dennoch versäumt es dieser Artikel auch nicht, seinen Lesern zum Artikelende dann noch eine bestimmte Orientierung mit auf den Weg zu geben. Die liest sich in "Erwachet!" dann so:

"Solch bedrückende Monopole sind eine Begleiterscheinung des Kapitalismus. Totalitäre Bedrückung ist eine Begleiterscheinung des Kommunismus. Von keiner dieser beiden Seiten könnte der Menschheit Hilfe kommen in ihrem Leid. Nur Jehovas Königreich mit Christus als König, wird die Bedrückten aus ihrer misslichen Lage befreien."

Man nutzt das alles wieder einmal, als Wasser auf die eigenen Endzeitmühlen. "Zahlbar" am Sankt Nimmerleinstag!

"Wird die ehrfurchtgebietende Erscheinung des Nordlichts durch ein Zusammenwirken von Sonnenflecken und Erdstürmen inszeniert?" fragt "Erwachet!" in dieser Ausgabe weiter, um darauf zu antworten:

"'Morgendämmerung des Nordens' ist die buchstäbliche Bedeutung von 'Aurora borealis', einem Namen, den man dieser prächtigen, dem Menschen Ehrfurcht einflössenden Naturerscheinung seinerzeit gab, weil sie gewöhnlich nach Norden zu beobachtet wurde und weil das am nördlichen Himmel aufglimmende Licht besonders in den niederen Breiten einer Morgendämmerung ähnlich schien. Jetzt bezeichnet man dies einfach als 'Nordlicht'. ...

Durch Beobachtung wurde festgestellt, dass die gewaltigen Stürme, die uns auf der Sonnenoberfläche als Sonnenflecken sichtbar werden, sich in Zyklen von ungefähr elf Jahren allmählich von einem Minimum zu einem Maximum steigern, und dass auch das Nordlicht in Zyklen von gleicher Dauer an Häufigkeit zunimmt, im Gleichmass mit den Sonnenflecken. Offenbar hängen die beiden Naturerscheinungen miteinander zusammen.

Nach der neuesten Theorie werden von diesen Sonnenflecken aus riesige Mengen Wasserstoffatome in den Raum geschleudert, etwa wie von einem Vulkanausbruch, oder vielleicht eher noch dem Wasserstrahl aus einem ungeheuren Schlauch vergleichbar. Solche Wasserstoffströme spritzen in grosser Zahl von den verschiedensten Stellen der Sonne aus nach vielen Richtungen. Was dabei die treibende Kraft ist, bleibe dahingestellt; jedenfalls steht fest, dass die magnetischen Stürme, von denen die in den mittleren Breiten gesehenen hellen, wandernden Nordlichter stets begleitet sind, vierundzwanzig bis fünfundzwanzig Stunden nach der Zeit eingetreten, wo der zugrundeliegende Sonnenfleck den mittleren Meridan der Sonne durchschritt, also wo der Sonnenfleck in die Richtung der Erde 'zielte'. Um in dem angegebenen Zeitraum den Weg von der Sonne bis zur Erde zu durchlaufen, müssen die abgeschossenen Teilchen in der Sekunde rund 1600 km zurücklegen.

Diese magnetischen Stürme sind nicht zu verwechseln mit den elektrischen, den Gewittern. Magnetische Stürme können bei ganz wolkenlosen Himmeln vor sich gehen, ohne dass man etwas sieht, ausser dem Polarlicht. Aber diese Stürme stören die Fernsprech-, Fernschreib- und Radioverbindungen und verursachen unregelmässige Abweichungen der Kompassnadel. Deshalb versucht man jetzt, mit einigem Erfolg, solche Stürme vorherzusagen."

Und dieser "Erwachet!"-Artikel schließt mit der Aussage:
"Früher haben aussergewöhnliche Nordlichter, die doch nur ein Zeichen der Macht des Schöpfers und seiner Liebe für die Geschöpfe sind, religiösen Leuten manchmal Angst und Bestürzung eingejagt, weil sie dabei plötzlich auf die Idee kamen, nun werde der Erdball in Flammen aufgehen ..."

An dieser Darstellung stört eigentlich nur eines. Die zur Schau getragene "Abgeklärtheit", in der man solche Naturgeschehnisse in diesem Falle zu verkaufen sich bemüht.

"Früher haben (solche Geschehnisse) ... manchmal Angst und Bestürzung eingejagt:"

Wirklich "blos früher".
Aus dem Munde der WTG wirkt solch wie Votum wie der Wettkampf zwischen dem Hasen und dem Igel. Der Haase keucht mit aller Gewalt durch die Furchen, um sich am Ziele doch immer wieder von seinem Widerpart anzuhören: "Ich bin schon lange da". Das der Igel dabei mit List und Tücke arbeitete, wird "großzügig" verschwiegen.

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: X ~ mysnip
Datum: 23. August 2009 20:29
Zitat:
"Erwachet!" vom 22. 8. 1949
"Früher haben aussergewöhnliche Nordlichter, die doch nur ein Zeichen der Macht des Schöpfers und seiner Liebe für die Geschöpfe sind, religiösen Leuten manchmal Angst und Bestürzung eingejagt, weil sie dabei plötzlich auf die Idee kamen, nun werde der Erdball in Flammen aufgehen ..."
An dieser Darstellung stört eigentlich nur eines. Die zur Schau getragene "Abgeklärtheit", in der man solche Naturgeschehnisse in diesem Falle zu verkaufen sich bemüht.
"Früher haben (solche Geschehnisse) ... manchmal Angst und Bestürzung eingejagt:"
Wirklich "blos früher".
Aus dem Munde der WTG wirkt solch wie Votum wie der Wettkampf zwischen dem Hasen und dem Igel.
Der Haase keucht mit aller Gewalt durch die Furchen, um sich am Ziele doch immer wieder von seinem Widerpart anzuhören: "Ich bin schon lange da". Das der Igel dabei mit List und Tücke arbeitete, wird "großzügig" verschwiegen.

Die WTG in der Rolle des pfiffigen Igel?
Hier eine Variation der Geschichte.
http://www.youtube.com/watch?v=kw7FI1ooL4A

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Re: Vor sechzig Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 02. September 2009 05:45
Bereits in der "Erwachet!"-Ausgabe vom 8. August 1949 war ein Bericht über Argentinien enthalten, der im Detail beschrieb, wie eine beabsichtigte öffentliche Veranstaltung der Zeugen Jehovas behindert; und nachdem sie trotzdem begonnen hatte, schließlich polizeilich gesprengt wurde.

http://forum.mysnip.de/read.php?27094,30601,32859#msg-32859

Unter den dabei Verhafteten befand sich auch WTG-Präsident N. H. Knorr.
Letztere suchte sich nach Kräften zu wehren, durch Einschaltung von Rechtsanwälten usw. Allein dies konnte nicht verhindern, dass auch er etliche Stunden sich im Polizeigewahrsam befand, unter entwürdigenden Umständen.
Immerhin gelang es ihm, aufgrund seiner Interventionen, einige Stunden früher wieder freigelassen zu werden, als die übrigen Verhafteten.

In der "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. September 1949 wird auf diese Vorgänge erneut, und noch ausführlicher eingegangen. Es drängt sich in der Tat der Eindruck auf, dass da bürgerliche Freiheitsrechte, gemäß westlichen Maßstäben, gröblichst missachtet wurden. Ihren Frust lässt die WTG dann auch in einer Bemerkung zum Ausdruck kommen, die den Argentinischen Herrscher Peron mit Hitler vergleicht.
Auch in Argentinien hatte es die Presse abgelehnt, darüber zu berichten. Das liest sich im WT so:

"Gemäss Berichten hatten die Montagsblätter in Buenos Aires, die englischen wie die spanischen, nichts über die Polizeiaktion zu melden. Es wurde uns gesagt, dass über derartiges nicht Bericht erstattet werde; doch wird es bestimmt die 1200 Personen, die dem Vortrag beiwohnten, nicht am Reden hindern. Und wenn 1200 Leute in ganz Argentinien zu sprechen beginnen, werden die Nachrichten in Umlauf kommen. Es wird interessant sein zu beobachten, ob Argentinien dem gleichen Muster folge wie Hitler …"

Im Gegensatz zur argentinischen Presse, ging die US-Tageszeitung "New York Times", in einer kurzen Meldung, doch auf diese Vorgänge ein. Über deren Text war die WTG alles andere als erfreut. Dies wiederum bewirkte, dass WTG-Vizepräsident Franz, postwendend eine "Berichtigung" an die "New York Times" einsandte; allerdings ohne gewünschten Erfolg.
In ihrer vom 28. 4. 1949 datierten Antwort an Franz, schrieb die "New York Times":

"Geehrter Herr Franz!
Wir schätzen die Aufmerksamkeit und das Interesse, das Sie veranlasst hat, uns die beigeschlossene Einsendung zu übermitteln, bedauern aber, dass wir davon nicht Gebrauch machen können.
In Aufrichtigkeit
The New York Times
Briefredaktor"

In der von der WTG kritisierten Meldung der "New York Times" war zu lesen:
"Buenos Aires, 13. April -
Nathan Homer Knorr, Präsident der Wachtower Bible and Tract Society von Brooklyn, der Herausgeberzweigstelle der Zeugen Jehovas, wurde zusammen mit einer Zuhörerschaft von mehr als 200 Personen verhaftet, als er hier kürzlich eine Ansprache zu halten suchte. Die Polizei sagt, dass die erforderliche Genehmigung für den Vortrag nicht erlangt worden sei.
Mr. Knorr, der jetzt in Rio de Janeiro weilt, und all die andern wurden kurz nach ihrer Verhaftung wieder freigelassen.
Weder die Polizei noch Mitglieder von Jehovas Zeugen sind begierig, von dem Vorfall zu sprechen, der sich am Sonntag vor einer Woche ereignete, und die Presse hat nichts davon erwähnt."

Man wird der WTG konzedieren müssen, dass die Behauptung, auch Jehovas Zeugen wollten darüber nicht sprechen, eine maßlose Falschdarstellung ist. Se wollten schon; nur sie bekamen eben keine Tribüne dafür, mit Ausnahme ihrer eigenen Publikationen.
Vielleicht sollte man dabei aber auch die Größenordnungen noch mit im Blick haben.
Gemäss eigenen Angaben gab es im Jahre 1945 363 Verkündiger der Zeugen Jehovas in Argentinien. Zum Zeitpunkt dieses Vorfalles, war deren Zahl dann auf 1149 angestiegen.

Wie bereits zu lesen war, hat die WTG in ihrer Reaktion darauf, dass argentinische Peron-Regime in die Nähe des Hitlerregimes gerückt. Und da stellt sich in der Tat die Frage, was für eine Motivation diesem Eklat letztendlich zugrunde lag. Auch die WTG bemüht sich dieser Frage nachzugehen. Sie zitiert dazu einige Aussagen, die ihrer Meinung nach zum "Lichtbeschaffen" geeignet wären. Rückblickend wird man wohl eher meinen, sie beschaffte Zwielicht.

Bürgerliche Freiheiten hat Argentinien mit diesem Vorfall eklatant mit Füßen getreten. Das steht außer Frage. Verstand sich indes das Peronregime wirklich als Kopie des Hitlerregimes? In seinem Selbstverständnis wohl kaum. Noch waren die rund 1200 damaligen Zeugen Jehovas dort, für das herrschende Regime eine Splittergruppe, der man wohl kaum intensivere, und vor allem auch differenziertere Aufmerksamkeit zuwandte. Insofern wiederholt sich, etwas abgemildert, auch im Falle Argentinien das Hitlersche Prinzip. Und das heißt: Rasenmähermethode.

Das sind aber meines Erachtens schon die einzigsten Gemeinsamkeiten. Der "Hase liegt im Pfeffer" wohl eher dahingehend, dass da ein unbestimmtes Gefühl des Widerspruches gegen US-koloniale Bestrebungen, sich auch an diesem Ort und an diesem Objekt, sichtbar machte.

Dies wird auch daran deutlich, dass auch die WTG zitiert, das argentinische Peron-Regime habe erst kürzlich mit der Neuausstrahlung einer Radiosendung in die USA begonnen. Dazu liest man:

"Peron beginnt mit Kurzwellenreden
Im Programm, das nach den US, ausgestrahlt wurde, sagt er, die 'Stimme' wolle ehrliche Angaben über Argentinien machen.
Von Virginia Lee Warren
Sondersendung an The New York Times.
Buenos Aires, 11. April -
Juan Peron, Präsident eines Landes, dessen Wirtschaft weitgehend unter der Regierungsgewalt steht, sang heute Abend das Lob der Privatunternehmung in einer Radioansprache an die Vereinigten Staaten. Er sagte auch, der Zweck des neuen täglichen Kurzwellenprogramms bestehe darin 'über die Ergebnisse unseres harten Kampfes um ein besseres Land und um eine im Interesse ihrer wesentlichen Pflichten geschlossenere Menschheit ehrlich Bericht zu erstatten.'
Die Radioansprachen, die unter dem Titel 'Stimme von Argentinien' bekannt sein sollen, sollten am 1. Mai beginnen; doch heute Abend nahmen sie unerwartet einen eindrucksvollen Anfang, als sowohl Sefior als Sefiora Peron sprachen."

Als ein weiteres Argentinien-spezifisches Zitat wird im WT noch zitiert:
"Wir fragten uns, welchen Lauf General Juan D. Peron in den kommenden Tagen einschlagen werde, in Anbetracht seiner Rede, über die im Buenos Aires 'Harald' vom Sonntag, 3. April 1949, wie folgt zu lesen war:
"BÜRGERSTREIT WIRD DEM INTERNATIONALEN KAMPF VORAUSGEHEN"
Präs. Peron über die Frage, wie der nächste Krieg beginne.
Der nächste Krieg wird nicht mit militärischen Operationen beginnen, sondern in 90 Prozent der Länder, die schliesslich darin verstrickt werden, wird er mit Streit unter dem Volke selbst beginnen, was mit Leichtigkeit zum Bürgerkrieg führt. Präsident H. E. Peron sagte gestern in seiner Ansprache an höhere Offiziere anlässlich der Einführungssitzung ihres Stabstudienkurses …

Er fuhr weiter:
"Es wird die Verantwortung einer Regierung sein, dafür zu sorgen, dass zivile Streitigkeiten nicht einem Kriege vorausgehen. Dies kann geschehen, indem Spaltungen unter den Massen vermieden werden, damit ein Land nicht durch Chaos überwältigt werde.
Die Zeit hierzu ist die Zeit, da Friede herrscht, und es kann bewirkt werden durch die Harmonie zwischen den bewaffneten Streitkräften und der Regierung." Aus diesem Grunde, sagte der Präsident, unterstütze er den Gedanken gemeinsamen Studiums der Vertreter der bewaffneten Streitkräfte und der Ministerien.
Er hob auch die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit mit den bewaffneten Streitkräften des Innern hervor."

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 09. September 2009 07:15
Als Fortsetzungs-Serie aus dem WTG-Buch "Theokratische Hilfe für Königreichsverkündiger" offeriert "Erwachet!" in seiner Ausgabe vom 8. 9. 1949 dessen 81. Kapitel überschrieben
"Der Kampf der Hierarchie gegen die junge Demokratie."

Genanntes WTG-Buch, Englisch 1945, in Deutsch aber erst 1950 erschienen, enthält in seinem letzten Abschnitt, welcher "Religion" überschrieben ist, in begrenzten Umfange, auch gewisse geschichtliche Erkenntnisse darüber. Selbstredend Interessegeleitet. Und auch in diesem Falle, mit einem starken antikatholischen Akzent. Wie gesagt, brachte nun "Erwachet!" daraus schon mal als Vorabdruck, einige dieser Kapitel. Nachstehend dann einige Auszüge aus dem die katholische Kirche betreffenden WTG-Ausführungen:

"Der Versuch, sieh der heranwogenden protestantischen Bewegung entgegenzustemmen und die totalitäre Hierarchie wieder sattelfest zu machen, ging mit Gewalt und mit dem Schwert vor sich, so daß die Welt in eine vierhundertjährige Periode des päpstlichen Ringens gegen die erstarkende Demokratie gestürzt wurde.

Der Hierarchie wurde diese Kriegführung hauptsächlich durch den ausdauernden Eifer der Jesuiten, dieses jüngst ersonnenen "Schwertes der Kirche", ermöglicht. So fest auch der Protestantismus im Volke verankert war, hatte er sich doch durch Gezänk über Lehrpunkte verzettelt, während die Kräfte des Katholizismus unter der Zucht der Jesuiten zu einem Block mannhafter, streitbarer Kämpfer zusammengefaßt worden waren. ... Der Jesuitenorden ist eine Kampforganisation von Priestern, die aufs trefflichste ausgebildet wurden in Verschlagenheit, Betrug, Intrigen, Meuchelmord und in der Kriegführung als Untergrund- und "Fünfte Kolonne". ...

Sogar die Hierarchie selber wurde in Opfer jesuitischer Machtgier, so daß sich ein päpstliches Verbot des Ordens notwendig machte, wie es von 1750 bis 1814 in Kraft war. 1814 bewilligte die Hierarchie jedoch eine allmähliche Wiederherstellung dieses Geheimordens, und im Jahre 1935 hatte er sich zu einer erstaunlichen Streitmacht von 24.732 bestgeschulten Agenten ausgeweitet. ...

Nach dem Kriege (1919) (kehrten sie, die Jesuiten) zurück. Von da an waren mit der Ausführung von Plänen für die Ausbreitung des Faschismus und Nazismus in Europa und der ganzen Welt beteiligt....

1618, begann ein Religionskrieg, der mit vernichtender Heftigkeit dreißig Jahre lang hin und herwogen sollte, geschürt von der katholischen Hierarchie in dem vergeblichen Bemühen, die Geburt dessen zu verhindern, was sich nunmehr zur Demokratie — mit ihrem Glauben an Gottesdienstfreiheit — entwickelt hatte. Die Blutschuld für den Dreißigjährigen Krieg ruht auf dem Haupte der Hierarchie....

Schließlich ... am 24. Oktober 1648 wurde in Münster der Westfälische Friede geschlossen. Die römisch-katholische Hierarchie hat ihn nie als Frieden anerkannt, sondern ihn all die Zeit hindurch angefochten und zu beseitigen gesucht. ...

Im weiteren Verlauf ihres Kampfes gegen die erstarkende Demokratie hat die Hierarchie die Gewissensfreiheit in vielen amtlichen Äußerungen verurteilt. ...
Ein weiteres besonders abscheuliches Beispiel, ein Meisterstreich ist, wie Hierarchie der amerikanischen Demokratie durch den Bürgerkrieg den Garaus machen wollte....

Die völlige Bloßstellung dieser mit Haß gegen die Demokratie erfüllten Sekte ist nur eine Frage der Zeit."

Wie gesagt, dass veröffentlichte die WTG so, erstmals 1945. War man bisher der Meinung Balzereit's Schrift "Die größte Geheimmacht der Welt" sei stark antikatholisch orientiert. Und "vielleicht" hatte der Balzereit damals dafür gar nicht den offiziellen WTG-Segen, so wird man wohl diese Spekulation, angesichts vorstehender Ausführungen, wohl endgültig zu Grabe tragen müssen.

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 16. September 2009 03:27
Verpackt in Nebensätzen, die "runtergeschluckt" werden sollen, ohne das tiefer darüber nachgedacht wird; dass ist die Taktik der WTG, wenn es darum geht, ihrer Anhängerschaft dogmatische Veränderungen, die sich nicht allein durch aussitzen oder ausschweigen bewerkstelligen lassen, mitzuteilen.

Ein Beispiel dafür kann man auch in der "Wachtturm"-Ausgabe vom 15. September 1949 begegnen. Dort kann man auch den dürren Satz lesen:

"Die Geburt des Königreiches erfolgte im Jahre 1914 n. Chr., und danach kam das Toben der Nationen. Doch offenbarte Gott dieses Zeichen seinem treuen Volke, seinen Zeugen auf Erden, erst im Jahre 1925, das heißt etwa elf Jahre nachdem die Wehen und die Tage der Drangsal für Satans Weltorganisation begonnen hatten."

Diesen Satz sollte man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Kritiker werden schon zum ersten nicht akzeptieren das "Gott", da etwas "offenbart" habe. Es wäre schon ein merkwürdiger Gott, der erst elf Jahre nach Beginn, seinen vermeintlichen "Dienern" wissen läßt, was er denn da so habe beginnen lassen. Religion lebt ja bekanntermaßen von vermeintlichen "Prophezeiungen". Wenn man eine "Prophezeiung" erst dann "erkennen" kann, wenn sie eingetreten sei, dann ist das schon ein merkwürdiger Umstand. Dann ist das nur blanke Spekuliererei, zu der man wahrlich keiner metaphysischen Erhöhung bedarf.

Aber das kennt man ja beispielsweise auch schon aus der Frühgeschichte der Adventisten.
Als deren Endzeitdaten 1843/44 in die Binsen gingen, da "erkannten" auch dort einige "Neunmalkluge", dass alles habe sich in "himmlischen Sphären" abgespielt.
Genau diese "Technologie" wendet auch die WTG an.

Ihre Ursprungserwartungen für 1914 waren ganz andere, als man sie heute darstellt. Gen Himmel wollte man fahren; und zugleich sollte auf Erden eine "irdische Phase" des "Königreiches Gottes" beginnen. Den "Patriarchen", die da wunderbarerweise "auferstehen" würden, war gar die Rolle von irdischen Regenten zugedacht. Als dann Anfang der zwanziger Jahre die Rundfunktechnik spruchreif wurde, entblödete man sich gar, sich vorzustellen, diese "Patriarchen" würden von Jerusalem aus, ausgerüstet mit vollkommenen Radiostationen, die Welt regieren.

Schon im Jahre 1914 war das Scheitern der Ursprungserwartungen der WTG offenkundig. Man half sich fürs erste mit dem hinhalten und vertrösten. Dann 1918 der neue "Lichtblick". 1925 hieß nun jenes Datum, dem man erneut zufieberte.

Die soziologische Struktur der Anhängerschaft hatte sich ohnehin gravierend verändert. Schätzungsweise mehr als 90 Prozent der Anhängerschaft in Deutschland, waren erst nach 1918 zu dieser Organisation hinzugestoßen. Die 1914 Enttäuschungen hatten diejenigen nicht mehr am eigenen Leibe erlebt. Was sie aber erlebt hatten waren Krieg, Inflation, politische Wirren. Sie griffen nach jedem Strohhalm der ihnen geboten wurde. Und einer der aktivsten Strohhalm-Anbieter war wie WTG. Sie fieberten nun 1925 zu. Und das Ende vom Lied: Wieder Enttäuschung.

Jetzt im Jahre 1925 konnte man die bisherige WTG-Theologie so nicht mehr weiter gelten lassen. Änderungen waren notwendig. Systematisch eingeleitet. Die Russellschen "Schriftstudien" mit der alten WTG-Theologie wurden ins planmäßige Vergessen hineingedrängt. Und damit dass auch so sei, überschwemmte ihr neuer Guru Rutherford, sie förmlich mit immer neuen Büchern und Broschüren aus seiner Feder, so dass auch so kaum noch eine Chance zum innehalten und zum vergleichen gegeben war. Die Rechnung ist aufgegangen.

Und das alles wird dann noch dahingehend verklärt Gott habe erst elf Jahre später "Neues Licht" gegeben. Zynischer geht es kaum!

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 23. September 2009 05:24
Das WTG-Buch "Theokratische Hilfe für Königreichsverkündiger" erschien Englisch 1945 (in Deutsch erst 1950). Schon in der "Erwachet!" Ausgabe vom 22. September 1949, also vor dem deutschen Erscheinen, wurde auf das darin enthaltene Kapitel 82 besonders hingewiesen. Letzteres ist insofern bemerkenswert, als es die zeitgenössische Sicht der politischen Bedeutung der katholischen Kirche, durch die Zeugen Jehovas, reflektiert.
Nachstehend die Kernaussagen aus diesem Kapitel:

Italien. Als ersten nehmen wir in der Parade der Buhlerstaaten kurz die Heimat der Hierarchie, Italien, in Augenschein. Dort hat sich der Vatikan durch eine Vereinigung von Kirche und Staat wiederverheiratet; der jüngste Ehekontrakt, auch Konkordat genannt, wurde 1929 mit Mussolini unterzeichnet und ist noch in Kraft. Folgende Auszüge mögen für sich selber sprechen.

Kardinal Gasparri erklärte als persönlicher Vertreter von Papst Pius auf dem Eucharistischen Kongreß in Salmona, Italien : "Die faschistische Regierung bildet die einzige Ausnahme in der weltweiten Anarchie von Regierungen, Parlamenten und Systemen." [Das war vor der Nazideutschland-Zeit des Katholiken Hitler.] (Daily Herald, London, 15. September 1932)

Am 22. August 1935, dem gleichen Tage, wo der Völkerbund zusammentrat, um über den faschistischen Angriff auf das hilflose Abessinien zu beraten, meldete der Osservatore Romano, daß 57 Bischöfe und 19 Erzbischöfe Italiens an Mussolini gemeinsam das folgende Telegramm abgesandt hätten : "Das katholische Italien dankte Jesus Christus für die erneuerte Größe des Landes, das durch Mussolinis Politik erstarkt ist."

Kardinal Schuster von Mailand, ein Freund von Papst Pius XI., soll am 28. Oktober 1935 erklärt haben : "In diesem Augenblick bringt die italienische Flagge triumphierend das Kreuz Christi nach Abessinien, um der Sklavenbefreiung den Weg zu bahnen und ihn gleichzeitig unserer Missionspropaganda zu erschließen."

Spanien. In Spanien hat die Hierarchie mit fester, blutbefleckter, tyrannischer Hand gewirkt. 1931 wurde auf gesetzmäßige Weise die Republik gebildet, deren neue Verfassung dazu ermächtigte, die Trennung von Kirche und Staat durchzuführen, kirchlichen Besitz zugunsten der Allgemeinheit zu enteignen und den Volksunterricht den Händen der Geistlichkeit zu entwinden. Die Hierarchie rächte sich unverzüglich durch Einleitung einer Gegenrevolution unter der Führung eines ihrer ergebenen Söhne, des Generals Franco, den sie segnete und als "christlichen Gentleman" bezeichnete. Der von der Hierarchie entfachte Bürgerkrieg fand seinen Abschluß am 28. März 1939 mit der Übergabe von Madrid an den "Schlächter" General Franco, der also unter Beihilfe der Kirche und ihrer ergebenen Söhne Hitler und Mussolini die demokratische spanische Republik niedergerungen hatte.

Franco ging sofort an die Errichtung eines totalitären Staates, setzte die Kirche in ihre frühere Stellung wieder ein, gab beschlagnahmten Kirchenbesitz zurück und legte den Schulunterricht erneut in die Hände der Pfarreien. Die folgende Anführung ist lehrreich und widerlegt nebenbei die Behauptung der Hierarchie, Franco habe Spanien vor dem Kommunismus gerettet.

Alexander H. Uhl, Auslandsredaktor des PM, erklärt Augenzeuge : "Bis zum Ausbruch des Bürgerkrieges war ich ein Jahr lang in Madrid Korrespondent der Associatet Press. Was ich jetzt schreibe, betrifft Dinge, die ich selber gesehen habe. Francos Revolution war die Revolution der spanischen Großgrundbesitzer, der reaktionären spanischen Geistlichkeit, der monarchistischen Aristokraten und Großindustriellen Spaniens, (gegenüber der steigenden Flut der Demokratie, die sich seit dem ersten Weltkrieg jeden Tag stärker und stärker herangewälzt hatte. Der Aufstand Francos und seiner Generäle richtete sich gegen eine Volksfrontregierung, die sich aus Republikanern, Liberalen, Gewerkschaftsparteien und Sozialisten zusammensetzte. Sie wies keinen einzigen Kommunisten auf. Es handelte sich um eine Regierung, die entschlossen war, Kirche und Staat voneinander zu trennen, wie es bei uns in den Vereinigten Staaten Fall ist, und das Schulwesen nichtkonfessionell zu gestalten, wir es auch haben."

Deutschland. Den deutschen Religionskessel hat die Hierarchie stets siedend erhalten. Sie hat Deutschland immer als "Kirchenschwert" bevorzugt. Man sollte nicht vergessen, daß der Londoner Vertrag von 1915, der mit dem Königreich Italien abgeschlossen wurde, den Papst nach dem ersten Weltkrieg von alle Verhandlungen über den Friedensvertrag ausschloß, weil sein Beziehungen zu den teutonischen Bundesgenossen zu offenkundig waren. Als der Katholik Hitler 1933 an die Macht kam, unterzeichnete die Hierarchie mit dem Naziregime unverzüglich ein Konkordat, das noch heute besteht. Weitere Beweise folgen.

Franz von Papen, päpstlicher Kammerherr und Sendbote Hitlers für das Ausland, erklärte am 14. Januar 1934 im "Völkischen Beobachter" : "Das dritte Reich ist die erste Macht, welche die hohen Grundsätze des Papsttums nicht nur anerkennt, sondern praktisch verwirklicht."

"Dr. Edmund A. Walsh, Rektor der Auslandsdienst-Schule bei der Universität Georgetown [einer Jesuiten-Universität in der Nähe von Washington, D. C.,], skizzierte heute Abend die deutschen Kriegsziele als eine Wiedererrichtung des Heiligen Römischen Reiches . . . Dr. Walsh erklärte, er habe Adolf Hitler sagen hören, das Heilige Römische Reich, das ein germanisches Reich war, müsse wiederaufgerichtet werden." (Times, New York, 17. Februar 1940)

"Berlin, 27. August (AP). — Ein Treuegelöbnis der deutschen katholischen Bischofskonferenz von Fulda gegenüber Adolf Hitler soll bei Kriegsende auf den Kanzeln an die Gläubigen verlesen werden, wie das amtliche D. N. B. heute bekanntgab. Das Gelöbnis für Hitler ist in Dankesbezeugungen für die deutschen Truppen eingefaßt und wurde von der Konferenz, die am 22. August zu Ende ging, beschlossen. Wie die Presseagentur sagt, herrschte auf der Konferenz die Ansicht vor, daß ,die katholische Kirche in Deutschland den deutschen Truppen Dank schuldet für ihr siegreiches Vordringen und für die Verteidigung der deutschen Heimat. Ohne die erfolgreiche Abwendung eines feindlichen Einbruchs durch die deutschen Streitkräfte hätten die deutschen Katholiken nicht so ruhig und ungestört ihre kirchliche Arbeit und ihre Seelsorge fortsetzen können'." (Veröffentlicht im Record von Philadelphia am 28. August 1940)

Japan. Zwischen Japan und dem Vatikan wurden die diplomatischen Beziehungen im Juni 1942, also nach dem heimtückischen Überfall auf Pearl Harbor, aufgenommen! Man beachte das Folgende:
Die japanische Times, Tokio, brachte als Meldung : "Vom Vatikan her ist die Stimme der Gerechtigkeit ertönt. Nie zuvor hat das jetzige Vorgehen Japans in China außerhalb unseres Landes so von ganzem Herzen Unterstützung gefunden. Die Bedeutung der Anweisungen des Heiligen Stuhls liegt auch darin, daß es beinahe vierhundert Millionen Römisch-Katholische gibt, denen das Wort des Vatikans als Gesetz gilt. Demnach kann gesagt werden, daß beim chinesischen Zwischenfall ein Viertel der Bevölkerung der Erde auf selten Japans steht. Die katholische Kirche ist für uns eingetreten und hat uns dringend ersucht zu kämpfen, um die kommunistische Durchdringung Asiens zu verhindern." Eine von der United Press registrierte amtliche japanische Rundfunkmeldung vom 9. Januar 1942 besagte: "M. 0. Daughberty, der irische Erzbischof von Großmanila, und Bischof Madrigra, der Vertreter des Papstes auf den Philippinen, gelobte am Donnerstag, sich mit den japanischen Streitkräften von ganzem Herzen für die Schaffung einer Neuordnung in Ostasicn einzusetzen." (Veröffentlicht im Courier-Journal, Louisville, Ky.)

"Eine heute abend von der CBS registrierte Berliner Rundfunkmeldung für das Inland brachte eine Nachricht aus Manila, wonach die von den Japanern eingesetzte Regierung ,jetzt vom Vatikan anerkannt worden ist'." (Times Union, Florida, 11. Januar 1944) So hat die Hierarchie die Eroberungen neuzeitlicher Diktatoren gefördert und als rechtsgültig anerkannt, den Demokratien aber Ohrfeigen gegeben. Man könnte weitere Beweisstücke beibringen, doch sind die Tatsachen ohnehin wohlbekannt. Wer unterrichtet ist, wird sich erinnern, daß Kardinal Innitzer in Österreich zur Feier der Machtübernahme durch Hitler an seinem Dom die Hakenkreuzfahne der Nazi heraushängte; ferner daß Hitler einem katholischen Priester, Prälat Tiso, dazu verhalf Staatsoberhaupt der unterjochten Slowakei zu werden; und auch daß in Polen katholische Priester den Nazilegionen auf dem Fuße folgten und dem Volke zuredeten, sich der deutschen Herrschaft zu beugen; und schließlich wird man sich noch daran erinnern, wie unheilvoll in Frankreich die "Fünfte Kolonne" der Hierarchie beim Zusammenbruch der Republik tätig war.

Hernach setzte man in Vichy Petain als Strohmann ein, und die Hierarchie lobte ihn als "guten Marschall". Dem folgte die Einführung antisemitischer Gesetze im Geiste der Hierarchie. Und wenn wir unser Auge über die politische Bühne in Kanada, Mexiko, Argentinien und andere Länder der beiden Welthälften gleiten lassen, stößt es auf dieselben Diktatoren-Intrigen der Hierarchie.

Nachdem sich aber das Kriegsglück den Alliierten zuneigte, begann der wendige Vatikan im Spätjahr 1944 zu erwägen, daß es wünschenswert sei, politisch umzusatteln. Bei dieser Gelegenheit machte einer der Kardinale eine Kehrtwendung gegenüber dem "guten Marschall" Petain und bezeichnete ihn als einen Mann, der "aller sittlichen und religiösen Überzeugungen bar" sei. Dieser Kunstreiter-Organisation mag es zwar gelingen, vom totalitären Roß umzusatteln auf das "demokratische" Friedens-Tier, doch wird sie nicht von dieser Kreatur wieder herunterrutschen und sich hinter Christus Jesus auf dessen Pferd des gerechten Krieges schwingen können, wenn er in Harmagedon gegen die gesetzlose, durch und durch religiöse Welt zu Felde zieht. Sie wird dann am längsten geritten haben.

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Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 02. Oktober 2009 05:03

Bereits im "Wachtturm" vom 15. 11. 1946 gab es einen Bericht über Britisch-Guayana (Man vergleiche den diesbezüglichen Kommentar dazu in dieser Serie).
Kommentarserie1946

Eintrag vom 16. November 2006 07:14:38: (am Textende)

Damals verhandelte WTG-Präsident N. H. Knorr höchstpersönlich mit den britischen Kolonialbehörden, um ein Einfuhrverbot für die WTG-Literatur wieder rückgängig zu machen.
Nun, im Jahre 1949, hatte Knorr auf einem Südamerika-Trip, auch diesem Land einen erneuten Besuch abgestattet. Sogar eine örtliche Radiosendung berichtete darüber. Es kam aber für die WTG noch besser. Interviewt wurde Knorr durch einen Zeugen Jehovas in dieser Sendung.

Das hatte dann schon mal den Vorteil die Gewissheit zu haben, dass eventuelle kritische Journalistenfragen nicht gestellt wurden. Was will die WTG also mehr? Das ist es doch, was sie als Idealfall ansieht. Wenn Sie allein bestimmt, was gefragt und geantwortet werden darf.

Im "Wachtturm" vom 1. Oktober 1949 liest man dazu:
"Am Samstagabend räumte die Radiostation ZFY eine Viertelstunde für ein Interview ein. Bruder Philips stellte die Fragen, Bruder Knorr antwortete. Die Fragen behandelten Punkte von besonderem Interesse für Britisch-Guyana, zum Beispiel den Zweck der Versammlung, die Organisation der Gesellschaft, die Grösse der Organisation, ob sie irgend welche politischen Ansichten vertrete usw. Eine Frage lautete, ob der Kommunismus das Werk begünstige.

Aus der Antwort auf diese letztere Frage ging hervor, welch ungünstige Behandlung Jehovas Zeugen in den kommunistischen Ländern zuteil wird, und dass in Russland kein Büro der Gesellschaft eröffnet werden konnte. In Jugoslawien, Rumänien und der Tschechoslowakei seien die Büros geschlossen worden. Viele Zeugen Jehovas habe man nach Sibirien verschickt. Der Kommunismus sei nicht in Übereinstimmung mit der Auffassung, dass Gottes Königreich die einzige Hoffnung der Welt sei."

Interessant an dieser Ausführung ist schon mal, dass es bereits vor dem DDR-Verbot der Zeugen Jehovas, ähnliche Entwicklungen in anderen osteuropäischen Ländern gab. Die DDR ist da in der Tat das Schlusslicht gewesen.

Die WTG-Verkündigung sei die einzige Hoffnung der Welt, tönt Knorr weiter. Ist bekannt diese These. Glaubwürdiger wird sie durch ihre erneute Verkündigung indes nicht. Auch die kommunistische Ideologie sah sich als "einzige Hoffnung". Hier prallten in der Tat zwei Totalitätsansprüche frontal aufeinander.

Guayana (vormals Britisch-Guayana) geriet durch die Selbstmordsekte des Jim Jones im November 1978 erneut in die Schlagzeilen der Weltpresse. Nun mag man urteilen, Jones wurde durch seine Kritiker in die Ecke gedrängt und hat dann in Kurzschlussmanier reagiert. Dem mag so sein. Dennoch erregt es schon einiges Aufsehen, dieses Geschehen. Woher hatte Jones just in diesem Moment, in dieser abgelegenen Urwaldsiedlung, dass Zyankali für das brauen seines Mordtrunkes?!

Da gilt es in der Tat weiter zu fragen. Da steckt Logistik, Planung hinter. Zudem, weiß man aus anderen Beispielen; etwa der rechtlosen USA-Kolonie Guantanamo auf Kuba, dass die USA schon mal außerhalb der Legalität operieren. Weiter gefragt. Warum ausgerechnet, wanderte die Jim Jones-Anhängerschaft, aus den hochindustrialisierten USA in dieses wirtschaftlich zurückgebliebene Guayana aus und siedelte sich zudem noch im tiefsten Urwald an?

Fragen, die zugleich mißtrauisch werden lassen. Eine Antwort darauf kann man auch in dem 1983 erschienenen Buch von Günter Neuberger und Michael Opperskalski über die "CIA in Mittelamerika" lesen.

Man liest dort:
"Niemand anderes als der CIA steht hinter diesen grauenhaften Ereignissen. So war einer der Vertrauten des Sektenführers Jones ein gewisser Philip Blakey, der im Auftrag des Geheimdienstes im Jahre 1975 - bereits als Tempel-Mitglied - in Angola, für die konterrevolutionäre Gruppierung UNITA Söldner angeworben hatte. Einer der engsten Freunde von Jim Jones war ein gewisser Dan Mitrione, ebenfalls vom CIA. Als Vertreter der Geheimdienst-Organisation Agency for International Developmenl (AID) hatte Mitrione von 1962 bis 1963 in Brasilien reichlich Erfahrung gesammelt. Später war der CIA-Spezialist Polizeiberater in der US-Botschaft in Montevideo, wo er die uruguayischen Polizeikollegen in der Bekämpfung der Stadtgucrrilla trainierte.

Die CIA-Unterwanderung des People's Temple hatte ihren Grund. Die Sekte war Teil der CIA-Aktion »MK-Ultra«. So deckte der Berater des in Jonestown ermordeten US-Kongreßabgeordneten Leo Ryan, J. Holsinger, auf, daß Jim Jones Agent des CIA war und den Auftrag hatte, im Rahmen dieses »MK-Ultra«-Programms Experimente zu veranstalten, bei denen Methoden zur Kontrolle des menschlichen Verhaltens durchgespielt wurden. Dieses Programm hatte der CIA fast 25 Jahre lang durchgeführt, und es wurde - so die Carter-Regierung -1963 eingestellt. Die Behauptung entspricht jedoch nicht den Tatsachen. »MK-Ultra« wurde nicht gestoppt, sondern »privaten Gruppen« übertragen. Eine von ihnen war People's Temple.

Die fanatisierte Sekte des Jim Jones war ein nahezu ideales Experimentierfeld für den CIA, der die Kontrolle menschlichen Verhaltens erforschen und ausprobieren wollte. Dabei wurden unter anderem stark wirkende Rauschgifte wie LSD getestet, wurden Zwangsarbeit, Schlafentzug, besondere Diät, Gehirnwäsche und so weiter erprobt. Das Ziel der Experimente bestand darin, Menschen für Mord und Selbstmord zu »programmieren«.

Als der US-Kongreßabgeördnete Ryan nachzuforschen begann, drohte das CIA-Experiment an die Öffentlichkeit zu geraten. Als der Abgeordnete am 18. November 1978 schließlich in Jonestown von Anhängern der Sekte ermordet wurde, drohte »MK-Ultra« vollends außer Kontrolle zu geraten. So beschloß man, alle Spuren zu verwischen. Die Jones-Sekte People's Temple wurde »selbstgemordet«. Über 900 Personen, einschließlich ihres Führers, fielen dem Massaker zum Opfer."

Siehe auch

http://forum.mysnip.de/read.php?27094,16925,16925#msg-16925

Re: Dokumentation - Bewußtseinskontrolle - MKULTRA
geschrieben von: X ~ mysnip
Datum: 02. Oktober 2009 14:39
PHOENIX Die dressierten Killer - Geheimdienste und Gehirnwäsche
,,MKULTRA heißt nichts anderes als Manipulation, den Willen zu brechen, die Denkweise umzukrempeln, die Moral zu verdrehen ..."
>>> http://www.youtube.com/watch?v=GQ4qkLjxU0w

vgl.: Steven Hassan Ausbruch aus dem Bann der Sekten S. 70, 306

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Re: Vor sechzig Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 09. Oktober 2009 06:05
Das Thema Sexualerziehung ist offenbar ein heikles Thema. Einerseits werden voreheliche Intimbeziehungen verworfen und bei Bekanntwerden, nicht selten noch nachträglich abgestraft. Andererseits rekrutiert die sogenannte "Ordensähnliche Gemeinschaft der Bethel-Vollzeitdiener" der Zeugen Jehovas, ihren Nachwuchs (in der Regel) aus Unverheirateten. Nicht selten, sofern es den Betreffenden nicht gelingt, höhere Hierarchieplätze zu erreichen. Nicht selten enden Heiratsambitionen zugleich auch damit, dass die Mitgliedschaft in der "Ordensähnlichen Gemeinschaft" beendet wird, oder werden muss. Einen Kindergarten etwa, wird man in diesen Institutionen vergeblich suchen. Stellt sich dennoch Nachwuchs ein, ist dass um so mehr ein Grund für den faktischen Rausschmiss aus der "Ordensähnlichen Gemeinschaft".

Wer Herrscher über Sexualität ist, verfügt über ein enormes Machtpotential. Nicht zuletzt Religionsfunktionäre pflegen auf diesem "Feuer" ihr inviduelles Machtsüppchen zu kochen. Zeigen sie dabei mit dem Finger auf andere, so etwa "Erwachet!" in seiner Ausgabe vom 8. 10. 1949 mit einem Artikel: "Ist erzwungene Ehelosigkeit löblich oder verwerflich?", in dem man ahnt es schon, ohne den Artikel selbst gelesen zu haben, die katholische Kirche ihr "Fett weg bekommt".

Nun soll diese Kritik an der katholischen Kirche hier nicht weiter kommentiert werden. Die Frage die sich allerdings stellt wäre die, ob denn nicht der "Erwachet!-Finger", der da so gekonnt auf andere zeigt, nicht letztendlich auf sich selbst zurückzeigt. Oder wie soll man es deuten, wenn die gleiche "Erwachet!"-Ausgabe noch einen zweiten Artikel abdruckt mit der Überschrift:
"Versündigung am eigenen Leibe". Auch der präsentiert ja, aus der Sicht von Religions-Funktionären, eine Art "Sexualethik".

Zwar wird zwangsweises Nicht-Heiraten in ihm nicht propagiert. Gleichwohl will er doch wohl auch eine Art von Sexualethik vermitteln.

Nun ist das Thema Sexualethik generell ein heikles Thema. Es sei Religions-Funktionären auch nicht prinzipiell abgesprochen, dass sie auch dabei ein gewisses Maß an Orientierung zu vermitteln sich bemühen.

Allerdings stellt sich dann schon die Frage. Wie weit sie denn da gehen, und ob sie fallweise nicht zuweit gehen. Man muss dabei keineswegs auf Siegmund Freud verweisen, der etliche Neurosen-Ursachen auch auf religiöse (Des)Orientierung zurückführt, namentlich auf der Ebene Sexualität.

Angesichts der Diffizilität des Themas mag es jetzt so gehalten werden, dass einfach "neutral" nur zitiert wird, was da "Erwachet!" meint in genannter Ausgabe zum "besten" geben zu können.
Der mündige Bürger, mag denn sich seinen eigenen Reim darauf machen.

"Erwachet! meint zu wissen:
"Ein anderer Fall wäre nun aber, dass jemand der Onanie oder Selbstbefleckung zum Opfer fällt. Was die Onanie betrifft, wird gewöhnlich auf eine in der Bibel berichtete Begebenheit hingewiesen, über die wir den folgenden Sachverhalt lesen:

"Es geschah zu selbiger Zeit, dass Juda von seinen Brüdern hinabzog und zu einem Manne von Adullam einkehrte, mit Namen Hira. Und Juda sah daselbst die Tochter eines kanaanitischen Mannes, mit Namen Schua, und er nahm sie und ging zu ihr ein. Und sie wurde schwanger und gebar einen Sohn, und er gab ihm de Namen Gher. Und sie wurde abermals schwanger und gebar einen Sohn, und sie gab ihm den Namen Onan. Und wiederum gebar sie einen Sohn, und sie gab ihm den Namen Schela, Juda war aber zu Kesib, als sie ihn gebar.

Und Juda nahm ein Weib für Gher, seinen Erstgeborenen, und ihr Name war Tamar. Und Gher, der Erstgeborene Judas, was böse in den Augen Jehovas, und Jehova tötete ihn. Da sprach Juda zu Onan:
Gehe ein zu dem Weibe deines Bruders, und leiste ihr die Schwagerpflicht und erwecke deinem Bruder Samen. Da aber Onan wusste, dass der Same nicht sein eigen sein sollte, so geschah es, wenn er zu dem Weibe seines Bruders einging, dass er ihn verderbte zur Erde, um seinem Bruder keinen Samen zu geben. Und es war übel in den Augen Jehovas, was er tat: und er tötete auch ihn." - 1. Mose 38: 1-10.

In der englischen 'Catholic Confraternity'-Übersetzung, Ausgabe von 1948, sagt an dieser Stelle eine Fussnote:
"Wie es scheint, machte sich Gher irgendeiner geschlechtlichen Sünde schuldig. Onan verübte die Sünde der Empfängnisverhütung, die ihren Namen, Onanie, von ihm hat."

Unter Onanie versteht man allgemein eigentlich die geschlechtliche Selbstbefleckung oder Selbstbefriedigung. Aber bei Onans Sünde handelt es sich offensichtlich nicht darum, dass er vor dem Geschlechtsverkehr mit Tamar der Selbstbefleckung gefrönt habe. Was er tat, das tat er nicht aus Vergnügen. Er tat es, um nicht Kinder zu zeugen, die dem Gesetz nach nicht ihm gehört hatten. Somit bestand seine Sünde hauptsächlich darin, dass er absichtlich der Pflicht zur Leviratsehe auswich oder entgegenwirkte, während er sich heuchlerisch den Anschein gab, diese Pflicht zu erfüllen. Vor allem deswegen - nicht wegen gewöhnlicher Selbstbefriedigung - hat Gott ihn umgebracht.

Damit wird jedoch nicht bestritten, das die Onanie oder Selbstbefriedigung etwas Unsauberes ist, etwas, das gegen die Naturgesetze verstösst und demnach in Gottes Augen Unrecht darstellt. ...
Wenngleich man gemäss Landesgesetzen oder von seiten der christlichen Gemeinde wegen der Sünde der Selbstbefriedigung nicht belangt werden mag, ist dies doch ein widernatürliches Laster und führt letzten Endes zu einer Verminderung der geistigen und körperlichen Kräfte ... Bitte Gott um Hilfe zum Überwinden."

"Kommissar Zufall" hat es so gefügt.
Es gibt am 15. 10 (Serie "Vor fünfzig Jahren") genau zu diesem Thema, noch eine thematische Fortsetzung

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Frau von x
Datum: 09. Oktober 2009 11:00
Zitat:
Drahbeck
... Einerseits werden voreheliche Intimbeziehungen verworfen und bei Bekanntwerden, nicht selten noch nachträglich abgestraft. Andererseits rekrutiert die sogenannte "Ordensähnliche Gemeinschaft der Bethel-Vollzeitdiener" der Zeugen Jehovas, ihren Nachwuchs (in der Regel) aus Unverheirateten. Nicht selten, sofern es den Betreffenden nicht gelingt, höhere Hierarchieplätze zu erreichen. Nicht selten enden Heiratsambitionen zugleich auch damit, dass die Mitgliedschaft in der "Ordensähnlichen Gemeinschaft" beendet wird, oder werden muss. ... Stellt sich dennoch Nachwuchs ein, ist dass um so mehr ein Grund für den faktischen Rausschmiss aus der "Ordensähnlichen Gemeinschaft".

Wer Herrscher über Sexualität ist, verfügt über ein enormes Machtpotential. ...

Steven Hassan Ausbruch aus dem Bann der Sekten S.108:

Viele Gruppen halten die zwischenmenschlichen Beziehungen unter totaler Kontrolle. Führer können Mitgliedern vorschreiben, bestimmte Mitglieder zu meiden oder ihre Zeit mit bestimmten anderen zu verbringen. Manche schreiben sogar vor, wen man heiraten darf, und kontrollieren die gesamte Beziehung bis hin zum Geschlechtsleben. Einige Gruppen verlangen von ihren Anhängern, daß sie sexuelle Gefühle leugnen oder unterdrücken. Die daraus entstehenden aufgestauten Frustrationen lassen sich dann in andere Kanäle z.B. härtere Arbeit, umlenken. Andere Gruppen verlangen Sexualität, ... . In beiden Varianten betreibt die Gruppe Gefühlskontrolle.

Wer glaubt, daß dies auf ZJ nicht zutrifft, sollte
- den Gemeinschaftsentzug wegen Ehebruch oder Hurerei,
- die Aufforderung "nur im Herrn" zu heiraten und
- Ablehnung gleichgeschlechtlicher Beziehungen usw. nicht vergessen.

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Re: Vor sechzig Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 16. Oktober 2009 03:02
Wer die Literatur der Verschwörungstheoretiker etwas näher sichtet, in meiner Sicht ist sie nichts anderes als wie ein halbsäkularisierter Religionsersatz, ausgerichtet darauf etwas zum Glauben anzubieten. Wer sich mit dieser unappetitlichen Angelegenheit etwas näher beschäftigt hat, der weiß: Auch die Zeugen Jehovas wurden schon in dieses Raster hineingepresst.
Besonders in den 1920er Jahren, mit Auswirkungen bis in die Gegenwart, machte da eine These die Runde, wonach Juden und Freimaurer Finanzier der Bibelforscher (Zeugen Jehovas) gewesen seien.

Nun kann man nicht in Abrede stellen, dass die WTG da den antisemitisch-Gläubigen eine Steilvorlage gegeben hat, die von letzteren postwendend aufgenommen wurde. Soweit es die Großkirchen in diesem Zeitraum betrifft, waren davon wesentliche Teile gleichfalls antisemitisch angehaucht. Und sei es nur aus vermeintlich "theologischen" Gründen, wonach in dieser Lesart, die Juden Mörder Jesu gewesen seien. Das der Antisemitismus dann noch in säkulare Formen ausuferte, insbesondere durch seine Vermengung mit rassistischem Ideengut (Herrenmenschen und vermeintliche Untermenschen), ist dann die andere, noch weniger erfreulichere Seite der Medaille.

Zeitgenössisch unterschieden sich die Bibelforscher davon. Insbesondere deshalb, weil sie Pionierleistungen für den Philosemitismus vollbrachten (der theologischen Israel-Verklärung). Das war in den zwanziger Jahren in der Tat lm Deutschsprachigem Raum, eine Ausnahme von der Regel. Aber auch dabei gilt: Nichts ist so alt wie der Ruhm von gestern.

Schon Anfang der dreißiger Jahre kippte Rutherford jenes Bibelforscher-Markenzeichen des Philosemitismus. Vielleicht hat das massive Sperrfeuer der Antisemiten auf die Bibelforscher seinen Teil zu dieser Kurskorrektur beigetragen. Der andere Teil dürfte das bemühen Rutherford's gewesen sein "mit den Wölfen zu heulen".

Deutschland hatte in den zwanziger Jahren prozentual weit mehr WTG-Anhänger, als wie zur gleichen Zeit in den USA. Nur Blinden konnte es entgehen, dass der zunehmend mit kräftigen Finanzspritzen hochgehätschelte Nationalsozialismus, in Deutschland erstarkte. Als eine Morgengabe an jene Rabauk-Antisemiten muss dieser Rutherford'sche Kurswechsel gesehen werden. Noch bis in den Herbst 1933 (und in Ausläufern auch noch danach), setzte die WTG auf Verhandlungskurs mit den Nazis. So wie man plötzlich eine "Norddeutsche" und eine "Süddeutsche" Bibelforschervereinigung aus dem Boden stampfte, in der Sitz und Stimme nur deutsche Staatsbürger hätten, laut ihrer Satzung, so war auch die Kurskorrektur in Sachen Philosemitismus angelegt.

In den zwanziger Jahren war das noch anders. Da trompeteten die Antisemiten lauthals in die Welt hinaus. Die Bibelforscher würden von den Juden und Freimaurern finanziert. Stichfeste Beweise für diese These, haben sie bis heute, einschließlich ihrer Nachbeter, nicht geliefert. Jene Propagandaschlachten waren offenbar nach dem Muster gestrickt: Recht behält, wer am lautesten schreit. Nicht, wer die besseren Argumente hat. Die WTG hatte schon zeitgenössisch die Finanzierungs-Unterstellung zurückgewiesen. Mehr oder weniger ging das im Propagandakrieg unter.

Im "Wachtturm" vom 15. Oktober 1949 kommt die WTG auch darauf zu sprechen. Als beiläufige Bemerkung verpackt. Ohne auf die Hintergründe, etwa den Rutherford'schen Kurswechsel, näher einzugehen.

In der genannten WT-Ausgabe liest man:
"Viele Jahre lang sind wir der Rückkehr der Juden nach Palästina mit Sympathie begegnet, besonders seit der Veröffentlichung unseres Artikels 'Jüdische Wiederherstellung' im Wachtturm (engl. vom März 1880). Während all der Jahre seither bis 1932 haben Jehovas Zeugen die Ansicht gehegt, wie sie in der Christenheit allgemein herrscht, dass sich die Wiederherstellungs-Prophezeiungen auf den natürlichen Juden und seine Rückkehr ins buchstäbliche Land Palästina bezögen. Mittels mancher Schriften, die besonders für jüdische Leser bestimmt waren und unter ihnen verbreitet wurden, und durch viele öffentliche Vorträge über Themen, die für Juden von Interesse waren, haben Jehovas Zeugen liebevoll versucht, den natürlichen Juden behilflich zu sein, den wahren Messias, Jesus Christus zu erkennen und anzunehmen. Wir sind glücklich zu sagen, dass einige Juden, wenn auch verhältnismäßig wenige, darauf eingingen.
Wir verneinen die Behauptung, dass wir in all dieser Zeit durch jüdische Bankiers und jüdische Organisationen unterstützt worden sind."
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Re: Vor sechzig Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 23. Oktober 2009 06:17
Gezeichnet mit der Autorenangabe "Erwachet!-Korrespondent in China" liest man in der "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 10. 1949 unter der Überschrift "Wie Schanghai den Kommunisten anheimfiel" unter anderem:

"Durch Einnahme der Sechsmillionenstadt Schanghai haben die chinesischen Kommunisten wieder einmal einen mühelosen Sieg errungen. Die Besetzung dieses gewaltigen chinesischen Handelszentrums durch die Roten galt zwar seit langem unvermeidlich; aber dass dies so reibungslos vor sich ging, war für die meisten doch eine angenehme Überraschung. Von den Nationalisten, die rings um die Stadt eine hohe Holzbarrikade errichtet und für die Verteidigung einige ihrer besten Truppen aufgeboten hatten, war gesagt worden, sie würden aus Schanghai ein zweites Stalingrad machen. Dass es ganz anders kam, war sicher für alle das beste.
Richtigen Widerstand leisteten die Nationalisten eigentlich nur im Hafen von Wusung und längst der Bahnlinie Hangtschau-Schanghai, wo es galt, den Vormarsch der Roten auf den grossen Flugplatz von Lunghwa zu verlangsamen. ...

Langsam aber sicher wurde die Verteidigung der Nationalisten niedergerungen. Angesichts der unausweichlichen Niederlage begannen sich die höheren Offiziere der Nationalisten unauffällig mit Hilfe jedes verfügbaren Flugzeugs aus dem Staube zu machen. Am 24. Mai drang von Südwesten her eine Kolonne der Roten in die Aussenbezirke der Stadt ein und machte - gegen schwachen Widerstand vereinzelt zurückgelassene Deckungstruppen der Nationalisten - während der Nacht auf der Hauptstrasse so rasche Fortschritte, dass sie morgens um halb drei Uhr schon das Stadtzentrum erreichte. ...

Nirgends gab es Belästigungen oder Zwischenfälle. Die Soldaten waren aus eigenen Vorräten genügend versorgt, ganz im Gegenteil zu den Heeresangehörigen der Nationalisten, die gewohnt waren, sich nach ihrem jeweiligen Bedürfnis alles und jedes anzueignen, ganz gleich, wer der Leidtragende war.
Die Bevölkerung verhielt sich den Roten gegenüber nicht feindlich, aber auch nicht übermäßig freundlich. ...

Monatelang hatten die Nationalisten eine eventuelle Besetzung durch die Roten in düstersten Farben geschildert. Im Gegensatz hierzu hatten die meisten in Schanghai das Gefühl, der Anfang sei durchaus nicht schlecht gewesen. Tatsächlich legten die Roten viel Weisheit und gesunden Sinn an den Tag, sowohl bei der Besetzung, als auch in den schwierigen Verwaltungsangelegenheiten der Stadt. ...

Ob eine Beherrschung Chinas durch die Roten etwas Gutes ist oder nicht, darüber gehen die Meinungen auseinander. Hingegen leuchtet es allen, die sich mit dem Chinaproblem befasst haben, nun ein, dass sich das morsche, korrupte System der Nationalisten nicht halten kann. Das haben sogar die Vereinigten Staaten als loyalste Helfer dieses Regimes, schließlich einsehen müssen, allerdings erst, nachdem sie es miterleben mussten, dass drei Viertel ihrer reichlichen Hilfssendungen der roten Gegenpartei entweder verkauft oder überlassen wurden. Uneinigkeit, krasse Korruption und erstaunliche Unfähigkeit herrschten in dieser Regierung, die im internationalen Leben zu den Grossen Fünf zählte, sich aber im eigenen Land nicht mehr auf den Füssen halten kann; und dass dieses Regierungsgefüge jetzt zerbröckelt, ist nur die Dividendenzahlung für derartige Misswirtschaft. Das haben die Roten für ihre Propaganda weidlich auszunutzen verstanden, so dass ihre Streitkräfte tatsächlich von einer patriotischen Welle getragen werden. Sie sehen sich als die Befreier des Volkes an.

Für Schanghai ist der Bürgerkrieg nun zu Ende, und die Einwohnerschaft richtet ihre Aufmerksamkeit rasch auf das, was der Stadt in zweiter Linie Kopfschmerzen verursachte, nämlich die Währungsfrage. Die Nationalisten erwiesen sich als absolut unfähig, eine stabile Währung zu schaffen. Ihr 'Goldyüan' hatte anfangs zum amerikanischen Dollar ein Verhältnis von vier zu eins und entwertete sich innerhalb von neun Monaten auf das Verhältnis von fünfzig Millionen zu eins, und sogar noch darunter. Man hofft, dass die rote Währung, die unter dem Namen Jen Ming Piao, das heisst Volksgeld jetzt in Umlauf kommt, nicht ebenfalls auf die Rutschbahn der Inflation gerät. ...
Aber zum mindesten hat Schanghai einen besonders kritischen Wechsel überstanden, und ein neues Blatt wird beschrieben im Buch der verwirrenden Geschichte dieser zauberhaften, frevlerischen Stadt ..."

Zur Vorgeschichte vorstehendem Artikels gehört offenbar auch, dass Schanghai "die" Stadt in China war (das heutzutage nicht mehr in den Jahrbuchberichten der Zeugen Jehovas mit auftaucht. Bestenfalls in der den Verbotsländern gewidmeten Sammelrubrik). Zur Vorgeschichte gehört offenbar auch, dass eine deutschsprachig in Schanghai erscheinende Nazipostille, unter dem Titel "Ostasiatischer Beobachter", in zwei Artikeln im Jahre 1938 (Juli 1938 und September 1938) auch auf die Zeugen Jehovas zu sprechen kam.

Ihr Verfasser, ein gewisser Ernst H. Becker, reflektiert das einschlägige nazistische Zerrbild, welches die Bibelforscher (Zeugen Jehovas) in die kommunistische Ecke stellte. Und zu diesem Zwecke der abenteuerlichen Verschwörungstheorie: Juden - Freimaurer - Zeugen Jehovas bedurfte.

Gemessen an sonstigen Veröffentlichungen des Naziregimes zum Thema Zeugen Jehovas, die mehr oder weniger nur aus trivalen Zeitungsartikeln, bzw. Ausführungen in juristischen Fachzeitschriften bestanden (die Schrift des Dr. Jonak mal ausklammernd), ist dieser Artikel im "Ostasiatischen Beobachter" durchaus "beachtlich". Beachtlich in dem Sinne, als er die nazistische Sicht in der Weltöffentlichkeit darzustellen sich bemüht.

Zum thematischem Weiterlesen auch:

Nazistische Auslandspropaganda

Rotchina

Kommentarserie1947
Dort: Eintrag vom
09. Juni 2007 06:58:57

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 02. November 2009 03:03

"Die 'Hölle', als Schreckmittel gebraucht"; so der Titel des Studienartikels im "Wachtturm" vom 1. 11. 1949. Um diesen Ausführungen einen etwas zeitgemäßeren Anstrich zu verpassen, garniert man das ganze mit einer der Presse entnommenen Aussage des damaligen Papstes. Dazu liest man:

"Die New York 'Sun' brachte in ihrer Ausgabe vom 23. März 1949 folgende fettgedruckte Schlagzeilen:
'Papst Pius drängt auf das Predigen der Hölle um Menschen zu retten.' Darauf, nach der Datumszeile 'Vatikanstadt, 23. März,' führte sie eine Meldung der Associated Press an, welche auszugsweise wie folgt lautet:
'Papst Pius drängte heute darauf, die Hölle zu predigen, um die Menschen zu Gott zurückzurufen. Indem er sich in seiner jährlichen Fastenansprache an römische Geistliche wandte, sagte er: 'Es ist traurig, heute so viele zu sehen - darunter viele Katholiken -, die da leben, als ob es ihr einziges Ziel sei, den Himmel auf Erden zu haben, ohne irgendwelchen Gedanken an das Jenseits und die Ewigkeit … Die Anfangswahrheiten des Glaubens zu predigen … ist dringender denn je … und gleich verhält es sich mit dem Predigen der Hölle. Ohne Zweifel muss ein solches Thema mit Würde und Weisheit behandelt werden. Es ist wahr, dass der Wunsch nach dem Himmel an sich ein vollkommenerer Beweggrund ist als die Furcht; doch daraus folgt nicht, dass er für alle Menschen das wirksamste Mittel ist, sie von der Sünde fernzuhalten und zu Gott zu bekehren.'"

Die New York 'Times' machte am darauffolgenden Tag ein Zitat aus derselben Mitteilung und sagte: 'Papst Pius forderte heute, … dass in der Kirche mit grösserem Nachdruck das Höllenfeuer gepredigt werde.'"


Nun ist ja bekannt, dass Jehovas Zeugen die konventionelle Höllenlehre ablehnen. Aber richtig stellen sie fest, dass jenes Dogma in der Praxis als "Schreckmittel" gebraucht wird. Was wären die Grosskirchen wohl geworden, hätten sie in ihrer Geschichte nicht jene Drohbotschaft verwandt? Man darf bezweifeln, ob es in der Phase ihrer größten Machtausübung auch noch zum Bau gewaltiger Dome und ähnliches gekommen wäre, bei gleichzeitigem buchstäblichem Elend breiter Bevölkerungsschichten. Wer solche Doktrinen für bare Münze nimmt, und das ist ja der Anspruch der Kirchen, der lässt sich ins Boxhorn jagen.

Der lässt sich auch im "Namen Gottes" von vorne und hinten melken. Und da wär man schon auf der Basis jener Religionskritiker angelangt, welche in Religion generell eine tragfähige Geschäftsidee sehen. Nicht zum "Nutzen" ihrer Käufer, wohl aber zum Nutzen ihrer Verkäufer.

Auch das muss man sagen. Wo keine Nachfrage, da ist auch kein Markt. Offenbar fand und finden solche Angebote ihre Abnehmer. Um einen Vergleich zu ziehen. Auch Hollywood-Filme, egal mit welcher Thematik, finden ihre zahlungskräftigen Abnehmer. Nicht selten auch solche der Kategorie Schnulzen, die da eine "heile Welt" zumindest für die Dauer des Filmes, herbeizaubern. Nach Filmende ist die Welt zwar nach wie vor unheil. Aber zumindest zeitweise gelingt ihren Konsumenten eine vermeintliche Flucht aus der Wirklichkeit.

Ob da nun ein Angebot konventionell in der Form althergebrachter Religion; oder ein Angebot in der Form eines mit allen Raffinessen ausgestatteten Hollywood-Filmes daherkommt, ist eigentlich nur ein marginaler Unterschied.

Wie sind denn nun die Zeugen Jehovas, innerhalb des vorgenannten Angebotsspektrums zu bewerten? Wohl kaum anders. Zwar lehnen sie das Drohmittel Feuerhölle ab. Gleichwohl hat sich auch bei ihnen, und das keineswegs an "unbedeutender" Stelle, ein vergleichbares Drohpotential etabliert; namens Harmagedonlehre.

Die WTG kann sich ja nicht genug daran tun, dass entsprechend auszumalen. Man vergleiche mal beispielsweise ihre Bilder dazu in ihrem Buch "Vom verlorenen zum wiedererlangten Paradies". Besser kann die Fantasie der Befürworter der Höllenfeuerlehre wohl auch nicht sein.

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Re: Vor sechzig Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 09. November 2009 03:26
Großes Aufsehen, mit Nachwirkungen bis in die Gegenwart, verursachte der "Erwachet!"-Artikel mit dem programmatischen Titel "Gangster in Amt und Würden", der in der "Erwachet!"- Ausgabe vom 8. November 1949 erschien.
Man vergleiche dazu auch:
Gangster
Zugrunde lag dem immer noch die Rutherford'sche Obrigkeitslehre von 1929, die maßgeblichen Anteil an den Konflikten im Naziregime, und in Fortsetzung, dann auch in der DDR hatte. Ausdrücklich wird dies auch durch die weitere Titelzeile des Artikels dokumentiert, die da besagte:
"Überzeugender Beweis dafür, dass Politiker nicht die 'von Gott verordneten obrigkeitlichen Gewalten sind.'"
Wer eine weltliche Obrigkeit in aller Öffentlichkeit als pauschal als "Gangster" tituliert, der hat in der Tat eine Schwelle überschritten. Und die Konsequenzen dessen ließen ja auch nicht auf sich warten.
Thematisch listet dieser Artikel diverse Korruptionsfälle auf. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass der seinerzeitige WTG-Präsident N. H. Knorr, sich von dem reich gewordenen Anton Koerber, mit einem Auto aus dem Segment der Nobelmarken beschenken ließ; dann ist auch das ein Korruptionsbeispiel. Koerber tat das nicht uneigennützig. Dafür bekam er einem seinem Geltungsbedürfnis entsprechenden Posten innerhalb der WTG-Organisation. Man vergleiche dazu:
Koerber

Solange Menschen leben, wird es wohl immer wieder Korruptionsfälle geben. Und früher oder später auch ihre Aufdeckung. Insofern ist der daraus abgeleitete WTG-Ansatz, alle weltliche Macht pauschal, stigmatisierend abzulehnen, als zu weitgehend, zurückzuweisen.
Nachstehend die Dokumentation der wesentlichen Aussagen dieses Zeitdokumentes:

Das 'Gottesgnadentum der Könige' wird in demokratischen Ländern nicht mehr gepredigt, dafür aber die religiöse Lehre verbreitet, die politischen Herrscher seien die 'von Gott verordneten obrigkeitlichen Gewalten.' Um diese Behauptung zu stützen, führen katholische Priester und protestantische Pfarrer aus dem Brief des Apostels Paulus an die Römer, Kapitel 13, die Verse 1 und 2 an: 'Jede Seele unterwerfe sich den obrigkeitlichen Gewalten; denn es ist keine Obrigkeit, ausser von Gott, und diese, welche sind, sind von Gott verordnet. Wer sich daher der Obrigkeit widersetzt, widersteht der Anordnung Gottes.' Eine Fussnote in 'Ha Dock's Catholic Bible' sagt hierzu:

'Damit Christen ihre christliche Freiheit nicht falsch deuten, lehrt er (Paulus) sie hier, dass ein jeder (sogar Priester und Bischöfe, sagt S. Chrys) den Fürsten, nach den Heiden, wie es sie damals gab, hinsichtlich der Gesetze, die mit der Politik der Zivilbehörden zu tun haben, untertan und gehorsam sein müsse, da dies der Wille Gottes ist, weil die Gewalt, die sie ausüben, von Gott kommt. So dass ihnen zu widerstehen soviel ist, wie Gott zu widerstehen. Und jeder Christ muss ihnen eben um des Gewissen willen gehorchen.'

Wenn dem so wäre, wenn Gott die Politiker dieser bösen verderbten Welt verordnet hätte, dann müsste er unweigerlich in die scheusslichen Verbrechen solcher Regenten verwickelt sein. Diese lächerliche und lästerliche Auslegung von Römer 13 durch die Geistlichkeit wird von nachdenklichen Erforschern der Bibel nicht akzeptiert. Hier nur soll an Hand der Sachlage in den Vereinigten Staaten gezeigt werden, wie selbstsüchtige, ehrgeizige Politiker nicht etwa 'von Gott verordnet', sondern von mächtigen parteipolitischen Organisationen zu Amt und Würden gebracht werden. Solche Parteiapparate laufen im Gangsterstil der Unterwelt.

Älteren Leuten ist aus der Präsidentschaftszeit Harding-Coolidge vielleicht noch erinnerlich, wie der Teupot-Dame-Skandal zum Platzen kam. Es wirbelte viel Staub auf, als bekannt wurde, dass Albert Bacon Fall als Sekretär des Innern (Innenminister) sehr wertvolle erdölhaltige Ländereien in Wyoming und Kalifornien aus staatlichen in privaten Besitz übergeführt und dafür eine Bestechungssumme von 100000 Dollar eingesackt hatte. Auf solche Weise waren die schwer besteuerten Bürger der Vereinigten Staaten durch diesen angeblich 'von Gott verordneten' Schelm um Landstriche gebracht worden, die viele Millionen Dollar wert sind. Im Jahre 1924 wurde dann der Bundesanwalt der Vereinigten Staaten seines Amtes enthoben, weil er undurchsichtige Beziehungen zu fragwürdigen Individuen unterhalten hatte.

Einer, der in neuerer Zeit Geschichte machte, war Haey Long von Luisiana. Er fiel der Kugel eines Attentäters zum Opfer, und danach wurden in der von ihm aufgebauten politischen Maschinerie R. S. Maestri (Bürgermeister von New Orleans), R. W. Leche (Gouverneur des Staates) und andere tonangebend. Während sie die Fuchtel schwangen, hatte ihr gesetzloser Parteiapparat Hochbetrieb im Unterschlagen und widerrechtlichen Aneignen von Bundes- und Staatsgeldern, in der Einkommensteuerhinterziehung, in Wahlbetrügereien und einschüchternde Massnahmen gegen Mitglieder und Nichtmitglieder. Als die Bande ausgehoben wurde, begingen drei Mann Selbstmord und mehr als 200 wurden von Bundes oder Staats wegen unter Anklage gestellt. Bis dahin hatten staatliche und städtische Angestellte fünf Prozent ihrer Gehälter an die Parteikasse dieser Gangster abzuführen gehabt, was jährlich 100000 Dollar ausmachte.

Als einer, der nach Gangsterart anvertrautes Geld zusammenraffte, muss Senator Theodore G. Bilbo von Missisippi bezeichnet werden. Dieser Mann des Südens war einst offiziell als Baptistenprediger tätig. Seine Karriere als bestechlicher Politiker reicht bis ins Jahr 1910 zurück. Schon damals forderte man ihn auf, als Staatssenator zurückzutreten, da er nicht dazu tauge, 'bei ehrlichen, rechtschaffenen Männern zu sitzen.' Später, als Bilbo zuerst Gouverneur-Stellvertreter und dann Gouverneur des Staates geworden war, brachte dieser Mann durch seine untergründigen Abmachungen mit Strassenbauunternehmen den Staat an den Rand des finanziellen Ruins. In seinen zwölf Jahren als Senator der Vereinigten Staaten hat sich Bilbo sein Nest mit Geschenken aller Art ausgepolstert, Kriegsaufträge brachten ihm 'geschenkweise' einen neuen Cadillac, kostspielige Möbel, ein 'Märchenschloss' im Wer von 75000 Dollar, ein luxeriöses Schwimmbassin, und eine ihm gehörende Gemeindekirche ein. Die Kosten dafür wurden zum grössten Teil für den Bau eines Militärflugplatzes verrechnet.

Im Süden von New Jersey war es Enoch L. Johnson, der durch eine schlimme Korruptionswirtschaft zu Reichtum gelangte. Er hatte zwanzig Jahre lang den Posten eines Kreiskassiers inne und bezog noch … jährlich ein Gehalt von 6000 Dollar, sackte aber hinten herum jedes Jahr annähernd eine Viertelmillion Dollar ein. Alle im Rahmen der Politik besetzten Posten - und dazu gehören die der Publizisten, der Richter, der Sheriffs und der Geschworenen - wurden in der Einflussphäre Johnsons von ihm vergeben, gegen Bezahlung. Alle Absteigquartiere, Spielhöllen und Bordelle, wie auch gewöhnliche Geschäftsunternehmen mussten sich seinen 'Schutz' erkaufen.

Ferner gab es da dreissig Jahre hindurch in Jersey City, N. J. einen Bürgermeister namens Frank Hague. Verbrechen, Korruption, Bestechung und Einschüchterung standen unter seinem Regiment in Blüte. Brutale Erpresser wie Joe Fay, Rauschgifthändler der Unterwelt und Strolche wie Anthony Zuvalick, genossen seinen Schutz. Der Gestank, den Jerseys Gerichtswesen unter Hagues System speziell ausgesuchter Richter und Geschworenen verbreitete, war weit und breit zu riechen. Als aufgeblasener Tyrann suchte Hague die Redefreiheit zu unterdrücken und verkündete, mit der Anmassung eines Hitler: 'Ich bin das Gesetz in Jersey City!' Schmiergelder sackte Hague mit einer Gier ein, wie sie nur aus dem Schweinestall bekannt ist. Wie hätte er sonst bei einem Jahresgehalt von 9000 Dollar ein Vermögen zusammenraffen können, das auf 40000000 Dollar veranschlagt wurde?

Aus demselben unsauberen Nest von New Jersey kam der Politiker J. Pannell Thomas, der viele Jahre lang als angesehenes Mitglied dem Kongress angehörte, weil er mit fanatischem Eifer 'Hexenjagden' auf die 'Boten' veranstaltete und seinen eigenen 'Patriotismus' frömmlerisch zur Schau stellte, wurde er im Repräsententenhaus zum Vorsitzenden des 'unamerikanischen Komitees' ernannt. Aber im vergangenen November zerplatzte der Ultra-Amerikanismus des Herrn Thomas wie ein riesiger Gasballon, indem bekannt wurde, dass Thomas für fingierte Sekretäre, also solche, die es in seinem Büro gar nicht gab, jahrelang die Gehaltszahlungen bezogen und auf solche Weise die Bundesregierung bestohlen hatte. Für die 34 offenkundigen Vergehen, die ihm zur Last gelegt wurden, erhielt er eine Höchststrafe von 32 Jahren und eine Busse von 40000 Dollar.

In der Stadt New York geht das Chef-Unwesen bis ins vergangene Jahrhundert zurück, wo der 'fabelhaft unehrliche' William N. Tweed und seine Tammony-Hall-Sippschft die Stadt um 50 bis 100 Millionen Dollar betrogen. Anfang dieses Jahrhunderts hatte Richard Croker von der Gaswerk-Banda das Kommando inne, und der darauffolgende 'Chef', Charles F. Murphy, war so 'erfolgreich', dass sein Nachlass 2000000 Dollar betrug. Heute hat der Tammony-Tiger nicht mehr so lange Krallen wie früher, aber an seinem gestreiften Fell hat sich nichts geändert. Im Jahre 1940 wanderte James J. Hines, ein einflussreicher Bezirksvorstand der Tammony-Organisation, in das Sing-Sing-Gefängnis, weil er mit 'Dutch Schultz', einem Gangster der Unterwelt, Geschäfte gemacht hatte. Zu den heutigen Rädelsführern von Tammony gehört Edward J. Flynn, der einst Landesvorsitzender der Demokratischen Partei war. Es handelt sich um denselben, der durch seine Abmachungen mit einer Hypothekenbank für einen Verlust von über einer Million Dollar an öffentlichen Geldern verantwortlich ist; denselben, der einmal den Gangster 'Dutch Schultz' zum stellvertretenden Sheriff ernannte; denselben, den Truman als Botschafter nach Australien senden wollte. Die Meinungsäusserungen in der Öffentlichkeit verhinderten dies, als bekannt geworden war, dass sich Flynn von der Stadt New York Pflastersteine für seinen Privatbesitz angeeignet hatte.

Manchmal stecken Gangster auch in richterlicher Amtstracht. Einen von dieser Sorte, Thomas A. Aurelio, der in der Stadt New York einen Richterposten inne hatte, gelüstete es Richter am Obergericht von New York zu werden. Der Mann, der Aurelius Kandidatur durchdrückte, sein Busenfreund Frank Castello, war selbst ein Erpresser und Spieler gewesen und hatte mit den schlimmsten Revolverhelden und Halsabschneidern des Landes in Verbindung gestanden, wie aus seinem Vorstrafenregister hervorging. Länger als an Aurelio wird man sich wohl aber, was verbrecherische Justizbeamte betrifft, an Martin T. Manton erinnern. Obwohl Manton als Richter an einem der neun amerikanischen Kreisgerichte (Circuit Courts) amtete, auf der juristischen Rangliste des Landes an zehnter Stelle stand und die Würde eines katholischen St. Gregor-Ritters innehatte, war er in höchstem Masse bestechlich. Dabei ertappt, erhielt er wegen käuflicher Rechtsprechung eine Strafe von zwei Jahren Einsperrung in Sing-Sing und eine Busse von 10000 Dollar.

In Boston ist der gefeierste politische Gangster niemand anderes als der Bürgermeister, James Michael Curley. Nachdem er in Washington, D. C. einer Betrugsaffäre in Verbindung mit Kriegsaufträgen, bei der es um 60000 Dollar ging, verurteilt worden war, wurde dieser 'Held' bei seiner Rückkehr nach Boston am Bahnhof von einer Kapelle der Bürgerwehr und einem grossen Volkshaufen, darunter auch katholischen Priestern, willkommen geheissen. Mit seinen zwei Appellationen an den Obersten Gerichtshof drang er nicht durch, und da auch alle anderen Kniffe, sich um die Strafe zu drücken, nicht verfingen, musste dieser Schwindler eine Busse von 1000 Dollar zahlen und am 26. Juni 1947 seine Gefängnisstrafe antreten, die auf 6 bis 18 Monate lautete. Präsident Truman setzte sie nach Ablauf von fünf Monaten auf die verbüsste Zeit herab, und da er Curley auch die bürgerlichen Ehrenrechte zurückgab, konnte dieser sofort wieder als Bürgermeister von Boston amtieren, damit jährlich seine 20000 Dollar verdienen und erneut als Chef der Parteimaschninerie von Boston tätig sein.

Was Gangster betrifft, ist keine Stadt der Welt verrufener als Chikago. Zur Zeit der Prohibition war es besonders die Bande von Al Capone, die dort allen überhaupt denkbaren Verbrechen oblag. Heute wird diese Sündenstadt von einer neuen Gangstergeneration beherrscht, deren gesetzwidrige Geschäfte auf politischen und anderen Gebieten schätzungsweise einen jährlichen Rohertrag von 700000000 Dollar abwerfen.

'Chikago ist immer noch eine der unehrlichsten Städte der Welt … (Die alten Gangstergewerbe) bestehen weiter, und daneben auch das unheilige Bündnis zwischen Verbrecher, Polizist und Politiker … Das Gesindel hat immer noch hohen Orts - in politischen Stellungen und im Polizeidepartment seine Freunde sitzen … Beim organisierten Verbrechen gibt es etwas, das von vornherein absolut sicher ist: wo immer es besteht, haben die Politiker und die Polizei ihre Hand im Spiel; denn Verbrecherbanden und Bestechung gehen Hand in Hand.' - Life, 29. November 1948.

Einer aus Capones engem Freundeskreis, ein gewisser Roland Libenati, ist heute Staatssenator. Auch Lawrence Dows, von dem in Verbrecherkreisen mit höchster Verehrung gesprochen wird, ist Staatssenator und hat neben diesem politischen Amt noch Zeit und Lust, die Unterweltgangster Chikagos vor Gericht zu verteidigen. 1947 hatte er etwa 500 derartige Klienten.

'Praktisch und mit politischem Blick besehen' sagt 'Newsweek' 'ist nie etwas der alten Pendergeist-Maschinerie der Demokraten in Kansas City, wie sie vor zehn oder mehr Jahren bestand, gleichgekommen.' Über diese Stadt schrieb einst ein Journalist: 'Vieleicht mit Ausnahme so berühmter Orte wie Singapore und Port Said, hat Kansas City wahrscheinlich das umfangreichste Sündengewerbe der Welt.' In den Wahllisten standen Tausende, die ihre Wohnadresse auf unbebauten Grundstücken oder auf Friedhöfen hatten, und nach einer dieser legendären Wahlen wurde einmal festgestellt, dass mehr als 60000 solch 'gespenstischer' Stimmzettel vorlagen. Das ging alles aufs Konto des Gangsterapparates von Thomas J. Pendergast.

Präsident Harry S. Truman ist ein Produkt und ein zahlendes Mitglied dieser berüchtigten Pendergast-Maschinerie und hielt seinem Chef bis zuletzt die Treue. Er fuhr sogar auf Staatskosten in einem Militärflugzeug zu Pendergasts Begräbnis. Der Rubrik-Journalist Westbrock Pegler gibt noch folgende Einzelheiten bekannt:

'Kansas City ist Trumans alte Heimatstadt. Er hatte dort in einer Zeit, wo sich einige der theatralischen Diebereien und Schlechtigkeiten aus der Kriminalgeschichte der Vereinigten Staaten abspielten, das Amt eines Grafschaftskommissärs inne … Nachdem er Präsident geworden war, gewährte er vielen vom Gesindel der Pendergast-Unterwelt, die eine Gefängnisstrafe abgesessen hatten, eine Präsidialbegnadigung. Es waren seine alten politischen Kameraden. Sie hatten Seite an Seite mit Harry dem gleichen alten gaunerhaften Meister gedient.'

Seit Truman Präsident geworden ist, hat er einige der Funktionen übernommen, die Pendergast als Chef ausübte. Zum Beispiel gab er die Anweisung, bei Wahlen in Kansas einen gewissen Slaughter nicht gewinnen zu lassen. So kann man jetzt von einem Truman-Pendergast-Parteiapparat reden; aber nicht jedermann findet Geschmack daran, dass der Präsident zugleich Chef einer solchen Clique ist.

Wenn man sogar bis in die höchsten Spitzen für Gangsterpraktiken zu haben ist, darf es nicht wundernehmen, dass auch von den Untergebenen viele einen krummen Weg einschlagen. Bei der Vergebung von Kriegsaufträgen gelangten unehrliche Regierungsbeamte rasch zu Reichtum. Hier einige Namen:

Generalmajor Bennett D. Myers und Generallleutnant Ira Eaker, die mit dem 22-Millionen-Dollar-Flugzeugauftrag an Howard Hughes zu tun hatten. Ehe Myers es sich versah, hatte er durch unsaubere Aktienmanipulationen 90000 Dollar verdient. Bei der Untersuchung dieser Angelegenheit sickerte auch durch, dass Senator Owen Breuster seine Amtsstellung dazu missbraucht hatte, sich persönlich und seiner Luftfahrtgesellschaft Vorteile zu verschaffen.

Als weiteres scheinfrommes Muster der Cliquenwirtschaft ist der Kongressabgeordnete Andrew Jackson zu nennen. Dieser einstige Sonntagsschullehrer der Baptisten zeigte sich als vorsitzender des einflussreichen Parlamentskomitees für Heeresangelegenheiten gegenüber Munitionskonzernen sehr gefügig, nahm Schmiergelder in der Höhe von 53000 Dollar entgegen, beging 35 offenkundige Vergehen, wurde schuldig erklärt und zu Gefängnis verurteilt.

Möge niemand meinen mit diesen wenigen Beispielen seien alle Gangster des staatlichen oder allgemein politischen Lebens aufgezählt. Die politischen Parteien sind selbst nichts anderes als derartige Ratten, von einem Glorienschein umgeben. Steht eine allgemeine Wahl bevor, so wird von den Orts-, Grafschafts-, Staats- und Landesgewaltigen ein Parteikongress einberufen. Statisten werden als Redner aufgestellt, man steckt die Köpfe zusammen, setzt Komitees für die Wahlvorbereitungen ein, trifft Abmachungen. Schliesslich lässt der starke Mann dieser Bande überall die Drecksschleudern eines Wahlkampfes in Bewegung setzen, eines Wahlkampfes, der viele Millionen Dollar kostet. Das Volk geht an die Urnen; und der Gewinner verteilt, als 'Auserwählter des Volkes', an hochverdiente Bandenmitglieder einträgliche politische Ämter.

Das sich die Religion besonders in letzter Zeit immer stärker in die Politik stürzt, ist wohlbekannt. Bei den letztjährigen Parteikongressen in Amerika wurde jeder Tag dieses gottfremden Lärmens mit dem Gebet eines Geistlichen eröffnet.

'Chikagos Geistliche haben sich für den 2. November zu einer 'Geht wählen!'-Aktion zusammengeschlossen, und dafür werden in gewissen Abständen alle Kirchenglocken der Stadt geläutet werden' (New York Times).
Priester und Nonnen wurden bei dieser Gelegenheit ermahnt, an die Urnen zu gehen. Jedes Jahr findet in den Vereinigten Staaten extra eine Messe statt, 'um zu Beginn einer neuen Sitzungsperiode des Kongresses die göttliche Hilfe zu erbitten'; und der Kongress lässt auch täglich einen bezahlten Geistlichen für sich beten.

In Italien bezeichnen katholische Würdenträger es als schweres Vergehen, ja als Todsünde, den Wahlen fernzubleiben. Kardinal Griffin von London erklärte: 'Vom Beitritt zu einer politischen Partei deshalb Abstand zu nehmen, weil Politik etwas Schmutziges ist, bildet keine Entschuldigung.' Wie lächerlich! Die Geistlichen geben zu, dass die Politik voller Fäulnis ist, aber sie unterstützen, segnen und verehren sie. In lästerlicher vermessenener Weise möchten sie Gott sogar gebieten, solche Politiker überall in der Welt zu seinen Vertretern zu ernennen, ganz gleich welcher Bande sie angehören.

'Stalin von Gott erwählt, sagt der Patriarch von Moskau'. (Überschrift in der Times, New York, 12. März 1948).
Eine weitere Schlagzeile: 'Gott auf Spaniens Seite, sagt Franco der Jugend' (Times, New York, 30. März 1948). Und Monsignore Flannelly, der für Kardinal Spellmann die St. Patricks-Kathedrale verwaltet, behauptete, der Amerikanismus sei 'die Aufrechterhaltung der göttlichen Ordnung im Staatswesen.'
-Times, New York, 5. Juli 1948.

Aber gerade der Umstand, dass der Vatikan, als Freund der jetzigen Welt, mit über vierzig Ländern diplomatische Beziehungen unterhält, sowie der Umstand, dass Hunderte von Politikern, gleich dem früheren amerikanischen Staatssekretär Marshall und Vizepräsident Barkley, sich an den Pforten des Vatikans einfinden, ist stärkster Beweis dafür, dass weder Politiker noch Religionisten von Gott verordnet sind. Dies unterliegt keinem Zweifel, hat Gott doch durch den Mund seines Dieners Jakobus erklärt:

'Wer nun irgend ein Freund der Welt sein will, stellt sich als Feind Gottes dar.' (Jakobus 4:4). Denn 'der Gott dieser Welt' ist Satan, der Teufel. (2. Korinther 4:4; Johannes 12:31; Epheser 6:12). Demzufolge ist das, was die menschlichen Staatswesen an Betrug und verbrecherischer Korruption durchsetzt, vom Teufel. Man kann gewiss sein, dass der allmächtige Gott keine solche Missherrschaft verordnete.

Bei den wirklichen 'obrigkeitlichen Gewalten' von denen der Apostel Paulus sagt, die Christen sollten sie anbeten und ehren, handelt es sich um niemand anders als um Jehova Gott, den unumschränkten Herrscher des Weltalls, und seinen gesalbten, von ihm verordneten Theokratischen König, Christus Jesus. Echte Christen geben zwar dem Cäsar, was des Cäsars ist, vergessen dabei aber nie, dass sie gehorsame Diener der wahren obrigkeitlichen Gewalten sein müssen; denn nur durch diese höchsten Mächte wird eine gerechte Herrschaft herbeigeführt werden.

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 16. November 2009 02:51
Im "Wachtturm" vom 15. November 1949 liest man auch:
"Höhere Textkritiker" und andere Modernisten-Religionisten glauben nicht an die biblische Lehre vom Loskaufopfer. Sie lassen sich herab, zu sagen, Jesus sei ein grosser und guter Mann gewesen, aber für sie bedeutet sein Tod am Stamme nichts weiteres als der Tod irgendeines andern Menschen, soweit es die Erkaufung des Menschengeschlechtes betrifft. Da sie über Gottes Vorkehrungen zur Errettung des Menschen willentlich unwissend sind, sind diese "höheren Textkritiker" und Modernisten weise in ihrer Einbildung und blind für die Wahrheit …"

Mit dieser Aussage ordnet sich die WTG-Religion eindeutig in das Heer der Fundamentalisten ein. Die gibt es vielerorts. Sowohl im Christentum, im Islam und etlichen anderen Religionen, einschließlich der "politischen Religionen". Es wäre müßig, mit Leuten dieser Art ein Streitgespräch anzufangen. Wohin sie denn tendieren, wenn jemand ihre "Wahrheiten" hinterfragt, haben sie schon mehr als genug bewiesen.

Ein willkürliches Beispiel der Fall des Salman Rushdie. Der hatte mit seinem Roman "Die satanischen Verse" einige islamistische Fundamentalisten so "auf die Palme" gebracht, dass sie sich gar zu öffentlichen Mordaufrufen hinreißen ließen. Liest man Rushdie's Roman, als einer der weder dem christlichen noch dem islamistischen Fundamentalismus angehört, selbst, dann fragt man sich: Weshalb die Aufregung? Nachvollziehbar ist meines Erachtens dabei nur, dass der Roman-Titel reißerisch gestaltet ist. Das der Titel als solches religiöse Gefühle zu verletzen vermag. Beim eigentlichen Inhalt indes muss man schon eine Lupe zum suchen benutzen, und wird dabei kaum fündig.

Aber dieses Beispiel zeigt: Mit Fundamentalisten ist "nicht gut Kirschen essen".
Weil das nun mal so ist: Soll man deshalb die eigene Meinung "herunterschlucken"? Es ist ein bisschen viel Selbstverleugnung, dass da verlangt wird. Auch Fundamentalisten werden damit leben müssen, in ihrer "irdischen Lebensphase", der sich ihrer Meinung nach noch eine andere anschließt, auf Widerspruch zu stoßen. Im "Jenseits" mögen sie sich dann unter ihresgleichen tummeln, nach ihrer Auffassung. Noch aber leben sie im Diesseits.

Erlösungslehre kritisch bewertet

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 23. November 2009 02:20
Auf das Thema Bluttransfusion eingehend, verweist "Erwachet!" vom 22. 11. 1949 auf Beispiele älterer Art. So sei schon bei Papst Innozenz VIII. eine gescheiterte Bluttransfusion versucht worden. "Erwachet!" kann es sich aber nicht versagen, das dann gleich mit einer polemischen Spitze zu verbinden:
"Einem Papst bedeutet es natürlich nichts Unbiblisches, das Blut von drei Jünglingen direkt in seinen Organismus aufzunehmen, behauptet er doch, durch Hersagen der Worte 'Hic est sanguis meus' bei der Messe den Wein in das buchstäbliche Blut Jesu Christi zu verwandeln und dann dieses buchstäbliche Blut zu trinken. Für einen Papst ist Blut eben Blut, sei es nun dasjenige Jesu Christi oder anderer Menschengeschöpfe."
Einige weitere Wegbereiter nennend, etwa Harvey mit seiner Entdeckung des Blutkreislaufes im siebzehnten Jahrhundert, wird registriert, dass der Weg dieser Forscher nicht immer "steinlos" war. Es stellten sich ihnen mancherlei in den Weg, wie das wohl bei vielerlei neueren Innovationen, nicht selten der Fall ist.

"Die Transfusion als chirurgisches Verfahren nach einem Blutsturz einzuführen, wurde am eifrigsten gegen Ende des achtzehnten und zu Beginn des 19. Jahrhunderts betrieben."

Noch immer handelte es sich wohl - mehr oder weniger - um Einzelfälle. Ihre Verwendung als breites chirurgisches System ist wohl in der Tat erst den Jahren nach 1945 zuschreibbar. Und damit erst beginnt der Zeitpunkt, wo diese chirurgische Massnahme eine theologische Ausdeutung erfuhr, durch die Zeugen Jehovas.

Letztere nehmen in etwa damit eine ähnliche Position ein, wie seinerzeit der Streit zwischen Naturwissenschaftlern und der Kirche.

"Bei der Frage, ob die Erde im Mittelpunkt des Weltalls stehe, kommt die Heilige Mutter Kirche ins Spiel. Da das geozentrische Weltbild sich widerspruchsfreier mit der Bibel vertrug, galt es 1800 Jahre als unumstößlich. Wer etwas anderes behauptete war günstigstenfalls nur ein Narr (Luther über Kopernikus) oder es wurde an ihm ein Exempel statuiert. Galilei bekam ja bis an sein Lebensende Hausarrest, da er der kirchlichen Autorität nicht mehr widersprach."

Ursächlich steht der Streit dahinter, was denn größere Priorität habe. Naturwissenschaftliche Erkenntnisse oder dogmatische Bibelauslegungen. Die Kirche gab erst dann nach, als es für sie wirklich nicht mehr anders ging.

Ähnlich kann man wohl auch den Streit in Sachen Bluttransfusion bewerten. Das war auch kein "ausgereiftes System". Siehe den eingangs genannten Todesfall Papst Innozenz VIII. Mühselig tasteten - mit Rückschlägen - sich diesbezügliche Forscher voran. Ihnen eigen war indes, dass dogmatische Bedenken sie nicht generell daran hinderten, eben weiter zu forschen, zu experimentieren. Und auch Rückschläge einzustecken. Das ist generell Forscherdrang.

Ginge es nach den Dogmatikern (in diesem Fall speziell den Zeugen Jehovas.) Und hätten sie die entsprechenden Machtpositionen. Sie würden wohl Forschungs- und Experimentierversuche auf diesem Felde nach Kräften verhindern. Nur hat eine unabhängige Forschung sich davon nicht sonderlich beeindrucken lassen.

Letztendlich war das Beispiel Bluttransfusion eigentlich nur ein Anfang. Es setzte sich fort, wieder mit Rückschlägen (nach dem Motto: Operation gelungen. Patient tot), etwa im Bereich Organtransplantationen, oder in neuerer Zeit etwa in solchen Reizworten, wie Stammzellenzüchtung, Klonen und ähnliches. Auch da hört man den Aufschrei religiöser Dogmatiker. Auch da gibt es Rückschläge.

Unterm Strich gesehen ist es aber wohl doch immer noch so, dass im Machtkampf zwischen Dogmatikern und Forschern, wohl das Leninwort Geltung hat.
"Es geht drei Schritte vorwärts und zwei Schritte zurück"!

Als Beispiel kann man auch auf die Weltraumfahrt verweisen. Da ziehen die religiösen Dogmatiker es inzwischen vor, sich weitgehend in "vornehmes Schweigen" zu hüllen. Gibt es ernsthafte Rückschläge indes, vergessen sie schon mal ihr Schweigen, und machen aus ihrem Herzen dann keine Mördergrube. Das sei ein hineinpfuschen in Gottes Schöpfung, so ihre Logik. Schon beim Untergang der Titanic erlebte man dieses Strickmuster.
Die Häme der Dogmatiker kannte keine Grenzen als sie davon erfuhren.

Siehe dazu auch:
http://forum.mysnip.de/read.php?27094,31513,31513#msg-31513

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 02. Dezember 2009 04:47
Als programmatisch wird man ihn schon bezeichnen können, jenen "Wachtturm"-Artikel aus der Ausgabe vom 1. Dezember 1949, unter der Überschrift: "Es ist näher als sie denken". Betont er doch in besonderem Maße die Endzeit-Naherwartung. Etwa wenn er verlautbart:
"Dämonen suchen die Menschen zur Annahme zu verleiten, dass Jehovas Tag der Vernichtung für diese Welt nicht so nahe sei … Unerschrocken trotzen Jehovas Zeugen dem populären Wunschtraum der Menschen, wonach dieser Tag nicht so nahe sei, und beharren auf der Verkündigung, dass sein Tag der Weltvernichtung nahe ist, je näher als jene denken!"

Politisch urteilende Kreise haben ihn denn auch als der Schürung von Kriegsängsten bezichtigt. Auch dieser Artikel ist eine von mehreren Wurzeln, für das ein Jahr später eingetretene DDR-Verbot der Zeugen Jehovas.

"Rollback dem Kommunismus", dass war zu jener Zeit offizielle USA-Politik. In politischer Wertung liegen auch diese WTG-Ausführungen auf dieser Linie. Das perfide daran: Vormal in vermeintlich "neutralen" Vokabeln abgefasst. In der praktischen Auswirkung, in der Alltagspraxis, jedoch gegen die Interessen der kommunistischen Regime, ausgerichtet.
Nachstehend einige weitere Zitate aus dieser WT-Ausgabe:

Er ist näher als sie denken
"Heulet, denn nahe ist der Tag Jehovas; er kommt wie eine Verwüstung vom Allmächtigen." - Jes. 13:6.
Doch für alle, die sich nach dem Sieg der Gerechtigkeit sehen, wird dieser Tag, trotz seiner Furchtbarkeit, herrlich sein.
Alles Gute, alles Wünschenswerte wird durch diesen Tag gewonnen, dessen Hauptzweck es ist, Jehova als den wahren Gott und Souverän des Universums zu rechtfertigen, indem er die mächtige Organisation wegfegt, welche die gegenwärtige böse Welt beherrscht und alle guten Maßnahmen zur Segnung der Menschheit bekämpft hat.

Personen, die die gesetzlose Organisation lieben und ihr dienen, mögen zufolge der Vernichtung am Tage Jehovas alles verlieren und wünschen nicht, dass er komme und dass die Gerechtigkeit die Oberhand gewinne.
Da Jesus Christus jetzt in den unsichtbaren Himmeln regiert, läßt er die Erklärung der Prophezeiung durch seine Jünger, die neuzeitlichen Zeugen Jehovas, dieser Welt kundtun. Wir können nicht erwarten, dass jene, welche diese babylonische Welt lieben und unterstützen, ihren Untergang voraussehen und ankündigen werden; Jehovas Zeugen von heute machen gleichwie Jesaja allen Nationen die Prophezeiung deutlich kund, die dieser Welt ihren baldigen Untergang anzeigt. Mutig erklären sie den "Tag der Rache unseres Gottes".

Ob nun ein dritter Weltkrieg komme oder nicht, ist doch eines ganz sicher: der universelle Kampf von Harmagedon, "die Schlacht jenes großen Tages Gottes, des Allmächtigen", steht dieser Welt bevor. In dieser Schlacht wird Jehovas Zorn an der unsichtbaren und sichtbaren Organisation des Teufels, an Dämonen und Menschen völlig zum Ausdruck kommen.

Horcht auf! Höret ihr ihn, den unheilkündenen Schall der Sammlung der himmlischen Truppen Jehovas als Antwort auf seinen Aufruf? Höret ihr es trotz dem gräßlichen Lärm der Regierungen des Ostblocks und des Westblocks, die ihre militärischen und. ideologischen Streitkräfte zum Atomkrieg eines dritten Weltkonflikts mustern?

Seid nicht verlegen, wenn ein neuzeitlicher Babylonier euch sagt, daß ihr diese himmlischen Heerscharen Jehovas, die für Harmagedon aufgeboten werden, nicht sehen könnt. Gottes Wort dient euch als geistige Augen.
Es ist daher nicht recht, wenn Personen, die an die prophetische Vision von Jesaja 13; 4,5 glauben, sich durch das Sammeln der weltlichen Nationen zum Kampf von Harmagedon erschrecken lassen. Für diese Nationen dreht sich die Streitfrage um die Beherrschung unserer Erde, sei es nun mittels vereinigter Nationen oder geteilter Nationen, wobei ein .Block über den anderen die Oberhand hat. Sei es so oder anders, sie alle sind gegen Jehova Gott und sein durch den Messias, durch Jesus Christas regiertes Reich. Haben wir aber das Königreich auf unserer Seite, so sind mehr für uns, als die ganze Organisation des Teufels ausmacht, die gegen uns ist.
Die treuen Überrestglieder der gesalbten Nachfolger Jesu aber, die bis hinab zur Schlacht von Harmagedon auf Erden am Leben bleiben, werden keinen Anteil haben an irgend einem gewaltsamen Widerstand gegen die politischen Nationen oder an irgendeiner Vernichtung derselben. Sie sind das friedsamste Volk unter allen irdischen Nationen. Sie gehorchen den Befehl Jehovas und warnen bloß die Menschen vor der Vernichtung, die in Harmagedon über die Nationen hereinbrechen wird.

Heulet, weil er so nahe ist!
Bereits sind die Weltherrscher, was Politik, Handel und Religion betrifft, in einem Zustand, als ob sie dem Befehle Gottes an sie nachkämen, der in Jesaja 13:6-8 enthalten ist: "Heulet, denn nahe ist der Tag Jehovas; er kommt wie eine Verwüstung vom Allmächtigen. Darum werden alle Hände erschlaffen, und jedes Menschenherz wird zerschmelzen. Und sie werden bestürzt sein, Wehen und Schmerzen werden sie ergreifen, sie werden sich winden gleich einer Gebärenden; einer starrt den anderen an, ihre Angesichter glühen." Diese Schwierigkeitcn, die schon seit 1914 n. Chr. auf den Nationen lasten, eine indes nicht von Jehova verursacht worden.

Indem Satan der Teufel und seine Dämonen, seitdem sie aus dem Himmel hinausgeworfen worden sind, sich für den Frieden, die Wolhlfahrt, die Gesundheit und das Glück der Menschen als so verheerend erweisen, zeigen sie, daß sie eins sind in ihrer Taktik, über diese Erde und ihre Völker zu "herrschen" oder sie "zu vernichten". Wenn sie nicht alles haben können, wollen sie auch nicht, daß Gott und Christus etwas haben. Der Teufel und seine Dämonen wissen wohl, daß ihre Zeit kurz ist. Dessenungeachtet suchen sie die Menschen zur Annahme zu verleiten, daß Jehovas Tag der Vernichtung für diese Welt nicht so nahe sei, wie es die Weltereignisse seit 1914 gläubigen Menschen im Lichte der biblischen Weissagung zeigen. Daher wird der Tag Jehovas mit der Plötzlichkeit eines Diebes in der Nacht über sie kommen. Jehovas Zeugen sind und werden für die plötzliche Ankunft jenes Tages der Verheerung nicht verantwortlich sein. Gleich Jehovas bestellten Wächtern, die für das Blut des Volkes verantwortlich gemacht werden, wenn sie irgendwie verfehlen, es vor der kommenden Weltvernichtung zu warnen, sind Jehovas Zeugen hinaufgestiegen auf die Hausdächer und haben die Warnung ausgerufen, indem sie ihrer Salbung, "den Tag der Rache unseres Gottes" anzukündigen, nachgekommen sind. Unerschrocken trotzen Jehovas Zeugen dem populären Wunschtraum der Menschen, wonach dieser Tag nicht so nahe sei, und beharren auf der Verkündigung, daß sein Tag der Weltvernichtung nahe ist, ja näher als jene denken. Auf diese Weise beherzigen die Zeugen die Ermahnung des Apostels Petrus betreffs des Endes dieser Welt, indem sie 'erwarten und beschleunigen die Ankunft des Tages Gottes dessentwegen die Himmel, in Feuer geraten, werden aufgelöst und die Elemente (Himmelskörper) im Brande zerschmelzen werden' (2. Pet. 3:11,12). Es ist jetzt nicht an der Zeit, die Menschen zum Narren zu halten, indem man sie ungewarnt gewähren läßt, dieses Ereignis in ihren Sinn hinauszuschieben. Jetzt wie nie zuvor ist es an der Zeit, die Menschen guten Willens zu lebensrettendem Handeln aufzurütteln, indem ihnen an Hand der Bibel und der Weltgeschehnisse die Nähe des Tages Jehovas Gottes gezeigt wird.

Diese Botschaft über den "Tag der Rache unseres Gottes" ist keine angenehme, optimistische Botschaft für diese Welt. Es ist eine Botschaft, die den hoffnungslosen Zustand dieser Welt und die Nichtigkeit all der verzweifelten Bemühungen, sie jetzt zu retten, nachweist. .Deswegen heulen die Unterstützer dieser Welt, indem sie protestieren und behaupten, unsere Botschaft sei aufrührerisch und schwäche das Vertrauen des Volkes in die Weltherrscher. Wenn sie jetzt schon bei der bloßen Prophezeiung klagen und heulen, wie werden sie erst heulen, wenn der Tag über sie hereinbricht wie ein Dieb und wenn all ihre weltlichen Hoffnungen, Einrichtungen und Hilfsmaßnahmen versagen und sie in bitterer Enttäuschung zurücklassen!
Wohlan nun, ihr Reichen, heulet und schreiet über euer Elend, das über euch kommt!" (Jak. 5;1, Reinhart). Schlotternd vor fieberhaften Anstrengungen, werden, ihre Hände schlaff niedersinken. Ihre Herzen, die in Selbstvertrauen und Trotz wieder Jehova einst kräftig schlugen, werden vor Furcht zerschmelzen. Starke Männer werden wie Frauen in Kindesnöten sein; ihre Lenden, die einst stark waren wie gehärteter Stahl, werden durchbohrt von plötzlicher Qual, so daß sie sich winden werden vor Schmerzen. Unfähig zu verstehen, warum nichts gelingen will, warum kein menschliches Heilmittel mehr hilft, warum Götzen und Götter die Gebete um Hilfe und Rettung weder beantworten können noch beantworten werden, starren sie einander entsetzt an, und ihre Gesichter glühen vor angstvoller Erregung. Dies ist keine übertriebene Beschreibung.

Weil jetzt aber die Zeit zur Vergeltung gekommen ist, wird Jehova Gott gerechterweise mit diesem gegenbildlichen Babylon grausam sein. Die große Mehrheit der .Menschen fürchtet dieses Babylon, und dennoch liebt, bewundert, unterstützt sie es und kämpft dafür. Sie wird die Strafe tragen, weil sie an ihren Sünden und Ihrer Bosheit teilgcnommen hat. Die ihrer Vernichtung entgehen, werden an Zahl gering sein gleich den Überlebenden der Flut, durch welche die vorsinflutliche Welt unterging. Auf alle Fälle ist es JETZT an der Zeit, die Warnung erschallen zu lassen, daß sich die Prophezeiung ihrer Enderfüllung nähert:
Siehe, der Tag Jehovas kommt grausam, und Grimm und Zornglut, um die Erde zur wüste zu machen, und ihre Sünder wird er von derselben vertilgen. Denn die Sterne des Himmels und seine Gestirne werden ihr Licht nicht leuchten lassen; die Sonne wird finster sein bei ihrem Anfang, und der Mond wird sein Licht nicht .scheinen lassen. Und ich werde an dem Erdkreis heimsuchen die Bosheit, und an den Gesetzlosen ihre Missetat, und ich werde ein Ende machen dem Hochmut der Stolzen und die Hoffart der Gewalttätigen erniedrigen. Ich will den Sterblichen kostbarer machen als gediegenes Gold, und den Menschen (einen gewöhnlichen Menschen als Gold von Ophir." - Jes. 13:9-12.

Alle Voraussagen eines schöneren Morgens und hellerer künftiger Tage, die für sie kämen, sind falsch, grundlos und im Widerspruch mit der Bibel.. Immer noch sitzen Personen in hohen politischen, kommerziellen, militarischen und religiösen Ämtern, die einst die babylonischen Himmel erleuchteten. Aber diese Hochgestellten sind jetzt düster betrübt und unsicher geworden.
Indern Jehova die stolzen. Arroganten, Hochmütigen und Schrecken erregenden zu Fall bringt und all die Volksmassen, die an Babylons Sünden teilhaben, vernichtet, wird er breite Schwaden durch die wimmelnde Erdbevölkerung ziehen.

Harmagedon wird kein örtlich begrenzter Kampf sein, der drüben im Felde von Megiddo in Nordpalästina toben würde, wo bei bedeutsamen Ereignissen in alten Zeiten blutige Schlachten geschlagen wurden. Die kommende Schlacht, welche die Prophezeiung unter diesem Namen erwähnt, wird sowohl auf der sichtbaren Erde als auch in den unsichtbaren Himmeln toben, denn zum gegenbildlichen Babylon gehört ein irdischer und ein himmlischer oder geistiger Teil.

Erschüttert durch die unwiderstehlichen Angriffe der Kampfheere Jehovas, die unter seinem König Jesus Christus, dem größeren Kores, stehen, wird keiner von Satans babylonischer Organisation standhalten können. Die sie bildenden Teile werden zerbrochen, und jeder losgelöste Teil wird fliehen, indem er seine eigene Sicherheit sucht. Panikartige Streitereien, wodurch sie sich unter sich selbst aufreiben, werden ausbrechen, wenn Jehova Gott Satans Streitkräfte mit Verwirrung schlägt. Ein jeder, der den verheerenden Folgen dieses anarchistischen Krieges zwischen den religiösen, finanziellen, politischen und militärischen Streitkräften entgeht, wird von Jehovas Verfolgungsstreitkräften erfaßt.

Wenn es auch nazistischen, faschistischen und kommunistischen Mächten gegenüber bis jetzt den Anschein von "Unzerstörbarkeit" machte, so wird sich doch das vom Vatikan beherrschte System in Harmagedon nicht als unzerstörbar erweisen, nicht vor Gott dem Allmächtigen, dem großen Feinde Babylons.

Hier wiederum haben wir die wiederholte Zusicherung aus Gottes Wort, daß der Sturz der bösen Weltorganisation nahe ist. Er ist näher, als die neuzeitlichen Babylonier zu denken belieben, während sie sich jetzt um das, was sie selbstsüchtig erhaschen können, reißen, aus Furcht, sonst alles zu verlieren. Der Tage dieser Welt werden es jetzt nicht mehr viele sein, nein, jetzt nicht mehr, da Gottes Königreich aufgerichtet und Christus Jesus als Rechtfertiger der universellen Oberhoheit und als Befreier der. bedrückten Menschheit im Amte ist. Die entscheidende Schlacht des Königrciches wider diese babylonische Welt wird deren .Ruin herbeiführen und die Erde von ihren Kindern befreien. Sie wird niemals wieder aufgebaut werden. Unser .Erdball aber, über den sie jahrtausendelang ihre Mißherrschaft ausgeübt hat, wird nicht verödet daliegen wie das alte Babylon. Nein, sondern durch ihre Vernichtung wird der Erdboden gesäubert, damit unter der Oberherschaft Gottes Jehovas, die durch Christus Jesus ausgeübt wird, allenthalben eine sichtbare Organisation der Gerechtigkeit errichtet werde.
Mit dem ernsten Verlangen, das aus einem richtigen Verständnis entspringt, wachen wir und beten um die baldige Ankunft des vorausgesagten "Tages Jehovas" mit seinem gründlichen Werke der ..Gerechtigkeit zu seinem Ruhme. Bis dahin singen wir das Spottlied wider den "König von Babylon" …

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: X ~ mysnip
Datum: 04. Dezember 2009 17:14
Zitat:
Drahbeck
... "Wachtturm"-Artikel aus der Ausgabe vom 1. Dezember 1949, unter der Überschrift: "Es ist näher als sie denken". ...
Jehovas Zeugen von heute machen gleichwie Jesaja allen Nationen die Prophezeiung deutlich kund, die dieser Welt ihren baldigen Untergang anzeigt ...

Heulet, weil er so nahe ist! ...

Der Teufel und seine Dämonen wissen wohl, daß ihre Zeit kurz ist. Dessenungeachtet suchen sie die Menschen zur Annahme zu verleiten, daß Jehovas Tag der Vernichtung für diese Welt nicht so nahe sei ...

Unerschrocken trotzen Jehovas Zeugen dem populären Wunschtraum der Menschen, wonach dieser Tag nicht so nahe sei, und beharren auf der Verkündigung, daß sein Tag der Weltvernichtung nahe ist, ja näher als jene denken ...

Es ist jetzt nicht an der Zeit, die Menschen zum Narren zu halten, indem man sie ungewarnt gewähren läßt, dieses Ereignis in ihren Sinn hinauszuschieben ...

Auf alle Fälle ist es JETZT an der Zeit, die Warnung erschallen zu lassen, daß sich die Prophezeiung ihrer Enderfüllung nähert:
Siehe, der Tag Jehovas kommt ...

Hier wiederum haben wir die wiederholte Zusicherung aus Gottes Wort, daß der Sturz der bösen Weltorganisation nahe ist. Er ist näher, als die neuzeitlichen Babylonier zu denken belieben, während sie sich jetzt um das, was sie selbstsüchtig erhaschen können, reißen, aus Furcht, sonst alles zu verlieren. Der Tage dieser Welt werden es jetzt nicht mehr viele sein, nein, jetzt nicht mehr ...

Offizielle Website der Zeugen Jehovas
,,Agboola weiß nun, dass bald alles Böse von der Erde verschwinden wird. Jehova wird dafür sorgen ..."
Erschienen im Wachtturm vom 1. Januar 2009

www.watchtower.org/x/20090101a/article_01.htm
,,Gott bat seine Diener inständig, das Leben zu wählen.
Heute ist es noch dringender, auf diese Bitte zu reagieren, denn das Ende des gegenwärtigen Systems rückt schnell näher
... "

Erschienen im Erwachet! von Februar 2009
www.watchtower.org/x/200902/article_01.htm

Gustave Le Bon Psychologie der Massen S. 75
Die Kunst, die Einbildungskraft der Massen zu erregen, ist die Kunst, sie zu regieren.
http://www.textlog.de/35451.html

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 09. Dezember 2009 01:43
"Erwachet!" zitiert in seiner Ausgabe vom 8. 12. 1949 einen amerikanischen Journalisten der sich zu dem Schlagzeilen machenden Mindszenty-Prozess in Ungarn wie folgt äußerte:

"Ich bin nicht genügend unterrichtet, um mich über das Wesentliche des Mindszentyprozesses auslassen zu können, aber die Streitfrage
zwischen ihm und der ungarischen Regierung unterscheiden sich nicht stark von denen zwischen dem amerikanischen Kardinal [Spellman] und dem Kongress. Mindszenty war gegen die Landreform und gegen staatliche Kontrollierung des Schulwesens. Dadurch allein hat er sich noch keineswegs des Verrates schuldig gemacht. Doch lässt sich hieran erkennen, dass es bei den Streitfragen nicht eigentlich um 'kommunistische Gottlosigkeit' ging, sondern um Reformen, die in anderen Ländern schon lange durchgeführt sind ..."

Und, es wäre zu diesem Votum noch zu ergänzen:
Übrigens gilt ähnliches, dass es letztendlich um politische Fragen, und ihre Durchsetzung in vermeintlich "religiöser" Verklärung geht, was sich auch in den Kontroversen der Ostblockstaaten mit den Zeugen Jehovas offenbarte.
Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 16. Dezember 2009 01:20
"Das Spottlied gegen Satan den Teufel" ist der Studienartikel in der "Wachtturm"-Ausgabe vom 15. 12. 1949 überschrieben.
Wer spottet, noch dazu in der Form eines "Liedes", dürfte sich in der Regel seiner Sache sicher sein. In seinem subjektivem Selbstverständnis. Ob er es denn auch objektiv ist, wäre schon eine andere Frage.
Ein wesentliches Element für diese vermeintliche "Sicherheit" liegt wohl auch in der nachfolgenden Aussage:


"Sie (die Zeugen Jehovas) handeln nicht mehr der Behauptung Babylons entsprechend, dass die 'goldene Stadt' die 'Obrigkeit' sei, die Gott verordnet habe und der jede christliche Seele ohne Einwendung ihres Gewissens untertan sein müsse."

Diese Aussage ist in der Tat das, was auch in dem legendären Bibelbericht von Simson und Delila zum Ausdruck kommt (Richter 16). Delila fragt, was denn wohl der Grund der übermenschlichen Kraft wäre. Und sie erfahrt: Simsons Haare sind es. In dem Moment, wo es gelingt die Haare scheren zu lassen, sei die vormalige Kraft vorbei gewesen.

"Geschert" hat sich im Falle der WTG-Religion, sie sich selbst. Indem Moment wo ihr Verlangen nach den Fleischtöpfen Ägyptens unbeherschbar wurde
(Stichwort KdöR-Ansprüche) muss sie "mit dem Staat ins Beet gehen", denn das ist der dafür fällige Preis.
Sie wird nie mehr jene Ursprungskraft haben, die sie einstmals hatte. Sie ist damit in den Klub der übrigen verweltlichten Kirchen eingetreten. Sollte irgendwann einmal die Situation eintreten, in ihrer eigenen Terminologie, dass "Babylon" nackt und mit Feuer verbrannt werden sollte, wird sie die Gewissheit haben, mit zu diesem "Babylon" zu gehören!
Re: Vor sechzig Jahren / heute
geschrieben von: Frau von x
Datum: 16. Dezember 2009 15:11
Zitat:
Drahbeck
"Das Spottlied gegen Satan den Teufel" ist der Studienartikel in der "Wachtturm"-Ausgabe vom 15. 12. 1949 überschrieben.
Wer spottet, noch dazu in der Form eines "Liedes", dürfte sich in der Regel seiner Sache sicher sein. In seinem subjektivem Selbstverständnis. Ob er es denn auch objektiv ist, wäre schon eine andere Frage.

Auszug aus dem Studienartikel für vergangenen Sonntag im WT vom 15.Oktober 2009 S.11 Absatz 15:
... Alles Böse kommt letztlich von Satan, dem Teufel (...). Jesu gesalbte Brüder haben Satan "wegen des Blutes des Lammes und wegen des Wortes ihres Zeugnisses besiegt". Darauf weist Jesus in der Offenbarung des Apostels Johannes ausdrücklich hin (Offb. 12:11). Somit können Satan und sein böser Einfluss auf das gegenwärtige System am besten durch Gutestun, das heißt durch unsere Zeugnistätigkeit, das Predigen der guten Botschaft vom Königreich, besiegt werden.
Wenn die Leitende Körperschaft der ZJ Gutestun mit Predigen (reden) gleichsetzt, bin ich froh, daß die "böse Welt" unter Gutestun Taten (praktische Hilfe), durch soziale Projekte und Einrichtungen versteht. Wer hier im Sinne von 1. Johannes 3:18 handelt, darf jeder selbst beurteilen.

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Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 23. Dezember 2009 03:05
Unter der Überschrift "Jetzige Religionen des Westens" bringt "Erwachet!" vom 22. 12. 1949, als Vorabdruck aus dem WTG-Buch "Theokratische Hilfe für Königreichsverkündiger", einen knappen - ziemlich knappen - Überblick, was es denn da so alles an religiöser Konkurrenz außerhalb der eigenen Mauern gäbe. Jedes bessere Lexikon dürfte indes zu den einzelnen Stichworten, ausführlichere Informationen liefern.

Indes kann man das bei den im eigenen Saft schmorenden Zeugen Jehovas, wohl nicht als Maßstab anlegen. Da muss man wohl sagen, dass sie überhaupt mal etwas -
wenn auch ziemlich dürftiges - an Informationen über die religiöse Konkurrenz liefern, ist schon ein "Wert an sich". So sei denn nachfolgend vorgestellt was man in diesen knappen Informationen alles lesen (oder besser: nicht lesen) konnte.

Ausgehend von der USA-Sicht. Ersichtlich auch daran, dass solche für Deutschland beachtliche Religionen, wie die Neuapostolische Kirche, darin nicht vorkommen. Andererseits begegnet man Namen, die in Deutschland noch nie recht Fuß fassen konnten:
(Soweit nachstehend auch numerische Zahlenwerte genannt werden, ist das Veröffentlichungsdatum der genannten Publikation zu beachten).

Adventisten. Es gibt sechs Adventisten-Sekten; die grösste davon nennt sich Adventisten vom siebenten Tage. Ihr Name leitet sich von ihrer Glaubensansicht über den zweiten Advent oder die Wiederkunft Christi ab. Sie entspringen einer Bewegung, die 1831 von William Miller ins Leben gerufen wurde, und verkündigten das Jahr 1844 als Zeitpunkt des Kommens Christi. Die Siebententags-Adventisten sind der Meinung, die Zehn Gebote seien noch in Kraft und der Sabbat müsse buchstäblich eingehalten werden. In den Vereinigten Staaten zählen sie etwa 165.000 Anhänger.

Baptisten. Es gibt heute mindestens 25 verschiedene Baptisten-Sekten, die in der ganzen Welt 71.725 Kirchen haben und ihre Gesamtmitgliederzahl auf 11.276.091 angeben. Die Baptisten entsprangen der englischen Separatistenbewegung, die um das Jahr 1593 aufkam. Nachdruck legen sie besonders auf die Lehren von der Busse, von der Taufe durch Untertauchen, vom Händeauflegen, von der Auferstehung der Toten, der ewigen Qual, der "Dreieinigkeit" und der "Unsterblichkeit der Seele".

Brüder. Auch als "Plymouthbrüder" bekannt. Sie sind in acht Sekten aufgespalten und haben in den Vereinigten Staaten 25.000 Anhänger. Die Sekte wurde um das Jahr 1827 in Dublin, Irland, von John N. Darby gegründet. Doch wurde später Plymouth, England, der Mittelpunkt der Bewegung. Sie lehnen Glaubensbekenntnisse und Kulthandlungen ab und haben keine ordinierte Geistlichkeit. Sie üben die Taufe durch Untertauchen aus, nehmen jeden Sonntag das "Abendmahl" und lehren unter anderem auch die "Dreieinigkeit" und die "Unsterblichkeit der Seele".

Christadelphianer. Auch "Brüder Christi" genannt. Die Sekte wurde 1834 von dem Engländer John Thomas in den Vereinigten Staaten gegründet. Sie hat zur Zeit etwa 3.000 Mitglieder in den Vereinigten Staaten und einige Anhänger in England. Sie hält alle andern Kirchen für abtrünnig, glaubt nicht an die "Dreieinigkeit" und nicht an einen persönlichen Teufel und lehrt, Christi Königreich werde auf der Erde aufgerichtet, mit Palästina als Mittelpunkt. Sie glaubt an die Taufe durch Untertauchen und hat keine ordinierte Geistlichkeit.

Christliche Wissenschaftler. Diese Religionsgemeinde (mit dem Namen "Kirche Christi, Wissenschaftler") wurde 1866 in Boston gegründet von Mary Baker-Eddy, der Entdeckerin der "Christlichen Wissenschaft" und Verfasserin ihres Lehrbuches "Wissenschaft und Gesundheit, mit Schlüssel zur Heiligen Schrift". Sie lehren, alle Ursache und Wirkung beruhe auf Gedanken; Sünde, Krankheit und Tod würden beseitigt durch ein volles Verständnis der göttlichen Grundsätze in der Lehre und den Heilungen Jesu. In den Vereinigten Staaten zählte man von ihnen 268.915 Anhänger.
Dunkards (auch Dunkers, d. h. Tunker). Die Tunker-Bewegung begann in Deutschland, 1708 von Alexander Mack ins Leben gerufen, und ihre Anhänger wurden später als Deutsche Baptistenbrüder bekannt, und zwar wegen ihres Glaubens an die dreifache Taufe durch dreimaliges Untertauchen, für jeden Namen in der "Dreieinigkeit" einmal. 1719 liessen sie sich in Pennsylvanien nieder, wo ihre Mitgliederzahl nun auf etwa 186.000 angewachsen ist. Sie glauben, man dürfe der Welt auch äusserlich nicht gleichförmig sein, und schreiben deswegen unter anderem einfache Kleidung, einfache Haartracht, Meidung des Luxus in der Wohnung sowie starker Getränke und des Tabakgenusses vor. Sie halten auch an den Fusswaschungen und an der Krankensalbung mit Öl fest.
Evangelische. Mehrere Religionsgemeinschaften nennen sich evangelisch, was heissen soll, dass sie sich als Heilsgrundlage an die Botschaft der vier Evangelien und aller griechischen Bücher der Heiligen Schrift halten. Sie treten dafür ein, dass die Errettung durch den Glauben an Christus Jesus wegen des sündigen Zustandes der Menschen am wichtigsten sei. Sie lehren "Dreieinigkeit", "ewige Qual" und "Unsterblichkeit der Seele".
Heilsarmee. Diese Religionsorganisation ist nach militärischen Richtlinien aufgebaut und nennt als ihren Zweck die Bekehrung und soziale Hebung der Armen und Verwahrlosten, die von den Kirchen nicht erfasst würden. Die Bewegung wurde 1865 von William Booth, einem englischen Methodistenprediger, ins Leben gerufen. Booth organisierte im östlichen Teile Londons eine Mission, und von da an breitete sich die Bewegung über die ganze Welt, in 96 Länder aus. Sie hat ihren Angaben nach in diesen Ländern jetzt 17.567 Posten, die von 26.877 Offizieren befehligt werden. Allein in den Vereinigten Staaten zählt sie über 100.000 Anhänger. Ein Unterscheidungsmerkmal dieser Sekte ist, dass sie Versammlungen im Freien, auf der Strasse, abhält und ihre Lieder auf Blasinstrumenten vorspielt. Ihre Lehren sind die gleichen wie bei den sogenannt "evangelischen" Kirchen; sie lehrt also die "Dreieinigkeit", "ewige Qual" und "Unsterblichkeit der Seele". Diese Organisation stützt sich stark auf weibliche Lehrkräfte.
Die Frau von William Booth spielte in der Heilsarmee eine führende Rolle und wirkte bahnbrechend dafür, dass Frauen in den Religionsorganisationen Stellungen bekleiden dürfen. Volle Gleichberechtigung der Frauen als Führer, Prediger und Amtswalter ist ein hervortretendes Merkmal dieser Religion. Sie ist eine Temperenzbewegung; völlige Abstinenz ist eine Bedingung für die Mitgliedschaft.

Judaismus. In den Vereinigten Staaten zählte die jüdische Religion 4.641.184 Anhänger, in der ganzen Welt 15.000.000 [seit den Gemetzeln durch die Nazi vielleicht 12.000.000]. Diese Religion stützt sich auf die Überlieferungen der altjüdischen Rabbiner, nach den Aufzeichnungen im Talmud. Der orthodoxe Judaismus hält sich in strenger, der Reform-Judaismus in loser Form daran. Es gibt allerdings auf der ganzen Erde auch zehn- bis zwölftausend Karäer-Juden (Karaiten), die den Talmud nicht anerkennen. Der Talmud besteht aus zwei Teilen: der Mischna mit dem eigentlichen Wortlaut des jüdischen kanonischen Rechtes und der mündlichen Überlieferungen, und der Gemara, welche die Erklärungen zur Mischna enthält, wie ein paar hervorragende Religionsführer der Juden sie im Laufe einiger Jahrhunderte gegeben haben. Der Talmud ist ein sehr umfangreiches Werk. Gemäss der Encyclopädia Americana glaubt der orthodoxe Judaismus an die "Unsterblichkeit der Seele".
Jünger Christi. Diese Sekte wurde 1809 in Pennsylvanien von Thomas und Alexander Campbell gegründet und ist kräftig gewachsen, so dass in der jetzigen Zeit ihre Gesamtzahl in der ganzen Welt auf 1.535.658 angegeben wurde, wovon über eine Million auf die Vereinigten Staaten entfallen. Sie lehnen menschliche Glaubensbekenntnisse und Sektennamen ab, sehen die Bibel allein als Richtschnur des Glaubens und des Handelns an, feiern jeden Sonntag das "Abendmahl", taufen nur durch Untertauchen und haben eine kongregationale Form der Kirchenverwaltung.
Kirche der Nazarener. Diese Gruppe wurde 1895 von Dr. P. F. Bresee in Los Angeles gebildet und später (1908) zu ihrer jetzigen Form reorganisiert. Die Bewegung zählt in den Vereinigten Staaten etwa 136.000 Anhänger. Diese halten sich an "fünfzehn Glaubensartikel" und legen Nachdruck auf ihre Lehren über "völlige Heiligung", Taufe mit dem heiligen Geist und göttliches Heilen.
Kirche Englands. Bis zur Reformationszeit war Römisch-Katholisch die amtliche Religion Englands. Zufolge der Tätigkeit Luthers in Deutschland wurde 1531 ein Kongress britischer Geistlicher einberufen, um Besprechungen über eine Loslösung von Rom aufzunehmen. Hernach unterbreitete man dem Parlament Empfehlungen im Sinne einer solchen Trennung. König Heinrich VIII. war aus privaten Gründen ebenfalls für einen solchen Schritt. 1534 schaffte das Parlament alle päpstliche Autorität in England ab; an Stelle davon wurde der jeweils regierende König zum Oberhaupt der Kirche bestimmt, wie es heute noch ist. Im Laufe der Jahre passte die Kirche Englands dann ihre Lehren den Protestantischen Richtlinien an. Sie verwarf die "Fegfeuer"-Lehre, die Ablässe, die Bilderverehrung und die "Heiligsprechung". Doch hält diese Kirche immer noch an der "Dreieinigkeit", der "ewigen Qual", der "Unsterblichkeit der Seele" fest, und sie fasst ihre Lehren in ein Glaubensbekenntnis. Die Mitglieder der Kirche Englands werden auch als Anglikaner bezeichnet.
Verschiedene Reformversuche liessen die Separatistenbewegungen entstehen, die im sechzehnten Jahrhundert begannen und sich ins siebzehnte hineinzogen. Jene Bewegungen brachten die Baptisten, die Plymouthbrüder und die Kongregationalisten-Gemeinschaften hervor. Im achtzehnten Jahrhundert trat eine weitere Spaltung ein, indem sich die Methodistenbewegung von der Staatskirche trennte.
Kirche Gottes. Auch als Winebrennerianer bekannt. Eine kleine Gemeinschaft mit etwa 45.000 Anhängern, die keine andere Autorität oder kein anderes Glaubensbekenntnis anerkennen als das, was 1830 in den Lehren ihres Gründers, John Winebrenner von Pennsylvanien, dargelegt wurde.
Kirchen Christi. Ursprünglich ein Teil der Jünger-Christi-Gruppe. 1906 wurden sie eine Sekte für sich und zählen in den Vereinigten Staaten über 300.000 Anhänger. Was ihre Lehre betrifft, siehe "Jünger Christi"
.

1949

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Kommentarserie 1950 zusammengefasst

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