Kommentarserie 1950 zusammengefasst

Einige Stichworte in diesem Jahrgang (in Auswahl

Ostdeutschland, Milton Henschel, Griechenland, Statistikzahlen, Wer hält dem Kommunismus stand?, Tschechoslowakei, Waldbühenkongreß 1949, Heilige Jahre, Tabak, Nigeria, Katholisches Westdeutschland, Kirchliche Filzokratie, Gideon-Auslegung, Dominikanische Republik, Wallkill, Informationsbeschränkungen, Kurt E. Koch, Russland, Russlands rote Religion, Marine-Korps-Memorandum, Neue Welt Übersetzung, Kanada, Kopfbedeckung von Frauen, Resolution gegen den Kommunismus, Instruktionen für Gerichtsprozesse

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Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 02. Januar 2010 00:10
Nachdem schon in der vorangegangenen zwei "Wachtturm"-Ausgaben, mit dem Vorschlaghammer auf das Tastatur des Endzeitklaviers der WTG herumgehämmert wurde, wird im Prinzip diese Tendenz in der "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. Januar 1950 fortgesetzt. Diesmal geht es besonders darum die Berechnung von den 2520 Jahren, die da wundersamer Weise 1914 enden würden, zu "belegen". Der WT strotzt dazu nur so von vermeintlich wissenschaftlichen Fußnoten, die gemessen an der Auffassungsgabe des einfachen Zeugen Jehovas wohl nur eines bewirkt haben dürften; dass der immer nur "Bahnhof" verstand.

Einige Zitate mal:
"Flavius Josephus sagt in seinem Werke 'Alte Jüdische Geschichten' (geschrieben ums Jahr 93 n. Chr.), Buch 10, Kapitel 11, Abschnitt 4: 'Darius aber, der durch Hülffe seines [Verwandten] Cyri [Kores] das Babylonische Reich zerstöhrte, hat die Stadt Babylons in dem zwey und sechzigsten Jahr seines Alters genommen. Er war ein Sohn Astyages [in Daniel 9:1 auch Ahasverus genannt] und hatte bey den Griechen einen andern Nahmen.' Der Name den Darius unter den Griechen hatte, und seine genaue Verwandtschaft mit Kores wird von dem griechischen Schriftsteller Xenephon erwähnt, der im Jahre 355 v. Chr. starb. In seinem Werke 'Cyropaedia', 1.5.2 sagt Xenophon: 'Kyaxares, der Sohn Astyages und Bruder der Mutter des Kores, kam auf den Thron der Meder.'

Offenbar ein Druckfehler für den '13', dem Julianischen Kalender entsprechend. Dies wäre der 7. Oktober 539 v. Chr., gemäss dem Gregorianischen Kalender, den wir heute benutzen. Siehe 'Babylonische Chronologie' (englisch), 626 v. Chr. - 45 n. Chr., von R. A. Parker und H. W. Dubberstein, 1942. Gemäss diesen Autoritäten hatte das spätere Jahr 537 v. Chr., einen eingeschalteten sechsten Monat (Elul) in Babylon, beginnend am 5. September, Julianischen Kalender, oder am 30. August, Gregorianischen Kalender. Dadurch hatte der Monat Tischri (gewöhnlich der siebente Monat) am 5. Oktober, Julianischer Kalender, oder am 29. September Gregorianischer Kalender, des Jahres 537 v. Chr. begonnen. …

Im Babylonischen oder Medopersischen Reiche war es üblich, dass die Monate oder Tage zwischen dem Tode eines Königs und dem nachfolgenden 1. Nisan als das Antrittsjahr des neuen Königs gezählt wurden. Man begann das erste Jahr des neuen Königs an jenem 1. Nisan zu zählen. (Encyclopaedia Britannica, Band 5, Seite 655, 1942) Da der 1. Nisan 538 v. Chr. auf den 24 März, Julianischer Kalender (oder 18. März, Gregorianischer Kalender) fiel, so bezeichnete jenes Datum das Ende des Antrittsjahres des Darius und den Beginn seines ersten Jahres - Babylonische Chronologie (engl.), 626 v. Chr. - 45 n. Chr., erschienen 1942. …"

Das ist keineswegs alles. In diesem Stil geht es im genannten WT noch ellenlang weiter. "Verstanden" dürfte der Durchschnittsleser davon das allerwenigste haben. Der Zweck dieser Ausführungen dürfte denn auch wohl eher darin gelegen haben, ihn damit "besoffen zu reden".

Gemessen an den Ursprungsaussagen von Russell, war alles ganz einfach. Russell verkündete: 1915 beginnt die irdische Phase des "Königreiches Gottes". So auch nachzulesen im englischen WT vom 1. Januar 1896 (der auch im Internet zugänglich ist. Eine deutsche Ausgabe gab es hierzulande zu der Zeit noch nicht).
As has been shown,* this began to be true
in 1878, when our returned Lord Jesus took unto himself
his great power. Yet not until 1915, when his kingdom
will be fully set up and established in the earth, will his
glorious reign be fully manifested and recognized. But
that the prophet is referring specially to the present time,
since 1878 and down to 1915, is clear from his succeeding
statement--"Clouds and darkness are round about him:
righteousness and judgment are the habitation of his throne.
A fire goeth before him, and burneth up his enemies."

1914 sollten gemäss Russell die "Vorarbeiten" für die "irdische Phase" des "Königreich Gottes" beendet sein. Es wurde nichts daraus.
Das Datum 1914 wurde zwar weiterhin beibehalten, nachdem es zeitweise von dem Datum 1925 verdrängt worden war. Aber die damit verbundenen konkreten Aussagen wurden grundlegend revidiert. Von der "irdischen Phase des Königreiches Gottes" war nun nicht mehr die Rede. Statt dessen, nach dem Vorbild der Adventisten, verlegte man die gescheiterten Erwartungen in den Himmel. So auch in dieser WT-Ausgabe. Und getreu des Rufes des Diebes: "Haltet den Dieb", wird der einfache ZJ-Leser da mit Details bombardiert, die er kaum versteht. Die aber eines bewirken sollen. Das er vor Staunen kaum den Mund mehr zubekommt. Und damit ist die "Kröte" erst mal geschluckt. Schon aus Zeitgründen, wird sich der einfache ZJ-Leser nicht damit auseinander setzen, was da alles schon zu Russells Zeiten anders gelehrt wurde.

Und so erreicht der WTG-Papst das, was er erreichen will. Vom einfachen ZJ-Leser als vermeintlicher (symbolischer) Papst begafft zu werden. Oder in säkularen Floskeln aus der Nazizeit wiedergegeben in dem Slogan:

"Führer befiehl - wir folgen dir!"
Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 09. Januar 2010 01:07
"Erwachet!" vom 8. Januar 1950 meldet aus Ostdeutschland, zu einem Zeitpunkt wo das Gesamtstaatliche Verbot dort noch nicht ausgesprochen war (das kam erst später), dass seitens der SED und des, Zitat "Ostzonen-Justizminister" die Forderung erhoben worden sei, bezüglich der WTG-Organisation "alle Mitglieder dieser 'von Amerika inspirierten' Organisation unter Hochverratsanklage zu stellen."
Als Quellenangabe wird auf eine Agentur 'Exchange' - Meldung aus Berlin, vom 26. Nov. 1949 verwiesen.
Zur Begründung vorzitierter Forderung liest man weiter:
"Es sei wohlbekannt, dass die Hintermänner der ernsten Bibelforscher sich in Amerika befinden, und diese bestimmten, 'den amerikanischen Imperialismus und die kolonialen Ausbeutungsziele in demokratischen Ländern zu fördern."

War das für die WTG ein "Schuss vor den Bug"? Wenn er es denn war, wurde er jedenfalls von der WTG nicht als solcher anerkannt. Ganz im Gegenteil. In der gleichen "Erwachet!"-Ausgabe stellt sie sich indirekt als d i e antikommunistische Organisation unter den Religionen dar; und hat nur Hohn und Spott für jene übrig, die ihrer Meinung nach, diesbezüglich versagten.
Ein Beispiel dafür ist auch jener in der gleichen Ausgabe abgedruckte Kommentar über die katholische Kirche. Darin war unter anderem die tendenziöse Frage seitens "Erwachet!" zu lesen:

"Wird sich die Papstkirche durch die päpstliche Exkommunizierung katholischer Kommunisten ausfegen lassen? Wird diese Massnahme die rote Flut zurückdrängen, die jetzt innerhalb des Katholizismus anschwillt? Und wenn sie es nicht kann, was dann?"

Verwiesen wird weiter auf ein päpstliches Dekret vom 1. 7. 1949, dieses dann aber zugleich mit dem Satz kommentiert:

"Obwohl das Papsttum seinen Schlag gegen so viele führte, scheint es ihn doch stark abgebremst zu haben. Ihm fehlt jede Durchschnittskraft, das heisst man wendet das Dekret nirgendwo konsequent an."
Weiter meint die WTG zu wissen, es sei "beachtlich, wie lahm der päpstliche Schlag gegen den Kommunismus überall dort ausfiel, wo die Kommunisten starken Einfluss oder gar die Oberhand haben."

Und weiter Originalton WTG:
"Der Papst säubert seine Kirche nur in der Theorie, nicht aber in der Praxis."
Im Stil dieser Anklagen geht es dann noch ellenlang weiter, auch unter Verweis auf die geschichtlichen Vorgänge vor 1945.

Man verwahrt sich dann gegen den von katholischer Seite mit erhobenen Vorhalt, die WTG-Religion sei so etwas wie "verkappte Kommunisten."

Und stellt dann weiter fest:
"Mögen diese Lügenzungen nun zur Kenntnis nehmen, dass es nicht einen einzigen Kommunisten gibt, der gleichzeitig ein Zeuge Jehovas ist ..."

Der katholischen Kirche wird dann von der WTG bescheinigt:

"Der Spiess ist umgedreht! Ihre Anklagen fallen auf sie selbst zurück!"
Wesentliche Kern der WTG Aussagen somit.
Man bescheinigt sich selbst, im Gegensatz zur katholischen Kirche, ein
"Bollwerk gegen den Kommunismus" zu sein.
Den USA-Falken, und auch andernorts, wird somit einmal mehr "verklickert" wie man im politischen Stellenwert gewertet werden möchte!
Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 16. Januar 2010 01:35
Als "Antreiber"-WT kann man ihn wohl bezeichnen, den "Wachtturm" vom 15. Januar 1950.
Das geht schon los mit der vollmundigen Behauptung:
"Jehova hat das Predigen zur wichtigsten Arbeit gemacht, die jemand von uns in dieser Welt tun könnte."

Wirb oder stirb, so ein geflügelter Spruch der US-Werbebranche, den sich auch die WTG zu eigen gemacht hat. Was wäre sie ohnedem?
Es ist offensichtlich, dass ihre sonstige "Ausstrahlungskraft" nicht ausreicht, um sich im Konkurrenzkampf behaupten zu können. Deshalb hat sie schon seit Rutherford's Tagen verstärkten Wert auf diesem Aspekt gelegt.
In der genannten WT-Ausgabe wird das noch dadurch überhöht, dass dies als ein
"Auftrag der Obrigkeitlichen Gewalten" dargestellt wird.

Beim lesen diesen Satzes muss man dann doch wohl erst einmal etwas "schlucken". "Obrigkeitliche Gewalten" - was versteht man landläufig darunter? In der Regel doch wohl die jeweiligen weltlichen Regierungen mit ihren nachgeordneten Behörden. Nicht aber versteht es so die damalige WTG. Sie will die "obrigkeitlichen Gewalten" nur in den himmlischen Sphären wissen
(und sieht sich wie "selbstverständlich", als "Gottes Bodenpersonal auf Erden").
Ihr Anspruch also, alle Elemente der Werbebranche einzusetzen, sei nicht nur ein Element des Überlebenskampfes einer irdischen Organisation. Nein darüber hinausgehend wird das ganze metaphysisch verklärt. Ihrer Anhängerschaft wird damit eine doppelte Fessel angelegt.

Drohend verkündet daher der WT:

"Gehorsam oder Ungehorsam diesem Auftrag gegenüber bedeutet für uns Leben oder Tod in Ewigkeit". Drohender haben wohl auch nicht die Kirchenfürsten in der finstersten Zeit des Mittelalters agiert.

Das ganze wird dann noch mit der Endzeit-Naherwartung garniert. Etwa wenn gesagt wird:

"Da fünfunddreissig Jahre dieser Zeitspanne schon verflossen sind, und das Jahr 1950 begonnen hat, ist es in der Tat später als sie denken! Was also ist das Wichtigste, Weiseste und Wertvollste, das wir jetzt tun können? Predige das Wort! Das ist Gottes Befehl ..."

Und damit dem Esel die obligate Möhre vor die Nase gehalten wird, heisst es weiter:
"Die Schlacht von Harmagedon, die gerade bevorsteht ..."
Re: Vor sechzig Jahren / heute
geschrieben von: Frau von x
Datum: 16. Januar 2010 11:02
Zitat:
Drahbeck
Drohend verkündet daher der WT:
"Gehorsam oder Ungehorsam diesem Auftrag gegenüber bedeutet für uns Leben oder Tod in Ewigkeit".

Das ganze wird dann noch mit der Endzeit-Naherwartung garniert. Etwa wenn gesagt wird:

"Da fünfunddreissig Jahre dieser Zeitspanne schon verflossen sind, und das Jahr 1950 begonnen hat, ist es in der Tat später als sie denken! Was also ist das Wichtigste, Weiseste und Wertvollste, das wir jetzt tun können?Predige das Wort! Das ist Gottes Befehl ..."

Und damit dem Esel die obligate Möhre vor die Nase gehalten wird, heisst es weiter:
"Die Schlacht von Harmagedon, die gerade bevorsteht ..."

Mit gleichem Inhalt, nur in anderer Reihenfolge KD vom DEZEMBER 2009:

Die Zeit drängt -
predigen wir eifrig!

1 "Predige das Wort, halte dringend darauf" (2.Tim. 4:2). Warum ist diese Aufforderung von Paulus heute so wichtig? ...

2 Es geht um Leben: Weltweit müssen noch Millionen Menschen von der guten Botschaft hören, die ihre Rettung bedeuten kann (...). ... Gehen wir doch an unterschiedlichen Tagen oder zu unterschiedlichen Zeiten in den Predigtdienst, dann öffnen uns vielleicht andere Menschen als sonst die Tür. Wenn wir so intensiv nach Menschen suchen, haben wir ein gutes Gewissen und sind frei von Blutschuld (...).

3 ...

4 ... Da das Ende des Systems der Dinge immer näher rückt, müssen wir unbedingt wachsam bleiben (...). Wenn wir regelmäßig mit anderen über unsere Königreichshoffnung sprechen, lassen wir uns von diesem System der Dinge nicht so stark belasten (...). Dadurch behalten wir den Tag Jehovas weiter "fest im Sinn" und konzentrieren uns noch mehr darauf, uns an dem lebensrettenden Predigtwerk zu beteiligen (...).

5 Vergessen wir nie, dass die Zeit drängt, ... . ...

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 23. Januar 2010 00:18
Seitens der WTG schrieb der WTG-Funktionär Henschel, datiert vom 15. 9. 1949, einen Protestbrief an den griechischen Minister für öffentliche Ordnung, über den "Erwachet!" in seiner Ausgabe vom 22. 1. 1950 berichtet. Schon mehrmals war in der zeitgenössischen WTG-Literatur über Griechenland Klage erhoben worden. Man vergleiche beispielsweise den Bericht in "Erwachet!" vom 22. April 1949, sowie 5. Mai 1949 wo das schon mal näher kommentiert wurde.
Siehe auch:
Kommentarserie1949
Eintrag vom 23. April 2009 04:29 und
23. Mai 2009 05:35

Nachstehend ein paar Auszüge aus dem Henschel'schen Protestschreiben.

Er erwähnt den Fall einiger Zeugen Jehovas die am 12. April 49 anlässlich des Gedächtnismahles festgenommen wurden. An jedem anderen Tage mag man vielleicht irgendwelche Gründe für diese Handlung vorschieben. Aber ausgerechnet an diesem Tage (Gedächtnismahl) ist das schon mehr als eine Provokation. Es ist schlechtweg eine kirchlich inspirierte Kampfansage. Man liest bei Henschel:

"Man brachte sie auf die Polizeiwache, hielt sie dort vier Tage fest und entließ sie hierauf. Später, am 8. August 1949, mussten sie zur Verhandlung vor dem Athener Kriegs-Sondergericht erscheinen, obwohl sogar die von der Anklagevertretung aufgebotenen Zeugen aussagten, dass es sich um eine religiöse Versammlung gehandelt hat, wie auch, dass bei der Haussuchung nebst dem Brot und Wein nur Bibeln und andere christliche Schriften der Zeugen zum Vorschein kamen, und trotzdem die Angeklagten versicherten, als Christen friedlich zur Feier des Gedächtnismahles des Herrn zusammengekommen zu sein, wurden alle neun vom Kriegsgericht verurteilt und erhielten Gefängnisstrafen von zwei bis acht Monaten.

Sechs von den Angeklagten wurde eine dreijährige Bewährungsfrist eingeräumt, die anderen kamen ins Gefängnis.
Das Gericht wäre mit der Umwandlung der Haft in Geldstrafe einverstanden gewesen und setzte für den Tag 2800 Drachmen fest; doch waren diese Zeugen Jehovas zu einer solchen Zahlung nicht in der Lage."

Als nächstes erwähnt Henschel Fälle, die ursächlich der Wehrdienstproblematik zuzuordnen sind. Hier stellt Henschel es so dar, als ginge es dabei um das "abschwören" der Zeugen Jehovas von ihrem Glauben. Das mag auch ein beabsichtigter Nebeneffekt gewesen sein. Dennoch trifft es nicht den Kern, wenn dies durch Henschel als Hauptursache der Internierung von Zeugen Jehovas auf griechischen Strafinseln dargestellt wird. Dazu liest man über auf der griechischen Makronisses-Insel internierte Zeugen Jehovas:

"Das Ministerium für öffentliche Ordnung ließ ihnen durch einen dortigen Verwaltungsadjutanten, Herrn Kolovas, mitteilen, dass, wenn sie freigelassen zu werden wünschen, sie ihren 'ketzerischen' Religionsanschauungen, wie er es nannte, entsagen sollten. Zur Strafe dafür, dass sie ihren Glauben nicht aufgaben, wurden die Zeugen Jehovas auf der Makronisses-Insel einer Abteilung zugewiesen, in der es nur kommunistische, gottlose Elemente gibt, und es wurde ihnen wiederholt ausdrücklich erklärt, sie würden niemals freikommen, wenn sie nicht ihren religiösen Anschauungen als Zeugen Jehovas den Rücken kehrten.

Desweiteren liest man in dem Henschel-Schreiben noch:
"Es besteht keinerlei Zusammenhang zwischen Jehovas Zeugen und irgendeiner politischen Bewegung, am wenigsten mit den Kommunisten und gottlosen Elementen. Mit der von einigen wiedergegebenen falschen Meldung, unter den Zeugen Jehovas gäbe es Mitläufer der Kommunisten, ist Ihrem Lande ein schlechter Dienst erwiesen worden. Jene, die den Gottesdienst der Zeugen Jehovas anfeinden, suchen christliche Zeugen Jehovas gottlosen kommunistischen Elementen gleichzustellen. Einige sind dies wahrscheinlich durch die Lügen derer, die Jehovas anfeinden. Es ist höchst bedauerlich, dass einige Personen dieser abscheulichen Verleumdung offenbar Glauben schenkten.

In Jugoslawien wurden, nachdem die Kommunisten ans Ruder gelangt waren, die drei Oberaufseher der Zeugen Jehovas zum Tode, zwölf andere zu fünfzehn Jahren Zwangsarbeit verurteilt, weil sie mit dem Büro der Watch Tower Bible and Tract Society in Brooklyn, New York und Bern (Schweiz) in Verbindung gestanden hatten. Gleichzeitig wurde das jugoslawische Zweigbüro dieser Gesellschaft geschlossen und der Gottesdienst der Zeugen Jehovas in jenem Lande für ungesetzlich erklärt. Dieser Zustand besteht heute noch.

Als die Kommunisten in der Tschechoslowakei die Macht an sich gerissen hatten, gingen die Machthaber gegen die Watch Tower Bible and Tract Society vor. Die Staatspolizei besetzte das Zweigbüro der Gesellschaft in Suchdol u Prahy, beschlagnahmte alle Schriftstücke und führte das gesamte Personal in Gefängnisse ab. Unterdessen sind die Vertreter der Gesellschaft in Arbeitslager eingewiesen worden, ohne dass ein Gerichtsverfahren stattgefunden hat.

In der Sowjetunion war das Werk der Zeugen Jehovas und der Watch Tower Bible and Tract Society nie gestattet. Die Grenzverschiebungen nach dem zweiten Weltkrieg führten dazu, dass die Sowjetunion plötzlich Tausende von Zeugen Jehovas innerhalb ihrer neuen Grenzen hatte. Diese Zeugen Jehovas suchten ihren Dienst für Jehova Gott fortzusetzen, was jedoch nicht gestattet wurde. Hunderte von Zeugen Jehovas sind nach Sibirien verbannt und werden dort in Arbeitslagern geplagt. Manche führte man aber nicht nach Sibirien, sondern brachte sie um.

Auch in Polen, Rumänien, Bulgarien und Ungarn werden Jehovas Zeugen heftig verfolgt …"

Wieder zu Griechenland übergehend schreibt Henschel dann:
"Und wie steht es im griechischen Rebellengebiet? Besonders in den Gegenden Westmazedoniens, wo sich die Kommunisten im Frühjahr 1948 eine Weile hielten, haben sie Zeugen Jehovas schrecklich misshandelt. Ein 37jähriger Zeuge Jehovas namens Christos Molotas, Vater von fünf Kindern, 'ist am 5. März 1948 von kommunistischen Banditen ermordet worden, weil er ihnen Dienstleistungen verweigerte.'"

Dann muss Henschel doch noch, das bisher sorgfältig ausgesparte ursächliche Thema der Wehrdienstproblematik ansprechen. Getreu dem WTG-Grundsatz: Der einzelne habe gegebenenfalls den Kopf aufs Schafott zu legen, die WTG ist daran "nie" schuld, versucht er es mit der Sand in die Augen streuenden Floskel:

"Jeder muss seine Stellungnahme gemäß seinen Gewissenskrupeln und Glaubensanschauungen selbst festlegen. Jehovas Zeugen haben niemals jemand daran gehindert, nach eigenem Wunsch in der Armee seines Landes zu dienen. Auch widersetzen sie sich nicht den nationalen Anstrengungen, durch Zwangsaushebung ein Heer aufzustellen."
Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 02. Februar 2010 03:28
Einige Statistikzahlen sind der "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 2. 1950 entnehmbar. Danach notierte die WTG für 1918 3.868 Verkündiger.

1928 dann 23.988.
Nicht jeder, der sich dieser Organisation zugehörig fühlte, war damals auch schon ein Bericht abliefender "Verkündiger". Ablesbar auch an den 89.000 Gedächtnismahlanwesenden des Jahres 1925 (die damals zugleich auch noch Teilnehmer an dessen Symbolen, Brot und Wein waren)
.
Auch gilt es zu berücksichtigen, dass mit dem Kurs von Rutherford, durchaus nicht jeder einverstanden war, welcher schon zu Russells Zeiten zu dieser Organisation zählte. Die Fluktuation war schon damals beträchtlich, was sich auch in der für 1938 genannten Zahl von 47.143 Verkündigern widerspiegelt.

Zwei Detailzahlen verdeutlichen das mühsame, durch Fluktuation immer wieder geschwächte Wachstum jener Jahre.

Großbritannien, schon 1918 2.784 Verkündiger zählend, konnte bis 1938 gerade mal eine Zahl von 4.959 erreichen.

Hingegen Deutschland nennt für 1928 9.755 Verkündiger. Wunderbarerweise sollen die dann laut den geschönten WTG-Statistiken bis 1933 auf 25.000 angestiegen sein. In der Belastungszeit des Naziregimes sackten sie dann laut den Angaben des Fritz Winkler in seinen Gestapoakten schon mal auf 5.930 wieder ab; womit die Frage entsteht, ob es die geschönten 25.000 je überhaupt damals in Deutschland gegeben hat.

Sicherlich, ihre Postille "Goldenes Zeitalter" erreichte damals hohe Auflagenzahlen. Hohe Auflagezahlen erreichen heute noch (manchmal) Illustrierte und Magazine. Im Hinblick auf die Bevölkerung mit religiöser Sozialisation, war damals das GZ für einige von ihnen eine Art "Illustrierte". Jedoch nicht jeder Leser einer Zeitschrift, ist damit auch automatisch aktives Mitglied der hinter ihr stehenden Organisation. Das galt damals und auch heute.

So verzeichneten die Zeugen Jehovas denn in Deutschland des Jahres 1948 erst wieder 29.172 Verkündiger. Eine Zahl die etwas über jener liegt, die man doch schon 1933 erreicht haben wollte.

Dann aber, ging es in der Regel aufwärts. Die Charakterisierung des WTG-Präsidenten N. H. Knorr durch Cole, er sei formal kein Antreibertyp, "aber ein Mann der Tüchtigkeit zu schätzen wisse", zeitigte ihre Früchte.

Aus den Höchstzahlen des Jahres 1949 noch die einiger Länder, die durchaus Vergleiche zu den heutigen Zahlenangaben ermöglichen:
USA = 91.463
Australien = 4.124
Großbritannien = 18.692
Deutschland = 43.828
Frankreich = 3.571
Kanada = 15.492
Österreich = 1.886
Polen = 14.510
Schweiz = 2.133.
Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 09. Februar 2010 01:18
In der Rubrik "Wir beobachten die Welt" in "Erwachet!" vom 8. 1. 1950 liest man:
"Die kommunistische Regierung Chinas ist am 6. Januar von Grossbritannien de jure anerkannt worden. Gleichzeitig gab London den Abbruch seiner diplomatischen Beziehungen mit Nationalchina bekannt. Dass dieser Schritt so rasch erfolgte, ist gewiss mit Grossbritanniens ausgedehnten Handelsinteressen im Fernen Osten in Verbindung zu bringen. Die britische Regierung vertritt den Standpunkt, ihr Vorgehen biete noch am ehesten Aussicht, dass Rotchina die Türen zum Westen nicht ganz zuschlägt.

Die USA wollen zwar mit der Anerkennung der chinesischen Kommunistenregierung noch zuwarten (die Sowjetunion wurde von ihnen ja auch erst 1933 anerkannt!); andererseits lehnt es die amerikanische Regierung - trotz scharfer Opposition der Republikaner - aber auch ab, sich an der Verteidigung Formosas zu beteiligen, wo Tschiang Kai Schek den letzten Widerstand organisiert. Neben einigen anderen Ländern hat auch Norwegen das kommunistische Regime Chinas anerkannt. Norwegische Schiffe stehen, nach den britischen an zweiter Stelle in der Flotte der Blockadebrecher, die Rotchina mit Waren versorgen."


Wobei noch nachzutragen wäre, dass dies faktisch einem Rückschlag für die USA-Politik gleichkam. Ersichtlich später auch daran, dass sie anschließend im Koreakrieg und danach etwa im Vietnamkrieg noch mal glaubten, dass "Blatt wenden zu können"; es dennoch nicht konnten.

Was die Zeugen Jehovas anbelangt sollte sich das auch noch dahingehend bemerkbar machen, dass Festland-China, dass in ihren Jahrbuchstatistiken, 1949 noch eine Verkündiger-Höchstzahl von 279 nannte (1950 noch 132), alsbald aus der Liste der namentlich ausgewiesenen Länder in den Jahrbuchstatistiken, dauerhaft (bis heute) verschwand. Lediglich Taiwan verzeichnete im Jahre 2009 eine Höchst-Verkündigerzahl von rund 7000.

Siehe thematisch auch:
Parsimony.22890

Rot-China

Ein Bericht über christliche Missionare in Taiwan
(wohl ein "hartes Pflaster" für die dort).

www.dw-world.de/dw/article/0,,5226613,00.html
Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 16. Februar 2010 00:35
"Über Bluttransfusionen" ist ein Beitrag im "Wachtturm" vom 15. 2. 1950 überschrieben, der auf diesbezügliche Leserbriefe eingeht. Bekanntermaßen wurde die WTG-Doktrin Bluttransfusionen auch abzulehnen erst 1945 eingeführt; worüber das WTG-Buch "Babylon die Große ist gefallen" (S.544 ) berichtet.

Das alles spielte sich damals auf der Ebene des englischen Wachtower ab. Im Schweizer "Wachtturm", welcher ab Oktober 1944 wieder erschien, läßt sich ein diesbezüglicher Artikel nicht nachweisen. Gleichwohl, wie etwa auch in der Wehrdienstfrage, funktionierte der WTG-"Buschfunk", sodass diese Doktrinen auch ihren Weg in die örtlichen ZJ-Versammlungen fanden.

Erwähnen sollte man noch, dass schon im KZ-Buch von Margarete Buber-Neumann ("Als Gefangene bei Stalin und Hitler") davon berichtet wird, wie die offenbar im WTG-Falle erst im zweiten Weltkrieg aufgekommene Blutdoktrin ihre Wirkungen zeitigte.

Damals war den Bibelforschern durch eingeschmuggelte WTG-Literatur bekannt geworden, dass sie sich nunmehr auch des Blutessens zu enthalten hätten. Prompt wurde diese damals neue Erkenntnis umgesetzt, mit der an die SS-Leitung weiter gereichten Mitteilung, nunmehr keine Blutwurst zu essen. Letztere reagierte in ihrer sattsam bekannten Art.
Wenn die keine Blutwurst mehr essen wollen, dann brauchen sie auch keine Margarine. Eine prima Einsparmassnahme!

Bei der Durchsicht der deutschen WT-Ausgaben bis 1940 und des "Goldenen Zeitalters" (respektive "Trost") bis 1945, läßt sich nirgends ein Beitrag nachweisen, der mit der heutigen geläufigen Blutdoktrin der Zeugen Jehovas identisch wäre. Im Gegenteil brachte das "Goldene Zeitalter" gar mal eine Meldung unter der Überschrift "Blut errettet verlöschendes Leben", die neutral und keineswegs ablehnend darüber berichtete. Siehe dazu:
Die Blut-Meldung des GZ
Es ist in der Tat so, dass die nachweisbare Impfgegnerschaft in den dreissiger Jahren seitens der Zeugen Jehovas die Wurzel dessen bildete, was heute als ZJ-Blutdoktrin bekannt ist.
Nun jener WT vom 15.2. 1950. Mehr oder weniger muss er als eines der frühesten nachweisbaren Zeugnisse zum Thema gelten. In der dort abgedruckten Fragebeantwortung wurde unter anderem ausgeführt:

"Viele Religionisten sagen, die Bluttransfusion falle nicht unter den Noahbund, der das Blut betrifft, sondern es handle sich dabei um eine Ausnahme von der Vorschrift, kein Blut in unsern Körper aufzunehmen und dies wegen der guten Wirkung der Bluttrasnsfusion. Machte Gott aber eine Ausnahme hinsichtlich des Blutbundes, weil es Fälle gab, da dies als gut erschien? Nein.
Somit entspringt die Folgerung, Bluttransfusion sei entschuldbar, weil dadurch ein erschöpftes Menschenleben neubelebt werde, weltlicher Weisheit und wird von der Heiligen Schrift nicht gestützt.

Der Umstand, dass das Blut direkt in den Blutstrom des Empfängers eingeführt wird, statt in dessen Magen, damit es so seinen Weg in seinen Blutstrom finde, besagt nicht, dass dies kein Essen von Blut sei und daher keine Übertretung des Noahbundes bedeuten würde, der der Aufnahme des Blutes eines Geschöpfes in den menschlichen Organismus widerspricht. Sie ist tatsächlich das Essen des Blutes eines andern, um einen verminderten Blutstrom in Eile wieder nachzufüllen. Folglich ist sie eine Übertretung des göttlichen Bundes hinsichtlich der Heiligkeit des Blutes. Der grösste Schaden, den sie anstifttet ist nicht ein körperlicher, sondern ein geistiger, indem sie nämlich zur Verachtung des Bundes und Gebotes des grossen Gebers des Lebens, Jehova Gottes führt."
Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 23. Februar 2010 01:42
In "Erwachet!" vom 22. 1. 1950 liest man einiges über die Geschichte der Türkei. Ein Land, indem auch die Zeugen Jehovas, nicht recht vom Fleck kommen und auch dort zeitweilig verboten waren. Der Bericht macht auch deutlich, wie es denn nach Fortschritten, auch wieder Rückschritte geben kann; vergleicht man die unter Kemal Atatürk eingeführten Änderungen, mit dem jetzigen Zustand dieses Landes. Er zeigt, dass Religion wohl generell, auch und besonders die islamische, den rückwärtsgerichteten Kräften zuzuordnen ist. Mag diese Rückwärtsgewandheit im Islam besonders ausgeprägt sein, so bedeutet das indes nicht, das es auch nicht andernorts ähnliches zu registrieren gibt. Der erhobene Zeigefinger, gegenüber dem Islam, scheint mir, ist doch wohl etwas voreilig.

Bemerkenswerterweise versagt dann aber dieser Zeigefinger etwa gegenüber Sekten im evangelikalen Bereich; oder Sekten vom Stile Opus Dei und andere mehr.
Diese Einäugigkeit ist einfach unerträglich.
Natürlich findet man Schlimmes im islamischen Bereich. Das soll keineswegs beschönigt werden.

Nur die Biedermänner hierzulande machen es sich zu einfach. Sie blenden den Aspekt wirtschaftlicher Unterentwicklung, in ihren Voten grundsätzlich aus. Davon wollen sie dann nichts wissen. Das könnte ja ihren geruhsamen Schlaf in ihrem "Heierbettchen" stören.

Verschärft sich die wirtschaftliche Lage, ob denn die hiesigen Biedermänner noch so vollmundig ihren christlichen Aberglauben als "besser" verkaufen können, erscheint mir so ausgemacht noch nicht zu sein.

Religion als Fusel zur Betäubung von Elend, kann sehr wohl in zwei Richtungen ausschlagen.
In die Richtung des sich ergebens im Jammertal.
Oder auch in die Richtung der Militanz.
Siehe auch das Beispiel Nigeria, kürzlich hier mit genannt.

http://forum.mysnip.de/read.php?27094,43871,45090#msg-45090

Eine "Zwischenstufe" zwischen diesen beiden Polen, konnte man ja auch besonders schon bei den Zeugen Jehovas beobachten (Stichworte nur Hitlerdeutschland, Sowjetunion). Und auch ihrer These. Sie seien keine prinzipiellen Pazifisten. Sie würden dann kämpfen, "wenn Jehova es befiehlt". Und da sind sie dann schon ziemlich nahe bei jenen Islam-faschistischen Kreisen, die da bereits meinen, einen solchen "Befehl" zu haben.

Es ist also letztendlich die Frage. Wer sitzt am Schalthebel der blöckende Hörde.
Da sonderliches "Vertrauen" zu denen Marke christlichen Aberglaubens zu haben, erscheint mir mehr als unangebracht.

In dem die Türkei bezüglichen Artikel liest man in diesem Artikel unter anderem:

"… Vor dem ersten Weltkrieg stand die Türkei in engen Beziehungen zu Deutschland. Ihre Armee wurde von deutschen Instruktoren ausgebildet, und als 1914 der Krieg ausbrach, erklärte sich die Türkei anfänglich neutral führte aber gleichzeitig die Mobilmachung durch und trat am 1. November 1914 an der Seite der Mittelmächte in den Weltkrieg ein. Nach ihrer Niederlage im Jahre 1918 brachte ihr der Waffenstillstand nicht sofort Ruhe und Unabhängigkeit …

Im Landesinnern gärte es. Immer noch bestand das Kalifat, als enge Verbindung der Moslemkirche mit dem Staate. Volksunterricht war unbekannt; sogar unter den Wohlhabenden herrschte Mangel an Büchern und an Lehrern, von denen die meisten mohammedanische Priester waren. In den unbedeutenden Schulen, die es gab, lernten die Kinder im Elementarunterricht nur ein paar Verse aus dem Koran, dem 'heiligen Buch' des Islam. Das nur wenige lesen und schreiben konnten war auch auf die immer noch gebräuchliche alte arabische Schrift mit ihren schwierigen Zeichen zurückzuführen. …

Am schlimmsten aber war, dass die Frauen und Mädchen ihr Gesicht hinter schwarzen Schleiern verbergen mussten und von ihren Männern und Brüdern in vielen Fällen Tag und Nacht im Hause festgehalten wurden. Nur in Begleitung ihrer männlichen Familienangehörigen durften sie sich auf die Strasse wagen. …

All das trug dazu bei, dass viele eine Wandlung der gesamten Lebensart ersehnten …
Ein solcher Führer erschien im gegebenen Moment in der Gestalt von Mustafa Kemal Pascha … (Er) zog sich mit seinen Getreuen nach Anatolien zurück und bildete in Angora (dem jetzigen Ankara) eine Gegenregierung … Mohammad VI., der letzte Sultan, brachte sich auf ein britisches Kriegsschiff in Sicherheit und floh ausser Landes. Durch Verfassungszusatz wurde die Türkei schliesslich am 29. Oktober 1923 unter der Bezeichnung "Türkischer Freistaat" zur Republik erklärt und Kemal wurde ihr erster Präsident.

Präsident Kemal sah den Islam als Feind des Fortschrittes an und unternahm sofort Schritte, ihn aus seiner althergebrachten Position als Staatsreligion zu verdrängen. …"


Exkurs
Man vergleiche etwa auch ein Interview mit dem Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung an der TU in Berlin, Wolfgang Benz.
(Berliner Zeitung vom 25. 1. 2010)
www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2010/0125/feuilleton/0004/index.html

In ihm auch das Votum:
"... Wir definieren die katholische Kirche nicht über ihre Exzesse, wie die Hexenverbrennungen, die sie im Laufe der Zeit begangen hat. Bei den Muslimen wird es aber gemacht. Böse Dinge gibt es überall. Diese Dinge heranzuziehen, um die ganze Gruppe zu stigmatisieren, ist Freund-Feind-Denken.
Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 02. März 2010 04:22
Über die Bezirksversammlungen 1949 der Zeugen Jehovas in den USA (14 an der Zahl) berichtet der "Wachtturm" in seiner Ausgabe vom 1. 3. 1950.
Einige daraus entnehmbare Höchstzahlen (jeweils beim öffentlichen Vortrag).

Fort Worth, Texas = 4.345.
Jacksonville, Florida = 1.163.
Litlle Rock, Arkansas = 3.003.
New Orleans, Louisiana = 1.553.
Birmingham, Alabama = 1.200
Sacramento, Kalifornien = 10.615
Raleigh, Nord-Karolina = 3.778
Detroit, Michigan = 12.402
Portland, Oregon = 6.775
Springfield, Massachusetts = 10.789
Indianapolis = 8.123
Lincoln, Nebraska = 4.000
Sioux Falls, Süd-Dakota = 3.422
Baltimore, Maryland = 11.688

Die zusammenfassende Höchstzahl (welche auch nichtgetaufte sogenannte Interessierte) mit einschloss wird auf 85.441 beziffert.
Gemessen an der Größe des Landes, machen diese Zahlen deutlich, dass dort auch 1949 noch, die Zeugen Jehovas nur eine marginale Gruppe waren. Dies wird auch an den vorangegangenen Zahlen deutlich.

Für 1928 wurde die Verkündiger-Durchschnittszahl der USA auf 6.040 beziffert.
1938 dann 25.596. Damit wird deutlich, dass in den zwanziger Jahren bis einschließlich Anfang der dreißiger Jahre, die Zahl der WTG-Anhänger in Deutschland, im Vergleich zur Gesamtbevölkerung, weitaus größer war. Erst die Knorr-Administration vermochte dann diesen Trend umzudrehen.
Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 09. März 2010 04:01
Die Kirchenpolitik in der Frühzeit der einzelnen Ostblockländer, war durchaus unterschiedlich gestaltet. Bis 1948 etwa, versuchten noch, nichtkommunistische Kräfte, den Moskauer Satrapen in der Tschechoslowakei einen gewissen Widerstand entgegenzusetzen, der letztendlich scheiterte. Spätestens im Februar 1948 wurde das sichtbar, als die nichtkommunistischen Kräfte endgültig aus der Regierung hinausgedrängt wurden. Dann ging es mit der Stalinisierung unaufhaltsam voran.
Unrühmlich in die Geschichte eingegangen ist auch das mit dem Hitlerregime kollaborierende Tiso-Regime in der Slowakei; geführt von einem katholischen Priester.

Im Hinblick auf diese Erfahrungen hatten die kommunistischen Kirchenpolitiker die Konzeption durchgesetzt, die Priester staatlich zu besolden. Nicht aus besonderer "Kirchenfreundlichkeit"; wohl aber aus der Überlegung heraus, sie so besser "an der Leine zu haben". Sie waren damit in der Lage jedes Nicht-Wohlverhalten, postwendend mit finanziellen Reaktionen zu beantworten. Abgesehen von der Anfangszeit, wo sich noch Widerstand regte, ging dann dieses Konzept kommunistischen Staatskirchentum weitgehend auf. Die Staatspriester wagten es nicht mehr, wirklich nennenswerten Widerstand zu leisten.

Über die Querelen der Anfangszeit berichtet "Erwachet!" vom 8. 3. 1950 unter der Überschrift:
"Wer hält dem Kommunismus stand?"

Wie schon mehrmals in der WTG-Literatur dargelegt, würde das in ihrer Sicht nur auf sie selbst zutreffen. Alle anderen würden unter Druck kläglich einknicken. Es sagt einiges aus über die Konzeption der WTG, dass sie sich hier so dezidiert und dass in aller Öffentlichkeit, als antikommunistische Widerstandskämpfer verkauft.

Natürlich war auch in der DDR schon sichtbar, wohin die Reise ging. Die Konflikte waren offensichtlich. Es gibt im Leben immer zwei Möglichkeiten auf Konflikte zu regieren. Man kann sich bemühen, sie eventuell zu "deckeln".
Man kann aber auch noch zusätzliches Öl ins Feuer gießen, auf dass der Konflikt noch größere Ausmaße gewinnt.

Indem die WTG die Geschehnisse in der Tschechoslowakei mit jenen in der DDR argumentativ in einem Zusammenhang abhandelt; und das ganze noch unter die provokative Überschrift stellt: "Wer hält den Kommunismus stand?",
hat sie ihre eindeutige Haltung offenbart, als Musterschüler der amerikanischen Politik des "Rollback dem Kommunismus".

Nicht die Herrschaften in Brooklyn und Washingthon, wohl aber jene vor Ort; egal ob in Dresden oder Chemnitz usw.; durften die Konsequenzen dieser Strategie dann auslöffeln.

Nachstehend einige Auszüge aus dem genannten "Erwachet!"-Artikel:
"Wer hält dem Kommunismus stand?

Nachdem man sich selbst belobhudelt, geht es weiter mit der Aussage:

Der römische Katholizismus gebärdet sich als geistiger Widerpart des materialistischen Kommunismus. Auf geschützten Kanzeln lassen seine Vertreter in demokratischen Ländern heftige Schmähreden gegen die rote Gefahr vom Stapel.
Und weiter:
Diese Säuberung des Katholizismus von extrem roten Elementen wird zwar theatralisch angekündigt, aber nicht durchgeführt. Mutige Worte weichen der Verzagtheit, wenn man hart vorm Gegner steht.

Dann meint "Erwachet!" zu registrieren:
"Am 25. Oktober 1949 verlor die katholische Kirche in der Tschechoslowakei die Nerven, oder man könnte eher sagen, sie hörte auf mit Wichtigtun und gab bekannt, dass die tschechoslowakischen Priester dem kommunistischen Regime den Treueid leisten, die staatlichen Gehaltserhöhungen annehmen und sich der staatlichen Finanz- und Verwaltungskontrolle unterziehen würden. Auch dem geforderten Mitspracherecht des Staates bei der Ernennung von Priestern für kirchliche Ämter werde man sich beugen.

"Erwachet!" wäre indes nicht "Erwachet!" wenn es nicht diese Breitseite gegen die katholische Kirche dazu nutzen würde, sich selbst in das "Strahlemannlicht" zu stellen. In den Worten von "Erwachet!":

"Im Gegensatz hierzu achte man auf Jehovas Zeugen in Deutschland. Sie hielten 1949 vier Bezirksversammlungen ab. Für die Zeugen in der von den Kommunisten beherrschten Ostzone Deutschlands wurde eine solche Versammlung im britischen Sektor von Berlin arrangiert. In aller Stille waren acht Sonderzüge bestellt worden; aber die Bahnverwaltung strich diese Züge unbegründeterweise wenige Stunden vor der angesetzten Abfahrtszeit, so dass Hunderte von Zeugen auf den Bahnstationen festsassen. Fahrplanmässige Züge benutzen? Dem suchten die kommunistischen Drahtzieher zuvorzukommen, indem sie erklärten, die Rückzahlung des Fahrgeldes für die Sonderzugbillette könne erst nach vierzehn Tagen erfolgen. Die Zufahrtstrassen aus der Ostzone nach Berlin wurden von Kommunisten überwacht, Autos, Autobusse und Lastwagen durchsucht und für den Kongress ankommende Zeugen angehalten.

Über alle von den Roten aufgerichteten Schranken hinweg strömten aber doch die Zeugen Jehovas aus der Ostzone nach Berlin, so dass am Samstag, dem 30. Juli 1949 mehr als 17.000 zugegen waren. Am Sonntag betrug die Teilnehmerzahl reichlich 33.000. … Auch nach der Beendigung des Kongresses wurden an Strassensperren wiederum die Autos durchsucht und bei den heimkehrenden Zeugen Jehovas Schriften beschlagnahmt."


Nach dieser Bestandsschilderung gibt es dazu den WTG-Kommentar:
"Und welche Reaktion löste das bei den Zeugen Jehovas aus? Haben sie sich geduckt, Rückzug geblasen, Kompromisse geschlossen, Ausflüchte gesucht oder den kommunistischen Verfolgern einen Treueid geschworen? Keineswegs! Am Samstag nahm der Kongress eine Resolution an, in der energisch protestiert wird gegen die Beeinträchtigung der Glaubensfreiheit durch die Kommunisten. Als einzigen Treueschwur enthält sie folgende Bemerkung:
"Was immer auch geschehen mag, wir geloben aufs neue Jehova, unserem grossen Gott und ewigen König Treue bis in den Tod. Wir werden nicht aufhören, die frohe Botschaft vom Reiche Gottes zu verkündigen, wie er geboten hat. Allen Anstrengungen, uns in diesem Gottesdienst durch Verbote, Verordnungen und ungesetzliche Massnahmen zu beeinträchtigen, setzen wir entschlossen entgegen: 'Man muss Gott mehr gehorchen als Menschen''". Diesen Worten folgte in mutiger Weise die Tat, indem die Zahl der tätigen Zeugen der Ostzone im darauffolgenden Monat um 568 höher war als je zuvor!"


Das aber reicht der WTG immer noch nicht aus, denn sie fühlt sich berufen dazu noch die Aussage nachzulegen:

"Das Jehovas Zeugen in ihrer mutigen Einstellung durch Gottes Geist aufrechterhalten werden, kam auf jener Bezirksversammlung in Berlin gut zum Ausdruck, indem ihr Wortführer mit schallender Stimme erklärte:
"Wir fürchten die Kommunisten ebensowenig, wie wir die Nazi gefürchtet haben!"
Und ferner: "Ist der Bolschewismus schöner als andere Systeme? Glaubt die SED ("Sozialistische Einheitspartei Deutschlands", in der Ostzone, unter kommunistischer Leitung), dass das, was Hitler begonnen hat, von ihr vollendet werden müsse? Wir fürchten die SED ebensowenig, wie wir die Nazi gefürchtet haben!"
Das waren keine leeren Worte; denn Erich Frost, der sie aussprach, hat selbst zwölf Jahre in den Konzentrationslagern der Nazi zugebracht."


Man kann nicht umhin, diese Art von Publizistik als das weitere Öl ins Feuer gießen zu bewerten.
Und damit jenes Feuer auch so richtig brennt, bekommen die "Erwachet!"-Leser weiter mitgeteilt (und zu diesen Lesern dürften wohl nicht blos die Zeugen Jehovas-Kreise, sondern eben auch ihre Gegner gehören:

"Zur Zeit des Hitlerwahnsinns, befanden sich 10.000 Zeugen in den Lagern; 2.000 davon starben, 2.000 kamen so geschwächt heraus, dass sie arbeitsunfähig waren, und 6.000 nahmen nach ihrer Befreiung im Jahre 1945 die Verkündigertätigkeit uneingeschränkt wieder auf. Aus diesen 6.000 sind innerhalb von vier Jahre mehr als 43.000 geworden.
Der Katholik Hitler begann als Diktator etwas, was er nicht vollenden konnte - Jehovas Zeugen zu zermalmen. Wie es scheint, machen sich nun die Kommunisten an den nutzlosen Versuch, dies zu Ende zu führen. Jehovas Zeugen haben die Nazi nicht gefürchtet, und sie fürchten auch die Kommunisten nicht!

Sie werden nicht vor dem Kommunismus kriechen, noch werden sie ihre Organisation einer roten Aufsicht unterstellen, noch werden sie kommunistischen Regierungen die Treue schwören, weder mit noch ohne beschönigende Vorbehalte. Und bestimmt werden sie nicht schwören, überzeugt zu sein, dass eine kommunistische Regierung nichts verlangen werde, was den Menschenrechten oder Gottes Gesetz widerspricht!"


Provokativ fragt diese "Erwachet!"-Ausgabe, unter Hinweis auf den 1949er Waldbühnenkongress:
"Wer dem Kommunismus standhält"

Re: Vor sechzig Jahren / "Geschichtsforschung Jehovas Zeugen in Köln"
geschrieben von: X ~ mysnip
Datum: 09. März 2010 21:20
Die "Arbeitsgruppe ,,Geschichtsforschung Jehovas Zeugen in Köln" in Kooperation mit dem NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln" veröffentlicht Texte, u.a. vom Zeugen Jehovas Johannes W..

Über in Haft umgekommene Zeugen Jehovas berichtet die Arbeitsgruppe auf Seite 34: "Registriert ist der Tod von ... insgesamt also 1 490 Personen". Weiterhin heißt es: "In der Fachliteratur wird allgemein von 1 500 Todesopfern gesprochen, in der Wachtturm-Literatur von fast 2 000 Todesopfern"
www.museenkoeln.de/ns-dok_neu/homepage/JZ-NS-Verfolgung-Koeln.pdf

Zitat:

"Erwachet!" vom 8. 3. 1950
"Zur Zeit des Hitlerwahnsinns, befanden sich 10.000 Zeugen in den Lagern; 2.000 davon starben ... "

Hier spricht man nicht von "fast 2 0000 Todesopfern", die Wachtturm-Literatur enthält die präzise Angabe: "2.000 ... starben"

Im Wachtturm vom 15. Oktober 2007 steht: "1 490 verloren ... ihr Leben".
www.watchtower.org/x/20071015a/article_01.htm

Re: Vor sechzig Jahren / "Geschichtsforschung Jehovas Zeugen in Köln"
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 10. März 2010 05:03
Das ist dann wohl so ähnlich wie mit den ominösen 25.000 deutschen Zeugen Jehovas des Jahres 1933 die da in der einschlägigen Literatur der Gefälligkeitsschreiber für die WTG herumgeistern. Letztere vermeiden es aber hinzuzufügen (und das wäre, wenn man ehrlich sein will notwendig). Jene 25.000 beziehen sich dann wohl auf die Gedächtnismahl-Anwesenden.
Es wurde schon mal notiert.

Zeitgenössische Jahrbücher beziffern die Zahl der Verkündiger in Deutschland im Jahre 1928 auf 9.755 + 60 für das Saarland, welches separat ausgewiesen wurden.
Also rund 9.800.
Wenn man Anfang 1933 dann in Deutschland eine Zahl von rund 25.000 erreicht haben will, ist letztere wohl eher im Sinne von Gedächtnismahl-Anwesende zu sehen. Keinesfalls aber im Sinne von aktiven Predigern.
Dies wird auch aus den Gestapo-Vernehmungsprotokollen des Fritz Winkler deutlich (damaliger deutscher Landesleiter, vor Frost und danach Ditschi).
In seinem Vernehmungsprotokoll vom 28. 8. 1936 beziffert Winkler die Zahl der Verkündiger die im Zeitraum Mai-Juni 1936 einen Bericht abgegeben hätten, auf 5.930. Darin sieht man schon wie die reduzierten Kernzahlen wirklich aussehen.

Walter Struve etwa, meint in seiner Untersuchung über die Zeugen Jehovas in Osterode (Harz), die er sich als Thema auserkoren hatte, werten zu können:
"Unsere Untersuchung über Osterode zeigt, daß nicht einmal die Hälfte der männlichen Zeugen im Jahre 1933, die das Dritte Reich überlebten, noch Anfang 1945 als Zeugen galten. Infolge von Abfall und vor allem von Anpassung an das Dritte Reich blieben die meisten Menschen, die 1933 Zeugen waren, nicht vollgültige Mitglieder der Sekte. Anscheinend berücksichtigen die von der Sekte veröffentlichten Statistiken die Fälle des Abfalls rückwirkend, indem sie die Zahl der Zeugen 1933 niedrig ansetzen. Weitere Abfälle wurden bewirkt durch Einsperrung, Zerreißung familiärer Beziehungen und Todesdrohungen."

Das ist wie gesagt die Wertung von Struve, die ich dann nicht weiter kommentieren will.

Michael H Kater schrieb in seinem 1969 in den "Vierteljahresheften für Zeitgeschichte" erschienenen einschlägigen Aufsatz:

"Im April 1933 lebten 19.268 Bibelforscher im damaligen Deutschen Reich."
Als Quelle seiner Aussage kann Kater auch auf das WTG-Buch "Jehovas Zeugen in Gottes Vorhaben" verweisen (dort Seite 129) wo just jene Zahl genannt wird. Und zwar in dem Kontext "im Felddienst stehende Zeugen Jehovas".
Das waren namentlich dann die, welche sich an der massenhaften Verbreitung der Rutherford-Broschüre "Die Krise" im April 1933 beteiligten.

Eine "Theokratische Predigtdienstschule" der Zeugen Jehovas heutiger Art, gab es damals aber noch nicht. Ergo wurden dabei auch die als Verkündiger mitgezählt, deren "Verkündigung" sich etwa in das Einwerfen jener Broschüre in Briefkästen erschöpfte.
Wie auch immer, spätere WTG-Apologeten, einschließlich Garbe, hielten es dann für opportun, jene Zahl dann noch auf "25.000" hoch zu frisieren.
Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 16. März 2010 03:12
"Wer wird am Schlusszeugnis teilnehmen?" titelt der "Wachtturm" in seiner Ausgabe vom 15. 3. 1950. Wie man unschwer daraus entnehmen kann besteht der Zweck dieser These darin, auch das allerletzte noch aus Jehovas Zeugen herauszuholen. Sind sich doch die Macher des WT darüber im klaren, dass sie in "God's own country" leben. Und zu dessen ehernen Grundsätzen gehört auch der: "Wirb oder stirb".

1918 war es beinahe schon einmal soweit, mit dem sterben dieser Organisation. Daraus zogen deren Macher die Konsequenz, dass dürfe sich so nicht mehr wiederholen. Und so verfeinerten sie denn im laufe der Zeit ihre Methoden, um auch das allerletzte aus der Anhängerschaft herauszuholen. Ein wesentliches Element dabei: Die Endzeit-Naherwartung. Ohne diesen permanenten Peitschenhieb könnte ja die Anhängerschaft nachlässig werden. Auch in dieser WT-Ausgabe kommt dieser Pferdefuß zum Vorschein. Etwa wenn man sich selbst das Zeugnis ausstellt die einzigen zu sein, "welche … die Warnung ergehen lassen, dass diese Generation von Harmagedon heimgesucht wird."

Das sollte gleichfalls schon bei der 1874er Generation der Fall sein. Und so wird denn die Nebelschraube der vorgeblich letzten Generation immer weiter in die Zukunft hineingestreckt. Wichtig dabei für deren Manager auch, dass Fußvolk so beschäftigt zu halten, dass es kaum die Chance hat, einmal inne zu halten und Bilanz zu ziehen.

So wie im Werbewesen eine Kampagne die andere ablöst; so ist es auch hier. Es ist ein Trauerspiel, dass sich dabei offenbart.
Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 23. März 2010 03:56
Politik ist "ein garstiges Geschäft". Entscheidungen, die einige als richtig, und ihrer Interessenlage entsprechend ansehen, werden von anderen wiederum entschieden bekämpft. In Zeiten wie denen des kalten Krieges nach 1945, wird das besonders deutlich sichtbar.

Die militärische Niederlage des Hitlerregimes beinhaltete auch, dass in der Nachfolgezeit, nicht immer und überall von Anfang an klar war, "wohin denn die Reise ginge".
Beispiel Griechenland. Dort hatten kommunistisch orientierte Kräfte einen wesentlichen Anteil am Widerstand gegen das Hitlerregime; solange die Nazis das Land noch besetzt hielten. Auch in der Nachkriegszeit hatten sie dort anfangs bedeutende Schlüsselstellungen noch inne.
Nach Verkündigung der US-Truman-Doktrin, wurden sie systematisch zurückgedrängt. Nicht zuletzt auf Grund aktiven Handelns der USA.

Ein anderes Beispiel die Tschechoslowakei. Dort (auch dort), waren die Kommunisten nach 1945 keineswegs so stark, wie sie sich das wünschten. Sie sahen sich anfangs genötigt, Koalitionen mit bürgerlichen Kräften in der Regierung einzugehen. Im Gegensatz zu Griechenland indes, war die Tschechoslowakei, schon geographisch bedingt, im Einflussbereich des sowjetischen Regimes. Gesetzt der Fall, in der Tschechoslowakei hätten sich bürgerliche Kräfte dauerhaft behauptet, würde dies bedeuten; ein Pfahl im geographischen Fleisch der sowjetischen Einflusssphäre, existiert weiter. Das die Sowjets genau dies nicht hinzunehmen bereit waren, wurde auch durch ihren Einmarsch in die Tschechoslowakei im Jahre 1968, vor aller Welt deutlich demonstriert.

Zwanzig Jahre vorher, im Jahre 1948, wurde in der Tschechoslowakei der bürgerlichen Entwicklung, in der Tat das Grabeslied gesungen. Die Entwicklung zum Stalinismus, nahm auch dort rasante Formen an. Zu denen, die darüber alles andere als "erfreut" waren, gehörten die USA. Im Gegensatz zu Griechenland waren ihnen aber im Falle der Tschechoslowakei die Hände gebunden. Die einzigste Waffe, von der sie auch intensiven Gebrauch machten, war die des Propagandakrieges.

Und in dieses Konzert schaltet sich auch die Leitung der Zeugen Jehovas mit ein. Formal als "neutral" sich verkaufend, artikulierten und artikulieren sie die Interessen der herrschenden Kreise in den USA.

Der "Erwachet!"-Artikel in der Ausgabe vom 22. März 1950; überschrieben "Einblicke ins kommunistische Europa", kündet auch davon. Aus ihm nachstehend die wesentlichen Aussagen:

"Erwachet!" stellt die folgende einleitende Bemerkung voran:
"Der nachstehende Artikel ist recht aufschlußreich. Er wurde geschrieben von einem Geschäftsmann, der sich neutral verhält gegenüber den politischen Ismen, die die Welt aufspalten. ... Er schildert einfach das, was er bei seinem kürzlichen Besuch der internationalen Messen in der Tschechoslowakei und in Jugoslawien hörte und sah. ..."

Weiter geht es bei "Erwachet!" mit den Ausführungen:
"Gehört das Geschäft immer noch ihnen?, fragte ich einen Herrn in Prag.
'Ja, immer noch', antwortete er, 'aber auf keinen Fall länger als bis zum Jahresende. Möglicherweise kommt schon morgen unangemeldet eine Kommission und teilt mir mit, dass mein Geschäft in den Besitz des Staates übergeht, und dass sie unverzüglich den Lagerbestand aufnimmt.' 'Und dann bescheinigt Ihnen die Kommission, welchen Wert Ihr Geschäft darstellt, nicht wahr?' 'Ja, aber diese Bescheinigung ist nicht mehr wert als das Papier, auf dem sie steht; eine Bezahlung wird niemals erfolgen.'

Er warf einen misstrauischen Blick in eine Ladenecke, wo mein Begleiter Platz genommen hatte, und fragte im Wisperton, der seine innere Unruhe verriet: 'Wer ist der Herr, den Sie bei sich haben?' Ich versicherte ihm, dass er nicht befürchten müsse, von diesem Herrn, einen Freund von mir, bei der kommunistischen Gestapo denunziert zu werden.
So ist die Lage all jener Tschechoslowaken, die ein Geschäft oder ein Gewerbe haben oder hatten, sei es gross oder klein. ...

Der erste Schritt ist also die Verstaatlichung und Betriebe, und als zweiter Schritt zur Ruinierung und Liquidierung der Bourgeois-Kapitalisten-Klasse hat man diesen 'freien Markt', der für die Staatskasse sehr einträglich ist, weil er eben mit Preisen rechnet, die das Herz jedes Schwarzhändlers in nichtkommunistischen Ländern vor Freude hüpfen liessen. ...

Wenn du, um dem Schlimmsten aus dem Wege zu gehen, dir vornimmst, die Enteignungskommission mit einem Lächeln zu empfangen, und wenn es dir auf diese Weise gelingt, diesen Leuten weiszumachen, dass du ihr Vorgehen für gerecht hältst, dass du mit dem Kommunismus sympathisierst, dass du glaubst, dies alles sei für das allgemeine Volk so am besten, dann mag es sein, dass dir die Leitung deines früheren Geschäftes überlassen bleibt - als Staatsangestellter. Sicherheit bietet dir das allerdings keine ...

Hat das, was man die 'Diktatur des Proletariats' nennt, dem Proletariat bessere Lebensbedingungen, einen höheren Lebensstandard und angenehmere Arbeitsverhältnisse gebracht? Das werden nur fanatische Kommunisten bejahen. ...

Die Regierung muss eine Klasse von Nutznießern des Systems schaffen, auf die sie sich stützen kann, eine Klasse derer, die den neuen Staat rühmen und sich aus eigennützigen Erwägungen für ihn einsetzen. ...

Steigerung der Arbeitszeit um ein Fünftel und Herabsetzung des Lohnes um ein Fünftel, das ist, was manchen widerfuhr, die den neuen Leistungsmassstäben der kommunistischen Antreiber nicht zu entsprechen vermochten. ...

Wie es scheint, stehen die kommunistischen Fronvögte in nichts den Kapitalisten nach, wenn es gilt, über den Werktätigen die Peitsche zu schwingen. Es ist keine Zufriedenheit eingekehrt. ...

Das scharfe Vorgehen der Regierung, in letzter Zeit besonders gegen den Mittelstand, zeigt ihr Unbehagen. Wie könnte sich eine Regierung auch sicher fühlen, wenn sie doch weiss, dass sie nur eine kleine Minderheit des Volkes wirklich hinter sich hat, und dass sie sich darum nur auf die Polizei und die Miliz stützen kann?"


Das also der Tschechoslowakei bezügliche Teil des "Erwachet!"-Artikels. Im gleichem Atemzug geht es mit Jugoslawien weiter:

"Und nun fahren wir nach Jugoslawien hinunter, um uns im Lande Titos ein wenig umzusehen. Viele meinen, dort müsse es besser sein, weil Belgrad mit Moskau nicht mehr übereinstimme. Sie ziehen aus diesen Differenzen den Schluss, Tito sei kein so 'scharfer' Kommunist. Tatsächlich ist Jugoslawien aber der schlimmste all der Polizeistaaten unter roter Diktatur. Der Schreiber dieses Berichts war in den meisten der Kominformländern, hat aber in keinem dieser Länder soviel von Geheimagenten zu sehen und zu hören bekommen wie in Jugoslawien. ..."

Zu den zeitgenössischen Differenzen zwischen der Sowjetunion und Jugoslawien wird unter anderem ausgeführt:

"Moskau verlangte ferner, Jugoslawien solle mit der Industrialisierung aufhören; es solle Rohstoffe liefern und Fertigwaren aus Russland beziehen. Auch hiermit war Tito nicht einverstanden. Diese und andere Gründe machten einen Bruch zwischen den beiden Ländern unvermeidlich. ..."

Das Volk im allgemeinen ist ärmlich gekleidet, was niemand überraschen kann, wenn bedacht wird, dass der Durchschnittslohn eines Arbeiters im Monat 3000 Dinar (60 Dollar) beträgt, während die Waren teurer sind als in den Vereinigten Staaten. ...

Eine Parteidiktatur braucht überall Geheimpolizisten. In Jugoslawien überwachen sie alle Hotels, alle Eisenbahnzüge, mischen sich unter das Volk auf die Strasse, auch dort, wo man Schlange steht, ja überall, wo Menschen zusammenkommen. Das Spitzelsystem dehnt sich über das ganze Land aus. ...

Ehe man den Mund auftut, muss man sich darum immer erst vergewissern, ob niemand zuhört, der mit dem Gehörten zur Geheimpolizei laufen könnte. Denn ein abschätziges Wort über die am Ruder befindliche Partei oder der Ausdruck deiner Unzufriedenheit mit den herrschenden Zuständen mag dazu führen, dass nach einigen Tagen oder Wochen ein paar Männer nach Mitternacht an deine Tür klopfen und dich auffordern, ihnen zu folgen. Wenn überhaupt je, erfahren deine Angehörigen dann vielleicht erst nach geraumer Zeit, wo du hingekommen bist. ..."


Zusammenfassend meint "Erwachet!" weiter:

"Zuletzt sei noch etwas erwähnt, das allen Ländern im Bereich der roten Diktatur gemeinsam ist, nämlich die Menschenverherrlichung. Der Atheismus hat Gott entthront und den Menschen vergöttert. Am besten zeigt sich das in der Person Stalins, von dem riesengrosse Bilder auch in den Russlandabteilungen der Internationalen Messen des europäischen Ostens hängen. Jugoslawien ahmt diese Manie der Menschenverherrlichung auf seine Art nach."

Und der "Erwachet!"-Kommentar dazu besteht in der These:
"Auf solche Weise sucht der Teufel den Sinn der Menschen mehr und mehr von dem allmächtigen Gott abzulenken, und solch eine Missachtung des Höchsten von seiten menschlicher Knirpse wird den Untergang der Völker, die sich dessen schuldig machen, beschleunigen. Tatsächlich steht Harmagedon, die Schlacht des grossen Tages Gottes des Allmächtigen, nahe bevor...."

Man kommt nicht umhin. Die zeitgenössische Bestandsbeschreibung als weitgehend zutreffend zu klassifizieren.
Das aber kann nur ein Teil des Votums sein.
Genannte Länder waren erst mal vom Krieg gebeutelte Länder. Das nach Kriegsende nun nicht unmittelbar das "Paradies" einsetzte, mit den "durch die Luft fliegenden gebratenen Tauben", liegt auch auf der Hand.
Auch unter den Konstellationen, einer anders akzentuierten politischen Führung jener Länder, wären die bestehenden Probleme nicht über Nacht "gelöst" gewesen.

Nun also hatte die geopolitische Lage diesen Ländern ein politisches System aufgedrückt, dass man kritisch zwar hinterfragen kann, das aber der kleine Mann, kaum in eigener Machtvollkommenheit ändern konnte.
Und namentlich was das "ändern" anbelangt, wäre die WTG-Religion mit die letzte, die dabei einen konstruktiven Beitrag leisten würde.

Die hat nur eines im Angebot: "Opium" religiöser Art in superstarker Konzentration.

Den zeitgenössisch dort lebenden Menschen wird damit kein echter Dienst erwiesen ...
Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 02. April 2010 02:08

Im kalten Krieg West gegen Ost, mit den Zeugen Jehovas als Speerspitze, nimmt die "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. April 1950 eine herausragenden Platz ein. War es doch die Berichterstattung dort, über den 1949er Berliner Waldbühnenkongress der Zeugen Jehovas, die nunmehr zu einem scharfen Pfeil ausgestaltet, in dieser WT-Ausgabe ihren Niederschlag fand. Das der Pfeil getroffen hatte, darüber kann es keinen Zweifel geben. Wurde doch darin das kommunistische Regime mit der Frage hochgeschreckt: "Ist der Bolschewismus schöner als andere Systeme? Glauben die Kommunisten, dass das, was Hitler begonnen hat, von ihnen vollendet werden müsse? ..."

Als Beleg für diese These werden unter anderem tatsächliche Diskriminierungsmaßnahmen der Kommunisten genannt. Insofern kann man sich auf den Standpunkt stellen, wenn es die Frage zu klären gälte, wer den die abschüssige Lawine ins Rollen gebracht habe, läge die Schuld bei den Kommunisten.
Bereits in anderen Ostblockländern, Jugoslawien, Polen, Tschechoslowakei, auch Russland, mit seiner Nichtregistrierungspolitik der Zeugen Jehovas in jenen Gebieten, wo sie schon vor dem zweiten Weltkrieg vertreten waren, und die nun zu sowjetischen Territorium geworden waren; hatten die Zeugen Jehovas ernsthafte Schwierigkeiten, bis hin zu bereits ausgesprochenen de facto Verboten. In der Verbotsfrage war die DDR, erwiesenermaßen das Schlusslicht.

Alles das, war auch der Zeugenführung bekannt. Sie stand somit vor der Kardinalfrage: Den Konflikt weiter anheizen, bis zum bitteren Ende. Oder kürzer treten, es mehr mit dem lavieren versuchen. Nicht umsonst ist die Zeugen-Hauptzentrale in den USA befindlich. Man entschloss sich, weiteres Öl ins Feuer zu gießen. Der genannte WT ist das Dokument dafür. Etwa wenn man sich rühmt, einen mehrwöchigen Pressenachhall all dessen erreicht zu haben. Und so ging es denn in der anvisierten abschüssigen Bahn, wie voraussehbar, weiter bergab.

All das ist an anderer Stelle schon kommentiert worden.
Man vergleiche beispielsweise:
Im Streit zwischen Ost und West

Solcher Fanatismus lässt sich nur erzeugen, wenn entsprechende Rahmenbedingungen dafür vorhanden sind. Man kennt aus der Neuzeit das USA-Hätschelkind Israel, seine glasharte Falkenpolitik und die Gegenreaktionen. Jene islamistischen Selbstmordattentäter können nur in einem Klima gedeihen, wo religiöser Fanatismus überhand nimmt. Wenn die sozialen Verhältnisse insgesamt alles andere als "optimal" sind, dann schlägt die Stunde des religiösen Fanatismus. Der beseitigt die Probleme zwar auch nicht; eher schafft er neue zusätzliche Probleme. Aber ein Klima dass jedem Liberalismus abhold ist, wird immer die Ausgangsbass für den Schlachtruf sein: "Allah will es". Oder "Jehova will es".

Im Falle "Jehova 1950" hatte der eine konkrete Adresse: Wallstreet in den USA. Die Wallstreet wollte es und sie fand ihre symbolischen Selbstmordattentäter namens Zeugen Jehovas.
Wären noch die "Rahmenbedingungen" besonders ins Auge zu fassen. Und die sind ohne Zweifel das anheizen von Endzeit-Naherwartungen. So auch in dieser WT-Ausgabe vom 1. 4. 50.
Schon die programmatische Artikelüberschrift "Was tust du mit deiner Zeit?" kündet davon.
Etwa wenn man zur Anheizung der Stimmung verkündet: "Wir leben auf dem Höhepunkt der Zeitalter ..." und das Ganze dann mit der inzwischen schrottreifen "1914-Generation-nicht-vergehen" Theorie verbindet.

Auch so ein bezeichnender Satz: "Wie töricht ist es also, die Zeit mit einem Anhäufen von Schätzen zu verbringen." Die allerwenigsten Zeugen Jehovas, in Deutschland allemal, konnten damals auch nur ansatzweise von "Schätzen" träumen. Insofern verfehlt die Aussage den Adressaten. Aber die Tendenz, die damit rübergebracht werden sollte war klar. Die Forderung nach totaler Verausgabung für die WTG Organisation. Wenn schon nicht mit vorhandenen materiellen Ressourcen, dann eben mit Zeiteinsatz, Klinkenputzen und anderes mehr.
Und damit hat sich die WTG in der Tat, ihre symbolischen Selbstmordattentäter herangezüchtet!

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 09. April 2010 07:50
"Zum Schluss sei gesagt, dass 'Erwachet!' es nicht jedermann recht machen kann und das auch gar nicht versucht". Mit diesem Satz endet ein verteidigender Artikel in der "Erwachet!"-Ausgabe vom 8. April 1950.
Einleitend erfährt man unter anderem:
"Letztes Jahr befasste sich das Parlament eines australischen Gliedstaates mit einer Gesetzesvorlage zur Abwehr von 'lästerlichen Schriften, die geeignet sind, Abscheu gegen irgendwelche Religion oder irgendwelche Religionsgemeinschaft oder Sekte zu erwecken.'
Wie bekanntgegeben, wurde mit dieser Vorlage unter anderem bezweckt, 'den beleidigenden und schmähenden Verleumdungen, wie sie in den Zeitschriften solcher Personengruppen wie der kommunistischen Partei und der Zeugen Jehovas gegen alle Formen der organisierten Religion gerichtet werden', Einhalt zu gebieten."


Nicht nur von außen, offenbar auch aus den eigenen Reihen artikulierte sich Kritik. Etwa wenn in dem gleichen Artikel ein eingegangener Leserbrief zitiert wird der beklagt:
"Ist der ständige Sarkasmus in den Hauptartikeln von 'Erwachet!' wirklich notwendig? Könnten wir uns nicht einmal zur Abwechslung auf sachliche Darstellungen beschränken und den Sarkasmus der Welt und ihren Schreibern überlassen? Feingefühl sollte unsere theokratische Waffe sein. Warum kommt in 'Erwachet!' solches Feingefühl nicht zur Anwendung?"

In ihrer Antwort sucht dann die WTG ihre Anhängerschaft auf Hassparolen einzustimmen. Etwa wenn sie proklamiert:
"Alle Christen können Amen sagen zu Davids Worten: 'Hasse ich nicht, Jehova die dich hassen, und verabscheue ich nicht, die wider dich aufstehen?'"
In diesem Sinne wird versucht noch einige weitere Bibelstellen heranzuziehen um dann zu dem Ausruf zu gelangen:
"In ihrem Kampf gegen den satanischen Irrtum bitten die Christen nicht um Pardon, wollen keinen, erhalten keinen und gewähren keinen."

Dies ist offensichtlich der Kernsatz. Was das in der Praxis bedeutete, konnte man dann beispielsweise in der DDR-Verbotssituation ablesen. Erst provozieren, dann nachlegen - so die WTG-Strategie. Die Rechnung ist in der Tat gemäß ihren eigenen Worten aufgegangen! Keinen Pardon geben und keinen gewähren. Wer sich so positioniert, der erntet nur das, was er selbst gesät hat!
Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 16. April 2010 01:15
Nachdem bereits in derWT-Ausgabe vom 15. 2. 1950 aus WTG-Sicht das Thema Bluttransfusionen angesprochen wurde http://forum.mysnip.de/read.php?27094,43903,46697#msg-46697,
wird erneut in der Form einer "Fragenbeantwortung" in der "Wachtturm"-Ausgabe vom 15. April 1950 dieses Thema aufgegriffen. Der WT setzt Bluttransfusionen, die ja eine medizinische Indikation darstellt, auf die gleiche Stufe, wie wenn Blut als Nahrungsmittel Verwendung finde. Zu differenzieren ist er dabei nicht bereit.

Der WT-Schreiber muss zugeben:

"Suchen Sie bitte nach im Gesetze Gottes, wie es in der Bibel aufgezeichnet ist, und in keinem Fall werden Sie finden, dass Gott aus Gesundheitsgründen, z. B. um Verderbnis, Befleckung oder Infektion zu verhüten, eine solche Blutübertragung verbietet"

Trotz dieser Einschränkung wird aber seitens der WTG die Verwendung von Blut in jeglicher Form, egal ob als Nahrungsmittel oder medizinische Maßnahme, stigmatisiert.
Der Bibelaussage, das Blut sei heilig, wird somit ein dogmatisches Korsett verpasst. Reflexionen darüber, dass mit der Heiligkeitserklärung des Blutes, willkürliches morden, beispielsweise untersagt werden sollte, werden nicht angestellt. Wenn man den Bibelbericht für bare Münze nehmen sollte, dann war es doch wohl so, dass sich die Nachkommen des Noah das Recht zusprechen, Tiere zu Nahrungszwecken zu töten. Hier sollte offenbar eine moralische Sperre dergestalt wirksam werden, die besagte. Töten, aber nicht mehr als wie unbedingt notwendig. Religion beinhaltet in der Regel ja auch moralische Aspekte. Einer dieser spiegelte sich eben auch in der Blutfrage wieder.

So wie es im Judentum noch eine ganze Reihe anderer Ernährungsvorschriften gab (etwa die Unterscheidung zwischen reinen und unreinen Tieren). Diese Ernährungsvorschriften warf dann das Christentum über Bord; mit der Einschränkung, dass es das Mordverbot in Form der Blutdoktrin weiter gelten ließ. Letztendlich sollte damit die Achtung vor dem Leben demonstriert werden. An Bluttransfusionen konnte man damals noch nicht denken, da sie nicht bekannt waren. Das blieb erst der WTG nach 1945 vorbehalten. Ein Jesus würde wahrscheinlich diese Form von Dogmatik mit der von ihm überlieferten Aussage an die Adresse der Pharisäer beantworten. Dass da der Becher zwar äußerlich gereinigt, im inneren aber voller Unrat ist.

Die neuzeitlichen Pharisäer und ihr Tempel haben eine ganz konkrete Postanschrift. Zum Beispiel die der Watch Tower Society zu Brooklyn, New York

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 23. April 2010 04:17
Rutherford lebte im Jahre 1950 zwar nicht mehr. Was aber ist mit seiner These, mit dem heiraten möglichst bis "nach" Harmagedon zu warten? Sieht man sich die "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 4. 1950 näher an, muss man zu dem Schluss gelangen, einem wirklichen Laufpass hat diese These jedenfalls nicht erhalten. Zwar wird das heiraten nicht prinzipiell verweigert. Aber eine gewisse Zeugen Jehovas spezifische Form des "Madigmachens" besteht offenbar fort, wenn man in einem "Heiraten oder ledig bleiben?" überschriebenen Artikel unter anderem liest:

"Die Frage des Heiratens oder Ledigbleibens ist heutigentags schon für einen Weltmenschen nicht leicht zu entscheiden. Noch eher trifft dies zu auf jemand, der sich Gott dem Herrn durch Jesus Christus völlig geweiht hat. Ein Weltmensch ist sich in dieser Sache vielleicht unschlüssig wegen der allgemeinen Wirtschaftslage und wegen der Schwierigkeit, als Lebensgefährten jemand zu finden, der rein ist und sich inmitten des moralischen Niedergangs der Menschheit als umgänglich, treu und wahrhaftig erweist, wie auch wegen der Möglichkeit eines dritten Weltkriegs zu einer Zeit, wo seine Kinder herangewachsen und militärdienstpflichtig sein würden.

Dann geht es im "Erwachet!"-Text weiter mit der Aussage:

Der wahre Christ betrachtet die Sache jedoch vom biblischen Standpunkt aus und stellt darum nicht nur die vorstehenden Erwägungen an, sondern legt sich auch die Frage vor, wie er seiner Weihung nachkommen und Gott den ihm schuldigen Dienst leisten kann. Für ihn ist diese Angelegenheit doppelt ernst, weil sich die jetzige alte Welt vollendet, das heisst ihre 'Zeit des Endes' erreicht hat und von Christen jetzt die Prophezeiung erfüllt werden muss: 'Dieses Evangelium des Reiches wird gepredigt werden auf dem ganzen Erdkreis, allen Nationen zu einem Zeugnis' … Hiervon Abstand zu nehmen, kann sich kein Christ erlauben. Um sich nun in seinen Anstrengungen für das Zeugniswerk nicht selbst zu lähmen, wird das Thema der Ehe vom Christen gut erwogen, statt dass er in Eile heiratet und es dann in Musse bereut. …

Es wird also auch bei diesem Thema das "Endzeitklavier" in unerträglicher Weise, aus rein Organisationsegoistischen Gründen strapaziert. Weiter im "Erwachet!"-Text:

Christen können in der jetzigen, der Schlacht von Harmagedon nicht mehr fernen Nachkriegswelt also wählen zwischen einem guten Handeln, indem sie sich verheiraten mit jemand, der ebenfalls ein geweihter Diener Gottes ist, oder noch besser tun, indem sie nicht heiraten, sondern ihre Jungfräulichkeit mit aller dazugehörigen Lebensenergie bewahren."

Re: Vor sechzig Jahren / heute
geschrieben von: Frau von x
Datum: 23. April 2010 09:52
Zitat:
Drahbeck
... "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 4. 1950 ...
"..., weil sich die jetzige alte Welt vollendet, das heisst ihre 'Zeit des Endes' erreicht hat ...

So belehrt der "Wachtturm", wieder einmal, in seiner Ausgabe vom 1. 5. 1950. Man spürt es förmlich angesichts dieser Formulierung, wie die Zeugen Jehovas da ihr Maßband von vielleicht siebzig oder achtzig Zentimeter Länge, begierig jedes Jahr um einen Zentimeter kürzen. 1950 wähnten sie, bereits 36 cm davon abgeschnitten zu haben; ergo bliebe nicht mehr "viel" Zeit übrig. Genau das ist es doch, was der WT damit rüberbringen will. Mag er es so deutlich nicht ausgesprochen haben. Bei den Adressaten ist es jedenfalls so angekommen; nicht zuletzt aufgrund des vom WT gezüchteten Klimas.

Weiter belehrt der WT in seiner traditionellen "Logik":

"Es ist offenbar, dass 'Könige der Erde und alle Völker, Fürsten und alle Richter der Erde, Jünglinge und Jungfrauen, Alte und Kinder' die Anweisungen im 148. Psalm nicht befolgen. Hätten sie es getan, so hätte es in diesem Jahrhundert nicht zwei totale Weltkriege gegeben."

Man muss es wohl noch mal wiederholen. Das ist die "Logik" jener die da "Hochgebildet" eine höchstens dreiklassige Dorfschule absolvierten. Sieht man sich genannten 148 Psalm an, so "glänzt" dieser schon einleitend mit der Aufforderung:
"Lobet den Herrn!". Als ob durchs "loben" die Probleme verschwunden wären.

Der WT geht weiter und belehrt:

"Im Lichte des 148. Psalmes gesehen, haben also die Nationen in ihrer höchsten Pflicht versagt. Mehr denn je ist es jetzt klar, dass die Herrscher nicht die 'von Gott verordneten' "Obrigkeitlichen Gewalten" sind."

Da ist der WT dort angekommen, wo er schon immer hinwollte. Sich selbst als "die Alternative" zu verkaufen. Was aber hat er in der Praxis zu bieten. Nur eines: Klinkenputzen, angestachelt durch sein vermeintlich immer kürzer werdendes Maßband. Das ist dann in seiner Lesart das "loben des Herrn". So werden Menschen im fast buchstäblichen Sinne besoffen geredet. So taumeln sie narkotisiert vor sich hin und das ganze als Selbstzweck.

Die handfesten irdischen Interessengegensätze, die Kriegen zugrunde liegen, berührt das überhaupt nicht. Ob es diese Typen nun gibt oder nicht. Die vermeintliche Gegengesellschaft der Zeugen Jehovas erweist sich somit unterm Strich, als ein gigantischer Selbstbetrug, angestachelt von einer machtgierigen Clique mit Stammsitz in den USA.

Zum Weiterlesen empfohlen

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 09. Mai 2010 02:01
Ist der Vatikan im Spiel der internationalen Politik "Interessenlos"? Sicherlich nicht. Auch er versucht in Vergangenheit und Gegenwart "sein Süppchen" zu kochen. Aber wohl nicht nur er. Auch andere! In diesem Zusammenhang muss man die weitere Frage stellen. Wird die Politik wirklich von den Interessen des Vatikans dominiert? Oder erweist er sich nicht mehr oder weniger als ein geschickter Trittbrettfahrer.
Mir scheint, letzteres ist doch wohl eher der Fall.

Sichtet man indes die Veröffentlichungen der Zeugen Jehovas zum Thema Vatikan, so auch in der "Erwachet!"-Ausgabe vom 8. 5. 1950, drängt sich der Eindruck auf, als würde alles "nach der Pfeife" des Vatikans tanzen. Säkulare Politiker sind in diesem Weltbild nur dessen "Statisten" Man mag die Politik säkularer Politiker und auch des Vatikans, zu Recht kritisieren. Letztendlich wird dies aber kontraproduktiv, wenn da überzeichnet wird. Wenn Nebensächlichkeiten zu "Hauptsachen" hochstilisiert werden. Ein besonders krasses Beispiel solcher Zerrbild-Sicht begegnet man auch in der genannten "Erwachet!"-Ausgabe. Einige Zitate daraus:

"Die Eröffnung des "Heiligen Jahres" 1950 durch Papst Pius XII. war von grosser Prachtentfaltung begleitet."

Ach ja, hat da wirklich einer was anderes erwartet? Wohl kaum!
"Erwachet!" zitiert weiter:

"Uns scheint", so sagte der Papst weiter, "dass das Heilige Jahr 1950 entscheidend sein muss", und zwar entscheidend für das nächste halbe Jahrhundert, wie auch "für die Zukunft der (katholischen) Kirche, von der er auch als der "streitenden Kirche" sprach. In der Rede, mit der er dieses Jahr eröffnete, forderte der Papst zu einem heiligen Kreuzzug gegen den Kommunismus auf."

"Erwachet!" hängt seinerseits dazu den Fragesatz an:

"Wird wieder einmal ein Kreuzzug unter klerikalem Antrieb beginnen? Wie sind die Friedensaaussichten? Welchen Einfluss wird dieses Jahr auf die Temperatur des "kalten Krieges" haben?"

Nun, wenn es denn um "abendländische" kalter Krieger zu der Zeit ging, dann darf die WTG sich getrost mit zu diesem Tross zugehörig rechnen.

Aber "Erwachet!" fühlt sich nun bemüßigt einen Rückblick auf das Jahr 1933 im gleichem Atemzug mit vorzunehmen. Ein Jahr, wo noch einige andere, sich ebenfalls, kaum mit Ruhm bekleckert haben.
Aus päpstlichen Verlautbarungen des Jahres 1933 wird zitiert:

"Wir meinen in erster Linie den protestantischen Proselytismus, der das eine Mal listig und behutsam, das andere Mal unverfroren und herausfordernd auftritt." Als weiterer Feind der Kirche wurde der gottlose Kommunismus genannt, das heisst ein Kommunismus ohne Katholizismus."

Das wiederum meint "Erwachet!" mit dem Satz kommentieren zu können:

"Es war eine leidenschaftliche Forderung nach einem weiteren "heiligen Kreuzzug". Hitler liess diesen Ruf zur Tat nicht ungehört. Er rüstete zum Kreuzzug."

Sicherlich hätte Herr Hitler auch zum Kreuzzug ohne den Herrn Papst gerüstet.
Das indes auch hinzuzufügen, hält "Erwachet!" schon wieder nicht für notwendig.
Statt dessen "schießt" es sich auf den Umstand ein, der Herr Papst habe ja das Jahr 1933 zu einem "heiligem Jahre" erklärt.

Und selbst wenn er das hat, dann kann man ihm immer noch "zugute" halten, dass seine Interessenlage keineswegs voll identisch mit der des Herrn Hitler war.
Auch der Herr Papst pflegt in Vergangenheit und Gegenwart eigene Interessen zu verfolgen.
Im übrigen hätte die WTG ein Blick in ihr eigenes Umfeld auch erhellend sein können.
Sicherlich einige von ihr mit geprägte Narren hatten dann ja die Nabelschnur zur WTG zertrennt. Insofern kann man die WTG nicht für die Narrenerwartungen auf das Jahr 1933 haftbar machen, die da in diesen Kreisen kursierten.
Gleichwohl auf ähnlichem Humus gewachsen wie etwa die WTG-eigenen Narrenerwartungen für 1925.
Insofern wäre die WTG nicht schlecht beraten, bei ihrem mit den Finger auf andere zeigen, weitaus mehr Zurückhaltung an den Tag zu legen, als es tatsächlich der Fall war!

Aber pardon gewährt "Erwachet!" der Catholica prinzipiell nicht. Dafür stehen dann auch die Sätze:

"Von da an hielt der Vatikan zu Hitler und Mussolini, während diese mit ihren Armeen ein Land nach dem anderen überrannten. Beim Nazieinmarsch in Österreich hisste Kardinal Innitzer an seinem Dom die Hakenkreuzfahne und erklärte, der Führer sei "ein von der Vorsehung sichtlich gesegneter Mann". Als die Slowakei unter deutsche Vormundschaft geriet, übernahm dort der römisch-katholische Prälat Tiso die Staatsführung. Als die Nazi Polen niederzwangen, forderten katholische Priester das Volk auf, sich der deutschen Herrschaft zu beugen.

Als die Nazi nach Norden und Westen vordrangen, in das protestantische Dänemark und Norwegen, sowie nach Holland, Belgien und Frankreich, wurde dort der Widerstand durch Quislinge und "Fünfte Kolonnen" der Hierarchie gelähmt. Dem Katholiken Leopold von Belgien boten die Nazi Schutz vor der Wut seines verratenen Volkes, und in Vichy gelangte die Marionette Petain zur Würde des Staatschefs und wurde von der Hierarchie als "der gute Marschall" gelobt. Als die Nazi dann zu einem "heiligen Kreuzzug" gegen den gottlosen Kommunismus ostwärts nach Russland zogen, folgte - gemäss Berichten der katholischen Zeitung L'Italia von Mailand - ihren Heeren die Priester des Vatikans und übernahmen die Kirchen "mit Zustimmung der deutschen Militärbehörden". (Post-Dispatch, St. Louis, vom 23. Juli 1942)."

Selbst wenn "Erwachet!" damit nichts falsches feststellt (auch ein Karlheinz Deschner etwa stellt es fest); dann ist immer noch nicht der tatsächliche Beweis erbracht, in wieweit denn die WTG nun "besser" wäre.
Vieles im Leben, einschließlich von gravierenden Fehlern, ist von Zeit und Umständen abhängig.
Und die "Erwachet!"-Schreiber des Jahres 1950 haben sich ja möglicherweise dann auch noch nicht mal träumen lassen, dass es ihren Enkeln nicht schnell genug gehen könnte, zusammen mit der Catholica, im gleichen Bett zu liegen, namens KdöR!

"Erwachet!" zitiert weiter:

"Man erinnere sich auch daran, dass die Ausführungen Pius XI. in seiner Enzyklika "Dilectissima Nobis" (vom 3. Juni 1933) einer Kriegserklärung an die demokratische Regierung Spaniens gleichkamen und automatisch über sie die Exkommunikation verhängten. Daraufhin schlachtete der Kreuzfahrer Franco 2 000 000 Männer, Frauen und Kinder ab, stürzte die spanische Republik und beendigte auf solche Weise den "heiligen Krieg" der Hierarchie gegen Spanien."

Und was taten die Vorläufer der "Erwachet!"-Schreiber zu jener Zeit, diese verhängnisvolle Entwicklung - so möglich - zu stoppen?
In den bekannten "Internationalen Brigaden" bezüglich Spanien, fand man selbige jedenfalls nicht.
Insoweit ist die "Erwachet!"-Abrechnung, billig, zu billig!

"Erwachet!" meint weiter:

"Aus dieser päpstlichen Ansprache stach also das allen Nicht-Katholiken gemachte Angebot zur Zusammenarbeit mit dem Vatikan hervor, wobei schlauerweise jede Anspielung auf die Einheit der Lehre vermieden wurde. Es war eher ein Ruf, sich zum Kampf gegen den Kommunismus zu vereinigen. Wenn das erreicht werden könnte und Protestanten wie Juden sich demütig dem Kommando des Vatikans unterstellen würden, um mit dem päpstlichen Schwert die Kommunisten und die Orthodoxe Kirche unter die Gewalt des Vatikans zu bringen, so wäre das ein Meisterstück jesuitischer Diplomatie! In diesem Falle wäre 1950 wirklich "das Jahr der grossen Rückkehr" ins finstere Mittelalter! …"

Wenn es denn darum geht, darf sich auch die WTG mit ihrer grundsätzlichen Konversionspolitik, zu den gleichen rückwärtsgewandten Kräften zählen!

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 16. Mai 2010 01:16
Zur Kategorie der "Antreiber-WT" gehörend, kann man auch die "Wachtturm"-Ausgabe vom 15. Mai 1950 einordnen, der da wieder einmal versucht, möglichst viele zu bewegen, den sogenannten Pionierdienst, auf eigene Kosten, zum Nutzen der WTG, aufzunehmen.
Das dazu ein gewisses "Klima" als Rahmenbedingung, notwendig ist, ist auch der WTG klar. Und dies kommt auch in ihrer Spitze gegen andere Religionsgemeinschaften zum Ausdruck, wenn sie diesen unter anderem vorwirft:

"Die Geistlichen ließen es zu, dass ihre Wasserstellen von menschlichen Evolutionstheorien und wissenschaftlichen Zweifeln durchlöchert und rissig gemacht, wie auch von heidnischen Religionsphilosophien verunreinigt wurden."

Mit anderen Worten: Ein Plädoyer für eine fundamentalistische Religionsbasis. Sieht man die sich etwas näher um, stellt man fest: Auch islamische Selbstmordattentäter haben eine fundamentalistische Weltsicht. So schließt sich auch hierin der Kreis.

In ihrer Gier, möglichst viele zum Pionierdienst zu bewegen, macht die WTG auch nicht vor Kindern halt.

"Zum Besten des Kindes und zum Preise Gottes fordert die Watch Tower Society auch Kinder auf, Ferienpioniere zu werden."

Den Teilsatz "zum besten des Kindes", kann man dabei getrost vergessen. Das durchaus nicht alle diese Sicht der WTG teilen, kommt auch in der nachfolgenden Ausführung zum Ausdruck:

"Im Gegensatz dazu möget ihr sagen: 'Ich liebe mein Kind zu sehr, als dass ich seinen jungen Sinn mit Ideen füllen könnte, die es bei seinen Spielgefährten in der Nachbarschaft unpopulär machen könnten und aus diesem Grunde ermutige ich es nicht, heute schon Gott zu dienen, sondern will warten, bis es aufgewachsen ist: dann kann es für sich selbst entscheiden.'"

Da sieht die WTG offenbar bei solcher Einstellung, ihre "Felle weg schwimmen". Und weil das so ist wird dann der Drohhammer aus dem Schrank hervorgeholt:

"In der Schlacht von Harmagedon werden alt und jung gleicherweise nicht verschont werden. Nachdem das Werk des Zeichnens gemäss Jehovas Anweisung durchgeführt war, lautete dann der Befehl an seine Scharfrichter:
'Mordet bis zur Vertilgung Greise, Jünglinge und Jungfrauen und Kinder und Weiber! Aber nahet euch niemand, an welchem das Zeichen ist.' ...
Es ist deshalb keine Gewähr geboten, dass ein Kind durch Harmagedon hindurchkommen wird, wegen eines Felddienstberichtes eines Vaters oder einer Mutter, der gegenüber seinen eigenen Kindern unachtsam ist. Ja, der Vater oder die Mutter mag eifrig und treu sein in jeder Hinsicht, eines ausgenommen, nämlich, dass sie ihre Kinder nicht freigebig für Gottes Dienst hergeben."

Wundert sich eigentlich jemand noch darüber, dass die WTG immer wieder als totalitäre Organisation bezeichnet wird? Ich meine, es gibt keinen Grund zum wundern diesbezüglich. Ein Detail dazu konnte man auch vorstehend zur Kenntnis nehmen.

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 23. Mai 2010 02:09
Wenn der Dieb "Haltet den Dieb" ruft, möchte man angesichts einer Notiz in "Erwachet!" vom 22. 5. 1950 nur sagen. Pharisäerhaft wird darin orakelt, welche Organisation denn totalitärer sei. Bei der diesbezüglichen Betrachtung vergaß "Erwachet!" nur eine Organisation mit einzubeziehen. Die eigene!
In der genannten Ausgabe liest man:

"Wenn Präsident Truman am Sonntag, dem 15. Januar, zur Kirche gegangen wäre, hätte er etwas lernen können. An diesem Tag wies Pastor E. H. Pruden, zu dessen Gemeinde Truman gehört, die päpstliche Einladung an die Protestanten, katholisch zu werden und so den Kommunismus zu bekämpfen, zurück. 'Es ist undenkbar', sagte Pruden, 'dass sich die eine Form des Totalitarismus einfach durch Übernahme einer anderen totalitären Form niederschlagen lässt, wie hochstehend auch die Ideale jener anderen Form sein mögen. Gerade der Umstand, dass in Italien, wo die römische Kirche seit Hunderten von Jahren ihren Sitz hat, der Kommunismus zu solch gewaltiger Macht angewachsen ist, drängt uns die Frage auf, ob die römische Kirche wirklich die Antwort auf den Kommunismus darstellt, wie häufig behauptet wird."

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 02. Juni 2010 01:29
Zu den verstreut in der WTG-Literatur anzutreffenden Aussagen zum Thema Rauchen, gehört neben dem "Wachtturm" vom 1. 6. 1954; siehe dazu:
Kommentarserie1954
Dort der Eintrag: 01. Juni 2004 02:21:59
auch die "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. Juni 1950 mit dem dortigen Artikel: "Warum Christen den Tabak meiden". Auch aus letzterem seien hier einige Auszüge wiedergegeben. Der WT räumt ein:

"Dass die Bibel das Rauchen von Tabak als ein zu meidendes Übel nicht besonders nennt."

Man begnügt sich diesbezüglich mit der Meinung:

"Weil in jenen Zeiten, da die Bibel geschrieben wurde, das Rauchen von Tabak unbekannt war."

Und deshalb sei es in der Bibel nicht erwähnt.
Das Tabakrauchen sei in der Sicht des WT "eine unsaubere Gewohnheit" was er dann noch mit einigen Details untermauert.

Er fragt dann weiter:

"Auf welche Vorteile können Zigarettenraucher hinweisen, um diese Nachteile wettzumachen?"

Seine flotte These ist weiter dann die:

"Der Tabak ist ein Unkraut, das der Teufel dazu benutzt, Menschengeschöpfe zu demoralisieren, besonders in der 'Zeit des Endes'. Da der Tabakgenuss mit dem Dämonenkult aufkam, sollte erwartet werden, dass der 'Fürst der Dämonen' ihn in der Christenheit durch Religionisten einführen und dort unter Religionisten ausüben populär machen würde."

Zur geschichtlichen Entwicklung zitiert der WT:

"Unter der Überschrift Tabak" sagt die 'Encyclopedia Americana', Ausgabe 1942, folgendes:
"Von Amerika herkommend, hat sich der Genuss von Tabak sozusagen in alle Teile der Welt ausgedehnt, und Tabak ist ohne Zweifel das narkotische Mittel ohne gleichen geworden, das am allgemeinsten von allen genossen wird. … Der Tabak wurde zur Zeit, da Kolumbus Amerika entdeckte, von den Indianern weit und breit gebraucht, und Reliquien der Moundbuilders zeigen, dass das Pfeifenrauchen unter den Eingeborenen ein sehr alter Brauch war. Als Mitglieder der Mannschaft des Kolumbus im Jahre 1492 in Westindien landeten, beobachteten sie, wie die Eingeborenen Rollen getrockneter Tabakblätter rauchten. Als die Spanier 1519 in Mexiko landeten, fanden sie, dass die Eingeborenen mit Sorgfalt und Geschick Tabak zogen. … Die amerikanischen Indianer hatten Methoden des Pfanzens von Tabak und des Zubereitens desselben in all den Formen entwickelt, wie sie jetzt gebräuchlich sind … Die Anpflanzung und der Genuss von Tabak wurde in Indien, Persien und andern asiatischen Ländern früh im 17. Jahrhundert eingeführt."

In seinen weiteren Ausführungen zitiert der WT aus der englischen "Wachtower"-Ausgabe vom 1. Juli 1942 (in Deutsch, auch in der Schweiz nicht erschienen). Das war offenbar noch jene Zeit, wo die vermeintlichen Gesundheitsreformer bei den Zeugen Jehovas Hochkonjunktur hatten. Ersichtlich auch an ihrer vehementen Impfgegnerschaft, die sich dann in die Ablehnung von Bluttransfusionen, weiterentwickelte. Jener WT vom 1. 7. 1942 wird mit den Worten rezitiert:

"Irgendwelche Befleckung, eine solche des Fleisches oder des Geistes, ist ein Greuel in Gottes Augen. Reinheit des Fleisches und des Geistes ist das gerade Gegenteil von Befleckung, was bedeutet, dass das Geschöpf rein sein muss an Leib und Sinn und die natürlichen Fähigkeiten, mit denen es begabt ist, zum Ruhme Gottes gebrauchen soll. Wenn jemand in der grossen Streitfrage auf der Seite Jehovas Stellung bezogen hat und ihm von Jehova das große Vorrecht gewährt worden ist, mit der Theokratischen Organisation verbunden zu sein, muss er sich in Übereinstimmung mit dieser heiligen Organisation benehmen.

"Die Armeen [dieser Welt] und die religiösen Organisationen im Verein mit ihnen sorgen dafür, dass jene, die für Weltherrschaft kämpfen, reichlich mit Tabak versorgt werden. Die 'Encyclopaedia Britannica (Band 26) sagt: 'Als der Kontinent Amerika erschlossen und erforscht wurde, war offenbar der Tabakverbrauch, besonders das Rauchen, ein allgemeiner uralter Brauch, der in vielen Fällen MIT DEN BEDEUTSAMSTEN UND FEIERLICHSTEN ZEREMONIEN DER STÄMME ZUSAMMENHING.' Dies bedeutet, dass der Gebrauch dieses Krautes mit Dämonenkult verknüpft war, um die dadurch Betörten unter die Macht der Dämonen zu bringen. Ist Tabakgenuss als etwas Reines oder Unreines im Sinne der Schrift? Der Gebrauch von Tabak ist etwas überaus Befleckendes, ungeachtet in welcher Form er verwendet werde. Er besudelt den Leib und betäubt die geistigen Fähigkeiten. Tabak bewirkt, dass der ihn Geniessende zum Anstoss wird für die mit ihm in Berührung Kommenden, und er schadet ihm sehr und gereicht Gott und Christus zur Unehre. Durch Tabakgenuss ist das Menschengeschlecht sehr demoralisiert worden. Er weckt die Lust nach anderen unreinen, befleckenden Dingen. Unter keinen Umständen wird der Tabakgenuss in Gottes Wort gebilligt, auch wenn er darin nicht mit Namen genannt wird."

Angesichts dieser Weisheiten meint er dann schlußfolgern zu sollen:

"Es scheint daher für niemand in der Organisation Gottes oder für jene, die durch seine Gnade das Vorrecht gehabt haben, in die 'Zufluchtstädte' einzugehen, gereimt zu sein, Tabak zu geniessen. … Jene, die auf dem Genuss des schädlichen Unkrautes beharren, können nicht als richtige Vorbilder in Wort, Nächstenliebe, Geist, Glauben oder Reinheit betrachtet werden."

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 09. Juni 2010 01:55
Unter der Überschrift "Flammender Aufruhr in Nigeria" berichtet "Erwachet!" vom 8. 6. 1950:

"Ein Grubenarbeiter verdient im Monat durchschnittlich den Gegenwert von 18, 50 Dollar; und wenngleich das, nach den Lohnmaßstäben des Westens, sehr wenig ist, sind die Bergleute von Nigeria im Verhältnis zu den skandalös niedrigen Löhnen, mit denen man die Afrikaner im allgemeinen abfindet, wie auch im Vergleich zu den Löhnen der rhodesischen Bergleute doch ziemlich gut bezahlt.
Immerhin, die schwarzen Grubenarbeiter Nigerias verlangten eine Lohnerhöhung, die glatt abgelehnt wurde. Darum wurde ab 7. November ein Verzögerungsstreik (Parole "Langsam arbeiten!") durchgeführt, der die Produktion auf 25 Prozent des Normalen herabdrückte, worauf die Grubenverwaltung streikende Arbeiter zu entlassen und aus ihren Werkswohnungen hinauszusetzen begann. Schließlich kamen die aufgebrachten Bergleute, mit Brechstangen, Hauen und anderen Werkzeugen bewaffnet, am 18. November an der Ivatalgrube mit der Polizei ins Handgemenge, wobei 18 Grubenarbeiter getötet und 31 verletzt wurden. Einige der Verletzten starben im Krankenhaus. Die Nachricht hiervon brachte in vielen Landesteilen die Pulverfässchen antibritischer Gefühle zur Explosion. …

Der Widerhall dieser Unruhen drang bis ins ferne England, wo Kolonialsekretär Arthur Creech-Jones im britischen Parlament über die Unrast in der Arbeiterschaft von Nigeria eine amtliche Erklärung abgab. Eine der verschiedenen Fragen, die anschließend gestellt wurden, machte die Andeutung, ausländische Einflüsse, wahrscheinlich von Russland her, könnten die Störungen in Nigeria geschürt haben. Das wurde jedoch ausdrücklich verneint. Dann brachte der Abgeordnete Platts Mills folgende Frage vor: "Sieht der Herr Minister jetzt ein, dass, wenn er Grubenarbeiter wie Vieh behandelt, er Schwierigkeiten zu gewärtigen hat? Wenn es sich hier um eine so blühende Kolonie handelt, warum können wir dann nicht dafür sorgen, dass jene Männer wenigstens die verlangten fünf Schilling erhalten?" Das veranlasste den Kolonialsekretär zu der Antwort: "Ich wünschte, dass sich der Herr Abgeordnete zuerst mit den allereinfachsten Tatsachen über Nigeria vertraut machte, ehe er derartige Fragen stellt."

Dazu kommentiert "Erwachet!" seinerseits:

"Man braucht allerdings nur - wie der Schreiber dieses Berichts - in den Behausungen der Bergleute von Enugu gewesen zu sein, um sich zu sagen, dass Herr Platts Mills die "einfachsten Tatsachen über Nigeria" vielleicht besser kennt, als es dem Kolonialsekretär lieb ist. Nach persönlicher Besichtigung wird ein unparteiischer Beobachter zugeben, dass der Vergleich mit Vieh keine starke Übertreibung ist.

Das ist für "Erwachet!" die Vorlage um weiter zu kommentieren:

"Die Ausschreitungen in Nigeria fügen sich ein in eine lange Kette gleichartiger Vorfälle, wie sie die zerbröckelnde alte Welt sie jetzt aufweist. Sie gehören mit zu den Zeichen dafür, dass in den jetzigen letzten Tagen die vom Worte Gottes, der Bibel, längst vorhergesagte "Bedrängnis der Nationen in Ratlosigkeit eingetreten ist …"

Besonders der letzte Absatz ist doch charakteristisch: "letzte Tage, zerbröckelnde alte Welt" und ähnliches mehr. Für die WTG sind solche Geschehnisse nur Mittel zum Zweck, um so auf dem Endzeitklavier zu spielen. Heute, sechzig Jahre später, kann man wohl sagen. Keiner jener Akteure hat das so nah gewähnte Weltende im WTG-Sinne erlebt. Es wurde also bewusst nur Opium verteilt. Das aber ist eben auch das charakteristische für die WTG-Religion!

Re: Vor sechzig Jahren / heute - und in sechzig Jahren wahrscheinlich immer noch
geschrieben von:  Frau von x
Datum: 09. Juni 2010 12:02

"Erwachet!" vom 8. 6. 1950:

"Die Ausschreitungen in Nigeria fügen sich ein in eine lange Kette gleichartiger Vorfälle, wie sie die zerbröckelnde alte Welt sie jetzt aufweist. Sie gehören mit zu den Zeichen dafür, dass in den jetzigen letzten Tagen die vom Worte Gottes, der Bibel, längst vorhergesagte "Bedrängnis der Nationen in Ratlosigkeit eingetreten ist …"

Besonders der letzte Absatz ist doch charakteristisch: "letzte Tage, zerbröckelnde alte Welt" und ähnliches mehr. Für die WTG sind solche Geschehnisse nur Mittel zum Zweck, um so auf dem Endzeitklavier zu spielen. Heute, sechzig Jahre später, kann man wohl sagen. Keiner jener Akteure hat das so nah gewähnte Weltende im WTG-Sinne erlebt. Es wurde also bewusst nur Opium verteilt. Das aber ist eben auch das charakteristische für die WTG-Religion!

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 16. Juni 2010 01:41
In einer im "Wachtturm" vom 15. Juni 1950 veröffentlichte Leserfrage wird unter angefragt, warum es am Beginn und Ende eines öffentlichen Vortrages der Zeugen Jehovas kein Gebet gäbe. In der Antwort wurde unter anderem ausgeführt:

"In vielen heidnischen Ländern halten unsere Brüder öffentliche Vorträge, und wenn es dort für die heidnische Öffentlichkeit aufdringlich ist, ein Gebet darzubringen, bevor wir sie unsere öffentliche Botschaft hören lassen, sollte dieselbe Regel auch in der Christenheit gelten. Weil die Botschaft von WBBR, der Radiostation der Gesellschaft, für die Öffentlichkeit bestimmt ist, wird hier ebenfalls kein Gebet dargebracht. Dies bedeutet jedoch nicht, dass bei all solchen öffentlichen Veranstaltungen keine Gebete dargebracht würden. Sie werden dargebracht, und zwar privat von denen, die den öffentlichen Vortragsfeldzug veranstalten und unterstützen, und dies genügt."

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 23. Juni 2010 01:16
Antikatholische Ressentiments, nicht untypisch für die zeitgenössischen Zeugen Jehovas, kommen auch in einem "Roms Siege in Westdeutschland" überschriebenen Artikel in "Erwachet!" vom 22. 6. 1950 zum Ausdruck.

Im einzelnen wird da beispielsweise zitiert.

Die Westdeutsche Bundesrepublik sei "ein Kind, das im Vatikan gezeugt und in Washington geboren wurde", erklärte einer der führenden Protestanten Deutschlands, Pastor Niemöller, vor ein paar Monaten einem Reporter des 'Wiesbadener Kuriers'."

Und weiter "Erwachet!":

"Mit lebhaftem Bedauern beklagte er die Tatsache, dass ,der Protestantismus den Kampf gegen den Katholizismus verloren habe'. Es fehlt nur gerade noch, dass einige Bestimmungen des Westfälischen Friedensvertrages, der im Jahre 1648 einen für die Protestanten günstigen Kriegsausgang besiegelte, von Amts wegen abgeändert werden. Damals hat der Katholizismus seine Kampfziele bekanntlich nicht erreicht, sondern mit der unbestrittenen Herrschaft Roms über Deutschland war es zu Ende. Der Protestantismus wurde immer mächtiger, bis er um die letzte Jahrhundertwende seine Glanzzeit in dem Sinne erreichte, dass die protestantischen "Cäsaren" von Hohenzollern, die als Symbol des Protestantismus anerkannt waren, auf dem Gipfel ihrer Macht standen. Seither hat es weitere Kämpfe gegeben, aus denen diesmal der Katholizismus siegreich hervorging."

Bezugnehmend auf die Zeit um 1933 meint "Erwachet!" weiter zu wissen:

"Die Verbindungslinien zwischen Deutschland und dem Vatikan waren durch Hitlers katholische Ratgeber im Nu geschaffen, indem ein Konkordat abgeschlossen wurde. Dem folgten , einschränkende Massnahmeu gegen die protestantische Kirche."

Auf die Zeit nach 1945 überleitend meint "Erwachet!""

"Inzwischen hatte aber, zum Erstaunen ganz Europas, der vatikanische Reiter mit jesuitischer Wendigkeit mitten im Strom umgesattelt und liess sich nun, 1945, von der Hochflut des alliierten Sieges tragen. Dass dem so ist, zeigt die Entwicklung der westdeutschen Verhältnisse nach dem Kriege."

Weiter ist die "Erwachet"-These, die Verträge von Jalta (unter anderem mit ihren massiven Umsiedlungen) hätten bewirkt dass der Anteil von Katholiken im Westdeutschen Bereich, sich nach 1945 drastisch gesteigert hätte.

Einen Übeltäter meint "Erwachet!" in der Person des amerikanischen Botschafter Robert Daniel Murphy wahrzunehmen.
Selbigem hält man vor:

"Während des Krieges tat er sich als enger Freund der vom Vatikan gesegneten Vichy-Regierung Frankreichs hervor. Es war sicher kein Zufall, dass ein Mann wie Murphy zum politischen Ratgeber General Eisenhowers ernannt wurde und den Auftrag erhielt, den Apparat für eine Militärregierung über das besiegte Reich zu schaffen. Dies erklärt, warum sich die Besetzungspolitik in Deutschland für den Vatikan so günstig gestaltet, warum von erdrückenden Massnahmen gegenüber dem besiegten Land abgesehen wird, warum das "Entnazifizierungs"-Programm ins Possenhafte umschlug und warum das von der Hitlerregierung mit dem Vatikan abgeschlossene Konkordat immer noch Geltung besitzt."

Die weitere "Erwachet!"-These ist dann die:

"Der neue Westdeutsche Bundesstaat ist stark katholisch gefärbt. Der Bundeskanzler Konrad Adenauer ist, wie viele andere einflussreiche Männer in diesem Staat, ein treuer Sohn Roms. Als der vom Papst gesegnete Mussolini auf dem Gipfel seines Ruhmes stand, erklärte Adenauer, damals Oberbürgermeister von Köln, in einem Telegramm an den faschistischen Diktator, Mussolinis Name werde mit goldenen Lettern in die Kirchengeschichte eingetragen werden...."

Und weiter "Erwachet!"

"Gegner behaupten, neben Bonn habe der neue Bundesstaat einen zweiten Regierungssitz im Kölner Kardinalspalast."
Das ursprünglich in Jalta und Potsdam umrissene Entnazifizierungsprogramm sei in den letzten Jahren stark abgeändert und bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt worden.
"Manche nennen es sarkastisch das "Renazifizierungs"-Programm."

Und auch das kommentiert "Erwachet!"

"Es ist kein Geheimnis, dass die römisch-katholische Hierarchie alles daransetzte, führende Katholiken der Hitlerbande zu schirmen und zu schützen und sich für sie zu verwenden. Der Vatikan bot alles auf, um die Hinrichtung von Prälat Tiso, der slowakischen Diktator-Marionette, zu verhindern. Papst Pius XII. intervenierte zugunsten des verurteilten Kriegsverbrechers Greiser. Kardinal Faulhaber sandte am 5. Oktober 1946 den zuständigen Verteidigern im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess folgendes Telegramm: "Reichen Sie bitte Begnadigungsgesuch für Hans Frank ein, da Fürsprache an höchste Kirchenautorität unterwegs ist." So haben Würdenträger der römischen Kirche innerhalb und ausserhalb Deutschlands auf öffentliche und geheime Weise das menschenmögliche getan, um jenes Programm abzubremsen, zu durchkreuzen und aufzuheben, das seiner ursprünglichen Bestimmung nach die Nazisaat des Hasses und der Bedrückung mit der Wurzel hätte ausrotten sollen."

Zitiert wird auch:

"Gemäss den Times von New York sind im katholischen Bayern von den 12.000 Nazi-Schullehrern, die 1946 aus ihren Stellungen entfernt wurden, 11.000 wieder in ihrer alten Tätigkeit. Dasselbe trifft auf die Universitätsprofessoren zu, und dies alles geht mit voller Kenntnis und Zustimmung der amerikanischen Besetzungsbehörden vor sich."

Zur katholischen Nazibegünstigung nach 1945, heisst es dann unter anderem:

"Einer der ersten, dem dieser päpstliche Appell um Milde zugute kam, war Baron Ernst v. Weizsäcker, in den letzten Kriegsjahren Botschafter der Hitlerregierung beim Vatikan. Nach Kriegsschluss wollte der Vatikan ihn anfänglich nicht den Alliierten ausliefern, sondern bot ihm Zuflucht, bis sich bei den Siegern die Gemüter etwas beruhigt hatten. Als er schliesslich zur Rechenschaft gezogen wurde, kam er mit der sehr niedrigen Strafe von sieben Jahren Gefängnis davon. Am 2. Februar dieses Jahres wurde diese Strafzeit, im Sinne des päpstlichen Aufrufs, auf fünf Jahre herabgesetzt, was bedeutet, dass man ihm demnächst den Rest der Strafe bedingt erlassen wird."

Ein weiterer "Erwachet!"-Kommentar ist auch der:

"Mit blinder Leichtgläubigkeit haben sich protestantische Geistliche für die "Christlich-Demokratische Union" und ihren süddeutschen Ableger, die "Christlich-Soziale Union", eingesetzt."

Der belehrende Zeigefinger von "Erwachet!" lautet dann:

"Nachdem also mit Hilfe früherer Nazi, wie auch mit Hilfe alliierter Stallknechte der Sattelgurt fester geschnallt wurde, setzt Rom seinen munteren Siegesritt in Westdeutschland vergnügt fort, einen Ritt, der allerdings in der Zukunft zweifellos über recht unebenes Gelände führen wird. Es wird sich für Rom um ein kurzlebiges Vergnügen handeln."

Und das wiederum meint man unter Hinweis, auf die eigenen Eschatologie-Schrottthesen verkünden zu können!

Zum Weiterlesen empfohlen
"Der Spiegel" Nr. 24 vom 6. 10 2010, S. 66 - 69
"Geheime Parallewelt"
www.spiegel.de/spiegel/print/d-70940374.html
Darin auch der Satz:

"Jetzt wird dieser Reichtum zum Politikum. Arbeitslose, Wohngeldempfänger, Familien, Kommunen, Unternehmen, Bundeswehr - ihnen allen will die Bundesregierung in den nächsten Jahren Milliardenbeträge wegnehmen. Aber ausgerechnet die Kirche bleibt verschont. Ihre großzügige Alimentierung durch den Staat wird kaum in Frage gestellt ..."

Und dann noch die Meinung.
Große Teile der Bundesdeutschen Politik sind durch und durch unglaubwürdig. Auch die Teile davon, die da etwa mit Marktschreierischen Thesen, die nicht mal das Papier wert sind, auf dem sie gedruckt sind, manchmal deutliche Worte in Richtung Zeugen Jehovas von sich gaben.
Wer da sortiert, dem eigenen genehmen Filz blasen wir "Zucker in den Allerwertetesten", aber eben nur dem eigenen genehmen Filz. Der ist durch und durch UNGLAUBWÜRDIG!

Zitat und Veranschaulichungsbespiel der Bundesdeutschen Filzokratie.
Entnommen dem Buch "Gemeindeveranstaltungen" Band 7,1, Stuttgart 1968 S. 184f.

"In Kleinstädten und Dörfern, in denen jeder jeden kennt, kann heute noch ein konfessionsloser Geschäftsmann wirtschaftlich nichts werden. Ohne Konfessionszugehörigkeit gelangt praktisch auch niemand in den Gemeinderat. Ein Bürgermeisterkandidat, der zugleich Kirchenvorsteher ist, kann sicherer mit seiner Wahl und einer etwaigen Wiederwahl rechnen als ein Konfessionsloser.
Ein Arzt ohne Konfession unter Konfessionsgebundenen mag zusehen, wo er seine Patienten hernimmt.
Oder in gemischt konfessionell besiedelten ländlichen Gebieten, in denen die traditionell-kirchliche Bindung (immer) stärker ist, kauft der evangelische Bürger grundsätzlich bei einem Geschäftsmann gleicher Konfession, und der katholische Bürger tuts nicht anders. Das gleiche Bild bietet sich bei der Vergabe von Bauarbeiten oder anderen handwerklichen Tätigkeiten. - Mir erzählte ein katholischer Gärtner und Gastwirt, der eine evangelische Gastwirtstochter geheiratet hatte, sich evangelisch hatte trauen lassen, aber nicht konvertiert war, auf meine Frage, weshalb er dann nicht nach so vielen Jahren Ehe in der Exkommunikation übertrete:
Würde er evangelisch, dann verlöre er mit Sicherheit seine Blumenkunden aus den katholischen Orten; wäre er aber katholisch getraut worden, kämen die evangelischen Bürger nicht mehr in seine Schänke. Oder: wie verhält es sich im politischen Bereich? Vor rund fünf Jahren wurde in Rheinland-Pfalz diese Begebenheit bekannt: einer keiner Konfession zugehörigen Lehramtskandidatin wurde von der Behörde bei ihrer Meldung zum Examen eröffnet. Sie können selbstverständlich Ihr Examen bei uns machen und bestehen; aber auf eine Stelle dürfen Sie nicht rechnen, weil sie weder evangelisch noch katholisch sind!"

Schande über diesen Filzokratiestaat!
Vorstehendes Zitat wurde ja einem kirchlich orientierten Buch entnommen.
Und diese Herrschaften rühmen sich dann ja noch in aller Öffentlichkeit dessen!

Noch ein Zitat, diesmal mehr nur in der indirekten Form zitiert. Entnommen einem im Jahre 2008 erschienenen Buch mit dem Titel:
"Moers unterm Hakenkreuz"
Und schon einleitend berichtet jener Band über diese braune Gegend, mit einer Vergleichszahl veranschaulichend.

"Während der Reichstagswahl im Mai 1928 die NSDAP reichsweit nur 2,6 % aller abgegebenen Stimmen gewann, erlangte sie bei derselben Reichstagswahl in Neukirchen-Vlyun 447 von insgesamt 2469 abgegebenen Stimmen, also 18,1% der Stimmen. Bei den Kommunalwahlen zwei Monate später entfielen auf die NSDAP 16,4% der abgegebenen Stimmen."

Und als Hintergrund-Info erfährt man auch, die "fromm-braunen" Leute jener Gegend, überwiegend evangelisch wähnten etwa die Sozialdemokratie wegen der auch in ihren Reihen vorhandenen "Freidenker" verwerfen zu sollen.
Ergo warfen sie sich dafür dem braunen Rattenfänger an den Hals, und ermöglichten ihm dort zu einer Zeit schon Triumphe, als der, andernorts davon nur träumen konnte!
Auch eine fromm-braune Narzisse (Lehrerin von Beruf) spielte in jener Gegend für die Nazis eine besondere Rolle.
Nazipolitik war zwar. Die Frau an den Kochtopf und ähnliches. Hier aber mussten selbst die Nazis eine Ausnahme machen (und das kam gewiss nicht oft vor), indem diese Narzisse dann der örtliche Nazifunktionär in der Parteihierarchie wurde; obwohl (wie noch bei einigen anderen), dafür nur das männliche Geschlecht auserkoren war.
Zitat:
Die "Freiburger Zeitung" vom 23. 6. 1930 meldet:

"Das Ergebnis der Wahlen zum Sächsischen Landtag steht ganz unter dem Zeichen des riesigen Anschwellens der nationalsozialistischen Stimmen. Man hat zwar nationalsozialistische Erfolge bei den Sachsenwahlen vorausgesagt, daß sie aber ein derartiges Ausmaß annehmen würden, hat man selbst in politischen Kreisen Dresdens nicht vorausgesehen."

http://az.ub.uni-freiburg.de/show/fz.cgi?cmd=showpic&ausgabe=01&day=23b1&year=1930&month=06&project=3&anzahl=4
Kommentar: Und ein wesentlicher Katalysator dieser Entwicklung waren (und sind) "fromm"-braune Schichten. Das Nazi-Schlagwort vom "positiven Christentum" das sie angeblich verträten, zeitigte seine Wirkungen.
Die zeitgenössischen "Freidenker" hingegen sagten das ja nicht. Die sagten im Gegenteil.
Die Religionsindustrie ist ein gigantisches Verdummungsunternehmen!
Aber wieder einmal bestätigte sich:
"Die dümmsten Schweine - suchen sich ihren Metzger selbst".

Nachtrag zum Thema des Hoffieren der Nazis der Religionsindustrie, komme ich am 25. 6. in Form eines Exkurses in Kommentierung der zeitgenössischen "Trost"-Ausgaben, nochmals zurück.
http://forum.mysnip.de/read.php?27094,53397,69736#msg-69736

Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 02. Juli 2010 05:30

Der "Wachtturm" vom 1. 7. 1950 schreibt:

"Heute muss ein Mann mit einem Besitztum, das auf hunderttausend Dollar geschätzt wird, ungefähr viertausend Dollar im Jahr Steuern bezahlen, monatlich also mehr als dreihundert Dollar (in den USA). Er kann sein Eigentum nicht mit sich in den Himmel nehmen ... Auch wenn er ein Jonadab ist, ist es noch fraglich, ob er es durch Harmagedon hindurch behalten kann. Warum sollte er also all diese Zeit und Kraft und das Geld ausgeben in dem Versuch, etwas zu bewahren, was er nicht ins Reich Gottes mitnehmen kann? Diese Zeit und Kraft und dieser Mammon könnte im Königreichsdienste gebraucht und für seinen Besitzer in himmlische Schätze umgewandelt werden."

Abgesehen davon, dass auch in den USA des Jahres 1950, die allerwenigsten Zeugen Jehovas zur Klasse jener gehörten die Besitztümer von hunderttausend Dollar und mehr haben. Abgesehen davon, ist die Aussage dieses Zitates eindeutig. Man möge sich bitte schön, für die WTG-Organisation verausgaben. Die Möglichkeiten dazu können vielgestaltig sein. Materiell, wie gelesen, aber auch zeitlich oder nur "seelisch". Übrig bleibt in nicht seltenen Fällen ein ausgebranntes Wrack!

Den "Grosskirchen" halten die Zeugen Jehovas mit Vorliebe vor, dass die vom "Stamme nimmersatt" seien. "Nur" die Grosskirchen? Mir scheint das diesbezügliche Getue der Zeugen Jehovas ist verdächtig ähnlich mit der der Pharisäer. Von außen "schön". Im Innern voller Unrat!

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 09. Juli 2010 01:05
"Erwachet!" vom 8. Juli 1950 meldet (im Vorfeld des sich anbahnenden DDR-ZJ-Verbots):
In Ostdeutschland haben die Kommunisten gegen Zeugen Jehovas Verfolgungen eingeleitet, als ob sie das zu Ende führen wollten, was Hitler anfing. Nach Meldungen des "Religious News Service" durchstöberte die "Volkspolizei in Potsdam die Wohnungen der Zeugen Jehovas und beschlagnahmte ihre biblische Literatur.
Im russischen Sektor von Berlin wurden diesen Christen Versammlungsräume verweigert.
Eine andere Meldung besagt, dass am 9. November 1949 eine Anzahl Zeugen Jehovas wegen "Widerstand gegen die Staatsgewalt in das Konzentrationslager Buchenwald eingeliefert wurden. In der Stockholmer Zeitung 'Svenska Dagbladet' wird geschildert, wie Raufbolde in der Stadt Senftenberg (Brandenburg) eine Versammlung der Zeugen Jehovas zu sprengen suchten. Sie warfen Steine und gossen Salzsäure in die Hausgänge, so dass viele Versammlungsteilnehmer durch die beissenden Dämpfe Schädigungen an den Augen davontrugen.
Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 16. Juli 2010 04:50
Im "Wachtturm" vom 15. Juli 1950 liest man unter anderem:

"In den Vereinigten Staaten gab es Verhaftungen, die jahrelang in die Tausende gingen. Mehr als zweitausendfünfhundert Pöbelrotten griffen Jehovas Zeugen von 1940 bis 1944 gewalttätig an."

Euphorisch meint man dazu kommentieren zu können:

"Die Pöbelangriffe wurden weder von der Regierung noch von Staatsbeamten, sondern nur durch die Macht Gottes des Allmächtigen zum Stillstand gebracht."

Nachdem man auf Hitlerdeutschland zu sprechen kommt, leitet man zu Kanada über, um dazu auszuführen:

"In Kanada wurden Jehovas Zeugen verboten und von der Oberfläche vertrieben. Obwohl das Verbot aufgehoben worden ist, geht die Verfolgung der Zeugen Jehovas in der von Katholiken beherrschten Provinz Quebeck bis auf diesen Tag weiter, und die Zahl der Fälle geht in die Tausende."

Der nächste Kritik-Kandidat ist Griechenland über das man aussagt:

"In Griechenland, das ein liberaler, demokratischer Staat zu sein behauptet, in der Praxis aber ein Faschistenstaat ist, der von der orthodoxen Kirche beherrscht wird, sind Jehovas Zeugen auf eine Art behandelt worden, die noch schlimmer ist, als wie dies die Gestapo in Nazi-Deutschland je tat."

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 23. Juli 2010 00:45

Die Religion und die Arbeiterschaft

so lautet der Titel eins Artikels in "Erwachet!" vom 22.7. 1950, der wie bei den Zeugen Jehovas kaum anders zu erwarten, wieder einmal in die Fata Morgana des "Königeiches Gottes" ausklingt. Im einzelnen wurde da über

"Ausdehnung, Ziele und Auswirkungen der Katholischen Aktion in der Arbeiterbewegung"

referiert.
Auch "Erwachet!" stellt fest:

"Es gab eine Zeit, wo die Religion und die Arbeiterschaft als unpassende Weggenossen angesehen worden wären. Besonders in den beiden letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts, die der Gewerkschaftsbewegung einen blendenden Aufschwung verschafften, zeichnete sich von da keine Verbindungslinie zur Religion ab."

Indes

"Heutzutage" (d. h. um 1950 in den USA) "kann man hingegen engste Zusammenarbeit zwischen der Religion und der Arbeiterbewegung finden. ..."

Aber das sei vorrangig im katholischen Bereich so, weniger im protestantischen.
Die relevanteste Konkurrenzsituation wird dabei mit den Sätzen umrisssen:

"Zum Beispiel wetteifert der Catholic Worker (Der katholische Arbeiter) von New York mit dem kommunistischen Daily Worker (Arbeitertagblatt) um die Gunst der Massen ... Daneben wenden sich diese Arbeiterzeitungen katholischer Richtung besonders gegen den Kommunismus."

Und weiter

"In der katholischen Arbeiterbewegung steht der Klerus an erster Stelle."

"Erwachet!" fragt weiter:

"Wie stehen die Tatsachen? Warum sind liberale Arbeiterführer so argwöhnisch gegenüber der von der katholischen Kirche in der Arbeiterbewegung gespielten Rolle? Hat dieses Religionssystem wirklich nur das Wohl der Arbeiterschaft im Auge, oder ... nur um das Teilstück eines grösseren Ringens zwecks Beherrschung der Welt handle ...?"

Als Beispiel wird genannt:

"Wie weit das Interesse der katholischen Kirche an der Wohlfahrt des Arbeiters reicht, lässt sich daran ermitteln, wie sie mit den bei ihr Beschäftigten umgeht. Als in New York die Totengräber der katholischen "Golgatha"- und "Himmelstor"-Friedhöfe in den Streik traten, um mehr Lohn und kürzere Arbeitszeit durchzudrücken, wurden von Kardinal Spellman Seminaristen zum Ausschaufeln der Gräber abkommandiert; er selbst trat an die Spitze dieser Streikbrecher und gab — als Ablenkungsmanöver — dem Kommunismus die Schuld an diesem Streik.
Ein anderer katholischer Würdenträger, Bischof McVinney von Providence, Rhode Island, wetterte über eine Gewerkschaft wegen ihrer Taktik der Langsamarbeit, durch die sie ihre Forderungen durchzusetzen hoffte. Und warum? Weil es sich um eine katholische Bauarbeit handelte. Der Bischof führte auch darüber Klage, dass die Maurer jetzt am Tage nur 400 Ziegel vermauerten, während es vor Jahren zwischen 1000 und 1500 gewesen seien."

Weiter wird kommentiert

"Dass es nicht weit her ist mit dem Anspruch der katholischen Kirche, durch ihre Religion den Einflüssen eigennütziger "Gewerkschaftsbonzen" steuern zu müssen, zeigte sich vor kurzem, als die Mitglieder des Internationalen Hafenarbeiter-Verbandes gegen Joe Ryan, einen der berüchtigsten Bonzen, durch eine Streikbewegung zu rebellieren begannen. Die katholische Kirche bot ihren Einfluss zur Unterdrückung dieses Streikes auf, bezeichnete die Streikleitung als kommunistisch und erreichte auf diese Weise, dass sich die Arbeiter weiterhin mit den ungerechten Zuständen in der Gewerkschaft abfanden. ...
Dass Papst Leo XIII. seine Enzyklika über die Sozialprobleme, Rerum Novarum schon im Jahre 1891 herausgab, die katholische Kirche jedoch zu jener Zeit, wo es am notwendigsten gewesen wäre, keinerlei Tätigkeit zugunsten der Arbeiterbewegung entfaltete, ist ein weiter Umstand, der die Lauterkeit der kirchlichen Beweggründe für ihre gewerkschaftlichen Anstrengungen in einem recht zweifelhaften Licht erscheinen lässt."

Ferner wird berichtet:

"Auf der Jahresversammlung des CIO, die gegen Ende 1949 in Cleveland (Ohio) stattfand, kam der Kampf zwischen den linksgerichteten, vielleicht kommunistisch beeinflussten oder lediglich nicht dem Druck von katholischer Seite ausgesetzen Gewerkschaften und der auf dem rechten Flügel stehenden, dem katholischen Druck — erlegenen ClO-Leitung kräftig zum Austrag. Diese Leitung beschuldigte die Linksgerichteten des Kommunismus und bewog den Jahreskongress in einer Entschliessung, dem Ausschluss von Kommunisten zuzustimmen.
Direkt nach der Hauptansprache dieser CIO-Tagung, in welcher Murray als Vorsitzender seine Absicht bekanntgab, die linksgerichteten Kreise auszuschalten, ergriff der römisch-katholische Bischof Edward F. Hoban das Wort und gab den Delegierten die Instruktion: "Ihr müsst jene Feinde Gottes und des Menschen, die eure Anstrengungen auf falsche Bahnen lenken und eure grossen Kräfte für den Kampf auf der Seite des Bösen einspannen möchten, von euch weisen....
Nach dieser Tagung wurde mit dem Ausschluss der linksgerichteten Gewerkschaften begonnen...."

Zusammenfassend kommentiert jener Artikel:

"In Amerika ist es nun so, dass auf dem einen extremen Flügel die Katholische Aktion mit ihrer rechtsgerichteten politischen Weltanschauung und ihrer Politik des "Regierens oder Ruinierens" steht, während sich auf dem anderen extremen Flügel die Kommunisten befinden, die sich für etwas möglicherweise noch Schlimmeres einsetzen, woneben es Liberale gibt, in deren Wunschträumen der Gedanke lebt, das totalitäre Russland werde Appellen an die Vernunft und an den Gerechtigkeitssinn zugänglich sein.
Und überall gibt es Gewerkschaftsbonzen. Sich auf Lebenszeit mit einem Riesengehalt zum Präsidenten wählen zu lassen ..."

Und als besonderes "Event" wähnt "Erwachet!"

"Dies alles unterstreicht die Weisheit der Worte jenes göttlichen Propheten, der vor langer Zeit schrieb: "Vertrauet nicht auf Fürsten, auf einen Menschensohn, bei welchem keine Rettung ist!" — Psalm 146:3.

Mag man der Beschreibung des "Ist-Zustandes" auch weitgehend zustimmen, darf sich die WTG selbst getrost zu denen rechnen, die dabei auch ihren Part spielt. Im reaktionären, superreaktionärem Sinne!

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 02. August 2010 03:18
Ein Veranschaulichungsbeispiel der Indoktrinierungstechnik der Zeugen Jehovas kann man auch dem "Wachtturm" vom 1. August 1950 entnehmen.
Da bemüht der WT den biblischen Gideon. Insbesondere die nachfolgende Passage hat es ihm da angetan. Er zitiert:

"Und Jehova sprach zu Gideon; Jeder, der mit seiner Zunge von dem Wasser leckt, wie ein Hund leckt, den stelle besonders; und auch jeden, der sich auf seine Knie niederlässt, um zu trinken. Und die Zahl derer, welche mit ihrer Hand zu ihrem Munde leckten, war dreihundert Mann; und das ganze übrige Volk hatte sich auf seine Knie niedergelassen, um Wasser zu trinken. Und Jehova sprach zu Gideon: Durch die dreihundert Mann, die geleckt haben, will ich euch retten und Midian in deine Hand geben; das ganze übrige Volk aber soll gehen, ein jeder an seinen Ort." - Richt. 7: 4-7.

Aus den weiteren Ausführungen ist entnehmbar; dass israelitische Heer habe 32.000 Mann umfasst und die Midianiter seien ihm zahlenmäßig mit 135.000 weit überlegen gewesen. Aber von diesen 32.000 hätten 22.000 die "Trinkprobe" nicht bestanden und seien somit ausgemustert gewesen. Selbst von den übriggebliebenen 10.000 wurden noch weitere 9.700 "aussortiert". Wie üblich will der WT das aber auch auf ein "neuzeitliches Gegenbild" übertragen wissen. Das liest sich dann so:

"Diese Klasse, vorgeschattet durch die 9700 aus der Zeit Gideons, hat sich besonders während der 1920er Jahre gezeigt, als sich so viele verstricken liessen durch den egoistischen Lauf der 'Charakter'-Entwicklung, und als so wenige die Notwendigkeit des Felddienstes erkannten. Als in den Versammlungen wiederholt die Notwendigkeit, Dienst im Felde zu tun, betont wurde, war diese Wahrheit für manche zu hart, um sie anzunehmen, und sie vertrieb sie aus der Versammlung des Volkes Jehovas."

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 09. August 2010 07:25
Im Juni 1950 kam es zu einem Verbot der Zeugen Jehovas in der Dominikanischen Republik.
Man vergleiche dazu:
Dominikanische Republik
Von 1930 bis 1960 herrschte dort mit eiserner Faust, der Diktator Trujilo, der sich im Gegensatz beispielsweise zu Fidel Castro auf Kuba, durchaus des Wohlwollens der USA erfreute. Diktaturen sind für die USA dann hinnehmbare "Schönheitsfehler", wenn die wirtschaftlichen Interessen der USA nicht tangiert sind. Dann kann ein Diktator mit USA-Segen schon mal so schalten und walten wie er will. Beginnt er jedoch wie etwa Juan Peron in Argentinien, wirtschaftliche Interessen der USA zu tangieren, dann, dann erst, entdecken die Pharisäer im Weißen Haus, dass der Diktator auch Menschenrechte verletzt.

Im Falle Dominikanische Republik zeigte sich wieder der Standard-Konfliktpunkt. Der Diktator musste registrieren, dass Zeugen Jehovas bei seinen Akklamationskundgebungen, genannt "Wahlen", nicht so mitspielten, wie es seine Regie vorsah. Da können Diktatoren ziemlich ungemütlich werden. Das weiß man allerspätestens schon seit Hitlers Tagen; und dass wiederholte sich auch in diesem Fall.

Verbote pflegen selten "über Nacht" ausgesprochen zu werden. Meist haben sie auch eine publizistische Vorgeschichte, die erahnen lässt, was sich da zusammenbraut. So auch in diesem Fall. Und "Erwachet!" vom 8. August 1950 zitiert davon. Man liest dort:

"Manchen wurde offen gesagt, man sei daran, die Zeugen zu 'erledigen'. Sie werden auf Schritt und Tritt unter Beobachtung gehalten. Alles was sie sagen und tun, wird den Behörden hinterbracht. Über dem Volke schwebt die Furcht wie drohendes Gewölk. Jeder Tag bringt Nachrichten über weitere Einengungen für Jehovas Zeugen. Den Männern im Gefängnis dürfen ihre Angehörigen keine Lebensmittel zustellen. Ein verleumderischer Artikel in der Zeitung 'Nacion' bezeichnete Jehovas Zeugen als Kommunisten. Als dem Redaktor der wahre Sachverhalt über die Wachtturm-Gesellschaft und ihr Werk vorgelegt wurde, unternahm er nicht einmal den Versuch, seinen Artikel zu verteidigen, sondern redete nur vom Beachten der Gesetze, Statt, wie versprochen, eine briefliche Klarstellung zu veröffentlichen, brachte die Zeitung gleichen Tags einen weiteren verleumderischen Artikel gegen Jehovas Zeugen.

Amerikanische Konsulats- und Gesandschaftsbeamte lehnen eine Intervention zugunsten der amerikanischen Watch Tower Bible and Tract Society ab, weil 'die Lage hier wegen Trujillo sowieso schon gespannt sei, und sie dies hier nicht noch schlimmer machen wollten.'"

Zur Größenordnung dort gilt es anzumerken, dass ihre Zahl für 1948 von der WTG auf 128 beziffert wurde (bei einem Staat mit rund 8 Millionen Einwohnern). Es spricht einiges dafür, dass sie erst mit Beginn der Knorr-Ära dort Fuß zu fassen begannen. Damals wurde 98 % der Bevölkerung als nominell zur katholischen Kirche gehörend bezeichnet. Der neu importierte Fremdkörper Zeugen Jehovas, zeitigte also auch dort seine bekannten Außen- und Gegenreaktionen.

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 16. August 2010 00:41
Thematisch ist die "Wachtturm"-Ausgabe vom 15. 8. 1950 besonders der organisatorischen Entwicklung der WTG gewidmet. Äußerer Anlass dafür, dass im Vorfeld des 1950er Kongresses der Zeugen Jehovas in New York, ein neues, erweitertes "Bethel" eröffnet wurde, und dass meinte man gebührend feiern zu müssen.

Dargestellt wird in zusammenfassender Referierung, wie Russell sich 1870 einer örtlichen "Bibelklasse" anschloss. 1876 hatte er es dann zum "Vorsteher" dieser Gruppe gebracht. Bis 1878 publizierte er dann auch noch in einer diesen adventistischen Kreisen nahestehenden Zeitschrift. Russell befand alsbald, dass seine Einflussmöglichkeiten auf diese Zeitschrift zu gering wären. Und so kam denn eines Tages der Zeitpunkt, den man auch von anderen Organisationsgründungen kennt, dass vorhandene Differenzen, dass Ausmaß einer Spaltung annehmen.

Finanziell gut situiert, war es ihm dann möglich, ab Juli 1879 ein Konkurrenzorgan zu gründen, mit einer Startauflage von 6.000 Exemplaren. Da konnte der Generationen ältere Barbour in der Tat nicht mehr mithalten und somit erwies sich Russell als Sieger in diesem blanken Konkurrenzkampf. Euphorisch merkt man an, gegenwärtig (1950) schon 750 000 Exemplare pro Ausgabe des "Wachtturms" drucken zu können.
Wieder zu organisatorischen Details übergehend liest man dann unter anderem noch:

"Jahrelang wurde die Literatur von der Tower Publishing Company veröffentlicht, die alle Auslagen bestritt und der Gesellschaft die Bücher, Traktate usw. zu einem vereinbarten Preise lieferte. Im Jahre 1898 kam das Eigentumsrecht auf die ganze Anlage in Allegheny (North Pittsburgh) Pa. .und damit 'The Watch Tower' (Der Wacht-Turm), das Bibelhaus mit seiner vollständigen Büro-Aussstattung, dem Schriftmaterial, dem Bibel-Lager, den Schriftstudien, Broschüren, Traktaten usw. zusammen mit Tonnen wertvoller Elektroplatten von verschiedenen Veröffentlichungen in den Besitz der Gesellschaft.
Das Bibelhaus an der Arch-Strasse war ein vierstöckiges Gebäude, das in Wirklichkeit für den Gebrauch der Gesellschaft erbaut worden war. Von Anfang an hatte die Absicht bestanden, es der Gesellschaft zu schenken, und es wurde auf $ 34.000 geschätzt. Der Nettogegenwert dieser ganzen Schenkung an die Gesellschaft wurde auf $ 164,035, 65 geschätzt."

Diese Zahlen machen schon mal deutlich, dass die Oppositionszeitschrift zu Barbours "Herald" sich finanziell konsolidiert hatte. Mögen sie ideologisch auch weiterhin eine "ferner liefen"-Gruppe gewesen sein. Finanziell war man bereits wer.

Der nächste Expansionsschritt wurde mit der 1908 beschlossenen Übersiedlung nach New York eingeleitet. Über einen Zeitungstrust mit "Predigten" Russells (größtenteils kommerziell zu bezahlen), gelang es Russell weiter von sich reden zu machen. Im Laufe der Jahre gab es dann noch einige Erweiterungen die New Yorker Liegenschaften betreffend. Bevor es aber soweit sein sollte, kam noch eine relevante Krise. Der inwischen eingetretene erste Weltkrieg, war keineswegs "synchron" mit den eigentlichen Bibelforschererwartungen. Man hatte aber noch "Glück im Unglück" dergestalt, dass die USA erst relativ spät (1917) auch in diesen mit eintraten. Somit hatte man noch eine Galgenfrist gemäß dem Motto "Narren - auch Narren sein zu lassen". Als jedoch der USA-Kriegseintritt erfolgte, sollte sich das Klima schlagartig verändern. Russell ohnehin nicht mehr unter den Lebenden weilend, Rutherford noch mit der eigenen Konsolidierung beschäftigt, musste nun erfahren, dass der kurz zuvor herausgebrachte siebente Band "Schriftstudien" sein "Menetekel" wurde. Ab mit ihm ins Gefängnis - so die Prognose der USA-Behörden zu dieser Zeit.

Die Konsequenzen daraus äußern sich auch in dem Zitat:

"Mittlerweile hatte es geschienen, dass die Verhältnisse die Aufgabe der Besitztümer in Brooklyn und die Rückverlegung der Büros der Gesellschaft im Oktober 1918 nach Pittsburgh verlangten. Das Tabernacle Brooklyn wurde verkauft und das Bethelheim zum Verkaufe angeboten. Kein Käufer zeigte sich!"

Nach Ende des Weltkrieges, in Neubewertung der USA-Politik, kam auch Rutherford wieder frei. Er hatte auch Glück dergestalt, dass wie gelesen, kein Käufer für die New Yorker Immobilie in der kritischen Zeit, auftreibbar war. Er konnte also von New York aus weiter machen. Als arg dezimiert erwies sich dennoch seine Anhängerschaft. Auf gerade 3.868 Bericht erstattene Verkündiger im Jahre 1918 wird sie beziffert.
Bis zum Ende seiner Amts- und Lebenszeit sollte sie noch auf 47.143 ansteigen. Nicht unbedingt eine "berauschende" Zahl, wenn man die Millionenauflagen der Rutherfordschriften im Vergleich dazu setzt.

Sein Nachfolger Knorr setzte dann alles daran, eine wirkliche Expansion zu erreichen. Und im Rückblick muss man ihm bescheinigen, dieses Ziel in beachtlichem Umfange erreicht zu haben. Heute indes mutiert dieser Organisation eher (zumindest in sozial ausgeglichenen Gesellschaftsformationen - die allerdings immer weniger werden), zu einer Art "Selbstläufer". Einen ansehnlichen "Sockelbetrag" hatte die Knorr-Ära schon erwirtschaftet. Echte Zuwächse indes sind heutzutage besonders dort registrierbar, wo das soziale Klima besonders unausgeglichen ist.

Und damit das soziale Klima besonders unausgeglichen ist, sorgt massgeblich auch die USA-Politik, mit immer weiter reichenden Ausstrahlungen, auch in andere Länder.

Exkurs:
Da gibt es ja auf dem 2010er ZJ-Bezirkskongress "freigegeben", auch eine DVD, welche auch diese geschichtlichen Aspekte, zusammengerafft referieren will.
Sieht man sich deren Machart im Detail an, kann man sie in etwa mit einer Art "Fernseh-Nachrichten-Sendung", namentlich solcher Sender vergleichen, die in ihrer Intention den klassischen "Boulevard-Zeitungen" nahe kommen. Ein oder mehrere "Nachrichtensprecher" im Vordergrund, die ihre dünnen Texte zum "besten" geben, aufgelockert durch ein paar "Theaterszenen". Das Publikum will halt seine "Brot und Spiele", was übrigens schon ein Herr Hitler wusste. Mit Sicherheit aber nicht nur er "allein."
Möglichst wirkungsvolle Balkenüberschriften in überdimensonierter Form liefern. Der dahinter folgende Text, mager bis Super-mager.
"Tiefschürfendes" darf man bei dieser Spezies nicht erwarten. Weder bei den säkularen Ablegern, noch ihrem WTG-Pedant.
Und so "glänzt" denn jene 2010er DVD auch damit, dass einige aus dem "Arsenal" der "WTG-Nachrichtensprecher" ihre dünnen Texte dort zum Vortrag bringen. Unter denen übrigens auch der Herr Lösch, dem aber andere aus seiner Gilde - zumindest auf dieser DVD - den "Rang ablaufen."

Friede Freude Eierkuchen ihr Rezept (wieder einmal).
Das ist in der Tat die Klientel, welche die WTG in Sonderheit mit anspricht. Die da auf der Suche nach "Friede Freude Eierkuchen" sind. Und wenn sie den meinen "gefunden" zu haben, was sie denn suchen, denen man dann das Fell so richtig über die Ohren ziehen kann.
Geistig unbedarft genug dafür sind sie jedenfalls!

Siehe thematisch auch:

Forumsarchiv 311


Auch über Google nachgewiesen

http://translate.google.de/translate?hl=de&langpair=en%7Cde&u=http://www.jehovahs-witness.net/165229/1

Da schon die erste Meldung. Zwar bereits vom So, 7. September 2008 22.40.00 stammend.
Gleichwohl charakteristisch für das Religions-Geschäftsunternehmen.
Danach bestehen Pläne alle WTG-Gebäude in Brooklyn im Zeitraum zwischen 2015 bis 2020 zu verkaufen.
Als Ausgleich dafür wird die Expansion auf den WTG-Liegenschaften in Wallkill vorangetrieben.
Kennt man das System der WTG Königreichssaalbau-Einheiten ist unschwer die dahinter stehende Geschäftsidee zu übersehen. Zwar zieht man sich etwas mehr in die "Provinz" zurück. Indes Druckereikapazitäten sind ja in der heutigen mobilen Landschaft, nicht zwingend auf besonders ausgewählte Orte angewiesen.
Siehe Beispiel Selters, welches den Druck für halb Europa realisiert.
Der LKW-Abtransport dann, scheint wohl immer noch kostengünstiger zu sein, als wenn örtliche Druckereikapazitäten vorgehalten würden.
Im übrigen macht die technologische Revolution (Stichwort Internet), auch um die WTG keinen Bogen.
Die volumenmäßig großen konventionellen Druckerzeugnisse werden (langfristig) in ihrer Bedeutung zurückgehen, und eben durch elektronische Vatianten zusehends ersetzt.
Allen "Leistungsschutzrecht-Geplänkel" hierzulande, zum Trotz.

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 23. August 2010 04:17
"Betrüger im Wohltätigkeitsbetrieb. Nur ein geringer Prozentsatz der gesammelten Gelder erreicht jene, denen die Spenden zugedacht sind". Mit dieser Überschrift macht die "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 8. 1950 auf. Und dann geht es weiter mit Details zur Stützung dieser These. Einen Kernsatz kann man vielleicht in der Zwischenüberschrift sehen: "Die Spendeneinnehmer sind sich selbst die Nächsten".
Und zurück bleibt bei dem typischen Zeugen Jehovas-Leser das wohlige Grausen.
Na ja, uns kann das kalt lassen. Wir beteiligen uns ohnehin nicht an dem "Wohltätigkeitsbetrieb".
Ist nun der einzelne Zeuge Jehovas aufgrund dieses Umstandes, gegenüber anderen Bevölkerungskreisen wirklich finanziell besser gestellt, durch seine Ersparnisse dieser Art? Oder gibt er nicht letztendlich ähnliche Summen aus?! Nicht unbedingt für karitative Anliegen, wie eben gelesen. Aber auch er gehört einer Organisation an, die "vom Stamme nimm" ist. Ob der Einzelne somit wirklich einen finanziellen Vorteil hat, mag man mit einigen berechtigten Fragezeichen versehen.

Letztendlich stellt sich die Frage zugespitzt so, wofür verwendet die WTG-Organisation ihre Ressourcen? Doch zu allerletzt für karitative Belange. In erster Linie doch nur zur weiteren Forcierung ihres ideologischen "Rauschgiftanbaues". Das ist das eigentliche Skandalum.

Offenkundige Veruntreuungen andernorts, können gegebenenfalls geahndet werden. Untätigkeit auf karitativem Gebiet, wohl nicht.
Re: Vor sechzig Jahren / heute
geschrieben von: Frau von x
Datum: 23. August 2010 11:56

Drahbeck
Wir beteiligen uns ohnehin nicht an dem "Wohltätigkeitsbetrieb".

Wie schon andernorts erwähnt, befaßt sich die Erwachet-Ausgabe für AUGUST 2010 mit der Frage: Jehovas Zeugen Wer sind sie? Unter der Überschrift
Was andere sagen heißt es:

Frankreich "Jehovas Zeugen sind Bürger, die sich an die Gesetze der Republik halten. . . . Sie gefährden in keinster Weise die öffentliche Ordnung. Sie arbeiten, zahlen ihre Steuern, tragen ihren Teil zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes bei und spenden für wohltätige Zwecke. ... Wäre jedermann ein Zeuge Jehovas, würden wir Polizisten arbeitslos sein" (Sprecher einer Polizeigewerkschaft).


Warum läßt die WTG Außenstehende für sich sprechen?

Re: Vor sechzig Jahren / heute
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 23. August 2010 13:06

Frau von x
Wie schon andernorts erwähnt, befaßt sich die Erwachet-Ausgabe für AUGUST 2010 mit der Frage: Jehovas Zeugen Wer sind sie? Unter der Überschrift
Was andere sagen heißt es:

Frankreich "Jehovas Zeugen sind Bürger, die sich an die Gesetze der Republik halten. . . . Sie gefährden in keinster Weise die öffentliche Ordnung. Sie arbeiten, zahlen ihre Steuern, tragen ihren Teil zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes bei und spenden für wohltätige Zwecke. ...

Warum läßt die WTG Außenstehende für sich sprechen?

Das ist dann auch wieder so eine WTG-Dummenverkaufs-These.
Bei einer Organisation vom Kaliber der WTG, kann und muss man auf organisiertes Handeln in der Bewertung abstellen.
Nicht aber etwa auf private Individualhilfe.
Es gibt in solchen Situationen auch ausdrücklich WTG-Anweisungen, welches Land, für welche Notleidende etwa Sammelaktionen organisieren soll.
Ein "aus der Reihe tanzen" bei diesen Vorgaben, ist WTG-seitig durchaus nicht gerne gesehen, wird eher der Rubrik "geistige Unreife" der so Handelnden zugeordnet, und damit de facto blockiert.
Gelegentlich gibt es ja solche Hilfsaktionen - etwa anläßlich von akuten Naturkatastrophen usw.
Dann - in der Praxis jedoch in der Hauptsache auf die eigene linientreue Klientel abgestellt.
Das war schon nach 1945 so, als es etwa größere Kleiderspenden für Notleidende in Deutschland gab. Da wurde bei deren Verteilung der Predigtdienstbericht als Maßstab angelegt. Wer da einen in WTG-Augen "guten" Bericht hatte, der hatte auch die besten Chancen etwas zu erhalten. Die mit den weniger guten Predigtdienstberichten, schon erheblich weniger.
Nicht der Maßstab tatsächlicher Notlage wurde angelegt, bei der Verteilung der Hilfsgüter, und Notleidende Außenstehende (sofern nicht im "Interessiertenstatus") bleiben schon mal prinzipiell außen vor.
Organisierte Aktionen etwa im Stile von "Brot für die Welt", welche nur das Hilfsanliegen in den Vordergrund stellen, auf der Basis akuter Notsituationen, die etwa erweitert auch Aspekten der Wirtschaftsförderung näher treten, um so eine Basis zur Hilfe für die Selbsthilfe zu schaffen, gibt es WTG-seitig prinzipiell nicht!

Das ist dann ähnliches, wie mit den vielgerühmten Alphabetisierungskursen in gewissen Ländern, wo die Vollksbildung brach liegt. Das wird auch nur dann organisiert, wenn absehbar ist, ohne diese Grundlage, hat es auch die WTG mehr als schwer.
Sobald sich die Lage entspannt, ist dann wieder das Einmotten der "Hilfe" prinzipiell angesagt.
Exkurs: Aus einem Text von Willi Bühler:

Burkhard, Ein anderer Glaubensbruder, der am selben Tag getauft wurde, wie ich, kam im Juli 1974, also ein Jahr vor dem besagten Harmagedon zu mir. ...
Seine Frau hatte sich, wegen seinem Fanatismus, den er bei den Zeugen Jehovas entwickelt hatte, scheiden lassen und die beiden Kinder wurden ihr zugesprochen. Er bekam nicht einmal ein Besuchsrecht. Er betrachtete seine beiden Kinder, als ein Erbe von Jehova und wollte sie auch nicht mit seiner Frau teilen, zumal seine Ehefrau der "Wahrheit" ablehnend gegenüberstand. Kurz entschlossen kidnappte er seinen Sohn und seine Tochter vom Schulhof weg und verkroch sich mit ihnen in Heide, in Schleswig Holstein, in der Wohnung eines Bruders (Die Bildzeitung berichtete darüber).
Erst nachdem der Glaubensbruder ihn überzeugt hatte, daß seine Handlungsweise der Sache der "Wahrheit" mehr schaden als nützen würde, brachte er die Kinder wieder zurück. ...
Da er fest davon überzeugt war, daß Harmagedon nur noch einige Wochen entfernt war, hoffte er sich solange mit seinen Kindern bei dem Bruder verstecken zu können. Sein Fanatismus zeigte sich auch unter anderem darin, daß er eifersüchtig darüber wachte, daß seine Kinder von allen sogenannten "Groß-Babylonischen-Festen", wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten, auszuschließen seien. Während die anderen Bescherung hatten mußten seine Kinder vor die Türe gehen....

Aber zurück zu jenem Tag als er ... vor meiner Tür stand.
"Schau hier, meine Schuhe!", er zeigte mir seine Schuhe mit zwei Löchern, so groß, wie ein fünf Mark Stück. "Ich wollte sie schon zum Schuster bringen; brauche ich nicht. Jehova wird sie reparieren.
Ich wollte meine Vorhänge in die Wäsche geben, auch nicht mehr nötig; Jehova Gott löst alle meine Probleme! Ist das nicht toll?", und seine Stimme klang dabei fest und zuversichtlich. "Ich habe gehört", fuhr er fort, "du willst eine Schiffsreise zu deinen Eltern nach Brasilien machen? Diese Reise würde ich schleunigst stornieren. So weit kommst du gar nicht. Du weißt doch was im Jahre 1975 geschieht, da ist Harmagedon! Am 3. September willst du von Genua losfahren, aber am 6. September ist Harmagedon, wahrscheinlich Nachmittags. Du kommst bestenfalls bis Gibraltar - und was machst du dann?". Er sah mich mit einem durchdringenden und vorwurfsvollen Blick an. ...

(Später) auf seine Endzeitspinnerei angesprochen, tat er so, als wüßte er plötzlich von nichts. Er meinte das müssen andere gewesen sein. Wie unaufrichtig! Er gehört bis auf den heutigen Tag der 'Organisation' an.

Re: Vor sechzig Jahren / heute
geschrieben von:  Frau von x
Datum: 23. August 2010 15:49

Drahbeck
Exkurs: Aus einem Text von Willi Bühler:

Burkhard, Ein anderer Glaubensbruder, ...
fest davon überzeugt war, daß Harmagedon nur noch einige Wochen entfernt war, ...
Du weißt doch was im Jahre 1975 geschieht, da ist Harmagedon! ... am 6. September ist Harmagedon, wahrscheinlich Nachmittags. ...

WT vom 1.AUGUST 2010 S.8/9:

Gary und Karen waren Ende der 1970er-Jahre fest davon überzeugt, dass der Weltuntergang vor der Tüt steht. Da sie ihn überleben wollten, zogen sie aufs Land und fassten den Entschluss, Selbstversorger zu werden.
...
Einmal hatte ich abends etwas Zeit, also griff ich zur Bibel und las sie von den Evangelien bis zur Offenbarung durch. An den nächsten vier Abenden las ich das Ganze noch einmal. Am darauffolgenden Morgen sagte ich zu meiner Frau: 'Ich habe gelesen, dass wir in den letzten Tagen leben und Gott bald auf der Erde aufräumen wird. Es wird aber Leute geben, die das überleben, und die müssen wir finden.' " Die beiden machten sich auf die Suche und nahmen sich eine Religion nach der anderen vor.
Kurz danach bekamen sie Besuch von Jehovas Zeugen und fingen ein Bibelstudium an. ...
Gary sagt: "Mein Leben bekam einen echten Sinn. Einmal angefangen, konnte ich vom Bibelstudium gar nicht genug bekommen. Ich prüfte nach, ob sich die Prophezeiungen in der Bibel auch wirklich erfüllen. Dadurch wurde mir klar, dass Gott bald aktiv werden wird. ... " Von da an sahen beide die Zukunft mit ganz anderen Augen. ...
Wie sieht ihr Leben heute aus, über 25 Jahre später? ...
Gary meint noch: "... Meine Frau und ich wissen, dass Jehova auf der Erde in nächster Zeit alles von Grund auf verändern wird - ..." (...).

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 02. September 2010 02:06
Wieder einmal meint der "Wachtturm" in seiner Ausgabe vom 1. 9. 1950 sich rühmen zu können:

"Die Wahrheit hinsichtlich der 'obrigkeitlichen Gewalten', dass diese nämlich Gott und Christus sind, wurde in den Jahren 1928 und 1929 klargemacht. Seither ist diese gespitzte Wahrheit als wichtiger Teil des Schwertes des Geistes wiederholt geschwungen worden. Sie spielte im andauernden Rückzugsgefecht durch die Jahre hinab eine Rolle, wurde weit und breit bekannt und erregte Aufsehen durch Tausende von Gerichtsfällen, wo es mit weltlichen Behörden zu Zusammenstößen kam hinsichtlich des Rechts zu predigen, des Grüssens von Flaggen, des Heilrufes für Menschen, des Militärdienstes usw."

Was der "Wachtturm" in diesem Zitat zwar nicht sagt, aber mit Händen zu greifen war ist dies. Schon wenige Monate später, beim DDR-Verbot der Zeugen, sollte sich erneut diese Doktrin als ursächlich erweisen.

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 09. September 2010 00:20
In einer Selbstdarstellung ("Erwachet!" 8. 9. 1950) liest man unter anderem die Sätze:
"... wird von dieser Zeitschrift das Unrecht nicht bemäntelt, etwa um Machthaber zu schützen ... Erwacht! versteht es, mutig zuzuschlagen."

Hätte man solch Selbstverständnis in einer "religiösen" Zeitschrift erwartet? Nicht unbedingt. "Halleluja-Gesänge" sind ja nicht selten deren eigentliche Domäne. Wenn ein Presseorgan, wie beispielsweise "Der Spiegel" von sich sagt, er verstehe es "mutig zuzuschlagen", dann ist das eher verständlich, da er sich generell als politisches Organ versteht. Indes mit dem "mutigen zuschlagen" ist das immer so "ein Ding für sich". Das musste auch schon "Der Spiegel" erfahren, um im Bilde zu bleiben. Als der nämlich mal den damaligen Verteidigungsminister Franz Josef Strauß attackierte, hatte das für den "Spiegel"-Chefredakteur auch die Konsequenz, sich, zumindest zeitweise, im Gefängnis wiederzufinden. Das alles in einem Lande, dass sich doch laut Grundgesetz, der Demokratie verpflichtet fühlt.

Nun wurde und wird "Erwachet!" aber nicht nur in Ländern mit tatsächlicher demokratischer Grundverfassung verbreitet. Auch in Ländern mit tatsächlicher Diktatur. Ist dort die Verbreitung zwar eingeschränkt, so jedoch nicht die Thematik dieser Länder. Denn auch das ist wichtig zu beachten. Die Zentralredaktion des "Erwachet!" sitzt in den USA. Befindet man dort, diesem oder jenem außerhalb der USA, publizistisch "auf die Füße zu treten", hält man sich nicht lange mit der "Vorrede" auf. Nachweisbar machten auch die kommunistischen Staaten nach 1945 diese Erfahrung. Insofern ist "Erwachet!" diesen Staaten gegenüber, eine tatsächliche politische Waffe. Meilenweit von wirklicher "Neutralität" entfernt.

Wer die Verbotssituationen in den Ostblockländern beklagt, und dieses wesentliche USA-Politikinstrumentarium dabei nicht gebührend mit berücksichtigt, der liefert zwangsläufig ein Zerrbild. Ob ein "Rundfunk im amerikanischen Sektor" (abgekürzt RIAS) die Interessen der USA in schein"neutraler" Form verkaufte (für breite Bevölkerungsschichten). Oder ein "Erwachet!" für die spezielle Gruppe der Zeugen Jehovas, ist kein qualitativer Unterschied!

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 16. September 2010 00:24
Im "Wachtturm" vom 15. 9. 1950 liest man auch den dürftig lapidaren Satz:

"Früh im Jahre 1942 veranlassten gewisse Umstände einige zu der Folgerung, das Zeugniswerk sei sozusagen beendet und Harmagedon sei herbeigekommen. Es erschien aber ein Artikel in der Ausgabe vom 1. Februar des 'Wachtturms' (deutsch November 1944) unter dem Titel "Schlussversammlung", und darin wurde gezeigt, dass noch ein grosses Werk der Einsammlung zu tun sei."

Der WT hielt es nicht für nötig, näher zu erläutern, was denn das für "gewisse Umstände" seien. Nun sie liegen offen zutage. Systematisch hatte Rutherford die Endzeit-Naherwartung am kochen gehalten. Er steigerte sie mit Beginn des zweiten Weltkrieges weiter, indem er sich gar dazu verstieg die Parole auszugeben, mit dem Heiraten bis "nach" Harmagedon zu warten, da es sich ja nur noch um eine "wenige" Jahre handeln könne.

Die Konsequenzen dieses Fanatismus musste er aber nicht mehr direkt ausbaden, denn am 8. 1. 1942 segnete er das zeitliche um sich "in der Hölle mit seinem Erzrivalen und ebenbürtigen Partner Hitler, der im wenige Jahre später nachfolgen sollte, zum Skatspielen zu treffen. Rutherford war es schon mal "vergönnt" die Karten zu mischen. Hoffentlich hat er beim Mischen keinen Krampf in den Händen bekommen" - wollen böse Zungen wissen.

Wie man las "korrigierte" der WT das dann später noch. Auch das ist das alt bekannte. Dem Esel wird die Möhre vor die Nase gehalten. Und wenn er denn glaubt, er kriegt sie, wieder weggezogen.


Soweit es veröffentlichte WTG-Stellungnahmen zum Thema Bluttransfusionen betrifft, sind die in der deutschen WTG-Literatur mehr oder weniger nur ab 1950 nachweisbar. Auch in dieser Wachtturm-Ausgabe ist solch eine als Leserbrief aufgezogene Stellungnahme enthalten.
Einige unkommentierte Auszüge daraus noch nachstehend:

Geehrte Dame!
Ihrem Briefe vom 16. Dezember konnte zufolge dringender Arbeit nicht eher Beachtung geschenkt werden. Wir schätzen Ihre freimütige Darlegung über Bluttransfusion und unternehmen diesbezüglich keinen geistigen Feldzug gegen Sie noch gegen irgend jemand sonst, sondern müssen es dem grossen Gesetzgeber überlassen, Ihr sowie unser Richter zu sein. Unsere Darlegungen über diese Sache sind dank jener Person veröffentlicht worden, die von uns eine geistige Leitung erwarten, und werden nicht herausgegeben, um unter Jehovas Volk Spaltung hervorzurufen.
Wiederholt gehen bei uns Anfragen um Auskunft über Bluttransfusion ein, und man erwartet, besonders von uns eine Gutheissung dieses medizinischen Brauches. Dies kommt so häufig vor, dass wir zur Information für alle, damit sie unsere Einstellung wissen können, gezwungen waren, uns über diese Sache zu äussern. Unsere Worte haben nicht mehr Meinungsverschiedenheiten verursacht, als über diesen Gegenstand bereits existierten, bevor wir selbst etwas darüber sagten. Wir haben uns in dieser Sache nur klar ausgedrückt, damit andere, die über unsere Einstellung im Zweifel waren, uns nicht um unsere Gutheissung angehen möchten, wenn sie Zuflucht nehmen zu diesem umstrittenen Brauch.
Wenn irgend jemand denkt, unsere Stellungnahme verdiene Beachtung und habe die Unterstützung der Schrift und sich entschliesst, sich dadurch leiten zu lassen, wohlan.
Wenn aber nicht, so ist das seine eigene Verantwortung vor Gott.

Sie sagen, Gottes Gesetze hinsichtlich der Verwendung von Tierblut hätten keine Beziehung zur Sache der Bluttransfusion. Wir sagen, dass Gottes Gesetze in dieser Sache bedeutsam und sinnbildlich sind und dass sie eine enge Beziehung zur Sache haben. Wessen Stellung ist die zuverlässigere, die Ihrige oder die unsrige? Wessen Stellung ist die schriftgemässere, indem sie sich sorgfältiger an Gottes Gesetz hält?
Ihr Zugeständnis ist sehr interessant: "Ja, wenn das gespendete Blut sich mit der Art des EIGENEN nicht verträgt, wird es den Tod herbeiführen."
Wenn die Bluttransfusion von Gott gebilligt und christlich ist, warum sollte dies dann so sein?
Wir lassen die vorangegangenen Abschnitte als Antwort auf ihren siebenseitigen Brief genügen , indem wir hoffen, dass sie dadurch unsern Standpunkt noch deutlicher erkennen. Ob Sie ihn gutheissen oder verwerfen, verletzt oder stört uns nicht. Sie müssen die Folgen des laufes, den Sie einschlagen, selbst tragen. Als jene, die Gottes heiliges Wort und seine Gebote darzulegen suchen, müssen auch wir unsere Verantwortung vor Gott tragen.

Re: Vor sechzig Jahren / Informationskontrolle damit sie ihren Job tun?
geschrieben von:  X ~ mysnip
Datum: 17. September 2010 00:05

Drahbeck
Im "Wachtturm" vom 15. 9. 1950 liest man auch den dürftig lapidaren Satz:

"Früh im Jahre 1942 veranlassten gewisse Umstände einige zu der Folgerung, das Zeugniswerk sei sozusagen beendet und Harmagedon sei herbeigekommen. Es erschien aber ein Artikel in der Ausgabe vom 1. Februar des 'Wachtturms' (deutsch November 1944) unter dem Titel "Schlussversammlung", und darin wurde gezeigt, dass noch ein grosses Werk der Einsammlung zu tun sei."

Der WT hielt es nicht für nötig, näher zu erläutern, was denn das für "gewisse Umstände" seien.

Charakteristisches Merkmal der Publikationen bei verfänglichen Themen ist die undurchsichtige Ausdrucksweise:

ERWACHET! September 2010 S. 10

,,Als Nachfolger Christi suchen Zeugen Jehovas somit richtigerweise Mittel und Wege, um gewisse Rechte durchzusetzen ... "

Die Herausgeber fühlen sich aber auch niemandem gegenüber verpflichtet:

WTG-Buch 1992 EINSICHTEN ÜBER DIE HEILIGE SCHRIFT Band 2 S. 237
,,irgendwelche Informationen zu geben, die zu erhalten er kein Recht hat."

Im "Deutschen Ärzteblatt" von 2002 erwiderte Werner Rudtke in einer Stellungnahme, daß ZJ wegen ihrer ablehnenden Haltung gegenüber Fremdblut diskreditiert würden. Er führt als Beispiel die Website von Dr. Osamu Muramoto an und sagt über diese:

RUDTKE
,,Es ist sachlich nicht gerechtfertigt, Patienten, die Zeugen Jehovas sind, im Rahmen des Aufklärungsgesprächs auf diese Quellen hinzuweisen."

Warum immer wieder diese Informationsbeschränkungen?

Steven Hassan schreibt:

AUSBRUCH AUS DEM BANN DER SEKTEN S. 101, 110
,,Durch eine Kontrolle über die Informationen, die jemand erhält, schränkt man seine Möglichkeiten ein, frei und eigenständig zu denken ...
In den größeren Gruppen erzählt man den Leuten nur so viel, wie sie 'wissen müssen', um ihren Job zu tun."

WACHTTURM 15. 9. 1950
,,ein grosses Werk der Einsammlung ..."

Re: Vor sechzig Jahren / heute
geschrieben von:  Frau von x
Datum: 18. September 2010 12:01

Drahbeck
Systematisch hatte Rutherford die Endzeit-Naherwartung am kochen gehalten. Er steigerte sie mit Beginn des zweiten Weltkrieges weiter, indem er sich gar dazu verstieg die Parole auszugeben, mit dem Heiraten bis "nach" Harmagedon zu warten, da es sich ja nur noch um eine "wenige" Jahre handeln könne.

Jeremia-Buch S.94-97:

... Heute leben wir allerdings in einer Zeit, in der ein böses System zu Ende geht ...
...
Gehen wir zuerst darauf ein, dass Jeremia keine Kinder haben durfte. Jesus hat von seinen Nachfolgern nie verlangt, kinderlos zu bleiben. Interessanterweise sagte er aber einmal: "Wehe den schwangeren Frauen und denen, die ein Kleinkind stillen!" (Mat. 24:19). Das galt für die Zeit der Drangsal, die 66 bis 70 u. Z. über Jerusalem kommen sollte. Denn diese Frauen würden es dann besonders schwer haben. Heute stehen wir vor einer noch größeren Drangsal. Das sollten Ehepaare, die sich überlegen, ob sie Kinder haben möchten, im Sinn behalten. ... Obwohl es Ehepaaren natürlich selbst überlassen bleibt, ob sie Kinder haben möchten oder nicht, ist es gut, wenn sie über die Lebenssituation Jeremias nachdenken. Was bedeutet es für uns, dass Jeremia nicht einmal heiraten durfte?
... Als Jeremia prohezeite ... gab es im Volk Gottes offensichtlich eine Anzahl Eunuchen und sicher auch Witwen und Witwer. Jeremia war also nicht der einzige Anbeter Jehovas, der keinen Ehepartner hatte. Bei ihm lag jedoch ein spezieller Grund vor, ähnlich wie auch bei einigen Brüdern und Schwestern heute.
... Jesus beispielweise blieb ledig. Er sagte auch, dass einige seiner Jünger die Gabe hätten, in ihrem Innersten Raum für die Ehelosigkeit zu schaffen. Wer diese Gabe habe, solle sie nutzen. ... Wenn also jemand unverheiratet bleibt, damit er mehr für Gott tun kann, sollte man ihn dafür loben, und keine Witze darüber machen. Manche sind natürlich einfach deswegen ledig, weil die Umstände sie dazu zwingen. Vielleicht haben sie noch keinen Ehepartner unter Gottes Volk gefunden, sind aber fest entschlossen, "nur im Herrn" zu heiraten (1.Kor. 7:39). ...
...
Viele unverheiratete Brüder und Schwestern aus allen Altersgruppen orientieren sich am Beispiel Jeremias. Es ist für sie sehr befriedigend und eine enorme Hilfe, völlig im Dienst für Gott aufzugehen. Eine Schwester in einer chinesischen Versammlung erzählt: Der Pionierdienst gibt meinem Leben eine Richtung. ... ." Eine 38-jährige Pionierin findet: ...

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 23. September 2010 00:08
"Meister der Unduldsamkeit". Mit dieser Titel-Schlagzeilr macht die "Erwachet!-Ausgabe vom 22. 9. 1950 auf. Wer damit gemeint ist, unschwer zu erraten. Die katholische Kirche, einer der "Lieblingsfeinde" der Zeugen Jehovas.

Nun soll letztere hier nicht verteidigt werden. Es stört eigentlich nur, dass diese Kritik aus dem Munde einer Organisation kommt, die wohl kaum, diesbezüglich "besser" ist.
Charakteristisch auch solche Sätze, die durchaus auch das Wesen der WTG-Religion charakterisieren:

"Diese geht von der Annahme aus, die katholische sei die einzig wahre Kirche, so dass ein Widerstand gegen das Papsttum der Auflehnung gegen Gott gleichkomme und ein schlimmeres Verbrechen sei als Ehebruch, Verrat oder Mord. Ferner beansprucht die katholische Kirche für sich die göttliche Autorität. ihre Gegner, die sie als 'Ketzer', 'Schismatiker' (Abtrünnige) und 'Ungläubige' brandmarkt, in den Bann zu tun, zu massregeln, zu unterdrücken und sogar zu töten. Dafür braucht sie nichts weiter als genügend Macht, um ihrer 'Autorität' Geltung zu verschaffen."

Weiter zitiert "Erwachet!"

"Das Amtsblatt des katholischen Bistums Brooklyn, 'The Tablet', macht in seiner Nummer vom 5. November 1938 ganz unverhüllt für die Kirche das Recht geltend, 'Ketzer' umzubringen, indem es schreibt:

Wenn der Staat das Recht hat, Hochverrat mit dem Tode zu bestrafen, wird nach dem gleichen Grundsatz der geistlichen Obrigkeit die Gewalt über Leben und Tod zugestanden ... Sie [die Kirche] hatte und hat das Recht und die Befugnis, ihre Interessen und ihr Leben zu schützen. Ein Angriff auf den Glauben ist ein Schlag gegen ihr Herz. Zur Selbstverteidigung gehört das Recht, einem anderen das Leben zu nehmen, wenn dies zur Erhaltung des eigenen Lebens notwendig ist ... Jeder vollkommenen Gemeinschaft wird die Befugnis zuerkannt, die Todesstrafe zu verhängen. Nun ist aber - durch den Willen des Herrn Jesus Christus selbst - die Kirche eine vollkommene Gemeinschaft und hat als solche das Recht und die Befugnis, Massnahmen zum Schutze ihrer Existenz zu ergreifen.'

Und triumphierend fragt "Erwachet!" dann weiter:

"Weitere Beweise?! In der 'American Ecclesiastical Review' (Jan. 1946, S. 35 - 37) bläst Francis J. Connell vom Redemptoristenorden das Kriegshorn und fordert alle Katholiken auf, 'der Idee, dass es einem freistehe, zu glauben, was man wolle, keinen einzigen Zoll nachzugeben'. Hierzu behauptet Connell noch:

'Niemand kann ein wirklich objektives Recht haben, irgendeine andere als die wahre Religion auszuüben, und die Katholiken glauben, dass der Katholizismus die einzige wahre Religion ist, die Gott allen Menschen anzunehmen gebietet. Jede andere Religion ist falsch und steht im Gegensatz zu Gottes Plan für die Errettung des Menschen; und es ist ein ungeheuerlicher Irrtum, zu sagen, dass jemand das Recht habe, eine andere Religion anzunehmen."

Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 02. Oktober 2010 02:36
Im "Wachtturm" vom 1. 10. 1950 fühlt sich die WTG auf der "Siegerstrasse". Sieht man sich die Zahlen ihrer organisatorischen Entwicklung, seit Beginn der Knorr-Ära an; berücksichtigt man die Rahmenbedingungen, etwa die Orientierungslosigkeit breiter Kreise nach Ende des zweiten Weltkrieges, so kann man in der Tat sagen, dass jene Jahre um 1950 die prozentual gesehen, expansivsten in der ganzen WTG-Geschichte waren und sind. Weder davor, noch danach wurden die damaligen prozentualen Zuwachsraten der WTG-Organisation je wieder. zumindest begrenzt auf Mitteleuropa erreicht. Länder der sogenannt "Dritten Welt" muss man dabei allerdings anders bewerten.
Es zahlte sich jetzt auch aus, dass es Rutherford gelungen war, durchaus unter Verlusten, das Prinzip des sogenannten "Predigtdienstes" der Zeugen Jehovas, als feste Institution einzuführen. Die damit nicht einverstanden waren, wurden schon zu Rutherford's Zeiten, beiseite gedrängt. Knorr vervollkommenete dieses System. Viele die zu Anfang der Knorr-Ära mit dieser Organisation verbunden waren, kannten bereits nichts anderes mehr.
Es war für sie schon eine Art "Selbstverständlichkeit" geworden, angefeuert durch immer neue unterschwellige Endzeit-Naherwartungen.

Jede Euphorie lässt sich eine gewisse Zeit aufrecht erhalten. Irgend wann aber kommt die Ernüchterung. Im Falle der WTG ist noch zu berücksichtigen, dass sie gezielt auf die nachfolgenden Generationen setzte, und die Ernüchterten mehr oder weniger ins Abseits drängte. Bis heute ist im Prinzip dieses Kalkül aufgegangen.

Um einen Vergleich zu ziehen. Den verwendet die WTG zwar nicht in diesem Zusammenhang; aber er bietet sich an. Gemäß der Bibel soll es da mal einen ungemein starken Simson in grauer Vorzeit gegeben haben. Alle Versuche ihn zur Strecke zu bringen scheiterten. "Alle Welt" staunte über seine ungeheuren Kraft. Niemand gelang es, die zu paralysieren. Dann jedoch gelang es eines Tages doch noch, dass Geheimnis zu lüften. Sollte es gelingen, dem Simson die Haare zu scheren, so die Kunde, wäre es auch aus mit seiner wunderbaren Kraft.

Auch der WTG-Simson wird sich eines Tages mit einer ähnlichen Situation konfrontiert sehen. Noch vermag er das Prinzip des obligatorischen "Predigtdienstes" weitgehend aufrecht zu erhalten. Noch …!

Nachstehend ein paar Auszüge darüber, wie der WTG-Simson in der genannten WT-Ausgabe über die Kritik an seinen Machenschaften höhnte:

Nachdem diesem "Treuen Knecht" als Klasse nach 1918 diese Güter zugeteilt worden waren, bestritten dies einige und sagten zu jenen Beamten der Watch Tower Bible & Tract Society, die den gesalbten Überrest vertraten: "Ihr maßt euch zuviel an. Wer hat euch in diese Stellung eingesetzt? Woher habt ihr eure Ermächtigung, vorzugeben, ihr könnet jetzt das ganze Werk des Herrn auf Erden leiten?" Oder: "Auch wir sind Gottes Volk und haben gewisse Rechte, und wir glauben, dass Gott seine Ratschlüsse immer noch durch Einzelpersonen offenbart, unbekümmert um die Knecht-Körperschaft."
Solche rebellischen Personen suchten alle Glieder des Volkes Gottes zu organisieren, um wieder die Watch Tower Bible & Tract Society und somit wider die "Knecht"-Körperschaft zu handeln. Sie drangen in die Kinder Gottes, sich dort loszutrennen und ihre eigenen Wege zu suchen oder sich mindestens ihnen anzuschliessen, und sie würden sie speisen und ihnen Wahrheiten kundtun. Wo sind aber diese Rebellischen heute? Sie sind nicht mehr zu finden. Es ist, als ob die Erde ihren Mund aufgetan und sie verschlungen hätte, gleichwie es mit Korah und den 250 Fürsten der Gemeinde geschah, die sich ihm in seiner Rebellion wider Mose, den Knecht Gottes, anschlossen.

Mit diesem WTG-Hohn wäre man dann zugleich an der grundsätzlichen "Scheidemauer" angelangt.

Es gibt ja immer wieder von Zeit zu Zeit einige Träumer, welche von einer starken Anti-WTG-Organisation träumen. Sie werden das sage auch ich - letztendlich scheitern.
Nach der WTG-Zeit kann es für die von ihr gebrannten, keine religiöse Alternative mehr geben. Ergo weil es die so nicht gibt, fällt auch die Option flach, von der einige ja durchaus träumen, ein "fettes Leben" etwa als Funktionär einer Anti-WTG-Organisation noch ergattern zu können.
Wer partout auf die religiöse "Alternative" besteht, der hat bestenfalls die Option, sich einer anderen Religionsfirma anzuschliesssen, zu deren Bedingungen dann allerdings.
"Wohl bekomm's" bei der dann herunterzuschlückenden "Kröten-Mahlzeit" dabei.
Exkurs:
Ein Herr Kurt E. Koch meint in seinem Buch "Okkultes ABC" auch berichten zu sollen.

"In einer Schrift im Jahr 1920 kündigte er (Rutherford) die Wiederkunft Jesu auf 1925 an. An dieses Datum erinnere ich mich gut. In dem Dorf, in dem ich aufwuchs, hatten die Zeugen Jehovas Anhänger, die uns diese Nachricht weitergaben. Als kleiner Junge hatte ich im Jahre 1925 jedesmal Angst, wenn dunkle Wolken am Himmel standen. Ich fragte mich dann immer: Kommt jetzt Jesus?"
Offenbar wirkten dann bei ihm genannte Ängste aber nicht weiter gravierend, denn er meint weiter die Zeugen Jehovas mit den Sätzen charakterisieren zu können:
"Mit der Peitsche Angst und dem übervollen Becher Glückseligkeit, gepaart mit einer unerhörten Werbetechnik, lassen sich Menschen fangen, die nicht durch klare Schrifterkenntnis gewappnet sind."

A ja, die "klare Schrifterkenntnis" wäre es demzufolge in seiner Lesart.. Seine "Lesart" geht dann noch weiter mit der These:

"Gelegentlich werden Menschen von der Sklavenschaft der „Theokratischen Organisation" frei. Sie schildern die Zeit ihrer Zugehörigkeit als eine Gehirnwäsche, als einen geistigen oder religiösen Bann, aus dem keiner in eigener Kraft sich befreien kann. Darin offenbart sich ein diabolisches Verhaftetsein, das nur durch Christus gebrochen werden kann."

Tja und zu letzterem benötigt man dann wohl besagte "klare Schrifterkenntnis" in Stile der Koch und Co, welche wohl für sich das Pepetuum mobile wohl "erfunden" haben. Nur Pech für sie, dass es eben auch welche gibt, die da ihre "Lesart" nicht teilen, und denen die Konstruktion besagten "Perpetuum mobile" eben nicht Nachvollziehbar ist.

Dieser grundsätzliche Konflikt zwischen denen, die konventionelle religiöse Formen um jeden Preis erhalten wissen wollen, und denen die als gebrannte Kinder sagen.
Auch diese "Althergebrachten religiösen Konventionen" stehen auf dem Prüfstand. Dieser Konflikt wird immer wider aufs neue ausbrechen. Versuche ihn zu kaschieren erweisen sich letztendlich als wirkungslos.
Welche Entscheidung der Einzelne dabei auch für sich treffen mag. Eines steht unwiderruflich fest. Die vermeintliche (künstlich aufrecht erhaltene) "Einheit" zu ZJ-Zeiten, ist unwiderbringlich dahin.

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 09. Oktober 2010 00:27
Die Kirchenpolitik der Sowjetunion wurde schon von jeher westlicherseits scharf beargwöhnt und in der Regel auch massiv angegriffen. Besonders in den 1930er Jahren sind viele diesbezügliche Belege nachweisbar. Mit dem Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion, trat auch das ein, was man vorher bezüglich der sowjetischen Kirchenpolitik nicht für möglich gehalten hatte. Sie wandelte sich. Zwar immer noch meilenweit von westlichen Standards entfernt, aber doch nicht mehr ganz so krass wie die Jahre davor.

Es ist schon verständlich, dass dies Anlass für vielerlei Kommentare bildete. Man müsste sich wahrlich wundern, sollten nicht auch die Zeugen Jehovas ihren Kommentarsenf dazu zugeben. Man muss sich nicht wundern. In der "Erwachet!"-Ausgabe vom 8. 10. 1950 gab es einen solch kommentierten Bericht. Bemerkenswert auch die hinzugefügte Verfasserangabe. Vom "Erwachet!"-Korrespondenten in Deutschland. Gut, ist man geneigt seinerseits zu kommentieren. Hätte der "Erwachet!"-Korrespondent von Taiwan, gestützt auf Berichte aus der Tagespresse einen ähnlichen Bericht abgefasst, dann würde man wohl sagen. Na ja, der wusste es eben nicht anders.

Aber ausgerechnet der "Erwachet!"-Korrespondent in Deutschland wurde zu dieser Artikelabfassung herangezogen. Was sich zeitgleich, man achte auf das Datum, sich im Osten Deutschlands abspielte, dürfte diesem Korrespondenten wohl kaum entgangen sein. Auch wenn man "Erwachet!" einen gewissen Redaktionsvorlauf zubilligt, also nicht voraussetzt, dass es Datensynchron berichtet, bleibt dennoch der Umstand bestehen, dass das DDR-Verbot der Zeugen Jehovas keineswegs wie der "Blitz aus heiterem Himmel" kam, sondern eine nachvollziehbare Vorgeschichte hatte.

Im übrigen ist just in dieser "Erwachet!"-Ausgabe auch die nachfolgende Meldung abgedruckt:

"Am 4. September beschloss der Ministerrat der Ostzonenregierung, die Zeugen Jehovas zu verbieten, wie es seinerzeit schon durch die Nazi geschah, weil sie sich nicht gleichschalten liessen. Am 30. August besetzte der staatliche Sicherheitsdienst das Verwaltungsgebäude der Zeugen Jehovas in Magdeburg. Daraufhin wurden innerhalb von vier Tagen in der Sowjetzone mindestens 500 Zeugen Jehovas verhaftet. Schon seit mehreren Monaten wurden alle grösseren Zusammenkünfte dieser christlichen Vereinigung von Kommunisten gesprengt."

In diesem Rahmen eingeordnet; muss man wohl sagen. Der fragliche Artikel ist durchaus synchron mit der allgemeinen westlichen Berichterstattung zu den sowjetischen Vorgängen. Davon hebt er sich nicht wirklich ab. Aber aus der Sicht der östlichen Gegner der Zeugen Jehovas war er nur eines. Das sprichwörtliche Öl, dass weiter ins bereits brennende Feuer gegossen wurde!

Nachstehend einige Passagen aus diesem Artikel:

Sowjetrussland und die Religion
"Erwachet!"-Korrespondent in Deutschland
Die Fronten des Kampfes um die Weltherrschaft klären sich. Im kalten Krieg zwischen Ost und West sehen wir, wie die beiden Gegner gleich einem Chamäleon beständig die Farben wechseln. Überall wird von Demokratie gesprochen, aber überall ist das Wirken im totalitären Sinne flott im Gange. Dem unbefangenen Beobachter dieses Weltendramas bietet sich auf der einen Seite der mächtige Monopolkapitalismus, eng verschlungen mit dem Vatikan, auf der anderen Seite das mächtige Kominform mit seiner Propaganda und seiner offenen Feindschaft gegen die westliche Welt dar. Eine der grössten Überraschungen dieser Zeit des Farbenwechsels ist die Stellung des Kremls zur Religion, das heißt zur Orthodoxen Kirche Russlands, sowie deren Wiederauftreten auf dem Schauplatz des Welttheaters."

Dann meint "Erwachet!" weiter:

Die Frage für viele Beobachter Russlands ist: Ist die Orthodoxe Kirche Russlands und aller von Russland kontrollierten Länder ein Werkzeug des Kommunismus geworden? So verwunderlich es scheinen mag, ist die Tatsache doch unverkennbar, dass der Kreml mit seinem Diktator eine "Vernunftehe" mit der bis zum Zweiten Weltkrieg völlig verbannten russischen Kirche geschlossen hat, und dass diese gegen den ärgsten Feind im Kampf um die Weltherrschaft, den Vatikan, als Prellbock benutzt wird.

Die geistigen Väter des Kommunismus hatten den unheilvollen Einfluss der Priesterkaste völlig erkannt. Als daher im Jahre 1917 der Sturm der bolschewistischen Revolution losbrach, begann ein Ausrottungsfeldzug gegen die Religion. Paragraph 13 des kommunistischen Parteiprogrammes forderte den "Kampf bis zum völligen Aussterben der religiösen Vorurteile." Es entstand der "Bund der kämpfenden Gottlosen". Zu Tausenden wurden Priester ermordet, andere nach Sibirien deportiert, und das Niederreissen von Kirchen und Klöstern begann. Dieser Zustand hielt nahezu 30 Jahre lang an. Wenn auch der Ikonenkult abgeschafft wurde, so trat an die Stelle des Weihrauchs der Kirchen und Klöster die Selbstbeweihräucherung des bolschewistischen Systems, jenes Systems von Furcht und Schrecken mit seinen von Millionen Menschen gefüllten Straflagern, mit seinem Kult des Materialismus, der Verherrlichung lebender und toter Menschen.

Dort, wo bis 1914 die "Heiligen" Russlands aufgebahrt waren, wurde das Mausoleum Lenins errichtet, an welchem Millionen Menschen vorüberpilgern. Aus dem Geburtshaus Stalins machte man eine Kultstätte, einen Wallfahrtsort, keinem sterblichen Menschen - ausser dem Papst in Rom - wird heute grössere Verehrung entgegengebracht als dem "grossen" Führer Stalin.

Weiter wertet "Erwachet!"

Wie jeder schlaue Politiker, fand auch Stalin heraus, dass die "christliche Religion" ein gutes Mittel zur Beherrschung der Massen ist.

Zwischenbemerkung: "Nur" Stalin; oder nicht doch noch ein paar andere Herrschaften, zum Beispiel jene Militärregierung, welche nach 1945 ihren Sitz in Deutschland, in Wiesbaden aufschlug, und just dort auch ihren Zöglingen behilflich war.
Weiter in "Erwachet!"-Zitat:

Wie einst Konstantin der Große den heidnischen römischen Staat mit der "christlichen Religion" verbrämte, so wurde im dritten Monat des Deutsch-Sowjetischen Krieges das Steuer plötzlich herumgeworfen. Der "Bund der kämpfenden Gottlosen" wurde plötzlich aufgelöst, "weil er sinnlos geworden", wie es in der Verfügung des Kremls wörtlich hieß. Von den 40 000 Kirchen, die es in Russland vor 1914 gegeben hatte, bestanden nur noch 4 200.

Doch am 4. September 1943 wurde der Metropolit Sergius von Stalin empfangen, der ihm seine Dankbarkeit für die Hilfe im grossen "vaterländischen" Kriege zum Ausdruck brachte. Als Sergius im Jahre 1944 starb, wurde 1945 Alexius zum neuen Patriarchen gewählt. Die Kirchen wurden erneuert, und ihre Zahl soll auf 20.000 angestiegen sein. Worin bestand denn die vaterländische Tat der russischen Kirche während des zweiten Weltkrieges? Die Religion veranstaltete eine große Geldsammlung und entrichtete Abgaben zur Fortführung des Krieges und für die Vertreibung der Nazihorden. Die Deutschen vergaßen, dass in den Krisenzeiten Russlands stets Nationalismus und Religion verknüpft waren und dass alle Heiligen Russlands zugleich auch als Nationalheilige verehrt wurden.

In Russland und den Ländern der Volksdemokratien wird laut verkündigt, dass Religionsfreiheit bestehe, allerdings mit der Einschränkung, dass die Religion sich völlig dem Staat unterwerfen muss. In Russland besteht seit Oktober 1943 der "Rat für die Angelegenheiten der Orthodoxen Kirche beim Ministerrat der UdSSR". Diese Verwaltungsbehörde kontrolliert genau alle religiösen Angelegenheiten des weiten russischen Reiches. Ohne sich Verfolgungen auszusetzen, kann im weiten Russland niemand etwas glauben und verkünden, was die der Selbstverherrlichung ergebene Parteikaste schmälert. Religionisten vom Schlage der "religiösen Sozialisten", wie sie in allen Ländern der Volksdemokratien auftauchen, vermischen Politik und Religion, indem sie die Vernunftehe zwischen dem Kreml und der Orthodoxen Kirche gutheissen. Die Fronten klären sich:

Dann bekommt formal, auch die andere Seite ihren Hieb ab:

Der Vatikan sieht das Vorrücken seiner Todfeinde, darum hetzt er verzweifelt zum neuen Entscheidungskampf um die Weltherrschaft. Langsam entwickelt sich die Macht der kommunistischen Völker. Die nächsten Jahre werden das interessante Schauspiel zum Höhepunkt bringen. Werden sie sich, diesmal im Zeichen der Atomwaffen, aufeinanderstürzen? Diese Frage wird die Zukunft beantworten …

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 16. Oktober 2010 02:46

"Wir mögen den Tag oder die Stunde, da die Schlacht von Harmagedon ausbricht und da die bösen Himmel und die Erde der Welt des Teufels aufgelöst werden, um den neuen Himmel und der Erde der kostbaren neuen Welt Platz zu machen, jetzt nicht wissen. Wir brauchen dies auch nicht zu wissen, sondern jeden Tag können wir in dem Bewusstsein leben, dass es nahe ist."

Gelesen im "Wachtturm" vom 15. 10. 1950.

Oberflächlich betrachtet, mag bei diesem Zitat der Eindruck entstehen, als werde die Endzeit-Naherwartung terminlich nicht näher beschrieben. Indes ist das nur die halbe Wahrheit. Mit allen Registern wurde und wird versucht die Endzeit-Naherwartung am kochen zu halten, wobei dabei die Nichtnennung eines Termins fast nebensächlich erscheint. So auch in dieser WT-Ausgabe wenn man darin weiter lesen kann:

"Er ist näher als sie denken.
Was ist denn so nahe? Nun, wenn ihr es nicht gehört habt - es ist der Tag der Rechtfertigung Jehovas! Der Tag, da die Feinde und Bedrücker der Menschheit in Harmagedon vernichtet werden. Der Tag, da alle heulenden Feinde Gottes in bitteren Ängsten in der Schlacht Gottes des Allmächtigen den Staub lecken werden. ...
Aber geradeso wie die alte Stadt Babylon im Jahre 539 v. Chr. in einer einzigen, verhängnisvollen Nacht von ihrer erhabenen Höhe herabstürzte, so wird das neuzeitliche Babylon plötzlich zusammenbrechen. ...
Jetzt ist keine Zeit, sich vom äusseren Glanz dieser Welt gefangennehmen oder durch ihre Propagandareden 'Alles steht gut' betören zu lassen. Jetzt ist keine Zeit, all dem nachzujagen, was jemand an Besitztümern dieser Welt zu seinem Schutz erhaschen könnte. Auch ist nicht die Zeit, Harmagedon im eigenen Sinn hinauszuschieben. ... Lob sei Gott, dass solch bedeutsame Ereignisse näher sind als die meisten Leute denken!"

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 23. Oktober 2010 00:37
Man kann ihm durchaus den Rang eines Grundsatzartikels zubilligen, der in der "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 10. 1950 unter der Überschrift "Russlands rote Religion" veröffentlicht wurde. Die darin enthaltene "Abrechnung" war so ziemlich komplett. Da blieb bei den eingefleischten Stalinisten, so sie diesen Artikel gelesen haben sollten, mit Sicherheit "kein Auge trocken". Der Artikel demaskiert - schonungslos.

Dennoch ist er in meiner Sicht einseitig. Man sehe sich doch mal heutzutage beispielsweise Fußballfans an, die ihrem Siegeridol zujubeln. Oder man denke an legendäre Musikveranstaltungen mit dortigen Superstars. Die Vergleichsliste ließe sich sicherlich noch um einiges verlängern. Sie belegt, dass der Mensch sehr wohl ein Wesen mit Emotionen ist. Der eine sieht diese Emotionen durch ein ihn beeindruckendes Fußballspiel, der andere durch eine ihn beeindruckende Musikveranstaltung, und der dritte vielleicht durch einen Massenkongress der Zeugen Jehovas, oder meinetwegen auch irgendeinen Kirchentag und ähnliches, erfüllt.

Alle genannten Beispiele finden ihr jeweiliges Idol "toll". Ihre Euphorie kennt nicht selten keine Grenzen. Sollten nun ausgerechnet die Kommunisten eine Ausnahme von dieser Regel bilden? Das sie keine "Ausnahme" bilden, hat "Erwachet!" sicherlich bewiesen. Das im Falle der Kommunisten das Nicht-mit-Einstimmen in den Chor der Lobsänger erheblich gefährlichere Konsequenzen hatte, ist auch unstrittig. Das war schon bei den Nazis in ihrer "Glanzzeit" ähnlich. Insofern kann man diese Auswüchse der Emotionalisierung zurecht brandmarken.
Was jedoch an dieser Sicht aus meiner Wertung schief ist, dass ganze n u r auf den Level vermeintlich religionsähnlicher Zeremonien herabzudrücken. Der Kommunismus ist auch mit einem politischen Anliegen auf den Plan getreten. Dies wiederum reflektiert "Erwachet!" in keiner Weise!

Nachstehend die wesentlichen Ausführungen aus diesem "Erwachet!"-Artikel:

Russlands rote Religion
Beweise dafür, dass der Kommunismus auch nur eine falsche Religion ist
Im vergangenen Dezember erfuhr man durch die Presse und den Rundfunk, wie Stalin an seinem siebzigsten Geburtstag von der gesamten kommunistischen Welt in beispielloser Weise mit Geschenken, Ehrungen und Lobreden überschüttet wurde. Die Satellitenstaaten blieben mit ihren verehrungsvollen Schmeicheleien in keiner Weise hinter der UdSSR zurück. In Wien beging man diesen Anlass mit "halbreligiöser Feierlichkeit". In Ungarn schob man die üblichen Weihnachtsfestlichkeiten beiseite und begann statt dessen am 21. Dezember mit einer ausgedehnten Feier des Geburtstages Stalins.

In Albanien beschloss das Parlament "der Gottheit Joseph Wissarionowitsch Stalin" eine Statue zu errichten. "Der große Stalin ist der ruhmvolle Erretter unseres Volkes" erklärte der albanische Ministerpräsident Hodscha. Auf Grund des äusseren Scheins und dessen, was man allgemein behauptet, sehen viele Menschen im Kommunismus alles andere als etwas Religiöses. Von Gegnern des Kommunismus wird ja tatsächlich oft erklärt, dieser besondere "Ismus" sei religionslos und religionsfeindlich. Man erinnert sich dann gern der These von Karl Marx: "Religion ist Opium für das Volk". Wenn aber der heutige Kommunismus tatsächlich ganz unreligiös wäre, wie sollen wir uns dann die fanatische Vergötterung Stalins erklären?

Dann mein „Erwachet!" weiter:

In der Welt wimmelt es von Religionen aller möglichen Schattierungen, mit ganz unterschiedlichen Glaubenssätzen und Begriffen. Wenn Du hierüber, soweit du sie kennst, aus dem Gedächtnis eine Liste anfertigst, werden sicher viele "Ismen" dabei sein, die in der Christenheit allgemein als "heidnische" Religionen gelten. Die Anhänger solcher Religionen dienen nicht derselben Gottheit, die du anzubeten erklärst, sondern haben eine Menge Götzen, wie das bei den Eingeborenen in Afrika, Südamerika, Asien und auf den weitverstreuten Südseeinseln der Fall ist. Dennoch wirst du ohne weiteres zugeben, dass diese fremden Völker fremde Götter anbeten, also irgendeine Dämonenreligion pflegen. Von allumfassenden Gesichtspunkten aus sollte man darum unschwer die Tatsache anerkennen, dass auch der Kommunismus nichts weiter ist als eine Religion mit anderen Göttern. Unsere althergebrachten Religionen finden zum Bespiel die Zeremonien der Schlangenanbeter anstössig; aber du würdest diese Leute trotzdem nicht als religionslos bezeichnen. Ebenso sind jene, die Stalin als "Gottheit" und als ihren "ruhmvollen Erretter" verehren, nicht religionslos.

Man räumt eher im formalem Sinne ein:

Wohl wahr, der Kommunismus unterscheidet sich in vielen Punkten von anderen Religionen; dass aber in so vielen anderen Punkten eine Ähnlichkeit besteht, wird dich in Erstaunen versetzen. Fassen wir zuerst einmal die grundlegende Begriffserklärung ins Auge, die Websters 'New International Dictionary', 2. Auflage, auf Seite 2105 für das Wort "Religion" gibt:
1. Dienst und Anbetung, die Gott oder einem Gott dargebracht werden und sich ausdrücken in Anbetungsformen im Gehorsam gegen göttliche Gebote, wie sie insbesondere in massgeblichen heiligen Schriften gefunden oder von anerkannten Lehrern dargelegt werden, sowie in einem Lebenswandel, der als wahren Gläubigen geziemend angesehen wird …
3. Ein System des Glaubens und der Gottesanbetung; eine Form des Theismus; ein religiöser Glaube …
5. Hingabe oder Treue; gewissenhafte Anpassung, Gewissenhaftigkeit …
8a. Eine Bestrebung, der Gegenstand eines Strebens, ein Grundsatz oder dergleichen, wodurch in einer Person religiöse Überzeugungen und Empfindungen geweckt werden, zum Beispiel viel Glauben, Hingabe oder Inbrunst, oder womit sich religiöser Eifer, Gewissenhaftigkeit oder Treue verbinden; z. B.: der Patriotismus ist für ihn eine Religion.
8b. Annahme und ergebene Beachtung eines solchen Ideals als Maßstab für das Leben.
Nach orthodoxem Muster ausgerichtet.

Dann kommt „Erwachet!" zu seiner Kernthese:

Wie jede Religion, hat auch der Kommunismus seinen "Glauben". Zu seinen "zehn Geboten" gehören der Atheismus und der Materialismus. Ein von der kommunistischen Partei ausgesprochener Bannfluch trifft die Parteimitglieder ebenso vernichtend, wie das Anathema einer Kirchenbehörde in den betreffenden kirchlichen Kreisen wirkt.
Der Kommunist mag predigen, die herkömmliche Religion sei "Opium für das Volk". Kann dann aber mit Recht bestritten werden, dass der Kommunismus ein ebenso starkes Rauschgift ist? Die atheistische Lehre wirkt auf das Denkvermögen ebenso betäubend und einschläfernd wie die allgemeinen Kirchenpredigten. Von allen, die ihr Leben dem kommunistischen Kult weihen, wird blinder, bedingungsloser Glaube an die Theorien, Ideologien, Philosophien, Überlieferungen und abergläubischen Anschauungen und Mythen der Partei verlangt. George E. Sabolksky schrieb einmal, dass die Kommunisten "dogmatischer sind, als die verbohrtesten Buchstabengläubigen in der Religion, und gläubig hinnehmen, dass die marxistische Prognose richtig sein müsse, ohne Rücksicht auf die Tatsachen". - 'Sun', New York, 8. Januar 1949.

Üben die grossen Kirchensysteme einen beherrschenden Einfluss auf ihre Anhängerschaft aus? Das tut auch der Kommunismus! Nicht als unbedeutende Sekte, sondern als ein Ungetüm, das Millionen von Menschen in seiner Gewalt hat. Er begnügt sich nicht mit einer Partnerschaft, in der Form des "Kirche-und-Staat"-Regimes, sondern ist beides in einem. Findet man bei organisierten Weltreligionen Unduldsamkeit gegen andere Glaubensrichtungen? Beim Kommunismus ist es dasselbe! Hinter dem "Eisernen Vorhang" trachten die Kommunisten nach einer Gleichschaltung der Kirchen und streben ihre absolute Kontrolle durch den Staat an. In den russischen Landgebieten sind so gut wie alle Kirchen geschlossen, das heisst ihrer früheren Bestimmung entzogen. Die Staatsreligion des Kommunismus ist anderen "Ismen" gegenüber ebenso unduldsam, wie das katholische Regime Francos gegenüber den Protestanten

. Auch diesen Vergleich hält „Erwachet!" für angebracht

Gibt es in manchen Kirchen die Beichte oder das Sündenbekenntniss, mit Gelegenheit zur Sündenvergebung? Bei den Kommunisten auch. Man liest ja häufig in der Presse, dass irgendein Künstler oder Wissenschaftler eine Abweichung auf "bürgerliche" Sündenpfade zugegeben und um Verzeihung gebeten habe.
Die Exkommunizierung? Da sind es tatsächlich wiederum gewisse Kirchen und die Kommunisten, die diese Peitsche auf dem Rücken unbotmässiger Anhänger niedersausen lassen. Haben die Kirchen ihre Ketzer? So hat auch der Kommunismus seine Trotzkisten und seine Titoisten. Hat nicht die katholische Kirche ihre Inquisitionen und ihre Foltermethoden, die im Falle offener oder geheimer Auflehnung gegen ihre Herrschaft wo irgend möglich zur Anwendung kommen? Wer hätte, was dies betrifft, da noch nichts gehört von den blutigen Säuberungsaktionen, denen die nicht linientreuen Kommunisten zum Opfer fallen?

Weiter meint man:

Zahlreiche andere Vergleichspunkte
Was eine gut disziplinierte Priesterschaft betrifft, steht der Kommunismus ebenfalls nicht hinter den anderen Religionen zurück. Als "Kardinalskollegium" hat er sein Politbüro, dem eine gewaltige Hierarchie höherer und niederer Funktionäre untersteht, während über allem als Papst der "unfehlbare" Stalin thront. Diese offizielle Klasse des kommunistischen "Klerus" ist straff organisiert und scharf getrennt von der "Laienschaft", der namenlosen Masse, auf die sich die dünne kommunistische Oberschicht stützt.

Eine Privataudienz beim Papst Joseph zu erwirken, ist ebenso schwierig wie beim Papst in Rom. Nebenbei bemerkt, verstehen sich das Kominform und die Geheimpolizei auf das internationale Intrigenspiel ebenso gut, wie im Katholizismus die "Gesellschaft Jesu".
An "heiligen Städten" und geweihten Plätzen fehlt es dem Kommunismus ebenfalls nicht. Moskau ist sein Mekka, der Kreml sein Vatikan; und zu den Grabstätten seiner hochverehrten Heiligen und Märtyrer veranstaltet man Wallfahrten. Auf seinem "Feiertags"-Kalender steht Lenins Todestag, der jedes Jahr mit grosser religiöser Andacht und voller Ehrfurcht begangen wird. Auch der "heilige" 1. Mai wird jedes Jahr mit Tamtam gefeiert, und die Osterprozessionen der Christenheit haben ihr Gegenstück in den Maifeier-Umzügen.

So wie die Kirchen, sendet auch der Kommunismus seine gut geschulten Missionare aus und hat Propagandisten, die es in der Verbreitung ihrer materialistischen "Heilsbotschaft" an Eifer und Inbrunst mit jedem kirchlichen "Erweckungsprediger" aufnehmen können. Die Theoretiker und Dialektiker des Kommunismus beherrschen besonders geschickt die Kunst der Debatte und klugen Wortgefechte. Wie die indianischen Medizinmänner, vermögen sie die Einfältigen mit ihren Zauberkunststückchen zu betören. Der bekannte Pastor em. Dr. Henry Fosdick von der Riverside-Kirche in New York sagte über diese gewaltige Konkurrenz, die der Kommunismus den Kirchen macht:
"Der Kommunismus ist ein mächtiger Glaube. Er besitzt ein Glaubensbekenntnis - den dialektischen Materialismus -, an das sich seine Anhänger ebenso halten wie die Christen an die Bibel. Er hat Heiligtümer, Wallfahrten, Hymnen und Riten, und wo finden wir eine energischere Missionsarbeit, als er sie betreibt?"

Die grossen Religionen der Christenheit und des Heidentums haben ihre heiligen Schriften, Gebetsbücher und Katechismen, wie auch ihre Lehranstalten. Ist es beim Kommunismus in dieser Beziehung anders? Auch er hat seine "Konfessions"-Schulen, wo Neubekehrten die Begriffe und Dogmen der "heiligen" kommunistischen Partei eingetrichtert werden. Auch er hat seine "heiligen Schriften". Zum Beispiel wird den Parteimitgliedern Stalins 'Geschichte der kommunistischen Partei' eingedrillt, als wäre es eine inspirierte Schrift. Als hochheilig gelten ferner die Werke von Lenin und Marx.

Bei einer Gelegenheit, wo Streitigkeiten über Lehrpunkte in einem neuen kommunistischen Handbuch entstanden waren, rief Stalin - wie bei einem Kirchenkonzil - 84 massgebende Männer zusammen, die neun Tage lang über diese Feinheiten des atheistischen Materialismus brüteten.

Im Einklang mit der zeitgenössischen USA-Presse meint auch "Erwachet!":

Auf Grund solcher Beobachtungen kam auch die Rubrik-Journalistin Dorothy Thompson zu dem Schluss, dass "der Kommunismus eine weltliche Kirche" ist. Sie schrieb:
"Er ist wie eine Kirche organisiert … Die Kommunisten halten sich für die Verfechter des allein wahren Glaubens inmitten einer Welt von Ungläubigen. Sie allein sehen als Gerettete den Pfad zu einem irdischen Himmel und ziehen schwächere Menschen hinter sich her, während sich ihre Gegner auf dem Weg in den bodenlosen Abgrund befinden."
In ähnlichem Sinne schreibt die amerikanische Zeitschrift 'The Christian Century':
"Wenngleich die Kommunisten über eine solche Ansicht spotten, können sie doch schwerlich ableugnen, dass ihre Bewegung das meiste vom wohlbekannten Zubehör einer Religion aufweist. Der Kommunismus hat seine heiligen Schriften, seine inspirierten Offenbarer, sein unfehlbares Dogma, seine Heiligen, seine Märtyrer, seine Heiligenverehrung, seine Dämonologie, seine Ketzergerichte, seine Inquisition, seine Exkommunizierungen, seinen Papst, seine Hierarchie, seine Aufnahmegelübde, seine geweihte Priesterschaft, seine Missionare, seine Heiligtümer, seinen Bekehrungseifer und seine apokalyptische Zukunft, die eine düstere Gegenwart wettmachen soll."

Derart Stigmatisiert leitet auch „Erwachet!" davon ab:

Ein durchsetzender "Ismus"
Wenn der Kommunismus nicht seinem eigentlichen Wesen nach eine Religion wäre, vermöchte er nicht so, wie es der Fall ist, bis ins Lebenswerk einzudringen und sich in den Köpfen von Millionen Menschen derart einzunisten, dass er sie elend versklavt. Zum Beispiel wird auch den Generälen der Roten Armee eingeprägt, dass von ihnen nicht nur strategische Kenntnisse erwartet werden, sondern wenn sie bei der kommunistischen Hierarchie gut angeschrieben bleiben wollen, müssen sie - wie das amtliche Heeresorgan 'Roter Stern' sagt - eifrig den Marxismus und Leninismus studieren, ebenso eifrig wie der Priester sein Brevier.
"Sogar beim Sport müssen wir von J. W. Stalin lernen", erklärte ein tschechischer Athlet.
Überall, wo dieser durchsetzende Geist des Fanatismus eindringt, auch in den verschiedenen Künsten und Wissenschaften, findet man diesen überbordenden Schaum religiöser Gärung.

Als in Bukarest die Akademie der Wissenschaften tagte, gab es Vorlesungen über "J. W. Stalin, Lenins Nachfolger in der Schaffung der Theorie vom Aufbau des Sozialismus", "J. W. Stalin, Theoretiker und Führer im Kampf für den Frieden und die Brüderlichkeit unter den Völkern", ": W. Stalin im Spiegel der Literatur aller Völker", "J. W. Stalin, das militärische Genie unserer Zeit", "J. W. Stalin, der Lehrer und inspirierte Führer des Weltproletariats".

Der Ausdruck "inspiriert" klingt doch recht religiös! Und da jeder Kommunist ohne Zögern zugeben wird, dass Stalin nicht von Jehova Gott inspiriert ist, bleibt nur die Schlussfolgerung, dass seine Inspiration vom "Gott dieser Welt, Satan dem Teufel, stammen muss. …

Wieder die schon zuvor zitierte USA-Journalistin weiter zitierend, liest man in „Erwachet!":

Auf ähnlich inspirierte Weise stehen so gut wie alle russischen Dichter und Schriftsteller im Dienste der Verherrlichung dieser "grossen Ersatzreligion unseres Jahrhunderts, des Kommunismus", wie Dorothy Thompson diese Bewegung treffend kennzeichnete. In Russland erscheint kaum je ein Roman, der nicht irgendwie Stalins Einfluss widerspiegelt. Tausende von Gedichten rühmen diesen Führer und seine angeblichen Tugenden. "Heil unserem Vater und Lehrer (Stalin), dem glorreichen Adler der Jahrhunderte", schwärmte ein solcher Poet. Und ein anderer Speichellecker winselte: "Für das Volk beuge ich mich zur Erde vor ihm."
Komponisten haben ihre Kunst darangesetzt, diese Personifizierung des Kommunismus in ihren Werken zu verewigen. Regisseure, Bühnen- und Filmschauspieler wiederholen dieses Thema in endloser Variation. Maler und Bildhauer werden nicht müde, Lenin und Stalin in Gemälden und Skulpturen darzustellen, und diesen Abbildungen zollt man die gleiche abergläubische Verehrung, wie sie die Kultgegenstände anderer Religionen geniessen. Der Kommunismus ist wahrlich durchtränkt von abgöttischer Heldenverehrung.

Als eine weitere Belegquelle verweist "Erwachet!" auf nachfolgendes:

Um zu zeigen, dass hier nicht übertrieben wird, führen wir aus der kommunistischen Zeitung 'Sowjetkunst' folgende Ausführungen über Stalin und seinen Einfluss an:
"Meister der sowjetischen Kunst bearbeiten immer wieder mit Begeisterung dieses höchst anregende Thema. Unsere Komponisten schreiben Lieder und Symphonien über den grossen Stalin. Das Bild des genialen Führers taucht auf in den besten Gemälden und Skulpturen, in Werken der Filmkunst und in Bühnenproduktionen. In allen Zweigen der Volkswirtschaft, der Wissenschaft und der Kultur schuldet unser Volk seine Siege dem Schöpfer der Verfassung des siegreichen Sozialismus, dem Genossen Stalin, dem grossen Steuermann, der mit fester Hand das sowjetische Staatsschiff auf dem vom unsterblichen Lenin vorgezeichneten Kurse hält. - 'Times', New York 5. Dez. 1949.

Stalin wird vergöttert
Eine solch alles umfassende und durchdringende Religion, wie der Kommunismus es ist, braucht neben ihrem reichhaltigen Bühnenzauber auch ein "unfehlbares", ins Göttliche erhobenes Oberhaupt. Wenn doch schon die ägyptischen Pharaonen als "guter Gott" umjubelt, die Inkaherrscher als "Söhne der Sonne" angesehen, die altchinesischen Kaiser als "Söhne des Himmels" bezeichnet und die Cäsaren des Römischen Reiches vergöttlicht wurden, warum soll man da nicht auch den Großmogul der Kommunisten mit einem göttlichen Schimmer umgeben? Als Patriarch hat man bereits Marx, und als einbalsamierte Mumie ist Lenin vorhanden. Nun braucht es noch einen "lebenden Buddha", um der Religion des Materialismus Gestalt und Kraft zu verleihen. Darum wird Stalin neuerdings vergöttert als das goldene Kalb oder die heilige Kuh des Kommunismus.

Aus einem Schustersohn einen Gott zu machen, ist eine langwierige Angelegenheit. Zuerst einmal musste er Macht gewinnen über Millionen von Menschenleben. Das tat Stalin, indem er sich, als Verschwörer anfangend, Schritt für Schritt aus einfachsten Verhältnissen hinaufzwängte in eine Machtstellung unter den Mächtigsten, höher als Hitler es jemals gebracht hat. Große Städte tragen seinen Namen: Stalingrad, Stalino, Stalinski, Stalinbad und andere. Gebirge und Talsperren und Schulen sind nach ihm benannt. Sogar die untertänige russisch-orthodoxe Kirche griff dieses Vergötterungsprogramm auf, las man doch in den Newyorker 'Times' die Schlagzeile:
"Stalin von Gott auserwählt, sagt der Moskauer Patriarch." Als nächstes werden ihm übernatürliche Kräfte zugeschrieben. Man nennt ihn den "inspirierten Führer des Weltproletariats", "das Schöpfergenie der Freundschaft unter den Sowjetvölkern", den "nie versiegenden Quell schöpferischer Inspiration in allen Künsten", den "Glanzstern", den Inspiraten der Schöpfung, die Freude des Lebens".

Szakasits, der kommunistische Präsident Ungarns, verstieg sich zu der Lobhudelei, Stalin sei so erhaben, dass "menschliche Augen ihm kaum zu folgen vermögen."
In der amtlichen Sowjetzeitung 'Prawda' stand, Stalin sei so übermenschlich, dass er "die gesamte Menschheit und alles Geschehen auf der Erde überblicken kann." …

Sogar den "Mutter-und-Kind"-Kult, der vor über 4000 Jahren mit Nimrod und seiner Mutter Semiramis auf der Sinear-Ebene von Mesopotamien begann und von der römisch-katholischen Hierarchie gefördert wurde, sucht der Kommunismus auf seine Weise zu übernehmen. Zum siebzigsten Geburtstag Stalins schrieb ein russischer Schriftsteller: "Wollen wir uns an diesem Tage im Geiste in einen Vorort von Tiblisi versetzen und unsere Herzen und Häupter in andächtigem Schmerz und feuriger Dankbarkeit still verneigen vor den geheiligten Überresten einer kleinen, einfachen georgischen Frau, der Mutter, die der Welt vor 70 Jahren den gab, der der Grösste unter den Menschen, unser Führer und Vater wurde."
Nichts könnte stärker beweisen, dass der Kommunismus eine Religion ist, als die Berge von Geschenken, die Stalin an jenem 21. Dezember, seinem Geburtstag, zugingen. Eine "rote" Religion! …

Zum Resümee kommend mein "Erwachet!"

Viele haben sich zweifellos in bitterer Enttäuschung von den falschen Göttern der Christenheit und des Heidentums abgewendet und suchen ihr Heil nun beim Kommunismus. Andere mögen durch Russlands Machtentfaltung berückt worden sein. Wenn auch dich der Kommunismus betört hat, bedenke, dass nicht mehr viel Zeit bleibt bis Harmagedon, wo der Kommunismus im Verein mit allen anderen "Ismen" endgültig und für immer zusammenbrechen wird. …

Offenbar hat auch ohne "Harmagedon" dann vorbeschriebene Kommunismus-Variante noch ihr Ende gefunden, und die WTG sich auch mit diesem Beispiel, einmal mehr als falscher Prophet geoutet.

Man mag der von "Erwachet!" gegebenen Beschreibung, als zeitgenössische Spiegel-Reflektion weitgehend zustimmen. Dennoch muss die Frage gestellt werden, wie solcherlei Ausführungen wohl bei den damaligen Kommunisten "angekommen" sind. Werden sie dazu "Beifall" geklatscht haben und kommentieren. Diese Charakterisierung ist das, worauf wir doch so sehnlichst gewartet haben?
Das kann dann wohl nur ein Narr erhoffen.
Diese Art von Auseinandersetzung ist in der Tat "angekommen". Die Rechnung dafür wurde auch postwendend präsentiert, in der Form der Verbotswelle im Ostblock.
Letztendlich hat die WTG damit ihrer betörten Anhängerschaft, wieder einmal einen Bärendienst erwiesen; namentlich jenen in den Ostblockländern lebenden WTG-Narren.
Sicherlich nicht der "erste" Bärendienst!

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Frau von x
Datum: 24. Oktober 2010 16:09

Drahbeck
"Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 10. 1950
Stalin wird vergöttert
Eine solch alles umfassende und durchdringende Religion, wie der Kommunismus es ist, braucht neben ihrem reichhaltigen Bühnenzauber auch
ein "unfehlbares", ins Göttliche erhobenes Oberhaupt. Wenn doch schon die ägyptischen Pharaonen als "guter Gott" umjubelt, die Inkaherrscher als "Söhne der Sonne" angesehen, die altchinesischen Kaiser als "Söhne des Himmels" bezeichnet und die Cäsaren des Römischen Reiches vergöttlicht wurden, warum soll man da nicht auch den Großmogul der Kommunisten mit einem göttlichen Schimmer umgeben? Als Patriarch hat man bereits Marx, und als einbalsamierte Mumie ist Lenin vorhanden. Nun braucht es noch einen "lebenden Buddha", um der Religion des Materialismus Gestalt und Kraft zu verleihen. Darum wird Stalin neuerdings vergöttert als das goldene Kalb oder die heilige Kuh des Kommunismus.

WT vom 15.SEPTEMBER 2010 S.23:

Heute, in der Zeit vor dem Ende hat Christus "seine ganze Habe" - alles, was auf der Erde mit dem Königreich zu tun hat - seinem "treuen und verständigen Sklaven" anvertraut, vertreten durch die leitende Körperschaft, ... . Die Gesalbten und die mit ihnen verbundenen "anderen Schafe" erkennen an: Dadurch, dass sie sich von der leitenden Körperschaft führen lassen, folgen sie in Wirklichkeit dem Christus als ihrem Führer.

Re: XXL
geschrieben von:  X ~ mysnip
Datum: 25. Oktober 2010 18:08

Drahbeck
Man kann ihm durchaus den Rang eines Grundsatzartikels zubilligen, der in der "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 10. 1950 unter der Überschrift "Russlands rote Religion" veröffentlicht wurde. Die darin enthaltene "Abrechnung" war so ziemlich komplett. Da blieb bei den eingefleischten Stalinisten, so sie diesen Artikel gelesen haben sollten, mit Sicherheit "kein Auge trocken". Der Artikel demaskiert - schonungslos.

Dennoch ist er in meiner Sicht einseitig. Man sehe sich doch mal heutzutage beispielsweise Fußballfans an, die ihrem Siegeridol zujubeln. Oder man denke an legendäre Musikveranstaltungen mit dortigen Superstars. Die Vergleichsliste ließe sich sicherlich noch um einiges verlängern ...

Meine Assoziationen [XXL/XXX nachträglich eingefügt]:

Nachstehend die wesentlichen Ausführungen aus diesem "Erwachet!"-Artikel:

Beweise dafür, dass [XXL] auch nur eine falsche Religion ist ...

In der Welt wimmelt es von Religionen aller möglichen Schattierungen, mit ganz unterschiedlichen Glaubenssätzen und Begriffen ...

Wohl wahr [XXL] unterscheidet sich in vielen Punkten von anderen Religionen; dass aber in so vielen anderen Punkten eine Ähnlichkeit besteht, wird dich in Erstaunen versetzen. Fassen wir zuerst einmal die grundlegende Begriffserklärung ins Auge, die Websters 'New International Dictionary', 2. Auflage, auf Seite 2105 für das Wort "Religion" gibt:

1. Dienst und Anbetung, die Gott oder einem Gott dargebracht werden und sich ausdrücken in Anbetungsformen im Gehorsam gegen göttliche Gebote, wie sie insbesondere in massgeblichen heiligen Schriften gefunden oder von anerkannten Lehrern dargelegt werden, sowie in einem Lebenswandel, der als wahren Gläubigen geziemend angesehen wird …
3. Ein System des Glaubens und der Gottesanbetung; eine Form des Theismus; ein religiöser Glaube …
5. Hingabe oder Treue; gewissenhafte Anpassung, Gewissenhaftigkeit …
8a. Eine Bestrebung, der Gegenstand eines Strebens, ein Grundsatz oder dergleichen, wodurch in einer Person religiöse Überzeugungen und Empfindungen geweckt werden, zum Beispiel viel Glauben, Hingabe oder Inbrunst, oder womit sich religiöser Eifer, Gewissenhaftigkeit oder Treue verbinden; z. B.: der Patriotismus ist für ihn eine Religion.
8b. Annahme und ergebene Beachtung eines solchen Ideals als Maßstab für das Leben.
Nach orthodoxem Muster ausgerichtet ...

Wie jede Religion, hat auch [XXL] seinen "Glauben" ...

Ein von [XXL] ausgesprochener Bannfluch trifft die [XXL] mitglieder ebenso vernichtend, wie das Anathema einer Kirchenbehörde in den betreffenden kirchlichen Kreisen wirkt.

Der [XXLer] mag predigen, die herkömmliche Religion sei "Opium für das Volk". Kann dann aber mit Recht bestritten werden, dass [XXL] ein ebenso starkes Rauschgift ist?

Die [XXL] Lehre wirkt auf das Denkvermögen ebenso betäubend und einschläfernd wie die allgemeinen Kirchenpredigten.

Von allen, die ihr Leben dem [XXL] Kult weihen, wird blinder, bedingungsloser Glaube an die Theorien, Ideologien, Philosophien, Überlieferungen und abergläubischen Anschauungen und Mythen der [XXLer] verlangt.

George E. Sabolksky schrieb einmal, dass die [XXLer] "dogmatischer sind, als die verbohrtesten Buchstabengläubigen in der Religion, und gläubig hinnehmen, dass die [XXL] Prognose richtig sein müsse, ohne Rücksicht auf die Tatsachen". - 'Sun', New York, 8. Januar 1949.

Üben die [XXX] einen beherrschenden Einfluss auf ihre Anhängerschaft aus?

Das tut auch [XXL]! Nicht als unbedeutende Sekte, sondern als ein Ungetüm, das Millionen von Menschen in seiner Gewalt hat ...

Findet man bei [XXX] Unduldsamkeit gegen andere Glaubensrichtungen?

Beim [XXLer] ist es dasselbe! ...

Gibt es in manchen Kirchen die Beichte oder das Sündenbekenntniss, mit Gelegenheit zur Sündenvergebung?

Bei den [XXLern] auch.

Man liest ja häufig ... dass irgendein [XXLer] eine Abweichung auf ... Sündenpfade zugegeben und um Verzeihung gebeten habe.

Die Exkommunizierung? Da sind es tatsächlich wiederum gewisse [XXLer] ... die diese Peitsche auf dem Rücken unbotmässiger Anhänger niedersausen lassen.

Haben die Kirchen ihre Ketzer? So ... auch [XXLer]

Hat nicht die katholische Kirche ihre Inquisitionen und ihre Foltermethoden, die im Falle offener oder geheimer Auflehnung gegen ihre Herrschaft wo irgend möglich zur Anwendung kommen? Wer hätte, was dies betrifft, da noch nichts gehört von den [XXL] Säuberungsaktionen, denen die nicht linientreuen [XXLer] zum Opfer fallen?

Zahlreiche andere Vergleichspunkte
Was eine gut disziplinierte Priesterschaft betrifft, steht [XXL] ebenfalls nicht hinter den anderen Religionen zurück.

Als "Kardinalskollegium" [XXL] dem eine gewaltige Hierarchie höherer und niederer Funktionäre untersteht, während über allem [XXL] thront. Diese offizielle Klasse [XXL] ist straff organisiert und scharf getrennt von der "Laienschaft", der namenlosen Masse, auf die sich die dünne [XXL] Oberschicht stützt.

Eine Privataudienz [XXL] zu erwirken, ist ebenso schwierig wie beim Papst in Rom ...

So wie die Kirchen, sendet auch [XXL] seine gut geschulten Missionare aus und hat Propagandisten, die es in der Verbreitung ihrer [XXL] "Heilsbotschaft" an Eifer und Inbrunst mit jedem kirchlichen "Erweckungsprediger" aufnehmen können.

Die [XXLer] beherrschen besonders geschickt die Kunst der Debatte und klugen Wortgefechte.

Wie die indianischen Medizinmänner, vermögen sie die Einfältigen mit ihren Zauberkunststückchen zu betören ...

Auch [XXL] hat ... "Konfessions"-Schulen, wo Neubekehrten die Begriffe und Dogmen ... eingetrichtert werden ...

Bei einer Gelegenheit, wo Streitigkeiten über Lehrpunkte ... entstanden waren, rief [XXL] massgebende Männer zusammen, die ... über diese Feinheiten ... brüteten ...

Auf Grund solcher Beobachtungen kam auch die Rubrik-Journalistin Dorothy Thompson zu dem Schluss, dass " [XXL] eine weltliche Kirche" ist.

Sie schrieb:
" [XXL] ist wie eine Kirche organisiert … Die [XXLer] halten sich für die Verfechter des allein wahren Glaubens inmitten einer Welt von Ungläubigen. Sie allein sehen als Gerettete den Pfad zu einem irdischen Himmel und ziehen schwächere Menschen hinter sich her, während sich ihre Gegner auf dem Weg in den bodenlosen Abgrund befinden."

In ähnlichem Sinne schreibt die amerikanische Zeitschrift 'The Christian Century':
"Wenngleich die [XXLer] über eine solche Ansicht spotten, können sie doch schwerlich ableugnen, dass ihre Bewegung das meiste vom wohlbekannten Zubehör einer Religion aufweist.

Der [XXLer] hat seine ... Schriften, seine ... Offenbarer, sein ... Dogma, seine Heiligen, seine Märtyrer, seine Heiligenverehrung, seine Dämonologie, seine Ketzergerichte, seine Inquisition, seine Exkommunizierungen, seinen Papst, seine Hierarchie, seine Aufnahmegelübde, seine geweihte Priesterschaft, seine Missionare, seine Heiligtümer, seinen Bekehrungseifer und seine apokalyptische Zukunft, die eine düstere Gegenwart wettmachen soll." ...

Wenn [XXL] nicht seinem eigentlichen Wesen nach eine Religion wäre, vermöchte er nicht so, wie es der Fall ist, bis ins Lebenswerk einzudringen und sich in den Köpfen von Millionen Menschen derart einzunisten, dass er sie elend versklavt ...

Überall, wo dieser durchsetzende Geist des Fanatismus eindringt ... findet man diesen überbordenden Schaum religiöser Gärung ...

Der Ausdruck "inspiriert" klingt doch recht religiös! Und da jeder ... zugeben wird, dass [XXL] nicht von Jehova Gott inspiriert ist, bleibt nur die Schlussfolgerung, dass seine Inspiration vom "Gott dieser Welt, Satan dem Teufel, stammen muss. …

Auf ähnlich inspirierte Weise stehen so gut wie alle [XXLer] im Dienste der Verherrlichung dieser "grossen Ersatzreligion unseres Jahrhunderts ... ", wie Dorothy Thompson diese Bewegung treffend kennzeichnete.

Tausende von Gedichten rühmen [XXL] Führer und [XXL] Tugenden ...

[XXL] wird vergöttert
Eine solch alles umfassende und durchdringende Religion ... braucht neben ihrem reichhaltigen Bühnenzauber auch ein "unfehlbares", ins Göttliche erhobenes Oberhaupt ... Darum wird [XXL] vergöttert als das goldene Kalb oder die heilige Kuh ...

Aus [XXL] einen Gott zu machen, ist eine langwierige Angelegenheit.

Zuerst einmal musste [XXL] Macht gewinnen über Millionen von Menschenleben ...

" [XXL] von Gott auserwählt [XXL]" ...

Viele haben sich zweifellos in bitterer Enttäuschung von [XXL] abgewendet ... …

Re: Inspiration?
geschrieben von:  X ~ mysnip
Datum: 26. Oktober 2010 19:49

ERWACHET!- Ausgabe vom 22. 10. 1950
Der Ausdruck "inspiriert" klingt doch recht religiös! Und da jeder Kommunist ohne Zögern zugeben wird, dass Stalin nicht von Jehova Gott inspiriert ist, bleibt nur die Schlussfolgerung, dass seine Inspiration vom "Gott dieser Welt, Satan dem Teufel, stammen muss. …

Sind die Schriften der WTG "von Jehova Gott inspiriert"?

WTG-Broschüre 1995 JEHOVAS ZEUGEN - MENSCHEN AUS DER NACHBARSCHAFT - WER SIND SIE? S. 31

,,Der Wachtturm ... 1981 ... ,Die Brüder, die diese Publikationen schreiben, [sind] nicht unfehlbar ... Ihre Schriften sind nicht inspiriert ... '"

"bleibt nur die Schlussfolgerung" ... ?

Re: Vor sechzig Jahren / heute
geschrieben von:  Frau von x
Datum: 27. Oktober 2010 10:35

Drahbeck Gelesen im "Wachtturm" vom 15.10.1950

"Wir mögen den Tag oder die Stunde, da die Schlacht von Harmagedon ausbricht und da die bösen Himmel und die Erde der Welt des Teufels aufgelöst werden, um den neuen Himmel und der Erde der kostbaren neuen Welt Platz zu machen, jetzt nicht wissen. ..."

WT vom 15.JULI 2010 S.6:
Die Frage, wann all das eintritt, sollte uns nicht übermäßig beunruhigen (...).

"... Wir brauchen dies auch nicht zu wissen, sondern jeden Tag können wir in dem Bewusstsein leben, dass es nahe ist."

Betrachten wir vielmehr "die Geduld unseres Hern als Rettung" und setzen wir uns eifrig im Predigtdienst und beim Jüngermachen ein.

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 02. November 2010 04:15
Auffallend an der "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 11. 1950 ist schon mal die mit dieser Ausgabe eingeführte Präambel auf der zweiten Seite jeder WT-Ausgabe. Bemerkenswert ihre betonte Ausrichtung auf die Endzeit-Naherwartung. Etwa wenn es darin heisst:

"Wenn sie beobachtet, wie unsere Generation unter Habgier, Pflichtvergessenheit, Heuchelei, Atheismus, Krieg, Hungersnot, Seuchen, Ratlosigkeit, Furcht sowie durch Verfolgung unpopulärer Minderheiten leidet, sagt sie nicht die alte Fabel nach, dass die Geschichte sich wiederhole. Durch die biblische Prophezeiung unterrichtet, erkennt sie in diesen Dingen das Zeichen der Zeit des Endes der Welt ..."

Heiß ging es auch in anderer Beziehung her, in der "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 11. 1950. Das ist diejenige, in der seitens der WTG, ihr sie inzwischen ereiltes Verbot in Ostdeutschland, zum ersten Mal in einer einigermaßen relevanten Form kommentiert wurde. Insoweit es den eigentlichen Verbotsakt betraf, kann man auch nicht so recht von einem Kommentar sprechen. Es war mehr oder weniger nur eine Zusammenfassung entsprechender Presseberichte. Dennoch, an Kommentaren eindeutiger Art, spart dieser WT nicht, wie noch aufzuzeigen sein wird.

Zum eigentlichen Verbot notiert der WT:

"Gemäß einer Meldung in der New York Times vom 31. August wurden am 30. August in Magdeburg, Sowjetzone, 60 Zeugen Jehovas verhaftet und eingesperrt. Der Bericht sagt,

dass während vergangener Monate die Zeugen 'zu Dutzenden gefangengenommen, ihre Versammlungen gesprengt und verschiedene Personen unter ihnen von der Polizei schwer geschlagen worden seien unter der Begründung, sie bedrohten den Frieden.

Beständig sind in der Kommunistenpresse Anklagen wieder sie erhoben worden, dass sie Spione und Saboteure im Solde der 'Imperialisten' der Vereinigten Staaten seien.'
Dann, am 5. September, brachte die New York Daily News eine Meldung von der United Press, datiert vom 4. September, die besagte

'Die ostdeutschen Kommunistenregierung verbot Jehovas Zeugen in der Sowjetzone heute unter der Beschuldigung, ihre Mitglieder, deren Zahl auf 25 000 geschätzt werde, trieben 'Spionage für eine fremde imperialistische .Macht' … dies war die erste formelle Aktion gegen die Organisation durch die Kornmunistenregierung, obwohl sie in den vergangenen Wochen einen Propagandafeldzug wider Jehovas Zeugen durchgeführt und ein kleines Heer von Männern und Frauen dazu bestimmt hat, die Mitglieder Tag und Nacht zu beobachten.'

Die New York Times berichtete ebenfalls über diese Sache und fügte bei:

'Gestern wurde aus zuverlässigen Quellen aus dem Osten bestätigt, die Führer der Gruppe hätten bestätigt, dass 500 Mitglieder letzten Mittwoch durch eine Geheimpolizei-Razzia im Hauptbüro Magdeburg festgenommen worden seien.'

Am 6. September veröffentlichte die New York Times folgende Reuter-Meldung vom 5. September:

'Die ostdeutscher Sicherheitspolizei hat in den vierundzwanzig Stunden seitdem die ostdeutsche Regierung die Sekte verboten hat, 1000 Zeugen Jehovas ins Gefängnis geworfen, so erklärte heute ein Wortführer der Zeugen … Die 'illegalen Pamphlete' die sich angeblich in den Büros der Sekte vorfanden, waren biblische Literatur, die in mehr als neunzig Sprachen veröffentlicht wird und in der ganzen Welt erhältlich ist.'

In der Schweiz veröffentlichte das Berner Tagblatt vom 4. September auf der Titelseite folgendes:

'Ein Vertreter der Sekte erklärt, dass der von den Kommunisten eingeleitete Feldzug gegen die Sekte zu einer Verfolgung geführt habe, die schlimmer als diejenige der Gestapo sei. Die Gestapo habe die Sektenangehörigen als Freunde der Kommunisten und Juden bezeichnet. Heute werden sie als 'Agenten des amerikanischen Imperialismus' angeklagt. Die Sekte werde sich einem diktatorischen Zwang nie beugen. Sie werde auch nicht aufhören, in der Sowjetzone das Evangelium zu predigen.'"

Es ist sicherlich verständlich, dass die WTG über diese eingetretene Situation wohl kaum "erfreut" war.
Sollte man nun der irrtümlichen Meinung sein. Na ja. Jetzt wird sich wohl das Spektakel der Berlin-Wilmersdorfer Veranstaltung vom 25. 6. 1933 wiederholen. Mit der Mitteilung an Hitler, man hätte doch eigentlich gar nichts gegen ihn. Hitler selbst habe doch gesagt, dass er positives Christentum schätze. Und man selbst sei doch auch nur "positives Christentum".
Oder solche "Liebesbekundungen", dass man Hitler beipflichtet, seine Entscheidung aus dem Völkerbund auszutreten, sei richtig.
Oder solche "Gefälligkeiten" wie die Vokabel "Handelsjuden" gegen die man doch eigentlich auch eingestellt sei, und dass zu einem Zeitpunkt, wo die SA schon mit Schildern vor jüdischen Geschäften stand, mit der Aufschrift "Kauft nicht bei Juden", wenn nicht gar noch schlimmeres.
Oder der vermeintliche "Hauptrumpf": das Verbot könne doch nur auf Missverständnissen beruhen, vor allem auf die Intrigen der bösen religiösen Konkurrenz. Man solle sich daher lieber mal in Ruhe zusammensetzen. Dann würde sich herausstellen, dass alle Verbotsgründe nur auf ausräumbaren Missverständnissen beruhen würden.

Sollte man also wirklich der Meinung sein, jetzt würde sich das Anbiederungs-Spektakel erneut wiederholen, wird man allerdings in dieser WT-Ausgabe glashart eines anderen belehrt.

Man kommt nicht umhin der WTG zu bescheinigen, dass sie global denkt. Ihre unterkühlte Zitierung von Presseberichten, ohne eigenen scharfen zusätzlichen Kommentar dazu, macht das schon deutlich. Noch deutlicher indes wird es, wenn man den in dieser WT-Ausgabe mit abgedruckten Grundsatzartikel

"Antwort an die Feinde seiner Herrschaft",

mit in die Wertung einbezieht. Da ist nämlich ersichtlich. In erster Linie interessierte die WTG nur ihre Probleme in den USA. Die inzwischen eingetretene Situation in Ostdeutschland wird zwar zur Kenntnis genommen, aber doch den Problemen der WTG in den USA eindeutig untergeordnet.

Was für Probleme hatte die WTG in den USA. Nun mit Sicherheit dieses, von den USA-Falken als kommunistische fünfte Kolonne verschrieen zu sein. Das diese These zwar nicht sonderlich stichhaltig war, liegt auf der Hand. Allein in der von den USA-Falken beherrschten öffentlichen Meinung dominierte diese These. Dagegen meint die WTG sich mit aller Kraft aufbäumen zu müssen. Das Rutherford selbst maßgeblich zu diesem vermeintlichen "Missverständnis" beigetragen hat, wird dezent unter den Tisch gekehrt.
Man vergleiche mal zur Veranschaulichung:
Rutherford's Freiheit

Für ihrem Kampf in den USA, gegen die Unterstellung, kommunistisch angehaucht zu sein, ist für die WTG das in Ostdeutschland inzwischen eingetretene nur Mittel zum Zweck. Wie weiland Hitler seiner bei Stalingrad eingekesselten Armee befahl, sie müsse bis zur letzten Patrone weiterschießen. Eine Kapitulation käme unter keinem Umständen in Betracht. So auch das agieren der WTG in Sachen Ostdeutschland.

Nachstehend einige Zitate aus dem genannten WT-Artikel:

"Das Feuer des Zweiten Weltkrieges hat nachgelassen, doch tobt nun ein 'kalter Krieg' zwischen den zwei Blocks, und ein fieberhaftes Manöver um die Macht ist im Gange. Mitten in dieser Weltlage stehen Jehovas Zeugen, die weder ost- noch westwärts weisen; sie weisen himmelwärts …
Um Beispiele von solch nachteiligen Anklagen anzuführen: Die 'Catholic Chronicle' von Toledo, Ohio, veröffentlichte am 27 Februar 1948 einen Artikel, betitelt 'Polnische Rote finanzieren 'Jehova-Agenten'', und man las dort:

'Warschau - Die atheistische Regierung von Polen finanziert Sekten wie die Zeugen Jehovas in dem Bemühen, die Katholizität des Volkes zu vernichten. 'Wachtturm'-Verkäufer machen in den Wohnungen die Runde mit Pamphleten, die die Kirche beschimpfen. Sonntagsvorträge werden zudem organisiert, worin der Katholizismus heruntergemacht und der Kommunismus verherrlicht wird.'

Dieser Bericht erschien im Juni 1948 auch in der Zeitschrift 'Vivtorian' von Vater Baker. Am darauffolgenden 16. Oktober 1948 um 18,45 Uhr las der religiöse Monsignor, der das Columbus-Register herausgibt, über Radiostation WHKC einen katholischen Bericht aus Warschau. Er stellte unser Hilfswerk für' unsere polnischen Geschwister falsch dar und sagte:

'Die Sowjet-Satelliten-Regierung ermutigt und hilft finanziell den Zeugen, deren Gratisliteratur deutliche Spuren kommunistischer Propaganda trägt.'

Jehovas Zeugen haben jetzt mehr als 18 000 tätige Königreichsverkündiger in Polen, und bedeutet etwa die Verhaftung von 80 Prozent oder 14.400 von ihnen, dass die kommunistische polnische Regierung sie ermutige und finanziere? Man höre folgende Meldung, wie sie die 'New York Times' vom 30. Juni 1950, beginnend auf ihrer Vorderseite, in Fettdruck veröffentlichte:

'Polen verhaftet Jehovas Zeugen als Spione, die von Brooklyn aus dirigiert seien',

und worin zum Teil gesagt wird:

WARSCHAU, 29. Juni - Die vollständige Liquidation eines vermutlichen Spionenrings der Vereinigten Staaten, mit Hauptquartier in Brooklyn, N.Y., wurde heute vom Ministerium der öffentlichen Sicherheit Polens angekündigt. Annähernd 80 Prozent der Mitglieder des angeblichen Rings sind verhaftet worden, so sagte das Ministerium.
Der Ring, der vermutlich durch die religiöse Sekte, Jehovas Zeugen genannt, wirkte, wurde angeklagt, Auskünfte über militärische und kommerzielle Objekte und Institutionen der polnischen Regierung gesammelt zu haben.
Gemäss der letzten offiziellen Volkszählung im Jahre 1948 hatte diese religiöse Sekte, deren Geschichte in Polen fünfzig Jahre zurückreicht, 10.000 Mitglieder in Polen …
Nachforschungen, die in den Büros der Sekte und in den Wohnungen ihrer Mitglieder durchgeführt wurden, ergaben eine grosse Menge Beweismaterial, wie der Bericht erklärte …
Eine weitere Anklage ging dahin, dass die Sekte der Aktion zur Sammlung von Unterschriften für den sogenannten Stockholmer Friedensappell, der auf die Ächtung der Atombombe dringt, widerstanden habe."

Dann leitet der WT wieder zu amerikanischen Verhältnissen über und schreibt:

"Schon früher veröffentlichte 'The Catholic Mind' in seiner Ausgabe vom 8. August 1939 einen Artikel, betitelt:

'Rutherfords Zeugen Jehovas: Sind sie Apostel der Anarchie?'

von Herbert Thurston, Gesellschaft Jesu; und er wurde von der 'America-Press' nachgedruckt. Die beabsichtigte psychologische Wirkung dieses Titels ist offensichtlich, wenn auch nicht der ganze Artikel gelesen wird.
Im November 1943 wurde die Broschüre, betitelt ''Richter' Rutherford' (engl.), verfasst vom selben Jesuiten, 'Ehrw.' H. Thurston, von Catholic Truth Society in London, England, herausgegeben, und dort heisst es auf Seite 14:

'Was immer die Bekenntnisse der Zeugen Jehovas sein mögen, besteht doch kein Raum für Zweifel, dass die Wachtturm-Tätigkeit in ihrer praktischen Auswirkung den Kommunismus, wenn nicht gar Anarchie, fördern und jedes Gefühl der Ehrfurcht für Autorität untergraben soll.'".

Dazu kommentiert der WT:

"Wir fordern jenen britischen Jesuiten heraus, seine Anschuldigung in Harmonie zu bringen, wenn er das kann, mit der öffentlichen Erklärung, die J. F. Rutherford, der damalige Präsident der Watch Tower Society, in der Royal Albert Hall, London, am Sonntag, 11. September 1938.
In seiner Rede 'Schau den Tatsachen ins Auge', die über Radio ging … sagte Mr. Rutherford:

"Die erfüllte Prophezeiung zeigt, dass Jehova Christus Jesus 1914 auf den Thron gesetzt und ihn als Herrscher ausgesandt hat, während Satan immer noch seine Macht in der Welt ausübt. Im Jahre 1917 BRACHTE SATAN IN RUSSLAND EINE KOMMUNISTISCHE ODER BOLSCHEWISTISCHE REGIERUNG HERVOR, die erste Erscheinung einer Totalitäts-Herrschaft, die Gott und sein Königreich bekämpft. Sie erklärt, der Staat sei die höchste Macht, und verfolgt die Menschen, die Gott und Christus Jesus dienen." …"

Weiter geht's im WT mit der Ausführung:

"Am 17. April 1948 richtete der Bischof von Cork, Irland, einen Brief an Geistliche die den Pfarrgemeinden in Cork und Umgebung vorstanden und der im 'Examiner' von Cork an jenem Tage veröffentlicht wurde. Nach einem Hinweis auf die Tätigkeit der Zeugen Jehovas schloss der Brief des Bischofs mit den Worten:

'Einige heissen diese Tätigkeit Kommunismus. Auf jeden Fall wird jede Schwächung der Religion vom Kommunismus als Vorbereitung für ihn selbst willkommen geheissen.'

Die 'Irish Times', Dublin, druckte diese Erklärung zwei Tage später ab.
In einem Artikel betitelt 'Jehovas Zeugen in Siligo', veröffentlichte der 'Siligo Champion', Irland, am 25. Juni 1949 den Brief des CATHOLIC LIBRARY INFORMATION BUREAU, worin es hiess:

'Die Bedrohung durch den Kommunismus wird von den Zeugen, die ihn als das Schreckgespenst bezeichneten, das die katholische Kirche mit einem höhergesteckten Ziel geschaffen habe, als nichtig dargestellt. … Der russische Atheismus wird von den Zeugen verteidigt.'

Dublins 'Evining Mail' vom 22. Juni 1949 druckte dieselbe Erklärung ebenfalls.
Der 'Sunday Independent' vom 16. April 1950 berichtet, wie eine öffentliche Veranstaltung der Zeugen Jehovas in The Fountain, Dun Laoghaire … Irland, durch Stadtbürger mit den Rufen 'Kommunisten!' und 'Weg von hier!' und 'Dahin zurück, woher ihr gekommen seid!' gesprengt worden sei.

In Griechenland werden Jehovas Zeugen als Folge von Verleumdungen der Geistlichkeit der griechischen Orthodoxen Kirche Verräter, nichtpatriotisch, Anarchisten und Kommunisten genannt, und am 17. November 1949 wurde es für uns nötig, dass wir dem Minister des Auswärtigen von Griechenland in Neuyork-Stadt schrieben, um die Frage zu beantworten, ob Jehovas Zeugen eine geheime oder kommunistische Organisation seien. …

Schon seit dem Ende des Ersten Weltkrieges im Jahre 1918 ist die amerikanische Regierung auf ihrer Hut gewesen vor der Gefahr des Kommunismus für die amerikanische Demokratie. Es wird berichtet, dass Kommunisten in Amerika seit September 1918 wirken. Doch in all den Jahren seither haben amtliche Nachforschungen auch nicht die geringste Verbindung zwischen der Watch Tower Society oder Jehovas Zeugen und dem gottlosen Kommunismus feststellen können.
Im Jahre 1941 schrieb der Senator Davis von Pennsylvanien, dem Staat, wo die Gesellschaft 1884 gesetzlich eingetragen wurde, dem Justizdepartment der Vereinigten Staaten in Washington, D. C.
Als Antwort darauf berichtete das Department, dass Jehovas Zeugen nicht kommunistisch seien und keine kommunistische Tendenzen verfolgten.

Ferner erstellte die Regierung der Vereinigten Staaten im Jahre 1948 durch ihren General-Staatsanwalt eine Liste aller Organisationen, die totalitär, faschistisch, kommunistisch und umstürzlerisch waren und den Umsturz der Regierung durch Gewalt oder verfassungswidrige Mittel befürworteten. Der General-Staatsanwalt lieferte diese Liste von Organisationen dem Vorsitzenden des Loyalty Reviews Board of the United Civil Service Comission (Loyalitäts-Prüfungs-Ausschuss der Staatsdienst-Kommission der Vereinigten Staaten). Mit Brief vom 21. September 1948 (Memorandum Nr. 19) sandte der Vorsitzende des Loyalty Review Board eine Liste solcher Organisationen an alle Exekutiv- Departmente und Stellen der Regierung der Vereinigten Staaten. Eine Prüfung dieser offiziellen Liste umstürzlerischer und ungesetzlicher Organisationen enthüllt, dass die Namen der Zeugen Jehovas und der Watch Tower Bible & Tract Society nirgends darin erscheinen.

Die Falschmeldung über Jehovas Zeugen drang selbst in ein veröffentlichtes Memorandum des Marine-Korps Memorandum der Vereinigten Staaten ein. Demzufolge besagte das Marine-Korps-Memorandum Nr. 55-49, das am 6. Juni 1949 freigegeben wurde, dass Jehovas Zeugen Verbindung hätten mit dem Kommunismus. Auf diesen Irrtum wurde das Hauptquartier des U.S.-Marine-Korps in Washington, D.C., aufmerksam gemacht. Als Antwort sandte der Kommandant des Marine-Korps in Washington unserem Rechtsanwalt einen Brief, datiert 15. Dezember 1949, worin er der Überzeugung Ausdruck gab, dass die Erklärung über Jehovas Zeugen jeglicher Grundlage gänzlich entbehre. Sein Brief besagt:

'Ich habe angeordnet, dass die Erörterung 'Kommunismus in den VereinigtenStaaten' - (Beillage(B) zum Marine-Korps-Memorandum Nr. 55-49) revidiert werde, um jegliche Bezugnahme auf Jehovas Zeugen auszuschalten, und ich werde anweisen, dass alle Exemplare, die zur Zeit existieren und diese-Bezugnahme enthalten, vernichtet werden. Ausserdem lasse ich ein Memorandum vorbereiten, das von unserem Haupt quartier herausgegeben und dieselbe Verbreitung haben wird wie das Marine-Korps-Memorandum Nr. 55-49.
Dieses Memorandum wird dartun, dass die Bezugnahme auf Jehovas Zeugen in Beilage (B) des Marine-Korps-Memorandum Nr. 55-49 vollständig unbegründet war, dass es ohne richtige Information erstellt und in völligem Missverständnis der Tatsachen gemacht wurde, und dass unser Hauptquartier die Veröffentlichung dieser unglücklichen Erklärung bedauert … Bitte drücken Sie ihren Klienten, der Watch Tower Bible and Tract Society und Jehovas Zeugen, mein aufrichtiges Bedauern aus für die Veröffentlichung der beklagenswerten Bezugnahme auf sie.
Wenn unser Hauptquartier irgendeine weitere Massnahme ergreifen kann, so bitte zögern sie nicht mich zu unterrichten.

Unter dem Datum des 23. Dezember 1949 wurde das Marine~Korps-Memorandum Nr. 131-49 freigegeben und angeschlagen, und es führte all das, was der Kommandant im vorhergehenden Briefe versprochen hatte, völlig aus. Unnötig zu bemerken, dass wir dieses ehrenhafte Handeln des Hauptquartiers des Marine-Korps der Vereinigten Staaten sehr hoch schätzen....

Von früh an haben die Wachtturm-Schriften den Kommunismus als Weltgefahr blossgestellt und gezeigt, dass er undurchführbar und zum Fehlschlag verurteilt ist und im Widerspruch steht mit dem. von Christus regierten Reiche Gottes. Schon in .seiner dritten Ausgabe (engl),
im September 1879, sagte Der Wachtturm in seinem Leitartikel, betitelt "Der Tag des Herrn" (Abschnitte 7 und 14), das Nachfolgende, und man möge sich beim Lesen daran erinnern, dass dies nicht etwa im Jahre 1950, sondern weit zurück, vor einundsiebzig Jahren veröffentlicht worden ist:

"Sehr viele Schrifttexte scheinen zu lehren, dass die Königreiche der Erde durch eine Erhebung des Volkes gestürzt werden, das zur Verzweiflung getrieben wird, durch Mangel an Beschäftigung und auf seiner Suche nach Befreiung von Bedrückung durch blutdürstige Regierungen. Eine solche Erhebung und einen solchen Umsturz würden Sozialisten, KOMMUNISTEN und Nihilisten heute gern herbeiführen, wenn sie das könnten. Nun anerkennt die Heilige Schrift, dass Unrecht und Bedrückung in den Nationen besteht und sagt folgendes als den Weg voraus wodurch diese gestürzt werden sollen: 'Wohlan nun, ihr Reichen weinet und heulet über euer Elend, das über euch kommt! Ihr habt Schätze gesammelt für die letzten Tage. Siehe, der Lohn der Arbeiter, der von euch vorenthalten ist, schreit.' - Jak, V. 1. Doch anerkennt sie diesen Kommunismus nicht als recht, sondern eher das Gegenteil, indem sie Gläubige anweist, … zu uns sagend: 'Habt nur Geduld, Brüder, bis zur Ankunft des Herrn.'
… Und es ist erstaunlich, wie überaus schnell diese Dinge, die man einst als absurd und unmöglich ansah., Wirklichkeiten werden. Als wir und einige andere erst vor ganz kurzem diese Dinge darlegten und auf die Tatsache aufmerksam machten, dass gelehrt werde, es würden Unruhen entstehen durch eine Erhebung des Volkes und den Umsturz von Regierungen - Kommunismus - lachte man über uns; bestimmt gab es damals nur geringe Anzeichen von Kommunismus; heute aber ist jede zivilisierte Nation in Schrecken, und Nihilismus, Kommunismus und Sozialismus sind alltägliche Begriffe geworden, und wir sehen, dass 'die Menschen verschmachten vor Furcht und Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen, denn die Kräfte der Himmel (Regierungen) werden erschüttert werden. …

In seiner Ausgabe (engl) vom Juni 1883 sagte Der Wachtturm (Seite 8):

'In andern Worten: entferne das Element, das zur vorsichtigen Klugheit, zur Sittlichkeit und zum Rechttun ermahnt, aus den Ratschlägen der ruhelosen Massen - aus den Arbeiterverbänden und ändern Vereinigungen, und das niedere Element übe Macht über sich selbst aus, so wird als Ergebnis rasch die Vernichtung von Leben, Besitztum, Gesetzes und Frieden folgen - eine Herrschaft der Anarchie grossen Stils im Namen des Kommunismus.'

Der Wachtturm veröffentlichte in seiner Ausgabe (engl.) vom Januar 1884 (Seite 5) den Artikel 'Licht in der Finsternis' und zitierte in Abschnitt 5 die Erklärung aus Blackwood-s Magazine:

'Wie demütigend ist auch der Gedanke, dass … die gefährlichen Klassen und zersetzenden Kräfte furchtbarer werden denn je, und dass die - soziale Revolution' - als atheistischer Kommunismus und Nihilismus - noch das ganze System der Zivilisation, welches das moderne Europa als das höchste Ergebnis der arischen Gemeinschaft der Nationen allmählich vervollkommnet hat, noch bis zu ihren Grundlagen erschüttert mag.'

Nun beachte man die ferneren Darlegungen: Der Wachtturm sagte in seiner
Ausgabe (engl.) vom 1. September 1895 unter dem Titel 'Sie hatten alles gemein' folgendes:

'Die Erfahrung beweist das Versagen kommunistischer Methoden in der Gegenwart. … Die Bibel lehrt nicht Kommunismus, sondern lehrt liebenden, rücksichtvollen Individualismus, ausser im Sinne des Familienkommunismus, wo jede Familie als Einheit handelt …
Ferner ist das Bilden einer Kommune von Gläubigen dem Zweck und den Methoden des Evangeliumszeitalters entgegengesetzt. Das Ziel dieses Zeitalters ist, für Christus der Welt Zeugnis zu geben und so 'ein Volk für seinen Namen herauszunehmen'; und hierzu wird jeder Gläubige ermahnt, ein brennendes, leuchtendes Licht zu sein vor den Menschen - der Welt im allgemeinen - und nicht nur vor-seinen Mitgläubigen … Immer noch hat Gottes Volk die Aufgabe, wie Leuchter zu leuchten inmitten der Welt und sich nicht in Klöstern oder als Gemeinschaften abzuschliessen. Die Verheissungen eines Paradieses erfüllen sieh nicht dadurch, dass man sich solchen Kommunen anschliesst.'

Der Wachtturm veröffentlichte in seiner Ausgabe (engl.) vom 1. Januar 1902 den Artikel, betitelt 'Die Urkirche', und unter dem Untertitel 'Der Kommunismus zur Zeit undurchführbar' sagte er:

'Die Urkirche pflegte nicht das, was jetzt als Kommunismus bekannt ist; … Soweit die Aufzeichnung zeigt, gab es keine zwangsweise Aufteilung der Güter, wie der Kommunismus dies bezweckt. Im Gegenteil, alles geschah freiwillig; und alles Derartige ist ebenso frei, so freiwillig und so recht jetzt, wie damals - nicht mehr, nicht-minder. … Es ist beachtenswert, dass die Apostel, den Kommunismus weder geboten noch anrieten; noch deuten ihre Schriften an, dass er in der Urkirche herrschte.'

Im Jahre 1886 gab die Watch Tower Bible & Tract Society das Buch Der Plan der Zeitalter heraus, und dieses Buch wurde weiterhin veröffentlicht und in Millionen von Exemplaren und vielen Sprachen bis 1929 in Umlauf gesetzt, in welchem Jahre man es ausgehen liess. In Kapitel 15, betitelt 'Der Tag Jehovas' hiess es in der deutschen Ausgabe dieser Wachtturm-Publikation, auf Seite 321, oben:

'Folglich werden die Reichen mehr auf die Seite der Obrigkeiten gezogen und die um Lohn arbeitenden Massen fangen an zu denken, dass Gesetze und Obrigkeiten nur zu dem Zweck da seien, den Begüterten zu helfen und die Armen im Zaum zu halten, und darum werden sie in die Arme des Kommunismus und der Anarchie getrieben, in der Meinung, dass ihre Interessen dadurch am besten gefördert werden würden, wobei sie vergessen, dass die schlechteste Obrigkeit (Regierung) und die teuerste bei weitem besser ist als gar keine.'

All die vorangegangenen veröffentlichten Aufzeichnung eh sprechen für sich.

Nach diesem geschichtlichen Rückblick geht der WT wieder zur Gegenwart über:

"In Russland sind Jehovas Zeugen und die Watch Tower Bible & Tract Society weder eingetragen noch gesetzlich anerkannt. Sie sind dort geächtet und verbannt. Wegen ihrer biblischen Art, Gott den Höchsten anzubeten, sind sie grausam verfolgt und von den Kommunisten nach Sibirien verbannt worden. Dem ist nicht etwa so, weil sie Titoisten wären, denn im Jahre 1947 hat Titos Jugoslawien alle Beamten, welche die Watch Tower Bible & Tract Society und Jehovas Zeugen in Zagreb vertraten, eingesteckt und sowohl die Gesellschaft wie die Zeugen verboten. Elf jener Beamten wurden gerichtlich eingeklagt und auf Grund von Urteilen, die auf die lange Zeit von drei bis zwanzig Jahren lauteten, gefangengenommen.

Die Regierung von Albanien hat Jehovas Zeugen ebenfalls ins Gefängnis gesteckt und ihre Organisation verboten. Die Tschechosslowakei hat alle Beamten der Watch Tower Society und der Zeugen Jehovas, die das Werk dort betrieben, in Arbeitslager verbracht, nachdem ihnen Gerichtsverhandlungen versagt worden waren.
Rumänien hat die Beamten der Watch Tower Society ins Gefängnis geworfen, das Eigentum der Gesellschaft beschlagnahmt und Jehovas Zeugen verboten.
Auch Bulgarien hat sie verboten.
Ferner werden sie in Ungarn und Polen verfolgt.
In Ostdeutschland, das nun vom kommunistischen Russland beherrscht wird, geht dieselbe Verfolgung wider sie vor sich. Dies noch mehr seit dem 30. Juli 1949, als 18.000 Zeugen Jehovas, die in Berlin, in der Waldbühne, zu einem Kongress versammelt waren, eine Resolution annahmen, worin die Verfolgung durch die Kommunistenmächte in Ostdeutschland blossgestellt und ein lebhafter Protest dagegen erhoben wurde.

In den oben erwähnten Ländern haben es die kommunistischen Regierungen illegal erklärt, die Publikationen der Watch Tower Bible & Tract Society zu drucken oder zu verbreiten, wiewohl diese in den Vereinigten Staaten und in andern Ländern des Westblocks frei in Umlauf sind. Wir fragen daher: Wenn Jehovas Zeugen kommunistisch wären, wie unsere religiösen Feinde in der Christenheit es behaupten, warum haben dann die Kommunistenmächte diese Zeugen, die den Namen Gottes Jehovas tragen, geächtet und ihr Besitztum beschlagnahmt und ihnen mit fanatischer Verfolgung nachgestellt?…"

Um das ganze noch wirkungsvoller zu machen, druckt der "Wachtturm" dann noch das zitierte Antwortschreiben des Marinekorps in Faksimile ab:

Mehr noch. Auf dem New Yorker Kongress 1950 der Zeugen Jehovas, liess WTG-Präsident N. H. Knorr eigens eine "kraftvolle" Resolution gegen den Kommunismus annehmen. Datiert vom 1. August 1950. Zur Erinnerung nochmal. Das offizielle DDR-Verbot datiert dreißig Tage später.
In dieser Resolution liest man endzeitlich verbrämt, unter anderem:

" … da wir für Gott und sein durch Christus regiertes Königreich sind, könnten wir niemals kommunistisch sein. Wir weisen die falsche Anklage unserer Feinde, Kommunisten zu sein, öffentlich zurück. Wir bestreiten, irgendwelche Verbindung mit Kommunismus zu haben oder ihn oder irgendein anderes politisches Element dieser alten Welt zu unterstützen, vielmehr erheben wir vereint Protest gegen die Verfolgung von Jehovas Zeugen durch die Kommunisten und andere Regierungsmächte; und wir erklären die Verfolgung irgendeiner religiösen Minderheit durch politische Regierungen und mächtige religiöse Hierarchien als unrecht und wir werden uns an solche nicht beteiligen. …"

Zusammenfassend kann man sagen:
Sollte die USA-Falken in jenen Tagen mal eine Bilanz in Sachen Zeugen Jehovas gezogen haben, so werden sie wohl vor stolz geschwellter Brust, kaum noch geradeaus laufen gekonnt haben. Ihr Ziel die Zeugen als scharfe Speerspitze im kalten Krieg einzusetzen, haben sie mit Sicherheit auf der ganzen Linie erreicht!

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 09. November 2010 00:38
Im Reklametext für das WTG-Buch "Gott bleibt wahrhaftig" schreibt "Erwachet!" vom 8. 11. 1950:

"Enttäuschung? Oder angebrachtes Vertrauen?
Sich darauf zu stützen, dass Menschen die Weltübel beheben sollen, führt immer und immer wieder zu Enttäuschungen. Die führenden Männer der Welt haben sich im allgemeinen von der Wahrheit und Gerechtigkeit abgewendet, und die wenigen, die sich um Hilfe für andere bemühen, leiden an ihrer eigenen Unzulänglichkeit. So sagt die Heilige Schrift denn mit Recht: 'Verlasse dich nicht auf große Menschen - auf blosse Sterbliche, die keine Hilfe bieten können.' (Psalm 146:3, Moffatt)."

Das ist ein durchaus charakteristischer Text für die zeitgenössische Befindlichkeit der Zeugen Jehovas. Das Verstärken der ohnehin bestehenden Ressentiments, mit dem Hintersinn, dabei die eigene Organisation als "Alternative" zu verkaufen. Eine fragwürdige "Alternative", die in ihrer Ausbeutungsgier selbst keine Grenzen kennt; ersichtlich an solchen Details wie ihrer Predigtdienstforderung (selbstredend auf eigene Kosten und neben den beruflichen und familiären Pflichten). Und das ganze gar sechzig Stunden, wie sich die WTG Anfang der vierziger Jahre dazu verstieg (für Versammlungsverkündiger; Pioniere noch entsprechend mehr). Es geht nicht darum, dass diese Forderung sich so nicht durchsetzen ließ. Es geht einzig und allein um die Gier der Organisation, die sich darin offenbart.

Wenn dann dieselbe Organisation allen anderen prinzipiell Schlechtes unterstellt, dann ist es wohl so, dass hier der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben werden soll!

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 16. November 2010 03:48
Der "Wachtturm" vom 15. 11. 1950 berichtet besonders über die "Freigabe" des ersten Bandes der "Neuen Welt Übersetzung" der Zeugen Jehovas anlässlich ihres New Yorker Kongresses des Jahres 1950. Diese Ausführungen erschienen der WTG so bedeutsam, dass sie in ihrem Buch "Jehovas Zeugen in Gottes Vorhaben" (S. 255 - 257) selbige wiederholt.
Grundlage jener Übersetzung war der Text von Westcott & Hort.

Der Theologieprofessor Kurt Aland äußerte sich über Westcott & Hort wie folgt:

"Die Engländer Brooke Foss Westcott (1825-1901) und Fenton John Anthony Hort (1828-1892) gaben 1881 The New Testament in the Original Greek (mutig!) heraus, dessen Leitstern der Vaticanus ist, den sie für den "neutralen" Text hielten (einen solchen gibt es natürlich nicht) der aber nur in den Evangelien dem Sinaiticus (und allen anderen Majuskeln) überlegen ist, in den Paulinen nicht. Westcott und Hort mußten hinter das 4. Jahrhundert rückschließen, sie schrieben irrtümlich den Codex Bezae Cantabrigiensis (5. Jh) dem 2. Jahrhundert zu. Sie hatten keine Originale vorliegen, schrieben keinen kritischen Apparat (nur im Anhang)."

Ein weitere Bibelübersetzer, Nestle, auf den sich heute viele andere Bibelübersetzer stützen, wird von Aland mit den Worten eingeschätzt:

"Nestle verglich die Texte von Tischendorf und Westcott/Hort miteinander und nahm eine dritte Ausgabe hinzu (Weymouth 1892, dann Weiss) , so daß Mehrheitsentscheid über den Text bestimmte."

Also mit anderen Worten. Der Text von Westcott & Hort hat dort seine Dominanz verloren.

Bemerkenswert ist auch noch, dass extrem-fundamentalistische Kreise, welche glauben die "King James Übersetzung" hochhalten zu müssen, an Westcott & Hort beispielsweise kritisieren:

"Westcott glaubte, daß der Himmel ein Zustand und kein realer Ort sei. Beachte die folgenden Zitate von Bischof Westcott:

"Zweifellos ist die Sprache der liturgischen Anweisung unvorsichtig, aber sie schützt uns vor dem Fehler, die Gegenwart von Christus´ verherrlichter menschlicher Natur mit einem Ort in Verbindung zu bringen; 'Himmel ist ein Zustand und kein Ort'." "Wir mögen die vernünftige Hoffnung haben, daß es uns möglich ist, durch geduldiges, entschlossenes, treues und vereintes Bemühen den Himmel über uns hier zu finden, die Ehre unseres irdischen Lebens."

http://web.archive.org/web/20040826195240/http://www.cai.org/de/themesheets-de/category+b/sb0093de.htm
Als neueren Link, in der Sache offenbar weitgehend identisch, siehe auch:
http://www.cai.org/de/bibelstudien/warum-christen-die-king-james-bibel-verwenden-sollten

Nachstehend einige Auszüge, wie der WT jene Übersetzung seiner Leserschaft vorstellte:
Man habe ursprpünglich die King James Version von 1611 (im englischsprachigem Raum)

" als grundlegende Übersetzung zum Bibelstudium benutzt. …

Nebst auch noch anderen Übersetzungen, 70 an der Zahl, die aber eher nur in Einzelfällen.

Im Jahre 1902 gelangte die Watch Tower Society in den Besitz ihrer ersten Platten einer Bibelausgabe und konnte eine Bibeln druckende Gesellschaft werden. Es waren dies die Platten einer "betonten" Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften, welche als 'The Emphatic Diaglott' bekannt ist. Dies war erstmals im Jahre 1864 von ihrem Verfasser, Benjamin Wilson, einem Zeitungsredakteur von Geneva, Illinois, veröffentlicht worden, der niemals mit der Watch Tower Bible & Tract Society verbunden war. Diese "betonte" Übersetzung wies einige beachtenswerte Merkmale auf, die zu einem besseren Verständnis der Wahrheit gereichten.

1926 habe man die dann im eigenen Druckereibetrieb selbst hergestellt.
Zu Zeiten des zweiten Weltkrieges

gelang es der Gesellschaft, Platten der vollständigen King-James-Bibel zu kaufen.

Die ebenfalls selbst gedruckt gab es dann im Jahre 1942.
Als nächstes hatte sich die WTG dann die
American Standard Version (Amerikanische Standard-Bibel). Ausgeguckt. Selbige meint sie mit den Worten belobigen zu können:

Außer den vielen Verbesserungen, die sie der englischen King-James-Bibel gegenüber aufweist, hat sie den beachtlichen und lobenswerten Vorzug, den Namen Gottes an den 6823 Stellen, wo er in den Hebräischen Schriften vorkommt, mit "Jehova" wiederzugeben.

Und weiter:

Nach langen Verhandlungen und zufolge einer finanziellen Übereinkunft konnte die Watch Tower Society im Jahre 1944 die Benutzung der Platten der vollständigen Amerikanischen Standard-Bibel erwerben, um diese Übersetzung auf ihren Pressen mit einem besonders vorbereiteten Anhang als Bibelstudienhilfe zu drucken.

Jene Übersetzung, wiederum nur bezogen auf den Englischsprachigen Raum, wurde dann 1944 kredenzt.
Aber immer noch empfand man die verwendeten Übersetzungen als mangelhaft.

In dieser oder jener wichtigen Hinsicht sind sie inkonsequent oder unbefriedigend, beeinflußt durch religiöse Traditionen oder weltliche Philosophie

Der nächste Coup wird mit den Worten beschrieben:

Besonders seit 1946 hat der Präsident der Watch Tower Bible & Tract Society nach solch einer Übersetzung der christlichen Griechischen Schriften gesucht. Am 3. September 1949, 8 Uhr morgens, berief der Präsident der Gesellschaft eine gemeinsame Sitzung des Direktionsausschusses, sowohl der pennsylvanischen als auch der New Yorker Körperschaft, ins Hauptbüro (Bethel), … Nachdem, diese Sitzung eröffnet worden war, gab der Präsident diesen acht Mitdirektoren das Vorhandensein eines "Neue-Welt-Bibelübersetzungskomitees"

Nähere Details über jenes ominöse "Neue-Welt-Bibelübersetzungskomitees" werden indes nicht mitgeteilt. Das wiederum darf wohl so gedeutet werden. Hätte die WTG deren Namen offiziell mitgeteilt, bestand für sie die Befürchtung; es wiederholt sich das, was Russell schon erleben musste.
Dem warf nämlich die religiöse Konkurrenz vor, er könne ja überhaupt kein Griechisch.
Und zu seiner Verteidigung konnte er lediglich ausführen, er habe aber einige Wörterbücher zur Verfügung.
Ergo bestand erneut die Gefahr, die religiöse Konkurrenz werde die wissenschaftliche "Reputation" jenes ominösen "Neue-Welt-Bibelübersetzungskomitees" ernsthaft in Zweifel ziehen.
Dann gibt es da noch den Satz:

Am 9. Februar 1950 unterbreitete das Neue-Welt-Bibelübersctzungskomitee sein wichtiges Vorwort der Übersetzung …"

Eben besagtes Vorwort sucht dann zu "begründen" weshalb man in dieser oder jener Frage vom üblichen Mainstream abweicht.
Indes als es später dann noch etwa die Deutschsprachige Variante der NW-Übersetzung gab, ist jenes ausführliche Vorwort schon mal entfallen.
Eingeräumt wird:

Ein hervorragendes Merkmal, das wohl grossen Widerstreit unter modernen Übersetzern und religiösen Führern der Christenheit hervorrufen wird, ist die Benutzung des von Gott selbst gegebenen Namens in dieser englischen Wiedergabe der Christlichen Griechischen Schriften. ...
Doch während wir das Beachtenswerte an der Aussprache "Jah-we" anerkennen, hat doch das Übersetzungskomitee im Englischen die Form "Jehovah" beibehalten, weil man damit vertraut war und weil es die vier ursprünglichen Buchstaben des hebräischen Namens beibehält. Zu Gottes eigener Zeit werden wir, wenn er die richtige Aussprache seines heiligen Namens offenbart, die genaue Korrektur gerne vornehmen.

Mit letzterer Floskel räumt man selbst ein, sich bewusst zu sein, mit dem Jehovas-Namen zwar einer eigenen lieb gewordenen Tradition zu entsprechen, jedoch zugleich zugebend müssend, dies entspricht nicht dem tatsächlichen Stand der "hochgelehrten Wissenschaft."
Und damit das ganze noch mit der obligaten Endzeit-Naherwartung gespickt werde, äußert der WT dann noch:

"Der Beginn der Weltwehen im Jahre 1914 und die ganze Erfüllung der biblischen Prophezeiungen seither bezeugen, dass wir bestimmt in der "Zeit des Endes" der Welt leben. Gottes Billigung und Segen ruhen nicht auf dieser verurteilten Welt, weder auf irgendeiner ihrer politischen, kommerziellen noch religiösen Bestrebungen, dieses alte System der Dinge weiterhin zu erhalten, sondern statt dessen trifft sei sein gerechter Grimm und Zorn. Das Sammeln der Nationen und das Zusammenbringen der Königreiche samt ihren Vereinigten Nationen und den politischen Blocks und Pakten innerhalb des Rahmens der UN-Organisation nähern sich der Endetappe. Die Zeit, da die ganze irdische Einrichtung, das System der Dinge, im Feuer des Eifers Jehovas verzehrt werden soll, rückt näher.

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 23. November 2010 00:08
Eine Abrechnung mit der katholischen Kirche in Kanada, gespickt mit ein paar weiteren Seitenhieben, liest man in der "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 11. 1950:
Einige Auszüge daraus:

"Der Vatikan tut sehr entrüstet über den vom gottlosen Kommunismus errichteten Eisernen Vorhang, schafft mit seiner eigenen Politik jedoch überall dort, wo er sie durchsetzen kann, eine auffällige Parallele zur Politik des totalitären Russland. Der Kommunismus und der römische Katholizismus sind gleichermassen bemüht, innerhalb ihres Machtbereiches die Zeugen Jehovas an der Verkündigung des Evangeliums zu verhindern.

Bezichtigt wird dann die römisch-katholische Kirche in den von ihr beherrschten Gebieten der katholischen Provinz Quebeck in Kanada, ebenso wie die Sowjetunion keinerlei Andersdenkenden Freiheit zu gewähren.

Bei aller Verschiedenheit in der Benennung und in Äusserlichkeiten, geben sich der römische Katholizismus und der russische Kommunismus in den grundlegenden Anschauungen, die ihr Verhalten rechtfertigen sollen, doch als Totalitäts-Zwillinge aus.

Zitiert wird dann ein Herr Wischinsky als Anwalt des Kommunismus, der da verlautbart haben soll:

'In unserem Staate gibt es für die Feinde des Sozialismus keinerlei Redefreiheit, Pressefreiheit und dergleichen, und kann es natürlich auch nicht geben.'

Und als Kontrast dazu:

Den gleichen Geist engherziger Unduldsamkeit zeigt die Jesuitenzeitschrift 'Civilta Cattolica', wenn sie schreibt:

'Die römisch-katholische Kirche (muss) für sich allein das Recht auf Freiheit verlangen. … In einem Staat, dessen Bevölkerung mehrheitlich katholisch ist, wird die Kirche dementsprechend verlangen, dass dem Irrtum (d. h. den nichtkatholischen Glaubensanschauungen) das Daseinsrecht verwehrt wird, und dass, wenn religiöse Minderheiten tatsächlich vorhanden sind, ihr Bestand nur de facto sein soll, ohne dass sie Gelegenheit bekommen, ihre Glaubensansichten zu verbreiten.'

Und der weitere WTG-Kommentar dazu besagt:

Die Amtsstellen in der Provinz Quebeck haben alles getan, was sie konnten, um den Zeugen Jehovas die Glaubensfreiheit zu verwehren, ja sie möglichst sogar aus der Provinz hinauszudrängen.
Im 'Star' von Montreal stand am 4. Dezember 1946:

'Auf Krieg ohne Erbarmen gegen die Zeugen Jehovas lautete ein Erlass des Premierministers Maurice Duplessis an die Provinzpolizei … wie er sagte, beabsichtigt er, mit ganz rigorosen Massnahmen gegen jene Leute vorzugehen, die unter der Bezeichnung als Zeugen Jehovas Propaganda machten.'

In einem gemeinen Versuch, diese Menschen anzuschwärzen und in ein schlechtes Licht zu rücken, wetterte er:

'Kommunisten, Nazi und jene, die sich als Propagandisten für das heimtückische Unternehmen der Zeugen Jehovas betätigen, werden so angefasst werden, wie sie es verdienen; denn die Regierung der Nationalen Union lässt einen Kompromiss mit solchen Leuten nicht zu.' …

Und weiter "Erwachet!" in seiner Berichterstattung:

So schrieb der 'Citizen' von Ottawa am 18. April über Jehovas Zeugen:

'Ihre Anklage als 'lodernden Hass' in Quebeck klingt glaubwürdiger angesichts der Verfolgungen. Durch Presseäusserungen ermutigt, verdoppelt die Sekte ihren Eifer. Der römische Katholizismus beginnt in würdeloser Weise einem Elefanten zu ähneln, der sich vor einer Maus ängstigt. Die grundlegende Frage ist jedoch die der Religionsfreiheit. Kleine Sekten haben genau soviel Recht wie große Kirchen, andere zu bekehren, wenn sie es können. Römisch-katholische und Protestanten, deren Organisationen als verfolgte Sekten begannen, protestieren sofort gegen religiöse Verfolgungen in anderen Ländern. Sie sollten auf dem Posten sein, um sich in Kanada als erste für Duldsamkeit einzusetzen …

Jenes Blatt meinte weiter:

Die Sektierer haben das Recht, ihre Anschauungen zu predigen und zu verbreiten. Wer eine Abneigung dagegen hat, kann sich entweder auf eine Erörterung einlassen oder stillschweigend darüber hinweggehen. In einer geordneten Gesellschaft muss die Wahrung der persönlichen Freiheit das Anliegen aller Kanadier sein, der Protestanten wie der Katholiken, der Englisch- wie der Französischsprechenden. Quebecks führende Männer im Staat, in der Religion und im Erziehungswesen haben die Verpflichtung, darauf zu bestehen, dass die Gesetze respektiert und die bürgerlichen Freiheiten geschützt werden.'"

Unter der Überschrift: "Verbot der Zeugen Jehovas durch Kommunisten. Zeugen Jehovas in Polen als von Brooklyn dirigierte Spione verhaftet.' liest man in dergleichen "Erwachet!"-Ausgabe:

"Unter dieser Überschrift veröffentlichte die New Yorker 'Times' vom 30. Juni 1950 auf der ersten Seite die folgende Sonderdepesche von Edward A. Morrow:

'Warschau, 29. Juni. -
Die vollständige Auflösung eines angeblichen Spionageringes der Vereinigten Staaten, mit Zentrale in Brooklyn, N. Y. wurde heute vom polnischen Ministerium für Öffentliche Sicherheit bekanntgegeben. Nach Angabe des Ministeriums sind ungefähr 80 Prozent der Mitglieder des angeblichen Ringes verhaftet.
Der Ring, der seine Tätigkeit durch die als Jehovas Zeugen bekannte Religionssekte betrieben haben soll, wird zur Last gelegt, Informationen über militärische und kommerzielle Angelegenheiten und über polnische Staatseinrichtungen gesammelt zu haben. Gemäss der letzten amtlichen Volkszählung vom Jahre 1948 hatte diese Religionssekte, die in Polen seit fünfzig Jahren besteht in diesem Land 10 000 Mitglieder (Die letzten aus Polen erhaltenen Angaben weisen für den 1. April 1950 mehr als 18 000 mitwirkende Zeugen Jehovas auf).
Dies ist die erste von Staats wegen erhobene direkte Anschuldigung, dass die Vereinigten Staaten hierzulande Spionage trieben.'

Der Bericht geht weiter mit der Aussage:

Nach Angabe von Morrow bezeichnete die polnische Tageszeitung 'Express Veiczorny' die Zeugen Jehovas als 'Vorposten eines Spionagenetzes der Vereinigten Staaten'. Und was für Beweise liegen für diese aufsehenerregenden Anschuldigungen vor? Nach Angabe von kommunistischer Seite sollen Jehovas Zeugen 'Spionagezentralen organisiert haben, die unter anderem die Aufgabe hatten, Ablenkungsmanöver durchzuführen, Informationen von militärischem, wirtschaftlichem und kommerziellem Wert zu sammeln und in die wichtigeren Ämter Spione hineinzubringen.' Razzien bei Zeugen Jehovas hätten Flugschriften zutage gefördert, in denen - man höre und staune! - auf Grund von Bibelstellen von einem nahe bevorstehenden Krieg und einer Katastrophe gesprochen wird, womit unter dem Volk eine Panik hätte hervorgerufen werden sollen. Weiteres gegen die Zeugen Jehovas vorgebrachtes 'Beweismaterial': sie weigerten sich für einen kommunistischen 'Friedensappell', der ein Verbot der Atombombe verlangt, Unterschriften zu sammeln. …

Und dazu wird dann WTGseitig kommentiert:

Merkwürdig! In katholischen Ländern werden Jehovas Zeugen beschuldigt, Kommunisten zu sein, wie es zum Beispiel jetzt in der Dominikanischen Republik geschieht; aber hinter dem Eisernen Vorhang werden die Zeugen Jehovas beschuldigt, für die Westmächte zu spionieren. Die fünfzig Jahre Geschichte der Zeugen Jehovas in Polen zeigen, dass sie zuerst von dem Kirche-und-Staat-Regime der Hierarchie gehasst und verfolgt wurden. Hernach wurden sie verfolgt, als die Nazi an der Macht waren. Und jetzt wurden sie von den Kommunisten verfolgt.
Nach der Scheinanklage auf Spionage erfolgte unverzüglich ein vollständiges Verbot der Zeugen Jehovas und Stillegung ihrer öffentlichen Predigttätigkeit im ganzen Lande, wie der New Yorkes 'Times' am 3. Juli aus Warschau gemeldet wurde."

Über die Dominikanische Republik liest man in dieser "Erwachet!"-Ausgabe. Und letztere ist ja näher vor der Haustür der USA befindlich: "Die Dominikanische Republik zertrampelt die Freiheit.
Als erste Nation im Westblock hat die Dominikanische Republik am 21. Juni die christliche Organisation der Zeugen Jehovas aufgelöst und ihre Zusammenkünfte verboten. Zur Begründung dieses Verbots gibt der von Innenminister J. Antonio Hungria unterzeichnete Erlass an, die Zeugen weigerten sich, 'an der Politik oder den Wahlen auf örtlichem, nationalem oder internationalem Gebiet' teilzunehmen; sie befolgten die Landesgesetze nur, 'wenn diese mit den Grundsätzen des Rechtes und der Gerechtigkeit im Einklang sind', sie lehnten es ab, den 'bewaffneten Streitkräften der Republik' beizutreten und nähmen Abstand davon, 'der Flagge, einem Symbol der Vortrefflichkeit des Vaterlandes, Ehrerbietung zu bezeugen.' …

Die WTG indes meint dazu:

Was den Flaggengruss betrifft, so ist dies kein Beweis für Staatstreue. Auch die schlimmsten Verräter grüssen bedenkenlos die Fahne. Jehovas Zeugen hingegen bringen den Landesfahnen, als Sinnbildern der zivilen Macht, die gebührende Achtung dar, können sich aber nicht - als einer Form des von Gott verbotenen Bilderkultes - vor ihnen niederbeugen. Dadurch wird die Sicherheit des Staates in keiner Weise gefährdet.
Als Senor Hungria dieses Verbot unterschrieb, hatte er einen weissgewandeten Jesuitenpriester bei sich. Gelten in der Dominikanischen Republik die Landesverfassung mit ihren Freiheitsbestimmungen, sowie die übernommene UN-Charta mit ihren Vorkehrungen für die Menschenrechte als blosse Papierfetzen?"

Über Ostdeutschland schreibt immer noch ein und dieselbe "Erwachet!"-Ausgabe:

"Berlin, 4. Okt. (Reuter)
Der Oberste Gerichtshof der Ostdeutschen Republik verurteilte am Mittwoch zwei Mitglieder der religiösen Sekte 'Zeugen Jehovas' zu lebenslänglicher Zwangsarbeit und sieben weitere zu Zwangsarbeitsstrafen von acht bis zu fünfzehn Jahren. Alle Angeklagten wurden schuldig gesprochen, fortwährend Spionage getrieben, zu Boykott aufgehetzt und Kriegspropaganda geführt zu haben, und zwar auf Weisung des amerikanischen Imperialismus.'
Wer Jehovas Zeugen kennt, der weiss, dass von obiger Urteilsbegründung jedes Wort erlogen ist. Das Gewaltsystem des Ostens verlangt eine Gleichschaltung, mit der sich aufrechte Christen nicht einverstanden erklären können.
Jehovas Zeugen haben nicht dem Nazismus dienstbar sein wollen und wurden grausam unterdrückt, und sie wollen auch nicht dem Kommunismus dienstbar sein, deswegen die Unterdrückung. Die Furchtlosigkeit der Zeugen Jehovas reizt die Kommunisten; denn jedes Gewaltsystem lebt von der Angst der anderen."

Nun kann man schwerlich den totalitären Charakter jener genannten Regime bestreiten. Bezüglich Ostdeutschland gibt es ja mittlerweile ganze Bücher dazu.
Dennoch muss die Frage gestattet sein. War dieses Schicksal in dieser Härte unvermeidbar?
Erinnert sei daran. Auch andere Religionsgemeinschaften ächzten und stöhnten unter diesen Rahmenbedingungen; etwa die den Zeugen Jehovas doch ideologisch (mit Abstrichen) nahe stehenden Siebenten Tags Adventisten.
Die indes agierten geschmeidiger und überlebten ungeschorener.
Die STA brachten es in Ostdeutschland (dieweil auch literarisch orientiert) sogar zu einem umfänglichen Schrifttum. Das wiederum war unter östlichen Rahmenbedingungen nicht von vornherein als "Selbstverständlich" zu werten, sondern muss als Ausdruck geschickter Verhandlungsführung gewertet werden, welcher das dam östlichen Regime abtrotzte.
Der Konfrontationskurs der Zeugen Jehovas war von Washington und Brooklyn gewollt.
Er war aber nicht zwangsläufig ein Schicksal, welches "unvermeidbar" gewesen wäre.

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 02. Dezember 2010 00:12
Konservatismus pur, auch in der "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 12. 1950.
So liest man dort in der Rubrik "Fragen von Lesern" die folgende:

"Müssen geweihte Frauen, die an christlichen Versammlungen teilnehmen ihren Kopf bedecken?"

In seiner Antwort beruft sich der WT auf den Paulus als „Autorität" für die Neuzeit (???, jener Paulus welcher auch die Sklaverei nicht in Frage stellte) und darauf aufbauend auf das eigene Buch "Dies bedeutet ewiges Leben" …:
Zitiert wird:

"Nachdem Paulus gesagt hat, dass das Haupt des Weibes der Mann sei, das Haupt des Mannes Christus und das Haupt Christi Gott, schreibt er: "Jede Frau, die betet oder prophezeit mit unverschleiertem Haupt, entehrt den, der ihr Haupt ist." (1. Kor. 11: 3-10, NW) Darüber einen Kommentar gebend sagt das Buch Zur Zeit des Apostels und besonders in der berüchtigten unsittlichen Stadt des alten Korinth, war es Brauch, dass ehrbare Frauen in der Öffentlichkeit verschleiert gingen. Wenn eine Frau anders in öffentliche Versammlungen ging, so brandmarkte sie dies als ein Weib von niederen moralischen Grundsätzen und Leichtlebigkeit …"

Zur Neuzeit überleitend geht es dann weiter mit der Aussage:

In der Neuzeit oder in Ländern, wo der Brauch es nicht verlangt, dass Frauen einer Gemeinde als Zeichen der Ehrbarkeit verschleiert einhergehen, verlangt der christliche Anstand es von der Frau nicht, sich diesem alten Brauch um des Glaubens und der Organisation willen zu unterziehen. … Doch ungeachtet eines populären Brauches sollte eine Frau, die sich in einer Versammlung erhebt und vor anwesenden gläubigen Männern und Frauen betet oder prophezeit, ihr Haupt verschleiern oder ein 'Zeichen der Autorität auf ihrem Haupte haben um der Engel willen'." …
Wenn somit eine theokratische Dienstanweisung von einer Frau verlangt, an einer Bibelstudien-Versammlung zu beten oder eine solche zu leiten, sollte sie, während sie das tut, ein Zeichen von Autorität tragen, um die theokratische Leitung durch das Haupt, den Mann, anzuerkennen und "Um der Engel willen". Indes ist keine Kopfbedeckung nötig, wenn sie sich blos am Beantworten von Fragen, die den Zuhörern gestellt werden, oder am Erzählen von Erfahrungen oder an Demonstrationen beteiligt."

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Conorr
Datum: 02. Dezember 2010 16:04
Als meine Frau bis vor einiger Zeit im Rahmen des Essens etc. betete ( vor mir als Ehemann, und somit auch stellvertretend ),
war es immer sehr wichtig, schnellstmöglich ein Tuch usw. zu ergattern, um das Haupt zu bedecken, um dann beten zu können.
Hier ist scheinbar das Symbol wieder wichtiger als die Handlung an sich.
Traurig.
Conorr
Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 09. Dezember 2010 01:41
In einem zusammenfassenden Bericht über den New Yorker Kongress der Zeugen Jehovas des Jahres 1950, liest man in der "Erwachet!"-Ausgabe vom 8. 12. 1950, und das macht zugleich deutlich, "wo der Schuh drückt":

"Am dritten Versammlungstage, Dienstag, dem 1. August, hörte man im Nachmittagsprogramm zuerst Berichte aus Deutschland, von E. H. Frost, und aus Osteuropa, von A. Rütimann. Beide hoben hervor, wie das Werk in diesen Gebieten unter heftigen Angriffen von Seiten des Kommunismus voranschreitet. Anschliessend sprach N. H. Knorr über Geburt und Wachstum der Gottesherrschaft, sowie über die weltweite Anfeindung ihrer sichtbaren Verfechter, wozu auch die vom Klerus ausgehende haltlose Behauptung gehört, Jehovas Zeugen seien Kommunisten. Dies wurde von ihm mehrfach ausdrücklich zurückgewiesen, und für die schlagkräftigsten Beweise, die er hierfür lieferte, griff er in den Veröffentlichungen der Zeugen Jehovas und der Wachtturm-Gesellschaft, die sich gegen den Kommunismus richten, bis auf das Jahr 1879 zurück. Die Schuld für die Erfolge des Kommunismus gab er der scheinheiligen Christenheit und unterbreitete hernach, als Höhepunkt seiner Vorträge, eine Erklärung gegen den Kommunismus in all seinen Erscheinungsformen. Diese wurde von den 84950 Zuhörern einmütig angenommen."

Bliebe wohl nur noch zu fragen, wie denn die "Resonanz" dessen bei den Kommunisten sein würde. Das diese Frage sich die Zeugen Jehovas nicht stellten, ist offenkundig. Dennoch gab es eine solche Resonanz bei den Kommunisten. Ein Beispiel dafür kann man auch dem 1970er DDR-Buch über die Zeugen Jehovas entnehmen.

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 16. Dezember 2010 03:20
Jeder Krämer lobt seine Ware. So auch die WTG. Im "Wachtturm" vom 15. 12. 1950 lässt sie ihre neu herausgekommene "Neue Welt Übersetzung" feiern. Da liest man dann solche Sätze wie den:

"Anfänglich werden solche, die für die 'King James' oder die 'Luther-Bibel' lange eine besondere Vorliebe gehabt haben, es beklagen, dass vertraute Ausdrücke und Redensarten verschwunden sind. Mit der Zeit aber werden sie sehen, dass durch den Wechsel von Namen, Bezeichnungen und Ausdrücken der Sinn klarer zum Ausdruck kommt."

Als weiteres Beispiel verweist der WT auf die Definition des Begriffes Religion. Dazu wird dann noch auf die 96seitige (nur in Englisch) 1950 erschienene Broschüre "Verteidigung und gesetzliche Befestigung der Guten Botschaft" hingewiesen. Der Pferdefuß wird deutlich, wenn man liest, wohin die WTG mit ihrer Art der Interpretation hinaus will. Vereinfacht gesagt: Ansprüche in Richtung Verweltlichung anmelden. Oder noch anders formuliert.
"Zurück zu den Fleischtöpfen Ägyptens".
Das liest sich im WT dann so:

"Auf Seite 75 der Broschüre 'Verteidigung und gesetzliche Befestigung der Guten Botschaft' lesen wir eine der Schlussfolgerungen, zu der man hinsichtlich der Watch Tower Bible & Tract Society nach vielen Jahren des Kampfes vor den Gerichten gekommen ist:
'Es wird dargelegt, dass die Watch Tower Society und Jehovas Zeugen eine gesetzliche, religiöse Organisation sind, und dass ihre Vertreter, die sich mit dem Predigen des Evangeliums befassen, gesetzlich anerkannt sind als Diener der Religion [Evangeliumsdiener, Prediger, Geistliche, engl.: ministers of religion], was sie zu all den Vorrechten berechtigt, die allen religiösen Organisationen und Dienern gewährt werden.'"

Das wäre dann der geschönte Teil jener WTG-Publikation.
Zu den weniger geschöntem gehört dann wohl auch.
Schon Jonak hatte in seinem 1936er ZJ-Buch, die WTG dergestalt "festgenagelt", dass deren Advokaten sicherlich nicht zu unterschätzen sind.

Wo immer sich eine Option auftut, vermeintliche Rechte durchzuboxen, wird die auch wahrgenommen.
Das war auch in den USA so.
Als Ausläufer der Weltkriegshysterie, ergab sich auch dort der Aspekt des Patriotismus via Fahengrusszeremonien etwa.
Und damit gerieten schon mal die Zeugen ins breitere Schussfeld der Öffentlichkeit.
Dieser eigentliche Auslöser hatte wiederum Folgewirkungen.
Da wurde beispielsweise die Frage gestellt. Es werden doch Gelder für's WTG-Schrifttum kassiert. Ist das schon kommerziell? Wenn ja, in welchem Umfange?
Auch Kinder werden beim Vertrieb des WTG-Schrifttums mit eingesetzt, ist das nun schon reguläre Kinderarbeit?
In dem aufgeheizten Klima landeten dann einige solcher Fälle auch vor Gericht.

Zwar werden die in dieser Broschüre nicht in allen Einzelheiten dargestellt, gleichwohl aber doch in eher zusammenfassender Form.
Und im Anhang dieser WTG-Schrift gibt es dann nebst einem thematischen Sachregister, auch die Aktenzeichen entsprechender Gerichtsfälle, die sich da in den USA abspielten.
Diese Broschüre war wohl weniger für Juristen konzipiert, um so mehr für die eigene Anhängerschaft (in den USA).
Und denen wurde dann - unter anderem - "verklickert", die Apostel hätten in alten Zeiten, auch keine Geldbussen bezahlt.
Sollte also ein solches Gerichtsverfahren mit einer solchen beendet werden, dann sollte man eher ins Gefängnis gehen, als denn jene Geldbusse tatsächlich zu zahlen (S. 81f.)
Und man entblödet sich gar zu dem Satz (sinngemäß zitiert).

"Wenn es Gottes Wille sei, ins Gefängnis zu gehen und dort weiter "Zeugnis" zu geben nach dem Fehlschlagen der Berufung, dass dies dann freudig getan werden sollte."

 Auch noch bemerkenswert:
Die WTG wünscht, über alle solch entstandene Gerichtsverfahren möglichst auf dem laufenden gehalten zu werden.
Aber, sie überlässt es dem Einzelnen, ob er sich dazu juristischen Bestand in Form von Rechtsanwälten sichert. Nicht das man etwas dagegen hätte. Der entscheidende "Knackpunkt" liegt dann darin, dass damit eben Kosten verbunden sind. Und jene Kosten werden in der Regel bei dem Einzelnen Involvierten "hängen bleiben". Die WTG indes, wähnt sich für selbige (in der Regel) nicht zuständig.
Dazu gibt es im Sachregister, unter Hinweis auf die Seiten 10, 11, ausdrücklich den Detailsatz:

"Rechtsanwälte, wenn sie verwendet werden".

Am Rande noch mit vermerkt. Jene Broschüre wurde von dem damaligen WTG-Advokaten Covington verfasst, welcher es zeitweise gar zum WTG Vizepräsidenten brachte (bevor er für "1975 Franz" diesen Stuhl räumen musste).
Und er kann es sich nicht versagen, auch in dieser Broschüre auf seinen von ihm erstrittenenen Persilschein zu verweisen, wonach das Marine Corps der USA den Zeugen Jehovas (nach Covingtons Intervention) bescheinigte, mit Kommunismus, haben die absolut nichts zu tun.
Das war indes zu Zeiten der McCarthy-USA , ein Persilschein, von einigem politischen Gewicht!

Re: Vor sechzig Jahren / heute
geschrieben von:  Frau von x
Datum: 16. Dezember 2010 12:02

Drahbeck
Jeder Krämer lobt seine Ware. So auch die WTG. Im "Wachtturm" vom 15. 12. 1950 lässt sie ihre neu herausgekommene "Neue Welt Übersetzung" feiern. Da liest man dann solche Sätze wie den:

"Anfänglich werden solche, die für die 'King James' oder die 'Luther-Bibel' lange eine besondere Vorliebe gehabt haben, es beklagen, dass vertraute Ausdrücke und Redensarten verschwunden sind. Mit der Zeit aber werden sie sehen, dass durch den Wechsel von Namen, Bezeichnungen und Ausdrücken der Sinn klarer zum Ausdruck kommt."

WT vom 1.JULI 2010 S.20:

Eine zuverlässig
Übersetzung wählen

Meist hat man ja mehrere Bibelübersetzungen zur Auswahl. Welche soll man nun nehmen? Das Lesen in Gottes Wort bringt einem natürlich immer etwas. Allerdings drücken sich manche Bibelübersetzungen eher altertümlich aus oder benutzen eine Gelehrtensprache, wodurch der Text schwer verständlich sein kann (...). In gewissen Übersetzungen wird die reine Botschaft der Bibel sogar abgeändert, indem man sich auf Traditionen stützt. ... Bei der Wahl einer Übersetzung ist es also gut, darauf zu achten, dass sie den Text korrekt, in einer leicht verständlichen Sprache wiedergibt, die Lust aufs Lesen macht.
Auf der ganzen Welt sind Millionen Bibelleser der Meinung, dass genau das auf die Neue-Welt-Übersetzung*zutrifft. Da ist zum Beispiel ein älterer Mann aus Bulgarien. Er ging zu einer Zusammenkunft von Jehovas Zeugen und bekam eine Neue-Welt-Übersetzung. Hinterher sagte er: "Ich lese seit vielen Jahren in der Bibel, aber noch nie hatte ich eine Bibelübesetzung, die so leicht verständlich ist und direkt das Herz anspricht.."
*Die Neue-Welt-Übersetzung (herausgegeben von Jehovas Zeugen) ...

Re: Vor sechzig Jahren
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 22. Dezember 2010 23:39
"Erwachet!" vom 22. 12. 1950 notiert:

"Seit Sommer 1949 wurden Hunderte von Zeugen Jehovas in Rumänien verhaftet und eingesperrt. Gleichwie in Polen und Ostdeutschland suchte man ihnen unter Anwendung von Terrormethoden das Geständnis abzuzwingen, dass sie Glieder eines anglo-amerikanischen Spionageringes seien. Sie blieben jedoch standhaft und erklärten, allein für Gottes Königreich gewirkt zu haben. Im Juli dieses Jahres verurteilte das Kriegsgericht in Bukarest drei Zeugen zu 10 Jahren, sechs zu 5 Jahren und 2 (Frauen) zu 2 Jahren Zwangsarbeit."

In der gleichen Ausgabe wird auch ein Artikel über die päpstlichen Sozialenzykliken publiziert. Wie von den Zeugen Jehovas nicht anders zu erwarten, kritisch akzentuiert. Herausgearbeitet wird, dass diese Enzykliken lediglich den Status quo mehr oder weniger festschreiben. Dieser Kritik könnte man sich ja anschließen, wäre da nicht der berühmte Pferdefuß. Was machen denn die Zeugen Jehovas? Die kultivieren doch auch blos ihre abgewandelte Form eines "Jenseitsglaubens" in dem dann "alles besser" werde.
Ob nun jemand Marihuana oder nur klassisches Opium als "Rezept" verschreibt, macht da wirklich keinen Unterschied. Im einzelnen führte dieser Artikel aus:

HEUTZUTAGE ist die römisch-katholische Kirche in den Arbeiterbewegungen rühriger denn je. Geistliche dieses Systems legen grossen Nachdruck auf die Arbeits-Enzykliken.
Von dieser Haltung katholischer Kleriker beeindruckt, äusserten sich manche Arbeiterführer, wie auch Politiker, sehr günstig über diese Enzykliken. Der amerikanische Arbeitsminister Tobin bekennt:

"Man kann wirklich sagen, dass mir die Sozial-Enzykliken der Päpste für meine öffentliche Laufbahn wegleitend waren."

Die rechte Hand dieses Arbeitsministers, Ralph Wright, stützt sich in seinem Kampf gegen das Taft-Hartley-Arbeitsgesetz auf die Enzykliken. Ralph Novak vom amerikanischen CIO.-Gewerkschaftsbund erklärte einmal:

"Meine Wirtschaftsphilosophie stammt aus den päpstlichen Enzykliken."

Und dann wäre noch Joseph Keenan von der "American Föderation of Labor" mit seinem Ausspruch:

"Es ist schade, dass diese Enzykliken nicht besser bekannt sind!"

Verdienen sie ein solches Lob? Wie stehen die Tatsachen?

Die Herausgabe von "Rerum Novarum"
In den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erlebte die als "Knights of Labor" (Arbeitsritter) bekannte amerikanische Arbeiterbewegung einen sprunghaften Aufschwung und erreichte 1886 mit gut 700000 Mitgliedern einen Höchststand. An ihrer Spitze befand sich viele Jahre hindurch ein gewisser T. V. Powderly, ein frommer Katholik, der mit Rücksicht auf die gewerkschaftsfeindliche Einstellung katholischer Kreise in anderen Ländern sich mit Beklemmung fragte, wie sich die katholische Kirche wohl ihnen gegenüber verhalten werde. Deshalb wurde eine Zusammenkunft zwischen Powderly und Kardinal Gibbons arrangiert. Ein wenig später stattete der Kardinal dem Papst einen Besuch ab. Diese Umstände hatten zweifellos Einfluss darauf, dass im Jahre Anno, Enzykliken der Päpste Leo XIIL und Plus XI. 1891 die Enzyklika Rerum Novarum herauskam.

Rerum Novarum wird von einigen als die "Magna Charta der Arbeit" bezeichnet. Es wird darin bemerkt, man brauche sich der Arbeit nicht zu schämen, sie habe ihre eigene Würde, Christus Jesus selbst habe gearbeitet ; aber dies alles wird in so gönnerhaftem Ton vorgebracht, dass es sich vom Geist des Arbeiters ebenso stark unterscheidet wie der Palast eines Kardinals von der Hütte eines Bergmannes. Die Enzyklika behauptet von der katholischen Kirche, sie nehme Anteil am Ergehen des Werktätigen, und verweist auf ihre zahlreichen, ausgedehnten Wohltätigkeitseinrichtungen. Aber welcher Arbeiter möchte denn auf Wohltätigkeit angewiesen sein? Ferner erwähnt sie die Notwendigkeit einer Verbesserung der Arbeitsverhältnisse und rügt die Klasse der Reichen und der Arbeitgeber wegen ihrer Habsucht. Sie bringt auch zum Ausdruck, dass der Arbeiter eine "vernünftige" Arbeitszeit und genügend Lohn haben sollte, um sich und seine Familie durchzubringen.

Aber diese Empfehlungen zugunsten der Arbeiter sind nichts weiter als ein beschwichtigender Happen, im Vergleich zu den Erwägungen, die diese "Arbeits"-Enzyklika über das Kapital anstellt. Sie tritt vor allem für das Privateigentum ein und bemerkt, dass,

"wenn wir darangehen, die Lage der Massen zu erleichtern, unser erster und fundamentalster Grundsatz die Unantastbarkeit des Eigentums sein muss"

Und wenngleich Gesetze zum Schutz des Schwachen, des Arbeiters, bestehen sollten, sei

"vor allem durch Gesetzgebung und Politik die Sicherheit des Privateigentums zu schaffen".

Leo XIII. tritt zwar für eine Verbesserung der Arbeitsverhältnisse ein, wünscht oder erwartet auf diesem Gebiet jedoch keinerlei durchgreifende Veränderungen und erklärt darum:

"Wollen wir von vornherein festhalten, dass die Menschheit bleiben muss wie sie ist … Denn zu leiden und zu erdulden ist das Los der Menschheit, und es wird keiner Kraft und keinem Kunstgriff jemals gelingen, die das menschliche Leben bedrängenden Übel und Schwierigkeiten zu bannen."

Nicht einmal dem Königreich Gottes? Auf jeden Fall wird den Geistlichen angeraten, die Armen zu "ruhiger Ergebenheit" zu bewegen, damit sie sich mit einer "genügsamen Lebensweise" zufriedengeben.

Die katholische Religion als Allheilmittel?
Leo XIII. möchte uns weismachen, nur eine einzige Sache fehle der Arbeiterschaft. Weil die Menschen und die Institutionen sich von der römisch-katholischen Religion abgewendet hätten — sagt er —, deshalb sei der Arbeiter, isoliert und schutzlos, der Habsucht des uneingeschränkten Wettbewerbs ausgeliefert'. Er möchte uns einreden, ohne die Mithilfe der Religion und der Kirche werde niemals eine praktische Lösung gefunden werden, und es gebe nichts Machtvolleres, Arme und Reiche einander näherzubringen, als die katholische Religion.

Wie verhält es sich aber in Wirklichkeit? Stimmt es nicht, dass es den Arbeitern in vorwiegend protestantischen Ländern, wie in den Vereinigten Staaten, der Schweiz und den skandinavischen Staaten, am besten ergeht? Und stimmt es nicht, dass sie es am schlechtesten haben in den besonders stark katholischen Ländern, wie Spanien, wo — um einen Korrespondenten der amerikanischen Zeitschrift Leben zu zitieren — der Arbeiter in "unglaublicher Armut" steckt? Ganz zu schweigen von den katholischen Ländern Mittel- und Südamerikas. Und ist es nicht Tatsache, dass der Kommunismus in Italien, dem katholischen Italien, solch auffällige Fortschritte machen konnte, weil die katholische Religion arm und reich eben nicht zusammenbringt?

Auf seinen falschen Auffassungen aufbauend, legt Leo XIII. den katholischen Arbeitern ans Herz, wo irgend möglich eigene Gewerkschaften zu organisieren, und bei diesen Gewerkschaften solle der Religionsunterricht an erster Stelle stehen. Seine tröstenden Schlussworte an den Arbeiter, der — nach Ansicht dieses Papstes — nicht auf völlige Hilfe im gegenwärtigen Leben rechnen könne, lauten:

"Nächstenliebe ist geduldig, ist gütig, sucht nicht das Ihrige, .. erduldet alles, erträgt alles."

"Wiederaufbau der sozialen Ordnung"
Und wie steht es mit der anderen päpstlichen Enzyklika über die Arbeiterfrage, Quadragesimo Anno, von Pius XI.? Sie erschien am 15. Mai 1931 und beginnt mit einer Lobrede auf Leo XIII., dessen Arbeits-Enzyklika das Verdienst für so gut wie alle in den verflossenen vierzig Jahren erlassenen Sozialgesetze zugeschrieben wird. Obwohl die Besserstellung der Arbeiter in protestantischen Ländern weit grössere Fortschritte machte als in katholischen, mutet uns Pius XI. zu, in diesen Fortschritten weitgehend ein Ergebnis der päpstlichen Äusserungen zur Arbeiterfrage zu sehen. Wie war es denn in Mexiko? Hat sich die Regierung dort der Arbeiter stärker angenommen, solange sie eine katholische Politik betrieb oder seitdem sie es nicht mehr tut? Die Antwort liegt ganz klar zutage.

Als nächstes unterrichtet die Enzyklika den katholischen Arbeiter, dort, wo keine katholischen Gewerkschaften organisiert werden könnten und ihm keine andere Wahl bleibe, dort dürfe er einer "neutralen", einer nichtkatholischen Gewerkschaft beitreten, sofern der zuständige Bischof dies genehmige, wozu dieser ermächtigt sei, wenn er die Gewissheit habe, dass der katholische Arbeiter dadurch in seiner Religion keinen Schaden erleide. Es ist interessant, hier zu vermerken, dass in dieser Enzyklika auch die Arbeitgeber zur Bildung von Verbänden ermutigt werden; aber es wird nichts erwähnt, dass der Bischof auch bei solcher Verbandszugehörigkeit etwas mitzureden habe. Kapitalistenverbände sind für Katholiken offenbar "ungefährlich" !

Wie Leo XIII., trägt auch Pius XI. in seiner Quadragesimo Anno auf beiden Achseln. Er schaukelt mit "ungerechten Ansprüchen des Kapitals" und "ungerechten Ansprüchen der Arbeiter" hin und her und sagt, die Löhne sollten nicht zu niedrig sein — gut; er warnt aber auch vor zu hohen Löhnen! Es verstosse gegen die soziale Gerechtigkeit — sagt er —, die Löhne ungebührlich zu kürzen oder ungebührlich zu erhöhen. Aussperrungen seien verboten, jawohl, aber die Streiks ebenfalls. Eine "Magna Charta der Arbeit"?

Als nächstes macht Pius XI. darauf aufmerksam, dass ohne eine Reform der Sitten alles Bemühen um den Wiederaufbau und die Vervollkommnung der sozialen Ordnung vergeblich sein werde. Wie Leo XIII., behauptet auch er, der soziale Friede sei unmöglich, sofern die Menschen nicht zu "christlichem Leben und christlichen Einrichtungen" zurückkehrten. Wann aber hat die menschliche Gesellschaft jemals ein christliches Leben geführt und christliche Einrichtungen und "Sitten" gehabt, zu denen sie zurückkehren könnte?

Pius bezieht sich offenbar auf eine Rückkehr zu katholischem Leben, katholischen Einrichtungen und katholischen Sitten — was etwas ganz anderes ist. Jawohl, etwas wirklich ganz anderes, wenn wir uns dies besehen anhand der Geschichtsaufzeichnungen über eine Maria die Blutige, über blutige Judenpogrome, blutige Inquisitionen, blutige Religionskriege, blutige Kreuzzüge — und ausgerechnet die römisch-katholische Kirche als Hauptanstifterin von alledem! Welcher Arbeiter von heute, sei er nun katholisch oder nicht, würde eine Rückkehr ins Finstere Mittelalter wünschen, wo die römisch-katholische Kirche in Europa die unumschränkte Herrschaft innehatte, wo bürgerliche Freiheiten etwas Unbekanntes waren, wo Analphabeten nicht die Ausnahme, sondern die Regel bildeten, wo monopolistische Gilden oder Zünfte über Handwerk und Gewerbe mit eiserner Hand herrschten und alle "Sitten" ein Ausdruck jener düsteren Zeit waren?

Gehen wir aber zur Enzyklika Pius' XI. zurück. Natürlich, in der Theorie werden ,die Reichen durch Religion um ihre ärmeren Brüder besorgter werden'. Damit der katholische Arbeiter aber ja nicht zuviel erwarte, fügt Pius rasch hinzu, durch Religion würden die Arbeiter "aufhören, der ihr von der göttlichen Vorsehung in der menschlichen Gesellschaft zugewiesenen Stellung überdrüssig zu sein". Aha! das wäre also die verkehrte Sache! Die Ungerechtigkeiten des heutigen Gesellschaftssystems hängen mit der göttlichen Vorsehung zusammen! Welch eine Liebe zu Gott das beim Mann aus dem Volke erzeugen muss! Nun, mit dieser päpstlichen Schlussfolgerung können wir schwerlich einverstanden sein.
Weiter meint er:

"Lasst uns alle unsere Kräfte dafür einsetzen, jenen unglücklichen Seelen zu helfen, die sich von Gott [der römisch-katholischen Kirche] abgewendet haben; lasst uns sie hinwegziehen von den weltlichen Sorgen, in die sie zu stark verstrickt sind, und sie lehren, zuversichtlich nach dem zu trachten, was ewig ist."

Könnte man nicht auch den Reichen nahelegen, ihre Gedanken von den weltlichen Dingen wegzuwenden und zuversichtlich nach den ewigen Dingen zu trachten? Wenn die Reichen dies täten, wäre es dann nicht leichter für die Armen, es ebenfalls zu tun? Zum Schluss fordert der Papst alle Katholiken auf, ihre persönlichen Pläne fahren zu lassen und mit vereinten Kräften den von der Kirche entworfenen Aktionsplan zu unterstützen.

Obschon Rerum Novarum und Quadragesimo Anno mit vierzig Jahren Abstand von zwei verschiedenen Päpsten geschrieben wurden, haben sie die gleiche Melodie: die Heiligkeit des Privateigentums wird betont; man verbessere das Los des Arbeiters, lasse ihn aber nicht zu viel erwarten, mache ihn geneigt, sich in sein Los zu schicken und zufrieden zu sein; den habgierigen Reichen einen Klaps auf die Finger; und die einzige Lösung für alle wirtschaftlichen Übelstände bietet eine Rückkehr zur römisch-katholischen Kirche, ihrer Religion und ihrer mittelalterlichen Zunftordnung. Wenn diese Enzykliken wirklich die Grundlage und das Ziel einer römisch-katholischen Mitwirkung in den Arbeiterbewegungen angeben, so ist diese Sache nicht der Rede wert. …

1950

Kommentarserie 1949

Kommentarserie 1951

 

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