Kommentarserie (über „Der Wachtturm" und „Trost") 1946 zusammengefasst

Einige Stichworte in diesem Jahrgang (in Auswahl):

Konkordat, Pöbelattacken in den USA, „Die neue Welt" (Buch), Berlin, Otto Daut, Ravensbrück, Martin Niemöller, Russland, Wehrdienst in der Schweiz, August Dickmann, Knorr Europa-Inspektionsreise, 1972 = 6000 Jahre, Buchenwald, Magdeburg 1946 ZJ-Kongress, Japan, Kuba, Haiti, Guayana, Rahab, Anglo-Israelitische Theorie, Britisch-Honduras (Belize), Steinemann, H.

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Geschrieben von Drahbeck am 02. Januar 2006 08:20:52:

Erschien der in der Schweiz seit Oktober 1944 wieder erscheinende "Wachtturm" einmal monatlich; so erfolgte ab Beginn des Jahres 1946 die Umstellung auf zwei monatliche Ausgaben.
WTG-Präsident Rutherford war inzwischen zwar verstorben. Seine berüchtigtes Buch "Kinder" indes, wurde von der WTG weiterhin vertrieben, wie man dem "Bericht eines Sonderpionier in Brasilien", abgedruckt im "Wachtturm" vom 1. 1. 1946 entnehmen kann. Scheinheilig predigte dieser Sonderpionier beim Verkauf dieses Buches:
"Dieses Buch gibt den notwendigen Aufschluss, wie man ein Kind erziehen soll."
Das laut diesem Buch dazu auch die "Empfehlung" gehörte, mit dem heiraten bis "nach" Harmagedon zu warten. Darüber indes sprach dieser Sonderpionier und der ihn zitierende WT offenbar lieber nicht!

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Geschrieben von Drahbeck am 03. Januar 2006 06:35:37:

Als Antwort auf: "Wachtturm" 1. 1. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 02. Januar 2006 08:20:52:

Wie ein "glitschiger Aal" windet sich die Redaktion des "Trost" wieder einmal in ihrer Ausgabe vom 1. 1. 1946. In der Rubrik: "Sie fragen - wir antworten" liest man dort:
"Da doch alle Menschen vom ersten Menschenpaare abstammen, möchte ich gerne wissen, wie es kommt, daß es schwarze, rote, gelbe und braune Menschenrassen gibt. Ich habe in der Bibel noch nie eine Erklärung dafür finden können.

Antwort: Über solche naturwissenschaftliche Fragen gibt die Bibel keine Auskunft. Die Probleme der Vererbung, um die es sich dabei handelt, sind äußerst schwierig zu erforschen, denn die natürlichen Zusammenhänge oder Ursachen sind ungemein verwickelt. ... Was wir gern wissen möchten, ist vorläufig noch unbekannt. Sicher ist, daß die zu Großvaters Zeiten vorgebrachten Erklärungen über die Entstehung der Rassen durch die moderne Forschung als unhaltbar erwiesen sind. Wir wollen nicht den Fehler wiederholen, Geheimnisse des Wachstums oder der Vererbung zu "erklären", die selbst den Forschern noch nicht bekannt sind."

Offenbar muss man diese Antwort in die Rubrik Phrasendrescherei einordnen. "Trost" stellt zu recht fest: Es gibt derzeit nicht klar beantwortbare Fragen. Man gibt vor, sich daher nicht aufs "Glatteis" begeben zu wollen, durch die Propagierung einer bestimmten Antwort-Variante. Genau dies hält man aber in der Praxis nicht ein! Nicht unbedingt im Spezialfall Erklärung der Rassen; aber in vielen weit grundsätzlicheren Fragen.

Etwa um ein Beispiel aus der gleichen "Trost"-Ausgabe zu zitieren. Wenn man da liest:
"Die Tatsache, daß Jehovas Zeugen nun in allen Nationen gehaßt und verfolgt werden, ist ein starker Umstandsbeweis, daß das Zeugniswerk sozusagen vollendet und Harmagedon sehr nahe ist."

Das ist dann doch wohl das Beispiel eines typischen Zirkelschlusses. Ursachen der Verfolgung werden nicht analysiert. Man stellt auch nicht die Frage: War sie wirklich unabwendbar? Gleich dem Kleinkind, dessen Spielzeug entzwei gegangen, verfällt man in einem "untröstbarem Weltschmerz". Die Mühe wenigstens einstweilen den "Weltschmerz" zu unterbrechen um zu hören, was Mama und Papa dazu sagen können, will man sich nicht zubilligen. Man will nur einfach ungehemmt weiter "plärren".

Auf diesem "Niveau" bewegt sich die ganze Zeugenreligion, die auch in etlichen anderen Bereichen, von vorne und hinten nur so von Zirkelschlüssen "trieft"!

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Geschrieben von Drahbeck am 16. Januar 2006 06:47:29:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 1. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. Januar 2006 06:35:37:

Aus den "Wachtturm"-Ausgaben des Jahres 1946 zu zitieren, ist ein undankbares Geschäft. Veranschaulicht werden soll das mal an jener darin enthaltenen Aussage:

„Viele Eltern mögen sich wundern, warum im Verlag der Watch Tower Bible and Tract Society nicht ein Buch für Kinder erscheint, dass in einer Sprache abgefasst wäre, die für ein Kind passt, mit Leichtigkeit von ihm selbst studiert und von Eltern dazu benutzt werden könnte, ihren jugendlichen Kindern daheim biblischen Unterricht zu erteilen. Wir antworten, dass keines der sechsundsechzig Bücher der Bibel in Kindersprache verfasst worden ist, also gleichsam Milch für unmündige enthält."
Man vergleiche auch:
19462Kinderliteratur

Wo findet man jene Aussage? Nun zum einem, im Bestand der Deutschen Bücherei Leipzig gibt es eine als „Sonderausgabe, 31. Dezember 1946" bezeichnete Ausgabe, wo man diese Passage auf Seite 10 lesen kann.
Dann hat noch die Berliner Staatsbibliothek diesen frühen Jahrgang (lückenhaft) in ihrem Bestand. Dabei handelt es sich offenbar um eine in Magdeburg gedruckte Ausgabe, wo man diese Ausgabe in der Nr. 8/1946 S. 12 nachlesen kann.

Um das Maß an Verwirrung voll zu machen, sei aber noch darauf hingewiesen, dass es offenbar noch eine weitere deutsche "Wachtturm"-Ausgabe des Jahres 1946 gab. Die mir als Privatexemplar vorliegende Ausgabe vom 15. Juli 1946 (Nr. 8 des 39. Jg.) enthält den fraglichen Passus nicht. Letztere Ausgabe nennt zwar auf dem Titelblatt Magdeburg/Wiesbaden als Verlagsort. Faktisch kann man das „Magdeburg" wohl dabei vergessen. Das wird auch daran deutlich, dass im Impressum sich die Angabe findet: „Veröffentlicht unter der Zulassung Nr. US-W-1052 der Nachrichtenkontrolle der Militär-Regierung".

Im Gegensatz zu der in der Berliner Staatsbibliothek vorhandenen Ausgabe, weist die amerikanisch lizensierte Ausgabe auch eine durchlaufende Seitenzählung auf, während in der Magdeburger Ausgabe offenbar jedes Heft neu mit der Seitenzählung S. 1f. begann.

Um das Maß an Verwirrung weiter zu gestalten, sei noch darauf verwiesen; dass auch der Schweizer „Wachtturm" mit Verlagsort Bern, jene Passage abgedruckt hat. Im Berner „Wachtturm" liest man sie in der Ausgabe vom 15. Januar 1946 auf der Seite 26.
Da es offenbar noch nicht genug Verwirrung gibt ist auch dessen Jahrgangszählung eine andere. Der Berner WT des Jahres 1946 firmiert als 51. Jahrgang.

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Geschrieben von Drahbeck am 17. Januar 2006 08:00:24:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 15. 1. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 16. Januar 2006 06:47:29:

Gertrud Pötzinger, eine der Überlebenden Zeuginnen Jehovas der nazistischen Konzentrationslager, hat in den Jahren nach 1945, besonders ab den 1990er Jahren diverse auf Video aufgezeichnete Interviews gegeben. Auch in Buchpublikationen ist ihr Fall gut dokumentiert. Sie hat es persönlich miterlebt, wie fanatisierte Bibelforscherinnen in der Frage entschieden, was ist kriegsbegünstigende Arbeit in den KZs. Sie hat es miterlebt, dass etliche dieser fanatisierten, die als ein Beispiel (es gab noch mehr Beispiele), es auch ablehnten, weiterhin Angorakaninchenpflege zu betreiben, da wie man "messerscharf" schlußfolgerte, deren Wolle in Militäruniformen Verwendung fände. Frau Pötzinger hat es persönlich miterlebt, dass es für etliche dieser fanatisierten doch noch einen tatsächlichen Ausgang aus dem KZ gab. Wahrlich nicht der "humanen" Art. Dieser Ausgang hieß, und das hatten SS-Schergen oft genug angekündigt: Krematoriumsschornstein. Das waren keine "leeren" Drohungen, das wurde harte, bittere Realität.

Frau Pötzinger hatte sich in solchen Konfliktsituationen, die auch ihr nicht erspart blieben, entschieden. Sie stellte sich nicht auf die Seite der Fanatischen. Sie ließ es in späteren Jahren auch geschehen, als Haushaltshilfe und Kindermädchen in einen SS-Offiziershaushalt abkommandiert zu werden; auf dass der Betreffende um so unbeschwerter, seinem blutigen Handwerk nachgehen konnte.

In solchen Video-Interviews berief sich Frau Pötzinger darauf, dass jeder nach seinem Gewissen entscheiden müsse. Was ihr persönliches Gewissen gestattete, wurde eben genannt. Sie versäumte es auch nicht kaum verhüllt, auf insistierende Rückfragen anzumerken, wenn da eine fanatische Gewissensentscheidung gefällt wurde, mit entsprechenden Konsequenzen, dass dies dann letztendlich Schuld des Opfers selber sei. Das Gewissen hätte ja auch anders entscheiden können - siehe Pötzinger.

Dieser Vergleich bietet sich doch an, wenn man auf die "Trost"-Ausgabe vom 15. 1. 1946 zu sprechen kommt. Dort werden unter der Überschrift "Ein Zeugnis der Standhaftigkeit" kirchliche Stimmen zitiert, die sich positiv über die Leiden der Zeugen Jehovas im NS-Regime äußerten.
Positiv, nicht ohne Einschränkungen. Keiner der Zitierten mochte sich zu der Konsequenz durchringen, nunmehr auch Zeuge Jehovas zu werden. Verbales Lob kostet nicht allzuviel. Die Nagelprobe indes würde anders aussehen. Nicht einer der Lobhudler hat diese Probe bestanden. Etliche der Zitierten legten durchaus wert auch auf die Feststellung, dass sie weiterhin einiges von den Zeugen Jehovas trennen würde.

Auch "Trost" muß, nachdem es solche Positiväußerungen zitierte einräumen:
"Doch leider sind diese Stimmen sehr, sehr selten. Sie kennzeichnen nicht die Stellung der Geistlichkeit im allgemeinen, sondern lassen als so kläglich vereinzelte Mahnungen das Gesamtbild nur noch kläglicher erscheinen."

"Trost" zitiert in dieser Ausgabe auch aus dem Abschiedsbrief eines hingerichteten Zeugen Jehovas an seine Eltern. Man liest darin auch:
"beschuldigt man Euch (die Eltern), Ihr seiet für meinen Schritt verantwortlich. Und sagt nicht die Heilige Schrift, daß jeder für sich selbst stehen muß? Ja, nicht Ihr, sondern diese Stätte und der tägliche Rhythmus sowie die Verwerfung der ganzen Heiligen Schrift, Christus Jesus als 'Saujude' usw., gaben mir die Bestätigung von Gottes Wort und seiner Erfüllung. Das erst recht, als ein evangelischer Pfarrer, der mich besuchte, das Alte Testament als Geschichtsbuch der Juden bezeichnete, die Auslegung der Offenbarung als sehr gefährlich bezeichnete, den Tag seiner Gerichte in ungewisse Ferne rückte..."
"Trost" kommentierte dazu:
"Ein solcher 'Seelsorger' ist am Triumph des Glaubens dieses jungen Menschen doch gewiß nicht einmal mit einem flüchtigen Gedanken beteiligt."

Was offenbart, die im Abschiedsbrief zum Ausdruck kommende Motivation? Doch wohl auch dies. Neben der realen Gesellschaftskritik an der Politik des Naziregimes, auch die Endzeit-Naherwartung.
Man ist geneigt zu fragen. Wie würde wohl Frau Pötzinger, sofern sie wirklich ehrlich wär, auch diesen Fall kommentieren? Doch sinngemäß so. Der Betreffende hat sich seine Leiden selbst eingehandelt, weil sein Gewissen es ihm nicht gestattete flexibler zu sein.

"Danke" für den Kommentar, Frau Pötzinger!

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Geschrieben von Drahbeck am 02. Februar 2006 07:14:08:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 1. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 17. Januar 2006 08:00:24:

Der Schweizer „Wachtturm" vom 1. 2. 1946 (S. 39) meint sich mit folgenden Worten verteidigen zu müssen:
„Nichts Materielles auf Erden kam an Wert dieser wunderbaren geistigen Gunst gleich, die den Heiden durch die Gemeinde Jerusalem, durch den von Jehova Gott gebrauchten Kanal, zukam....
Von diesem Gesichtspunkte aus sollten Jehovas Zeugen ihre christliche Tätigkeit heute ansehen, und dies ungeachtet der religiösen Gegner, die sie 'Bücherverkäufer', 'Hausierer, die eine kommerzielle Bauernfängerei betreiben', 'Leute, die ständig die Menschen herausklingeln', usw. nennen.

Während Jehovas Zeugen dem Gebot Gottes gehorchen, dem Beispiel Christi folgen und zum Predigen des Evangeliums vom Königreiche von Haus zu Haus gehen, vermitteln sie als Gottes Vertreter den Menschen unschätzbare geistige Segnungen. Sie legen viele Schriften den Menschen kostenlos in die Hände; sie spielen ihnen manche biblischen Schallplattenvorträge vor und halten kostenlos Heim-Bibelstudien für sie ab. Wenn also Jehovas Zeugen dabei kleine Mindestbeiträge für Bücher, Broschüren und Zeitschriften annehmen, so betreiben sie weder ein Handelsgeschäft noch eine Bauernfängerei, noch drängen sie sich den Leuten auf. Jehovas Zeugen bringen den Menschen, die Literatur abnehmen, geistlich gute Gaben und haben nach Gottes Regel ein Recht, im Interesse der Weiterführung seines Dienstes materielle Beiträge entgegenzunehmen."

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Geschrieben von Drahbeck am 03. Februar 2006 06:07:45:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 1. 2. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Wau am 02. Februar 2006 11:53:57:

"Die Bulle für die Ernennung von Erzbischöfen, Bischöfen … wird erst ausgestellt, nachdem der Name des dazu Ausersehenen dem Reichsstatthalter … mitgeteilt und festgestellt ist, daß gegen ihn Bedenken allgemein politischer Natur nicht bestehen."
Dieser Satz aus dem Konkordat des Vatikans mit Hitlerdeutschland (Art. 14, Abs. 2) hielt die "Trost"-Redaktion für so bedeutsam, um ihn auf dem Titelblatt ihrer "Trost"-Ausgabe vom 1. 2. 1946 abzudrucken. Diese gesamte "Trost"-Ausgabe ist nur von einem Tenor beherrscht. Der "Abrechnung" mit der katholischen Kirche.

Auch aus laizistischer Sicht ist das Konkordat zwischen Hitlerdeutschland und dem Vatikan abzulehnen. Darüber kann es keinen Zweifel geben. Leider verläuft Geschichte nicht immer so, wie man sie sich wünschen würde. Und dann ist der "Realpolitiker" gefragt.
Wie war denn die Sachlage.

Es war den Nazis gelungen, die politische Macht in Deutschland an sich zu reißen. Und die Hoffnung, das kurzfristig "ändern" zu können, erwiesen sich als auf tönernen Füßen stehend. Auch die katholische Kirche sah das so. Sie selbst war nach wie vor auch ein Machtfaktor dergestalt, dass sie immer noch in Millionen zu beziffernde Menschen, auch in Deutschland, zu beeinflussen vermochte. Wenn es von dieser Ausgangsbasis aus gesehen, zu einem vermeintlichen "Interessenausgleich" in Form des Konkordates kam, dann muß man das nicht mögen. Verstehen kann man es aber vielleicht.

Nun jener zitierte Passus aus dem Konkordat, dass der Staat sich ein Mitspracherecht bei der kirchlichen Personalpolitik vorbehielt. Auch da gilt das gleiche: Man muß das nicht mögen, verstehen kann man es aber vielleicht.
Indem "Trost" dies als Kernkritikpunkt herausschält, stellt sich die Frage: Was will man damit sagen? Doch wohl dies: Wir nehmen keine Rücksicht auf staatliche Belange! Auch dokumentiert durch die Obrigkeitsauslegung (Römer 13) der Zeugen Jehovas zur fraglichen Zeit. Damit dokumentiert man, dass man meilenweit entfernt ist, von der vorgeblichen "Neutralität", die in der Tat nie bestanden hat.

Soweit mochte die katholische Kirche nicht gehen. Sie hatte ein grundsätzlich anderes Verständnis zu Römer 13. Und auch die Zeugen Jehovas haben ihr damaliges Verständnis von Römer 13 später noch korrigiert. Sich damit letztendlich jener Position angenähert, die seitens der katholischen Kirche schon immer vertreten wurde (verbal).

Der Historiker weiß: Das Konkordat war eigentlich nicht das Papier wert auf dem es stand. Das Hitlerregime hatte es zur Farce degradiert. Das wurde auch den Funktionären der katholischen Kirche überdeutlich. Die eigentliche Frage kann daher nur lauten. Warum hielt man denn weiterhin - de jure - an einem faktischen Makulaturvertrag fest. Warum schaltete man nicht deutlicher auf Konfrontation um? Dabei steht die katholische Kirche keineswegs in "strahlendem Licht".

Auch hier wieder die Einschränkung. Bei Beibehaltung das traditionellen Verständnisses von Römer 13 war eine andere Option eigentlich nicht denkbar, auf gesamtorganisatorischer Ebene. Und sollte es sie doch geben, hätte sie nur eines zur Folge gehabt. Das KZ-System hätte eine weitere, ungeahnte Ausdehnung erfahren. Stehe ich einem "Partner" gegenüber, der sich in der Praxis als Gegner erweist, hat der Realpolitiker auch zu fragen. Welche Möglichkeiten habe ich, mich ihm gegenüber s i n n v o l l zu wehren? Sinnloses Martyrium führt nicht weiter. Es führt lediglich zu eigenen weiteren Schwächung. Insofern kann die Milchmädchenlogik der Zeugen Jehovas dabei kein "Vorbild" sein.

In dieser "Trost"-Ausgabe findet sich auch die undifferenzierte Polemik der WTG in Sachen der Zeitschrift "Der Deutsche Weg" über die an anderer Stelle schon kommentierendes gesagt wurde.
Siehe dazu auch:
19462Weg

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Geschrieben von Drahbeck am 16. Februar 2006 05:10:27:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 2. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. Februar 2006 06:07:45:

Bis einschließlich für 1940 erschien in der Schweiz noch das „Jahrbuch der Zeugen Jehovas". Ein selbiges für 1941 und weitere Jahre, gab es schon nicht mehr. Ursächlich bedingt durch die Einstellung des „Wachtturms" war offenbar auch das „Jahrbuch" davon mitbetroffen. Dann gab es erstmals dort wieder für das Jahr 1945 eine abgespeckte Variante davon, betitelt als „Jahresbericht". Für 1946 dann erstmals wieder ein „Jahrbuch" im altbekannten Sinne; dann weiterhin bis einschließlich für 1951 erscheinend; worauf die deutsche Ausgabe davon, erneut eingestellt wurde. Für letztere Entscheidung ist offenbar das „wegbrechen" eines großen Teiles des Bezieherkreises in Ostdeutschland, mit maßgeblich gewesen.

Immerhin wurde im „Wachtturm" (Schweizer Ausgabe) vom 15. 2. 1946 jenes „Jahrbuch" vorangekündigt und mit den Worten angepriesen:
„Der Bericht über das Werk im Dienstjahre 1945 auf dem Festlande Europa, im Orient, in der Tat auf der östlichen und westlichen Halbkugel im allgemeinen, ist vom Präsidenten der Watch Tower-Gesellschaft zusammengestellt worden, und seine Einleitung zu diesem Bericht wird Euch begeistern und in die richtige Stimmung versetzen, die Berichte zu lesen, die von all den Ländern stammen, aus denen uns Nachrichten zugekommen sind."

Etwas von der Programmatik wird deutlich, wenn man genanntes Jahrbuch sich selber ansieht. Nach einem Rückblick, unter anderem auf den Terror des Hitlerregimes, findet man dann auf S. 20 den programmatischen Satz:
„Jehovas Zeugen bitten nicht um Schonung, noch verschonen sie Gottes Feinde".

Und weiter (S. 51):
„Wir hoffen, daß der 'Wachtturm' die meistgelesene Zeitschrift der ganzen Welt werden wird."

Das mit dem „lesen" war wohl etwas ungenau formuliert. Immerhin deutet dieser Satz schon an, was dann in späteren Jahren eintrat. Das sich die „Wachtturm"-Exemplare, vom einzelnen Zeugen der WTG bezahlt, in den Schränken der „Verkündiger" stapelten. Egal ob er sie noch los wurde oder eben auch nicht.

Über die Schweiz liest man in diesem Jahrbuch (S. 212f.)
„Wenn auch ziemlich drastische Maßnahmen gegen Jehovas Zeugen ergriffen worden waren, so nicht, weil die Landesgesetze in bezug auf die freie Meinungsäußerung engmaschig oder rückständig waren, sondern weil die kriegsbedingten Verhältnisse eben auch der Schweiz manche Einschränkungen auferlegten. Freilich spielte dabei die Furcht vor dem Naziterror eine Rolle, so daß manch eine Verfügung ziemlich deutlich den Stempel der Furcht vor der Übermacht trug.

Worin hatten diese Maßnahmen bestanden? Erstens im Stellen unter Vorzensur; dann in der Beschlagnahmung sämtlicher Schriften, die in Camiens weggeführt wurden; im Erheben in den Anklagezustand des Zweigdieners wegen 'Verletzung der Zensurvorschriften' und 'Beteiligung an den Bestrebungen der Zeugen Jehovas', die als staatsgefährliche Organisation hingestellt wurden; in der Verurteilung des Zweigdieners zu zwei Jahren Gefängnis und fünf Jahren Einstellung in den bürgerlichen Ehren, sowie ebenfalls zu mehr oder weniger langen Gefängnisstrafen einiger seiner Mitarbeiter in der Druckerei sowohl als auch auf den Farmen. Als letzte Maßnahme: Polizeiliche Kontrolle sowohl der internen als auch öffentlichen Versammlungen der Zeugen Jehovas. …

Der Fall des Zweigdieners wurde vor den höchsten Militärgerichtshof gebracht, welcher aus Justizobersten und Professoren zusammengesetzt war. Gegen alle Erwartung entschied diese Instanz zugunsten der Angeklagten, indem sie ihm den bedingten Strafvollzug gewährte, er also nicht ins Gefängnis gehen mußte und seiner bevorrechteten Arbeit nachgehen durfte. Ebenfalls wurden ihm die bürgerlichen Ehren nicht aberkannt.
Am 1. Oktober 1944 erschien - nach fast fünfjährigem Einstellen - der „Wachtturm" wieder in Deutsch und Französisch."

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Geschrieben von Drahbeck am 17. Februar 2006 07:47:51:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 15. 2. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 16. Februar 2006 05:10:27:

Aus dem englischsprachigen Jahrbuch 1941 der Zeugen Jehovas (das nicht in Deutsch erschien) zitiert die "Trost"-Ausgabe vom 15. 2. 1946. Man "leckt sich dabei auch die Wunden", ohne sich gleichzeitig Rechenschaft darüber zu geben: Was war Ursache - was war Wirkung!
Die geschilderten Vorkommnisse sind nicht zu entschuldigen. Sie offenbaren, wozu eine fanatisierte Gesellschaft, selbst in den USA, dem angeblichen "Hort der Freiheit" fähig ist. Aber bilde sich jeder sein eigenes Urteil dazu. Man liest:

Selbst in Nazi-Deutschland war nicht so öffentlich Empörendes gegen Jehovas Zeugen unternommen worden wie das, was nun (nach 1940) in Amerika folgte, als die katholischen Freunde des Nazismus die Pöbelherrschaft gegen die Zeugen Jehovas ins Feld riefen. Sie wurden angegriffen, geschlagen, verschleppt, aus Städten, Grafschaften und Staaten vertrieben, geteert und gefedert, gezwungen Rizinusöl zu trinken, zusammengebunden und gleich dem Vieh durch die Straßen getrieben, kastriert und verstümmelt, verhöhnt und von dämonisierten Rotten beschimpft, ohne Anklage zu Hunderten eingesperrt, ohne Verbindung mit der Außenwelt festgehalten und des Rechtes beraubt, mit Verwandten, Freunden oder Rechtsanwälten Fühlung zu nehmen. Andere Hundert wurden eingesperrt und in "Schutzhaft" gehalten. Einige wurden bei Nacht niedergeschossen, einige bis zur Bewußtlosigkeit geschlagen, und einigen drohte das Erhängen. In den Pöbelgewaltakten wurden vielen die Kleider abgerissen; man nahm ihnen ihre Bibeln und biblischen Schriften weg und verbrannte sie öffentlich: ihre Autos, Wohnwagen, Häuser und Versammlungsstätten wurden zerstört und in Brand gesteckt, was zu eine, Gesamtschaden von vielen Tausenden von Dollars führte … In vielen Fällen wurden die Rechtsanwälte und auch solche, die zur Verteidigung der Zeugen Jehovas als Zeugen amteten von Pöbelrotten angegriffen und sogar im Gerichtsgebäude geschlagen. Von den 48 Staaten der Union überflutete die Pöbelherrschaft 44, und aus dem Jahre 1940 allein liegen Berichte von 600 Pöbelangriffen vor, wobei mehr als 3000 Zeugen verhaftet wurden.

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Geschrieben von Drahbeck am 02. März 2006 07:28:38:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 2. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 17. Februar 2006 07:47:51:

Nach mehr als dreizehnjähriger Zwangspause, erschien mit Datum vom 1. März 1946 auch in Deutschland wieder der "Wachtturm".
Vorangegangen war dem eine nicht datierte "Nullnummer". Das jene "Nullnummer" in Kontinuität zum englischsprachigen "Wachtower" steht wird schon daran deutlich, dass einer ihrer Artikel darauf verweist, eine Übersetzung des "Wachtower" vom 15. 11. 1945 zu sein. In Nachwirkung des wenig Verständnis für Kinder und Jugendliche habenden Rutherford, liest man in dieser Ausgabe auch die markigen Sätze, die sich auch in der Schweizer WT-Ausgabe vom 31. 12. 1946 (S.10); und noch einmal in der deutschen WT-Ausgabe vom 15. 7. 1946 (S. 12) nachweisen lassen (Letztere Ausgabe im Bestand der Berliner Staatsbibliothek. Es sind aber auch WT-Ausgaben dieses Jahrganges bekannt, die eine durchlaufende Seitenzählung des Jahrganges haben. Somit erweist sich die Auswertung dieser frühen Ausgaben als ziemlich verwirrend).
Um auf die genannte "Nullnummer" wieder zurückzukommen. Dort liest man auf der Seite 10 die Ausführung:

"Viele Eltern mögen sich wundern, warum im Verlag der 'Watch Tower Bible and Tract Society nicht ein Buch für Kinder erscheint, das in einer Sprache abgefaßt wäre, die für ein Kind paßt, mit Leichtigkeit von ihm selbst studiert und von Eltern dazu benutzt werden könnte, ihren jugendlichen Kindern daheim biblischen Unterricht zu erteilen. Wir antworten, daß keines der sechsundsechzig Bücher der Bibel in Kindersprache verfaßt worden ist, also gleichsam Milch für Unmündige enthält. Man erinnere sich zudem, daß es nicht nur Kinder gibt dem Körperalter nach, sondern auch Kinder an Erkenntnis. Und doch sind keine der Bücher der Bibel für die Intelligenzstufe derer berechnet, die an Erkenntnis Unmündige oder Kindlein sind … Die Mutter des Timotheus belehrte ihn als Kind nicht aus einem Kinderbuch, noch versah sie ihn mit einer Kinderausgabe der Bibel …"

Dieses Desinteresse für die Bedürfnisse von Kinder und Jugendlichen sollte dann noch bis zum Jahre 1958 vorhalten; wo dann erstmals ein vermeintlich "Kindgerechtes" Buch durch die WTG publiziert wurde ("Vom verlorenen zum wiedererlangten Paradies").

Um jetzt zur regulären ersten deutschen WT-Ausgabe vom 1. 3. 1946 überzugehen.
Das Impressum vermerkt:
"Veröffentlicht unter der Zulassung Nr. US-W-1052 der Nachrichtenkontrolle der Militär-Regierung".
Bekanntlich konnte in der Schweiz der "Wachtturm" noch bis Mitte 1940 erscheinen. Der Schweizer "Wachtturm" des Jahres 1934 trug die Jahrgangsangabe 39. Jahrgang.
1940 dann 45. Jahrgang.
Die deutsche Ausgabe des "Wachtturms" hingegen bezeichnet sich 1946 als 39. Jahrgang. Es wurde also die Kontinuität mit der Schweizer Ausgabe nicht übernommen.
Bemerkenswert auch: Nach 1945 wurde auch in Österreich (bis etwa 1961) der "Wachtturm" selbständig gedruckt. Die Wiener WT-Ausgabe orientierte sich in der Jahrgangszählung an der Schweizer Ausgabe: so dass lediglich die in Deutschland gedruckte Ausgabe davon weiter abwich.
Ursprünglich im DIN A 4 Format gedruckt (16 Seiten pro Ausgabe) hat die deutsche Ausgabe ab 1953 das Format gewechselt (auf 32 Seiten pro Ausgabe), während die Berner Ausgabe noch einige Zeit weiter das alte DIN A 4 Format beibehielt.
Es lassen sich zudem vereinzelt auch inhaltliche Unterschiede zwischen deutscher und Schweizer WT-Ausgabe in diesen frühen Jahren nachweisen.

Eine Vereinheitlichung der Jahrgangszählungen sollte erst Anfang der 1960 Jahre erfolgen.
Der deutsche "Wachtturm" des Jahres 1960 wird noch als 53. Jahrgang bezeichnet.
Ihm folgt 1961 als 82. Jahrgang. Rechnet man nach ergibt sich, dass dies eigentlich keine "Angleichung" der unterschiedlichen Jahrgangszählungen ist. Man hat ab 1961, mit einer gewissen Willkür die Jahrgangszählung des englischen Wachttower auch auf den deutschen Wachtturm übertragen. Dies, obwohl tatsächlich im deutschen eben nicht diese Jahrgangszahl erreicht worden ist. Weder in der Schweiz, noch in Deutschland. Allerdings, eine Stellungnahme der WTG dazu gibt es nicht. Ihr Grundsatz in dieser Frage heißt offenbar auch: Was wir tun, ist immer richtig. Diskussionen darüber sind "überflüssig".

Das Impressum der WT-Ausgabe vom 1. 3. 46 nennt als Erscheinungsort: Magdeburg - Wiesbaden Weiter findet man auch die Angabe von einem "Verlagsbüro Stuttgart" Postscheckkonten werden sowohl für die Westzonen, als auch für Magdeburg im Impressum mit vermerkt. Es ist davon auszugehen, dass diese frühen WT-Ausgaben noch nicht in den eigenen Druckereien wieder hergestellt wurden. Soweit es Magdeburg betraf, dürfte das als Druckort sehr fraglich sein. Die Lizenz stammte von der US-Militärregierung. Nicht aber von der SMAD.

1946. Dieses Jahr war noch stark von den Kriegs- und Nachkriegsfolgen gekennzeichnet. Jede soziologische Gruppe, die sich in jenen Jahren ausländischer Unterstützung erfreuen konnte, war hocherfreut und dankbar dafür. Es ist nicht bestritten, dass auch Jehovas Zeugen Sammlungen für ihre deutschen Brüder veranstalteten. Wer jedoch war ihr Nutznießer?
Auch darüber gibt diese WT-Ausgabe Auskunft wenn sie schreibt:

"Es ist gut, wenn wir als Wegleitung zu wahrer christlicher Tätigkeit für unsere Tage beachten, daß Paulus sich nicht an 'Wohltätigkeit' in modernem Stile beteiligte, indem er zum Beispiel eine öffentliche Kaffeehalle oder ein 'Gratissuppen-Restaurant' führte, um die Unbegüterten der Welt zu speisen und sie dadurch in eine Religionsorganisation hineinzulocken. Die Geldsammlung, die Paulus beaufsichtigte, war für Glieder der Organisation Gottes bestimmt. Sie sollte würdigen Christen dienen, die man persönlich kannte und von denen man wußte, daß sie tätig waren, regelmäßig in Gottes Dienst standen und in Lauterkeit ihre Weihung Gott gegenüber in die Tat umsetzen."

Das besagt dann wohl nicht mehr und weniger als dies: Nicht-Zeugen Jehovas wurden bei Hilfsmaßnahmen grundsätzlich ausgeschlossen! Mehr noch. Selbst wer sich als Zeuge Jehovas bezeichnete musste in den Augen ihrer Funktionäre "würdig" und persönlich bekannt sein. Sonst ging auch er leer aus!

Wie wurde man unter anderem "würdig". Auch diese Frage lässt der "Wachtturm" nicht unbeantwortet und schreibt dazu:
"Sie (Jehovas Zeugen) legen viele Schriften den Menschen … in die Hände … Wenn also Jehovas Zeugen dabei kleine Mindestbeiträge für Bücher, Broschüren und Zeitschriften annehmen, so betreiben sie weder ein Handelsgeschäft noch eine Bauernfängerei."

Die Schweizer Ausgabe des „Wachtturms" vom 1. 3. 1946 macht gleich einleitend, schon mit einem schwarz in schwarz malenden Artikel auf:
„Starken Herzens für die Nachkriegszeit" überschrieben, übergeht er geflissentlich, dass es eine solche gar nicht geben sollte. Gemäß Rutherford's vollmundigen Thesen, würde ja der zweite Weltkrieg in Harmagedon auslaufen.

Das war nun wieder mal „Schnee von gestern". Jetzt hieß die WTG-Parole wieder mal: „Die Kurve meistern". Aber es war offensichtlich, dass es nach wie vor mehr als genug Anlass zum schwarzmalen gab. Da ein „Jehova" sich um die Prophezeiungen der WTG einen „feuchten Kehricht" scherte. Was lag also näher, als etwas modifiziert, diese Linie fortzusetzen.

Den verängstigten WTG-Kaninchen erklärte mit hypnotischer Gewissheit die WTG-Schlange also in dieser Ausgabe:
„Wir stehen nun alle an den Eingangspforten des Jahres 1946, des ersten Jahres der Nachkriegszeit. Während wir so weit in die Zukunft schauen, als wir sehen können …Allein vom menschlichen Standpunkte aus betrachtet, ohne die biblischen Prophezeiungen über den 'Tag der Rache unseres Gottes' zu kennen oder zu berücksichtigen, verlangt das, was wir vor uns sehen, daß wir ihm mit tapferen Herzen entgegengehen. Die Nachkriegszukunft ist gerade so beunruhigend, wie die Prophezeiung dies vor langem gesagt hat …

Es ist von wenig Belang, daß die schrecklichen Feindseligkeiten des zweiten Weltkrieges zum Stillstand gekommen sind. Mit dem Einzug des Friedens ist unter den Nationen nicht Ruhe eingekehrt, noch hat dieser dem Sinn des einzelnen Trost und Zuversicht gebracht. Das Ende des Weltkrieges ist in der Tat plötzlich gekommen, jedoch nicht bevor die furchtbare Demonstration der Atombombe, der schrecklichsten Höllenmaschine zur Massenvernichtung, der der Mensch je erfunden hat, entfesselt wurde."

Und um die Angst vor den Gefahren des Atomzeitalters noch weiter zu verschärfen, hält der WT auch noch den folgenden Hinweis für erwähnenswert, auf dass seine Anhängerschaft, sich zu willigen „Selbstgeißlern" entwickeln möge, weil es so für die WTG-Schlange nützlich ist. So weiß der WT weiter zu belehren:

„Vor Jahren wurde berichtet, daß zwischen Menschen und Insekten ein Kampf tobe und die Insekten allmählich der Oberhand gewönnen. Und nun drücken Gutunterrichtete, trotz der Verwendung des DDT (Produkte zur Ungezieferbekämpfung), die Befürchtung aus, daß der schließliche Sieg der Insekten plötzlich beschleunigt werden könnte durch die Vernichtung der Menschen durch Atomkraft in einem weiteren Weltkriege."

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Geschrieben von Drahbeck am 03. März 2006 06:48:43:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 1. 3. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 02. März 2006 07:28:38:

Schon vor Drucklegung veraltet. Das wird man wohl zu dem in Deutsch 1946 erschienenen Buch "Die neue Welt" sagen können, dass in der "Trost"-Ausgabe vom 1. 3. 1946 euphorisch angepriesen wird. In Englisch bereits 1942 erschienen, wird es nun auch dem deutschsprachigen Publikum offeriert.
Eine dabei gewählte Zwischenüberschrift lautet: "Keine menschliche 'Neuordnung!'"
Das also glaubt man der Welt nach 1945, im Angesicht der Trümmerberge, verkünden zu sollen.
Trümmerberge, zwar nicht in den USA, wo jenes Buch geschrieben, aber eben in Europa und Deutschland im besonderen auch. Die Destruktivität solcher Thesen ist offensichtlich.
Noch immer dem Rutherford'schen Gedankengut verhaftet findet man darin auch solche Thesen wie:

"Religion ist alles das, was gegen das Tun des Willens Gottes ist".
Ein besonderes "Schmankerl" stellt auch die These auf Seite 104 dar:
"Demzufolge können irgendwann jene treuen Menschen der alten Zeit jetzt irgendwann zurückerwartet werden. Die Heilige Schrift gibt guten Grund zu dem Glauben, dass dies kurz vor dem Ausbruch Harmagedons geschehen werde.
In dieser Erwartung ist im Jahre 1930 in San Diego, Kalifornien, ein Haus gebaut worden, über welches die religiösen Feinde in der breiten Öffentlichkeit böswillig vieles geredet haben. Es trägt den Namen 'Beth-Sarim', was 'Haus der Fürsten' bedeutet. Zur Zeit wird es als Wohnstätte für die zurückkehrenden Fürsten verwaltet."

Allerdings hielt "Trost" es nicht für nötig, jenen Passus auch zu erwähnen. Zu handgreiflich kommt da doch die zweckbestimmte religiöse Einfalt, ein generelles Charakteristikum in der Frühzeit dieser Religionsorganisation, zum Ausdruck.

"Diese von Gott eingesetzten 'Fürsten' werden das auf Erden übernehmen, was die nazifaschistischen Diktatoren in verzweifeltem Ringen an sich zu reißen suchten", glauben die Narren ihrem Narrenpublikum weiter verkünden zu können.

Weinerlich meint man, unter Hinweis auf das Bibelbuch Hiob Kritik an diesem Narrenverein zurückweisen zu sollen.
Das erinnert dann doch wieder an George Orwells "Farm der Tiere", wo auch vollmundige Thesen plakatiert wurden, die dann allerdings später "ergänzt" wurden. Jene "Ergänzungen" desavouierten zwar die Kernaussage, aber formal blieb die ja bestehen.

Oder wenn Orwell berichtet, wie in seiner "Farm der Tiere" derjenige der mittels Installierung einer Windmühle das Leben leichter machen wollte, als "Verräter" an den hehren Grundsätzen verjagt wurde. Die Usurpatoren indes nacher seine Planung wieder aufnahmen, um sie als die "eigene" jetzt zu verkaufen.

Die gesamte WTG-Religion ist auf allen Ebenen ein einziger Abklatsch dessen, was Orwell schon mal mit seinen Parabeln plastisch beschrieben hatte!

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Geschrieben von Drahbeck am 16. März 2006 06:20:45:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 3. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. März 2006 06:48:43:

In einem Rückblick notiert der "Wachtturm" vom 15. 3. 1946 (Schweizer Ausgabe):
"Von 1928 an hatte ihnen (den WTG-Hörigen) Gottes Geist offenbart, daß sie in den herrschenden Behörden dieser Welt nicht die 'höheren Gewalten', denen jede christliche Seele untertan sein muß, zu erblicken haben, sondern daß diese Jehova Gott und Christus Jesus, sein 'Gebieter der Völkerschaften', sind. (Röm. 13:1; 'Der Wachtturm' vom 1. und 15. Juli 1929). In dieser Erkenntnis standen sie fest und unerschütterlich für die rechte Anbetung, die Anbetung Jehovas, ein."

Derart gestärkt, meint man noch 1946 (in dieser WT-Ausgabe) den Satz wiederholen zu können:
"Während wir aus dem entsetzlichen zweiten Weltkriege herauskommen und von seinem Alpdruck des nazifaschistischen Vatikan-Angriffs frei werden, sollten die Menschen das eine Bedeutsame nicht übersehen, nämlich den gesegneten Zustand der Tätigkeit und des Wachstums, in dem sich die sichtbare Organisation Jehovas auf Erden befindet."

Daraus abgeleitet, meint man prophezeien zu können:
"Die Freude, die verschiedene Nationen kürzlich darüber empfanden, daß sie durch die Heere der Vereinigten Nationen von den nazifaschistischen Tyrannen befreit wurden, wird nur von kurzer Dauer sein. Die zunehmende Bedrängnis und Ratlosigkeit aller Nationen wird in der Nachkriegszeit die Menschen ernüchtern und zu der tieferen Erkenntnis bringen, daß es außer den politischen Nazis und Faschisten noch andere Bedrücker und Unterjocher gibt, und daß keine Menschenmacht sie davon befreien kann. ..."

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Geschrieben von Drahbeck am 17. März 2006 05:53:18:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 15. 3. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 16. März 2006 06:20:45:

Euphorisch vermeldet "Trost" in seiner Ausgabe vom 15. 3. 1946 dass am 13. 1. 1946 über den Radiosender Stuttgart erstmals eine Sendung der Zeugen Jehovas ausgestrahlt wurde. Dies ist insofern bemerkenswert, als selbst zu Zeiten der Weimarer Republik, solcherlei Ansinnen von den Radiosendern in der Regel zurückgewiesen wurden.

Trost kommentiert:
"Wenn der Ansager von Radio Stuttgart gewußt hätte, dass Jehovas Zeugen unter dem Ausdruck 'Gottesdienst' viel mehr verstehen, als nur das Halten oder das Anhören einer sogenannten Predigt, dann hätte er sich höchstwahrscheinlich anders ausgedrückt. Dieses Evangelium
"m u ß" verkündigt werden."

Mit der Betonung auf das "muß" wurde der aggressive Charakter der Zeugen Jehovas herausgestellt, der sich in der Folge dann auf vielerlei Weise zeigte. Wie es in den Wald reinschallt, schallt es wieder raus, mag man dazu nur sagen.
Wer das nicht wahrhaben wollte, dem wurde das allerspätestens anlässlich des DDR-Verbotes demonstriert.

"Tätigkeitsbericht der Gruppe Groß-Berlin" nennt sich ein weiterer in dieser Ausgabe abgedruckter Artikel. Laut "Trost"-Angabe verfasst von Otto Daut. Laut Daut wurde die am 12. 12. 1936 verbreitete "Resolution" der Zeugen Jehovas in der Millionenstadt Berlin in 37.500 Exemplaren verbreitet. Er räumt weiter ein, dass einige Brüder sich aus Furcht zurückzogen, glaubt aber dass deren Stellen durch mutige Schwestern ersetzt wurden. Laut Daut setzte im Jahre 1943 eine regere Tätigkeit von Haus zu Haus ein, nachdem der Wachtturm "Fürchtet euch nicht" erschienen war. Letzteren kann man sich heute allerdings in Deutsch nicht ansehen, da in keiner bekannten Bibliothek die WT-Ausgaben (in Deutsch) im Zeitraum Mitte 1940 bis Oktober 1944 nachweisbar sind.

Für Juli 1945 bis September 1946 (als sogenannt erstem Dienstjahr) wird die Zahl der Verkündiger in Berlin auf 381 beziffert.
Weiter liest man:
"In Berlin und Umgebung sind über 90 Zeugen Jehovas aus dem Konzentrationslager zurückgekommen. Die meisten von ihnen haben alles verloren und sind gesundheitlich ruiniert. Trotz allen Bemühungen werden sie hier aber nicht als 'Opfer des Faschismus' anerkannt, weil sie für 'keine reale Grundlage' und nicht 'mit gewaltsamen Mitteln' gegen den Faschismus gekämpft haben. Es wurde ihnen deshalb keine oder nur ganz minimale Vergünstigungen zuteil."

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Geschrieben von Drahbeck am 17. März 2006 07:18:16:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 3. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 17. März 2006 05:53:18:

Um noch mal auf den zitierten „Wachtturm"-Artikel „Fürchtet euch nicht" (den „Trost" terminlich nicht näher beschreibt) zurückzukommen.
Es gab im fraglichen Zeitraum in der Tat zwei dafür in Betracht kommende Artikel. Einmal ein von Ludwig Cyranek verfasster; und zum anderen ein Artikel im in Deutsch gedruckten „Wachtturm" in der Schweiz vom 1. 12. 1933.

Erst einmal Cyranek. Über den zum Tode verurteilten Cyranek vermerkt Schröder in einer ihn betreffenden Studie, dass der „Anfang 1940 Briefe von inhaftierten und zum Tode verurteilten Wehrdienstverweigerern in der Schrift „Fürchtet Euch nicht" veröffentliche."

Genau dieser Aspekt sollte dann für das Naziregime der gesuchte Vorwand sein, für das über ihn ausgesprochene Todesurteil.

Offenbar kommt in die nähere Betrachtung aber nur der „Wachtturm"-Artikel vom 1. 12. 1933. Die diesbezügliche Chronologie wurde mal mit den Worten umrissen, dass via amerikanische Regierung dass Naziregime noch am 20. 9. 1933 eine Protestnote in Sachen WTG überreicht bekam. Harbeck gab zu der Zeit noch die Parole aus „Stillhalten", um diese diplomatische Intervention nicht zu konterkarieren. Der „Fürchtet euch nicht"-Artikel war dann quasi die offizielle Beendigung dieser diplomatischen Phase.

Da mag es doch mal angebracht sein, den in Rede stehenden Artikel sich einmal etwas näher anzusehen. Nachstehend einige Zitate aus ihm:

„Jehova hat es denen, die ihn lieben, völlig klar gemacht, daß die Gegenwart die Zeit seiner Vorbereitung zum Kriege ist, und daß der Kampf mit dem Feinde bald folgen und mit der gänzlichen Rechtfertigung des Namens Jehovas enden wird. 'Alles hat eine bestimmte Zeit' … Es ist Gottes Zeit, der Gesetzlosigkeit ein Ende zu bereiten.

Die römisch-katholische Hierarchie, die seit mehr als 1500 Jahren besteht, ist eine politische Organisation, obschon sie den Anspruch erhebt, Gottes Dienerin zu sein. Alle politischen Organisationen sind selbstsüchtig, aber die römische Hierarchie ist mehr als das. Menschliche Worte können es gar nicht beschreiben, wie gewissenlos, grausam und gesetzlos diese Organisation ist. Sie bedient sich aller erdenklichen Ränke und gemeiner politischer Methoden, um ihre Ziele zu erreichen. …

Im Staate Bayern, einem Bollwerk des Romanismus, hatte die Verfolgung der Zeugen Jehovas begonnen und schon nach wenigen Stunden wurden in römisch-katholischen Zeitungen Amerikas Mitteilungen darüber gebracht, was zeigt, daß letztere mit dem Hauptquartier in Rom in enger Verbindung standen. …

Die römisch-katholischen Knechte Satans haben den politischen Herrschern vorgestellt, Jehovas Zeugen betätigten sich in verwerflichen politischen Machenschaften, um die gegenwärtigen irdischen Regierungen zu stürzen. Das ist eine böswillige und ruchlose Lüge. Diese Repräsentanten Satans erheben die Anklage, Jehovas Zeugen wären Kommunisten und Sozialisten, eine Anklage, die absolut falsch ist. …

Weil Jehovas Zeugen bei den Menschen mit Büchern vorsprechen, die die Königreichsbotschaften enthalten, und weil sie von den Leuten, die diese Bücher nehmen, einen Beitrag annehmen, der doch geringer ist als die Kosten der Herstellung und Ablieferung der Bücher, so beschuldigen die sichtbaren religiösen Vertreter Satans diese treuen Prediger des Evangeliums, daß sie 'ohne gesetzliche Erlaubnis hausierten' und lassen sie verhaften. …

Einige mögen einwenden: 'Wenn wir angesichts solch heftiger Verfolgung und Bekämpfung fortfahren, unter das Volk zu gehen und diese Wahrheiten öffentlich zu verkündigen, so fürchte ich, daß wir umgebracht werden können.' Das ist wahr ... Jesus wußte diese Tatsache natürlich voraus …"

Im WTG-Buch „Jehovas Zeugen in Gottes Vorhaben" (S. 143) wir dann in Auszügen jener eben zitiert WT-Artikel auch mit vorgestellt. Das dortige Charakteristikum ist allerdings.
Die antikatholische Komponente lässt man „dezent" unterm Tisch verschwinden. Den Hinweis auf die USA-Auseinandersetzungen etwa in Plainfield ebenso.

Also fasst man das zusammen, ergibt sich das Resultat, jener „Fürchtet euch nicht"-WT-Artikel, war eine Hetzschrift gegen die katholische Kirche, die offenbar unterschwellig für das Verbot in Hitlerdeutschland als „maßgeblich verantwortlich" haftbar gemacht werden soll. Dass alles in den Rahmen der Endzeit-Naherwartung eingeordnet, da der „Kampf mit dem Feinde (Jehovas) bald folgen" solle.

Was den Aspekt Verhaftungen wegen Hausierertätigkeit anbelangt, so ergibt der weitere Kontext dieses WT-Artikels. Das bezieht sich vorrangig auf die USA, wo es solche Verhaftungen auch gab. William Schnell etwa, berichtet in seinem ZJ-bezüglichen Buch weitere Details über diese „Heuschreckenplage".

Man muss jedoch auch sagen.
Eine Anpassung etwa an deutsche Verhältnisse ist in diesem WT-Artikel nicht sonderlich registrierbar. Wenn in den USA in Plainfield etwa, Verhaftungen stattfinden, dann sieht offenbar der WT dasselbe „Strickmuster" sich auch in Hitlerdeutschland wiederholend.

Wahrlich wenn man diese WT-Artikel-Verfasser als von Milchmädchenlogik getränkt bezeichnen würde, wäre dass wohl noch eine maßlose Untertreibung.

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Geschrieben von Drahbeck am 02. April 2006 07:28:32:

Als Antwort auf: Re: Fürchtet euch nicht WT-Artikel geschrieben von Drahbeck am 17. März 2006 07:18:16:

Man registriert schon einige Merkwürdigkeiten in den frühen "Wachtturm"-Ausgaben des Jahres 1946. So findet man bei dessen Hauptartikeln auch am Ende die Angabe, aus welcher Ausgabe des englischen "Watchtower" die jeweilige Übersetzung stammt. Das zwischen der Schweizer und der deutschen Ausgabe des "Wachtturms" (Jahrgang 1946) erhebliche inhaltliche Unterschiede bestehen, wurde schon registriert. Ein Beispiel dafür ist auch die "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 4. 1946.

Dessen deutsche Variante präsentiert zwei Hauptartikel die aus dem englischen "Watchtower" vom 15. 12. 1945 und einer der sogar vom 1. 7. 1944 entnommen wurde. Wie selbstverständlich wird in diesem Artikel noch vorausgesetzt, dass politischer Antisemitismus, dominierende politische Hauptprämisse sei. Das alles in Pseudoreligiöses Palaver verpackt. Das inzwischen sich die politische Großwetterlage grundlegend gewandelt hat, kommt darin nicht gebührend zum Vorschein. Geschuldet diesem Rückgriff auf "alte Klamotten".

Etwas "zeitgemäßer" hingegen war die Schweizer Ausgabe der gleichen WT-Ausgabe. Sie vermag immerhin schon übersetzte Artikel aus dem englischen "Watchtower" vom Februar 1946 zu offerieren; was in Anbetracht des Übersetzungsvorlaufes der damaligen Zeit, als in etwa "aktuell" einzuschätzen ist.

Genannte Ausgabe des Schweizer "Wachtturms", geht auch auf die Entlassung am 26. 3. 1919 der WTG-Führung aus dem Gefängnis ein, um daran folgende grundsätzliche Interpretation anzuhängen. Offenbar war dieser Gefängnisaufenthalt für die WTG-Führung eine traumatische Erfahrung. Ihren Frust darüber macht sie dann in den Worten Luft:

"Dieser Zustand der Unterwürfigkeit schickte sich nicht für solche auf Erden, welche das himmlische Zion vertreten und Kinder des Jerusalems sind, das droben ist ...
Es war nicht zeitgemäß, sich zu unterwerfen, wenn sie in die Verkündigung des Reiches Jehovas, das im Jahre 1914 n. Chr. begonnen hatte, störend eingriffen."

In der Substanz war das ja nichts anderes als eine offene Kampfansage. Die Praxis der Geschichte der Zeugen Jehovas bewies denn auch, dass dem so war.

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Geschrieben von Drahbeck am 03. April 2006 04:54:46:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 1. 4. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 02. April 2006 07:28:32:

Schlimmes mussten die Zeugen Jehovas in den Konzentrationslagern erleiden. Darüber kann es keinen Zweifel geben. Es ist auch andernorts dokumentiert. Ein nicht zu übersehender Prozentsatz hat denn auch diese KZ-Torturen nicht überlebt.
Es gab durchaus unterschiedliche Phasen. Ganz besonders schlimm war es in den Anfangsjahren. In den 40er Jahren gab es im Vergleich gesehen, durchaus gewisse relative "Abmilderungen". Dokumentarisch belegt durch jenes Himmlerdokument aus dem Jahre 1944, wonach er die Zeugen Jehovas "künftig" zur Pazifizierung des zum Sklavendasein von ihm verurteilten sowjetischen Volkes einsetzen wollte.

Er konnte seine Planungen die Zeugen Jehovas als Kapos in der Sowjetunion einzusetzen, so nicht mehr umsetzen. Der Kriegsverlauf war ein anderer. Immerhin ist die Politik der SS in jenen Jahren durchaus schon dieser Planung angepasst.
"Trost" berichtet in seiner Ausgabe vom 1. 4. 1946 wie es den Zeuginnen Jehovas in der Anfangszeit der KZ-Internierung erging. Offensichtlich war alles darauf ausgerichtet, sie buchstäblich zu vernichten.
Nicht zu übersehender Fanatismus auch auf Seiten der Zeugen Jehovas, führte zu weiteren Eskalation. Auch dabei feststellbar: Ein großer Teil der besonders Fanatischen hat die KZ-Lager nicht überlebt. Die überlebt haben waren doch wohl eher die etwas "Gemäßigteren".
In der genannten "Trost"-Ausgabe liest man unter anderem:

"Am 15. Mai 1939 kamen wir als erste in Ravensbrück an. Damals standen nur wenige Baracken in einer Sandeinöde, auf die unbarmherzig die Sonne herabbrannte. Zu trinken hatten wir fast nichts, weil wir das Wasser, als ungeeignet, nicht zu trinken wagten. Wir mußten Steine klopfen und sie auf steilen Laufplanken zu den neuen Gebäuden hinauftragen, Straßen bauen, Fundamente ausgraben, Kanäle schachten, Kabel verlegen, mit Beilen Wurzelstöcke roden, Sand schaufeln und dergleichen hatte Arbeit mehr verrichten. Aus Kähnen mußten wir Ziegel ausladen und sie den ganzen Tag von Hand zu Hand werfen. Unsere Hände bluteten, da wir sie nicht mit Lappen umwickeln konnten. Man hatte uns alles weggenommen. Die Schmerzen waren fast unerträglich; an jedem Ziegel klebte Blut."

Weiter wird vermerkt, dass nach einer gewissen Zeit, die Zeuginnen Jehovas von diesem Arbeitskommando abgelöst wurden.
"Den Häftlingen, die nun Ziegel auszuladen hatten, gab man als Handschutz dicke Handschuhe, während Jehovas Zeugen die Arbeit mit bloßen Händen zu verrichten hatten.
Jetzt begann die geisttötende endlose Sandschipperei, Tag für Tag. Die Frauen, besonders die Zeugen Jehovas, mußten damals die schweren Ausschachtungsarbeiten für die vielen Personal-, Führer- und Unterführer-Häuser machen. Dabei waren noch nicht einmal genügend brauchbare Schaufeln vorhanden. Selbst die Alten und solche, die vordem auf der Lichtenburg nur als beschränkt arbeitsfähig geschrieben worden waren, mußten mit zum Sandschippen. So standen Frauen von mehr als sechzig Jahren und Halbkranke zwischen jungen Mädchen; oftmals mußten sie mit Berufsverbrecherinnen zusammen arbeiten."

Eine Augenzeugin berichtet:
"… Man schickte uns dann in eine kleine Föhrenpflanzung, wo wir von morgens sieben Uhr bis abends sechs Uhr Bäumchen zu setzen hatten. Zu essen erhielten wir zwei belegte Brotschnitten, zu trinken einen Krug Kaffee. In der Mittagspause sammelten wir Unkraut und aßen es mit dem Brot, denn der Tag war lang. Schließlich gewöhnten wir uns ans Hungrigsein und merkten es gar nicht mehr. Am Abend, bei der Rückkehr in die Baracken, hatten wir den Zählapell mitzumachen, der fast immer zwei Stunden dauerte, und erhielten dann ein so saures Essen, dass man die Gärung in der Schüssel sehen konnte."

Eine andere Augenzeugin berichtet:
"Wir kamen bald danach auf ein Bauerngut in der Nähe, wo wir Kartoffeln aus einer Miete herausholen mußten. Wir hatten die steinhart gefrorene Erde über der Miete mit dem Pickel wegzuhacken, um die Kartoffeln, die meist verfault waren, aus dem Eis herauszubekommen. Meine Hände waren oft so steif, dass ich die Kartoffeln nicht packen konnte. Auch hatten wir schwer unter dem Hunger zu leiden. Ein bis zweimal konnten wir Feuer machen und Kartoffeln rösten. Das war ein Festmahl!
Später pflanzten wir auf dem Gute junge Föhren. Als dann etwas zu wachsen begann, beschwichtigten wir unseren Hunger mit verschiedenen Sachen, wie Gänsefußgewächsen, Brennnesseln, Stiefmütterchen, Löwenzahn, Kirsch-, Birken-, Holunder- und anderen Blättern. Das mußte mit Vorsicht geschehen; denn wenn die Aufseherin uns etwas pflücken sah, schlug sie auf uns ein.

An unseren Beinen zeigten sich überall Geschwüre; die meinen waren besonders schlimm. Im Juni erhielt ich die Mitteilung, dass mein Mann in der Männerabteilung von Ravensbrück gestorben war. Seit unserer Verhaftung hatte ich keinerlei Nachricht von ihm und wußte nicht, wo er war. Nach Auschwitz wurde ein großer Transport zusammengestellt und eine meiner Schwestern mit dafür bestimmt. Bei der Abfahrt am 1. Juli sagte sie uns: 'Ich komme fort und werde euch nicht wiedersehen.' Sie hat die Wahrheit gesprochen. …
Die Ernährung im Lager wurde immer schlechter, und das bekamen wir an unserem Körper alle zu spüren. Anfangs Januar erkrankte ich wiederum. Mein Magen und die Gedärme waren für nichts aufnahmefähig. Nach einer Weile entzündete sich der Mund und schwoll überall an, auch die Zunge, und das griff sogar auf das Gesicht über. Nunmehr war es mir ganz unmöglich, etwas zu essen. Es handelte sich um Skorbut, durch Vitaminmangel und schlechte Ernährung verursacht. Zum Glück erhielten wir gerade dann ein Paket vom dänischen Roten Kreuz mit Haferbiskuits und anderem. Mit großer Mühe brachte ich davon etwas hinunter. Auch die andern Geschwister gaben mir ihr Hafergebäck. Das ermöglichte es mir, die letzten Monate vor unserem Auszug aus Ravensbrück noch durchzuhalten."

Ein weiterer Bericht vermerkt:
"Am 19. Dezember 1939 mittags mußten alle Zeugen Jehovas, sowohl aus Innenbetrieben als auch von Außenkommandos, auf dem Lagerplatz antreten. Der Lagerkommandant fragte, wer sich bereit erkläre, Taschen, wie er eines zeigte, für die Soldaten zu nähen."
Nach der verbalen Ablehnung jenes Anliegens geht der Bericht weiter mit den Worten:
"Voller Wut schrie er: 'Alles ab, hinter den Zellenbau!' Dort mußten wir bis abends ohne Essen bei 15 bis 20 Grad Kälte stehen. Einige waren ohne Jacken, da sie aus Innenbetrieben gerufen worden waren. Über Nacht steckten sie uns zu sieben bis acht in die kleinen Einzelzellen im neuerbauten Zellenbau, wo wir auf dem blanken Boden ohne Decken kampieren mußten. Am nächsten Morgen hieß es wieder: 'Raus in den Hof!', wo wir wiederum bis zum Abend unbeweglich stehen mußten. Am Mittag gab es nur eine halbe Portion Essen. Bis zum 24. Dezember mußten wir so täglich draußen in der Kälte stehen. Ab 25. ließen sie uns in den stockfinsteren kalten Arrestzellen sitzen, ohne dass wir wußten, was sie nun mit uns vorhatten. Sie gaben uns drei Tage lang weder etwas zu essen noch zu trinken. Von da an setzte die Arrestverköstigung ein, das heißt, es gab jeweils drei Tage hintereinander je 200 Gramm Brot und einen Becher Kaffee und jeden vierten Tag mittags eine knappe Portion warmes Essen und am Abend etwas Suppe. So vergingen drei Wochen. …
Als sie nach diesen drei Wochen unmenschlicher Quälerei herausgelassen wurden, waren sie alle krank und sehr schwach und hatten Leichengeruch an sich. Doch schon am nächsten Tage ließ man sie wieder bei 28 bis 30 Grad Kälte Schnee schaufeln. …

Nun ging es den ganzen Winter hindurch tagtäglich von früh bis spät in der dünnen Sommerkleidung bei der eisigen Kälte zum Schneeschippen und Schneefahren, sowie zu Aufräumungsarbeiten, hauptsächlich von Baumaterialien. Hatten sie keine derartigen Arbeiten, deren Notwendigkeit allenfalls noch einzusehen war, so schickten sie uns mit Pickeln und Schaufeln in die zu Stein gefrorenen Sandberge, nur damit wir immer draußen sein mußten. …Dies änderte sich noch nicht einmal, nachdem unsere Strafzeit vorüber war. Das Essen war in jenen kalten Wochen an und für sich für das ganze Lager knapp, weil die Bauern bei der Kälte die Mieten nicht aufmachen wollten. Aber wir Zeugen Jehovas bekamen noch weniger als die andern; und wenn etwas fehlte, wurde aus unserem Kübeln genommen und Wasser zugegossen. In der Zeit vom 19. Dezember 1939 bis Ende März 1940 magerten wir zum erstenmal bis auf das Skelett ab."

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Geschrieben von Drahbeck am 16. April 2006 07:38:34:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 4. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. April 2006 04:54:46:

Der Schweizer "Wachtturm" vom 15. 4. 1946 (deutscher "Wachtturm" 15. 5. 1946) schreibt unter der Überschrift "Wiederaufbau- und Hilfswerk in Europa" über die Schweiz unter anderem folgendes:
"In den Jahren 1939 - 1945 stand das Zweigbüro der Watch Tower-Gesellschaft in Bern, Schweiz, gleich einer einsamen Insel im tobenden Meere des totalen Krieges unbeweglich da. Sieben Jahre waren verflossen, ehe jemand vom Hauptbüro in Brooklyn, New York, mit den Zeugen Jehovas in der Schweiz persönlich Fühlung nehmen konnte. Während dieser Zeit, bis hinab zum achtzehnten November, dem Tage, da der Präsident der Gesellschaft, N. H. Knorr und sein Sekretär, M. G. Henschel, in der Schweiz eintrafen, hatte sich daher manches angehäuft. ...

Seit 1930 haben Jehovas Zeugen in dieser kleinen Republik der Schweiz, welche vier Millionen Einwohner zählt, mehr als neun Millionen 'Wachtower-Schriften, wie Bücher Broschüren und Zeitschriften verbreitet. ... Das Eine, was unter den verschiedenen Tätigkeitszweigen am dringendsten der Verbesserung zu bedürfen schien, war der Vollzeit-Pionierdienst. Nur vier solcher Pioniere erschienen auf der Liste des Berner Büros. ...
Die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung ist nüchtern und oft sehr vorsichtig im Prüfen biblischer Fragen; doch gleichwie in vielen andern Ländern muß der harte Widerstand der Religionisten und sehr religiöser Leute überwunden werden. Da gibt es viele Probleme zu lösen, besonders in den katholischen Gegenden dieses schönen Landes; denn in der Schweiz besteht die Freiheit der Rede und der Verbreitung gedruckter Nachrichten nicht in gleichem Maße wie in den Vereinigten Staaten. ...

Die Basler Gruppe ist die größte in der Schweiz. Durch den ganzen Sturm hindurch, der sich geistigerweise dadurch erhob, daß einige Geschwister abfielen und nachher entsprechend handelten, ist diese Gruppe unentwegt vorwärtsgegangen, und nur ganz wenige haben sich fortziehen lassen. Basel hat von allen Schweizergruppen die größte Verkündigerzahl, indem von den 339 Mitverbundenen 284 regelmäßig Berichte abgeben."

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Geschrieben von Drahbeck am 17. April 2006 05:52:25:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 15. 4. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 16. April 2006 07:38:34:

Gelegentlich wird von den Zeugen Jehovas Martin Niemöller zitiert. Dies aus dem Grunde, weil er sich über sie einmal positiv äußerte (beispielsweise im "Wachtturm" vom 1. 1. 1997 S. 32 und weiteren Belegstellen). Erläuternde Details werden zu Niemöller allerdings in der Regel nicht mitgeteilt. Es geht der WTG nur um die eine, isolierte Passage, wo er sich über die Zeugen Jehovas positiv äußerte.

Niemöller war wie viele andere seines "Standes" ursprünglich stramm "deutschnational". Er ist dann in eine Rolle hineingewachsen, die er so vielleicht gar nicht mal wollte. Er gehörte mit zu jenen Kirchenführern, die noch Anfang 1934 von Hitler empfangen wurden. Da allerdings zeigte sich schon, wozu das Hitlerregime fähig. Vor versammelter Mannschaft wurde er in aller Form desavouiert, indem Göring im Auftrag Hitlers ein abgehörtes Telefonat des Niemöller verlesen lies. Allein schon dieser Umstand, dass abgehörte Telefonate verlesen werden (unabhängig von ihrem Inhalt), zeigte denn allen Anwesenden - denen darauf das Herz in die Hose rutschte - wozu dieses Regime fähig. Niemöller wurde dann zunehmend der Sprecher der innerkirchlichen Opposition gegen das Hitler'sche Staatskirchentum im Form der sogenannt "Deutschen Christen". Und perspektivisch, wie viele andere Gegner des Naziregimes auch, in ein KZ verfrachtet.

Heute feiert auch die WTG Niemöller, weil er im Jahre 1946 die Zeugen Jehovas mal lobte. Das war eine Einzeläußerung, die er danach nicht mehr wiederholte. Sie bringt die Trauer darüber zum Ausdruck, dass es die "heile Welt" in der evangelischen Kirche nicht gab. Eine Detail-Auseinandersetzung, ob der Lobes-Gegenstand wirklich eine "echte Alternative" sei, erfolgte auch durch Niemöller nicht. Er zog es auch vor, sich seinem Lobesgegenstand keineswegs nunmehr anzuschließen. Das lag ihm auch weiterhin fern. So wie auch der Zeugen Jehovas-Lober Detlef G., sich nie den Zeugen Jehovas angeschlossen hat.

Heute ist Niemöller für die WTG nur in vorstehendem, begrenzten Umfang interessant. Es ist aber vielleicht doch der Erwähnung wert, dass es eine Zeit gab, wo man auch über Niemöller, in Zeugen Jehovas-Zeitschriften kritische Details lesen konnte. Und zwar im Jahre 1946.
In der "Trost"-Zeitschrift vom 15. 4. 1946 zitiert die WTG aus der schweizerischen Zeitschrift "Der Aufbau" vom 18. 1. 1946 eine Lesermeinung. "Trost" schreibt dazu:

Anlaß dazu (für den Leserbrief) gibt das Januarheft der 'Jungen Kirche', das unter der Rubrik 'Menschen von denen wir lernen', den Pastor Niemöller in Wort und Bild erscheinen läßt. Er sei es, von dem die evangelische Jugend der Schweiz Wertvolles zu lernen habe. Dazu schreibt der 'Aufbau':

'Was soll sie von ihm lernen? Nun, sie darf zum Beispiel von ihm lernen, wie man heutzutage einen robusten Nationalismus mit tiefsinnigem, lutherischen Christentum verbinden kann. Sie kann von Niemöller lernen, wie man in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen in Deutschland berühmt werden konnte, wenn man ein Buch schrieb, das den kitschigen Titel trägt: 'Vom U-Boot zur Kanzel'. Wir alle können von ihm lernen, wie man bei den evangelischen Angelsachsen und Schweizern immer noch als Märtyrer verehrt werden kann, auch wenn man als Insasse eines Konzentrationslagers plötzlich den Hitlerkrieg bei der U-Boot-Waffe aktiv mitzumachen wünschte. Wir lernen tatsächlich von ihm, dass man sich manchen Widerspruch leisten darf, ohne deswegen beargwöhnt zu werden, wenn nur ein internationaler evangelischer Pressedienst stets beflissen ist, einem alles zum Guten auszulegen. In der Tat, die kirchliche Geschäftigkeit und der evangelische Personenkultus um Niemöller sind groß, das kann kein Mensch bestreiten.

Warum auch wird unter den Hunderttausenden, die in deutschen Konzentrationslagern unsäglich litten, gerade diesen Niemöller als einer der Allerwürdigsten gefeiert? Viele Geistliche beider Konfessionen starben in diesen Lagern. Die oft so verachteten Ernsten Bibelforscher benahmen sich dort würdevoll und heldenhaft, wie wir eben jetzt aus den Gerichtsverhandlungen von Nürnberg erfahren. Würde es uns einfallen, das wahre christliche Heldentum der Bibelforscher zu feiern? Lächerliche Frage! In einer Berichterstattung aus Nürnberg heißt es u. a.: 'Der Ankläger gab eine eidesstattliche Erklärung zu Protokoll, nach der sich bereits vor dem Kriege zu einem bestimmten Zeitpunkt hundertfünfzig Bibelforscher allein im Konzentrationslager Dachau befunden hätten, obwohl die Sekte nur klein war.'
Wir Kirchenchristen übersehen diese kleine Helden, denn wir müssen den einen großen Christen feiern, Pastor Niemöller, der nun die Schuld der deutschen Kirchen in rührender Weise anzuerkennen beginnt … Bedenken wir aber, dass Schuldbekenntnisse, die man in letzter Minute, wenn man sowieso keine andere Wahl mehr hat, abgibt, im Grunde nicht schwer wiegen. Der moderne Christ hat nämlich längst herausgefunden, dass er dann am besten fährt, wenn er als Pharisäer die Pose des Zöllners annimmt und weithin vernehmbar bekennt: "Gott sei mir Sünder gnädig." Diese Tatsache heißt uns vorsichtig werden bei plötzlichen Schuldbekenntnissen, denen eine übereifrige Presse sofort eine große Publizität gewährt…"
J. Tscharner. 'Der Aufbau', v. 18. Jan. 1946."

An diese Replik der WTG-Zeitschrift "Trost" möchte die heutige WTG nicht mehr erinnert werden. Sie braucht nur einen billigen Lobsänger a la G., und da passte Niemöller auch mal ins Konzept. Nachstehend noch der fragliche Lobgesang des Niemöller, an dem die heutige WTG sich nicht genug ergötzen kann.

Niemoeller27.jpg (189919 Byte)

 

Niemoeller28.jpg (194939 Byte)

 

Geschrieben von + am 17. April 2006 11:54:08:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 4. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 17. April 2006 05:52:25:

Die Fotografien des vorangegangenen Artikels müssten aus dem Buch:
„Ach Gott vom Himmel sieh darein — Sechs Predigten"
von Martin Niemöller aus dem Jahre 1946 stammen.

Die Zitate der Wachtturm Gesellschaft nehmen in steter Regelmäßigkeit auf dieses Buch Bezug.

WT 1997 1. 1. S. 32
Wer ist schuld an Kriegen?
KANN Gott für die Kriege verantwortlich gemacht werden, die die Menschen führen? „Nein, Gott will den Krieg nicht." Diese Antwort gab Martin Niemöller, ein bekannter deutscher Geistlicher der evangelischen Kirche, kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Seine Aussagen wurden 1946 in dem Buch Ach Gott vom Himmel sieh darein — Sechs Predigten veröffentlicht. Darin wird über Kriege gesagt:

„Wer Gott hier verantwortlich machen will, der kennt Gottes Wort nicht, oder will es nicht kennen. Freilich, das ist eine andere Frage, ob nicht wir Christen ein gut Teil Schuld an den ewigen Kriegen tragen? Und von dieser Frage kommen wir so leicht nicht los . . .; man kann mit gleichem Recht daran erinnern, daß sich christliche Kirchen Jahrhunderte hindurch immer aufs neue dazu hergegeben haben, Kriege, Truppen und Waffen zu segnen und daß sie in ganz unchristlicher Weise für die Vernichtung der Kriegsgegner gebetet haben. Alles das ist unsere Schuld und die Schuld unserer Väter, aber gewiß nicht Gottes Schuld. — Und zumal wir Christen von heute stehen beschämt da vor einer sogenannten Sekte wie der der ernsten Bibelforscher, die zu Hunderten und Tausenden ins Konzentrationslager und in den Tod gegangen sind, weil sie den Kriegsdienst ablehnten und sich weigerten, auf Menschen zu schießen."

Die Worte Niemöllers geben heute, gut 50 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, friedliebenden Menschen zu denken. Nein, Gott ist wirklich nicht an dem Blutvergießen der Nationen schuld! Durch seine wahren Anbeter, die sich aus den Konflikten der Welt heraushalten, läßt Gott sogar verkünden, daß das Ende aller Kriege nahe bevorsteht (Psalm 46:9; Johannes 17:16).

Pfugscharen.jpg (46933 Byte)

Ebenso im
Erwachet 1995 22.8 Seite 14
Erwachet 1993 22.4 Seite 7
Erwachet 1972 8.10 Seite 23
Das Leben — Wie ist es entstanden? Durch Evolution oder durch Schöpfung? Kap. 18 S. 229 Ist die Bibel wirklich von Gott inspiriert?
Ein Buch für alle Menschen S. 25 Ein nützliches Buch für das heutige Leben

In Nachfolgenden Artikel von 1985 wird Niemöller anfängliche Einstellung zu Hitler übrigens kritisch dokumentiert:

Erwachet 1985 8. 6. S. 8
Nationalsozialismus abgelehnt — Von wem?
Unter Protestanten wird Pastor Martin Niemöller oft als ein standhafter Gegner des Naziregimes bezeichnet. Dazu schreibt jedoch der Autor H. S. Brebeck: „Eine einzige Frage war es, die ihn von den politischen Zielen Hitlers trennte: ,Wer regiert die Kirche? Die Kirche selbst oder die Partei?' Politisch aber war er bedenkenlos dabei." In einem Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der aus Anlaß des Todes Niemöllers im Jahre 1984 erschien, hieß es: „Wie fast alle Führer des deutschen Protestantismus begrüßte er anfänglich die von Hitlers Führung ersehnte deutsche Wiedergeburt."

Bei all den Zitaten über Niemöller geht es um zwei Dinge:

1. Die Christenheit beteiligte sich an dem Kriegshandwerk
2. Sie begrüßten zumindest Anfangs das Naziregime

In keinen dieser Artikel fand ich jedoch auch nur ansatzweise den Hinweis darauf dass sich die Wachtturm Gesellschaft selber aktiv, weltweit und parteilich an dem ersten Weltkrieg beteiligt hat und auch am Anfang selber versucht haben sich mit Hitler zu Arrangieren.

Hier sei besonders auf die Sonderausgabe des Erwachet 1972 vom 8.10 auf Seite 12 hingewiesen:

Erwachet.Sonderausgabe.jpg (24857 Byte)

Erwachet 1972 8. 10. S. 12
Die Rolle der Religion in den Kriegen vergangener Jahrhunderte
„Es gab auch Völker, bei denen die Geistlichkeit die Kriege nicht nur duldete oder billigte, sondern direkt zum Krieg aufforderte."

Der Erwachet widmet über drei Seiten, den Kriegshetzen der Kirchen im ersten Weltkrieg.
Mit keinem einzigen Wort wird jedoch erwähnt das die Wachtturm Gesellschaft mit der gleichen hetzte gegen Anglo-Amerika wetterte und jeden tapferen Kreuzesstreiter zum Kampf gegen das böse auf der englischen Frontseite aufforderte.

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Insbesondere sei hier auf den gerne verwendeten begriff „Pfarrer präsentieren das Gewehr" hingewiesen.

Es wird jedoch „Vergessen" darauf hinzuweisen das wir im ersten Weltkrieg die eifrigsten geistlichen Kriegsbegleiter waren.
Es gab eigene Briefe für unsere Brüder im Felde.
Es gab Felddienstberichte.
Den eigenen Jahrestext von 1915.
Gedächtnissmahl im Schützengraben.
Wir druckten eigene Felddienstliteratur.
Gebetvolle Anteilnahme in Kongressen.

Alle Bibelforscher waren bekannt dafür und von der Wachtturm Gesellschaft aufgefordert in ihrem Felddienst das Wort Gottes zu verbreiten und den armen verblendeten, neben ihnen im Schützengraben, den Sinn und Zweck dieses Krieges zu erklären.

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Zeugen Jehovas im Schützengraben und in der Marine waren alle Priester unter Waffen.

Der Wachtturm erklärte ihren Schäfchen dass der Krieg nicht umsonst ist und die Zehntausende die rechts und links fallen für Jesus fallen.
Das Jehova diesen Krieg fordert und Jehova diesen Krieg gutheißt wie die Kriege der Israeliten.

Der Erwachet schreibt:

Erwachet 1972 8. 10. S. 15
Religion und Kriege in der Neuzeit
„Bist du entsetzt, solche Äußerungen zu lesen? Doch solche und ähnliche Äußerungen konnte man während des ganzen Weltkrieges von vielen Geistlichen hören oder in religiösen Zeitschriften lesen. Wenige Geistliche der beiden kriegführenden Parteien waren dagegen, daß gekämpft und getötet wurde. R. H. Abrams schrieb, es sei ihm nicht gelungen, einen einzigen Priester ausfindig zu machen, der nicht mit dem Krieg einverstanden gewesen sei.
Nun begreifst du, warum der britische Brigadegeneral Frank P. Crozier schrieb: „Die christlichen Kirchen verstehen es ausgezeichnet, die Mordlust zu wecken, und wir haben sie fleißig dazu benutzt."

Dies gilt insbesondere für die Wachtturm Gesellschaft die mit hurra! Rufen ihre Schäfchen dazu aufforderte an der Seite ihres Königs als tapfere Kreuzesstreiter unter ihrem Banner „Kreuz und Krone" in den Krieg zu ziehen.
Die ganze Waffenrüstung anzulegen und ihrem Feldherrn treu zu folgen.

Es gab schon Brüder die dagegen waren.
Engländer und Amerikaner die sich weigerten für die Armee des Drachens in den Krieg zu ziehen.
Gegen den Dienst in der falschen Armee - aber für den Tod der menschenrechtsverletzenden Engländer und Russen.

Abschließend sei hier diese himmelschreiende Lüge auch als Foto belegt.

Wachtturm 1998 vom 1.1. Seite 32

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Dort heißt es

„Die zwei Weltkriege unseres Jahrhunderts brachen beide in Ländern der Christenheit aus und kosteten 50 bis 60 Millionen Menschen das Leben. Von Jehovas Zeugen kann jedoch richtigerweise gesagt werden, daß sie sich weder an diesen Kriegen beteiligten noch in irgendwelche momentanen Auseinandersetzungen verwickelt sind."
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Geschrieben von Drahbeck am 02. Mai 2006 07:04:06:

Als Antwort auf: Re: Niemöller geschrieben von + am 17. April 2006 11:54:08:

Als Reklame für die Schwesterzeitschrift "Der Wachtturm" bietet "Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 5. 1946 eine "Leseprobe" aus dem "Wachtturm" an. Leseprobe, dass bedeutet auch: Es wurde eine Passage ausgesucht, die man für besonders aussagekräftig hielt. Als Quellenangabe wird hinzugefügt. Entnommen der (Schweizer) Ausgabe des "Wachtturms" vom 1. 3. 1946.
Der Vergleich ergibt, dass der gleiche Artikel in der deutschen Ausgabe des "Wachtturms" erst in der Ausgabe vom 1. 5. 1946 erschien. Dies ist ohne Zweifel den damaligen Nachkriegsverhältnissen zuzuschreiben, die eine synchrone Veröffentlichung zeitgleich in der Schweiz und in Deutschland noch nicht zuließen. Kriterium ist indes auch, was man da inhaltlich "rüberbringen" wollte. Man liest in genannter Leseprobe:

"…Der Mensch ist ins Atomzeitalter eingetreten, aber seine Hoffnung, die Atomenergie zu Zwecken der Industrie und Mechanik zu gebrauchen und den Menschen Arbeit zu ersparen, läßt es nicht allzu rosig erscheinen. Vielmehr erweckt das neue Zeitalter gräßliche Furcht vor der noch verderbenbringenderen Entwicklung der Atomenergie zu Kriegszwecken oder zu einem Frieden, der durch Gewalt aufrechterhalten wird. Wo wird die Sache enden? und wer kann die Möglichkeit verneinen, daß eine solche verhängnisvolle, an herzlose Maschinen gespannte Kraft in die Hände von Verrückten geraten kann, um von irgendeinem teuflischere Menschen oder von einer Gruppe von Menschen, die auf Weltherrschaft ausgehen, unter dem rücksichtslosen Motto "herrschen oder vernichten" gebraucht zu werden?

… Weitsichtige Menschen erklären, daß die jüngste internationale Erfindung zur Aufrechterhaltung von Frieden und Sicherheit, bekannt als die "Organisation der Vereinigten Nationen", bereits durch die Atombombe überholt sei, und sie rufen nach einer Weltregierung. Indes bietet eine solche Weltregierung an Stelle eines bloßen Nationenbundes wenig oder gar keinen Trost. Wer wird in einer Welt, die durch all die Tausende von Jahren ihrer Geschichte kein bißchen erneuert worden ist, Gewähr bieten, daß eine solche Weltregierung, der viele verschiedene Atombomben zur Verfügung stehen, nicht das mächtigste Instrument zur Versklavung und Vernichtung wird, besonders wenn sie unter der Gewalt der unsichtbaren bösen Geister, der Dämonen Satans, der geistigen Organisation des Teufels steht?

Die vorangehenden Zeilen weisen nur auf das hin, was Menschen und Dämonen der Erde und ihren Bewohnern mit den schon vorhandenen Mitteln antun könnten. "Daß Herz steht einem dabei still!" könnte man sagen. Was aber, wenn wir zur Bibel greifen, um ihre vor langem gemachten Voraussagen mit den Geschehnissen der jüngsten Vergangenheit, der Jahre seit 1914 n. Chr., zu vergleichen ? Dann sehen wir, daß die Zukunft für die Menschheit noch unheilvoller aussieht. Sie ist so unheilvoll wie in den Tagen Noahs vor der Flut, die über die ganze Erde kam. Die Bibel ist auf das Diktat Jehovas hin geschrieben worden, der die unendliche Quelle der Atomenergie ist. Sie sagt voraus, was durch Jehovas Hand über dieses Geschlecht hereinbrechen wird, damit all den unmenschlichen Taten ein Ende gesetzt sei."

Soweit dieses "Wachtturm"-Zitat, dass allerkräftigst auf dem Endzeitklavier herumhämmert.

In der deutschen "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 5. 46 liest man weiter:
"Die Erwägung, in der Nachkriegszeit somit öffentlich und persönlich das gesunde Wort Gottes den Nationen zu verkündigen, mag einige 'Wachtturm'-Leser frösteln machen. Der Gedanke, als Christen zu diesem Werke verpflichtet zu sein, erfüllt einige mit Furcht und Schauer. Woher könnten sie dazu den Mut nehmen?"

Mut für dieses Sendungsbewusstsein glaubt man insbesondere durch weiteres spielen auf dem "Endzeitklavier" erzielen zu können. So liest man in dem "Starken Herzens für die Nachkriegszeit" überschriebenen Studienartikel:
"Es ist von wenig Belang, dass die schrecklichen Feindseligkeiten des zweiten Weltkrieges zum Stillstand gekommen sind. Mit dem Einzug des Friedens ist unter den Nationen nicht Ruhe eingekehrt … Das Ende des Weltkrieges ist in der Tat plötzlich gekommen, jedoch nicht bevor die furchtbare Demonstration der Atombombe, der schrecklichsten Höllenmaschine zur Massenvernichtung, die der Mensch je erfunden hat, entfesselt wurde."

Und weiter:
"Doch wird die Nachkriegszeit der Nationen bis nach Harmagedon weiterdauern".
Letzterer Satz, obwohl spekulativ ist bezeichnend zugleich.

Der zweite Weltkrieg sollte in Rutherford's Tagen noch seinen "Ausklang" in Harmagedon finden. Dazu gab es gar die Empfehlung, mit dem Heiraten "bis nach" Harmagedon zu warten. Da dies ja nur "einige wenige" Jahre seien.
Diese Thesen waren jetzt wieder einmal reif für die Müll-Makulatur.

Jetzt die neue Parole. Die nicht eingeplante "Nachkriegszeit" endet in Harmagedon. Also wieder das spekulieren darauf, dass jeder neue weltpolitische Knatsch in "Harmagedon" ende. Und so wird immer wieder weiter spekuliert. Von den ersten Tagen dieser Organisation an. Alles wird nach einiger Zeit wieder müllreif und durch neuen Müll ersetzt, der sich großsprecherisch "Wahrheit" nennt.

Die einzige Wahrheit indes ist die, dass diese jedenfalls nicht in dieser Klinkenputzerorganisation vorhanden ist!

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Geschrieben von Drahbeck am 16. Mai 2006 06:14:01:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 5. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. Mai 2006 07:33:41:

In der Wachtturm-Ausgabe vom 15. Mai 1946 (Schweiz 15. April) wird unter der triumphalistischen Überschrift "In Russland eingedrungen" davon berichtet, dass nunmehr auch die Zeugen Jehovas "einen Fuß in der Tür der Sowjetunion" hätten, worum sie sich in den Jahren davor vergeblich bemüht hatten.
Man liest in diesem Artikel:

"Jahrelang hat man sich gefragt, wie denn das Zeugnis in das ausgedehnte Rußland getragen werden könnte. Während der (WTG) Präsident in Bern weilte (November 1945), erfuhr er durch das polnische Büro in Lodz, dass das Werk in Polen jetzt gut vorangehe und mehr als tausend Verkündiger, die früher im Osten Polens auf ukrainisch predigten, nun in das Innere Rußlands versetzt worden seien. Diese Geschwister sind in alle Richtungen Rußlands zerstreut worden und befinden sich sogar auf beiden Seiten des Uralgebirges, das teilweise das asiatische vom europäischen Rußland trennt. ... Andere Berichte sind eingegangen, aus denen hervorgeht, dass in einem deutschen Konzentrationslager in Ravensbrück, 300 junge russische Frauen, die dort mit Jehovas Zeugen in Berührung kamen, ihr Leben dem Dienste Gottes, Jehovas, geweiht haben. Zusammen mit anderen Russen, welche die Wahrheit im Konzentrationslager kennenlernten, sind diese nun nach Rußland zurückgekehrt. ... Dann sind ferner Hunderte von Geschwistern, die in Bessarabien wohnten, das früher zu Rumänien gehörte, jetzt Einwohner Rußlands geworden. ... Allen zuverlässigen Berichten entsprechend, vertreten nun mehr als 1600 Zeugen Jehovas das Reich Gottes in Rußland."

Für das Jahr 1947 nannte die Zeugenleitung eine Zahl von 3 498 Zeugen Jehovas in Russland. Für 1948 wurde dann die Zahl der Zeugen Jehovas in der Sowjetunion auf rund 8 000 beziffert. Diese beträchtliche Steigerung muss auch mit der Annexion der vorher polnischen Gebiete usw. gesehen werden, wo traditionell schon vor 1945 beachtliche Zeugen Jehovas-Gemeinden existierten. Im Jahre 1990 wurde die Zahl mit rund 39 000 angegeben (ehemalige Sowjetunion). Diese Zahlen machen in etwa deutlich, dass die von Walter Kolarz in seinem Buch „Die Religion in der Sowjetunion" aufgestellte Behauptung, der sowjetische Zweig der Zeugen Jehovas sei vielleicht der stärkste Zweig, so nicht zutreffend war.

Allerdings besteht in der nachkommunistischen Ära mittlerweile eine andere Situation. Zählt man die Zahl der Zeugen Jehovas in den verschiedenen Ländern zusammen, die ursprünglich einmal zur Sowjetunion gehörten, so konnte man beispielsweise im Jahre 2005 einen Bestand von rund 340.000 Zeugen Jehovas dort registrieren. Darunter Russland (136.225) und die Ukraine (129.667 Erwähnenswert auch noch Moldawien (17 915), Georgien (15.812) und Kasachstan (14.112). (Ferner noch: Armenien, Aserbaidschan, Kirgisistan, Tadhiskistan, Estland, Lettland, Litauen, mit im Vergleich zu vorgenannten, niedrigeren Zahlen).
Es zeigt sich auch am Beispiel der GUS-Länder. Je sozial unausgeglichener eine Gesellschaftsordnung, um so besser blüht der Weizen der WTG; dieweil eben einige glauben, diese Spannungen nur mit einer Dröhnung von religiösem Opium ertragen zu können. Das betäubt zwar. An den grundlegenden Problemen indes ändert es nichts

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Geschrieben von Drahbeck am 17. Mai 2006 05:24:21:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 15. 5. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 16. Mai 2006 06:14:01:

Bei der Sichtung der Thesen des Katholizismus vor dem zweiten Vatikanischen Konzil, kann einem mit Verlaub gesagt, das kotzen ankommen.
Streng autoritär orientiert, meinte man in dem gleichfalls streng autoritären Naziregime einen potentiellen Bündnispartner zu sehen, mit der Einschränkung. Dieser "Partner" dürfe aber nicht die Interessen der Catholica verletzen. Wie man weiß, wurde letztere Forderung nicht erfüllt. Daher gab es auch Spannungen zwischen der Catholica und den Nazis.

Indes sind die Steigbügelhalterdienste eines Franz v. Papen für den Nazismus, keineswegs "vergessen". "Vergessen" ist auch nicht die "Rattenlinie", die es belasteten Nazis nach 1945 mit Hilfe der Catholica ermöglichte, nach Südamerika auszuweichen. Vergessen ist auch nicht, dass jene Hilfestellung für die Nazis dann zusehends von den USA übernommen wurde. Ihr Hätschelkind Reinhard Gehlen, einst Nazi-Geheimdienstoffizier, nach 1945 in selber Eigenschaft im Dienste der USA, schließlich auch der BRD, ist keineswegs "vergessen".
Kommen wir zur Catholica zurück.

Ungenießbare Thesen sind aus diesem Spektrum nachweisbar. Letztendlich, dass muss man sagen, in Anlehnung an die Nazi"philosophie". Einer der sich da (in der Schweiz) auf Seiten der Catholica besonders unrühmlich hervorgetan, war der Prälat Mäder. Ihm widmete "Trost" mehrmals einige Anmerkungen, so auch in der "Trost"-Ausgabe vom 15. 5. 1946.
Leider leben diese unseligen Thesen noch heute in gewissen Randkirchenkreisen der Catholica weiter. Etwa bei Robin de Ruiter. Etwa bei einem Herrn Friedelmayer, der im gleichen Verlag wie der des de Ruiter zum Thema ZJ in ungenießbarer Weise publiziert hat.

Kritik an der WTG kann und darf nicht dafür blind machen, dass nicht jeder Kritiker selbiger, bloß weil er Kritiker ist, "sakrosankt" ist. Ich scheue mich nicht, diese Herrschaften auch anzugreifen; dieweil ihre Thesen von der Sache her unakzeptabel sind. Insofern gibt es durchaus mal den relativ seltenen Fall, einer partiellen Übereinstimmung mit den ZJ, in der Zurückweisung unakzeptabler Thesen. (Partiell = teilweise. Ist somit nicht mit einem Blankoscheck gleichsetzbar).

"Trost" schreibt in genannter Ausgabe:
"Die katholische 'Schildwache' wendet sich in ihrem Aufsatz des verstorbenen Prälaten Mäder (unter dem Titel 'Wir sind unsterblich') zum Schluß gegen die Bibelforscherbewegung und das Paradies, das aufgerichtet werden wird, mit folgenden Worten:
Die Frage, um die sich heute (22. Sept. 1945) alles dreht, ist gerade die: Christ oder Jude! Die moderne Bibelforscherbewegung, die zur Zeit riesenhafte Propaganda entfaltet, ist durchaus jüdisch in ihrem Wesen und in ihren Zielen. Ihr Evangelium ist die baldige Errichtung des jüdischen Weltreiches. Der Jude soll Herr der Zukunft sein; die Erde das wiederhergestellte Paradies werden ohne Tod und Träne. Der Zionismus soll seinen Zweck erreichen … Ein Volk, das an die Fortdauer der Seele und an den Himmel glaubt, kann nicht verjuden, kann das Schwergewicht seiner Wirksamkeit nicht auf die Errichtung eines irdischen Paradieses verlegen…"

Liest man solche Thesen, dann fühlt der Sachkenner sich sofort an das erste Hitler-Buch aus den 20er Jahren erinnert ("Der Bolschewismus von Moses bis Lenin") aus dem diese Sätze ebensogut abgeschrieben sein könnten. Gerade in antijüdischen Ressentiments trafen sich (beiderseitig völlig unhistorisch) Katholizismus und Nazismus. Der Katholizismus kann dabei noch zusätzlich das "Verdienst" in Anspruch nehmen, diese Thesen schon weit länger, als etwa der Nazismus, propagiert zu haben. Die "Besonderheit" des Nazismus hingegen. Umlenkung von der ursprünglich ideologisch begründeten Gegnerschaft gegen die Juden, auf die Ebene des puren Rassismus. Der Katholizismus hingegen wollte weiter an der ideologischen Komponente vorrangig festhalten. Beide Seite marschierten somit getrennt. Waren letztendlich aber im Ziel vereint. Die "Ausmerzung" der Juden.

Nun hat Herr Mäder sich nicht als Konstrukteur eines Nazikonzentrationslager betätigt. Das ist unbestritten. Ob es ihn wirklich "entlastet" ist allerdings keineswegs ausgemacht. Es gibt auch Schreibtischtäter, die manchmal noch die schlimmeren sind. Diese "Ehre" darf sich auch Herr Mäder zurechnen.

Unbestritten ist. Die Catholica lehnt die Theologie der Zeugen Jehovas auch dergestalt ab, dass die sogenannt "irdische Hoffnung" verworfen wird. Ihre These lautet vereinfacht gesagt. Wer den Kriterien der Catholica entspricht "kommt in den Himmel". Für die "irdische Hoffnung" der ZJ hat man keine rechte Verwendung.

Eine solche Position zu vertreten ist für eine Religionsorganisation legitim. Das wird nicht in Abrede gestellt. Bedenklich aber wird es, wenn sie zugleich mit Argumenten gespickt ist, die auch im Nazirepertoire nachweisbar sind. Besonders in deren antijüdischer Hetze.

Mäder, Robin de Ruiter, Friedelmayer und Co haben sich diesbezüglich schuldig gemacht. Das muss auch heute noch, in aller Deutlichkeit ausgesprochen werden!

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Geschrieben von Drahbeck am 02. Juni 2006 07:37:56:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 5. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 17. Mai 2006 05:24:21:

Eine Welt als "Insel der Seligen" war die Nachkriegszeit nach Ende des Zweiten Weltkrieges sicherlich nicht. Vielerlei Nöte und Beschwerden plagten die Menschen. Nicht selten stellte sich die nackte Existenzfrage. Was aber bot die WTG in jenen Jahren an? Nun doch wohl nur dies: Destruktive Thesen.

Ein Beispiel dafür kann man auch dem "Wachtturm" vom 1. 6. 1946 (deutsche Ausgabe) entnehmen; etwa wenn die WTG darin tönt:

"Von den wirren Strömungen erfaßt, werden viele Menschen in politische Bewegungen hineingetrieben und überlassen diesen die Bestimmungsgewalt über ihr Leben. Die Aussicht auf einen wahrscheinlichen dritten Weltkrieg, diesmal im Atomzeitalter, wodurch das Ende der Zivilisation des zwanzigsten Jahrhunderts in Sehweite rückt, treibt andere dazu, ein System internationaler Zusammenarbeit oder eine Weltregierung als das Heil des Menschen und seiner Zivilisation zu verehren. Die Religion, der es nie gelungen ist, Kriege zu verhüten, sondern die jeweils beide Kriegsparteien zum Kampfe ermunterte, steht schreckerfüllt vor der sich erhebenden Flut einer Antireligionsbewegung und der Verachtung religiöser Autoritäten. Wie toll ruft sie die sich ihr entfremdeten Volksmassen auf, sich der aussichtslosen Sache der Religion zu widmen. Sie bittet die ihr ergebenen Herden, sich unter der Leitung der Geistlichkeit zu rührigen Gruppen zu organisieren."

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Geschrieben von Drahbeck am 03. Juni 2006 07:29:42:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 1. 6. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 02. Juni 2006 07:37:56:

In Kommentierung der Schweizer Wehrdiensterklärung der Zeugen Jehovas aus dem Jahre 1943, mit dem Kernsatz, dass "Hunderte Glaubensfreunde Wehrdienst leisten würden". In Kommentierung eines solchen Satzes, der zeitgleich publiziert wurde, als in Hitler-Deutschland etliche Zeugen Jehovas eher den Kopf aufs Schafott legten, als wie Militärdienst zu machen.
In Kommentierung dieses Sachverhaltes ergab sich verschiedentlich schon die Frage. Wie sah es denn in der Schweiz diesbezüglich tatsächlich aus?
Lehnten alle Zeugen Jehovas dort den Antritt des Wehrdienstes ab, wenn sie staatlicherseits dazu genötigt wurden?

Oder kamen alle Zeugen Jehovas dort, in der fraglichen Zeit einer solchen staatlichen Nötigung nach? Die Antwort muss wohl lauten: Weder, noch. Es gab offenbar beide Entscheidungsvarianten in der Praxis.
Zumindest für die Zeit, vor 1943, sind tatsächliche Wehrdienstverweigerungen auch in der Schweiz nachweisbar. Wie es sich im Zeitraum Ende 1943 bis Weltkriegsende hingegen verhielt, mag einstweilen dahin gestellt bleiben.

Hintergrund der Schweizer Wehrdiensterklärung war, dass war auch der WTG überdeutlich. Wird sie nicht abgegeben, kommt es auch in der Schweiz zum Verbot der WTG-Tätigkeit. Mit Abgabe jener Erklärung meinte man, gerade noch rechtzeitig, "die Kurve gemeistert" zu haben, ohne aus ihr herauszufliegen. Selbstredend gab es etliche Fälle davor, welche die Sachlage zuspitzten und zu dem bekannten "Entweder - oder" führten.
In der "Trost"-Ausgabe vom 1. 6. 1946 wird in Zitierung der Schweizer Zeitschrift "Der Botschafter" vom 15. 4. 46, über solch einen Fall berichtet. Man liest dort:

"Das Territorialgericht 2 verurteilte im Juni 1940 einen Tessiner, seines Zeichens Malergehilfe und Anhänger der 'Zeugen Jehovas', zu zwei Jahren Zuchthaus und zur Einstellung in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit für zehn Jahre, weil er aus religiösen Gründen dem Aufgebot als nachgemusteter Hilfsdienstler zum Sanitätshilfsdienst keine Folge geleistet hatte. Das Territorialgericht ging weit über die für religiöse Dienstverweigerer übliche Bestrafung hinaus, indem es anstatt Gefängnis auf Zuchthausstrafe und auf die gesetzliche Höchstdauer des Ehrverlustes erkannte. Erschwerend fiel in Betracht, dass sich der Angeklagte, der wegen seines Gewissenskonfliktes zum Sanitätshilfsdienst umgeteilt worden war, weigerte, auch bei der Sanität Dienst zu leisten. Der Angeklagte, der einen vorzüglichen Leumund besitzt und von seinem Arbeitgeber als ruhiger und anständiger Arbeiter geschildert wird, sah den Sanitätsdienst ebenfalls als Militärdienst an. Als Sanitäter, erklärte er, habe er zwar mit dem direkten Töten von Menschen nichts zu tun, jedoch indirekt, indem die von ihm gepflegten verwundeten Soldaten nach ihrer Wiederherstellung von neuem die tödliche Waffe gegen Mitmenschen gebrauchen würden. Somit wäre er mitschuldig am Tode von Menschen. Er müsse dem Willen seines Gottes Jehova mehr gehorchen als den Menschen. ...

Das Militärgericht verneinte im vorliegenden Fall das Bestehen eines Gewissenskonfliktes, da der Angeklagte bei der Sanitätstruppe nicht zu töten, sondern nur zu heilen brauchte. Zudem stehe die Schweiz nicht im Kriege. 'Das Gericht', heißt es wörtlich, 'kann sich des Eindruckes nicht erwehren, dass der Angeklagte seine Sektierer-Religion als angenehmen Vorwand braucht, um sich vom Dienst zu drücken in einem Zeitpunkt, wo das gesamte Schweizervolk alle Anstrengungen macht, die Landesgrenzen zu bewachen, um den Krieg vom Lande fernzuhalten.'

Der Verurteilte hat das harte Urteil unter Verzicht auf eine Kassationsbeschwerde auf sich genommen und die zweijährige Zuchthausstrafe abgesessen. Er hat sich dabei tadellos gehalten. Ein Zweifel darüber, dass es sich bei ihm um einen wirklichen und nicht nur vorgetäuschten Gewissenskonflikt handelte, besteht heute nicht mehr.
Außer der zweijährigen Zuchthausstrafe wurde der Angeklagte für die zulässige Höchstdauer von zehn Jahren in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit eingestellt, 'da es nicht verantwortet werden kann, einen Bürger, der in Zeiten der Gefahr das Land im Stich läßt, weiterhin aktiv an der Lenkung der Geschicke dieses Staates teilnehmen zu lassen'. Da der Ehrverlust vom Tag der Verbüßung der Zuchthausstrafe an gerechnet wird, so bleibt der verurteilte Dienstverweigerer noch bis zum Jahre 1952 ehrlos.

Diese auf zehn Jahre ausgesprochene Aberkennung der bürgerlichen Rechte und Ehren wirkt um so stoßender, als die Beweggründe, die diesen Arbeiter zur Dienstverweigerung führten, nicht als unehrenhaft bezeichnet werden können. Es handelte sich eben nicht um eine Drückebergerei. Jeder Drückeberger hätte gewiß einen monatelangen Sanitätshilfsdienst jahrelangem Gefängnis oder gar Zuchthaus vorgezogen. Ein Gericht sollte nie auf bloße 'Eindrücke' abstellen! Zivildienst wollte er leisten.
Der 'Beobachter' hofft, dass die Bundesversammlung als Begnadigungsinstanz die Nebenstrafe für diesen religiösen Dienstverweigerer aufhebt, auch wenn sie seine Argumente ablehnen muß."

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Geschrieben von Drahbeck am 16. Juni 2006 07:34:57:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 6. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. Juni 2006 07:29:42:

Von der Schweiz über Belgien nach Holland reisend, nimmt WTG-Präsident N. H. Knorr nach 1945 seine erste europäische Inspektionsreise vor. In Amsterdam trifft er sich auch mit einem Mitarbeiter des deutschen WTG-Büro und lässt sich von ihm Bericht erstatten und gleichzeitig Anweisungen übermittelnd. Zu diesem frühen Zeitpunkt nach 1945, war offenbar die direkte Einreise nach Deutschland auch für Knorr noch nicht möglich. Darüber berichtet der "Wachtturm" in seiner Ausgabe vom 15. 6. 1946. (Schweizer Ausgabe schon im WT vom 15. 5. 1946).

Euphorisch wird hervorgehoben, dass Erich Frost bereits am 9. 12. 1945 über den unter amerikanischer Kontrolle stehenden Rundfunksender Stuttgart habe sprechen können und das Nachfolgesendungen in Aussicht gestellt seien.
An diesem kleinen Detail schon offenbart sich die Protektion der Religion durch die US-Militärregierung in Deutschland. Diese Tendenz sollte sich in den folgenden Jahren fortsetzen, sodass, trotz geringer werdender Akzeptanz, Deutschland de facto zu einem der am stärksten ausgebildeten Kirche-Staat-Filzstaaten mutiert ist.
Die Weichen dafür, wurden unmittelbar nach 1945, von den Amerikanern gestellt.

Mit in diesem Deutschland-Bericht liest man auch einige Details zum Fall August Dickmann. Der WT führt aus:
"Doch mag es gut sein, noch ... zu berichten ... wovon in den Zeitungen New-Yorks im September 1939 kurz die Rede war, worüber aber nie alles gesagt wurde. Die Zeitungen New-Yorks meldeten die Erschießung August Dickmanns, der sich geweigert hatte, den Militärdienst aufzunehmen. Der ganze Bericht lautet, kurzgefaßt, wie folgt:

August Dickmann von Dinslaken, der Diener einer Gruppe von Zeugen Jehovas, war im Konzentrationslager Sachsenhausen vor die SS. gerufen worden. Es wurde ihm erklärt, er müsse in die deutsche Armee eintreten; doch verweigerte er dies. Man sagte ihm, er werde erschossen, wenn er sich weigere. Aber dieser treue Zeuge Jehovas sagte dem Nazi-Kommandanten des Konzentrationslagersa, daß das nichts an der Sache ändere; er werde dennoch seinem Gott treu und wahrhaft ergeben bleiben. Darauf wurde ihm erlaubt, eine Erklärung aufzusetzen und seine Glaubensansichten darzulegen und den Grund anzugeben, weshalb er vorziehe, Gott statt Menschen zu dienen. Die deutschen Nazi beschlossen, an diesem treuen Diener Gottes, des Höchsten, ein Exempel zu statuieren. Der Gong ertönte zur Sammlung aller Gefangenen im Lager. Sechszehntausend versammelten sich in geordneter Weise.

Eine kleine Gruppe Zeugen Jehovas in diesem Lager, 260 bis 280, mußte sich unverzüglich vor diesen sechzehntausend andern Gefangenen aufstellen. Jeder im Lager wußte, daß etwas Besonderes geschehen würde. Dann hieß man August Dickmann vortreten. Er stand für sich - allein - vor allen diesen Tausenden.

Durch die Lager-Lautsprecher erging die Bekanntmachung, August Dickmann habe den Militärdienst verweigert, und seine Erklärung wurde all diesen sechzehntausend Gefangenen vorgelesen. ... Nachdem seine Erklärung vorgelesen war, erhielt Dickmann nochmals Gelegenheit, den Militärdienst aufzunehmen. Er blieb standhaft. Das ärgerte die SS, und so wurde denn dieser treue Diener des Herrn vor dieser mächtigen Menge Zuschaur vor dem Exekutionskommando an die Wand gestellt. Als er seinen Mördern offenen Auges und mit einem Lächeln auf dem Gesicht gegenüberstand, winkte er der Schar seiner Brüder, die dort in kleiner Zahl vor all den Zuschauern standen, mit seiner Kappe ein letztes Lebewohl zu - und wurde dann erschossen.

Alle Gefangenen im Lager kehrten in ihre Blocks zurück; der kleine Trupp der Zeugen Jehovas bewohnte ein und denselben Block. Kurz danach kam einer der SS-Männer zu diesem Block und ließ alle Zeugen Jehovas in einer Reihe, Schulter an Schulter, das Gesicht ihm zugewandt, antreten. Dann erschien der Lagerkommandant und seine Hauptgehilfen. Der Kommandant erinnerte alle dort versammelten Geschwister an das, was an diesem Nachmittag vorgefallen war, und bot allen die 'Freiheit' an, falls sie ein Papier unterschrieben, worin sie ihren Glauben an Jehova Gott absagen und sich bereit erklären würden, nicht mehr Zeugen Jehovas zu sein und sich zu der Nazi-Ansicht zu bekennen. Nach einer kurzen Weile des Schweigens traten zwei Männer vor. Der Kommandant überreichte ihnen darauf die Papiere zur Unterschrift. Die beiden Zeugen erklärten indes, daß man sie vor einigen Monaten zum Unterschreiben solcher Papiere gezwungen habe und sie ihn nun ersuchen möchten, ihre Namen auf diesen Erklärungen streichen zu wollen ..."

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Geschrieben von Drahbeck am 17. Juni 2006 07:59:29:

Als Antwort auf: Re: geschrieben von Drahbeck am 16. Juni 2006 07:39:22:

Die "Trost"-Ausgabe vom 15. 6. 1946 wurde als Sonderausgabe konzipiert. Einem Thema gewidmet, dem Schicksal der Zeugen Jehovas in Hitler-Deutschland. Ein separates Anschreiben der WTG war dieser Ausgabe beigelegt, in dem vermerkt wird:
"An die obersten Landesbehörden, Räte, Politiker, Lehrer, Beamten wird daher diese Nummer geschickt". Sicher war vorgenannte Aktion nicht selbstlos. In genanntem Anschreiben liest man denn auch die Klage:

"Gewisse Stellen es sich zur Aufgabe gemacht haben, alle ungünstig lautenden Gerichtsurteile und Pressemeldungen den Gemeindebehörden und Richtern zugehen zu lassen. Der offensichtliche Zweck ist: Gottes Zeugenvolk und seine Gefährten in ein schiefes Licht zu rücken. ... Tatsachen zeigen zum Beispiel, daß die von der Religion beeinflusste Presse die Leiden einiger weniger Kirchenmänner oder Sektenleute, die nachgewiesenermaßen nur in geringer Zahl in die Konzentrationslager verbracht wurden, über Gebühr hervorhob, damit die standhafte Haltung der Zeugen Gottes in Diktaturstaaten verblasse."

Weiter beklagt man:
"Daß Jehovas Zeugen in Diktaturländern während mehr als eines Jahrzehnts einen unnachgiebigen Kampf gegen Ungerechtigkeit und Gesetzlosigkeit geführt und viele ihr Leben geopfert haben, wird in unserem Lande (der Schweiz) oft gerne übergangen, denn - so handeln nur Fanatiker - wird etwa gesagt. Die Leiden dieser Zeugen, als Folge mutigen Bekennens ihrer herrlichen Hoffnung schwächt man ab und verschweigt sie mit der Begründung, Jehovas Zeugen suchten lediglich Märtyrertum!"

Und in der eigentlichen "Trost"-Ausgabe liest man unter anderem:
"'Ich habe ... deine Stirn hart gemacht gegenüber ihrer Stirn', sagte Gott zum Propheten Hesekiel (3:8). Heute bewährt sich die Kraft Gottes in gleicher Weise. So liest man im Bericht von einer Kanalinsel, wohin über 200 Frauen als Zeugen Jehovas deportiert worden waren: ... 'Heute wünscht man unsere Unterschrift (unter die Abschwörungserklärung) nicht mehr.' Tatsächlich gab die Gestapo gegen Ende ihrer Herrschaft ihren Organen Anweisung, die Versuche, Jehovas Zeugen umzustimmen, einzustellen, weil sie sich als nutzlos erwiesen hatten. Ein Zugestehen ihrer Niederlage!"

Aus einer Reihe von Abschiedsbriefen von zum Tode verurteilten Zeugen Jehovas sei noch aus jenem zitiert, von dem "Trost" mit anmerkt, er erreichte unzensiert seinem Empfänger:
"Lieber Bruder! Wenn es Dich treffen sollte [in die gleiche Lage wie ich zu kommen], so sei mutig und stark ...
Sieh, hat man mich doch gleich zu aller Warnung an einen Baum hängen wollen; man ließ mich hungern, man nahm mir die Heilige Schrift, man stürzte sich mit gezogenem Dolch auf mich, man wollte mich massakrieren, man beschimpfte mich mit den niedrigsten Worten usw. - Dann kam die Einsamkeit und die Schleuder ... Auf alle Arten probierte man mich umzustimmen! ... Ein Beispiel: Als mich der Unteroffizier vom Gerichtshof abholte und ich lächelte, sagte er jedesmal ganz verwundert: 'Mensch, da spielt man mit Ihrem Leben, und jetzt lacht der Kerl nur dazu!'"

Was besagen diese Zitate? Zusammengefasst doch wohl auch dieses. Als "Gottes Zeugenvolk" sah man sich. Man wähnt eine "herrliche Hoffnung" (wörtliches Zitat) zu haben. Was aber, wenn dieses Sendungsbewusstsein sich als Trugschluß erweist?!
Dieselbe vermeintliche Gottesorganisation erklärte beispielsweise in einer vergleichbaren Bewährungsprobe in ihrer Zeitschrift "Der Wachtturm" ( November 1915):

"Es hat dem himmlischen Vater wiederum gefallen, zwei liebe Brüder von diesem Leben in Schwachheit abzuberufen ... starb auf dem Kriegsschauplatz unserer lieber Bruder ... im Alter von 23 Jahren. ... Wir haben für sie die feste Hoffnung, daß sie vom Glauben zum Schauen gelangt sind, gemäß Joh. 11, 25. 'Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt wird, wenngleich er stirbt, leben."

Dieselbe "Gottesorganisation" wusste einem weltlichen Cäsar, dann Ende 1943 zu verkünden: "Hunderte unserer Glaubensfreunde leisten Wehrdienst". An die Zeit des ersten Weltkrieges dachte man dabei wohl nicht.

Welche dieser drei Erklärungen, muss als frommer Selbstbetrug bezeichnet werden? Eine, zwei? Oder alle drei!

Das einzelne Menschenleben ist im laufe der Menschheitsgeschichte ein Nichts. Die Möglichkeiten, dass es ein vorzeitiges Ende finden kann, sind nach wie vor nicht gering. Nicht bloß als Folge politischer Verfolgung wie im NS-Regime. Auch heute noch passiert die unnatürliche Lebensverkürzung, etwa in Form schwerer Krankheiten, Unfälle und anderes mehr. Wohl dem, dem dieser Kelch erspart bleibt. Was aber ist mit dem, bei dem das nicht der Fall ist? Trägt er mit Fassung sein Schicksal? Oder wie reagiert er?

Das die betroffenen Zeugen im NS-Regime in der Regel mit Fassung ihr Schicksal trugen ist unbestritten. Kann diese persönliche Tragiksituation jedoch ein wirkliches Vorbild sein?
Wie zu lesen war, wurde selbst in der Schweiz der Gedanke ventiliert. Das offenkundige Märtyrertum der Zeugen Jehovas kritisch zu sehen, und eben nicht als leuchtendes Vorbild anzuerkennen.

Zwei zeitgenössische KZ-Beurteilungen, von Leuten die selbst im KZ saßen, sollte man mit in die Betrachtung einbeziehen. Einmal das von Eugen Kogon in seinem Standardwerk "Der SS-Staat", der den Vergleich mit "scharfkantigen Diamanten" wählte, an denen man sich tückisch schneiden könne. Und das von Ernst Wiechert, der dieses Märtyrertum in jenem Kontext setzte, dass er den Vergleich zog. Es gleicht dem Opfer für das Dogma zu sterben. Der Mensch dürfe nur Gras essen.
Damit wird deutlich, dass selbst Mit-KZ-Leidensgenossen, nicht in die Fanfare eines bedingungslosen "Wohlgetan" hineinstießen.

Es ist nicht die Frage, ob die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas ihrem Schicksal im Naziregime grundsätzlich entgehen konnte. Auch die Kommunisten konnten - um ein anderes Beispiel zu nennen - nicht ihrer grundsätzlichen Verfolgung im Naziregime entgehen. Die Frage ist viel mehr die. Wie verhält man sich, tritt der Leidenskelch an einem heran.
Durch ihre Leiden jedenfalls, wurde das Naziregime nicht aus den Angeln gehoben. Ganz im Gegenteil, "lernte" das Naziregime zum Schluss noch. Und gedachte, in Änderung seiner Politik, gar noch die Zeugen Jehovas für sich nutzbar zu machen. Zur Pazifizierung und Unterdrückung der beherrschten Sowjetvölker nach ihrer Planung.

Hätten sich Jehovas Zeugen auch dem widersetzt? Nach allem was bisher bekannt, muss diese Frage verneint werden. Es hätte also (es blieb nur ein Sandkastenspiel, das ist auch unbestritten). Es hätte also gar eine potentielle Interessengleichheit mit dem Verfolger von gestern geben können. Das hätte in der religiösen Einfalt der Zeugen, dann "Jehova" bewirkt.

Die religiöse Einfalt hätte nicht nur in diesem Fall bestanden. Sie bestand und besteht tatsächlich. Auch nach 1933.
Das Hitlerregime wurde, weil es überzogen hatte, letztendlich von sowjetischen (und verbündeten Panzern) aus den Angeln gehoben. Nicht weil es da religiöse Narren namens Zeugen Jehovas gab, die für ihr symbolisches Dogma "Gras zu essen", ins symbolische Gras bissen!

Geschrieben von + am 17. Juni 2006 11:08:08:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 6. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 17. Juni 2006 07:59:29:

Alle drei!

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Geschrieben von Drahbeck am 02. Juli 2006 08:36:01:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 6. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von + am 17. Juni 2006 11:08:08:

Nun hatte Mister Knorr, nebst Anhang, bei seiner ersten Europa-Inspektionstour nach Ende des Zweiten Weltkrieges Dänemark erreicht. Darüber berichtet der "Wachtturm" in seiner Ausgabe vom 1. 7. 1946. (Schwezer "Wachtturm" 1. 6. 1946) Erfreut notiert man:
„Zur Zeit der Nazi-Invasion gab es (in Dänemark) im Felddienste monatlich durchschnittlich 1032 Verkündiger. Bis September 1944 war diese Zahl auf 2570 gestiegen, und im ersten Monat dieses Dienstjahres, nämlich im September 1945, erstatteten 3.059 Bericht über geleisteten Felddienst. Dies zeigt, daß im Laufe der sechs Kriegsjahre zweitausend Personen Stellung für das Königreich bezogen und sich den Zeugen Jehovas zugesellt haben. Dies ist ein großartiger Bericht angesichts der Tatsache, daß Dänemark 3.800.000 Einwohner hat. Wahrscheinlich dauert es nicht mehr lange, und es trifft dort auf tausend Einwohner je einen Verkündiger. Das Pionierwerk geht in diesem kleinen Lande gut voran. Es gibt dort jetzt 63 Pioniere; doch bedurfte dieser Zweig der besonderen Aufmerksamkeit …"

Rückblickend kann man in Ergänzung dazu vielleicht noch feststellen, dass in Dänemark im Jahre 1992 eine Verkündiger-Durchschnittszahl von 15.951 erreicht wurde; gleich einem Verhältnis von 1 zu 315 zur übrigen Bevölkerung.. Das war dann wohl die vorläufige „Spitze" dort. Im Jahre 2004 betrug die Verkündiger-Höchstzahl 14.422; gleich einem Verhältnis von 1 zu 374.

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Geschrieben von Drahbeck am 03. Juli 2006 10:34:36:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm 1. 7. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 02. Juli 2006 08:36:01:

"Das Machtstreben der Kirche Roms in Amerika"; so überschrieben ein Artikel in der "Trost"-Ausgabe vom 1. 7. 1946. Zugrunde liegt dem ein Reisebericht aus den USA, verfasst von dem Theologen Hans Heinrich Brunner, welchen die Zeitschrift "Reformierte Schweiz" veröffentlicht hatte, und der nun genüsslich auch in "Trost" zitiert wird. Brunner arbeitet den Lobbyismus der katholischen Kirche in den USA heraus, der aufgrund der traditionellen Zersplitterung des Protestantismus, sich zu einem ernst zu nehmenden Faktor gemausert hat. Ein Zitat:

"Wenn ein Bischof in seiner Diözese eine katholische Zeitung lancieren will, richtet er sich an die Presseabteilung ... Dort ist ein Redaktionsstab für ihn bereit. In der Diözese wird eine 'Katholische Pressewoche' organisiert. Die Schüler der katholischen Schulen, die die höchste Zahl von Abonnenten werben, erhalten Preise. Viele Priester abonnieren von Anfang an für jede Familie ihrer Gemeinde. Bevor die erste Nummer herauskommt, ist der Erfolg der Zeitung gesichert. Durchgeschulte Journalisten der ... Presseabteilung versehen sie mit denselben Artikeln, Bildern und Nachrichten, die diese Abteilung auch an 332 andere katholische Zeitungen sendet. Da die N.C.W.C. wöchentlich ungefähr 60.000 Worte ausgibt, braucht der Redaktor nur noch einige lokal-kirchliche und einige Reklamen (die katholische Firmen mit Vergnügen aufgeben) hinzuzufügen und schon ist seine Zeitung ebenso stattlich wie die andern Blätter einer mittelgroßen Stadt. Neun Millionen Abonnenten erhalten auf diese Weise ihre Nachrichten von der gemeinsamen Quelle in Washington, die von einer Expertenkommission des hohen amerikanischen Klerus überwacht wird.

Die große Tagespresse bewahrt strenges Stillschweigen über Fragen, die die Beziehungen zur katholischen Kirche nachteilig beeinflussen können. Warum? Der folgende Zwischenfall mag das verdeutlichen. Im vergangenen Jahr erlaubte sich eine führende Zeitung in San Franzisko, dieses ungeschriebene Gesetz zu durchbrechen und meldete, dass ein katholischer Priester, betrunken und in Begleitung einer Frau, bei einer Autofahrt gegen die Verkehrsregeln verstoßen habe und deshalb von einem Gericht zu einer bestimmten Geldstrafe verurteilt worden sei. Der Erzbischof von San Franzisko versuchte zweimal, die Zeitung zu veranlassen, diese auf einer feststehenden Tatsache beruhende Meldung zu dementieren. Die Versuche waren vergeblich. Die Folge davon war, dass die Zeitung vom katholischen Klerus boykottiert wurde und ihre Auflage um 30% sank. Keine andere Zeitung wünscht, das gleiche Schicksal zu erleiden. Das bedeutet praktisch, dass das Pressewesen weitgehend katholisch dirigiert ist."

Als Kommentar zu vorstehendem mag man nur noch sagen. Irgendwie drängt sich der Eindruck auf. Das ist offenbar das Lehrbuch, nachdem auch die WTG ihre eigene Praxis organisiert hat.

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Geschrieben von Drahbeck am 16. Juli 2006 08:46:41:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 7. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. Juli 2006 10:34:36:

Über die Zwischenstation Skandinavien, auf der Inspektionstour des WTG-Präsidenten N. H. Knorr, nach Ende des zweiten Weltkrieges, erfährt man etwas im "Wachtturm" vom 15. 7. 1946 (Schweizer "Wachtturm" 15. 6. 1946). Zwei Details daraus, erscheinen durchaus zitierenswert.
Einmal liest man:

"Nach der Sonntagsversammlung kamen die Brüder Knorr und Henschel, auf Grund einer durch den Zweigdiener getroffenen Abmachung, mit einem finnischen Arzt zusammen, der während der Naziherrschaft in Deutschland gelebt und einen Weg gefunden hatte, einigen Zeugen Jehovas behilflich zu sein, den Marterungen der Konzentrationslager in den letzten Kriegsjahren zu entgehen. Er gab einen sehr interessanten Bericht über den Eifer derer vom Volke Gottes in jenem dunklen Lande. Ihre Furchtlosigkeit und Leidensbereitschaft um der Sache des Herrn willen hatten ihn veranlaßt, sie zu respektieren. Als er Deutschland verließ, brachte er eine dieser Personen (eine Schwester) mit, die er aus dem Lager Ravensbrück evakuiert hatte. Diese Schwester war somit als Hausmädchen des Arztes aus Deutschland entronnen. Unsere amerikanischen Brüder hatten das Vorrecht, viele Fragen zu stellen und Auskünfte aus erster Hand zu erhalten."

Bei dem Betreffenden handelt es sich ganz offensichtlich um Felix Kersten. Weiteres zu ihm und seinem Part kann man auch entnehmen in:
Schwarzschlaechter

Der zweite Knorr persönlich vorgetragene Bericht handelt von einer anderen, aus Hitlerdeutschland entronnenen Zeugin Jehovas, die es nun durch die Umstände bedingt, nach Schweden verschlagen hatte. Über ihre persönlichen Erfahrungen heisst es:
"Als die Schwester im Lager zu Auschwitz (Oswiecim) weilte, mußte sie in einem der Hotels arbeiten, wo die Kraftwagenlenker aus den verschiedenen Teilen Europas über Nacht logierten. In ihren Wagen brachten sie Juden und andere, die den Nazi nicht paßten, aus den neu eroberten Ländern herbei, um sie zu quälen und zu töten. Einige Chauffeure sprachen frei heraus, und die Schwester vernahm, dass nur in dem einen Lager jeden Tag mindestens tausend Juden ermordet und verbrannt wurden. …
Ihre Beschreibung der zum Transport von Gefangenen von Lager zu Lager gebrauchten Vehikel, der geschlossenen und offenen Frachtwagen, der Vieh- und Lastwagen, überstieg fast das Glaubhafte. Diese Flüchtlingsschwester selbst sagte, dass es ihr jetzt wie ein schrecklicher Traum vorkomme, und doch wisse sie, dass es so gewesen sei."

Dieser Bericht macht wohl auch eines deutlich. Der Einzelne ist im Prinzip ein ganz kleines Rädchen in einem sehr großen Getriebe. Man könnte weiter gehen und noch sagen. Selbst der allerbravste Buchhalter in einer Makkaronifabrik (dies nur als Veranschaulichungsbeispiel) hat sich relativ gesehen, mitschuldig gemacht an den Verbrechen des Naziregimes. Inwiefern? mag man rückfragen. Der hat doch sicherlich niemand selbst umgebracht. Und mit seinen Makkaronis konnte doch wohl auch niemand erschossen werden. So formal gesehen, ist das sicherlich richtig. Aber auch von seinem Gehalt wurden Steuern einbehalten, die dann unter anderem auch für die Kriegsmaschinerie Verwendung fanden.

Sollte nun der Buchhalter der Makkaronifabrik deshalb auf die Barrikaden gehen und sagen: Ich will keine Steuern zahlen, da ich mit deren tatsächlicher Verwendung nicht einverstanden bin? Äußerst unrealistisch, dass so etwas geschehen würde.
Weder dem "nicht Handelnden Buchhalter der Makkaronifabrik" noch der hier geschilderten Zeugin Jehovas soll ein echter Vorwurf gemacht werden. Ihre Möglichkeiten, waren in der Tat mehr als eingeschränkt. Und sinnloses Demonstrieren kann es dann wohl auch nicht gewesen sein.

Dennoch muss die Rückfrage gestattet sein. Warum gestattete das WTG-geschulte Gewissen einigen Zeugen Jehovas nicht, länger Angorakaninchenpflege zu betreiben? Im Selbstverständnis der damals so Handelnden aus dem Grunde, weil man wähnte. Deren Felle finden für Militäruniformen Verwendung; und das wiederum sei Kriegsbegünstigung. Hatte irgendeiner solcher Angorakaninchenpfleger den wirklich schlüssigen Beweis dafür? Hat er tatsächlich gesehen, sie wurden in Militäruniformen eingenäht. Konnte er wirklich die absolute Gewissheit haben. Genau diese und keine anderen Fälle, stammen von den von mir gepflegten Angorakaninchen? Eher äußerst unwahrscheinlich, dass dem so gewesen ist. Eher wahrscheinlich dagegen, dass da mehr aufgrund eines unbewussten Gefühles, und geschult durch die WTG-Indoktrination, gehandelt wurde.

Hat vorstehende Zeugin Jehovas, die da Kraftwagenfahrer verpflegte die sich der Beihilfe zum Mord schuldig gemacht hatten, ein so ganz anderes Gewissen? Dies bitte nicht als absoluten Vorwurf verstehen. Wohl aber als Denkanstoß, dass es mit der "göttlichen Führung" der WTG-Indoktrinäre nicht allzuweit her sein kann.

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Geschrieben von Drahbeck am 17. Juli 2006 06:33:35:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 15. 7. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 16. Juli 2006 08:46:41:

Wenn es gegen die katholische Kirche geht, der religiösen Konkurrenz, die man doch möglichst beerben möchte, dann ist der WTG kein Argument zu billig.
Ein Beispiel dafür liefert auch die "Trost"-Ausgabe vom 15. 7. 1946. Da greift man den Fall Galilei auf und gedenkt ihn als Wasser auf die eigenen Mühlen zu lenken. Dies wie gesagt, durch eine Organisation, die da auch schon mal glauben machen wollte, die Menschheit existiere erst 6.000 Jahre. Naturwissenschaftler vermögen sich solcherart These nicht zu eigen zu machen. Stört die WTG aber nicht. Ihr Dogma ist dann eben "glaubwürdiger" als das der Naturwissenschaft. Man könnte noch etliche andere Beispiele nennen. Die heilige Einfalt beispielsweise, Abraham, Isaak werden ausgerüstet mit Radiostationen, von Jerusalem aus die Welt regieren. Heute zwar "Schnee von gestern". Zeitgenössisch jedoch "hochaktuelle Wahrheit".

Der Fall Galilei ist im Prinzip ähnlich gelagert.
Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn er referiert wird. Nur stört dabei die Pose, "uns kann so etwas nicht passieren". Die arrogante Selbstherrlichkeit ist denn alles andere als wie angebracht.
In der genannten "Trost"-Ausgabe las man unter anderem:

"Galileis Bücher wurden von der 'Kirche' wahrlich ohne guten Grund etwa 200 Jahre lang verboten. Das unrühmliche Verhalten der Papstkirche gegen die fortschreitende Erkenntnis hat das Ansehen des Katholizismus nicht gefördert. Katholische Gelehrte haben darum auf ihre Weise gründlich untersucht, wie die Kirche den bösen Fehltritt damals tun konnte, und was zu ihrer Entschuldigung heute noch vorgebracht werden könnte. Das Ergebnis solcher Untersuchungen kann man nun beispielsweise in dem Buche 'Der Fall Galilei und wir' von Prof. Dessauer nachlesen. … Wir versetzen uns in Gedanken in die Zeit Galileis zurück, wo die gelehrtesten Geister um das kopernikanische Weltbild streiten. Es war den Vertretern der Überlieferung, als werde der Boden unter ihren Füßen weggezogen, und als müssen sie ins Endlose versinken.

'Das konnte nicht sein! Solche jahrtausendealte Riesentäuschung war unmöglich! Und es durfte nicht sein! Denn es bedrohte alles. Man mußte diesen Wahn bekämpfen! Doch wie? Widerlegen - das ist schwer. Denn die Beobachtungen Galileis, tausendmal nachgeprüft, erwiesen sich als richtig. Es lag nicht an Fehlern der Instrumente, wie man behauptet hatte; die Jupitermonde waren da, und das andere auch. Überdies, es war schwer, mit Galilei zu streiten! Er war ein meisterhafter Debatter, stets gerüstet, stets überlegen; sein Wissen war groß, sein Können noch größer, Sprache und Stil glänzend, die Persönlichkeit suggestiv, sein Witz hinreißend und sein Spott tötend! Die ihn bekämpften, erhielten harte Schläge. Was also beginnen?

In einer solchen Lage tat man damals, was die Menschen auch heute noch tun. Man sucht die Macht auf, um sie zur Mitkämpferin der eigenen Sache zu gewinnen. Für diesen Fall gab es nur eine: die Kirche, ihr Oberhaupt, den Papst. Kein Fürst Italiens, nicht der Kaiser … konnte in Frage kommen. Wohl aber der Heilige Stuhl. Für Italien, Spanien und einen Teil der übrigen Welt besaß er diese Macht.' …

'Zweifel, Spott, heftige, gehässige, persönliche Gegenschriften, Protest selbst aus dem engen Kreis seiner Freunde und Kollegen. Wollte er sie durch Augenschein bekehren, so weigerte sich mancher, durch das Fernrohr zu schauen. … Es war ihnen lieber, nicht zu sehen, als von Denkgewohnheiten abzulassen.'

Auch noch im 20. Jahrhundert kommt es vor, dass religiöse Leute wissenschaftliche Lehren mit ganz unzulänglichen religiösen 'Beweisgründen' bekämpfen … aber gibt das jedem ungelehrten religiösen Eiferer das Recht, mit stolzverächtlichen Worten über 'die Weisheit der Welt' und über wissenschaftliche Fragen zu urteilen, von denen er meist gar nichts versteht? Solchen Fanatikern zur Warnung diene der Bericht über den jämmerlichen Kampf der Kirche gegen Galilei und das moderne Weltbild:

'Des Papstes Streben trieb ihn (vor 300 Jahren) zu Rüstungen, die Rüstungen in unglücklichen Krieg … Und dazu kam nun dieser neue Geisteskampf, der nach der Meinung der Überzahl aller Gelehrten die Quelle der Offenbarung, die Heilige Schrift antastete, die Ordnung der Natur und in den Konsequenzen die Ordnung der Menschheit bedrohte. War es - für (Papst) Urban - nicht ähnlich, wie seinerzeit mit Luthers neuer Lehre, die man zu spät ernsthaft bekämpfte und die jetzt Europa wie ein Großfeuer verheerte? So sollte es nicht wieder gehen! … Aber war es nicht derselbe Geist, der Geist des Aufruhrs, der Geist des Besserwissenwollens? Hieß es nicht, Gott selbst vorschreiben, wie er die Gestirne bewegen, Ebbe und Flut lenken müsse, was diese Mathematiker und Astronomen trieben?…'

'Man hatte mit Galilei die Naturforscher verscheucht. Wer konnte als Katholik noch Forschung wagen? Wer als Forscher die verbotenen Schriften und andere Konflikte vermeiden? Und wenn auch anfangs noch lange gottesfürchtige Männer anderer Konfessionen unter den Großen der Physik zu finden sind: sie werden seltener. Katholiken sind nur vereinzelt noch darunter. Mehr und mehr aber wird die Forschung durch ihre Trennung kirchenfremd zuerst kirchenfeindlich sodann gerät im Laufe der Generationen in Gottesferne. Man wohnt in getrennten Geistesländern, man spricht verschiedene Sprachen, man kennt und achtet einander nicht mehr."

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Geschrieben von Drahbeck am 02. August 2006 07:11:51:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 7. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 17. Juli 2006 06:33:35:

Über die Inspektion der WTG-Büros in Oslo, Norwegen, im Rahmen der Europatour des WTG-Präsidenten N. H. Knorr, berichtet die "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 8. 1946 (Schweizer Ausgabe 1. 7. 1946).

Danach wurde in Norwegen, dass auch von den Nazis im zweiten Weltkrieg besetzt gewesen war, im November 1945 eine Höchstzahl von 830 Verkündigern erreicht.
Als dortige Vergleichszahlen seien genannt:
1918 = 15
1928 = 85
1934 = 270
1938 = 328.
Bis etwa 1995 ist ein kontinuierlicher Anstieg diese Zahlen weiter zu registrieren.

1995 wurde die Durchschnittsverkündigerzahl auf 9.687 beziffert. Dies entspreche einem Verhältnis zur übrigen Bevölkerung von 1 zu 428.
Zwar betrug die genannte Zahl im Jahre 2004 noch 9.638. Allein der Verhältnis zur übrigen Bevölkerung ist nunmehr 1 zu 457. Es ist wohl zu weitgehend von einem wirklichen Rückgang zu sprechen. Indes von Stagnation kann man wohl doch reden.

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Geschrieben von + am 02. August 2006 21:01:04:

Kongressnachlese – Befreiung greifbar nahe 2006

Hallo Manfred!
Hallo Raccoon!

Vorweg möchte ich sagen, das ich weder die Ansicht Teile, das Wachstum ein Zeichen für Segen – noch rückläufige Zahlen ein Zeichen für das Missfallen Gottes ist.

http://www.manfred-gebhard.de/Wasmusstdutun.jpg

Aus drei Argumenten heraus:

1. Das Ausschauhalten nach Zeichen ist Böse.

„Lehrer, wir möchten ein Zeichen von dir sehen."
Er erwiderte ihnen und sprach:
„Eine böse und ehebrecherische Generation sucht fortwährend nach einem Zeichen,…"
(Matthäus 12:38-39)

2. Gott gebührt die Ehre für einen Sieg - nicht der Stärke unserer Armee

Es wird kein König durch die Menge der Streitkräfte gerettet;
Selbst ein Starker wird nicht befreit durch die Fülle der Kraft.
(Psalm 33:16)

3. und Schwarz weiß denken in Verbindung mit dem Ansinnen

UNS DIE GERECHTEN


zu zählen ist typisch menschlich und liegt sicherlich nicht auch noch im Interesse Gottes.

Der Pharisäer stand da und begann folgendes bei sich zu beten:
‚O Gott, ich danke dir,
daß ich nicht bin wie die übrigen Menschen,
Erpresser, Ungerechte, Ehebrecher oder auch wie dieser Steuereinnehmer…
(Lukas 18:11-12)

Erhobene Zahlen sind nur ein trauriger Beweis dafür dass

WIR

glauben, Erfolge vorweisen zu müssen.

!

Gottes Siege
Sind und waren nie
an der Mitgliederzahl
einer menschlichen Religionsorganisation zu messen.
Im Gegenteil
!


Nebenher bemerkt:
Wenn wir nach der größten Glaubensgemeinschaft suchen wollten, müssten wir uns nur vertrauensvoll an HW wenden.
Sind nicht die Buddhisten die größte Glaubensgemeinschaft mit den stärksten Zuwachszahlen?

Aber zurück zu dem Wachtturm von 1.8.1946.
Danke Manfred für den Hinweis – ein interessanter Artikel.
Kein Geschichtsschreiber kann im Nachhinein einen derart aufschlussreichen Einblick in die Nachkriegszeit vermitteln wie es Zeitungsartikel aus dem damaligen Alltag können.

Die Wachtturm Gesellschaft hat ihren privaten Erfolg mit dem Beweis des Segens Gottes gleichgesetzt.

Jahrbuch 1971 Seite 46:

j1971.jpg (18400 Byte)

Jahrbuch 1974 Seite 236

j1974.jpg (26752 Byte)

Jahrbuch 1986 Seite 30

j1986.jpg (25901 Byte)

Wachtturm 1992 1. September Seite 19
Das phänomenale Wachstum der Zeugen Jehovas ist ohne Zweifel auf den Segen Gottes zurückzuführen. Es ist Gottes Werk. In Anerkennung dieser Tatsache studieren die Zeugen weiterhin regelmäßig Gottes Wort

WT9219.jpg (51452 Byte)

Wachtturm 1992 15 Oktober Seite 21

WT9221.jpg (49934 Byte)

Würde man nun dies beim Wort nehmen, müsste man anerkennen, dass die rückläufigen Zahlen ohne Zweifel auf das missfallen Gottes zurückzuführen sind.
Das es nicht mehr Gottes Werk ist.

Norwegens Zahlen (Verkündigerdurchschnitt) seit 1990:


1990: 9336
1991: 9430
1992: 9511
1993: 9480
1994: 9521
1995: 9687
1996: 9600
1997: 9449
1998: 9523
1999: 9458
2000: 9396
2001: 9348
2002: 9504
2003: 9661
2004: 9638
2005: 9659

Deutlich zu erkennen ist der „die-Generation-wird-nicht-vergehen-Lüge-Knick" aus dem Jahr 1995.
Die Zahl „Verkündiger" sollt jedoch generell unter Anführungsstriche gesetzt werden.
Die Frage wer als Verkündiger gezählt wird und wer nicht, wird schließlich fortlaufend „verbessert".

Interessant ist die Reaktion meines,
sich freiwillig als Feldversuch zur Verfügung gestellten,
herzallerliebsten Busenfreundes Duzmichnix.

In diesem Link deutet er die Mehrung noch eindeutig als Segen Gottes:

Parsimony.18482
Kann er dann Rückgänge nicht wegdiskutieren zieht er sich auf „eben doch nur Zahlen" zurück.

Parsimony.18487

Oder man verwendet das beliebte „Sahelzone" Argument.
Mit anderen Worten, wenn es nur noch 2 Verkündiger gäbe, kann man ja immer noch sagen, 1876 war es nur einer…

Sacharja schilderte Anschaulich dieses Verhalten:

In Sacharja 13:5 beschreibt er die reflexartige Reaktion eines falschen Propheten,
wenn es offensichtlich wird das er,
mit seinen härenen Anspruch Gottes Sprachrohr zu sein,
Schiffbruch erlitten hat:

„Und er wird gewiß sagen:
‚Ich bin kein Prophet.
Ich bin ein Mann, der [den] Boden bebaut,
weil ein Erdenmensch selbst mich von meiner Jugend an erworben hat"

Sacharia.jpg (159884 Byte)

Auf einmal ist er bloß ein Bauer!
Ein Mensch wie Du und ich!
Auf einmal will es keiner gewesen sein!
Alle haben das ganz falsch Verstanden!
„Schon immer haben wir doch gesagt dass dies bloß Zahlen wären"!

An dieser Stelle sei auch auf einen der
Eintausendneunhundertvierzehn Sakrilege
hingewiesen:

Parsimony.15694

Wie sich das auf einem Kongress anhört, wenn der Rückgang der Zahlen nicht mehr zu kaschieren ist, kann man aus dem nachfolgenden Mitschnitt des Züricher Kongresses sehen und hören.

Der Verkünigerdurchschnitt lag in der Schweiz


1996 bei 18295
2000 bei 17307
2005 bei 17036

6,8% Rückgang?

„…soll keiner Sagen das das Werk zurückgeht!"

http://www.picswiss.ch/Serie/flagge-8.jpg

er kommen immer noch Neue dazu

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Geschrieben von Drahbeck am 03. August 2006 07:20:35:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 1. 8. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 02. August 2006 07:11:51:

"Im Jahre 1972 werden 6000 Jahre nach der Erschaffung Adams vollendet sein; das siebente Jahrtausend der Menschheit wird also ein gesegnetes Jubeljahrtausend sein."
Diesen Satz kann man in der "Trost"-Ausgabe vom 1. 8. 1946 in der dortigen Rubrik "Sie fragen - wir antworten" lesen.

Auf nähere Details geht "Trost" dabei allerdings nicht ein. Das ganze ist inhaltlich eher so angeordnet gewesen, dass ein beträchtlicher Teil der Leser das eher "überlesen" hat. Und es ist ja auch feststellbar, dass in jenen Jahren dieses Datum 1972 nicht vordergründig betont wurde, dass sollte sich erst ab Ende 1966 ändern, als jenes Datum 1972, "genauer" in 1975 umgeändert wurde.
Wie es um die "Genauigkeit" dabei bestellt ist, konnte man allerdings schon etliche Jahre früher erkennen.

Zwar nicht ausgeführt, aber dennoch nachweisbar. Das Datum 1972 kam mit der Publizierung des 1943 (in Englisch - 1946 in Deutsch) erfolgten WTG-Buches "Die Wahrheit wird euch frei machen" auf. Jenes Buch "glänzt" mit einer Chronologietabelle, aus der sich als Summen-Datum 1972 ergibt. Indes ist auch dies zu sagen. Genanntes Buch änderte einfach die Ursprungsberechnung von Russell um einhundert Jahre. Russell, in jener Zeit ohnehin schon lange auf dem "Abstellgleis", wurde dabei noch nicht einmal erwähnt. Getreu dem später einem Konrad Adenauer zugeschriebenen Spruch:
"Was schert mich mein Gewäsch von gestern?". In der Tat, dass hat die WTG noch nie geschert. In Vergangenheit und Gegenwart. Wer ihre Worte daher für "bare" Münze nimmt, der gleicht jenen nicht wenigen Zeitgenossen, die belogen werden w o l l e n.

Die tatsächliche Wahrheit können sie nicht ertragen. Sie stürzen sich daher in den "Genuss" narkotischer Berauschungsmittel, in diesem Fall der WTG-Doktrin. Letztendlich erweisen sie sich damit selbst einen Bärendienst!

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Geschrieben von Drahbeck am 16. August 2006 03:26:20:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 8. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. August 2006 07:20:35:

Seine zweimonatige Europa-Inspektionstour, bevor es in die USA zurückging, beendete WTG-Präsident N. H. Knorr, nebst Anhang, laut "Wachtturm" vom 15. 8. 1946 in Großbritannien (Schweizer "Wachtturm" 15. 7. 1946). Sein Programm dort wurde durch eigens arrangierte Kongreßähnliche Veranstaltungen in verschiedenen Städten begleitet. Voller Stolz wird herausgestellt, dass auf den zwischen Nordfrankreich und Großbritannien befindlichen Kanalinseln, welche von 1940 bis Mai 1945 unter deutscher Besetzung waren, die Tätigkeit der Zeugen Jehovas weiterging. Fünf waren es zu Beginn der deutschen Besetzung. An deren Ende dann 40.

Da bietet es sich an, auch noch ein paar weitere Großbritannien bezügliche Zahlen zu nennen.
Schon 1918 verzeichnete man dort 2.784 Verkündiger, was bedeutet. Damals die Nr. zwei der Bibelforscher, gleich hinter den USA.
Diese Zahl stieg bis 1938 auf 4.959. Auch diese Zahl macht deutlich. Andere Länder, beispielsweise Deutschland zur Zeit der Weimarer Republik, überholten schon damals Großbritannien. Gleichwohl stiegen die Zahlen langsam an in den weiteren Jahren. Der vorläufige Höhepunkt wurde etwa im Jahre 1995 erreicht. Damals gab es eine Durchschnittsverkündigerzahl von 125.138 (gleich einem Verhältnis von 1 zu 432 zur übrigen Bevölkerung).

Im Jahre 2004 waren es dann 120.514 gleich einem Verhältnis von 1 zu 463.
Auch in diesem europäischen Land, ist Stagnation registrierbar, vorsichtig ausgedrückt.

Berücksichtigt man die Berichte in den frühen deutschen "Wachtturm"-Ausgaben, vor dem ersten Weltkrieg, so findet man dort verschiedentlich Hinweise darauf, dass gerade Deutschland für die WTG als besonders hartes Pflaster empfunden wurde. Das ging gar soweit, dass die deutsche "Wachtturm"-Ausgabe um die Jahrhundertwende zeitweilig wieder eingestellt wurde. Dies eben, weil der Erwartungshorizont nicht im mindesten erfüllt wurde. Als jedoch von Russell beeinflusste Kreise in der Schweiz etwa ab 1903 begannen, eine eigene Zeitschrift ("Die Aussicht"), Verlagsort Thun, zu gründen, auf die seitens der WTG kein gestalterischer Einfluss mehr bestand. Erst ab dem Zeitpunkt wurde der deutsche "Wachtturm" wieder neu belebt und massiv forciert.

Im Konkurrenzkampf zwischen "Wachtturm" und "Aussicht" hatte in den nachfolgenden Jahren die WTG in der Tat dann die "Nase vorn". Die "Aussicht" konnte es sich eben wirtschaftlich nicht leisten, analog dem WT, etwa in Riesendimensionen in Tageszeitungen "Wachttürme" als Werbebeilage (für die Käufer der Tageszeitungen kostenlos) beizulegen. Die "Aussicht" hatte auch nichts dagegen zu setzen, dass etwa Russell-Predigten (gegen Bezahlung) nunmehr regelmäßig, unter anderem in der Wochenzeitung "Der Volksbote" (Strehlen, Schlesien) erschienen.

Es war also ein rein wirtschaftlicher Verdrängungswettbewerb der da vonstatten ging, wofür es noch diverse andere Veranschaulichungsbeispiele gibt. Man denke im Internetbereich der Neuzeit etwa an den Browser von Netscape, einst führend auf dem Gebiet. Dann setzte Microsoft alles daran, ihm das Wasser abzugraben. Ähnlich hat man sich den damaligen genannten Konkurrenzkampf vorzustellen. Erfahrung in der Richtung hatte Russell ohne Zweifel. Dasselbe "Spiel" hatte er ja schon im Konkurrenzkampf mit der adventistischen Zeitschrift von Barbour "The Herald of the Morning" praktiziert.

Der "Aufstieg" der deutschen WTG-Anhänger ist namentlich auf die Zeit nach dem ersten Weltkrieg zu lokalisieren. Mit Sicherheit nicht davor. Und da stellt sich in der Tat die Frage, wie breite Bevölkerungskreise die Nachwirkungen des Weltkrieges verkrafteten. Stichwort Inflation, Weltwirtschaftskrise usw.

Krisengewinnler waren ja a u c h die Nazis, an die vor dem ersten Weltkrieg nicht im entferntesten zu denken war. Ein weiterer Krisengewinnler eben auch die WTG. Großbritannien indes (das nur als Äußerlichkeit), behielt auch in den Jahren nach dem Weltkrieg seine Monarchie bei. Das wiederum ist aber auch ein Zeichen dafür, dass gesellschaftliche Verwerfungen, als Nachfolgewirkungen des Weltkrieges, dort eben nicht jenes Ausmaß erreichten wie besonders in Deutschland mit seinen Lasten des Versailler Vertrages.

Somit reduziert sich der Erfolg der WTG insbesondere auf ein Stichwort: Krisengewinnler.
Angesichts dieser Erkenntnis darf man wohl in einer "Hartz IV-Republik" die Chancen der WTG als keineswegs "endgültig" ausgereizt bewerten.

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Geschrieben von Drahbeck am 16. August 2006 05:44:21:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 15. 8. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 16. August 2006 03:26:20:

Würde man die beispielhaften nachfolgenden zwei Bilder in einer WTG-Publikation vermuten?

USAMittelstand.jpg (53164 Byte)

USAMittelstand2.jpg (54480 Byte)

Wohl eher nicht. Dennoch entstammen sie dort. Wenn auch nicht einer Print-Publikation, so doch dem WTG-Video aus dem Jahre 2000 "Junge Leute fragen".
Wie man sieht, fahren dort selbst Jugendliche die noch ihre Schulausbildung nicht abgeschlossen haben Sportwagen und anderes mehr.

Das macht deutlich, auf welchem "Level" sich die WTG-Religion, namentlich in den USA, derzeit befindet. Eine zunehmende Mittelstandstreligion, die fast gar nichts mehr mit der soziologischen Unterklassenreligion, zu Rutherford's Zeiten gemein hat.

Diese Entwicklung ist eigentlich von der WTG nicht gefördert. Man denke nur an ihr Standard-Gewetter gegen den "Materialismus". Dennoch mit "Augurenlächeln" in der Praxis durchaus hingenommen, partizipieren doch namentlich die WTG-Hauptamtlichen (in der Praxis) nicht zu knapp von einigen Wohlhabenden aus den Zeugenkreisen. Den mit ihren offiziellen WTG-Hungerlöhnen würden sie wohl nicht allzuweit kommen.
In der Praxis indes geht es einigen WTG-Hauptamtlichen beachtlich gut. Kommentar siehe vorstehend.

Angesichts dessen, dass die WTG ihre Publikationen in weltweitem Ausmaße verbreitet, muss man allerdings sagen, dass jenes Ambiente, welches genanntes WTG-Video in vielfältiger Weise bildlich darstellt, wohl für Dritte Welt-Länder die Provokation "pur" darstellt. Darüber haben sich die Macher dieses Videos offenbar aber keinerlei Rechenschaft abgelegt. Auch ein bemerkenswertes Zeitzeichen!

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Geschrieben von Drahbeck am 17. August 2006 06:01:51:

Als Antwort auf: Re: Noch eine Ergänzung geschrieben von Drahbeck am 16. August 2006 05:44:21:

Wer nichts mehr zu verlieren hat, hätte dennoch noch etwas zu verlieren: Die eigene Selbstachtung. Daran wird man erinnert, nimmt man einschlägige Berichte über die Leiden in den KZs zur Kenntnis. In ihnen begegnet man spiegelbildlich jenem Wort von Eugen Kogon in seinem "Der SS-Staat", dass es wohl scharfkantige Diamanten waren, in deren Besitz einige glaubten zu sein.

"Trost" zitiert in seiner Ausgabe vom 15. 8. 1946 einen Bericht aus der Zeitung "Wiener Kurier" (2. 5. 1946) herausgegeben von den amerikanischen Streitkräften für die Wiener Bevölkerung. Sein Autor, Eduard Fischer, berichtet unter anderem über die Bibelforscher im KZ Buchenwald des Jahres 1939. Bekanntlich gab es durchaus unterschiedlich zu nennende Phasen, in der Art und Weise, wie die Zeugen Jehovas von der SS behandelt wurden. In den Anfangsjahren am allerschlimmsten. In späteren Jahren, teilweise nicht mehr ganz so schlimm.
Der Bericht aus Buchenwald ist in der Tat der Phase der schlimmsten Behandlung zuzuordnen.
Sein Autor lässt den Bericht ausklingen mit dem Satz:

"Tag um Tag gehen sie auf die gleiche Art den gleichen Weg, immer kleiner wird ihre Schar - bis auch der letzte nicht mehr zurückkommt.". Das ist eben das entscheidende. Hätte es eine weitere Fortsetzung der Phase der besonders harten Behandlung der Zeugen Jehovas gegeben, hätte in der Tat keiner von ihnen nach 1945 die KZ-Lager noch lebend verlassen. Nichts da mit "Jehovas Schutz". Das war brutalste Vernichtungstrategie, lediglich deshalb geändert, weil auch bei der SS allmählich ein Kosten-Nutzen-Denken einzog, und damit, nur dadurch, die Chance zum überleben eröffnete. Das Gefasel von "Jehovas Schutz" ist dabei allerbilligste Gossenrede.

Gleichwohl aber doch ein Ausdruck, jener eingangs genannten Erfahrung. Das, wer nichts mehr zu verlieren hat; dennoch etwas noch verlieren kann. Die eigene Selbstachtung. Man hat zu sagen. In der Regel haben diese, die Zeugen Jehovas nicht verloren. Sie bewahrten ihre Selbstachtung. Dann allerdings metaphysisch überhöht als "Jehovas Schutz". Indes hat wohl dieser "Schutz" beträchtliche Lücken aufzuweisen, zumindest in den Fällen von denen Fischer in seinem Bericht redete. Man las in ihm unter anderem:

"Mit blauem Dreieck (richtig wäre violett) - Bibelforscher. Eine Religionssekte, die dieses Regime ablehnt und darum 'neue Glaubenssätze' hier eingeschlagen bekommt.
Geht es schon jedem einzelnen der Häftlinge schlecht, so geht es den Bibelforschern noch viel schlechter. Schwerere Arbeit, längere Arbeitszeit, Schreibverbot, Kantinenverbot unterscheiden sie von den anderen Häftlingen. Die meisten von ihnen arbeiten als Steinklopfer unmittelbar neben dem Steinbruch und schlagen die großen Blöcke zu Platten und Würfel. Ununterbrochen fallen ihre Hammer auf hartes Gestein. Unerschrocken verrichten sie ihr Werk, erfüllt von dem Geiste ihres Glaubens, denn sie wissen, so wie diese Steine hinbröckeln, so fallen einst auch jene Männer, die ihnen heute Schmerz und Leid zufügen. Wo man Bibelforschern im Lager begegnet, überall geben sie den anderen, den Schwachen noch Trostworte, mutvolle Anrede, sprechen von Zukunft, verkünden hoffnungsfroh ein Neues - unerschöpflich ist ihre Zuversicht und ihre Augen leuchten in seltenem Glanz. Und wissen sie einen, der weniger hat als sie, so teilen sie redlich ihr karg bemessenes Stück Brot. Nichts Irdisches ist ihnen wertvoll, und was sie hier erdulden, das nennen sie nur Läuterung und Prüfung.

Eine kleine Gruppe dieser Bibelforscher, bestehend aus Blinden, Kranken, Lahmen, arbeitet im Lager, ganz leichtes Werk verrichtend. Eines Morgens beim Appell, vor Abmarsch der Arbeitskolonnen, läßt der Kommandant diese kleine Gruppe der Bibelforscher, die Blinden, Kranken, Lahmen, vor dem Haupttor antreten. Er geht die Reihe ab, Spott und Verachtung liegt in seinem Blick und nervös zuckt in seiner Hand die Reitpeitsche. Er bleibt stehen, mustert noch einmal die Gruppe, schreit sie an, weil sie nicht stramm genug vor ihm stehen. Stöcke und Krücken hört man scharren. Und größer wachsen Blinde, Kranke, Lahme. Wilder, bösartiger zuckt es im Gesicht des Kommandanten, noch lauter brüllt er heraus und abgehackt und scharf klingt jedes Wort: ,Ihr Lumpenpack —, einmal noch gebe ich euch eine Chance —, schwört euren Dreckglauben ab —, unterschreibt — und ich lasse euch laufen —, ihr Saukerle!" Eisige Ruhe liegt über dieser Gruppe. Als hätten sie Eide geschworen —, nicht einer rührte sich.

Der Kommandant wendete sich ab, die Arbeitskolonnen marschieren wie immer hastig an die Arbeit. Die Gruppe Bibelforscher bleibt am Tor stehen. Steht Mittag noch, steht Abend noch —, ohne Essen, ohne Trinken —, Blinde, Kranke, Lahme.
Als es dunkelt und die ersten Scheinwerfer aufleuchten, dürfen sie abtreten. Der diensthabende SS-Scharführer bedeutet ihnen höhnisch lachend, daß sie ab morgen im Steinbruch zu arbeiten haben.
Am nächsten Morgen stehen sie in Reih und Glied der Arbeitskolonne ,"Steinbruch"; neben ihnen sind Kräftigere, denn Steinbruch erfordert Kraft, wenn es auch die letzte Kraft ist, die mancher niederlegt. Hart erklingt das Wort "Abmarschieren" — die Kolonnen setzen sich in Bewegung, passieren das Haupttor —, die Blinden, Kranken, Lahmen kommen nicht mit — die Wachmannschaft gröhlt: "Wollt ihr laufen!" — Stöcke werden verloren, Krücken biegen sich —, doch dann kommt Order, daß diese Gruppe gesondert zur Arbeitsstätte marschieren darf.

Sie bleiben zurück, formieren sich, setzen sich langsam wieder in Bewegung. Wenn Leid Stärke gibt, so waren hier die Stärksten. Je mehr man sie beugen will, je höher wächst ihr Glaube. Und ihr Glaube ist stark.
Langsam schreiten sie dem Steinbruch zu, einer hilft und stützt den andern, Stöcke, Krücken schieben sich fort, weiter, weiter, mühsam folgen gequälte, gebrochene Körper; ein Bild tiefster Traurigkeit — sie schreiten weiter, weiter, dem Steinbruch zu —, doch heilig ist ihr Gang. Tag um Tag gehen sie auf die gleiche Art den gleichen Weg, immer kleiner wird ihre Schar — bis auch der letzte nicht mehr zurückkommt.

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Geschrieben von Drahbeck am 02. September 2006 08:00:24:

Als Antwort auf: "Trost" 15. 8. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 17. August 2006 06:01:51:

"Hoffnung und Angst". Oder auch anders ausgedrückt: Zuckerbrot und Peitsche. Das ist offenbar das "Grundrezept" denen einige Religions-Funktionäre wohl nicht entraten können.
Man denke an die plastische Ausmalung der "Hölle" in gewissen Kreisen, mit dem gleichzeitig "dezentem" Hinweis: Sobald aber das Geld im Kasten klingt - die Seele in den Himmel springt.

Ist die WTG-Religion diesbezüglich "besser"? Kurze Antwort, mit einem Wort:
N e i n !
Ein Beispiel dafür liefert auch der "Wachtturm" vom 1. 9. 1946 (Schweizer Ausgabe 1. 8. 1946), wo man auch allerkräftigst versucht, dem "Hoffnung/Angst-Klavier", die allerschrecklichsten Jaultöne zu entlocken.
"Mit eiserner Rute über die Nationen herrschen"; so schon lautet die erste Artikelüberschrift in dieser WT-Ausgabe. Und man liest dann:

"Jehova hat für die Nationen dieses zwanzigsten Jahrhunderts eine Herrschaft der eisernen Rute vorgesehen. Dies ist nun das Zeitalter der Atombombe. Es wäre jedoch ein Irrtum, anzunehmen, die Herrschaft mit dem eisernen Zepter beziehe sich auf ein In-Linie-Halten der weltlichen Staaten mit der neuen Organisation der Vereinten Nationen, das durch Drohungen mit der Atombombe und dem Stahl anderer schrecklicher Waffen einer internationalen Polizeimacht erzwungen werden soll. Die Atombombe, die radiogesteuerten Raketen, die Granaten und Torpedos und all die Zerstörungswaffen, welche die Militärwissenschaft noch erfinden mag, gehören nicht zur Kriegsrüstung des Herrn Jehovas. Er hat keinerlei Verwendung in seiner Rüstkammer. Sie dienen einem anderen Zweck als dem seiner verordneten eisernen Herrschaft."

Dies verkündet man in einer trostlosen Zeit, in einer trostlosen Welt, unmittelbar nach Ende des zweiten Weltkrieges. Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren. Ziel dieser Verkündigung ist das weitere Schüren der Angst, um die verängstigten Opfer in die eigene Hürde zu treiben, auf dass man sie dort erst so recht scheren und melken könne. Auf das die das schreibende Funktionärsschicht in Brooklyn, USA, fetter und fetter werde. Dazu ist Angst ein "gutes" Rezept, das man dann auch nach allen Regeln der Kunst einsetzt.

"Die Herrschaft der eisernen Rute ist gewiß, und die Nationen werden diese Rute - trotz ihrer Atombombe - nicht widerstehen können", so weiter der "Wachtturm". Alles aufgebaut auf der sattsam bekannten WTG-Grundlüge, der Endzeit-Naherwartung.
"Auferstanden, aus Ruinen und der Zukunft zugewandt". Nichts von dem in dieser WTG-Verkündigung. Sie kann sich statt dessen nicht genug daran tun, ihre Variante der Feuerhöllenlehre zu präsentieren.

Destruktiv durch und durch ist diese Form von "Sinnverkauf".
Wenn sich die Frage stellen würde, wer zu allererst es verdienen würde, in eine "Feuerhölle" geworfen zu werden, so es sie denn geben würde. Dann kann die Antwort nur lauten. Solch destruktive Religionsformen, wie die Made in WTG.

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Geschrieben von Drahbeck am 03. September 2006 05:28:39:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 1. 9. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 02. September 2006 08:00:24:

"Sekten, Irrlehren und falsche Propheten, eine Aufklärung für jedermann", so nennt sich eine von einem Prediger S(amuel) Furrer verfasste Schrift, die "Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 9. 1946 zitiert. Zu Unrecht dargestellt sieht sich "Trost" darin. Worum dreht sich der Streit? Nun wohl um "theologisches Hausgezänk". Was da dieser Prediger zum besten gibt, ist wohl auch nicht "besser" als das des Objektes seiner Kritik. Zugleich in gewisser Hinsicht durchaus repräsentativ für gewisse kirchliche Kreise. Meine Sympathie allerdings gehört bei solch introvertierter Nabelschau, weder der einen noch der anderen Richtung.
Dieser Prediger meint an den Zeugen Jehovas kritisieren zu sollen:

"Die Bibelforscher leugnen die Dreieinigkeit Gottes und damit die Gottheit Jesu Christi. Damit wird es zu einer sehr gefährlichen Irrlehre, vor der wir dringend warnen müssen. Alle ihre Schriften gehören ins Feuer. Da ist auch so ein schönes Schriftchen: Erlösung, Rechtfertigung usw. Es steht sogar viel von Jesu und vom Sohn Gottes darin. Aber es ist ein großer Unterschied, ob ich glaube, daß der Vater den Sohn gezeugt hat, oder ob ich glaube, daß Jesus von Ewigkeit her war, daß er von niemandem gemacht worden ist, sondern daß er der wahrhaftige Gott und das ewige Leben ist. Vater, Sohn und Heiliger Geist - deutlich heißt es hier im sogenannten 'Trost': Der Heilige Geist ist überhaupt keine Person. Wir aber glauben aus den Worten des Heilandes klar zu entnehmen, wo er sagt: Der Heilige Geist, welchen mein Vater senden wird, wird euch in alle Wahrheit leiten, wird euch an alles erinnern. Der Heilige Geist ist nicht nur ein Hauch, er ist eine Person. Das ist aus vielen Stellen zu entnehmen. Darum muß ich Sie warnen vor der gefährlichen Lehre der Bibelforscher. Sie rauben euch Jesus, die Gottheit Christi, und damit sind ihre Lehren nicht göttlich, sondern von unten her inspiriert. Wir müssen sie ablehnen; denn wer Christus als Gottheit leugnet, ist für uns erledigt. Lesen Sie Johannes 14:23."

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Geschrieben von Drahbeck am 16. September 2006 07:40:43:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 9. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. September 2006 05:28:39:

Auch der "Wachtturm" vom 15. 9. 1946 verbreitet eine, als im Vergleich zu anderen christlichen Religionsgemeinschaften gesehen, Sonderlehre.
Laut "Wachtturm" ist das Jahr 1914 n. Chr.,
"der folgenschwere Zeitpunkt, da Jehova Gott den guten Hirten, den Messias-Fürsten, auf den Thron seiner Herrlichkeit gesetzt hat und ihn hieß, inmitten seiner Feinde, die Heiden-Nationen auf Erden inbegriffen, zu herrschen. Dass Christus Jesus als König mit Handlungsvollmacht auf den Thron kam, bezeichnete somit das Ende der 'sieben Zeiten' der Nationen unter Satan dem Teufel und darum auch das Ende der ununterbrochenen Herrschaft Satans. Damit war das Ende dieser Welt besiegelt, und ihr endgültiges Ende dauert nur noch bis zur bald einsetzenden Schlacht von Harmagedon, in welcher Jehovas Hirte die eiserne Rute gegen die weltlichen Nationen gebrauchen wird, um sie zu vernichten."

Hier taucht sie schon mal auf, die Standard-Gummiband-Vokabel der WTG "bald".
Wirklich nur der WTG?
Das würde ich nicht so vollmundig sagen wollen. Schon das Urchristentum war von diesem "bald" beseelt. Und letztendlich musste es sich mit dem Fakt auseinandersetzen, einer Illusion nachgelaufen zu sein. Betrogene Narren geben nicht gerne zu, einer Fata Morgana nachgejapst zu sein. Damals nicht und auch heute nicht. Und so wurde denn aus dem Urchristentum in nicht allzulanger Zeit eine Beamtenkirche. Auch dieses Spiel wiederholt sich in der Neuzeit. Die angeblichen "bald"-Gläubigen kennen eigentlich nur ein Ziel, dass sie wirklich bald erreichen wollen. Auch eine Beamtenkirche werden zu wollen. Heute pflegt man da etwas geschraubter von einer "Körperschaft des öffentlichen Rechts" zu reden, deren Status man nunmehr auch für sich als "angemessen" ansehe. Der Kaiser Konstantin (um 280 - 337) lässt offenbar noch heute grüßen!

Zurück zum Text aus dem Jahre 1946. Was hat denn dieser vorgeblich inthronisierte Christus nach seinem Herrschaftsantritt so getan? Auch da weiß der WT Rat, indem er schreibt:
"Nachdem am 11. November 1918 der I. Weltkrieg zu Ende gekommen war, befasste sich Christus Jesus im Tempel hauptsächlich mit dem Einsammeln des Ueberrestes seiner geistigen Schafe."

Das muss offenbar für diesen König eine ziemlich anstrengende Sache gewesen sein; denn es soll sich laut Wachtturm bis zum Jahre 1931 hingezogen haben. Dieses "Einsammeln" soll doch wohl so verstanden werden, dass Christus sich da in den Himmel zusätzliche Helfer heranholte, die würdig dazu wären. Und nun um 1931 wäre diese anstrengende Arbeit erst einmal beendet.

Was aber tat Christus mit seiner so erweiterten Heerschar nach 1931? Däumchen drehen? Halleluja-Gesänge einüben? Nun das sagt der WT so nicht. Diese nunmehr himmlischen Herrschaften hatten offenbar keine andere Sorge, als erst einmal und vor allem ihre eigenen Pfründe zu sichern. Weitere Himmelskandidaten nach 1931? Ausgeschlossen weiß der WT zu berichten. Eine Überbevölkerung im Himmel dürfe es natürlich nicht geben; denn wie auch schon die Schweizer im Zweiten Weltkrieg feststellten: "Das Boot ist jetzt voll".

Also lässt man die so schnöde abgewiesenen weiteren Himmelskandidaten lieber da wo sie sind. Und wenn auch dort das Boot vermeintlicherweise voll sein sollte. Offenbar störte es den Halleluja-Gesänge einübenden Christus nicht sonderlich, dass einige Böse zu vermeintlicher Selbsthilfe, etwa mit Auschwitz-Gasöfen griffen. Darum kann Christus sich ja nicht kümmern. Er ist ja mit dem Einstudieren seiner Halleluja-Gesänge so beschäftigt. Und das offenbar für alle Zeiten!

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Geschrieben von Drahbeck am 17. September 2006 02:46:17:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 15. 9. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 16. September 2006 07:40:43:

Im Juni 1946 konnte in Magdeburg ein erster Kongress der Zeugen Jehovas in der Nachkriegszeit veranstaltet werden. "Trost" berichtet in seiner Ausgabe vom 15. 9. 1946 darüber. Die perspektivisch angedachte Planung eines gesamtdeutschen Kongresses war nicht möglich. Nicht zuletzt wegen der Aufteilung Deutschlands in vier Besatzungszonen. Magdeburg lag in der russischen Zone. Unabdingbar war daher auch Verhandlungen mit deren entsprechenden Beamten.
Als Ergebnis dessen konnte für diesen Kongress die Halle "Stadt und Land" in Magdeburg angemietet werden, wo auch schon in der Weimarer Republikzeit Bibelforscher-Kongresse stattfanden. Es gelang den Zeugen Jehovas sogar, Sonderzüge bzw. Wagen bei der Reichsbahn für diesen Kongress anzumieten. Folgt man dem "Trost"-Bericht, so lagen für diese Sonderzüge 5.000 genehmigte Anmeldungen vor. Es ist somit davon auszugehen, dass weite Teile der russischen Zone, diese Kongressmöglichkeit wahrnahmen.

Auch in der Frage der Massenverpflegung kamen die Behörden den Zeugen Jehovas entgegen. Man vergesse die Jahreszahl nicht: 1946. Alles andere als "rosige Zeiten". Der Kompromiss sah so aus. Die Stadt stellt entsprechende Küchenkapazitäten zur Verfügung. Jehovas Zeugen ihrerseits bringen Kartoffeln und andere Zutaten selbst mit. Sonnabend, in den späten Nachmittagsstunden begann der Kongress und zog sich bis einschließlich Montag hin. Euphorisch vermeldet man die Zahl von 684 Täuflingen. Der jüngste zehn, der Älteste 70 Jahre alt. Mit Bedauern registriert man, dass der angebotene öffentliche Vortrag nicht die erhoffte Resonanz gefunden habe. Zwar hätten 3632 Verkündiger für ihn im Vorfeld Reklame gemacht; jedoch zählte man beim eigentlichen öffentlichen Vortrag dann nur 1.200 Besucher.

Auch den damaligen politischen Rahmenbedingungen widmet man in "Trost" einige Worte. Das liest sich dann so:
"Jehovas Zeugen anerkennen gern freiheitliche Verfassungen, welche mit dem Gesetz Gottes in Übereinstimmung sind. Auch in Deutschland und besonders in der russischen Zone bringen Jehovas Zeugen zum Ausdruck, dass sie die Wiederherstellung der Glaubens-, Rede-, Presse- und Gottesdienstfreiheit mit Genugtuung begrüßt haben. Leider werden diese demokratischen Grundsätze noch nicht allgemein anerkannt. Besonders Geistliche versuchen, wie es die Pharisäer schon zu Jesu Zeiten taten, Jehovas Zeugen bei der Besatzungsmacht anzuschwärzen."

Ob die Unterstellung, "Geistliche" seien für die sich anbahnenden Schwierigkeiten verantwortlich, wirklich den Kern traf, mag man zu Recht bezweifeln. Sehr wohl hatte die sowjetische Besatzungsmacht, respektive deren deutsche Statthalter, eigene Interessen, die sie durch die Zeugen Jehovas unangenehm tangiert sahen. Dazu benötigten sie keine vorgeschobenen "Geistlichen", die wenn überhaupt, nur die Rolle eines unbedeutenden Statisten in diesem "Theaterspiel" wahrnahmen.

Immerhin auch solche Details erwähnt "Trost" in diesem Bericht:
"Bruder Frost erwähnte noch kurz, dass ihm bereits der Oberbürgermeister einen Besuch abgestattet habe, wobei dieser seine Bewunderung über das so reibungslose Zustandekommen dieser großartigen Veranstaltung zum Ausdruck gebracht habe."

Rückblickend hat man wohl festzustellen. Dies war der erste und wohl auch letzte Zeugen Jehovas-Kongress dieser Größenordnung im Bereich der sowjetischen Besatzungszone nach 1945. Man kann ihn durchaus so einschätzen. Alles was mobil genug war an Zeugen Jehovas der damaligen Zeit, im Bereich der sowjetischen Besatzungszone, dürfte wohl dort anwesend gewesen sein. Zwar gab es auch in den nachfolgenden Jahren im Bereich der SBZ noch einige Kongresse der Zeugen Jehovas. In der Regel aber weit regionaler beschränkt. Nicht selten nur mit Ach und Krach durchgesetzt, wenn nicht gar schon verboten oder gewaltsam aufgelöst.

War letztere Entwicklung unbedingt zwangsläufig? Dies ist die entscheidende Frage. So wie die Zeugen Jehovas ihre tatsächliche Politik gestalteten (auch wenn sie das Wort "Politik" dabei nicht in den Mund nahmen). Angesichts der tatsächlichen Zeugen Jehovas-Realpolitik war der Lauf der Dinge, wie er dann in der SBZ eintrat, wohl unabwendbar.

Damit ist nicht gesagt, dass dies generell ein unabwendbares Schicksal hätte sein müssen. Man hatte in Brooklyn und Wiesbaden sich für eine bestimmte Politik entschieden. Ihren Preis dafür, musste man allerdings dann auch zahlen!

Ostdeutschland

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Geschrieben von Drahbeck am 02. Oktober 2006 07:40:35:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 9. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 17. September 2006 02:46:17:

"Die Einsetzung der Priesterschaft der neuen Welt", titelt der Studienartikel in der "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 10. 1946. Ellenlange Ausführungen, vorrangig auf dem Alten Testament gestützt, werden dazu herangezogen. Was will der "Wachtturm" wohl mit Ausführungen dieser Art "rüberbringen"? Doch wohl dies. Es gäbe auch in der Gegenwart eine Klasse, eben die "Priesterschaft der neuen Welt", die analoge Autoritätsansprüche erheben, und wie von selbst voraussetzen, dass diese "Autorität" anerkannt wird.
Charakteristisch dafür vielleicht auch der Satz:

"In Gemeinschaft mit dem Ueberrest des geistlichen Israel nimmt das 'Mischvolk' die Anbetung oder den Dienst Jehovas auf … indem sie sich der freien theokratischen Organisation unterstellen und die Organisations-Anweisungen befolgen. Da sich Jehovas freie Nation jetzt auf dem Auszuge aus Aegypten befindet, wobei ihr die nachjagenden Aegypter auf den Fersen folgen, blickt der Ueberrest dem roten Meere von Harmagedon entgegen … Auch sie hoffen, die Schlacht von Harmagedon lebend zu überstehen."

Verpackt in biblische Allegorien werden hier also glasharte Autoritätsansprüche formuliert. Es wird nicht gebeten, es wird gefordert, einschließlich solcher Vokabeln wie: "Organisations-Anweisungen befolgen". Ohne diese papstgleichen Ansprüche, wäre diese Organisation in der Tat nicht dass, was sie heute ist. Indes eines berücksichtigt dieser "Wachtturm" wohl nicht. Auch Autoritätsansprüche können erodieren. Mir scheint, der Rost an diesem Autoritätsgebäude, hat schon ein beachtliches Ausmaß angenommen!

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Geschrieben von Drahbeck am 03. Oktober 2006 07:22:10:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 1. 10. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 02. Oktober 2006 07:40:35:

"Japans 'Gottheit' in Nichts zerstoben". Das weiß "Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 10. 1946 zu berichten. Zitat:
"Die größte Erschütterung, die sich auf den japanischen Inseln ereignete, wurde nicht durch die Atombomben im August 1945 verursacht. Obwohl ihre Wirkungen große Verwüstungen mit sich brachten, war doch die örtliche Vernichtung auf einen begrenzten Raum beschränkt. Der größte Sturm ereignete sich jedoch am 31. Dezember. Am Vorabend des neuen Jahres gab Hirohito seinen Landsleuten bekannt, dass er den Mythos, ein 'göttlicher Gott' zu sein, habe fallen lassen. Diese Erklärung traf das Insel-Kaiserreich geradezu in die Mitte und zerschmetterte den ganzen Grund, worauf es stand."

"Trost" versucht dann, diese These dem Leser dergestalt etwas plastischer werden zu lassen, indem es ihn einlädt, sich in die Situation eines geborenen Japaners hineinzudenken. Man liest dazu:
"Von Ihrer Kindheit an wären Sie über diesen Hokuspokus von Izana-gi und Izana-mi belehrt worden. Alt genug, um die Schule zu besuchen, hätten Sie gelernt, dass die japanischen Inseln 'göttlichen' Ursprungs seien und dass das japanische Volk selbst von den Göttern abstamme und dafür ausersehen sei, zur bestimmten Zeit die ganze Welt zu beherrschen. Außerdem würden Sie glauben, dass die Kaiser, die Japan in der Vergangenheit beherrschten, Götter seien und dass Hirohito, der 123 in der Linie, buchstäblich von der Göttin Amaterasu abstamme und deshalb der 'Sohn des Himmels' sei. Nicht nur würden Sie seine Vorfahren anbeten, sondern auch sklavisch glauben, dass Hirohito die Verkörperung der 'Gottheit' sei und daher niemals wagen, ihn anzuschauen oder etwas zu berühren, was ihm gehört, und beim Vorbeifahren seines Wagens würden Sie in jämmerlicher Unwissenheit im Staube auf dem Bauche liegen.

Ein solcher Unsinn wäre die Grundlage Ihrer 'Erziehung' gewesen, wenn Sie in Japan die Schule besucht hätten. Ihr Lehrer hätte Ihnen gesagt, dass die Japaner die 'Herrenrasse' mit göttlichem Ursprung und erwählt seien, die Erde zu erobern und zu unterwerfen; weil die Geschichtsbücher dieses sagten, hätten die Schüler es geglaubt. Die Künste und Wissenschaften hätten die …Lehre verbreitet, dass der Kaiser Gott und ordiniert sei, die Welt zu beherrschen; die Theater hätten dies veranschaulicht; das Radio hätte es verkündet.

Dieses war das Bekenntnis des Militärstaates des Shinto-Kultes. Wir führen die Worte des Generals Minami an, des Oberbefehlshabers der japanischen Armee in Harbin, die er am 20. September 1935 aussprach:
'Der Weg Japans ist durch die Götter aufgezeichnet und kann nicht geändert werden. Unser Auftrag ist göttlich. Wenn die Götter bestimmt haben, dass Japan die Welt beherrsche, so wird Japan die Welt beherrschen. Unsere Schritte in unserm Vorwärtsmarsch werden nicht durch Minderheiten noch durch die Mehrheit in dem Parlament kontrolliert; er wird geleitet und kontrolliert durch die Götter, durch unsere Vorfahren, die auch den Göttern gleich waren; alle Japaner sind Götter.'

"Trost" kommentiert dazu:
"Versuchen Sie sich daher jetzt in Ihrem Geiste ein Bild zu machen, was es für sie bedeutet hätte, wenn Sie so falsch erzogen worden wären und es wäre ihnen plötzlich von Ihrem Gott-Kaiser, den Sie als unfehlbar und ewig anbeteten, gesagt worden, dass dieses alles Humbug und der Kaiser eine gewöhnliche Person sei, genau wie Sie selbst. Sie würden wie gelähmt sein. Denken Sie daran dass 43.000.000 Japaner diese selbe Empfindung haben, und Sie haben eine Vorstellung von der Wirkung der das Kaiserreich erschütternden Erklärung Hirohitos, die am Neujahrsabend veröffentlicht wurde."

Im weiteren Verlauf dieser Ausführungen wird dann noch die Frage gestellt:
"Was veranlaßte Hirohito, seine 'hohe' und 'erhabene' Stellung preiszugeben und zu bekennen, dass er nur ein gewöhnlicher Sterblicher sei, gleich den andern Menschen? Er tat dies einfach, um seine eigene Haut zu retten. Der von allen Seiten vernommene Schrei, dass Hirohito mit seinen Generälen und Politikern als Kriegsverbrecher betrachtet werde, genügte, um ihn zu erschüttern und zu zerbrechen. … Als ein demokratischer Reformer und Freund der Alliierten verkleidet, schöpft Hirohito jetzt, mit knapper Not dem schrecklichen Galgen entronnen, neues Leben."

Als Nutzanwendung verkündet "Trost" dann noch:
"Ein neuer Präzedenzfall ist durch diese freiwillige Handlung Hirohitos gegeben. Jetzt erwartet die Welt begierig zu sehen, ob die anderen 'göttlichen Götter' seinem Beispiel folgen werden, besonders jener, der sich selbst 'Seine Heiligkeit, der Papst; Bischof von Rom und Vikar Jesu Christi; Nachfolger des heiligen Petrus, Fürst der Apostel; Pontifex maximus [oberster Priester] der allgemeinen Kirche, Patriarch des Westens; Primas von Italien; Erzbischof und Metropolit der römischen Provinz; Herrscher des Staates der Vatikanstadt' nennt. Wenn der kleine aufgeblähte Gott Japans die ganze Hohlheit zeigte und von seinem himmlischen Glanz zur Erde herniederkam, dann möchte vielleicht auch jener, der sich 'göttlicher Vater' nennt, den Wink verstehen."

Es gäbe allerdings noch eine andere Personengruppe, die um mit "Trost" zu reden, den "Wink verstehen" sollte, aber es nicht tut. Ihr selbstangelegter Titel unter anderem "treuer und verständiger Sklave".

Sklave wessen, mögen böse Zungen zusätzlich noch fragen. Und deren Antwort: Sklave des "Gott own country" an dem die "Welt genesen soll". Manch einem allerdings kommt bei diesem "Weltgenesungsunternehmen" eher das kotzen an ....

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Geschrieben von Drahbeck am 16. Oktober 2006 08:02:55:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 10. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. Oktober 2006 07:22:10:

Über eine Knorr-Visite in Kuba, liest man unter anderem in der "Wachtturm"-Ausgabe vom 15. 10. 1946 (Schweizer Ausgabe 15. 9. 1946). Eine dazu in Havanna veranstaltete Hauptversammlung erfuhr einige Protegierung. Zitat:
„Traf ein Absolvent dieser (Gilead)-Schule gelegentlich seiner regelmäßigen Missionsarbeit mit dem Direktor der Radiogesellschaft von Kuba zusammen. Dieser Herr in so hoher Staatsstellung kannte die Zeugen Jehovas schon von den Vereinigten Staaten her. In der Tat, er kannte persönlich den Unterweiser für Spanisch an der Gileadschule und hatte auch schon mehrere Male die Gastfreundschaft des Bethelheims in Brooklyn genossen. Nun drückte er dem Missionar hier in Havanna seine Bereitwilligkeit aus, den Zeugen Jehovas in Kuba beizustehen, soweit es in seiner Macht liege. Von seinem Worte wurde Gebrauch gemacht."

Weiter jubiliert der WT:
„Nun haben schon 33 Absolventen der Wachtturmschule ihren Dienst in Kuba angetreten."
Knorr auch als Redner auftretend, wird vom WT die Resonanz darauf mit den Worten beschrieben. Knorrs Thema lautete: „Jehovas Zeugen im Feuerofen".

„Die Kubaner waren sehr ergriffen, als sie von der Treue und der Standhaftigkeit hörten, die ihre Geschwister in anderen Erdteilen während der schrecklichen Nazi-Vatikan-Herrschaft und während des zweiten Weltkrieges bewiesen hatten. Nach etwa anderthalb Stunden begann Bruder Knorr aus dem Stegreif zu reden und ermahnte die kubanischen Brüder, ihre Lauterkeit in gleicher Weise zu bewahren, wenn in den kommenden Jahren die Prüfung an sie herantreten sollte."

Man lasse sich bei diesem Bericht durchaus noch einmal das Brunnenvergiftende, bewusst überzeichnende Wort „Nazi-Vatikan-Herrschaft" auf der Zunge zergehen!

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Geschrieben von Drahbeck am 17. Oktober 2006 05:17:49:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 15. 10. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 16. Oktober 2006 08:02:55:

"Von keiner Sachkenntnis getrübt - wie der Volkswitz es nennt - schrieb der Berichterstatter der United Preß (U. P.) folgenden kraußen Herzenserguß …"

Mit diesen Worten kommentiert und stellt vor, "Trost" einen Pressebericht, der überschrieben war: "Jehovas Zeugen und die Atombombe".

Wie man las wurde er über die amerikanische Nachrichtenagentur U.P. verbreitet; doch wohl eine der größeren ihrer Art. Der dort den Bericht verfasst habende Journalist ist sicherlich kein spezieller Sachkenner, will dies auch gar nicht sein. Das Thema Zeugen Jehovas war eines von vielen, eher eines der Sorte "ferner liefen", dass ihm da im Alltagsgeschäft auf den Schreibtisch flatterte. Das er im Oberflächlichen stecken blieb, macht schon deutlich, dass er den Namen des WTG-Präsidenten N. H. Knorr mit "N. H. Corr" zitiert. Einem wirklichen Sachkenner wäre ein solcher Lapsus sicherlich nicht passiert.

Willkommene Munition für die WTG also, gegen diesen Bericht Verwahrung einzulegen. Noch ein paar weitere Ungenauigkeiten werden da gleich mit aufgespießt. Dieser Journalist hatte sich auch nicht mit solchen "Feinheiten" aufgehalten, wie der zeitgenössischen Zeugen Jehovas-Lehre, die Generation von 1914 werde "keinesfalls vergehen". Er machte statt dessen eher eine Überschlagsrechnung und kam dabei zu dem Resultat. Na ja, dass könnte in Jahreszahlen umgesetzt, dann doch bedeuten: Allerspätestens 1984 ist es so weit.
Wieder meint die WTG triumphieren zu können: Wir haben kein konkretes Datum 1984 verkündigt. Wieder ist der Journalist, auf Grund seiner Oberflächlichkeit, in eine Falle getappt.

Dann noch die Überschrift "Jehovas Zeugen und die Atombombe". Das letztere auch von den Zeugen Jehovas fast "ehrfurchtsvoll" mit in ihr Weltbild integriert ist, und dies ein Jahr nach ihrem erstmaligem Abwurf, kann meines Erachtens nicht bestritten werden.

So veröffentlichte etwa "Trost" in seiner Ausgabe vom 1 und 15. Oktober 1946 einen zweiteiligen Artikel, der sich darum bemühte, dem Physik-Laien Wirkung und Funktion der Atomtechnologie etwas verständlicher zu machen. Ob dieses Ziel erreicht wurde, mag man anzweifeln. Das ist dann aber nicht die primäre Schuld von "Trost", sondern eben in der Kompliziertheit der behandelten Materie begründet.

Jedenfalls belegt auch dies. Das Thema wurde von den Zeugen Jehovas aufgegriffen. Auf der Ebene ihrer Flüsterpropaganda zudem in dem Sinne, als "Endzeitbeweis". Das hatte auch dieser Journalist erfasst. Wenn "Trost" sich dann in der Biedermann-Pose des "falsch Verstandenen" sonnt, ist das ein zu billiges Alibi.

Nachstehend noch der Artikel (oder besser doch, nur die Notiz), die da "Trost" seinen Lesern als vermeintliches Zerrbild in seiner Ausgabe vom 15. 10. 1946 vorstellt:

Jehovas Zeugen und die Atombombe. U.P.
"In den USA. ist eine Anzahl "Zeugen Jehovas" bemüht, aus der Bibel auf Grund von Prophezeiungen den Beweis zu erbringen, dass die Atombombe jenes unbändige Element sei, das, wie die "Zeugen Jehovas" schon längst ankündigten, die Welt zerstören wird. Der Mann, der das bekanntgibt, ist kein Geringerer, als der 41jährige Mr. N. H. Corr, das Haupt der "Zeugen Jehovas", deren erste internationale Nachkriegszusammenkunft gegenwärtig in Cleveland stattfindet. Die Zusammenkunft, an der etwa 60.000 Delegierte aus den USA und vielen weitern Ländern teilnehmen, nennt sich die "Glad Nations Assembly" (Versammlung der glücklichen Nationen). Nach Corr ergeben die Berechnungen der Zeugen Jehovas, dass die Welt irgendwann zwischen jetzt und dem Jahre 1984 zerstört werden wird; aber nach dieser Katastrophe wird die Herrschaft der Gerechtigkeit ihren Anfang nehmen. Corr präzisierte: "Wir meinen nicht, dass die Erde verschwinden wird. Aber die Zivilisation, die Regierungen und die meisten Bewohner der Erde werden ausgetilgt werden. Die einzigen Überlebenden werden jene sein, die Gott lieben und an seine Lehre glauben."

In der gleichen "Trost"-Ausgabe beginnt auch ein vierteiliger Artikel mit den Ausführungen des "Historikers" Dr. Werner Knapke. Eine Stellungnahme dazu separat in nachfolgendem Link:

Knapke

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Geschrieben von Drahbeck am 02. November 2006 06:54:28:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 10. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 17. Oktober 2006 05:17:49:

Etwas mehr bekannt, zumindest in touristisch orientierten Bevölkerungskreisen, ist hierzulande die Dominikanische Republik. Etwas weniger im Bewusstsein ist, dass dieser Inselstaat noch einen Nachbarn auf der gleichen Insel hat, namens Haiti.
Auch in Europa sind ähnliche Phänomene registrierbar. Man denke an die Insel Zypern. Politisch aufgeteilt (inklusive "Berliner Mauer") in einen griechisch und einem türkisch beherrschten Teil. Offenbar ist jener Insel mit den beiden genannten Staaten in Lateinamerika, einmal ein ähnliches Schicksal widerfahren. Nur es liegt etwas länger zurück, als im Falle Zypern.

Eine neueres Lexikon notiert bezüglich Haiti unter anderem:
"Es besteht eine 6-jährige Schulpflicht (1997), der Schulbesuch ist unentgeltlich. Allerdings fehlt es dem Land an Lehranstalten, so dass viele Kinder keine Schule besuchen können. Der Alphabetisierungsgrad ist der niedrigste in Lateinamerika, er liegt bei etwa 45Prozent.
Der Lebensstandard der Bewohner ist überaus niedrig. Die Wirtschaft wird vom Agrarsektor dominiert.
Das Straßennetz in Haïti hat eine Länge von 160Kilometern (1996), von denen ein Großteil während der Regenzeit nicht befahrbar ist. Allwetterstraßen verbinden heute alle großen Städte miteinander. Über die Eisenbahnlinien, die im Besitz von ausländischen Großunternehmen sind, werden vor allem Sisal und Zuckerrohr zu den Häfen transportiert
Die Einwohnerzahl Haïtis beträgt etwa 6,78Millionen (1998), die Bevölkerungsdichte ungefähr 244Einwohner pro Quadratkilometer.
Etwa 95Prozent der Einwohner Haïtis stammen von schwarzen Sklaven aus Afrika ab.
Der größte Teil der Bewohner ist römisch-katholisch, viele sind jedoch Anhänger des Voodookultes"

Im Rahmen seiner Weltreise nach Beendigung des zweiten Weltkrieges, besuchte WTG-Präsident N. H. Knorr, nebst Anhang auch Haiti. Begrüßt wurde er dort von den Missionaren, die erst wenige Jahre vorher von der WTG dorthin geschickt wurden. Vorher gab es dort keine Vertreter der Zeugen Jehovas-Religion. In WTG-Sicht also ein "Expansionsland". Und so hat man es dort mittlerweile auch auf einen Bestand von rund 13.000 ZJ-Verkündiger gebracht.

In der "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 11. 1946, wird auch etwas über die dortige Stippvisite berichtet.
Man versäumt es auch nicht den Lesern ein "Highlight" der besonderen Art mitzuteilen. Zitat:
"Was würdet ihr sagen zu einer Hauptstadt von 150.000 Einwohnern ohne Omnibus oder Straßenbahn? Eine solche Hauptstadt ist Port-au-Prince. Die einzigen Beförderungsmittel hier sind verdiensthungrige Taxis oder zottige Esel. Da sieht man zum Beispiel einheimische Frauen, die nicht gerade damenhaft auf dem Rücken dieser mit Säcken beladenen, mühsam trottenden Tiere sitzen. ... Auf Schritt und Tritt begegnen wir Bettlern und überall wimmelt es von Kindern, die in dieser heißen Gegend nur halb bekleidet oder gar nackt herumlaufen. ..."

Diesem Lande wurde nun auch "dank" Mister Knorr's Initative eine Entwicklungshilfe der besonderen Art zuteil. "Hoffe und harre". Dies ist es, was Mister Knorr (auch) verkünden lässt. Realwirtschaftliche Entwicklungshilfe - Fehlanzeige. Damit es Mister Knorr's "God's own country" auch noch in hundert Jahren besser gehe, müssen schon solche Unterschiede sein (so die Substanz seiner Lehre). Und wer etwa wagt, diesen Grundsatz anzufechten, wie etwa der Herr Castro auf Kuba, dem schickt man dann ein paar Söldner via Schweinebucht "zu Besuch".

Damit "God's own country" sich aber auch die Kosten für die Söldner im Falle Haiti ersparen kann, dafür sorgt auch die Hoffen und Harren-Religion des Mister Knorr!

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Geschrieben von Drahbeck am 03. November 2006 07:49:26:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 1. 11. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 02. November 2006 06:54:28:

In einem, man kann schon sagen, polemischen Rückblick, notiert "Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 11. 1946:

"…'Für uns arbeitet die Zeit!' Mit diesem mehr abergläubischen als glaubensvollen Spruch versuchten jene verantwortungslosen Führer ihr Volk zur letzten, zur zauberhaft-wundersamen und wenn möglich siegreichen Kraftanstrengung aufzupeitschen. Das Wunder blieb aus und ihre zurückflutenden, bis dahin nur siegreichen Heere wurden in den Boden gestampft. So arbeitet die Zeit!
Und ein Vergleich, den wir jetzt anstellen können, zeigt den Unterschied zwischen 1946 und 1933, zwischen heute und gestern, da sie noch auf stolzen Rossen ritten.
- Die Zeit lehrt es selbst, für wen sie in Wirklichkeit arbeitet. Das Zürcher 'Volksrecht' und die 'NZZ' schreiben am 30. September 1946 darüber wie folgt:

Im großen Stadion des ehemaligen Reichsparteigeländes, wo Hitler seine Massenkundgebungen abzuhalten pflegte, versammelten sich am Sonntag zum erstenmal seit 1933 unter starker Beteiligung die sogenannten 'Zeugen Jehovas'. Unter den Teilnehmern befanden sich zahlreiche ehemalige Insassen von Konzentrationslagern, und die Errechnung der Gesamtdauer ihrer Haft ergab nicht weniger als 20.000 Jahre. Der Leiter der Bewegung für Deutschland, … aus Wiesbaden, erklärte in seiner Rede, es sei kein Zufall, dass diese erste Massenversammlung in diesem Stadion stattfinde, und zwar am Vorabend des Tages, da die Nazi-Führer ihr Urteil vernehmen würden, jene Männer, die alle Leiden der 'Zeugen Jehovas' verursacht hätten. 'Dass wir diesen Tag erleben dürfen', rief der Redner aus, 'ist alle Leiden wert, die wir erdulden mußten!'"

Besonders der letzte Satz: "Dass wir diesen Tag erleben dürfen, ist alle Leiden wert, die wir erdulden mußten", hatte es "Trost" angetan und unterstreicht dies dann auch durch seine ausdrückliche Wiederholung. Ein Psychologe hätte an der Wertung einer solchen Aussage, sicherlich seine helle Freude. Das damit ein die psychologische Befindlichkeit der Zeugen Jehovas ansprechende Saite angesprochen wurde, ist unbestritten.

Unbestritten ist auch, dass die Rechnung der "Für uns arbeitet die Zeit"-Verkünder, eine Fehlkalkulation war. Wären sie von einem solchen Ausspruch wirklich überzeugt gewesen, dann hätten sie eben nicht jenes erschreckende Ausmaß von Terror benötigt und eingesetzt, wie es in der Praxis der Fall war. Jener Terror war ganz im Gegenteil der Beweis dafür, dass ihr vorgetragener Optimismus, alles andere als überzeugend war.

Wie schon gesagt, ein Psychologe hätte an der weiteren Auswertung dieser beiden Aussagen, sicherlich seine helle Freude. Indes auch dies ist offenkundig. Heute hat sich der Part verschoben. Jene einst Verfolgten wähnen sich heute vielfach in der Position jener die da ihrer ungläubigen Mitwelt mitteilen: "Für uns arbeitet die Zeit!"

Ob dies wirklich so ist. Vielleicht wird ein halbes Jahrhundert später die Geschichte diese Frage einmal beantworten.

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Geschrieben von Drahbeck am 16. November 2006 07:14:38:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 11. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. November 2006 07:49:26:

1978 gelangte der Südamerikanische Staat Guyana (eher einer der kleineren Art, mit einer Bevölkerungszahl unter einer Million), in die Schlagzeilen der internationalen Presse.
Diese Meldungen waren allerdings etwas makabrer Art.

Eine in den USA entstandene Sekte, unter ihrem Führer Jim Jones, hatte Guayana zu ihrem Rückzugsgebiet erkoren. Die Auswanderung aus den USA, darf man getrost auch so interpretieren. Der sekteneigene Totalitarismus suchte günstigere Rahmenbedingungen und glaubte sie in Guayana gefunden zu haben. Dazu muss man wissen, dass wesentliche Teile dortigen Lebens, auf die Küstenregionen konzentriert sind. Im Landesinnere hingegen sieht es ziemlich mau aus. Um ins Landesinnere zu gelangen, gibt es eigentlich nur die Möglichkeit dies über die dorthin führenden Flüsse zu tun. Alternativ eventuell auch per Flugzeug.
Reguläre Straßenverbindungen oder Eisenbahnen - eine einzige Fehlanzeige.

Dort im tiefsten Urwald hatte sich nun auch Jim Jones mit seinem "Volkstempel" angesiedelt.
Wie das nicht selten der Fall ist, so war es auch hier. Etliche Angehörige stehen dem Faktum, dass sich Teile ihrer Familie einer totalitären Sekte angeschlossen haben, ziemlich fassungslos gegenüber. Dann noch in diesem Fall, dass besondere Faktum, sich fernab aller Welt, zurückgezogen zu haben.

Diese Fassungslosigkeit begann sich auch in politischen Aktionen zu manifestieren. Es gelang den Kongressabgeordneten Ryan für dieses Problem zu interessieren. Der ließ es nicht bloß bei theoretischen Betrachtungen bewenden, sondern wollte sich an Ort und Stelle ein eigenes Bild verschaffen.
Insistiert mit bohrenden Fragen, und konfrontiert mit dem Umstand, das einige aus seiner Sektenkolonie die Anwesenheit von Ryan nutzen wollten, in die USA mit zurückzukehren; trat bei Jones des große Blackout ein. Die internationale Presse war voll von den Schlagzeilen über den Massenselbstmord der Volkstempelsekte in Guayana.

Erst seit 1966 heißt dieser Staat so. Davor sein Name Britisch-Guayana. Wie man unschwer daraus erkennen kann, war es auch mal eine britische Kolonie.
Das war es auch schon im Jahre 1946, als ein anderer Yankee, namens N. H. Knorr, diesem Land einem Besuch abstattete.
Mister Knorr plagten dabei allerdings ernsthafte Sorgen, worüber der "Wachtturm" in seiner Ausgabe vom 15. 11. 1946 berichtet (Schweizer Ausgabe 15. 10. 1946). War doch dort im Juni 1944 ein totales Einfuhrverbot für die WTG Literatur erlassen worden. Sogar eine ganze Schiffsladung voll von WTG-Literatur, die man hoffte einführen zu können, erreichte so ihr Ziel nicht.

Das Einfuhrverbot war allerdings nicht so weitgehend, dass es gleichzeitig auch ein offizielles Gesamtverbot wäre. So weit ging die dortige Regierung nicht. Aber Mister Knorr befand, ohne diese WTG-Literatur wären wohl seine dortigen Mannen gleich einem Fisch ohne Wasser.
Also wollte er höchstpersönlich in dieser Angelegenheit bei den dortigen Kolonialbehörden vorstellig werden. Knorr meinte als Trumpf ausspielen zu können, dass weitere Verbote in Staaten des britischen Commonwealth bereits schon wieder aufgehoben worden seien.
Genannter "Wachtturm" zitiert dazu:

"Die Besprechung mit dem Kolonialsekretär, W. L. Heape, fand am nächsten Tag (Sonnabend) statt. Der Präsident der Gesellschaft erklärte Herrn Heape den Zweck unserer christlichen Tätigkeit, und warum er glaube, dass die Wachtturm-Schriften vom Verbot befreit werden sollten. In anderen britischen Ländern sei dieses Verbot aufgehoben und in Australien die Regierung in ihrer Aktion gegen die Zeugen Jehovas im Unrecht befunden worden, indem das höchste Gericht diese Aktion der Regierung als gesetzeswidrig bezeichnete. In Kanada hätten Parlamentsmitglieder unsere Angelegenheit wiederholt vor das Forum gebracht, da sie es als unrecht fanden, die Freiheit der Gottesanbetung sowie die Rede- und Preßfreiheit hinwegzutun, indem gegen die Zeugen Jehovas in Kanada solche Maßnahmen ergriffen wurden. ... So konnten viele Punkte mit Herrn Heape besprochen werden. Am Schluß der halbstündigen Unterredung wurde ihm ein Exemplar des Buches 'Die Wahrheit wird euch frei machen' überreicht mit dem Ersuchen, es sorgfältig zu lesen. Er versprach dies und bemerkte, dass die besprochene Angelegenheit gegenwärtig von einem aus neun Mitgliedern bestehenden Executivkomitee geprüft werde. (Am 6. Juni wurde an Bruder Knorr die frohe Kunde telegraphiert: 'Verbot aufgehoben'. ..."

Verfolgt man die Jahrbuchstatistiken der Zeugen Jehovas, so gab es dort im Jahre 2005 eine Verkündiger-Durchschnittszahl von rund 2200; was einem Verhältnis zur übrigen Bevölkerung von 1 zu 355 entspricht.
Wie man sieht, hat der religiöse Totalitarist Jim Jones dort "würdige" Nachfolger gefunden. Nicht in dem Sinne einer direkten Verbindungslinie. Die besteht nicht. Sehr wohl aber in dem grundsätzlichen antidemokratischen Habitus, der sich im Falle Zeugen Jehovas "Theokratie" zu nennen beliebt.

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Geschrieben von Drahbeck am 17. November 2006 07:20:08:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 15. 11. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 16. November 2006 07:14:38:

Ein auf die "liberale Theologie" hin orientiertes Lexikon (und zur "liberalen Theologie" gehört die WTG-Religion mit Sicherheit nicht), notierte unter dem Stichwort "Rahab" einmal:
"Dirne in Jericho, empfängt nach der Sage Josua 2 die beiden Kundschafters Josuas und läßt sie glücklich entkommen. Zum Dank dafür wird sie mit ihren Verwandten bei der Eroberung Jerichos durch Israel verschont. ... Die Sage ist kulturgeschichtlich bemerkenswert: eine Herbergsmutter zugleich Dirne, woran niemand Anstoß nimmt. Die Erzählung gehört zu einem weitverbreiteten Sagentypus, wonach fremde Wanderer bei einer mitleidigen Frau Empfang und Schutz finden."

Gegen diese Art von Interpretation, meldet die WTG vielfältigen Protest an. So nachlesbar in der "Trost"-Ausgabe vom 15. 11. 1946. Schon die Wertung dieser Story als Sage, läßt der WTG den Wutkamm anschwellen. Kraft ihrer Wassersuppe legt sie auch Wert auf die Feststellung: dieser Bericht habe auch eine "für die heutige Zeit gültige und anwendbare Bedeutung."

Schon mal die etwas zurückhaltendere Bezeichnung "Dirne" und insbesondere die Unterstellung das sei vielleicht eine Art Hoteleriefrau der damaligen Zeit gewesen, passt der WTG nicht. Glashart besteht sie darauf. Das war eine "Hure". Das mag in der Sache das gleiche beschreiben, hört sich aber doch wohl etwas rabiater an, zumindest im heutigen Sprachgebrauch.
Die WTG schreibt in ihrem Artikel unter anderem:

"Führen wir uns einmal dieses Drama aus alter Zeit in seinen wesentlichen Zügen vor Augen: Wir befinden uns in der schwerbefestigten, mit dicken Mauern umgebenen Stadt Jericho. Es ist 1475 vor Christus, um die Hafererntezeit. Hoch oben in der Mauer der Stadt steht das Haus der Rahab, der Hure. Von dieser hochragenden, günstigen Stellung aus konnte Rahab weit ostwärts über die Ebene blicken und die daherflutenden, tobenden Wasser des etwa zehn Kilometer entfernten Jordan sehen. (Josua 3:15) Weiter hinten, am Ostufer des Flusses, konnte sie die lagernde Menge des Volkes Israel ... deren bewaffnete Krieger allein über 600.000 Mann zählten, beobachten. ...

In dieser kritischen Zeit nahm Rahab zwei Männer auf, welche Kundschafter waren und vom israelitischen Lager kamen. Die beiden Männer suchten Unterkunft, und Rahab ließ sie in ihr Haus hinein. Die Kunde davon kam jedoch dem König von Jericho zu Ohren, welcher, als er erfuhr, dass die Männer Kundschafter seien und gekommen, um die Stadt auszukundschaften und ihre Verteidigungsbereitschaft zu erforschen, eine Abteilung von Kriegsknechten aussandte, damit sie die ... in Gewahrsam brächten. Aber Rahab war auf der Hut und der Lage gewachsen. Sie faßte rasch einen Entschluss und handelte demgemäß, als die Knechte des Königs ankamen und sie nach den Fremden auszufragen begannen. Auf ihre scharfe, lärmvolle Aufforderung, die Männer, die zu Rahab gekommen waren, herauszugeben, antwortete sie ohne Zögern: 'Allerdings sind die Männer zu mir gekommen, aber ich wußte nicht, woher sie waren; und als das Tor beim Dunkelwerden geschlossen werden sollte, da gingen die Männer hinaus; ich weiß nicht, wohin die Männer gegangen sind. Jaget ihnen eilends nach, denn ihr werdet sie erreichen."

In heutiger Terminologie betrieb jene Rahab mit ihrer bewussten Falschauskunft den Tatbestand des Landesverrats. Und so hat sie denn in der "Weltgeschichte der Spionage", von jeher einen namhaften Platz inne. Wie das bei Spionen so der Fall ist. Ihre Auftraggeber verklären sie als "Kundschafter". Die Gegenseite pflegt in der Regel andere, härtere Vokabeln zu verwenden und im Fall der Fälle, auch äußerst harte, rabiate Strafen zu verhängen. So verklärt auch "Trost" diese Rahab, wenn behauptet wird: "Rahab war kein Verräter wie Judas."

Die Spionin Rahab hatte Glück. Ihr Kalkül ging auf. Sie befand sich auf der Siegerseite.
Bei der Analyse der WTG-Doktrin der sogenannten "theokratischen Kriegslist", verweist schon Jerry Bergman darauf, dass in dieser Rahab-Geschichte, bereits in den 30er Jahren von der WTG "kultiviert" und auch danach, eine wesentliche Wurzel dafür zu sehen ist.

Es ist durchaus doppeldeutig, dass die WTG eine Spionin als Vorbild herausstellt. Wer ihre Alltagspraxis in Verbotsländern kennt, der weiß, dass dies darüber hinausgehend, keinesfalls eine "abstrakte Geschichte", sondern harte Praxis war und ist. Als sogenannt "theokratische Kriegslist", mit Spionen als Vorbildern!

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Geschrieben von Drahbeck am 02. Dezember 2006 06:47:45:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 11. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 17. November 2006 07:20:08:

Der "Wachtturm" vom 1. 12. 1946 schreibt:
"Die phantastische anglo-israelitische Theorie, dass die vermeintlich "verlorengegangenen zehn Stämme Israels" heute niemand anders seien als die britische Nation und die amerikanischen Völker von anglosächsischer Herkunft, fällt deshalb dahin, weil sie der inspirierten Bibel widerspricht."

Das ist dann ja wohl eines von vielen Beispielen, was für abstruse Theorien alles schon im Namen der Religion verkündet wurden.
Da muss dann aber doch die Frage gestattet sein, ob die WTG-Religion wirklich die Ausnahme von dieser Regel ist. Man denke beispielsweise nur an das 1914-Datum der Zeugen Jehovas, welches faktisch den Rang eines Dogmas einnimmt. Ihm liege angeblich das Startdatum 607 v. Chr. zugrunde. Das weltliche Historiker eben jenes Startdatum so nicht anerkennen, schiebt man mit der leichten Hand beiseite. Im Zweifelsfall glaubt man den eigenen Interpretationen den Vorrang geben zu sollen.

Wie aber ist es um diese Interpretationen bestellt? Sie gleichen dem Zurechtbiegen mit der Brechstange. Russells Datum 607 v. Chr. will man heute noch gelten lassen; verschweigt aber in der Regel dezent, dass er noch ein paar mehr solcher Daten auf den Ententeich setzte, die gleichfalls angeblich auf 1914 hinwiesen. So etwa wenn er aus den Maßen der Cheopspyramide zitiert. Dortige 1542 Zoll mit dem Jahre 1542 v. Chr. gleichsetzt. Dann weitere 3457 Zoll der Pyramide entnimmt und so "gewappnet" zu dem Schluss gelangt "So bezeugt die Pyramide, dass der Schluss des Jahres 1914 der chronologische Anfang der Zeit der Drangsal war" (Schriftstudien Bd. III S. 330).

Gar nicht davon zu reden, dass derselbe Russell die Endzeit schon im Jahre 1799 beginnen ließ; wofür er auch eine entsprechende Berechnung parat hatte. (Startdatum 539 + 1299 = 1799) (Schriftstudien Bd. II S. 288). Das wird allerdings von den heutigen Zeugen so nicht mehr verwandt. Für diese Daten haben sie heute keine Verwendung mehr.

Somit ist in der Frage, wer da mit größerer Willkür umspringt, die WTG wohl kaum auf der Seite der "Gerechtfertigten".

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Geschrieben von Drahbeck am 02. Dezember 2006 06:47:45:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 11. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 17. November 2006 07:20:08:

Der "Wachtturm" vom 1. 12. 1946 schreibt:
"Die phantastische anglo-israelitische Theorie, dass die vermeintlich "verlorengegangenen zehn Stämme Israels" heute niemand anders seien als die britische Nation und die amerikanischen Völker von anglosächsischer Herkunft, fällt deshalb dahin, weil sie der inspirierten Bibel widerspricht."

Das ist dann ja wohl eines von vielen Beispielen, was für abstruse Theorien alles schon im Namen der Religion verkündet wurden.
Da muss dann aber doch die Frage gestattet sein, ob die WTG-Religion wirklich die Ausnahme von dieser Regel ist. Man denke beispielsweise nur an das 1914-Datum der Zeugen Jehovas, welches faktisch den Rang eines Dogmas einnimmt. Ihm liege angeblich das Startdatum 607 v. Chr. zugrunde. Das weltliche Historiker eben jenes Startdatum so nicht anerkennen, schiebt man mit der leichten Hand beiseite. Im Zweifelsfall glaubt man den eigenen Interpretationen den Vorrang geben zu sollen.

Wie aber ist es um diese Interpretationen bestellt? Sie gleichen dem Zurechtbiegen mit der Brechstange. Russells Datum 607 v. Chr. will man heute noch gelten lassen; verschweigt aber in der Regel dezent, dass er noch ein paar mehr solcher Daten auf den Ententeich setzte, die gleichfalls angeblich auf 1914 hinwiesen. So etwa wenn er aus den Maßen der Cheopspyramide zitiert. Dortige 1542 Zoll mit dem Jahre 1542 v. Chr. gleichsetzt. Dann weitere 3457 Zoll der Pyramide entnimmt und so "gewappnet" zu dem Schluss gelangt "So bezeugt die Pyramide, dass der Schluss des Jahres 1914 der chronologische Anfang der Zeit der Drangsal war" (Schriftstudien Bd. III S. 330).

Gar nicht davon zu reden, dass derselbe Russell die Endzeit schon im Jahre 1799 beginnen ließ; wofür er auch eine entsprechende Berechnung parat hatte. (Startdatum 539 + 1299 = 1799) (Schriftstudien Bd. II S. 288). Das wird allerdings von den heutigen Zeugen so nicht mehr verwandt. Für diese Daten haben sie heute keine Verwendung mehr.

Somit ist in der Frage, wer da mit größerer Willkür umspringt, die WTG wohl kaum auf der Seite der "Gerechtfertigten".

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Geschrieben von Drahbeck am 16. Dezember 2006 05:48:09:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 12. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. Dezember 2006 12:21:42:

Der Mittelamerikanische Staat Belize (bis 1973 Britisch-Honduras) und erst 1981 seine staatliche Unabhängigkeit erlangend, grenzt an Mexiko und Guatemala. Mit seinen rund 270.000 Einwohnern, gehört er zu den eher dünn besiedelten Staaten. Nominell zählt in ihm rund die Hälfte der Bevölkerung zur katholischen Kirche. Entsprechend fällt auch die Durchschnittsverkündigerzahl der Zeugen Jehovas dort aus. Für 2005 wurde sie auf rund 1.600 beziffert. Immerhin, auch das gilt es zu registrieren. 1947 beziffert sich diese Zahl auf 38. Lässt man den Spruch gelten, dass sich "das Eichhörnchen mühsam ernährt", ist es in diesen Jahren dort numerisch durchaus vorwärts gegangen.

Gemessen an der Gesamtbevölkerungszahl entspricht dies heute einem Wert von 1 zu 173. Also einem der besseren Werte für die WTG, im Vergleich zu anderen Ländern. Offenbar erfolgte der dortige WTG-Start erst in den Jahren nach 1945, durch dort neu hingesandte WTG-Missionare.
In diesem Zusammenhang ist es auch notierenswert, was man darüber im "Wachtturm" vom 15. 12. 1946 liest:

"Einige Zeit während des zweiten Weltkrieges war hier, durch die Regierung ein Verbot gegen die Wachtturm-Schriften erlassen worden, das jedoch kurz vor dem Eintreffen der beiden jungen Männer (Missionare) aufgehoben wurde. Trotzdem sucht ein römisch-katholischer Priester immer noch zu bewirken, dass dieses Verbot auf Postsendungen von Literatur angewandt werde. Der katholische Klerus ist wütend über die Anwesenheit dieser zwei Missionare der Zeugen Jehovas; und ein irisch-amerikanischer Priester, dem sie gelegentlich von einem einheimischen Drogisten vorgestellt wurden, äußerte seinen großen Unwillen darüber, dass die britische Kolonial-Regierung sie ins Land hereingelassen habe. Er erklärte, dass die Einwohner von Honduras glücklich und zufrieden seien mit dem, was sie haben und wie sie leben, und dass diese amerikanischen Missionare nur Unzufriedenheit in die Herzen des Volkes säten …"

Das da auch mit Argumenten unterhalb der Gürtellinie gearbeitet wurde, macht auch die Fortsetzung dieses Berichtes deutlich, wenn in ihm ausgeführt wird:
"Die beiden jungen Missionare erinnerten den Priester daran, dass er selbst Amerikaner zu sein behauptete und zeigten ihm an Hand der amerikanischen Gefängnisstatistiken, dass das römisch-katholische System gar kein Recht habe, sich als Hüter der Moral unter dem Volke der Vereinigten Staaten aufzuspielen, worauf er sich eilends aus dem Staube machte. Der amerikanische Konsul setzte sie ebenfalls in Kenntnis, dass er Katholik und das Haus, worin er wohne, ein katholisches Haus sei, doch sie erinnerten ihn daran, dass das Konsulat selbst keine katholische Institution sei."

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Geschrieben von Drahbeck am 17. Dezember 2006 06:43:15:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 8. 12. 1946 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 16. Dezember 2006 05:48:09:

Mit der "Trost"-Ausgabe vom 15. 12. 1946 ist ein vorläufiger Schlusspunkt in doppelter Hinsicht erreicht.
Zum einen ist dies die letzte Ausgabe, die unter diesem Titel erschien. Ab 1947 erschien diese Zeitschrift weiter dann unter dem Namen "Erwachet!". In Deutschland erschien "Erwachet!" übrigens erst ab 1953. Davor nur in der Schweiz (und als Novum) auch in dem von den alliierten Siegermächten des zweiten Weltkrieges mit besetzten Österreich.

Zur "Trost"-Ausgabe vom 15. 12. 1946 noch dies. Offenbar erfolgte mit der Titeländerung, auch eine Änderung des Redakteurs. Redakteur für "Trost" war in den letzten Jahren H. Steinemann. In der übrigen WTG-Literatur personell nicht weiter beschrieben. Vielleicht hat dieses auffällige Schweigen sogar einen tieferen Grund.
Redakteur des "Erwachet!" war dann der schon bekanntere Franz Zürcher. Zürcher war schon verantwortlicher Redakteur des "Goldenen Zeitalters" ("Trost"). In jener Geschichtsphase der 40er Jahre, als die Legimität der WTG auch in der Schweiz "auf der Kippe" stand. Stichwort Einstellung des "Wachtturms" und anderes mehr, wurde offenbar Zürcher aus der vorderen "Frontlinie" zurückgezogen. So erschien schon jene "Trost"-Ausgabe aus dem Jahre 1943 mit der berühmt-berüchtigten Schweizer Wehrdiensterklärung in der Redaktion von Steinemann. Letzterer blieb offennbar auch nach Ende des zweiten Weltkrieges weiter im Amt, bis zu jener Umstellung von "Trost" in jetzt nunmehr "Erwachet!"

Um noch einmal auf Steinemann zurückzukommen. Es war nicht der "erste" und mutmaßlich auch nicht der letzte Fall; dass frühere hochrangige WTG-Funktionäre in Konflikt mit dieser Organisation gerieten. Ein solcher Fall scheint mir auch Steinemann zu sein. Im Bestand der Deutschen Bücherei Leipzig gibt es von einem Hans Steinemann eine Broschüre aus den sechziger Jahren, die liest man sie, den Eindruck vermittelt, der Verfasser liegt auf Bibelforscherlinie. Seine frühere Überzeugung hat er sicherlich nicht aufgegeben. Der Knackpunkt, auch in anderen Fällen, ist doch wohl der: Der Totalitarismus der WTG. Offen bleiben muss derzeit die Frage, ob es sich um den "Trost"-Redakteur Steinmann oder dessen Sohn handelt. Aber man sagt ja nicht umsonst: "Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm".

Nachstehend ein paar Auszüge aus der Broschüre: "Zuerst die Beerdigung - dann die Behimmelung" erschienen in einem "Wartverlag" zu Thun (Schweiz); also einem Verlag außerhalb des WTG-Imperiums. Inhaltlich scheint sie mir eine Rückkehr zu Russell's Tagen zu sein. Auch kein "Novum" in etlichen von der WTG unabhängigen Bibelforscherkreisen.
Genannter Autor schreibt:

"Vom Gräberkult und Totenkult. Da ist der Rückfall ins Heidentum deutlich (S. 7).
Weil die Theologen Israel abgeschrieben haben, es nicht mehr zur Geltung kommen lassen wollen, es als Abfallsprodukt göttlicher Mißwirtschaft betrachten, sehen sie für dieses Volk keine Zukunft. Sie sind blind gegenüber dem, was Gott mit Israel noch im Sinn hat. Sie wissen gar nicht, wie arm und einseitig ihre Theologie ohne den Heilsplan Gottes für Israel wird. Sie sagen, dass Gott am Ende der Tage kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten. Sie überspringen und ignorieren einen Zeitabschnitt göttlicher Heilszeit, der gerade für Israel den Höhepunkt seines Weges ausmacht (S. 22).

Einen alten ernsten Bibelforscher hörte ich begeistert vom Seelenschlaf erzählen, gerade so, wie wenn er ihn schon erlebt hätte. Es war rührend, zu hören, wie er die Sache darstellte. Nach seiner Meinung werden die Gläubigen alle, wenn sie gestorben sind, schlafen gelegt. Auch Paulus schläft nach seiner Meinung. Am meisten Freude empfand er ob dem Manöver, das Gott dann am Ende des Seelenschlafes mit den Schläfern durchführen werde. Damit sie nicht trauern über die allzulang verschlafene Zeit - bei Paulus wären es ja bis jetzt rund 1900 Jahre - werde Gott durch ein seltsames Experiment, den Schläfern die Meinung beibringen, sie hätten nur ganz kurze Zeit, nur eine Nacht geschlafen. Das Erwachen nach diesem Blitzschlaf mit Überschallgeschwindigkeit sei großartig. Man merkte dem Manne an, dass er diese Platte vom Seelenschlaf schon oft hatte spielen lassen (S. 39).

Ein lieber Freund und Glaubensbruder, der mich öfter zu Gast geladen hatte, kündigte mir Freundschaft und Bruderschaft und kam auch nicht mehr in meine Bibelstunden. Warum? Einzig aus dem Grund, weil ich wiederholt bezeugt hatte der frohen Hoffnung zu sein, gleich nach meinem Sterben zum Herrn zu kommen. Das war für ihn Irrlehre genug, um sich von mir zu trennen. Er war früher ernster Bibelforscher und hielt fest an der Lehre vom Seelenschlaf (S. 40).

Seltsam genug ist es, dass gerade die Frommen, auch die unserer Tage, die durchaus israelitisch, das heißt also reichsmäßig orientiert sind und somit auf das Reich Gottes warten, doch partout in den Himmel wollen und nicht merken, dass für Israel und alle Reichsgenossen die Erde und zwar das Tausendjahrreich auf der Erde bestimmt ist und nachher die neue Erde. (S. 59).

Im Berner WTG-Verlag erschien unter dem Verfassernamen H. Steinemann im Jahre 1944 unter anderem die Broschüre "Verheißung und Erkenntnis" in der einleitend gesagt wird:
"Bei der Zusammenstellung dieser Broschüre wurden die Werke von J. F. Rutherford herangezogen." Und auch "Fragen der Zukunft biblisch gelöst" mit gleicher inhaltlicher Tendenz.

Bemerkenswert an der "Trost"-Ausgabe vom 15. 12. 1946 ist auch der darin lesbare "Eiertanz", der bezüglich der Verschiebung des WTG-Datums von 1872 auf 1972 vorgenommen wurde. An andere Stelle dazu mehr. Siehe dazu (auch):

19462Zahl

1946

Kommentarserie 1945.zusammengefasst

Kommentarserie 1947 zusammengefasst

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