Kommentarserie (über „Der Wachtturm" und „Erwachet!") 1954 zusammengefasst

Einige Stichworte in diesem Jahrgang (in Auswahl

Korea, Hinduismus, Quebeck (Kanada), Makkabäer, Wer ist der bessere Antikommunist, Kinderlähmung, Lotteriespiele, Berlin, Rauchen, Militärdienstbefreiungen, McCarthy, „Weltherrschaft des Kommunismus bis 1973", Gesundbeter, 1260, Njassaland (Malawi), Höllenlehre, Kreuz, Mentalreservation, Seelenlehre

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Geschrieben von Drahbeck am 01. Januar 2004 04:31:31:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 22. Dezember 2003 04:33:12:

In der "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 1. 1954 malt die WTG wieder einmal ein "Schreckenszenario". Nicht ohne Hintersinn dergestalt, dass sie sich dabei als Alternative darstellen will; nach dem Motto: "Seht, so etwas gibt es bei uns nicht". Womit also will der WT der andächtig lauschenden Anhängerschaft das fürchten lehren? Mit dem nachfolgenden:

In den Vereinigten Staaten benutzen die Religionen der Christenheit heute alles mögliche, vom Lutschbonbon bis zum Cowboyfilmstar, um den Kirchenbesuch zu fördern. Von Tag zu Tag werden "Wiederbelebungs"-Versammlungen und Feldzüge unter dem Motto "Zurück zur Kirche!" bekannter. … Kirchen, einschließlich großer Denominationen, finden es schwierig, die Anbeter allein durch ihr Predigen zu fesseln. …

Verschiedene Kirchen in den Vereinigten Staaten rufen ihre umherirrende Herde durch Anzeigen in den Zeitungen zusammen: "WIR BRAUCHEN ZUHÖRER - Männer, Frauen und Kinder werden gesucht, dir auf wenig benutzten Bänken am Sonntagmorgen sitzen." Um die leeren Bänke der Zentralpresbyterianischen Kirche Haverstraws, New York, zu füllen, begann sie einen "Zurück-zur-Kirche"-Feldzug. Neben Kaffee, den es auf der Bahnstation umsonst gab, bot die Kirche ein Truthahn-Essen an, zeigte einen Film kostenlos, veranstaltete einen Maskenball und eine Kunstschau.

Kostenfreies Essen dient als ausgezeichneter Köder, aber vielleicht sind die Lockungen gegenüber jungen Leuten noch erfolgreicher gewesen, wie man sie in Memphis, Tennessee, in einer Methodistenkirche anwandte. Der Pastor eröffnete einen Sonntagabend-"Verabredungs-Balkon" wo Paare verhältnismäßig privat für sich zusammensetzen konnten. Außerdem hatte es den Reiz, daß das Licht sehr trübe war. Ein Matrose, der über diese neue Einrichtung sehr glücklich war, sagte, er fühle sich auf dem schwachbeleuchteten Verabredungs-Balkon mehr "wie zu Hause" als auf regulären Kirchenbänken.

Die Chicagoer 'Daily News' berichteten in ihrer Ausgabe vom 6. Februar 1953:
"Die Kirchen - fast jede protestantische Denomination war vertreten - wurden zum fünften jährlichen internationalen Wettbewerb um den Sonntagsschulenbesuch eingetragen." Die Zeitung beschreibt den in die Höhe gehenden Erfolg der Dreieinigkeits-Methodisten-Kirche in Los Angeles, deren Türen von 2000 Kindern gestürmt wurden, als sich Filmstar Roy Rogers in der Sonntagsschule "eintragen" ließ und sein Pferd Trigger durch den Gang führte. Andere Kirchen fanden heraus, daß eine Lawine mit Picknicktellern der beste Anreiz ist. Die Midwest-Bibelkirche in Chicago teilte Pfannkuchen und Kaffee umsonst aus. Man entdeckte sogar, daß es besonders verlockend war, wenn fast 2000 Luftballons mit Gas gefüllt aufstiegen und ein Zeppelin mit Leuchtbändern der 60 Meter hoch über der Kirche stand, mit Taschenlampen nachts beleuchtet wurde.

Mit der Entschlossenheit den Wettbewerb zu gewinnen, köderte eine Baptistenkirche in Pennsylvanien Kinder mit dem Angebot, daß sie für jedes neue Mitglied ein Billett kostenlos erhielten, womit sie in einem Geschäft am Ort Eiskrem einlösen konnten. Auch wurden freie Pferderitte für regelmäßige Besucher angeboten. Falls die Kinder noch mehr Anreiz brauchten, schaltete der Ortspfarrer jeweils eine Wunderschau ein. …

Eine Kirche, die in Pacific Beach Kalifornien, die Eltern fragte: "Haben Sie Schwierigkeiten, ihre Kinder dafür zu interessieren, regelmäßig die Sonntagsschule zu besuchen?" Wenn ja, dann gab es eine kirchliche Varieté-Veranstaltung, um das Interesse anzufachen. Man nannte es Operation 333, und es war ein Marionettenspiel. Ein baptistischer Prediger gebrauchte jedoch die Varieté-Vorstellung, um alt und jung anzuregen. In seiner Wiederbelebungsversammlung gebrauchte er vier hölzerne Puppen und seine Bauchrednerkunst. Jetzt findet er es leichter, seine Zuhörer nicht nur anzuziehen, sondern sie auch zu halten.

Zum Beispiel kletterte der Superintendent der Ersten Baptistenkirche in Lakewood, Kalifornien, auf einen Eukalyptusbaum, der vor seiner Kirche steht, und sagte, er käme nicht eher herunter, bis in seiner Sonntagsschule mehr als 1000 Anwesende erschienen. Um die Mehrung zu erreichen, mußte er 20 Stunden lang auf dem Baum bleiben!

Aber die Brüder in Christo der Kirche Palmyra wandten eine noch verführerische Methode an, indem sie eine "Schatzjagd" veranstalteten. Fünfzig englische Walnüsse, die einen Streifen Papier enthielten, wurden in der Stadt versteckt. Solche, die eine Nuß fanden, mußten zur Kirche gehen, um sie gegen einen Preis einzulösen. …

Andere Pfarrer sind dazu übergegangen, ihre Herden mit musikalischer Unterhaltung zu locken. Die "Deer Lodge United Church" bei Winnipeg, Manitoba, Kanada, löste das Problem des Kirchenbesuches, indem sie Komiker zur Unterhaltung in die Kirche kommen ließ. Die Jazzkapelle mit einigen führenden Bühnenstars war so erfolgreich, daß Kirchenbeamte erklärten, das Verfahren hätte sich bezahlt gemacht, indem großes Interesse bei jungen Leuten wachgehalten wurde.

Kürzlich haben nämlich Kirchen begonnen, die Einrichtungen der Drive-in-Kinos [Freilichtkino für Autofahrer; man bleibt im Wagen sitzen] nachzubauen. Der Ausflügler, der zum Picknick ausfährt, passiert jetzt Zeichen mit der Aufschrift. "Ehe du deine Sonntagsfahrt machst, fahre hier herein und bete Gott an." Am Abend sind die Drive-in-Kirchen noch verlockender. Eine Kirche in Phoenix, Arizona, eröffnete mit einem Film und schloß mit einer halbstündigen Predigt ab, die auch noch mit farbigen Lichtbildern illustriert war.

Haushoch überlegen, gegenüber solchen von ihr als Verfallserscheinungen interpretierten Erscheinungen wähnt sich die WTG. Wie ist es um diese Überlegenheit tatsächlich bestellt? Vordergründig mag die WTG recht haben, wenn sie meint, wie sie sagt, solche "Mätzchen" nicht nötig zu haben. Vordergründig. Hintergründig indes kann man das durchaus noch etwas anders sehen. Die Abstimmung mit den Füßen findet bei der WTG nicht in dem Umfange statt, wie vielleicht andernorts. Auch das ist unbestritten. Es könnte sich aber erweisen, dass jene Minderheit, die doch noch zu dem Ergebnis gelangt, mit den Füßen abzustimmen, sich als relevanter erweist, als jene, die nur mit vorgenannten Mittelchen noch bei der Stange gehalten werden können. Es könnte sich erweisen, dass jene Minderheit nicht nur sagt. "Das alles gibt mir eigentlich nicht viel - Was soll's also?"
Es könnte sich erweisen, dass jene, die über dieses Status hinaus sind, noch zu ganz anderen Schlussfolgerungen fähig sind.

Dessen ist sich offenbar auch die WTG bewusst, wenn sie in der gleichen "Wachtturm"-Ausgabe in einem "Loyalität gegenüber der theokratischen Organisation" überschriebenen Artikel auch den Satz mit abdrucken lässt:

"Oder wir mögen ungeduldig werden, weil Harmagedon nicht zu dem Zeitpunkt eingetroffen ist, wie wir erwartet hatten, und daran zweifeln, daß Gott die theokratische Organisation benutzt, um sein Volk mit geistigen Wahrheiten zu speisen. Während einer solchen Erprobung zu versagen, würde sich katastrophal auswirken".

Nur noch eine Frage wäre zu stellen:
Katastrophal - für wen?

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Geschrieben von Drahbeck am 08. Januar 2004 04:48:38:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 01. Januar 2004 04:31:31:

Ein Lexikon notiert:
Als Folge des Japanisch-Russischen Krieges gab es auch ein sogenanntes Protektoratsabkommen, das dem Land Korea aufgezwungen wurde. Die Japaner legten diesen Vertrag sehr extensiv aus und begnügten sich nicht damit, nur die koreanische Außenpolitik zu beherrschen. Als sich in Korea diesbezüglicher Widerstand regte, gingen die Japaner noch einen Schritt weiter und betrieben die faktische Annexion Koreas auf allen Ebenen.

Kurz vor Ende des zweiten Weltkrieges in der Pazifikregion hatten die USA und die Sowjetunion nach der Kapitulation der Japaner vereinbart, Korea am 38. Breitengrad zu teilen. Beide Mächte nutzten ihre Anwesenheit, um ihnen wohlgesonnene Regierungen zu fördern.
Die USA hatten sich im Süden Koreas schließlich für Syngan Rhee entschieden, einen Nationalisten, der gegen die Japaner Widerstand geleistet hatte und in den USA im Exil gelebt hatte.
Mit ihrer Hilfe wurde er "in den Sattel gesetzt", als es schließlich im August 1948 zur offiziellen Gründung des Teilstaates "Republik Korea" (Südkorea) kam.
Dem folgte im September 1948 die ebenfalls offizielle Gründung der "Demokratischen Volksrepublik Korea" (Nordkorea).

Im Jahre 1949 kam es zu einem formellen Rückzug der sowjetischen und amerikanischen Truppen aus beiden koreanischen Landesteilen.
Mit massiver Wirtschafts- und Militärhilfe begannen die USA Südkorea zu einem antikommunistischen Bollwerk auszubauen, zumal sich 1949 in China die Kommunisten durchsetzen konnten. Zu diesem Zeitpunkt vollzog sich in den USA der Wandel von einer Politik des Containment zur Politik des Roll back.

Diese faktische Teilung des Landes gedachte der Norden gewaltsam zu beenden und begann am 25. Juni 1950 mit dem Überschreiten des 38 Breitengrades, was faktisch mit dem Kriegsbeginn des Koreakrieges gleichzusetzen ist.

Die USA waren nicht gewillt, das tatenlos hinzunehmen. Und so verbrachten sie bereits am 1. Juli 1950 vorher in Japan stationierte USA-Truppen nach Südkorea. In der Folge bemühten sie sich ihr eigenes Truppenkontigent zu "internationalisieren". Als Coup gelang es ihnen dabei, ihre eigenen Streitkräfte als die der UN der Weltöffentlichkeit zu verkaufen.
Anfänglich gelang es den Nordkoreanern fast ganz Südkorea zu überrennen, bis auf einen kleinen Rest im Bereich der Hafenstadt Pusan.

Der nächste Schritt datiert ab 15. 9. 1950. Unter massiven Einsatz von Luftlandetruppen, gegen die Nordkorea machtlos war, gelang es der USA-Koalition, zeitweilig von den Nordkoreanern besetzte Gebiete zurück zu erobern. Das Kriegsgeschehen eskalierte. Zunehmend wurden auch chinesische Streitkräfte in das Geschehen involviert. Dies deshalb, weil der US General Mac Arthur, bei seinem erfolgreichen Zurückdrängen der Nordkoreaner nicht vor der chinesischen Grenze halt machen wollte und China am liebsten gleich noch mit "befreien" wollte.

Es gelang den Chinesen diese Angriffe abzuwehren. Allerdings nicht in "wenigen Tagen". Das zog sich in die Länge. Und so hatten die USA den nicht mit beabsichtigten Nebeneffekt verursacht. China aktiv auf den Plan zu rufen. Ohne dieses chinesische Eingreifen, hätte Nordkorea letztendlich, möglicherweise, eine vernichtende Niederlage durch die USA sich eingehandelt. So aber waren die Karten "neu gemischt".

Faktisches Ergebnis des Krieges war dann die vollständige Zurückdrängung der Nordkoreaner aus dem Südkoreanischem Raum und anschließender Verfestigung der Kriegshandlungen zum "Stellungskrieg", ohne das eine Seite irgendwelche wesentlichen Erfolge verbuchen konnte.
Der für das "China-Abenteuer" verantwortliche USA General MacArthur wurde dann auch von USA Präsident Truman am 11. 4. 1951 "geschaßt".

Im Juli 1953 fand der Koreakrieg ein vorläufiges Ende mit der Unterzeichnung eines Waffenstillstandsabkommen. Was keine Ende fand war allerdings die "Eiszeit" zwischen den beiden koreanischen Staaten. 24.000 US-Soldaten, knappe eine Million Chinesen und vermutlich mehrere Millionen Koreaner sind die Kriegstodesbilanz dieses Krieges.

Ein Ziel der USA Politik, das Roll back dem Kommunismus, wurde zumindest zeitweilig damit erreicht. Vorerst verzichteten die Kommunisten auf weitere Expansionen. Eine Neuauflage dieses Stellvertreterkrieges sollte die Welt allerdings schon ein rundes Jahrzehnt später erleben, beim Vietnamkrieg. Letzterer kann hier jetzt aber nicht das Thema sein.

Dennoch hat man zu sagen, dass sich auch in den USA, nach dem Koreakrieg ein gewisser "Katzenjammer" breit machte. Nordkorea, China, bestanden weiter, wenn auch vielleicht geschwächt. Das "am amerikanischen Wesen soll die Welt genesen" hatte vorerst gewisse Grenzen aufgezeigt bekommen. Eine zeitgenössische Reflektion dieses amerikanischen Katzenjammers kann man auch in der Zeugen Jehovas-Zeitschrift "Erwachet!" vom 8. 1. 1954 begegnen.
Etwa wenn man darin auch solche Sätze lesen kann wie:

"Aber der Koreakrieg hat noch eine andere Seite. Im Nachrichtenbrief 'In Fact' vom 14. August 1950 heißt es: 'Die westeuropäischen Nationen und die USA haben sich verpflichtet, eine Wiederaufrüstung der faschistischen Nationen nie zuzulassen und den faschistischen Nationen nie zu gestatten, eine Armee aufzubauen. Als der koreanische Krieg ausbrach, wurde alles anders. Der amerikanische Senat und das Staatsdepartment - die Verwaltung - bewaffnet jetzt die drei Mitglieder der faschistischen Internationale: Deutschland, Japan und Spanien. …
Die japanischen Kriegstreiber kommen wieder zur Macht. Auch die deutsche Armee soll wieder erstehen. …Nazi-Deutschland und Japan unterzeichneten im Jahre 1936 den Antikomintern-Pakt, um Rußland mit einem stählernen Festungsgürtel zu umgeben. Jene Strategie führte später zum Zweiten Weltkrieg."

Keinesfalls "neutral" ist "Erwachet!" wenn es die eigene redaktionelle Meinung vertritt:
"Der UNO fehlte der nötige Mut, Sowjetrußland entgegenzutreten, weil es den gemeinsamen Feind - die kommunistischen Chinesen und die Armeen der kommunistischen Nordkoreaner - unterstützte. … Hat (Süd)Korea …unedel gehandelt, weil es als Verbündeter sein gutes Recht verteidigte, sich gegen solch handgreifliche Winkelzüge (der Nordkoreaner) zu wehren? … Was hat die UNO zustande gebracht? Sie hat verfehlt, die Hauptangreifer in die Schranken zu weisen. Durch Einschüchterung zwang sie das Hauptopfer des Angriffs, zwischen einem unehrenhaften Waffenstillstand und nationalem Selbstmord zu wählen."

Wie man sieht: Auch "Erwachet!" macht sich die These von einem "unehrenhaften Waffenstillstand" zu eigen. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass die USA sich ein anderes Endergebnis gewünscht hätten. Hitler hätte sich im April 1945 sicherlich auch ein anderes Endergebnis gewünscht. Weil die Wirklichkeit indes nicht mit seinen Wünschen konform ging, "löste" er für sich das Problem durch das Herunterschlucken von Zyankalikapseln.

Wer nach dem Ende eines "unehrenhaften Waffenstillstandes" weiter betont dieses "unehrenhaft" zur Schau stellt. der muß sich fragen lassen, was er denn wohl damit bezwecken will. Doch wohl dies eine. Revanche zur "gegebenen Zeit". Also die Reaktivierung eines McArthur, der schon zeitgenössisch gefordert hatte: Jetzt müssen wir wieder die Atombombe einsetzen und darüber "gestolpert" war.

Diese Geschäfte unterstützte auch "Erwachet!" mit seiner kommentierenden Berichterstattung! McArthur wähnte, wenn die Atombomben über China und Korea abgeworfen würden, so sei das eigene Land, die USA nicht davon betroffen. Er glaubte also einem "Schrecken ohne Ende" mit einem "Ende mit Schrecken" lösen zu können.

Auch die Nordkoreaner wähnten sich mal zeitweilig auf der Siegerstraße, als sie fast ganz Südkorea schon überrannt hatten.
Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt!
Auch die zeitgenössische WTG propagierte die MacArthur-Linie. Ihr illusionärer Hoffnungstropfen dabei das "unmittelbar bevorstehende göttliche Eingreifen".
Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt!

Noch ein Kommentar sei aus jener "Erwachet!"-Ausgabe zitiert. Das Ende des Koreakrieges lief zeitsynchron mit einem Wechsel des Amtsinhabers im "Weißen Haus". Aus einer Wahlkampfrede des neuen dortigen Statthalters zitiert "Erwachet!" die Worte Eisenhowers:
"Das Jahr 1929 war (in den USA) das letzte Jahr einer wirtschaftlichen Blüte in Friedenszeiten. Die Wirtschaftslage, wie sie von jener Zeit an bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im Jahre 1939 herrschte, konnte nicht als gesund bezeichnet werden. Im Grunde genommen löste der New Deal das Arbeitslosenproblem nicht. Im Jahre 1939, nach einem siebenjährigen Heilversuch mit dem New Deal, gab es in Amerika immer noch 9 ½ Millionen Arbeitslose … Dann kam der Zweite Weltkrieg. Er kurbelte die amerikanische Wirtschaft an, und die Arbeitslosigkeit verschwand. Was dem New Deal nicht gelang, gelang dem 2. Weltkrieg … Gerade als die kriegsbedingte Warenknappheit langsam zum Verschwinden gebracht worden war und die Konjunktur sich rückwärts bewegte, brach der Koreakrieg aus, und die der Verteidigung dienende Produktion belebte wiederum die Wirtschaft." - New Yorker Times, 3. Oktober 1952

Das Dilemma der Regierung Truman war also, wählen zu müssen zwischen Krieg und einer Wirtschaftskrise. …
Der Notstand und das Wettrüsten wehren dem Kommunismus. Der Kommunismus gedeiht auf dem Boden der Armut. Deshalb kann er für sich so große Erfolge buchen … Die Massenarbeitslosigkeit liefert ihm einen guten Nährboden. Daher wäre eine Krise für die Kommunisten von größtem Vorteil; je größer die Krise, desto vorteilhafter für sie. Die Kriegsfurcht und das Wettrüsten beschaffen Arbeit und halten so den Kommunismus in Schach. Gewisse Staatsmänner, die die 'freie Wirtschaft' befürworten, mögen sogar der Meinung sein, ein Krieg oder die Kriegsgefahr sei einer solchen Krise, wie sie in den dreißiger Jahren herrschte, vorzuziehen."

Zu jenem Eisenhower wäre noch anzumerken, dass er am Ende seiner Amtszeit als USA-Präsident in seiner Abschiedsrede vor dem zunehmenden Einfluß des "militärisch-industriellen Komplexes" warnte. Wo steht die WTG diesbezüglich eigentlich? Sie ist ein unbestrittener "Meinungsbildner" bei einem nicht zu unterschätzenden Ausschnitt im "religiösem Spektrum". Nochmals die Frage: Wo steht die WTG diesbezüglich?

Analysiert man ihre Berichterstattung in Sachen Koreakrieg muß man wohl sagen. Sie steht de facto auf der Seite des militär-industriellen Komplexes der da auch den "unehrenhaften Waffenstillstand" bejammerte und publizistische Schützenhilfe erhielt von einer Zeugen Jehovas-Zeitschrift!

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Geschrieben von Drahbeck am 15. Januar 2004 02:40:02:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 08. Januar 2004 04:48:38:

Pharisäerhaft stellt die WTG im "Wachtturm" vom 15. 1. 1954 eine andere große Religion an den Pranger: Den Hinduismus. Offenbar in Kontinuität zu dem 1953 erschienenen WTG-Buch "Was hat die Religion der Menschheit gebracht?" Der vorgetragenen Kritik am Hinduismus kann man sich nicht entziehen. Es wäre töricht, diese Kritik als "unberechtigt" anzusehen. Das ist sie sicherlich nicht. Der Punkt ist allerdings der: Ist die WTG wirklich "besser"?

Die genannten Kritikpunkte kann man in der Tat nicht schematisch auf die WTG übertragen. Eines wohl aber doch. Den Dogmatismus, der um der Dogmen willen, zu weit geht.
Beispiel: Die aus einer ursprünglichen Impfgegnerschaft entwickelte, auch die Ablehnung von Bluttransfusionen in Notfällen beinhaltende WTG-Blutdogmatik.
Dem Hinduismus wirft (auch die WTG) vor, mit seinem Kastenwesen, eine vernünftige gesellschaftliche Entwicklung zu blockieren.

Und? Was ist mit dem WTG-Dogma vermeintlicher "Politiklosigkeit", die genau ein ähnliches Resultat zeitigt? mag man da nur fragen.
Es ließen sich noch mehr relative Vergleiche heranziehen. Stichwort: Witwenverbrennung im Hinduismus. Und was ist mit der sozialen Ächtung jener, die lügenhafte WTG-Dogmen nicht mehr mitzutragen vermögen?! Die Beispiele ließen sich vermehren. Wie gesagt: Das alles ist keine "Entlastung" für den Hinduismus, aber auch kein Pluspunkt für die WTG.

Im einzelnen las man in diesem WT-Artikel unter anderem:
"Bis die englische Regierung die alte Hindu-Einrichtung der Sutti mit Gewalt unterdrückte, warfen sich jährlich Hunderte von Hinduwitwen lieber auf die Bestattungsscheiterhaufen ihrer verstorbenen Gatten, indem sie die Flammen so umschlangen, dass sie ihren Leib verbrannten, als dass sie sich der lebendigen Hölle einer Hindu-witwenschaft auslieferten. Mögen unsere Hindufreunde uns doch sagen, was ihre Religion für die Hinduwitwe und besonders für die Kindwitwe getan, denen der Kopf nach Verbrecherart geschoren, der Schmuck geraubt wurde! Sie wurden in Lumpen gekleidet, auf die Stellung von Sklaven herabgesetzt, in einem schlimmeren Maße, als wir es fassen könnten; sie wurden zum gemeinen Arbeitstier und Gassenkehrer der Familie gemacht und oft zu noch Schlimmeren und Unaussprechlichem benutzt. Auf diesem Niveau und in diese Verhältnisse sank die arme Witwe unter der Gutheißung des Hinduismus herab. Erst vor zwei Jahren [1891] wurde die englische Regierung dringend gebeten, das gesetzliche Alter, mit welchem eine Hindufrau heimgeführt werden darf, auf zwölf Jahre zu erhöhen. Das Anfüllen christlicher Hospitäler mit mißbrauchten kleinen Mädchen, die kaum aus der ersten Kindheit heraus sind, wurde so überaus abscheulich, dass die Regierung einschreiten und diesen Verbrechen, die im Namen der Religion begangen wurden, ein Ende machen mußte. Die Erregung hierüber war in Indien so groß, dass eine religiöse Revolution, die fast zu einem neuen Aufstand geführt hätte, drohte." - Der Krieg von Harmagedon, C.T. Russell, S. 170-171.

"Nicht nur in sittlicher, sondern auch in wirtschaftlicher Beziehung ist der Hinduismus für die Bevölkerung Indiens wie ein Meltau gewesen und ist es noch. Bis die neue indische Regierung eine Prämie auf jeden Affenkopf festsetzte, fraßen die Affen täglich Lebensmittel im Betrage von 2 Millionen Dollar und zerstörten überdies jährlich drei Milliarden Tonnen Getreide. Die Affen werden als heilig angesehen, und so sind sie fett und glänzend geworden, während die Menschen verhungerten. Pfauen, die viel kostbares Getreide verzehren, werden ebenfalls als heilig betrachtet. Auch Schlangen werden als heilig angesehen, und nur daran zu denken, sie zu töten, wird für Sünde gehalten, obwohl sie jährlich den Tod von 50 000 Indern verursachen.

So wie sich eines der hervorragendsten Glieder der größten politischen Partei Indiens ausdrückte, ist 'der Schutz der Kuh ein Teil indischer Kultur, und daher … sollte der Kuh völliger Schutz zuteil werden, auch wenn dies zum Zusammenbruch der Wirtschaft des Landes führt'. Es wird als Sünde angesehen, eine Kuh zu töten, ungeachtet wie alt und krank sie sei und wie unprofitabel es ist, sie zu behalten. Indien prahlt damit, etwa 215 Millionen Stück Vieh zu haben, aber es hungert, weil das Rindfleisch seiner Bevölkerung wegen ihrer Religion zuwider ist.

Das Karma oder der Fatalismus veranlaßt den Hindu, dasselbe zu tun, was schon sein Vater tat, ungeachtet, wie unpraktisch es ist. Wegen des Karmas werden zehn Rechtsanwälte ihre Praxis ausüben, wo nur einer nötig wäre; wegen des Karmas werden Europäer oder wohlhabende Inder sechs bis zehn Hausdiener statt nur zwei haben: wer kocht, darf nicht den Tisch decken; wer den Tisch deckt, darf nicht den Boden fegen; wer den Boden fegt, darf nicht Kleider waschen; wer Kleider wäscht, darf nicht den Wagen waschen usw. Warum denn nicht? Dies zu tun, bedeute, die Kaste zu verletzen, was in Indien das soziale Verbrechen ersten Ranges ist. Beiläufig bemerkt, hat Indien auch zehn Millionen religiöse Bettler, die nichts produzieren.

Dass die geistige Einstellung der Hindus an der mißlichen Lage Indiens schuld ist, zeigt sich aus dem, was Maurice Zinkin in der April-Juni-Nummer 1952 des 'India Quaterly' schrieb. Seinen Ausführungen gemäß, möchten viele unterentwickelte Länder materiellen Wohlstand haben, aber sie sind nicht bereit, ihre geistige Einstellung zu ändern, um dies möglich zu machen. Nachdem der erwähnte Schreiber gesagt hat, der Inder betrachte einen Rechtsanwalt oder einen untergeordneten Staatsangestellten als ehrenwerter denn einen Verkaufsdirektor oder einen Fabrikingenieur, fährt er fort und sagt:

'Auch die Einstellung der Arbeit gegenüber benötigt eine Änderung. Unter einer Kokospalme nachzusinnen, sei eine bessere Art, die Seele [?] zu entwickeln, als Steine zu tragen für ein neues Eisenbahnbett. Gesellschaften aber, in denen nur lässige Muße betont und Arbeit bloß als unangenehme Pflicht betrachtet wird, die man so schnell als möglich erledigt, mögen hochbeseelt sein, werden aber nie reich werden. …

Mr. Zinkin tritt für die Schulbildung ein, doch gemäß den Worten des Premierministers Nehru von Indien macht dies die Sache nur noch schlimmer. … 'In einem Lande, wo 80% der Bevölkerung von Ernten abhängig sind, die unter großen Anstrengungen aus einem unergiebigen Boden durch veraltete Methoden hervorgebracht werden müssen, besteht eine naturwidrige Revolte gegen die gewöhnliche schwere Arbeit, und Mr. Nehru sieht diese Lage als verzweifelt an. Er betrachtet es als sehr entmutigend, dass im gegenwärtigen Indien fast jeder Bauer, der etwas Bildung empfangen hat, die Farm verlassen will, um ein Babu oder Arbeiter mit weißem Kragen zu werden.'"

Wie ausgeführt, stammt dieses Zitat aus dem Jahre 1954. Damals war Computertechnologie noch nicht angesagt. Zieht man letztere mit heran, und berücksichtigt die Meldung, dass gar vor einiger Zeit die Bundesrepublik Deutschland indischen Computerspezialisten Sonderkonditionen einzuräumen bereit war; kann man vorstehenden Text vielleicht in einigen Passagen als veraltet ansehen. Was wohl nicht veraltet ist. Das notwendige bekämpfen des Dogmatismus. Egal ob bei dem Hinduismus oder den Zeugen Jehovas!

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Geschrieben von Drahbeck am 22. Januar 2004 01:53:55:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 15. Januar 2004 02:40:02:

Aus der katholisch geprägten Provinz Quebeck in Kanada, vermeldet "Erwachet!" in seiner Ausgabe vom 22. 1. 1954 eine "Siegesfanfare". Laut Untertitel jenes Artikels wurde die "Widerrechtliche Handlung eines Klerikers von katholischem Richter mißbilligt."
Getreu der Einsicht aller Kolonialherren, den "dummen Eingeborenen" müsse erst mal "Kultur" beigebracht werden, vermeldet "Erwachet!":
"In Val Senneville (einem Dorf in der Provinz Quebeck) waren einige Zeugen Jehovas in aller Stille von Haus zu Haus gegangen und hatten die Leute zum Bibelstudium ermuntert."
"Erwachet!" belehrt weiter:
"Das Bibelstudium wird von der katholischen Bevölkerung stark vernachlässigt. Meistens besitzen die Leute nicht einmal eine Bibel, und an vielen Orten wird ihnen sogar das Lesen der Bibel verboten."
"Erwachet!" reflektiert allerdings nicht, wie denn das angebotene "Bibelstudium" in der Praxis aussieht; nämlich im "Studium" von der WTG verbreiteter Publikationen, wobei die tatsächliche Bibel da eher die Rolle eines unbedeutenden Statisten einnimmt.

Wie auch immer. Der im gleichen Ort ansässige katholische Pfarrer, wertete das ganze als "geschäftsschädigend" für sich. Mehr noch; er ließ es nicht bei dieser Einschätzung bewenden, sondern ließ sich zum handeln hinreißen. Das liest sich in "Erwachet!" dann so:
"Er war wütend darüber, dass jemand kommen und 'seinen' Schäfchen die Bibel erklären wollte. Er befahl ihnen, das Dorf zu verlassen, drohte, sie von der Bevölkerung hinausjagen zu lassen, ja sogar sie umzubringen, wenn sie nicht gingen. Um seinem Befehl Nachdruck zu verleihen, zog er Handfesseln und ein Polizeiabzeichen hervor, wodurch er sich den Anschein geben wollte, ein Beamter zu sein. Dies entsprach jedoch nicht der Wahrheit, und wurde ihm später zum Verhängnis. …
Pfarrer Beland spielte den beleidigten Unschuldigen und gab vor, er habe, als er den Zeugen Jehovas gebot, das Dorf zu verlassen, nur versucht, den Frieden zu wahren. 'Das Volk hätte in Erregung geraten und einen Tumult auslösen können!' Die Tatsachen zeigen jedoch, dass er der einzige war, der sich aufgeregt hatte. Die Bevölkerung hatte sich ruhig verhalten. Beland schwor, es hätten sich viele bei ihm über die Tätigkeit der Zeugen Jehovas beschwert. Im Kreuzverhör nannte er einen Namen und sagte, die anderen seien ein Berufsgeheimnis; worauf Richter Felix Allard erklärte, es gebe kein Berufsgeheimnis hier, und ihn aufforderte, zu antworten.

Nun änderte sich die Sache: 'Glücklicherweise' konnte er sich nicht mehr an die Namen, welche vorher ein Geheimnis gewesen waren, erinnern."

Wie man unschwer erraten kann, hatte sich der genannte Priester eine saftige Niederlage eingehandelt. Dies ist natürlich "Erwachet!" eine Siegesfanfare wert. Und so erhebt man denn zum Schluss des Artikels den erhobenen Zeigefinger und verkündet:
"Dieses Urteil soll anderen Priestern als Warnung dienen …"

Ach ja. Das alles spielte sich Anfang der 1950er Jahre ab. Inzwischen ist ein halbes Jahrhundert Zeit vergangen. Und einiges hat sich in dieser Zeit verändert. Dennoch, irgendwie scheint mir, dieser "Präzedenzfall" hat seine Aktualität noch nicht verloren, wenn auch unter anderen Vorzeichen.
Wir leben jetzt im "Internetzeitalter". Die eingangs genannten Kolonisatoren sind darin zwar auch vertreten; aber auch ihre Kritiker. Und manchem der im Geiste der Kolonisatoren Erzogenen, überfällt gelegentlich ein ähnliches Gefühl, wie dem genannten Priester, der seine Unüberlegtheit letztendlich teuer bezahlt hat.
Es mag sich jeder seinen eigenen weiteren Reim darauf machen, wie dieser neuzeitlichere Vergleich im Detail wohl gemeint sein kann. Nicht alles muss dem Leser vorgekaut werden. Er kann dazu auch seine eigenen "Verdauungswerkzeuge" benutzen!

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Geschrieben von Drahbeck am 01. Februar 2004 03:53:16:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 22. Januar 2004 01:53:55:

"Gewisse Historiker waren beredtsam, als sie über die Kriege der Makkabäer berichteten, und setzten sie mit den tapferen Kriegern, die in den Hebräischen Schriften und in Hebräer 11 erwähnt sind, auf die gleiche Stufe. Doch die Tatsachen bleiben bestehen, dass die Kriege der Makkabäer nicht unter Jehovas Leitung ausgefochten wurden."

Dies meint der "Wachtturm" in seiner Ausgabe vom 1. 2. 1954.

Diese Formulierung zeigt auch, dass dieser geschichtliche Abschnitt des jüdischen Volkes nicht unumstritten ist. Die WTG hat sich, wie man las, festgelegt auf die Position. Diese Phase der jüdischen Geschichte stand nicht unter göttlicher Leitung.
Nicht immer vertrat sie solch eine Position. Ganz im Gegenteil, im Anfang ihrer Geschichte, noch bis weit in die 1920er Jahre hinein, konnte sie sich nicht genug daran tun, die Geschichte der Juden theologisch zu verklären. Noch heute kann man ja solchen Kreisen begegnen, obwohl die WTG derzeit nicht mehr zu ihnen gehört.

Indes ein WTG-Buch wie "Trost für die Juden", Judentrost dürfte wohl schon vom Titel her, aussagekräftig genug sein. Aber deutlich ist auch. In der Theologie schwanken die Bewertungen. Zwischen kritiklosen bejubeln und Ablehnung gewisser Phasen der jüdischen Geschichte als nicht "Gottgeleitet". Gerade die WTG ist das Paradebeispiel dafür, denn was sie jetzt ablehnt, hat sie früher einmal bejubelt. Der Zionismus in christlichen Kreisen hatte früher eine erste Adresse, namens Wachtturmgesellschaft. Heute, allerdings nicht mehr.

Es liegt mir fern, in das Horn der Zionismus-Bejubler mit einzustimmen. Wie ich auch die andere Variante, die Hassgeprägte des Antisemitismus, ablehnen muss.
Indes ist es nicht uninteressant sich mal einen Teilaspekt der jüdischen Geschichte etwas näher anzusehen. Die WTG tat es in der genannten WT-Ausgabe und kam dabei zu dem Ergebnis, dieser Abschnitt jüdischer Geschichte sei nicht gottgeleitet gewesen. Da stimme ich sogar zu; allerdings mit der nicht unwesentlichen Ergänzung, nicht blos "nur" dieser Geschichtsabschnitt.

Über Mord und Totschlag liest man in genanntem WT. Ein paar Kostproben nachstehend:
"Während des letzteren Teils dieser Zeitperiode, besonders zwischen den Jahren 168 v. Chr. und 40 v. Chr. übernahmen die Makkabäer in jüdischen Angelegenheiten in Führung in Palästina. …
Beim Tode Alexanders, im Jahre 323 v. Chr., wurde sein Königreich unter seine vier Generäle aufgeteilt. Ptolemäus Soter erhielt Ägypten und Seleukus wurde Syrien einschließlich Palästina zuteil. Während der nächsten zwanzig Jahre wurde Palästina in den Händen dieser zwei Generäle wie ein Pfändungsgegenstand behandelt. Abwechselnd wurde es eingenommen und ging wieder verloren, wurde erobert und wieder zurückerobert.

Dann erfreuten sich die Juden unter der Herrschaft des Sohnes Ptolemäus Soters, Philadelphus, großer Wohlfahrt. Er war es, der Alexandrien zum Kulturzentrum der damaligen Welt machte …etwa 80 000 Juden, die in Alexandrien wohnten und zum größten Teil von seinem Vater dorthin gebracht worden waren.
Einige andere Ptolemäer folgten Philadelphus, jedoch wurde ihre Herrschaft allmählich geschwächt, so daß im Jahre 199 v.Chr. der syrische Herrscher Antiochus der Große (III.) fähig war. Palästina zurückzuerobern. Nach ihm regierte sein Sohn, Antiochus Epiphanes (175-164). ein religiöser Fanatiker, der wegen seiner erfolglosen Kriege gegen den alten Feind Ägypten einen religiösen Kreuzzug begann, um das Volk unter ihm zur Religion der Griechen zu bekehren. Gemäß dem Geschichtsschreiber Lord war "dieser Monarch einer der grausamsten, räuberischsten und tyrannischsten Fürsten" der Geschichte, die Abscheulichkeiten verübten.

Es gelang ihm, die Samariter mit Gewalt zu bekehren. Danach ging er in gleicher Weise gegen die Juden vor. Er ernannte einen Hohenpriester, der bereit war, alles Jüdische zu unterdrücken und alles Griechische volkstümlich zu machen. Im Jahre 170 v. Chr. kam er nach Jerusalem und plünderte den Tempel. Zwei Jahre später kam er zurück und verunreinigte den Altar, indem er eine Sau auf dem Altar opferte und ihn dem Zeus Olympus weihte. Abschriften des Gesetzes wurden verbrannt, und der Besitz von Abschriften wurde mit dem Tode bestraft. Man stellte ein Bildnis im Tempel auf und brachte Huren hinein. Die Beschneidung wurde ein schweres Verbrechen, und die Juden wurden gezwungen, Schweinefleisch zu essen. Die Mauern von Jerusalem wurden eingerissen. und in der Stadt wurde eine Garnison mit Griechen und abgefallenen Juden errichtet mit denen die Politik der Verschmelzung mit der griechischen Religion und Kultur durchgesetzt werden sollte.

Wegen dieser Ereignisse flohen einige Juden aus Jerusalem nach Modin (wo sich dieser Ort befand, ist ungewiß) unter denen sich auch ein levitischer Priester namens Mattathias befand, der fünf erwachsene Söhne hatte. Der reiche Offizier des Königs fühlte sich einflußreich und versuchte somit Mattathias zu bestechen, um ihn für die Zusammmenarbeit in diesem griechischen Proselytenfeldzug zu gewinnen. Mattathias aber verwarf nicht nur das Angebot mit Verachtung, sondern verkündigte öffentlich, daß er strikt an dem Gesetz Moses festhalten würde. Es scheint, daß zur gleichen Zeit ein abgefallener Jude so weit gegangen war, daß er auf heidnischen Altar geopfert hatte. Das brachte den alten Mattathias so sehr in Zorn, dass er nicht nur den Juden auf dem Altar tötete, sondern auch den Beauftragten des. Dann stieß er den heidnischen Altar um.

Darauf floh er in die Berge und nahm seine fünf erwachsenen Söhne mit sich. Eine große Menge folgte ihm. Sie hatten auf seinen Ruf reagiert: "Jeder, der eifrig für das Gesetz eintritt, folge mir!" Soldaten wurden ihnen nachgesandt und griffen sie am Sabbat an, an dem die Juden nicht kämpften.
Tausende der Nachfolger Mattathias wurden erschlagen. Weil die Juden wiederholt zufolge ihrer Weigerung, am Sabbat zu kämpfen große Verluste erlitten, verfügte Mattathias, daß sie nunmehr kämpfen würden, wenn man sie am Sabbat angriffe. Trotz seines hohen Alters war Mattathias dennoch in der Lage, eine große Armee aufzustellen. Es gelang ihm, die ihn verfolgenden Soldaten aus dem Lande zu treiben, heidnische Altäre niederzureißen und die jüdische Zeremonien wiederherzustellen. Nach zwei Jahren seiner Tätigkeit starb er gemäß Josephus im Alter von 145 Jahren.

Kurz vor seinem Tode rief er seine fünf Söhne Johannes, Simon, Judas "Makkabäus", Eleasar und Jonathan zusammen. Er ermahnte sie, den Kampf gegen die Politik Antiochius, die Juden griechisch zu machen, weiterzuführen. In Übereinstimmung mit dem Vorschlag Mattathias übernahm Judas Makkabäus die Führung des Krieges gegen die syrischen Oberherren. Sein Name wurde schnell mit all seinen Brüdern und mit seinen Nachkommen verbunden, so daß man sie bald alle Makkabäer nannte....

Judas Makkabäus und seine Soldaten zogen durch die Städte Judas und vernichteten heidnische Anbeter, Heiden wie auch abgefallene Juden, und rissen ihre Altäre nieder. Apollonius, der Militärgouverneur von Samaria, marschierte gegen Judas mit großer Übermacht. Jedoch nur, um sich schlagen und seine Armee zersprengen zu lassen. Seron sein Befehlshaber über die syrischen Streitkräfte in Palästina, hörte davon und zog mit einem General hohen Ranges und einer größeren Macht gegen Judas aus. Er wurde ebenfalls geschlagen und hatte große Verluste. Als Ergebnis wurde der Name Judas Makkabäus zum Terror aller Nationen ringsum. König Antiochus Epiphanes war über die Rückschläge der syrischen Armeen durch Judas sehr wütend. Er ließ seinen Stellvertreter oder Statthalter. Lysias, gegen die Juden vorgehen, während er sich in andere Feldzüge verwickelte. Lysias stellte drei erfahrene Generäle an die Spitze der Streitkräfte die 40 000 Mann Fußvolk, 7000 Reiter und eine Anzahl Elefanten umfaßten. Judas und seine Truppe von 3000 Mann übertrafen jedoch die Generäle, schlugen ihre Armeen in die Flucht und töteten dabei 3000 Mann und erbeuteten sehr viel. Im. folgenden Jahr stand Lysias selbst an der Spitze von 60.000 ausgewählten Fußsoldaten und 5000 Kavalleristen, die gegen Judas marschierten. Judas zerstreute jedoch auch diese mit 10.000 Mann.

Dieser Sieg, der im Jahre 165 v. Chr. errungen wurde, öffnete Judas den Weg nach Jerusalem. Er zog ein, reinigte und weihte den Tempel aufs neue, und zwar gerade drei Jahre, nachdem er so gemein durch Antiochius und seine Armeen beschmutzt worden war....
Die umliegenden Nationen, die Idumäer als Nachkommen Esaus nebst verschiedenen beduinischen Stämmen, versuchten dann das zu vollenden, was den syrischen Armeen nicht gelungen war. Judas aber teilte seine Streitkräfte von 13.000 Männern in drei Abteilungen. 2000 behielt er in Jerusalem zurück, und den Rest teilte er in zwei Armeen, ließ sie in verschiedene Richtungen marschieren und besiegte alle Feinde. Zu dieser Zeit, im Jahre 164 v. Chr., wurde Antiochus mit Elefantiasis befallen. Als er merkte, daß er dem Tode nahe war, ernannte er seinen Freund Philippus solange zum Regenten, bis sein Sohn Eupator alt genug sein würde. Lysias, der als Bevollmächtigter oder als Statthalter gedient hatte, stellte diese Ernennung in Frage, und als Folge der Kriege zwischen den beiden hatten die Juden eine kurze Ruhepause.

Es gab jedoch immer noch einen wunden Punkt für die Juden: die Garnison der Syrer und abtrünnigen jüdischen Soldaten befand sich auf dem Berge Zion. Judas ging im Angriff gegen sie vor, was sie ihrerseits Eupator oder sehr wahrscheinlich Lysias, dem Regenten, mitteilten. Dieser sandte eine überwältigende Armee von 100.000 Soldaten, 20.000 Kavalleristen und 32 Elefanten. In dieser Schlacht, die unentschieden auslief, wurde Eleasar, einer der Söhne des Mattathias, durch einen Elefanten zerstampft, der damit als erster der fünf Makkabäer fiel. Als Lysias hörte, daß sein Rivale Philippus Antiochien eingenommen hatte, machte er schnell mit Judas Frieden und kehrte nach Antiochien zurück, um Philippus zu vertreiben. Kurz danach kehrte Demetrius, der Sohn Seleukus, zum Palast seiner Vorfahren zurück, schlug Lysias und den jungen König und regierte an seiner Statt.

Judas besiegte eine Armee, die Demetrius unter Bacchides gesandt hatte, und eine andere unter Nikanor, welcher General von Judas selbst erschlagen wurde. Danach schloß Judas ein Abkommen mit den Römern. Wiederum entsandte Demetrius Bacchides, einen seiner fähigsten Generäle, gegen Judas, diesmal mit einer Armee von 22.000 Mann. Wegen der blutigen Kriege, der Propaganda und der Furcht schmolz die Truppe unter Judas bis auf 800 Mann zusammen. Das hielt ihn jedoch nicht davon ab, die Tausende des Bacchides in der Schlacht anzugreifen. Zwischen zwei Mächten eingeschlossen, wurde aber die jüdische Armee dezimiert und Judas dabei erschlagen.

Die patriotische Partei bot Jonathan, jüngsten Sohn Mattathias, die Führung und er nahm sie an. Er war jedoch kein militärischer Führer wie Judas. Seine Kriegsform bestand zum größten Teil aus der Verteidigung oder Überfällen. Die syrischen Herren jedoch waren froh, daß sie mit ihm Friede schließen konnten, weil sie Streit und Verwirrung im eigenen Lande hatten. Oppositionsparteien suchten die Gunst der Juden, und zeitweilig halfen sie sogar den jüdische Armeen, die syrische Rebellion niederzukämpfen. Im Jahre 144 v. Chr. wurde Jonathan vom syrischen König zum Hohenpriester ernannt. Ein Jahr später lockte ein svrischer Verschwörer namens Tryphon, zusammen mit einigen Soldaten, Jonathan in eine Falle und erschlug ihn, obgleich Jonathan damals eine Armee von 40.000 unter sich hatte.

Schon während der ersten Herrschaftsjahre Jonathans wurde sein Bruder Johannes erschlagen. Zufolge Jonathans Tod verblieb also nur noch Simon. Im ersten oder zweiten Jahr der Führung Simons erlangten die Juden für sich Unabhängigkeit in Palästina, indem sie sogar von der syrischen Garnison auf dem Berge Zion befreit wurden, die die Anbeter im Tempel solange belästigt hatte. Die Befreiung von diesem syrischen Joch durch Simon wurde als ein derartiges Ereignis angesehen, daß die Juden ihre Dokumente vom "ersten Jahre Simons, des Hohenpriesters, des Befehlshabers und Führers der Juden", zu datieren begannen. Unter Simon gediehen die Juden. Das Abkommen mit Rom wurde erneuert. Später jedoch müssen sie das bereut haben, denn es gab den Römern eine Entschuldigung, schließlich über Palästina die Herrschaft zu gewinnen. Solange die Juden von heidnischer Aggression befreit waren, stritten sie sich untereinander. So kam es, daß schon nach acht Jahren das Ende der Führung Simons kam. Er und zwei seiner Söhne wurden durch einen gewissen Ptolemäus, einen Schwiegersohn, ermordet, der das Amt des Hohenpriesters begehrt hatte. Simons Sohn, Johannes Hyrkanus wurde sein Nachfolger. Er unterwarf Samaria und Galiläa und dehnte sein Königreich fast bis an die Grenzen aus, wie sie unter König David bestanden.

Nach fast dreißig Jahren wurde Johannes Hyrkanus durch seinen Sohn Aristobulus, einen bösen Fürsten, abgelöst. Dieser ermordete seinen Bruder meuchlerisch und ließ seine Mutter in einem Kerker verhungern. Nach ihm kam Alexander Jannäus, dessen unruhige Regierung 27 Jahre, bis 78 v. Chr. dauerte. Sein Nachfolger war seine Frau, Alexandra, die neun Jahre lang regierte. Ihr Sohn Hyrkanus II. folgte ihr; um sich gegen die Intrigen des Aristobulus zu behaupten, stellte er sich unter die Herrschaft der Römer. Wie der Historiker Lord es ausdrückte; die Römer kamen "als Schiedsrichter und blieben als Herren". Ein idumäischer Fürst, Antipater, der "reich, tatkräftig und aufrührerisch war", unterstützte die Sache Hyrkanus und schlich sich in die Gunst der Römer ein und erfreute sich bald der wahren Macht, während Hyrkanus die Oberherrschaft beibehielt. Antipaters Sohn Herodes ging zu Rom über und sicherte sich durch Intrigen die Königsherrschaft über Juda. Nach einem dreijährigen Krieg unterwarf er den asmonäischen Fürsten Antigonus. Er verurteilte ihn zum Tode und auch die anderen Fürsten aus jener Linie und all die Glieder des Sanhedrins bis auf zwei. Während damit die asmonäische Linie — was die Herrschaft anbetrifft — endete, wurde ihre Politik durch die Sadduzäer bis zur Zerstörung Jerusalems im Jahre 70 n. Chr. fortgesetzt.

Solange die asmonäischen Fürsten Macht in Jerusalem hatten, "gab es genausoviel Gefahren von innen wie von außen, und Parteieifersucht brachte die göttliche Sache in die größte Gefahr". "Zwangsmäßiger Götzendienst, eine zeitweilige Priesterschaft und eine treulose Volksmenge" sind die Worte, die die Juden zu dieser Zeit treffend beschreiben. Es war die Zeit, in der die Tradition wichtiger war als das geschriebene Wort, in der die apokryphischen Bücher geschrieben wurden, einschließlich der sogenannten Psalmen Salomos. Der letzte aus der Linie des Hohenpriesters war nach Ägypten geflohen, und das Amt wurde ein politischer Gebrauchsartikel.

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Geschrieben von Drahbeck am 08. Februar 2004 05:53:52:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 01. Februar 2004 03:53:16:

"Es ist verboten, in den Straßen von Quebeck Bücher, Flugschriften, Broschüren, Rundschreiben und Traktate irgendwelcher Art ohne Genehmigung des Polizeichefs zu verteilen."
Eben zitierte Anordnung aus Kanada, wurde laut "Erwachet" vom 8. 2. 1954, im Oktober 1933 erlassen. Hatten nun die Quebecker mit diesem Verbot sonderliche Probleme? Wohl eher nicht, muss man sagen. Sie werden sich damit eingerichtet haben, und das Leben ging seinen weiteren Gang.
Eine Ausnahme von dieser Regel gab es allerdings. Das waren die Zeugen Jehovas. Die waren partout damit nicht einverstanden. Sie ließen es gewähren, ja sie beförderten es gar, dass dies zum handfesten Konflikt eskalierte. Rund 1500 Gerichtsfälle gab es wegen Übertretung dieser Verordnung, von denen cirka 800 im Oktober 1953 noch nicht endgültig abgeschlossen waren. Besonders nach 1947 eskalierte die Situation. Beide Seiten beharrten stur auf ihren Maximalansprüchen.

Die Zeugen Jehovas unterstellen, und damit mögen sie recht haben, dass die eingangs zitierte Anordnung - formal in neutralen Worten - in der Sache auf sie speziell abzielte. "Erwachet!" schreibt dazu:
"Die Stadt Quebeck hatte dem Gericht nahegelegt, die Gewohnheit der Zeugen Jehovas, ihren Glauben öffentlich mit Hilfe des gedruckten Wortes zu betätigen, nicht als eine vom Gesetz geschützte Ausübung des Glaubens zu betrachten. Die Betätigung des Glaubens beschränke sich auf die Kirche. Das würde bedeuten, dass nur ihre Art der Glaubensbetätigung, das heißt jene, die in bestimmten Gebäuden erfolgt, geschützt wäre."

Dagegen lief nun die WTG Sturm. Zur Wahrung ihres Anspruches in dem diesbezüglichen juristischen Grabenkampf, buddelte sie sogar ein uraltes, fast vergessenes Gesetz aus. Dazu liest man in "Erwachet!":
"Dieses Gesetz war im Jahre 1852 erlassen worden, und genau 100 Jahre später im Jahre 1952, gebrauchten es Jehovas Zeugen zum erstenmal in ihrer Verteidigung vor dem kanadischen Obersten Gericht.
Wer hat dieses Gesetz gemacht? Wieso geriet es in Vergessenheit? Im Jahre 1852, als es in Kraft gesetzt wurde, bestanden zwischen den Katholiken und Protestanten heftige Spannungen. Das Gesetz verfolgte den Zweck, diese beiden religiösen Lager von der Furcht zu befreien, vom Gegner vernichtet zu werden. Beim Zusammenschluß der ersten vier Provinzen im Jahre 1867 blieb dieses Gesetz in Kraft. Von da an schien es in Vergessenheit geraten zu sein. Seit 40 Jahren ist es in den Gesetzbüchern von Ontario nicht mehr zu finden. In Quebeck wurde es neu gedruckt, aber nie angewandt. Dieses alte Gesetz hat folgenden Wortlaut:
DA die gesetzliche Gleichberechtigung aller Religionsgemeinschaften ein anerkannter Grundsatz der Kolonialgesetzgebung ist, wird ... die Glaubensfreiheit und die freie Ausübung des Glaubens ohne Unterschied oder Vorzug allen in dieser Provinz ansässigen Untertanen Ihrer Majestät gewährt, sofern dies nicht als Vorwand für unsittliche Handlungen oder Praktiken, die den Frieden und die Sicherheit der Provinz gefährden, verwendet werde."

Meinte die WTG damit einen "Trumpf" ausgebuddelt zu haben; so war damit der Fisch allerdings noch nicht gegessen:
"Das Gesetz über die Religionsfreiheit schützt wohl die freie Ausübung der Religion, nicht aber 'unsittliche Handlungen oder Praktiken, die den Frieden und die Sicherheit der Provinz gefährden'. Die Quebecker Anwälte argumentierten des langen und breiten, dass zufolge dieser Einschränkung Jehovas Zeugen nicht durch dieses Gesetz geschützt werden. Sie bezeichneten die Kritik an der römisch-katholischen Hierarchie als eine 'unsittliche Handlung' und die Weigerung, sich dem ... Zensurgesetz zu unterziehen, 'eine Gefährdung des Friedens und der Sicherheit der Provinz.'"

Da dieser Rechtsstreit mittlerweile bis vor das Oberste Gericht Kanadas gelangt war, konnten die dortigen Richter sich allerdings nicht dem Eindruck entziehen. Was als formal in "neutralen" Worten formuliertes Gesetz erscheint, erweist sich in der praktischen Zielrichtung als eine Lex zugunsten der katholischen Kirche und zu lasten der Zeugen Jehovas. Den Richtern wurde klar, den formal "neutralen" Wortlaut können sie "vergessen". Sie müssen sich in der Tat der Frage stellen, ist eine solch erkennbare tatsächliche Absicht Verfassungskonform? Und sie entschieden zugunsten der WTG im Oktober 1953.
Und dieser Sieg ist denn der WTG auch einen 9 Seiten langen Artikel in der genannten "Erwachet!"-Ausgabe wert, in der sie alle Facetten darstellt und nicht versäumt, auch siegestrunken, positive Presseberichte für sie, zu zitieren.

Bei ihrem Urteil hatten die Richter es zwar vordergründig mit den Zeugen Jehovas zu tun. Indes zu ihren Berufspflichten gehört es auch, etwas "weiter zu sehen". Letzterer Aspekt kommt denn auch in einem Kommentar der kanadischen Zeitung "Globe and Mail" vom 8. 10. 1953 zum Ausdruck:

"Entscheidend dafür war der Inhalt des Schriftstückes. Dieselbe Verordnung könnte auch gegen politische Parteien und Zeitungen angewandt werden. Es ist klar, dass es ein starker Übergriff auf die elementarsten bürgerlichen Rechte wäre, würde so viel Macht in die Hände eines einzigen Gemeindebeamten gelegt, ob dann davon je Gebrauch gemacht würde oder nicht. Dies konnte nie die Absicht derer gewesen sein, die unsere Verfassung schufen."

Wie gesagt, dies alles spielte sich vor rund fünfzig Jahren ab. Die Zeit ist danach nicht "stehengeblieben". Liest man in dergleichen "Erwachet!"-Ausgabe in einer Notiz auch davon, dass in den USA, die Entwicklung des Farbfernsehens, allmählich konkrete Formen annahm. So muss man dazu sagen. Auch dabei ist die Zeit nicht stehen geblieben. Heute beispielsweise, haben viele schon Internet. Damals sicherlich kaum vorstellbar. Etliche Internetnutzer kennen aber auch eines seiner Probleme, dass da landläufig als "Spam" bezeichnet wird. So mancher stöhnt, wenn er seinen eMail-Briefkasten öffnet. Wieder randvoll mit Spam, unerwünschten Werbebotschaften und anderes mehr.

Einem, dem man in indirekter Form, diese Überflutung mit Spam mit zu verdanken hat, sind auch die Zeugen Jehovas. Vor Kandas Gerichten hatten sie sich das "Recht" dazu mit erkämpft!

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Geschrieben von Drahbeck am 15. Februar 2004 01:21:05:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 08. Februar 2004 05:53:52:

Inhaltlich herausragend in der "Wachtturm"-Ausgabe vom 15. 2. 1954, ist meines Erachtens der Artikel über die "Arbeiterpriester". Er wurde an anderer Stelle schon etwas näher kommentiert.

19542Arbeiterpriester

Ansonsten ist diese WT-Ausgabe vorrangig der obligaten jährlichen Auswertung der Jahrbuchstatistiken gewidmet.
Bekanntlich leitete seit Mitte der 40er Jahre N.H. Knorr die Geschicke der WTG. Durch den Mund des Marley Cole lies letzterer sich einmal bescheinigen, dass seine Mitarbeiter von ihm nicht direkt als von einem Antreibertyp sprechen, sondern als von einem Mann, der Tüchtigkeit zu schätzen weiss (es lebe der "feine" Unterschied).

In Bilanzierung des ersten Jahrzehnts der Knorradministration und unter Beachtung vorstehendem, liest man:
1942 gab es in 54 Ländern 115.240 ZJ-Verkündiger.
1947 dann in 86 Ländern 207.662.
1952 in 127 Ländern 456.265.
Und 1953 seien es dann schon in 143 Ländern 519.952 gewesen.

Das vorstehend skizzierte Zunahmetempo sollte dann in späteren Jahren allerdings sich noch reduzieren. Auch beispielsweise in Deutschland. Religion als "Opium" gewertet, beinhaltet auch, dass ein sozialer Nährboden zu ihrer Reproduzierung da ist. Beispiele dafür lieferten in jüngster Zeit die rasanten Zunahmen in Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Die dort übernommene "Heilslehre"; es müsse und solle der "Elite" gut gehen. Der "Rest" mag zusehen, wie er sich selber als den Sumpf zieht, bildet den Nährboden, dass buchstäbliche Massen auch in die Hände der Rattenfänger namens Zeugen Jehovas gerieten und geraten.

Hierzulande war - statistisch gesehen - einige Jahre eine relative Stagnation zu registrieren. Die indes, würde ich nicht überbewerten. Nachweislich gab es in jenen Stagnationsjahren, auch hierzulande noch "fette" Zunahmen bei den Zeugen Jehovas. Zwar beschränkt auf eine bestimmte soziologische Klientel, als da sind fremdsprachige Kreise in Deutschland. Kürzlich eingewanderte aus anderen Staaten. Das war die "tragende" Kraft, die verhinderten, dass die Stagnation sich als faktischen Rückgang im deutschsprachigem Bereich offenbart hätte.

Zu unterscheiden ist auch noch der Faktor "Kultur" und "Traditionschristen". In der Regel die, welche in dieses Milieu hineingeboren wurden. Man kann zwischen evangelischer und katholischer Kirche durchaus einen gravierenden Unterschied feststellen. Die Zahl jener, die Gottesdienstveranstaltungen regelmäßig besuchen, ist bei den Katholiken derzeit noch, erheblich größer, als bei den Evangelischen. Was hingegen Austrittszahlen aus beiden Kirchen anbelangt, so spiegelt sich die nachweisbare Indifferenz gegenüber kirchlichen Angeboten, keinesfalls in dem Umfange wieder. Müssten die Kirchen gewärtigen, dass jene die ihre wöchentlichen Angebote nur selten oder gar nicht nutzen. Diejenigen würden auch zu aktiven Austrittshandlungen übergehen. Ein "Erdbeben" würde diese "Volkskirchen" erwischen. Und die Fiktion der "Volks"kirchen, wäre endgültig als solche erwiesen.

Zwischen Katholiken und Zeugen Jehovas hingegen kann man im Vergleich wohl sagen, dass letztere die wöchentlichen Veranstaltungsangebote weitaus intensiver nutzen. Somit schlägt sich das dortige Indifferentenpotential nicht in dem Maße in aktiven Austrittshandlungen nieder. Hinzu kommt die kultivierte "Abschottung" gegen alle von außen kommenden Einflüsse, die Beschränkung des sozialen Kontaktes auf vorwiegend gleichorientierte Kreise. Das alles sind soziologisch wirksame Elemente.
Hinzu kommt auch in diesem Lande, die weitere Begünstigung der "Eliten" und die scheinheilige Empfehlung an den Rest, sie mögen sich doch gefälligst an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen. Das alles sind Faktoren, die letztendlich eine Entwicklung al la GUS-Länder begünstigen. Vielleicht heute und morgen noch nicht. Übermorgen aber wohl mit Sicherheit

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Geschrieben von Drahbeck am 22. Februar 2004 05:48:33:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 15. Februar 2004 01:21:05:

Aus einer politischen Rede des US-Präsidenten Eisenhower vom 7. Januar, zitiert die "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 2. 1954 unter anderem die Sätze:
"Mittlerweile kommen aus dem Gebiet hinter dem Eisernen Vorhang Anzeichen, dass die Tyrannei sich in Sorgen befindet und dass ihre Struktur ebenso brüchig wie ihre Oberfläche hart ist. … Die amerikanische Freiheit bleibt bedroht, solange auf der Welt die kommunistische Verschwörung mit ihrer gegenwärtigen Reichweite, ihrer Macht und ihrer Feindschaft besteht."

Weiter zitiert "Erwachet!"
"Auf innenpolitischen Gebiet empfahl der Präsident dem Kongress den Erlaß eines Gesetzes, wonach einem Bürger der Vereinigten Staaten, der vor Gericht der Verschwörung zum gewaltsamen Sturz der Regierung überführt wird das Bürgerrecht entzogen werden kann. 'Wenn sich ein Bürger bewusst an einer kommunistischen Verschwörung beteiligt, dann ist er nicht mehr länger Bürger der Vereinigten Staaten.'"

Sicherlich hat "Erwachet!" mit diesen Zitaten die zeitgenössische USA-Politik zutreffend gekennzeichnet. Die "Hexenjagden" eines McCarthy sind auch andernorts ein Begriff. Bemerkenswert in dieser Politik-Definition auch noch, dass sich die USA auch durch den Kommunismus außerhalb ihres eigenen Territoriums bedroht sahen, und damit auch dem Kommunismus außerhalb ihres Territoriums den Kampf angesagt hatten.
Auch diese Feststellung ist nicht neu. Sie wurde lediglich durch "Erwachet!" noch ein zusätzliches Mal bestätigt.
Insbesondere was den skizzierten Kampf außerhalb der USA anbelangt, so haben die Kommunisten ihrerseits schon zeitgenössisch gewittert, dass auch die unter Führung der WTG stehenden Zeugen Jehovas dabei ihren Part mitspielen.

Das die WTG etwa in Widerspruch zu dieser skizzierten Eisenhower-Politik gestanden hätte, kann man weder aus dieser "Erwachet!"-Notiz noch aus ihrem tatsächlichem Verhalten entnehmen. Ganz in Gegenteil. Die WTG befand und befindet sich in jeweiligem Einklang mit der gerade herrschenden USA-Politik. Sie nimmt faktisch eine Kalysatorfunktion war, um diese in scheinreligiöse Vokabeln umzusetzen. Das stellten schon die Kommunisten fest. Und das urteilen selbst Leute, die ihrerseits auch keine "Bejubler" des kommunistischen Systems sind.

Noch ein anderer USA-Präsident wird in dieser "Erwachet!"-Ausgabe zitiert. Und zwar Thomas Jefferson, dritter Präsident der USA. Von ihm zitiert "Erwachet!":
"Meiner Ansicht nach liefert die Geschichte kein einziges Beispiel eines von Priestern beherrschten Volkes, das eine freie bürgerliche Regierung aufrecht erhalten hätte … Der Klerus meint, dass jedes Teilchen mir anvertrauter Macht zur Bekämpfung seiner Intrigen gebraucht werde. Und er hat recht, denn ich habe … ewige Feindschaft gegen jede Tyrannei über den menschlichen Verstand geschworen … Unter dem Einfluß religiöser Dogmen, die sich von moralischen Prinzipien unterscheiden, hat sich von Anbeginn der Welt bis auf den heutigen Tag die ganze Menschheit gezankt, bekriegt, verbrannt und gefoltert wegen Abstraktionen, die ihnen, den Geistlichen, selbst sowie allen anderen Menschen unverständlich sind und jenseits der Aufnahmefähigkeit des menschlichen Sinnes liegen. Würde ich mich darauf einlassen, so würde ich nur eine weitere Einheit der Zahl der Tollhäusler hinzufügen."

Man ist, gelinge gesagt, schon etwas erstaunt, ein solches Zitat gerade in einer Zeugen Jehovas-Zeitschrift vorzufinden. Man kann sich auch des Eindruckes nicht erwehren, würde Jefferson noch heute in den USA leben, würden die dortigen rechtskonservativen christlichen Kreise am allerlautesten schreien: "Kreuzigt ihn!"

Das die WTG dieses Jefferson-Zitat überhaupt brachte, ist wohl eher dem Umstand zuzuschreiben. Gedacht als Angriffsspitze gegen die "Großkirchen". Indes ist ihnen dabei entgangen, dass sie damit nur die Parabel von des Kaisers neuen Kleidern wiederholen. In unterwürfiger Selbstbejublung machend, stört ein kleiner Junge diese erlauchte Szene mit dem Ausruf: "Der ist ja nackt!"
In der Tat auch die WTG erweist sich als in des Kaisers neuen Kleidern wandelnd! ---------------------------------------------------------

Geschrieben von Drahbeck am 01. März 2004 05:33:35:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 22. Februar 2004 05:48:33:

Wer ist der bessere Antikommunist? Diese Frage hat offenbar auch die "Wachtturm"-Schreiber umgetrieben. In ihrer WT-Ausgabe vom 1. 3. 1954 registrieren sie missmutig, dass es in den USA zeitgenössische katholische Kreise gab, die auch mit dem Anspruch auftraten entschiedene Antikommunisten zu sein. Halt, ruft ihnen der "Wachtturm" entgegen. Diese Ehre gebührt euch nicht. Diese Ehre sollte nur uns zuerkannt werden.

Wenn die Kommunisten in den Ostblockstaaten noch eines zusätzliches Beweises für ihre Aversionen gegen die Zeugen Jehovas bedurft hätten (was sicherlich nicht der Fall war). Hier, wurde er ihnen sozusagen frei Haus geliefert!

Der "Wachtturm" belehrt seine Konkurrenten aus dem Bereich der katholischen Kirche mit den Worten:
"Zum Beispiel sind die römisch-katholischen Geistlichen der Vereinigten Staaten stolz, die bittersten Feinde des Kommunismus zu sein. Fulton J. Sheen steht hierin an der Spitze. In einem Artikel in der Zeitschrift The American Weekly, 9. August 1953, spricht er über 'die Art, wie man einen Kommunisten bekehrt'. Der Kerngedanke war: argumentiere nicht; diskutiere nicht die Verhältnisse in Rußland; hasse den Kommunisten nicht."

Dazu kommentiert der "Wachtturm":
"Herr Sheen ist sehr stolz über seinen Erfolg, einige Kommunisten bekehrt zu haben, aber wie sieht es denn mit den übrigen Mitgliedern seiner Kirche aus?
The National Catholic Almanac [USA] vom Jahre 1953 gibt für Italien 99,7 Prozent der Bevölkerung als katholisch an. Nach der New Yorker Times, 21. Mai 1953, 'hat Italien die größte kommunistische Partei der Welt außerhalb des Sowjet-Blocks' und 'würde ein kommunistisches Regime haben', wenn es nicht Hilfe erhalten hätte".

Dazu kann der "Wachtturm" sich die sarkastische Anmerkung nicht verkneifen:
"(Hilfe) durch ihre große Anzahl katholischer Bischöfe wie z. B. Fulton J. Sheen? - nein, durch die Hilfe der Milliarden Dollar, die die Vereinigten Staaten nach Italien gebracht hatten."

Und um die Ironie weiter zuzuspitzen meint der "Wachtturm" dann:
"Aber vielleicht sind die katholischen Bischöfe in Italien nicht so verschlagen, nicht solche klugen Schauspieler wie Herr Sheen. Sollte man annehmen, dass sie noch nichts von Sheens wunderbarer Methode gehört haben? Oder haben sie die Methoden ausprobiert, sie aber als Versager entlarvt?
Trotzdem die Katholische Kirche allmählich vor der kommunistischen Drohung in Italien zurückweicht, versichert uns Herr Sheen, durch seinen inneren Wunsch genährt: 'Unweigerlich wird der Tag kommen, und die Lehren Christi und Petri werden wieder in Rußland vorherrschend sein. Rußland wird zum Glauben zurückkehren. Und welche Rolle wird Rußland spielen, nachdem es bekehrt worden ist? Ich bin davon überzeugt, dass Rußland dann zum Apostel an die übrige Welt wird.'"

Auch da meint der "Wachtturm" Widerspruch einlegen zu sollen und es besser zu wissen. Sein Kommentar dazu:
"Aber Herr Sheen! Waren denn jemals die Lehren Christi in Rußland vorherrschend? Hat denn jene Nation jemals Christus überhaupt als ihr Haupt anerkannt? Rußland wird zum Glauben zurückkehren. Zu welchem Glauben? Zum griechisch-orthodoxen, der jetzt dort ausgeübt wird? Zum römisch-katholischen Glauben, der so völlig versagt hat, dem Kommunismus in Italien Einhalt zu gebieten? Oder zum Glauben Christi und seiner Apostel?
Und wie soll dies alles vor sich gehen, Herr Sheen? Wirklich, es ist aus Ihrem Artikel überhaupt nicht klar ersichtlich, denn Sie fahren fort:
'Rußland hat ein Feuer. Sogar der Kommunismus hat das. Die große Schande der Welt ist aber, dass wir die Wahrheit haben, aber keinen solchen Eifer. Die Kommunisten haben Eifer, aber nicht die Wahrheit. Der Kommunismus gleicht einem Feuer, das sich über die Welt verbreitet, und jenes Feuer ist bereits in ihrem Herzen. Unsere westliche Welt ermangelt des Feuers. Uns fehlt offensichtlich dieses Feuer! Wo ist das Feuer für unser Vaterland? Wo ist das Feuer der Menschen, das die zurückgebliebenen Funken der Liebe in anderen Menschen anfachen kann? Vielmehr sind wir von der westlichen Welt kalt und träge und apathisch.'"

Nun aber glaubt der "Wachtturm" zum Entscheidungsschlag ausholen zu können und verkündet daher:
"Warum hat nun die westliche Welt kein Feuer? Warum ist sie kalt und träge und apathisch? Doch nicht etwa, weil sie die Wahrheit hat? Bestimmt nicht, denn der Westen hat ja gar nicht die Wahrheit! Die ewige Wahrheit ist in Gottes Wort zu finden …"

Mit nur abstrakten Betrachtungen mag sich der "Wachtturm" indes nicht zufriedengeben. Er verabsäumt es daher nicht, auch noch auf die Alltagspraxis in den kommunistischen Staaten hinzuweisen. Denn, dass ist auch dem "Wachtturm" klar. Mit "theologisch- antikommunistischen" Begründungen lockt er wohl auch in den USA die allerwenigsten "Hunde hinterm Ofen vor". Wird jedoch die Alltagspraxis in den kommunistischen Staaten beim Namen genannt, dann kann auch der "Wachtturm" sicher sein, eine entsprechend breite Resonanz zu finden. Und so verabsäumt man es denn auch nicht, noch hinzuzufügen:

"Wir haben aber noch etwas richtigzustellen, Herr Sheen. Auch das kommunistische Rußland hat kein Feuer. Wenn es Feuer hätte, so brauchte es nicht den Eisernen Vorhang. Keine Säuberungsaktionen wären notwendig. Wenn es Feuer hätte, könnte es seinem Volke Freiheit der Religionsausübung, der Rede, des Versammelns und der Presse gewähren. Warum schleichen die pure Furcht und der unbarmherzige Schrecken durch jedes kommunistische Land? Weil sein Volk Feuer hat? Nein, vielmehr weil die kommunistische Hierarchie an der Spitze weiß, dass es seinem Volke nicht trauen kann, weil sie weiß, dass die Mehrheit keine Sympathie für ihre totalitäre Herrschaft hat."

Die kommunistischen Regime, unter dem Aushängeschild der "Neutralität" derart demaskierend, kann die WTG sicher sein, dass der Beifall der politischen Antikommunisten, auch ihnen, den religiösen Antikommunisten, gewährt wird. Und nur das zählt ja für eine Religionsorganisation, deren Vatikansitz sich in den USA befindet. Damit dieser Beifall aus der "rechten Ecke" auch weiterhin gewährt werden möge, verkündet der "Wachtturm" weiter:

"O ja, einige Intellektuelle und verführte Liberale in westlichen Ländern mögen aus Mangel an Erkenntnis oder fehlender Logik Eifer für den Kommunismus bekunden und so blindlings die tödliche Arznei des diktatorischen Kommunismus für die Krankheiten der Demokratie verschreiben: das Gebräu eines Zauberdoktors für einen todkranken Patienten, der bereit ist, von der Bratpfanne in das Feuer zu springen; er verfehlt zu bemerken, dass des Menschen einzige Hoffnung und Abhilfe nicht die Demokratie, nicht der Kommunismus, sondern das Königreich Gottes ist. …"

Die McCarthy in den USA oder die Axel Springer und Co. in Deutschland, werden es der WTG zu danken gewusst haben!

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Geschrieben von Drahbeck am 08. März 2004 06:06:16:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 01. März 2004 05:33:35:

Ihren Konservatismus betonend, berichtet "Erwachet!" vom 8. 3. 1954 über die seinerzeitige Wahl einer Frau als Präsidentin der UN.
"Erwachet!"meint:

"Der Grundsatz, dass der Mann immer die Führung übernimmt und das Haupt ist, mag von der modernen Welt nicht gewürdigt werden; am allerwenigsten von der ganzen Frauenwelt von heute. Wenn wir aber die Bibel als inspiriert und daher zeitlos anerkennen, was wir als Christen tun müssen, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als uns von ihrer Weisheit, die von oben kommt, leiten zu lassen."

Nun sind die Zeugen Jehovas sicherlich nicht die "einzigsten", die diesbezüglich erzkonservative Positionen vertreten. Man denke beispielsweise an die katholische Kirche, die Frauen ebenfalls nicht (zum dortigen) Priesteramt zuläßt. Gleichwohl kann man nicht sagen, dass dieser Konservatismus, andernorts völlig ungebrochen fortlebt. Ein Beispiel dafür die sogenannt "altkatholische Kirche". Doch, wenn auch schismatisch, der römisch-katholischen Kirche entsprungen, so ist es dort neuerdings Frauen gestattet, auch Priesteramtsfunktionen wahrzunehmen.

Es ist schon bezeichnend. Sieht man sich die soziologische Struktur vieler Kirchen und auch der Zeugen Jehovas, näher an, so registriert man. Keinesfalls "fünfzig zu fünfzig". Vielfach ist es so, dass die Frauen dort die absolute Majorität darstellen. Dennoch werden dieser Majorität wesentliche Rechte vorenthalten. Was da auf dieser Ebene praktiziert wird, findet letztendlich auf den übergeordneten Ebenen seine Fortsetzung. Nicht nur Frauen sind partiell entrechtet. Es geht weiter, dass die Führungsoligarchie der Zeugen Jehovas, faktisch diktatorische Vollmachten für sich in Anspruch nimmt. Kritik daran ist grundsätzlich verpönt. So wird auch auf dieser Ebene das Herren-Sklaven-Modell (krass gesprochen) praktiziert.

Würde es eine ernsthafte Liberalisierung bezüglich der Frauen geben, stellte sich die Frage: Und warum wird auf halber Strecke halt gemacht? So aber umgeht die WTG auch mittels dieser Doktrin, diesbezügliche, ihr unangenehm werden könnende Ansätze, schon von der Wurzel her.

Polemisch schließt jener "Erwachet!"-Artikel mit der Aussage:
"Weil sich die Christenheit mit dem gottlosen, grausamen, blutigen, heuchlerischen und totalitären Kommunismus in den Vereinten Nationen zusammengetan hat", sei dies "ein weiterer Grund für Christen nichts mit dieser Organisation zu tun zu haben."

Man ist versucht rückzufragen. Wurde in der eben gelesenen Definition des Kommunismus eine wesentliche Negativerscheinung vergessen mit aufzuzählen? Wohl kaum. Diese Aufzählung war ziemlich vollzählig (gottlos, grausam, blutig, heuchlerisch, totalitär). Auch politischen Antikommunisten wird da wohl nicht allzuviel mehr einfallen.
Dann die "Spitze". Mit "dem" arbeiten andere in der UN zusammen. Nun, was ist denn die UN. Mehr oder weniger nur ein Debattierclub, oftmals dazu noch der hilflosen Art. Sollte man also selbst nicht mehr diskutieren, mit Regimen, die einem nicht genehm sind?! Das ist doch wohl die Botschaft dieser Aussage.

Wenn man nicht mehr diskutiert, was hat das für Folgen? Nicht selten die, die Geschichte belegt es, anstelle der Argumente, "argumentieren" dann die Kanonen und anderes mehr.
Auch unter diesem Gesichtspunkt ist diese WTG-Doktrin unakzeptabel.

Bekanntlich wurden die Zeugen Jehovas von den kommunistischen Regimen verboten, und rabiaten Strafen ausgesetzt. In diesem Zusammenhang ist es schon dokumentierenswert, wie denn die vorgebliche "Neutralität" der Zeugen Jehovas in der Praxis aussah. Auch die genannte "Erwachet!"-Ausgabe liefert noch ein weiteres Bespiel dafür. Wenn man nachfolgendes Zitat liest, dann kann man dazu wohl nur noch sagen. Ein erklärter politischer Antikommunist könnte es kaum treffender formulieren. Nicht die sachliche Aussage als solche steht zur Diskussion. Zur Diskussion steht die Zumutung, dass noch im Namen der Religion, als "Neutralität" zu "akzeptieren".

Man liest in "Erwachet!":
"Das kommunistische Regime ist nichts anderes als eine abgestufte Bürokratie nach Art eines kapitalistischen Regimes, das die Kommunisten angeblich verabscheuen. Der Lockvogel für sie ist der Rubel, mit dem sie sich etwas leisten können. Der Kommunismus, welcher durch das Versprechen Boden gewann, er räume mit dem Kapitalismus auf und alles werde dem Volke zugute kommen, ist selber 'ein autokratischer Staatskapitalismus' mit Sklavenarbeitern und Plutokraten.
Der hohe Sowjetbeamte blickt auf alle herab, die wirtschaftlich schlechter stehen als er. Die am schlechtesten bezahlten Arbeiter der Welt sind wohl die sibirischen Sklavenarbeiter. In Wirklichkeit wird ihnen nur ein Almosen ausbezahlt für die Herstellung von Schmucksachen, die die UdSSR natürlich mit märchenhaften Gewinnen verkauft. Diese Arbeiter bekommen so wenig zu essen, dass sich die Insassen der Frauenabteilung gemäß Berichten von Entflohenen oft in die Haare geraten bei der Speisenverteilung. Das Streitobjekt ist das einzige Stück Fleisch im Suppentopf, das für die ganze Abteilung reichen soll. Aus Furcht vor einem langsamen Tod in diesen verrufenen Höhlen, wo Not, Kälte und Grausamkeit endlos Gräber graben, suchen Kommunisten, hoch und niedrig, ihren Herren, die dem größten Konzentrationslager Europas vorstehen, zu gefallen.

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Geschrieben von Drahbeck am 15. März 2004 05:01:20:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 08. März 2004 06:06:16:

"Kindererziehung in der Neuen-Welt-Gesellschaft" ist der Studienartikel in der "Wachtturm"-Ausgabe vom 15. 3. 1954 überschrieben. Schon einleitend wird ein Schreckenszenario aufgemalt, was denn so alles bei der Erziehung schief gehen könne. Namentlich bei jenen, welche die Zeugen Jehovas-Grundsätze nicht praktizieren. Begierig werden auch Stellungnahmen zitiert, die man als diesbezügliche Befürwortungen ansieht. Zum Beispiel die:

"Ein Richter eines Gerichts in Brooklyn macht folgende sarkastische Bemerkung: 'Ich denke, wir haben den Holzschuppen [als Strafort] für einige vom Jungvolk nötig. Doch das wird heute nicht mehr als modern angesehen. Jetzt wird uns gesagt, man solle ein Kind nicht schlagen; man könnte dadurch die Entwicklung eines Genies hemmen."

Der "Wachtturm" lässt es nicht bei diesem Zitat bewenden. Er fühlt sich bemüssigt, es auch seinerseits zu kommentieren. Das liest sich dann so:
"Aber schießt um uns herum denn wirklich eine Rekordernte ungehemmt entwickelter Genies auf? Sehen wir statt dessen nicht eher eine Rekordernte von Jugendverbrechern? Gute Bäume bringen edle Frucht und nicht faule hervor. Vielleicht aber sind die von Kinderpsychologen eingepflanzten Theorien doch keine guten Bäume, sondern faule. Faule Bäume sollte man umhauen. Solch moderne Methoden sollten ausgerottet und an ihrer Stelle die richtige elterliche Zucht gepflanzt werden. "

Die Abwendung von andernorts praktizierten Erziehungsgrundsätzen kommt auch in der WT-Anweisung zum Ausdruck:
"Die Kinder sollten diesen Zusammenkünften bestimmt beiwohnen und still dasitzen (Hervorhebung von mir). Man beachte, die Anwesenheit der Kinder ist ein göttliches Gebot: 'Rufe das Volk zusammen, die Männer und die Frauen und die Kleinen und den, der zeitweilig in deinen Toren wohnt, damit sie hören und damit sie lernen können, da sie Jehova euren Gott fürchten und achtgeben müssen, alle Worte dieses Gesetzes auszuführen.' (5. Mose 31:12, NW) Die Kleinen durften nicht von den Eltern getrennt noch in eine Sonntagsschule abgeschoben werden, um dort besondere Unterweisung zu erhalten, sondern sollten in derselben Versammlung bleiben, 'damit sie hören und damit sie lernen können.'"

Weiter ins Detail gehend meint der "Wachtturm":
"Und worauf sollten sie hören? Auf das Gesetz, das etwa besonders für den Verstand von Kindern geschrieben und vereinfacht worden wäre? Nein, sie liehen ihr Ohr so komplizierten Dingen, wie es das 3. Buch Moses ist! Sie hörten und lernten, und wenn sie etwas nicht verstanden, befragten sie später ihre Eltern darüber. Heute sollten Kleine nicht in einem abgedichteten Raum versorgt werden, wo sie umhertollen könnten, noch ist es weise sie mit Kleinkram zu versehen, damit sie während der Versammlungen damit spielen und ihn fallenlassen können. Denket an Jehovas Ziel … Wenn dieser Weg Menschen auch nicht recht erscheinen mag, ist er doch recht vor Gott."

Auch zur Frage körperlicher Züchtigung äußert sich der "Wachtturm" eindeutig. Zitat:
"'Wer seine Rute spart, haßt seinen Sohn; aber wer ihn lieb hat, sucht ihn früh heim mit Züchtigung [befleißigt sich der Zucht, RS].' Schläge können für ein Kind zum Lebensretter werden, denn Jehova sagt: 'Entziehe dem Knaben [Kinde. Me] nicht die Züchtigung; wenn du ihn mit der Rute schlägst, wird er nicht sterben. Du schlägst ihn mit der Rute und du errettest seine Seele von dem Scheol.' Ferner: 'Wundstriemen scheuern das Böse weg, und Schläge scheuern die Kammern [das Innerste, ZB] des Leibes.' … 'Das Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf.' Und die Abhilfe? 'Narrheit ist gekettet an das Herz des Knaben [eines Kindes, Me]; die Rute der Zucht wird sie davon entfernen.'' - Spr. 13:24; 23:13, 14; 20:30; 1. Mose 8:21, ZB; Spr. 22:15."

Damit dürfte der "Wachtturm" wohl alle einschlägigen Prügelpädogogik-Bibelstellen zitiert haben und auch deutlich gemacht haben, wie er sie verstanden wissen wollte.
Als buchstäblich handgreifliche Handlungsanweisung!

Eine grundsätzliche Absage an solch archaische Prinzipien gibt es nicht. Das einzigste was der "Wachtturm" noch zubilligt, ist die Abwägung der Verhältnismäßigkeit der Mittel. Etwa wenn er schreibt:
"In vielen Fällen mag die Lösung in der Mitte liegen zwischen den zwei Extremen: nie schlagen oder immer zuschlagen."

Theoretisch hört es sich ja noch annehmbar an, wenn auch gesagt wurde, es wird auf die Verhältnismäßigkeit der Mittel hin orientiert. Allein in der Praxis spielen noch andere Aspekte mit rein. Wie schon eingangs zitiert, das erzwingen wollen des Stillsitzens.

Weiter, auch wesentlich, die permanente Überlastung der Zeugen Jehovas. Neben den Anforderungen (nicht geringer Art) des Berufslebens, der hohe Forderungskatalog dieser Religionsgemeinschaft an ihre Mitglieder. Und genau da liegt "der Hund begraben". Diese Überforderungen bewirken eben nicht selten, ein Außer-Gleichgewicht-geraten. Und solche Überforderten, denen noch dazu gepredigt wird, sie sollten auf die Rute der Zucht nicht verzichten, nehmen das dann nicht selten buchstäblich war. Bildlich dargestellt auch durch eine entsprechende Zeichnung in dieser WT-Ausgabe (S. 184).

Kinder2a.jpg (9980 Byte)

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Geschrieben von Drahbeck am 22. März 2004 06:08:51:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 15. März 2004 05:01:20:

Anfang der 1950er Jahre beschäftigte die amerikanische Öffentlichkeit das Problem der Krankheit spinale Kinderlähmung oder auch Poliomyelitis genannt in besonderem Maße. Das Problem dabei war, dass zwar schon erste Versuche die Krankheit in den Griff zu bekommen unternommen worden waren; dass aber der damals verwandte Impfstoff durchaus noch nicht optimal war. Und was auch die Zeugen Jehovas auf ihn aufmerksam werden ließ, war der Umstand, dass zu seiner Herstellung auch Blut Verwendung fand. In der "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 3. 1954, polemisierte man denn auch "folgerichtig" dagegen. Und so fühlte sich denn die WTG dazu berechtigt, für ihre Gläubigen ein diesbezügliches Anathema auszusprechen. Zitat:
"Um das für eine Einspritzung nötige Bluteiweiß oder den als Gammaglobulin bekannten 'Bruchteil' zu gewinnen, soll 1/2 l Blut benötigt werden. Und da ... muß man die Frage stellen, was denn die Verwendung von Gammaglobulin rechtfertige. Dazu werden alle, die der Gesichtspunkt der Bibel interessiert, bemerken, dass es, weil es aus Vollblut hergestellt ist, in dieselbe Klasse fällt wie die Blutübertragungen, die dem Verbot Jehovas unterliegen, Blut in den Körper aufzunehmen."

Ein Lexikon berichtet über den Kampf gegen diese Krankheit:
"Man kennt drei Haupttypen des Virus, die als TypI, II und III bezeichnet werden. Die Immunität gegen einen der Stämme schützt nicht gegen die beiden anderen. Eine wirksame Vorbeugung gegen die Poliomyelitis wurde in der Zeit nach 1949 möglich. In diesem Jahr entdeckten der amerikanische Bakteriologe John Franklin Enders und seine Mitarbeiter eine Methode, mit der man das Virus in Labor-Gewebekulturen züchten konnte. Auf der Grundlage dieses Verfahrens entwickelte der Arzt und Epidemiologe Jonas Salk einen Impfstoff aus abgetöteten Viren der drei Typen. Nach mehrjähriger Erprobung wurde der Impfstoff 1954 als ungefährlich und wirksam eingestuft, und man begann mit Reihenimpfungen. Später entwickelte der Virologe Albert Sabin eine Vakzine aus lebenden, abgeschwächten Polioviren, die man als Schluckimpfung verabreichen kann. Dieser so genannte trivalente Polio-Lebendimpfstoff wurde 1963 zugelassen und hatte den Salk-Impfstoff, der injiziert werden musste, in den USA und in vielen anderen Ländern verdrängt. ... Durch die routinemäßige Impfung ist die Häufigkeit der Kinderlähmung drastisch gesunken, z.B. in den USA von 57.879Fällen im Jahr 1952 auf nur wenige Fälle jährlich."

Was den Widerstand gegen diese Entwicklung betrifft, so ist auch die Angabe beachtlich:
"Wie gefährdet nicht geimpfte Bevölkerungsgruppen sind, zeigte sich 1979, als in den USA und in Kanada bei der Religionsgemeinschaft der Amischen, die sich nicht impfen lassen, 16Fälle von Poliomyelitis mit nachfolgender Lähmung auftraten."

Gleichwohl ist die Sache so einzuschätzen, dass der verwendete Impfstoff von dem "Erwachet!" 1954 schrieb, wohl nicht mit den heute eingesetzten Mitteln identisch ist. Es gab also eine Weiterentwicklung. Ob indes die Impfgegner zu dieser Weiterentwicklung etwas sinnvolles beigetragen haben, mag man bezweifeln. Eher gilt da wohl der Spruch: Die Karawane ist weitergezogen - trotz des Gebells der Impfgegner.

In der "Erwachet!"-Ausgabe vom 8. 11. 1965 widmet sich ein Artikel der Impfthema (Überschrift selbigen: "Solltest du dich und deine Kinder impfen lassen?"). Schon das angehängte Fragezeichen macht deutlich, wohin die Sympathie der WTG-Schreiber geht. Man versäumt es denn auch nicht darauf hinzuweisen, dass eine gesunde Lebensweise etliche Krankheitsrisiken erheblich mindern könne. Und man bringt in einer Fußnote sein Bedauern darüber zum Ausdruck: "Leider räumt das Gesetz in gewissen Ländern, wie zum Beispiel in Deutschland, den Impfgegnern keine Rechte ein. Der einzelne kann daher nicht selbst entscheiden, zumindest was die Pockenimpfung betrifft, ob er sich impfen lassen will oder nicht".

"Bauchschmerzen" bereitet den Impfgegnern offenbar der Umstand, dass einige dieser Wirkstoffe, um es mal laienhaft zu formulieren, mittels "getürkter Krankheitserreger" arbeiten, die so offenbar den Körper seinerseits dazu animieren, entsprechende Widerstandsfähigkeit zu entwickeln. Ein weiteres "Bauchweh", besonders im Falle der Zeugen Jehovas, dass es eben auch Wirkstoffe gibt, zu deren Herstellung Blut eine mehr oder minder große Bedeutung hat.

Letztendlich muss man jedoch sagen, dass dies nicht nur für das Thema Impfen gilt, sondern für breite Paletten von Medikamenten die heutzutage industriell hergestellt werden. Der Medizinlaie gibt sich nur selten Rechenschaft darüber, wie sie denn hergestellt, welche Substanzen sie enthalten, und ob das alles überhaupt ohne Kenntnisse der modernen Chemie möglich wäre.

Der Medizinlaie sehe es lieber, man könnte ihm sagen: Es mal dieses oder jenes in der Natur vorkommende Kraut, und damit "löst" sich das entsprechende Krankheitsproblem. Nur, nach wie vor ist es eben so, dass Fachleute außerhalb des Medizinlaienbereiches der Auffassung sind, es sind weitergehende, menschliche Anstrengungen vonnöten. Diese weitergehenden menschlichen Anstrengungen zeigen sich dann eben auch in der Angebotspalette der Apotheken, die keineswegs "nur" Naturprodukte verkaufen.

Als Medizinlaie kommt man nicht umhin, ein gewisses Vertrauen haben zu müssen. Wenn dieses Vertrauen jedoch aus dogmatischen Gründen nicht besteht (dieweil man glaubt Gott nicht ins Handwerk pfuschen zu dürfen), dann ist das eine bedenkliche Einengung menschlichen Fortschritts. Dieser Gefahr sind besonders in der Frühzeit auch die Zeugen Jehovas erlegen, mit Nachwirkungen bis in die 1960er Jahre Und so schließt denn jener "Erwachet!"-Artikel von 1965 auch mit einer Grundeinstellung die besagt. Man hat kein Vertrauen zu den Entwicklung der modernen Medizin. Man sähe es lieber, es ließe sich alles ohne sie regeln, dieweil man dann ja "Gott nicht ins Handwerk pfuschen würde".

Auch "Erwachet!" kann sich nicht ganz der Erkenntnis verschließen, dass trotz des Widerstandes religiös-dogmatischer Kreise, die moderne Medizin ihren Weg weiter gegangen ist. Und gewisse Erfolge können auch diese Dogmatiker nicht abstreiten; wobei sie im entgegengesetzten Fall, allerdings es auch nicht versäumen, alles was zum schlechtreden solcher Entwicklungen taugt, minutiös mit aufzulisten. Aber als Schlußpunkt glaubt man doch seine eigenen Ressentiments dergestalt aufrecht zu erhalten. Das man dem Medizinlaien empfiehlt, er möge doch bitte allein, seinem Gewissen gemäß entscheiden.

Wohin die "Gewissensformung" der WTG indes in der Tendenz hingeht, ist allerdings auch offensichtlich! Wie die WTG gerade beim Beispiel Kinderlähmung versucht Zweifel zu säen, macht auch ihre Bemerkung deutlich:

"Die epidemisch auftretende Kinderlähmung ist, so merkwürdig es auch erscheint, ein Merkmal unseres hygienischen 20. Jahrhunderts. Noch im Jahre 1887 war sie unbekannt; und in Gegenden, in denen die Hygiene noch auf einem tiefen Niveau steht, ist sie offenbar nicht vorhanden. Eine Erklärung dafür mag man in den Ausführungen der Impfgegner finden. In der Zeitschrift 'Prevention', Ausgabe vom Juni 1964, wird erwähnt, dass in einer gewissen Gegend eine Polio-Epidemie zum Stillstand gebracht werden konnte, nachdem man den Kindern keine Süßigkeiten wie Eiskrem, Mineralwasser, Süßwaren, Torten und Konfekt mehr gab, die eine Senkung des Blutzuckers bewirkten. In Gegenden, in denen der Lebensstandard niedrig ist, werden solche Dinge wenig gegessen.

Die höchste Zahl an Polio-Fällen hatten die Vereinigten Staaten im Jahre 1952, nämlich 57.879. Danach wurde der Salksche Impfstoff eingeführt. Seither ging die Zahl der Polio-Fälle stark zurück. Im Jahre 1957 betrug die Zahl nur noch 5.000, und in den Jahren 1961 und 1962 waren es weniger als 1.000 Fälle. Die Massenschutzimpfungen haben offenbar bewirkt, dass gewisse ansteckende Krankheiten, die früher viele Opfer forderten, fast verschwunden sind. Diese Tatsache überzeugt viele Menschen davon, dass Impfungen erforderlich sind. Aber es gibt Ärzte, die bezweifeln, dass es klug ist, Massenschutzimpfungen gegen eine Krankheit vorzunehmen, die so gut wie nicht existiert oder der man mindestens Herr ist ..."

Auch in der "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 6. 1974 mit seinem Artikel: "Wird die Zeit kommen, da es keine Krankheiten mehr gibt?" wird ein düsteres Bild gezeichnet. Einerseits wird erreichter medizinischer Fortschritt zugegeben; andererseits wird versucht ihn nach Kräften madig zu machen. Etwa durch den Hinweis dass Krankheitserreger gegen bestimmte Medikamente Resistenz entwickeln.

Auch jedoch beachtlich die 1974er Meinung des WT:
"Noch etwas anderes: Die scheinbaren Erfolge der Wissenschaft haben bei Tausenden von Menschen eine gewisse Selbstzufriedenheit hervorgerufen. Es zeigt sich, dass man allzu großes Vertrauen in die Medizin setzt. Dr. John J. Witte ... sagte zum Beispiel: 'Ich bin sicher, dass viele junge Eltern heute längst nicht solch eine Angst vor den schrecklichen Folgen der Kinderlähmung haben wie Eltern vor zehn Jahren, da sie weder eine Polioepedemie miterlebt noch einen an Kinderlähmung Erkrankten gesehen haben.' Deshalb könnte sich, wie er sagte, 'die Kinderlähmung in bestimmten Ländern erheblich ausbreiten, wenn sie eingeschleppt würde'...."

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Geschrieben von Drahbeck am 01. April 2004 00:05:46:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 22. März 2004 06:08:51:

In der "Wachtturm" Ausgabe vom 1. 4. 1954 widmet sich die Rubrik "Fragen von Lesern" dem Thema Lotteriespiele.
Der "Wachtturm" führt unter anderem aus:

"Um Geld zu spielen ist keine Dienstleistung für das Geld, das man gewinnt; man erlangt dadurch etwas für nichts von jemand, der nicht will, dass man es haben soll. Überdies wird das Spielen um Geld bei gewissen Leuten oft zu einer Leidenschaft, und sie verlieren so viel, dass sie nicht mehr imstande sind, für die Ihrigen zu sorgen.
Was aber, wenn sich der Spieler Verluste leisten kann, wodurch er nicht verhindert wird, für seine Familie zu sorgen oder anderen Verpflichtungen nachzukommen? Wenn er es sich leisten kann, Geld zu verlieren, gibt es da nicht bessere Verwendung dafür…? Selbst wenn der Gewinn dazu dient, den Staat zu unterstützen, ist nicht der Beweggrund des Spielenden vekehrt? Will er nicht Geld gewinnen, ohne dafür irgendwelchen Dienst zu leisten? Er will nicht dem Staate geben, sondern will von ihm etwas empfangen. Die meisten beklagen sich über die Steuern für den Staat, sie wollen nicht noch mehr geben. Es gibt eine bessere Verwendung für das Geld … als das Spiel um Geld. …

Das Spielen appelliert an die Selbstsucht und schwächt die moralische Widerstandskraft, es verleitet viele zu Bräuchen des Übervorteilens und der Verderbtheit. …
Hasardspielunternehmer erleiden auf die Dauer nie Verluste, und die Gesamtheit der Spieler gewinnt nichts. Die mathematische Wahrscheinlichkeit ist so berechnet, dass solche Unternehmen große Gewinne einstreichen. Um zu gewinnen müssen die Spieler ihre Hoffnung auf ihr gutes Glück setzen und nicht auf geschicktes Spiel, auf Vorahnungen, nicht auf Logik. Demzufolge sind die meisten Spielenden abergläubisch eingestellt, spielen rein gefühlsmäßig und vertrauen auf ihr Glück, Schicksal und Chance.

… benutzen die Ausrede, die Einsätze seien gering und daher für die Spieler belanglos. Jesus sagte: 'Wer im Geringsten treu ist, ist auch in vielem treu, und wer im Geringsten ungerecht ist, ist auch in vielem ungerecht.' (Luk. 16:10 NW) Wenn es verkehrt ist, um Geld zu spielen, so ist der Betrag nicht der entscheidende Faktor. … Aber noch schlimmer als dies: das Spielen im Kleinen kann sich zu einer Leidenschaft entwickeln und für den Spielenden traurige Folgen haben…

Kann ein Christ in einem Lotterieunternehmen beschäftigt sein, das gesetzlich anerkannt und erlaubt ist? Er mag denken, er könne dies tun, wenn er selbst vom Spielen absteht oder sich zurückhält, seine geistlichen Brüder zu veranlassen, durch seine Vermittlung zu spielen. Jemand mag fähig sein, nach seinem Gewissen so zu handeln, während ein anderer es nicht mit gutem Gewissen tun könnte. Ein jeder wird persönlich zu entscheiden haben, ob er solches mit gutem Gewissen tun kann oder nicht. Es ist ohne Zweifel vorzuziehen, der Atmosphäre, in der solche Dinge betrieben werden, fernzubleiben … Dies ist eine Sache, die jeder für sich entscheiden muß in Übereinstimmung mit seinen Verhältnissen und seinem Gewissen."
Wäre noch ergänzend nachzutragen:
Es gibt noch eine andere Form von Lotteriespiel. Die Religion der Zeugen Jehovas, mit ihrem "Hoffen und Harren-Los" ihrer Endzeitverkündigung.
Das ersehnte "Glück" erreichten weder die "Millionen, die da nicht sterben würden" des Rutherford, noch wird es die weiteren "Glückssüchtigen" in dieser Organisation, je im vorgegaukeltem Sinne erreichen.
Trotzdem werden hohe "Lotterieeinsätze" erwartet; wie beispielsweise die diversen wöchentlichen WTG-Indoktrinationsveranstalten. Die Akquirierung neuer "Loskäufer" als Predigtdienst firmierend, und sicherlich nicht an letzter Stelle, auch tatsächliche Geldbeträge für dieses Lotterieunternehmen unter der Fahne Religion.

Allen Warnungen zum trotz, floriert das Geschäft der weltlichen Lotterien weiter. Es würde wirklich wunder nehmen, sollte es bei den religiösen Lotterien wesentlich anders sein. Jede dieser Lotterien spricht lediglich eine unterschiedliche Klientel an. Wer auf die weltlichen Rattenfänger nicht hereinfällt, der wird es vielleicht bei den religiösen tun.

Richtig hat diese "Wachtturm"Ausführung herausgestellt; es besteht eine hohe Gefahr, das Gleichgewicht zu verlieren, ja geradezu "glückssüchtig" zu werden, mit Folgen, die eben genau das Gegenteil des erstrebten Zieles bewirken.
Sieht man sich die soziologische Struktur der Zeugen Jehovas näher an; so kann man feststellen: "Laue" sind dort verpönt. Die kommen in der Regel auf keinen "grünen Zweig". Gefragt und gefördert sind die, welche sich für die Organisation verausgaben (Stichwort Pioniere beispielsweise). Nicht selten zahlen diese Art von Glückssüchtigen einen hohen Preis. In einer Ellbogengesellschaft, wie sie in diesem Lande Usus ist, hat derjenige der daran denkt, etwa nur halbtags zu arbeiten, um so mehr Zeit für den religiösen Lotterieverkauf haben zu können, schlechte Karten. Allerspätestens - dann aber zu spät - wird es dass merken, sollte er das Rentneralter erreichen. Dem gleichzustellen jene Familien, wo die Ehefrau Pionierdienst leistet (eine ebenfalls nicht so seltene Konstellation). Auch sie wird allerspätestens im Rentenalter, die Rechnung dafür präsentiert bekommen.

Die warnenden Ausführungen des "Wachtturms" in Sachen Lotterien sind berechtigt. Sie sollten nicht bloß auf weltliche Lotterieformen beschränkt bleiben!

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Geschrieben von Drahbeck am 08. April 2004 17:07:41:

Als Antwort auf: geschrieben von Drahbeck am 01. April 2004 00:05:46:

Da hatte sich also die US-Zeitschrift "Reader's Digest" den Titel zugelegt "erste wahrhaft internationale Zeitschrift", worüber "Erwachet!" in seiner Ausgabe vom 8. 4. 1954 berichtet.
"Halt!", ruft "Erwachet!", wir waren schon früher dar. Dieser Titel sollte nur uns gebühren.
Es ist eigentlich müßig in diesem Streit Partei ergreifen zu wollen. Es drängt sich eher der Eindruck auf, dass gerade "Erwachet!" etliches aus "Reader's Digest" abkupferte, mit individuellen Anpassungen an die eigene Leserschaft. So auch in dieser Ausgabe des "Erwachet!", welche über Fortschritte bei der Entwicklung des Farbfernsehens berichtet. Nicht so sehr dessen technische Einzelheiten sind es, die da interessieren. Interessant ist vor allem welche Deutung ihnen "Erwachet!" zugedeihen lässt. So meint man denn auch als Resümee der Ausführungen sagen zu können:

"Die Menschen haben durch Versuche und Theoretisieren viel über das Fernsehen gelernt, doch weiß bis heute noch niemand, warum es funktioniert."

Und um diese These weiter zu untermauern verkündet man noch:
"Ein führender Ingenieur antwortete, als er gefragt wurde, warum ein Auto fahre, lakonisch:
'Sie fahren durch Gottes Gnade.'"

Und dazu kommentiert "Erwachet!":
"Ganz richtig; niemand weiß, warum das Auto fährt. Nicht nur Autos, sondern Fernsehen und tausend andere Erfindungen, geschaffen für das Wohl der Menschen, funktionieren nur durch die 'Gnade Jehovas'."

Da ist man doch versucht noch hinzuzufügen. Und "Erwachet!" vergaß diesmal mit zu erwähnen, dass Abraham, Isaak, Jakob usw. noch zu Lebzeiten der Schreiber des "Goldenen Zeitalters" (jetzt "Erwachet!") von Jerusalem und mit zweitem Amtsssitz in "Beth Sarim", ausgerüstet mit vollkommenen Rundfunkgeräten, die Welt regieren werden.

So viel früher war das eigentlich nicht gewesen, als man just diese These in den Publikationen der WTG lesen konnten. 1954 wiederholt man das zwar nicht mehr so krass, meint aber weiterhin den ungläubigen Zeitgenossen in den Staub drücken zu sollen. "Lieschen Müller" in den WTG-Zentralen wohnhaft und dort "Erwachet!"-Artikel verfassend, kann aufgrund ihrer "universalen" Dreieinhalb-Klassen-Schulbildung, sich nicht vorstellen wie Fernsehen funktioniert. Also muss ihr Lückenbüßer Jehova wieder einmal dafür herhalten!

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Geschrieben von Drahbeck am 15. April 2004 07:36:23:

Als Antwort auf: geschrieben von Drahbeck am 08. April 2004 17:07:41:

"Wie in der New Yorker Times vom 13. Juli 1953 berichtet wurde, gab der Pastor der New Yorker Riverside-Kirche ... die Erklärung ab: '[Die Christenheit] muß der 'Tatsache ins Auge sehen' und erkennen, dass viele der 680.000.000 Christen in der Welt ein wenig mehr als nominelle Christen sind. In einigen Fällen scheinen sie nicht zu wissen, was Christentum bedeutet, in vielen anderen Fällen sind sie apathisch und gleichgültig und betrachten ihre Religion als eine zweitrangige Angelegenheit."

Dieses und noch einige andere Zitate auf gleicher "Wellenlänge" findet man in der "Wachtturm"-Ausgabe vom 15. 4. 1954. Ein ähnliches Zitat ist beispielsweise auch die Aussage:
"Durch The Christian Century vom 27. Mai 1953 tritt deutlich zutage, dass diese geistige Gleichgültigkeit die englische Geistlichkeit quält ... erklärte der Erzbischof aus York, dass in England genausoviel Missionsarbeit wie in Übersee benötigt werde ... Anglikanische Lehren und Glaubensbekenntnisse werden für die Mehrheit bedeutungslos und für die gebildete Minderheit unannehmbar."

Diese Zitate bringt der WT nicht ohne Hintersinn. Geht es ihm doch auch darum zu dokumentieren; dass es bei den Zeugen Jehovas anders und "besser" sei. Allerdings, in den "Schoß gefallen" ist dieses anders und "besser" auch ihnen nicht. Sie mussten und müssen dafür einen Preis bezahlen und der ist noch gar nicht mal "gering"! Ein kleines diesbezügliches Schlaglicht liefert auch dieselbe WT-Ausgabe, wenn man dort als Weisung an die eigene Anhängerschaft beispielsweise liest:

"Ähnlich, wie es Regeln gibt, die gewisse Dinge anordnen, bestehen auch Vorschriften, die andere Dinge verbieten. Dem Christen ist nicht erlaubt, zu klatschen, zu streiten und zu murren. Er darf sich nicht beklagen und dauernd an seinen Brüdern Fehler finden, auch nicht an seiner Versammlung, seinen Dienern oder der sichtbaren Organisation und an der geistigen Nahrung, die durch sie zu uns gelangt ..."

Diese Aussage erweckt schon eher den Eindruck, wie es bei den Zeugen Jehovas langläuft. Es wird ein Klima der Selbstsuggestion gezüchtet! Nun ist auch aus der Medizin bekannt, das Hypnose eine tatsächliche Macht sein kann. Im übertragenem Sinne handelt es sich bei den Zeugen Jehovas um ähnliches. Wie man las, sollen eventuelle Vorbehalte und offenkundige Schwächen heruntergeschluckt werden. Es wird also ihre prinzipielle Verdrängung verlangt, um das Klima der Selbstsuggestion aufrecht erhalten zu können. Das ist das eigentliche "Patentrezept", dass die Zeugen Jehovas von den anderen unterscheidet.

Um das Beispiel der Hypnose nochmals aufzunehmen. Sie vermag im Einzelfall viel zu bewirken. Es gibt aber auch Grenzen für sie! Ist solch eine Grenzsituation erreicht, ist auch der Hypnotiseur machtlos. Auch der WTG wird diese Erfahrung nicht erspart bleiben!

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Geschrieben von Drahbeck am 22. April 2004 06:54:55:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 15. April 2004 07:36:23:

Kein anderer der größeren westlichen Industriestaaten, hat solch massiven Antikommunismus betrieben wie die USA. Wenn man mal in einem "Erwachet!"-Artikel lesen konnte, man laufe in den USA Gefahr als "Roter" verdächtigt zu werden, selbst wenn man nur rote Limonade verkauft hat; dann ist das fast wörtlich zu nehmen.

Auch die WTG ist in den Sog dieser Verdächtigungen hineingeraten. Auch sie hatte ihre Mühe und Not darzulegen, dass es sich dabei um unbegründete Verdächtigungen handelte. Immerhin hatte dies zur Folge, dass in den WTG-Führungsetagen eine bewusste Politik geführt wurde, allen solchen Anschuldigungen möglichst den Wind aus den Segeln zu nehmen. Sehr zur Freude der USA-Falken. Sehr zum Jammer der Kommunisten auf dem europäischen Kontinent.
Wenn man der Verbotssituation der Zeugen Jehovas in den europäischen kommunistischen Staaten nachgeht, dann kann man diesen Background keineswegs unberücksichtigt lassen.

Die "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 4. 1954 bringt in ihrer Rubrik "Wir beobachten die Welt" auch zwei Meldungen, die das zeitgenössische innenpolitische Klima in den USA schlaglichtartig beleuchten. In einer dieser Meldungen liest man:

"'Das erschreckende Versagen Eisenhowers'.
Unter diesem Titel veröffentlichte der Londoner 'Daily Mirror' ... einen Artikel seines Washingtoner Korrespondenten, dem wir folgende Ausführungen entnehmen:
'Amerika ist unglücklich und verwirrt über das erschreckende Versagen des selbsterklärten Kreuzfahrers, den es zum Präsidenten gewählt hat. In seiner Wahlkampagne versprach Dwight Eisenhower, dass er und die anderen Republikaner die Nation unentwegt in eine Ära des Glücks, der Ehrlichkeit, des Anstands und der Sicherheit führen würden. Aber heute führt Dwight Eisenhower nicht, er wird geführt ... Die traurigste Szene in der Aufführung Eisenhowers ist die Tatsache, dass er es furchtsam unterlassen hat; wie ein Soldat Senator McCarthy entgegenzutreten. In seinen Reden verherrlicht Eisenhower die Gedanken- und Redefreiheit, die Menschenwürde, Ehrenhaftigkeit und den Anstand; aber während Senator McCarthy auf alle diese Dinge spuckt, tritt Eisenhower der Herausforderung nicht mit Feuer, sondern mit wirkungslosen Plattheiten entgegen. Unter dem Bombardement McCarthys verliert die große amerikanische Armee ihre Moral. Beamte des Staatsdepartments und andere Regierungsstellen sind erschrocken; Gedanken- und Redefreiheit verschwinden aus manchen Universitäten und Schulen aus Furcht vor der Inquisition.'"

Die zweite Meldung besagt:
"Nach einer Reuter-Meldung ersuchte Senator Fulbright den amerikanischen Senat um die Erlaubnis, ihm einen Abschnitt aus Lenins Werken vorzulesen, der, wie er sagte, 'die Tätigkeit von Herrn McCarthy besser zu erklären vermöge.'
Der Senat billigte die Anregung des Senators diesen Auszug ins Kongreßprotokoll aufzunehmen. Er lautet wie folgt:
'Wenn die amerikanische Bourgeoisie den Kopf verliert, Tausende des Bolschewismus verdächtigte Leute verhaftet und durch Verbreitung alarmierender Nachrichten über bolschewistische Komplotte eine Panikstimmung verursacht ... dann sollten wir uns verneigen und den Herren Kapitalisten dankbar sein. Sie arbeiten für uns.'"

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Geschrieben von Drahbeck am 01. Mai 2004 05:39:36:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 22. April 2004 06:54:55:

Die Rubrik "Fragen von Lesern" des "Wachtturms" vom 1. Mai 1954 widmet sich einem etwas spekulativem Thema. Unter Bezugnahme auf das WTG-Buch "Neue Himmel und eine neue Erde" will der Fragesteller wissen, dass dort (in dem genannten Buch) gesagt wird:
"wird von denen, die Leben in der neuen Welt auf Erden erlangen, gesagt: 'Es ist für Gott nicht nötig, sie aus irgendwelchem Grunde auf andere Planeten zu verpflanzen, noch den Himmel durch sie zu bevölkern.'"

Dazu will er nun wissen ob man sich da nicht zuviel anmaßt, diese Einschränkung vorzunehmen.
Der "Wachtturm" kontert sinngemäß, dass es doch gar nicht ausgemacht sei, wer denn nun der eigentliche Spekulant sei. Vielleicht kann man den Kern der Antwort in der Aussage sehen:

"Die Herausgeber des Buches … erkannten, dass einige darüber etwas spekuliert haben, dass Geschöpfe von der Erde nach anderen Planeten versetzt werden, um sie zu bevölkern; und durch die Art, wie einige dieser Spekulanten reden, betonen sie ihre eigene Wichtigkeit, und es tönt so, als ob Jehova Menschen von der Erde benötigte, um sein Werk der Schöpfung bezüglich anderer Planeten zu vervollständigen. …"

Dem aber erteilt der "Wachtturm" eine Absage.

In der gleichen WT-Ausgabe liest man übrigens auch von der 1935 eingeführten "zweiten Klasse", sogenannter "Jonadabe". In der Praxis bedeutete dies doch nichts anderes, als die noch zu Russell's Zeiten bestehende "himmlische Hoffnung", nunmehr zu den Akten gelegt wurde.
"Großzügigerweise" überlässt man den alten Russelliten weiterhin den "Himmel", will aber alle Neuhinzugekommenen, im Sinne eines gewöhnlichen kalendarischen Stichtages, von dieser früheren Hoffnung ausgeschlossen wissen. Auch diese Praxis offenbart doch eine gewisse Willkür. Aber das gehört wohl mit zur inneren Geschichte des Christentums.

Als es mit der Jesuanischen Erwartung, dass einige seiner Zeitgenossen nicht sterben zu brauchten, nichts wurde, da leitete die sich bildende Kirche auf den "Himmel" um.
Und nun, in der Neuzeit, wird zur Abwechslung mal wieder von den Zeugen Jehovas, auf eine irdische Hoffnung hingewiesen.

Der Kommentar dazu lässt sich in einem Satz zusammenfassen:
Betrogene Betrüger - allesamt!

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Geschrieben von Drahbeck am 08. Mai 2004 05:07:11:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 01. Mai 2004 05:39:36:

"Etwas über Bluttransfusion" ist ein Artikel in der "Erwachet!"-Ausgabe vom 8. Mai 1954 überschrieben. Er beschränkt sich darauf, auf gewisse Risiken hinzuweisen und die diesbezügliche Entwicklungsgeschichte zu skizzieren. Ein Passage daraus:
"Es gab eine Zeit, als Ärzte so wenig über Blut wußten, dass sie versuchten, Tierblut auf Menschen zu übertragen. Durch Versuche entdeckten sie schließlich, dass Tierblut nicht mit Menschenblut verträglich ist. Auf dieselbe Weise lernten sie allmählich, dass das Blut des einen Menschen nicht notwendigerweise mit dem eines anderen Menschen übereinstimmen muß, sondern dass es vier Hauptgruppen gibt, die A, B, AB und O genannt wurden. Nach weiteren Todesfällen wurde der Rh-Faktor entdeckt; außerdem war das Blut einer jeden Person von einer der vier Gruppen entweder Rh-positiv oder Rh-negativ. Dann wurde eine Anzahl geringere Unterschiede in diesen Gruppen auf Grund mißlungener Übertragungen entdeckt."

Weiter meint "Erwachet!"
"Versuche durchzuführen, scheint immer noch die Methode zu sein, durch die Ärzte mehr über das Risiko lernen, das mit Blutübertragungen verbunden ist."

Da wird man wohl noch hinzufügen können; generell lernt auch die Medizin durch Versuche. Das etwa in der Bibel schon detaillierte Medizinrezepturen lesbar wären, wird wohl auch "Erwachet!" nicht behaupten wollen. Wege zu gehen, beinhaltet auch, einige Wege irgendwann mal als Irrweg zu erkennen. Das alles ist akzeptabel. Nur, es bleibt der Medizin gar nichts anderes übrig. Wollte sie darauf vertrauen, die Rezepte für Krankheiten nur der Bibel entnehmen zu können; dann würde es im buchstäblichem Sinne düster aussehen. Dann würde vielleicht noch heute die Meinung vorherrschen, die Erde sei eine Scheibe, weil sich gewisse Bibelausleger das zeitgenössisch nicht anders vorstellen konnten.

Auch hierbei hat die Wissenschaft durch Experimente gelernt. Nicht durchs "Bibelstudium".
Gewisse Risiken sollen keineswegs beschönigt werden. Auch die Medizin lernt immer weiter, durch Erfahrungen, durch Experimente. Was Jehovas Zeugen jedoch praktizieren ist, das Dogma über Erfahrung und über Experimente zu stellen. Ihre Geisteshaltung ist die derjenigen, die seinerzeit auch um des Buchstaben willens daran festhielten, die Erde "müsse" eine Scheibe sein.

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Geschrieben von Drahbeck am 15. Mai 2004 04:49:16:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 08. Mai 2004 05:07:11:

Im Hinterhof der USA, genannt Südamerika, gab es laut "Wachtturm" vom 15. Mai 1954, im Jahre 1942 insgesamt nur 807 Zeugen Jehovas, verteilt auf acht Länder.
Ende 1953 waren es dann schon 13.174.
Dies sollte sich rückblickend noch als marginale Zahl erweisen.
Man vergleiche mal neuere Zahlen dazu. Laut Jahrbuch 2004.

Argentinien: 125.897. Die erste bekannte Zahl dort ist für das Jahr 1928 ausgewiesen, mit 34.
Brasilien: 576.069 (1928: 18).
Chile: 63.869 (1938: 26).
Kolumbien: 117.774 (1948: 28).
Mexiko: 555.653 ( 1938: 309).
Peru: 79.498 (1948: 40).
Venezuela: 91.512.

Eines machen diese Zahlen auch deutlich. Je größer der Schrei der Bevölkerung nach "Opium" ist, um so die Verhältnisse überhaupt ertragen zu können, um so besser blüht der "Weizen" der WTG.

Religion, und das was sich dafür verkauft, äußerst sich in vielerlei Form. Auch "Ausgeflippte" suchen nach Religion. Wenn sie meinen sich zum "Übermenschen" berufen zu fühlen, kann es sein, dass sie bei Scientology landen, oder in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, in Deutschland, bei einem Guru namens Rudolf Steiner, seiner "Anthroposophie", der angeblichen "Erkenntnis höherer Welten".
Oder wenn sie ihre Sexualität nicht so recht im Griff haben, mag es sein, dass sie einem Bhagwan, für dessen Rolls Royce die Taschen gefüllt haben.

Also Religion, vorgenannte Beispiele belegen es, ist keinesfalls "nur" auf soziale Unterschichten begrenzt. Dennoch spricht jede von ihnen eine bestimmte Klientel vorrangig an. Und im Falle der Zeugen Jehovas sind das bei der Gründergeneration, besonders soziale Unterschichten. Mit den nachfolgenden Generationen verwischen sich diese Konturen.

Die Erfolge der WTG auch in Südamerika, sind nicht primär bedingt durch die "Ausgeflippten". Da wurden und werden die "Mühseligen und Beladenen" angesprochen, die nach jedem Strohhalm greifen, und mag er sich auch als Opium erweisen. Gerade jene Länder, etwa in Europa, denen zeitweise eine relativ ausgeglichene soziale Situation vergönnt war, erweisen sich für die WTG als Stagnationsländer. Je ungerechter die Strukturen, um so besser indes blüht ihr Weizen.

Und damit die Strukturen möglichst alle Zeit ungerecht bleiben mögen, zum Nutzen der Bankkonten der Herren Bush und Anhang, dafür setzen sie dann schon mal, wenn ihre Waffe Zeugen Jehovas nicht so recht wirksam ist, auch ein paar buchstäbliche Folterknechte ein. Die Damen und Herren, die sich da im Irak beispielsweise besonders unrühmlich hervortraten, auf Anweisung von oben, wie sie betonen, hätten ebenso auch als Schergen in Hitlers KZ Verwendung finden können, ebenfalls entschuldigt als auf Anweisung von oben.
Die formalen Ziele haben sich in den Jahren nach 1933 bzw. neuzeitlich nach Beginn des Irakkrieges, gewandelt. Ursächlich entpuppen sie sich als blanker Egoismus, jeweils verbrämt in "edle Ziele".

Was sich da in Irak abspielt ist nur eine andere Variante dessen, was auch für Mittel- und Südamerika zutreffend ist. Darüber notierten die Kölner Journalisten Günter Neuberger und Michael Opperskalski in ihrem 1983 erschienenen Buch über den "CIA in Mittelamerika" beispielsweise:

"Die Leidtragenden sind die Völker der Region, die großenteils 'unterentwickelt', das heißt in Armut, Krankheit und Unwissenheit gehalten werden. Die Völker Kubas, Nicaraguas und Grenadas machen den Versuch, sich aus der Umklammerung der USA zu lösen, und auch in anderen Ländern, vor allem in El Salvador haben die Menschen begriffen, dass Armut, Unwissenheit und Unterdrückung kein unabänderliches Schicksal sind. Hier greift der CIA ein - mit geheimen Operationen aller Art. Medienmanipulation, Bestechung, Sabotage, Mordanschläge, Aushebung von Söldnertruppen, Einschleppen von Seuchen gehören zu seinem tagtäglichen Handwerk."

Geheimdienstkreise werden auf USA-Seite als die eigentlichen Inspiratoren genannt. Ihnen ist in der Tat ein Fehler unterlaufen. Es gelang ihnen eben nicht, ihre Alltagspraxis wirklich geheim zu halten. So wie es ja auch von Himmlers brutalster Vernichtungspredigt, einem Vortrag in Posen vor SS-Offizieren, eine überlieferte Tonaufzeichnung gibt.
Dazu kann man vergleichen:

www.h-ref.de/dk/vern/himm/in-posen.shtml
Dort wiederum gibt es einen weiterführenden Link zur Tonaufzeichnung der Himmler-Rede. Die Geisteshaltung zwischen damals und heute, ist wirklich frappierend. Man sollte sich mal Himmler anhören, wie er sich da lobt...
Der „Spiegel" zitiert:
„Vom Ende August bis Anfang September 2003 schulte ein Team aus Guantanamo die Wachmannschaft von Abu Ghureib, ganz im Geiste des von der CIA 1983 abgefassten 'Übungshandbuch zur Ausnutzung menschlicher Quellen':
'Der Zweck aller Erzwingungstechniken ist es, den Widerstandswillen eines Subjektes durch Einwirkung überlegener Kräfte von außen zu brechen.' Dabei zerstöre 'die Androhung von Gewalt den Widerstand weit wirkungsvoller als die Gewaltanwendung selbst'. Die 'Angst vor Schmerzen wirkt verheerender als die Empfindung von Schmerz'. Widerstehe der Gefangene dem Druck, müsse die in Aussicht gestellte Behandlung 'ausgeführt werden, Andernfalls würden spätere Drohungen wirkungslos bleiben'."

Ein Spirale von Gewalt und Gegengewalt wurde ausgelöst, deren Ende keineswegs in Sicht ist. Und zunehmend registrierbar; wie im Naziregime, wie in der DDR, stützt sich das herrschende Regime verstärkt auf Geheimdienstkreise. Nach außen stellt man den Biedermann dar. In der Praxis indes bestimmen die Geheimdienstkreise das tatsächliche Geschehen. Ihre Eitelkeit hat dann wohl zu den bekannten Fotos geführt. So wie auch Himmler, der sich da rühmte ein „nie geschriebenes Ruhmesblatt" praktiziert zu haben, eitel genug war, seine Auslassungen auch der Nachwelt als Tondokument zu überliefern.
Die Ergebnisse der Geheimdienst-SS indessen kann man fast alltäglich schon, im Fernsehen „bewundern".

Politisch gewertet sind auch die Zeugen Jehovas ein Teil dieser Destabilisierungs-Strategie!
Siehe dazu auch den Kommentar zum Fall Domitila.

www.madblast.com/view.cfm?type=FunFlash&display=808

www.jwdt.com/~paysan/bush.html

Bush-Rumsfeld

Domitila

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Geschrieben von Drahbeck am 22. Mai 2004 01:58:43:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 15. Mai 2004 04:49:16:

Ein Inserat in der "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. Mai 1954 hat den folgenden Wortlaut:
"Jehovas Zeugen - Kommunisten oder Christen?
Diese Frage wurde kürzlich von falsch unterrichteten Leuten aufgeworfen. Doch wenn Jehovas Zeugen Kommunisten sind, weshalb sind sie dann in Rußland verboten? Warum verfolgt man sie in den Ländern hinter dem Eisernen Vorhang? Dies beweist gerade das Gegenteil. Auch offizielle Nachforschungen der amerikanischen Regierung haben ergeben, dass zwischen Jehovas Zeugen und den Kommunisten keine Verbindung besteht, wodurch diese Falschanklage Lügen gestraft wurde. In den Schriften der Zeugen Jehovas wurde schon vom Jahre 1879 an vor dem Kommunismus gewarnt. Der handliche 6seitige Traktat, betitelt 'Jehovas Zeugen - Kommunisten oder Christen?', gibt Ihnen hierüber eingehend Aufschluß. Dieser Traktat kann mit durchschlagendem Erfolg gebraucht werden, um alle Zweifel zu beseitigen, und um zu beweisen, dass jene, die die unbegründete Anklage erhoben, im Irrtum sind. 200 Stück dieses Traktates sind erhältlich gegen einen Beitrag von 1, 25 DM …"

Wer bitte schon kauft, wenn er eine Zeitschrift oder ein Buch erwirbt, gleich 200 Stück davon? In der Regel doch wohl keiner. Man lässt es wohl eher mit einem Exemplar bewenden.
Zwar gibt es manchmal das System von Staffelpreisen. Das läuft dann aber doch wohl in die Richtung, je mehr gekauft wird, umso günstiger ist der Durchschnittspreis. Auch dabei ist es keineswegs üblich, gleich 200 Stück Mindestabnahme zu verlangen. Man begnügt sich da lieber mit "kleinen Brötchen", um die Käufer nicht abzuschrecken.
Wenn jedoch ein Verlag gleich 200 Stück Mindestabnahme verlangt, dann ist doch dessen Kalkulation offenbar die. Das Druckerzeugnis soll als Massenwirksames Flugblatt Verwendung finden.

Wer noch eine bewusste Erinnerung an die 1950er Jahre haben sollte, und zudem im geographischen Ostteil Deutschlands gelebt hat, der kann sich vielleicht noch daran erinnern. Westliche Flugblattaktionen waren auf der Tagesordnung. Egal, ob sie wie im Falle von CIA-gesteuerten russischen Emigrantenorganisation per Ballons abgeworfen wurden und in Waldgebieten noch monatelang danach auffindbar waren. Oder ob sie Besuchern Westberlins, die erkennbar aus dem Ostteil kamen, in Westberlin in die Hand gedrückt wurden, und anderes mehr.

Wer bitte schön, hat als relevante Kraft, nach 1945 Jehovas Zeugen noch bezichtigt, sie seien Kommunisten? In Deutschland wohl kaum einer. Auch nicht ihre kirchlichen Gegner. Dieser Vorwurf lässt sich lokalisieren. Lokalisieren in die Hauptsache auf die USA. Ausgesprochen von den dortigen politischen Falken und auch ihren kirchlichen Schleppenträgern.
Demgegenüber wurde nun gekontert, wie gelesen, dass selbst die USA-Regierung diesbezügliche Untersuchungen angestellt habe, und dabei den Vorwurf als unbewiesen ansah.
In den USA mag daher ein solches Flugblatt einen Sinn gehabt haben. In Deutschland hingegen muss man es anders sehen.

200 Stück Mindestabnahme pro ZJ-Verkündiger oder "Interessierte" beinhaltet ganz offensichtlich. Als Flugblattaktion gezielt auch im Osten eingesetzt. Das war der tatsächliche Ablauf. Und so hat denn so mancher Bewohner Ostdeutschlands, den die Zeugen Jehovas bei ihrer Predigttätigkeit nicht persönlich antrafen, einen "Gruss" von letzteren, in der Form dieses Flugblattes, in seinem Briefkasten vorgefunden. "Intensiv" gelesen werden es wohl die allerwenigsten haben. Aber immerhin; vielleicht hat sich beim überfliegen doch der Satz eingeprägt. Schon seit 1879 seien die Zeugen Jehovas gegen den Kommunismus.

Eingeprägt hat sich dieser Satz mit Sicherheit zumindest bei den Verfolgungsbehörden in der DDR. Die Zeugen Jehovas haben ihnen damit frei Haus eine aus Stasi-Sicht Bestätigung des Kampfes gegen diese "Antikommunistenorganisation" geliefert.

Eine Meldung aus der gleichen "Erwachet!"-Ausgabe in deren Rubrik: "Wir beobachten die Welt":
"Die amerikanische Atomenergiekommission hat den Erbauer der ersten Atombombe und Berater der Kommission, Dr. J. Robert Oppenheimer, vor mehreren Monaten aus Sicherheitsgründen vorübergehend seines Amtes enthoben. Er war Direktor der Atomforschungsarbeiten in Los Alamos und gehört zu den allerersten theoretischen Physikern der Welt. Seine Beziehungen zu Kommunisten erklärt Oppenheimer damit, dass er sich für ihre 'humanitären Ziele' interessiert habe. Keine Antwort soll Oppenheimer auf die Anklage haben, Versuche eines angeblichen Kommunisten, von ihm für die Sowjetunion Angaben über die Atombombenforschung zu erhalten, verschwiegen zu haben. Seine Opposition gegen die Herstellung der Wasserstoffbombe erklärt er damit, dass der gesamte Beratungsausschuß einstimmig dagegen war; doch habe er seine Opposition eingestellt, nachdem Präsident Truman entgegen dem Rat des Ausschusses die Herstellung der Bombe anordnete. Er sei nie Mitglied der Kommunistischen Partei gewesen. Er habe die kommunistische Lehre nie anerkannt. Er hasse die Tyrannei und die Unterdrückung in jeder Form der diktatorischen Kontrolle der freien Meinungsäußerung. Einige frühere Mitarbeiter Oppenheimers meldeten sich zu seiner Verteidigung. So Professor A. Einstein, der Kernphysiker Dr. Ralph Lapp und der Chef der Atomwirtschaft während des Krieges."

Auch zu dieser Meldung wird man wohl sagen können. Formal verpackt als "neutral" wird hier die Sicht der amerikanischen Falken weitergegeben.

Der Kalte Krieg, ließ nach 1945 nicht lange auf sich warten. Eines seiner besonderen Austragsfelder: Deutschland (bekanntlich damals nunmehr zweigeteilt). Westberlin ein schmerzhafter Pfeil im Fleisch des Ostens. Dessen übervolle Schaufenster, und dagegen die Tristes des Ostens, zeitigten ihre Wirkung. Der Westen ließ sich diese Schaufensterfunktion einiges kosten. Allerspätestens wurde dies nach der deutschen Wiedervereinigung deutlich, als die Subventionen für Westberlin drastisch zurückgefahren wurden. Und so kann man denn im heute wiedervereinigten Berlin, auch in vormals Westberliner Gegenden, sozialen Brennpunkten begegnen, wo man dem unbedarften Besucher von außerhalb lieber den Rat geben mag, sich dort nichts des Nachts und alleine zu bewegen. Er könnte sonst noch unangenehme Erfahrungen sammeln.

Oder auch solche Besonderheiten Berlins. Zur Zeit seiner Teilung gab es in dessen Nahverkehrssystem auch U-Bahn-Linien, die sowohl Gebiete in Ost wie Westberlin durchfuhren. Diese U-Bahn-Linien wurden dem Westen zugestanden. Das heißt sie fuhren von Westberlin nach Westberlin und die dazwischen liegenden Bahnhöfe in Ostberlin wurden ohne Halt durchfahren.
Auch da hat sich inzwischen einiges verändert. Nicht nur, dass man das Verkehrssystem in seiner ursprünglichen Form wieder hergestellt hat. Es gibt noch andere Furcheinflößende Veränderungen. So haben beispielsweise einige türkisch-arabische Rauschgiftgangs, sich gerade solche ehemals Ostberliner U-Bahnhöfe als Handelsplätze für ihre dunklen Geschäfte erkoren.

Indem die sozialen Spannungen, auch in dieser Stadt, größer werden, verschärfen sich die Probleme. Dagegen sind die an jeder Kaufhalle oder Bahnhof mit unversteuerten Zigaretten handelnden Vietnamesen, "fast" noch harmlos. Es sei denn sie bekriegen sich mal wieder untereinander mit Bandenkriegen, auch mal mit tödlichen Ausgängen.

Summa Summarum. Auch das vormalige "Schaufenster Westberlin" ist inzwischen verkommen. Nicht unbedingt in den Villenvierteln des Politiker- und Banken-Absahner-Sumpfes. Aber doch in etlichen nachgewiesenen Problemgebieten.

Zu Zeiten des kalten Krieges herrschte da noch eine andere Stimmung. Auch dabei kam es auf die Wertung an. Der Osten beispielsweise, verklärte seine Bankrotterklärung anläßlich des Mauerbaues vom 13. August 1961, zu einem "antifaschistischen Schutzwall".
Das man westlicherseits für den gleichen Tatbestand ganze anders formulierte Vokabeln verwandte, bedarf wohl keiner näheren Erläuterung.

Das der kalte Krieg herrschte ist unbestritten. Nun veröffentlicht auch "Erwachet!" in derselben Ausgabe dazu einen Artikel unter der Überschrift: "Berlin - eine geteilte Stadt".
Wie auch im Falle des schon genannten Beispieles Oppenheimer, formal auf "neutral" getrimmt. Allerdings auf westlich-neutral. Das östliche Propagandisten jenen Artikel grundlegend anders formuliert hätten, ist meines Erachtens evident. Östliche Propagandisten hätten beispielsweise mehr jenen Aspekt hervorgehoben, dass durch die von den westlichen Siegermächten, zuerst und einseitig begonnene Währungsreform, durch die Anbindung des Westteils Deutschlands, auch wirtschaftlich, an die westlichen Stammländer, der kalte Krieg an rasender Fahrt gewann.

Jener "Erwachet!" Artikel über Berlin, sagt in der Substanz nicht direkt falsches aus. Er ist aber allem Wortgeklingel von "Neutralität" zum Trotz, westlich orientiert. Er hätte ebensogut, ohne jegliche "Bauchschmerzen", dem von den USA finanzierten Rundfunksender RIAS in Westberlin, als Manuskriptvorlage für eine Feature-Sendung dienen können. So schließt sich auch in dieser Richtung der Kreis.

Nachstehend noch ein paar Zitate aus "Berlin - eine geteilte Stadt":

Mehr als einmal ist in den letzten Jahrzehnten der Blick auf Berlin gerichtet gewesen.

Zunächst waren die Russen alleinige Beherrscher der Stadt, und die Bevölkerung denkt nicht gern an die Tage zurück, wo diese Eroberer in ihrem Siegestaumel willkürlich das taten, was ihnen gerade in den Sinn kam. Durch das Potsdamer Abkommen der vier Großmächte wurde jedoch beschlossen, dass Berlin eine viergeteilte Stadt werden sollte, d. h. sie wurde in vier Sektoren eingeteilt, die zunächst von vier Stadtkommandanten verwaltet wurden. Das russische Militär mußte also den größten Teil der Stadt räumen. Die Bevölkerung atmete auf.
Das Einvernehmen der vier Besatzungsmächte war von kurzer Dauer. Schon im Jahre 1946 sprachen die russisch lizensierten Zeitungen von den Amerikanern als von "Aggressoren" und "Imperialisten" und entfalteten eine immer größer werdende Propaganda. Immer mehr distanzierten sich die ehemals Verbündeten und teilten sich in einen Ost- und Westblock auf. In den Zeitungen der beiden Lager beschimpfte man sich gegenseitig, und jede Seite deckte die Mängel der anderen auf. Die Russen können es nicht ertragen, wenn ihr Regime getadelt wird, und deshalb begann man schon im Oktober 1947 damit, Personen, die im Ostsektor Berlins westliche Zeitungen bei sich hatten, festzunehmen. Jedermann sah, dass die Redefreiheit im russischen Teil nur auf dem Papier stand, und man wagte seine Meinung nicht mehr offen zu sagen.

Berlin hatte es am Ende des Jahres 1947 wieder auf 3.250.000 Einwohner gebracht. In der Mitte des folgenden Jahres wurde es weiter gespalten, indem erst die Währungsreform im Westen und dann im Osten der Stadt zwei verschiedene Währungen brachte. Ende Juni 1948 verhängten die Russen die Blockade über die Westsektoren Berlins. Nun durften keine Fahrzeuge mehr von Westdeutschland nach Westberlin, um der dortigen Bevölkerung Nahrung, Kleidung und Brennstoff zu bringen. Sollten jetzt die 2.500.000 Westberliner sich flehend an den Osten um Nahrung wenden? Die Westalliierten machten den Russen einen Strich durch die Rechnung, indem sie die "Lufbrücke" einführten.

Im Sommer 1949 hätte kein Kind mehr Ost- mit Westberlin verwechseln können. Der Kontrast war schon so groß, dass ein kurzer Blick aus dem Fenster eines fahrenden Zuges zeigte, ob man sich im Westen oder Osten befand. Die Geschäfte in den Westsektoren Berlins waren übervoll von Waren, und jeder konnte sich dort für sein Geld kaufen, wozu er Lust hatte, während es im Ostsektor kaum die Nahrungsmittel gab, die auf den Rationierungskarten zugeteilt wurden.

Aus dem sowjetischen Sektor Berlins wurde Ende 1949 durch die Gründung der "Deutschen Demokratischen Republik" der "Demokratische Sektor". Von Demokratie war aber von Monat zu Monat immer weniger zu spüren. Im Jahre 1950 wurden auch Jehovas Zeugen in der DDR und somit auch im Ostsektor Berlins verboten und grausame Verfolgungen gegen sie eingeleitet. Die sogenannte Stufe II der Sowjetisierung Ostdeutschlands war die Einführung eines "sozialistischen Rechts" nach sowjetischem Vorbild; die Schaffung modernster Streitkräfte zu Lande, zu Wasser und in der Luft, stärkere Heranziehung von Frauen zur Männerarbeit, Ausdehnung der Brigadenarbeit und Förderung der Kolchosenwirtschaft wie in Rußland.

Dies schloß auch "revolutionäre Wachsamkeit" in allen Bevölkerungsschichten ein, d. h. Bespitzelung, Denunziation, Verhaftung und Kontrollen über Kontrollen; Kontrollen bis zur Leibesvisitation auf Straßen. Kurz gesagt ein Zwangsstaat. Zugleich forderte diese Partei von der evangelischen und katholischen Geistlichkeit, ihre "Maske der Neutralität" abzulegen, "sich von den amerikanischen und englischen Agenturen" loszusagen. Diese beruhigten ihr schlechtes Gewissen mit dem verdrehten Gedanken, sie seien berufen, eine Mittlerrolle zwischen Ost und West zu spielen.

Die ostdeutsche sowjethörige Regierung hat eine Grenze, die früher nur eine Demarkationslinie war, zwischen Ost- und Westdeutschland errichtet, indem sie einen Streifen Niemandsland zwischen den Besatzungszonen von der Ostsee bis an die Grenze der Tschechoslowakei durch Vertreibung von Bauern und Siedlern, Wegnahme von Feldern, Wiesen und Wäldern und durch Umpflügen von Getreidefeldern festlegte. Rings um den westlichen Teil Berlins wurden "Wachttürme", wie sie in Rußland bestehen, errichtet, um jeden Menschen zu hindern, von Ost nach West zu gelangen. Die Volkspolizei wurde zu einer Armee umgeformt, der Unterricht im Gebrauch von Waffen in Fabriken, Schulen usw. eingeführt, ein Arbeitsdienst nach dem Vorbild Hitlers eingerichtet.

Wie eine Insel, umgeben von diesem "roten Meer" der kommunistischen Welt, liegt nun Westberlin da, dieser Teil der ehemaligen Hauptstadt Deutschlands mit der westlichen Welt durch Autostraßen, Eisenbahnlinien und Fluglinien verbunden. Diese Wege, die die Versorgung mit allen Gebrauchsgütern, Lebensmitteln, Kohle und Industriegütern der Westberliner zur Aufgabe haben, werden fortgesetzt durch alle möglichen Schikanen von den Russen und ihren deutschen Handlangern gestört. Scheinbar betreiben die Russen diese "Politik der Nadelstiche", um festzustellen, inwieweit die Erklärung der Westmächte, "ein Angriff auf Westberlin bedeute einen Angriff auf sie selbst", wirklich ernst zu nehmen ist. So vergeht in Berlin fast kein Tag, wo nicht irgendwo und irgendwie die Freiheit und Sicherheit seiner Bewohner bedroht oder angegriffen wird.

'Der Abend' vom 19. Juli 1952 berichtete, daß im Mai 1952 129 Personen verschleppt wurden. Furcht vor dem kommunistischen System erfüllt daher heute viele Einwohner Westberlins, weil sie wissen, daß ihr Widerstand gegen das System zur Zeit der Blockade, zur Zeit, da die Stadt noch nicht geteilt war, und in den Jahren nach 1949 ihnen den ganzen Haß der Sowjets eingetragen hat. Ihre politische Gesinnung und ihre Handlungsweise werden von in Westberlin lebenden Kommunisten und Tausenden von Spitzeln genau registriert und nach dem Osten berichtet. Rührige politische Führer haben nun die Ablehnung des Kommunismus durch die Berliner Bevölkerung zu einem "Freiheits-Kampf" organisiert und ihre Stadt zu einem "Symbol der Freiheit" gemacht. "Ich glaube an die Unantastbarkeit und an die Würde des einzelnen Menschen. Ich glaube, daß allen Menschen von Gott das gleiche Recht auf Freiheit gegeben wurde. Ich schwöre, der Aggression und der Tyrannei Widerstand zu leisten, wo immer sie auf Erden auftreten werden!" Diese Worte ertönen seit dem 24. Oktober 1950 täglich über den Rundfunk im amerikanischen Sektor (RIAS) Berlins.

Mit der Zunahme des politischen Druckes wuchs die Zahl der Flüchtlinge, die aus Ostdeutschland nach Westberlin kamen. Im Jahre 1951 flohen täglich ungefähr 300 Personen. Doch der Flüchtlingsstrom stieg im Jahre 1952 von 55 300 auf 124 300 Personen an. Im Juni erreichte er die Rekordziffer von 5000 an einem Tag! Diese Menschen verließen ihre Heime, ihre von Urvätern ererbten Bauernhöfe, um der Kollektivierung zu entgehen oder aus Furcht vor Verhaftung, weil sie ihr Abgabesoll nicht erfüllen konnten. Geschäftsleute, Ärzte, Männer, Frauen, Kinder, nur mit dem Nötigsten ausgerüstet, flohen aus dem "Paradies" des Kommunismus in die sogenannte "freie Welt". In die Uniform der Armee dieses Polizeistaates gepreßte Jungen kamen teilweise in Uniform und mit Waffen und versuchten, Asyl in Westberlin zu erlangen. In einem Monat, im September 1952, kamen von diesen Volkspolizisten 397 Mann, an einem Rekordtag des Jahres 1953 kamen 167 nach Westberlin.

Was kann Berlin diesen Flüchtlingen bieten? Zunächst nur ein Obdach in einem der überfüllten 40 Flüchtlingslager. Eine alte, leerstehende Fabrik mit rohen, ungetünchten Wänden ist in allen Stockwerken mit zwei oder dreistöckigen Bettgestellen gefüllt, in deren schmalen Zwischengängen sich das Leben dieser Bedauernswerten abspielt, wenn das Wetter nicht gestattet, im Freien, auf dem Hofe oder den umliegenden Straßen zu sitzen oder zu stehen. Im unteren Stockwerk ist die Aufnahme, die Ausgabe der Mahlzeiten und ein Eßraum. Die Tagesverpflegung ist nicht schlecht; ja sie ist reichlich und gut im Vergleich zu allem, was die Einwohner der Ostzone für ihren täglichen Unterhalt haben.

Am 16. Juni 1953 begannen sich Arbeiter zu einem Demonstrationszug zusammenzuschließen, der sich in Richtung des Sitzes der kommunistischen Regierung bewegte. Sie forderten in Sprechchören freie, geheime Wahlen, Abschaffung der Arbeitsnormen, Beseitigung der tyrannischen Regierung und Freilassung der politischen Gefangenen. Immer mehr Menschen schlössen sich dem Demonstrationszug an, der sich nun damit beschäftigte, die kommunistischen Transparente, die überall an den Häusern angebracht waren, zu entfernen und zu zerstören. Dies war der Funke, auf den die Arbeiter in der ganzen Ostzone Deutschlands gewartet hatten, und nun sprang er auch auf alle dortigen größeren Städte über. Die Meldungen häuften sich, wonach überall Tausende in den Ausstand getreten waren. Der erste Generalstreik gegen den Terror seit vielen Jahren war im Osten im Gange.

Die Bevölkerung Ostberlins jubelte! Dieser Optimismus war aber verfrüht. Es dauerte nicht lange, und schwere russische Panzer fuhren gegen die Demonstranten an, worauf sich diese zerstreuten. Auch verhängte der sowjetische Stadtkommandant den Ausnahmezustand über Ostberlin. Alle Demonstrationen und Versammlungen, Kundgebungen und sonstigen Menschenansammlungen von mehr als drei Personen wurden streng verboten. Bei Einbruch der Dunkelheit mußte jeder von der Straße verschwunden sein. Wer zuwiderhandelte, wurde nach dem Kriegsrecht bestraft. Der Streik war zusammengebrochen. Die Arbeiter, soweit man sie nicht verhaftet hat, seufzen weiter und sehen keinen Ausweg. Sie sehen auch keine Lösung, wie ihr Berlin wieder einmal vereinigt werden kann. …
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Geschrieben von Drahbeck am 01. Juni 2004 02:21:59:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 22. Mai 2004 01:58:43:

In kommentierter Form wurde schon einmal auf jenem Artikel aus dem "Wachtturm" vom 1. Juni 1954 mit dem Titel: "Der Tabakgenuss - vereinbar mit dem Christentum?" eingegangen.
Man vergleiche dazu:

19542Tabak

Ergänzend auch:

19352Rauchen

Vielleicht mag es angebracht sein, diesmal unkommentiert, die wesentlichen Aussagen des WT vom 1. 6. 1954 noch einmal vorzustellen:

Es war am 18. Juli 1953, dem Tage, bevor der internationale Neue-Welt-Gesellschafts-Kongress der Zeugen Jehovas im Yankee-Stadion der Stadt Neuyork beginnen sollte. Unter den neugierigen, eifrigen Beobachtern auf den Kongressanlagen ausserhalb des Stadions sah man einen Zigarettenrauchenden Jüngling. Obwohl noch andere rauchten, lenkte dieser junge Mann doch besondere Aufmerksamkeit auf sich. Warum? Weil er ebenfalls ein Abzeichen trug, das ihn als einen Zeugen Jehovas kennzeichnete. Beim Gespräch mit ihm zeigte es sich, dass er ganz in der Nähe des Stadions wohnt und sich erst seit kurzem für das Werk der Zeugen Jehovas interessierte und dass das Thema des Rauchens von dem Zeugen, der bei ihm ein Bibelstudium durchgeführt hatte, nie zur Sprache gebracht worden war.

Weshalb sind denn Jehovas Zeugen dem Genuss des Tabaks abhold? Sagt die Heilige Schrift direkt und ausdrücklich, dass das Rauchen verboten sei? Nein, das tut sie nicht. Indes zeigt der ganze Inhalt der Schrift, dass der Tabakgenuß mit wahrem Christentum unvereinbar ist.
Christus Jesus fasste das wahre Christentum in den Worten zusammen: "Du sollst Jehova, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Sinn und mit deiner ganzen Kraft", und "du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst." … Der Gebrauch von Tabak kann nicht mit dem Gehorsam diesen zwei grossen Geboten gegenüber vereinbart werden.

Einige argumentieren, dass, weil die Bibel den Genuss des Tabaks nicht ausdrücklich verbietet, es auch keinen Einwand gegen dessen Verwendung geben könne. Solche übersehen indes die geschichtliche Tatsache, dass der Tabakgenuss auf die Indianer auf der westlichen Halbkugel beschränkt war, bis diese entdeckt wurde. Somit bestand kein Anlass den Tabak unter Jehovas Dienern zu erwähnen oder zu verbieten.

Dann wiederum behaupten einige, es sei ungereimt, so streng zu sein in bezug auf Tabak und dennoch den Gebrauch alkoholischer Getränke zu erlauben, wie es Jehovas Zeugen tun. Indes sei bemerkt, dass die Bibel uns sagt, Jehova Gott habe den Wein beschafft, um die Herzen der Menschen zu erfreuen, und Paulus wies Timotheus an, ein wenig Wein zu gebrauchen um seines Magens willen Dies war vergorener Wein, dann ohne moderne Mittel, um ihn als Traubensaft zu konservieren, konnte er nicht unvergoren bleiben. Doch wenn jemand ihn nicht benötigt, so besteht kein Bedürfnis, ihn zu verwenden. … Natürlich ist es verkehrt, zuviel zu trinken, gleichwie es auch verkehrt ist, sich zu überessen, und deshalb verurteilt die Bibel sowohl zu vieles Essen als auch Trunkenheit. Bestimmt bringen christliche Diener in Ländern wie Frankreich, Deutschland und Italien, die bei ihren Mahlzeiten regelmässig Wein oder Bier trinken, keine Schmach auf Jehova, noch schaden sie sich körperlich, indem sie der Sitte des Landes folgen.

Mässiger Gebrauch von Wein und ähnlichen Getränken ist vereinbar mit dem Christentum, mit der Liebe zu Jehova Gott von ganzem Herzen und Sinn, ganzer Seele und Kraft und mit der Liebe zu unserem Nächsten wie zu uns selbst. Doch behaltet im Sinn: Mässigkeit - sich auch kein einziges Mal betrinken!

Tabak jedoch ist kein Nahrungsmittel, er ist ein Betäubungsmittel, ein Rauschgift, das einzunehmen zur Gewohnheit wird. Wenn es zum erstenmal in das Körpersystem aufgenommen wird, wird es dem Betreffenden gewöhnlich schlecht, was zeigt, dass sich der Körper gegen das Gift auflehnt. Tabakgenuss als Gewohnheit schädigt die Gesundheit, ist unrein, ist Geldverschwendung, versklavt sein Gewissen; sein Ursprung ist mit Dämonenanbetung verquickt, und all dies ist unvereinbar mit unserer Liebe zu Jehova mit unserem ganzen Herzen und Sinn, unserer ganzen Seele und Kraft. Und da er die Luft verunreinigt, die andere einatmen müssen, werden die Tabakraucher ein schlechtes Beispiel für andere und hinterlassen einen schlechten Eindruck von der Neuen-Welt-Gesellschaft, und sein Genuss zeigt einen Mangel an Nächstenliebe an. Die Tatsache, dass Rauchende geneigt sind, gleichgültig über die Rechte anderer hinwegzugehen, zeigt sich in der Zahl der Brände, die durch sorglose Raucher verursacht werden, denn etwa 15% oder jährlich annähernd 100000 Brände werden allein in den Vereinigten Staaten durch sorglose Raucher verursacht. In Jehovas neuer Welt wird man nicht Tabak rauchen.

Einige rauchen zur Entspannung, aus Nervosität oder Ruhelosigkeit. Solche sollten sich indes bemühen, die Ursache ihres Zustandes zu ermitteln, statt ein schädliches Rauschmittel zur Beseitigung der Symptome einzunehmen. Eine Selbstuntersuchung dürfte Züge offenbaren wie Habsucht, Nebenbuhlerschaft oder Ehrgeiz; oder es mag Wankelmut sein; oder es mag seine Ursache in den Gewissensbissen eines Schuldbewusstseins haben. Für solche Fälle ist 'Gottergebenheit und Zufriedenheit oder Selbstgenügsamkeit' das Heilmittel. …

Zehntausende christlicher Diener Jehovas frönten einst der Tabakgewohnheit, doch da sie es unvereinbar fanden mit dem Christentum, brachen sie damit. Alle, die das Christentum ernst nehmen, werden sich ihrer bestimmt entledigen, wenn sie davon beherrscht sind. Wenn man es wirklich will, kann man mit Rauchen aufhören. Der Punkt liegt darin, völlig davon überzeugt zu sein, dass das Tabakrauchen Jehova Gott missfällt, dass es einen Mangel an Nächstenliebe aufzeigt, und dass es für den Raucher selbst nicht gut ist, sei es nun körperlich, geistig oder moralisch.
Nebenbei bemerkt - bis jemand die Gewohnheit überwunden hat, bekunde er doch Nächstenliebe, indem er sein Laster für sich behalte und seine Torheit nicht zur Schau stelle. … Der Apostel Paulus hat treffend gesagt: "Für alles habe ich die Kraft durch ihn, der mich mächtig macht." Dies schliesst auch die Kraft ein, die Gewohnheit des Tabakgenusses zu überwinden.


Bemerkenswert erscheint auch noch, welche "Empfehlungen", da seitens der WTG noch gegeben werden, was insbesondere die finanziellen Aspekte der Angelegenheit betrifft:

Wenn wir ein Paket Zigaretten am Tag rauchen, verbrauchen wir im Laufe eines Jahres 300 bis 400 DM für Tabak (Stand von 1954). Viele rauchen aber noch mehr als nur ein Paket am Tag. Wieviel besser, dieses Geld für die Ausbreitung der Wahrheit von Gottes Königreich in fremden Ländern oder zur Unterstützung des Königreichszeugnisses in unserem eigenen Gebiet zu verwenden! Oder das so gesparte Geld könnte auch gebraucht werden zur Bezahlung unserer Reise zu einem internationalen Kongress der Zeugen Jehovas oder zur Beschaffung einer gesunden Unterhaltung und Erholung für uns selbst und unsere Familien.

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Geschrieben von Drahbeck am 08. Juni 2004 03:19:11:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 01. Juni 2004 02:21:59:

Einen großen juristischen Sieg in den USA, meint die WTG in ihrer "Erwachet!"-Ausgabe vom 8. Juni 1954 feiern zu können. Sie hatte verschiedentlich den Anspruch geltend gemacht, dass diejenigen ihrer Anhänger, die für sie im sogenannten Pionierdienst tätig sind (monatliche Predigtdienstquote 100 Stunden und mehr); in Anspruch nehmen könnten, vom Militärdienst befreit zu werden. Den Behörden war dabei besonders sauer aufgestoßen, dass die WTG durchsetzen wollte mit jenen "Geistlichen" auf eine Stufe gestellt zu werden, die ihr Amt hauptamtlich ausüben; und in Vorfeld dazu, oftmals eine mehrjährige Seminar- oder gar Universitätsausbildung dafür absolvieren.
Hingegen die WTG-"Pioniere" diesem Kriterium keineswegs entsprechen. Deshalb zierten sich die Behörden und waren nicht bereit, dass widerstandslos über die Bühne gehen zu lassen.

Indes gab es Fälle, wo man sich durch alle Gerichtsinstanzen durchklagte, und ein solcher Fall landete schließlich vor dem Obersten Gericht der USA. Zwar war der Antragsteller im WTG-Sinne als "Pionier" tätig; aber man nahm Anstoß daran, dass er zudem (wenn auch nur Nachts) eine 40stündige wöchentliche zusätzliche Berufstätigkeit ausübte. Im Laufe des Verfahrens hat er dann diese Berufstätigkeit auf 5 Wochenstunden reduziert. Selbst WTG-Anwalt Covington wurde in dieses Verfahren noch mit eingeschaltet. Und allen bisher aufgetretenen Hürden zum Trotz, ließ sich der Supreme Court dann tatsächlich dazu breitschlagen, dem WTG-Ansinnen stattzugeben.

Das alles ist der WTG einen umfänglichen Artikel mit fetter Überschrift auf dem Titelblatt wert.
Man kann darüber spekulieren, weshalb dieses Entgegenkommen in den USA möglich wurde.
Erwähnt sei nur noch. Angespornt durch diesen Fall suchte die WTG auch in anderen Ländern, so in Deutschland, ähnliches durchzusetzen. Hier allerdings hatte sie kein Glück. In Deutschland gab es dazu zwei Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes aus dem Jahre 1959 und 1962, die für die WTG negativ ausgingen. In dem ersten Urteil suchte sie dieses Privileg für ihre Pionierverkündiger zu erreichen. Ohne Erfolg. Dann versuchte sie dasselbe noch einmal wenigstens für die sogenannten Sonderpioniere erreichen zu können. Gleichfalls erfolglos.
Der 1959er Fall wurde zuerst vor dem Landesverwaltungsgericht Düsseldorf verhandelt. Die Revisionsverhandlung dann vor dem Bundesverwaltungsgericht.

In der Urteilsbegründung (Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Band 7) wurde unter anderem ausgeführt:
So haben zunächst sowohl die Geistlichen evangelischen als auch katholischen Bekenntnisses sich einer lange dauernden und eingehenden Vorbildung und wissenschaftlichen Prüfungen zu unterziehen und eine mehrjährige berufliche Vorbereitungszeit durchzumachen. Demgegenüber erlangt jedes Mitglied der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas mit der Taufe ohne weiteres und ohne .Rücksicht auf Alter, Geschlecht oder Vorbildung die Eigenschaft eines Predigers, weil es nach Auffassung dieser Glaubensgemeinschaft im Hinblick auf das bevorstehende Weltende erforderlich erscheint, in möglichst großem Umfang missionarisch tätig zu werden. Der einzelne Gläubige erhält sodann, falls er sich in der Folge als hauptamtlicher Prediger betätigen will, im Rahmen der örtlichen Gemeinschaft eine gewisse Schulung durch einen "Schuldiener", der sich als Prediger bewahrt hat, die aber in keiner Weise mit dem Studium und dem Ausbildungsgang evangelischer oder katholischer Geistlicher verglichen werden kann.

Ein weiterer wesentlich ins Gewicht fallender Unterschied besteht darin, daß die Geistlichen der beiden großen christlichen Bekenntnisse grundsätzlich ihr Leben und ihre Persönlichkeit ihrem Beruf unwiderruflich widmen.
Angehörige der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas dagegen, die als Pionierverkündiger tätig werden, erhalten zwar von der Watch Tower and Bible Tract Society eine sogenannte Pionier-Ernennung, in der sie als ordinierte Prediger bezeichnet und mit ihren Aufgaben vertraut gemacht werden.
Sie erhalten zugleich aber auch mitgeteilt, daß sie bei der Nichteinhaltung ihres Stundensolls mit ihrer Entbindung vom Dienst eines Vollzeitpredigers rechnen müssen. Es besteht für sie auch im Gegensatz zu der grundsätzlichen Unenthebbarkeit der kirchlichen Ordinarien jederzeit die Möglichkeit, aus persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen aus ihrer Tätigkeit wieder auszuscheiden, etwa dann, wenn im Falle ihrer Verheiratung die Sorge für die Existenz der Familie ihnen eine unentgeltliche Tätigkeit im Dienst der Gemeinschaft in größerem Umfang nicht mehr gestattet.
Die Tätigkeit der Pionierverkündiger der Gemeinschaft kann deshalb mit der Stellung eines Geistlichen evangelischen oder katholischen Bekenntnisses nicht verglichen werden, weil ihre Ausbildung in keiner Weise entsprechend ist, weil die Aufgabe der Tätigkeit jederzeit ohne größere Schwierigkeiten möglich ist und weil der Bestand an hauptamtlich tätigen Geistlichen nach der Art der Ausbildung bei der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas im Gegensatz zu den beiden großen christlichen Bekenntnissen jederzeit ohne größere Mühe ergänzt werden kann. Sie gleichen deshalb weit mehr einem Evangelisten der evangelischen Kirche, der vom Wehrdienst nicht ausgenommen ist; denn auch die Art ihrer Tätigkeit besteht nach den in der Pionier-Ernennung erteilten Weisungen im wesentlichen in einer missionarischen Werbearbeit, d. h. im Predigtdienst von Haus zu Haus, der Durchführung von Nachbesuchen und Heimbibelstudien und der Abgabe von Zeitschriftenmaterial. Nach dem Aufbau der Organisation erscheinen deshalb Zweifel berechtigt, ob die im Rahmen der Organisation der Gemeinschaft überhaupt davon gesprochen werden kann, daß es in ihr Geistliche im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauches gibt. Jedenfalls aber stellen die nach den Ausführungen der Wachtturm- Bibel- und Traktat-Gesellschaft in der Reihenfolge der ordinierten, in der Gemeinschaft vorhandenen geistlichen Ämter an sechster Stelle stehenden Pionierverkündiger keine hauptamtlich tätigen Geistlichen dar, deren Amt dem eines Geistlichen eines der beiden großen christlichen Bekenntnisse entspricht.

Was den zweiten Fall betrifft, liest man in der Urteilsbegründung (Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Band 14) unter anderem:
...Daß diese geistliche Dienststellung die Befreiung von der Wehrpflicht nicht rechtfertigt, ist in dem bereits erwähnten Urteil des Senats dargelegt. Der Kläger als Sonderpionier unterscheidet sich vom Pionierverkündiger dadurch, daß er seine volle Zeit (mindestens 150 Stunden monatlich) im Predigtdienste verbringt und in Orte mit besonderem geistigen Bedürfnis ausgesandt wird, wofür ihn auf seinen Antrag ein Unterhalt von höchstens 125 DM monatlich gewährt wird; der Kläger ist im Alter von 13 Jahren ordiniert (getauft), mit 18 Jahren zum Pionier und mit 19 Jahren zum Sonderpionier ernannt worden.

Auch diese Dienststellung entspricht nicht den geistlichen Ämtern in den beiden großen christlichen Kirchen. Von dem missionarischen Charakter dieser Tätigkeit abgesehen, läßt schon der geistliche Werdegang des Klägers erkennen, daß ein Sonderpionierverkündiger keinem dem Berufsbild der Geistlichen der beiden großen Konfessionen ähnlichen Stand angehört, mag er sich dem von allen Zeugen Jehovas ausgeübten geistlichen Dienstamt auch zeitlich uneingeschränkt widmen.
Die Sonderpioniere bilden keinen vergleichbaren Stand, sondern heben sich aus den übrigen Zeugen Jehovas nur dadurch heraus, daß sie einen verstärkten missionarischen Predigtdienst leisten und dafür einen geringen Unterhalt bekommen. Aus der Masse der Gläubigen steigt der Sonderpionier auf Grund besonderer Bewährung als Prediger formlos auf und kann wieder in die große Zahl der Gläubigen zurücktreten, an seine Stelle tritt ein anderer Zeuge Jehovas, der sich als Vollzeitprediger bewährt hat.

Im Falle Deutschland muss man noch ergänzend hinzufügen, dass die prinzipielle Anerkennung als Wehrdienstverweigerer davon unberührt blieb. Es ging bei diesem Rechtsstreit lediglich darum, dass die WTG wünschte, ihre Pioniere bzw. Sonderpioniere mögen rechtlich den Geistlichen anderer Konfessionen gleichgestellt werden. Also faktisch eine Imageaufwertung. Die aber wurde zumindest in Deutschland, versagt.

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Geschrieben von Drahbeck am 15. Juni 2004 05:28:02:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 08. Juni 2004 03:19:11:

Wieder einmal trieft der WT vor Selbstlob. In der "Wachtturm"-Ausgabe vom 15. Juni 1954 wird die altbekannte Technik angewandt, andere anzugreifen, um sich dabei selbst als "die Guten" herauszustellen. Man liest dort:

"Man beachte die Handlungsweise der polnischen Bischöfe, die im Dezember 1953 einen Eid unterzeichneten, in dem sie der polnischen Volksrepublik Untertanentreue geloben und versprechen, nichts gegen ihre Interessen zu tun. Das Vatikan-Organ 'L'Osservatore' erklärte dazu:
'Die Berichte, dass die polnischen Bischöfe einen Eid geschworen haben, kann man nur beurteilen, wenn das allgemeine Klima berücksichtigt wird, das in den letzten Monaten geschaffen wurde … Gewalttat, Falschheit, Tücke, Heuchelei, Schmeichelei und Erpressung sind eng miteinander verwoben, um die Kirche zu unterdrücken. Ein Eid, der unter solchen Verhältnissen abgelegt wird, ist objektiv gesehen, ungültig …'"

Dazu kommentiert der WT:
"Dieser Gedanke des Vatikan-Organs mag, vom eigentlichen legalen Standpunkt aus gesehen, wahr sein, aber kann man nicht mit gutem Grund fragen: Wenn die Bischöfe wirklich 'diesen Glauben' gehabt hätten, hätten sie dann unter dem Druck von Gewalt und Erpressung nachgegeben? Wären sie dann der kommunistischen Heuchelei, Tücke, Falschheit und den Schmeicheleien erlegen und hätten sie diesen Kompromißeid unterzeichnet?"

Und um den Kontrast wirkungsvoller zu machen, verweist der WT dann auf die Zeugen Jehovas in Ostdeutschland, und fragt rhetorisch:
"Hat das dazu geführt, dass sie in irgendeiner Weise auch nur den kleinsten Kompromiß gemacht haben?"


Um darauf mit einem
"Nein"
zu antworten.

Das las man, wie gesagt im Jahre 1954 im WT. Wer sich erinnert, der weiß auch, dass das ostdeutsche Regime nur ein Jahr vorher (am 17. Juni 1953) eine seiner schwersten Krisen hatte. Insofern wirkt hier unterschwellig mit hinein, dass die Wurzeln des ostdeutschen Regimes in der Bevölkerung mal sehr, sehr mager ausgeprägt waren. Das sollte sich so schnell auch nicht ändern. Man denke nur an die nachfolgende Bankrotterklärung des 13. August 1961.
Historiker indes bezeichnen letzteres Datum aber auch mit als "eigentliches" Gründungsdatum der DDR. Hat der 13. 8.61 auch das DDR-Regime in der Weltöffentlichkeit desavouiert, so war doch eine seiner Nebenwirkungen auch eine, zumindest zeitweise, gewisse wirtschaftliche Stabilisierung, die davor nicht gegeben war.

Wer nichts zu verlieren hat, derjenige wird immer auch für Radikalthesen anfällig sein. Man sehe sich mal die psychische und wirtschaftliche Befindlichkeit von islamischen Selbstmordattentätern in der Gegenwart näher an, und man wird vielerlei Belege für diese Erkenntnis gewinnen können. Die WTG rühmt sich nun, dass sie ihre Anhängerschaft in Ostdeutschland, auf den Level symbolischer, islamischer Selbstmordattentäter zurechtstutzen konnte. Sie meint weiter betonen zu sollen; es gab für diese Radikalinski nicht den kleinsten Kompromiss. Das mag 1954 noch so gewesen sein. Später war es wohl nicht mehr ganz so. Später, gab es sehr wohl Kompromisse. Egal was man da als Beispiel jetzt auch nennen will:
Willy Müller, Dieter Pape oder auch den "Hans Voss".

Nun "gut". 1954 gab es dass noch nicht. Noch nicht …
Letztendlich fragt es sich aber auch, wem denn diese kompromisslose Härte nutzte? Den Opfern in der DDR sicherlich nicht. Wollten sich diese Opfer, in ihrem eigenen Selbstverständnis, in erster Linie als politische Untergrundkämpfer profilieren? Oder wären sie besser bedient, man hätte es ihnen zugebilligt, gemäss dem Pauluswort, ein ruhiges und stilles Leben zu führen?! Der einzelne wollte dies vielleicht. Offensichtlich aber nicht ihre Leitung.
Nutzen, politischen Nutzen, hatten davon nur die zeitgenössischen Falken in Washington und Bonn. Aber auch den Falken wurden später noch die Flügel gestutzt: indem selbst das Falkenland USA sich noch gar zu diplomatischen Beziehungen zur DDR "herablassen" musste. Wem haben da die Opfer des kalten Krieges, den maßgeblich diese Falken zu verantworten haben, letztendlich "genutzt"? Auch diese Frage sollte man sich einmal stellen.

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Geschrieben von Drahbeck am 22. Juni 2004 05:57:01:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 15. Juni 2004 05:28:02:

Er war einer der "namhaftesten" Brunnenvergifter der USA. Der dortige Senator McCarthy.
In seiner "Glanzzeit" zitterten selbst US-Präsidenten vor ihm. Er hat wesentlich dazu beigetragen, dass zu seiner Zeit das politische Pendel der USA weit nach rechts ausschlug.
Nicht "nur" Präsidenten zitterten vor ihm. Auch die WTG gehörte zu denen, die durch ihm buchstäbliche Angst eingejagt bekamen. Hätte er unbeschränkt weiter wirken können, wäre sogar die Konstellation denkbar gewesen, dass selbst die WTG in den USA als "kommunistisch infiltriert" verboten worden wäre. So ungeheuerlich diese These auch klingt, wäre die Macht der McCarthy-Falken in den USA weiter angewachsen, hätte das durchaus im Bereich des möglichen gelegen. Immerhin trat dieser Umstand auch deshalb nicht ein, weil McCarthy auch die WTG weit nach rechts gedrängt hatte.

Man tue das Schlagwort "kommunistisch infiltriert" nicht leichtfertig ab. Hitlerdeutschland hatte es schon zu bemerkenswerter Blüte geführt. Und abgesehen davon, dass McCarthy noch keine buchstäbliche SA und SS auf den Straßen aufmarschieren lassen konnte, deren "Argument" einzig und allein der blanke Terror war. Abgesehen von diesem Unterschied (soweit war er noch nicht), hatte McCarthy das "Format" zum "Hitler der USA" zu werden.

Mit seiner Radikalität schaffte er sich aber auch nicht wenige Feinde. Sofern die nicht schon durch die McCarthy'schen Machenschaften paralysiert waren, warteten sie darauf, dass er eines Tages mal stolpern würde. Und wenn er dann im Stolpern sich befinde, würden sie ihm noch einen zusätzlichen Tritt in den Allerwertetesten verpassen, auf dass er sich nicht mehr davon erholen möge. Dieser Umstand trat tatsächlich ein. McCarthy "stolperte". Und jetzt zeigte sich, dass auch seine Gegner ihm kein "Pardon" mehr gewähren würden.

Die Rolle der WTG dabei ist eigentlich nur die eines Trittbrettfahrers. Nachdem andere die Hatz auf McCarthy eröffnet hatten; schloss auch sie sich dem an. In der "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 6. 1954 gibt es einen McCarthy bezüglichen Artikel, der nachstehend in seinen wesentlichen Aussagen vorgestellt werden soll:

WAS STIMMT NICHT BEI McCARTHY?

McCarthy.jpg (17874 Byte)

McCARTHY ist schon recht", hört man viele auf die obige Frage über den amerikanischen Senator von Wisconsin antworten, unter ihnen Mitglieder der republikanischen Partei, einige Demokraten, gewisse religiöse Führer und eine Anzahl Zeitungsredakteure. Aber es gibt auch Republikaner sowie viele Demokraten, eine beträchtliche Zahl Geistlicher und eine Menge gewöhnlicher amerikanischer Bürger, die ganz anderer Meinung sind. Viele Leute verteidigen ihn leidenschaftlich, andere lehnen ihn ebenso leidenschaftlich ab. Und so empfindet man nicht nur in Amerika, denn der Senator von Wisconsin ist auch in Europa, Asien und anderswo eine bekannte und umstrittene Figur.

Natürlich darf eine Nation, wenn sie sich im Kampf mit einer anderen befindet, wie heute die Vereinigten Staaten, die mit Rußland einen kalten Krieg führen, ihre Regierung von Personen säubern, die gemeinsame Sache machen mit dem Feind. Es wäre sogar töricht, es nicht zu tun. Aber dies kann auf eine billige oder unbillige Art geschehen, und kein Politiker besitzt das Recht, aus der Furcht eines Volkes Kapital zu schlagen, Tatsachen zu verdrehen, um bekannt zu werden; oder einem Volke Schaden zuzufügen, um seine eigenen politischen Interessen zu fördern. Hat man sich derartiges zuschulden kommen lassen, dann sind das Methoden, die zu beanstanden sind.

Parlamentarische Untersuchungen können auf ganz verschiedenen Ebenen geführt werden: es 'können dabei ehrliche und gerechte Methoden angewandt werden oder ränkevolle, verschlagene und schlaue, oder Methoden, die irgendwo dazwischen liegen. Sicherlich eine neutrale Stimme ist die namhafte britische Zeitung 'Manchester Guardian Weekly', und diese schrieb am 26. November:
„Wenn Kommissionen mit ihren Zeugen immer mit juristischer Sorgfalt umgegangen wären, würde das Fünfte Amendement [das einer Person das Recht garantiert, nicht gegen sich zeugen zu müssen], nicht so viel Staub aufwirbeln. Aber die McCarthy-, Jenner- und Velde-Kommissionen haben sich empörende Dinge geleistet. Wenn sie bereit wären, sich an ehrenhafte Regeln zu halten, wie sie aufgestellt wurden — zum Beispiel von Senator Kefauver —, dann erschiene der Vorschlag des Generalstaatsanwaltes [eine Revision der Bedingungen, unter denen ein Zeuge die Aussage verweigern kann] als vernünftig. Aber bis dahin erscheint der Vorschlag des Generalstaatsanwaltes wie eine Unterstützung ihrer üblen Methoden."

Machte McCarthy falsche Angaben? Jawohl. In seiner Rede vom 24. November, die von vielen Fernsehstationen unentgeltlich übertragen wurde, machte er falsche Angaben zur Förderung seiner eigenen, selbstischen Interessen. Um seine Handlungsweise zu rechtfertigen, führte er folgende Worte von Präsident Lincoln an: "Und woher wird die Gefahr kommen? Wenn dieses Volk vernichtet wird, so geschieht dies von innen heraus; wenn es nicht von innen heraus zerstört wird, wird es für alle Zeit fortbestehen." McCarthy hat dieses Zitat zurechtgestutzt und aus dem Zusammenhang gerissen. Ohne Zweifel betonte Lincoln in dieser in Springfield (Illinois) am 27. Januar 1838 gehaltenen Rede nicht, der Zweck heilige die Mittel, sondern das gerade Gegenteil: der Untergang einer Nation sei unvermeidlich, wenn sich die Menschen ihre eigene Meinung bilden über Schuld, ihre Mitmenschen verurteilen und an Stelle von "besonnenen Gerichtsurteilen wilde, heiße Leidenschaft tritt". Er kämpfte besonders "für eine Respektierung der Verfassung und der Gesetze". Lincoln warnte daher gerade vor der Handlungsweise, die McCarthy verfolgt; aber McCarthy verschwieg dies seinen Zuhörern, weil sonst seine Beweisführung zusammengebrochen wäre.

Vernichtung des guten Rufes
Er macht sich auch schuldig der Vernichtung des guten Rufes, denn in derselben Rede deutete McCarthy an, daß Ex-Präsident Truman der kommunistischen Linie folge. Seine Anklage lautet: "Kürzlich definierte Truman, was er ,McCarthyismus' nennt. Die Definition deckte sich Wort für Wort und Komma für Komma mit der Definition in der kommunistischen Zeitung 'Daily Worker', welche den Ausdruck, 'McCarthyismus' aufbrachte." Entspricht dies der Wahrheit? Die "Unität Press" meldete, daß "ein offizieller Sprecher der McCarthy-Kommission" auf die Frage, in welcher Ausgabe des 'Daily Worker' diese Definition zu finden sei, geantwortet habe, sie sei nicht in einer Ausgabe erschienen, sondern in einzelnen Sätzen, die der Senator selbst zusammengetragen habe. Es stimmte also nicht:
es war nicht "Wort für Wort und Komma für Komma", wie der Herr Senator gesagt hatte. Die Anschuldigung gegen den ehemaligen Präsidenten hätte nicht so vernichtend geklungen, hätte McCarthy die Wahrheit gesagt.

Dies ist nicht der einzige Fall einer hinterlistigen Beraubung des guten Namens auf Grund beschämend unrechter Behauptungen. Die Zeitschrift 'Thc Reporter' (21. Juli 1953) schrieb: "Ganz beispiellos war das Verhalten von McCarthy und Cohn [einer seiner Mitarbeiter] während des Verhörs von Reed Harris", einem ehemaligen Beamten des Staatsdepartements. McCarthy fragte, ob ihm nicht die "American Civil Liberties Union" (amerik. Vereinigung für die bürgerlichen Freiheiten) im Jahre 1932 einen Anwalt gestellt habe, und behauptete: "Sie wissen doch, daß die 'American Civil Liberties Union' das Vorgespann der Kommunistischen Partei ist, nicht wahr?" Harris antwortete:
"Herr Vorsitzender, das war im Jahre 1932." Darauf McCarthy mit Nachdruck: "Ich weiß, daß dies im Jahre 1932 war. Wissen Sie, daß sie seither auf die Liste kam, als eine Gruppe, welche dem Kommunismus dient?" Harris erwiderte: "Es ist mir nichts Derartiges bekannt. Ich habe gehört oder gelesen, daß davon gesprochen wurde."

Dazu kommentierte 'The Reporter': "Was es hier zu beanstanden gibt, ist nicht nur, daß die American Civil Liberties Union weder im Jahre 1932 noch vor oder nach jenem Jahr für die Kommunisten arbeitete; oder daß sie noch nie als kommunistische Gruppe, weder beim Generalstaatsanwalt noch bei der FBI oder bei irgendeiner parlamentarischen Kommission, eingetragen war; oder daß die einzige Anklage dieser Art, die je gegen sie erhoben wurde, von der Tenncy-Kommission der kalifornischen Legislative stammt, die so verrufen ist, daß sogar die parlamentarische Kommission für unamerikanische Umtriebe ihrem Befund keinen Glauben schenkt . .. Was einem beim Harris-Fall den Atem verschlägt, ist nicht einmal die Unverschämtheit, mit der McCarthy seine Absicht verfolgte beim Verhör, sondern daß dies am 3. März 1953 geschah und Roy Cohn an seiner Seite war… denn Cohn hatte drei Wochen früher an einer Konferenz der American Civil Liberties Union im Henry-Hudson-Hotel in New York teilgenommen und dort auch eine Ansprache gehalten!"

Zeitungsschlagzeilen
Der republikanische Abgeordnete von New York, Kenneth B. Keating, hat die Anwendung „ehrlicher Spielregeln" vorgeschlagen, zu denen auch eine Beschränkung gehören soll, betreffend die Veröffentlichung unvollständiger Berichte über geheime Sitzungen durch einzelne Kommissionsmitglieder. Um solche Beschränkungen hat sich McCarthy nicht gekümmert, der besonders darauf erpicht ist, daß seine Verhöre in den Zeitungen veröffentlicht werden. Bei den Untersuchungen über angebliche Spionage im Fort Monmouth in New Jersey, die teils geheim, teils öffentlich waren, konnten die Reporter die Zeugenaussagen nicht hören, wohl aber McCarthys Ausführungen am Abend, wenn die Sitzungen vorüber waren. „Es ist eine schändliche Methode, und offenbar wird damit nur der Zweck verfolgt, in der Öffentlichkeit Aufsehen zu erregen." Ob McCarthys Aussagen ähnlich zurechtgemacht waren wie sein Zitat von Lincoln und seine Anklage gegen Truman und den 'Daily Worker' konnten die Berichterstatter natürlich nicht wissen, aber seine Mitteilungen an sie hatten sensationelle Schlagzeilen zur Folge.

Die Neuyorker 'Times' befaßte sich eingehend mit den Fort-Monmouth-Untersuchungen und kommentierte dazu in ihrer Ausgabe vom 14. Januar: „Senator McCarthys Gier, im Rampenlicht der Öffentlichkeit zu
stehen, ist nie so deutlich sichtbar geworden wie im Monmouth-Fall… In den Vereinigten Staaten wurde eine Atmosphäre geschaffen, die zu solch undemokratischer Verfolgung führt, wofür teilweise Senator McCarthy verantwortlich gemacht werden muß… Die Armee hat ihr Monmouth-Personal schon Monate vor dem Erscheinen McCarthys einvernommen. Die Untersuchungskommission der Armee fand keine Spione und auch Senator McCarthy fand keine, aber die Untersuchungen des Senators hatten im vergangenen Oktober sensationelle Schlagzeilen über angebliche Spionage und kommunistische Infiltration in Monmouth zur Folge. Bis jetzt haben sich seine Anschuldigungen als unzutreffend oder als übertrieben erwiesen, aber sie wurden veröffentlicht. . . Wenn der Senator wirklich etwas zu Tage fördert, werden sich Bestätigungen dafür finden; aber bis dahin sollte der vernünftige Leser McCarthys Anklagen als ungültig ablehnen." Was den Ausdruck „der vernünftige Leser" betrifft — wie hoch schätzt die 'Times' den Prozentsatz der Bevölkerung, welcher sich genügend über McCarthy informiert hat, um zu wissen, daß die Schlagzeilen in namhaften Zeitungen nicht ernst zu nehmen sind ? Ist es zum Schütze des Landes oder ein Ringen um politische Vorteile, wenn der „Kommunistenjäger", nur um Aufsehen zu erregen, das Ansehen einer wichtigen Verteidigungsanlage dermaßen erschüttert ?

Politik mit Bomben
Dies wurde einmal „Politik mit Bomben" genannt. Anklagen werden erhoben, die in Fettdruck auf der ersten Seite der Zeitungen | erscheinen, der Senator erhält so die gewünschte „Reklame", dann wächst Gras über, die Sache und neue Schlagzeilen werden vorbereitet. McCarthy sagt, seine Aufgabe bestehe nicht in der Abfassung endgültiger Berichte, sondern darin, Sicherheitsbeamte auf Sachlagen aufmerksam zu machen, die sie untersuchen sollten. Aber die sensationelle Untersuchung in Fort Monmouth diente nicht diesem Zweck. Als McCarthy am 8. Oktober mit seiner Untersuchung begann, hatten die Sicherheitsbeamten die vorläufigen Amtsentsetzungen, für die die Schlagzeilen McCarthy das Verdienst zuschrieben, bereits vorgenommen. Durch McCarthys Untersuchungen erhielt die Öffentlichkeit lediglich Kenntnis von ihren Untersuchungsergebnissen und McCarthy erntete ihre Lorbeeren.

In welcher Weise erwuchs der Nation dadurch ein Schaden? Walter Millis schrieb in der Neuyorker 'Herold Tribüne' über McCarthys Angriff auf Monmouth: „In den vergangenen wenigen Wochen ist diese empfindliche militärische Anlage zerstört worden — gründlicher, als ein Sowjetsaboteur es sich hätte erträumen können." Peter Kihss schrieb in der Neuyorker Times vom 11. Januar: „Es wird befürchtet, daß die Aussicht auf Untersuchungen mit den bekannten Anklagemethoden viele der fähigsten Fachleute zurückhalten mag, für die Regierung zu arbeiten."

Wohin treibt McCarthy?
Viele Amerikaner würden staunen über die Macht, welche McCarthy durch solche Publizität und andere Methoden gewinnt. Truman nannte in seiner Antwort auf die Anklage, daß er einen kommunistischen Spion unterstützt habe (der Spion wurde durch Schlagzeilen schuldig erklärt, seine Schuld aber wurde nie vor einem Gericht bewiesen*), die republikanische Verwaltungspolitik „Mc-Carthyismus". Wegen der Verwendung dieses Wortes verlangte McCarthy eine unentgeltliche Radio- und Fernsehübertragung für seine Antwort, anstatt jene, welche die Anschuldigungen erhoben hatten, zu veranlassen, dem früheren Präsidenten Rede und Antwort zu stehen. Und zur großen Überraschung fast aller Beobachter wurde ihm dies bewilligt! Diese Sendungen kosteten fast eine halbe Million Dollar. John Crosby, der Rubrikjournalist der Neuyorker 'Herold Tribüne', schrieb am 30. November: „McCarthy besaß ungefähr so viel Recht auf eine
halbe Stunde unentgeltliche Sendezeit wie ich, aber ,McCarthy besitzt', wie sich ein Rundfunksprecher ausdrückte, .„Angstwert" — und wir haben Angst'." Wovor sollten sich denn Rundfunkstationen fürchten? Nun, Senator McCarthy besitzt Freunde im Bundesamt für Rundfunk und Fernsehen, und dieses Amt entscheidet über Sein oder Nichtsein der Radiostationen. Die Furcht vor Vergeltungsmaßnahmen stieg noch, als McCarthy verkündete, er werde die FCC ersuchen, jede Station zur Verantwortung zu ziehen, welche Trumans Rede, nicht aber seine, McCarthys, Antwort sendete, es sei denn, sie hätte überzeugende Gründe dafür.

*)Die Zeitschrift 'The Christian Century' vom 2. Dezember kommentierte: „Es ist nun nachgewiesen, daß die FBI Präsident Truman umfangreiche Berichte über White vorlegte. Aber welches war ihr genauer Wortlaut? Wurde in ihnen White ohne Einschränkung als Spion bezeichnet? Oder hieß es darin, andere hätten dies getan, aber ohne rechtsgültige Beweise zu haben? Worauf mußte sich Präsident Truman stützen, nachdem er die FBI-Berichte gesehen hatte? Dies scheint der springende Punkt zu sein beim White-Fall, aber man wird dies wahrscheinlich nie erfahren, weil es als notwendig erachtet wird, die FBI-Akten zum Schütze der FBI-Agenten geheimzuhalten."

Was glaubt der Senator, daß ihm diese wachsende Macht eintragen werde? Eine bessere politische Stellung! Er war noch nicht lange Parlamentarier, als die Zeitschrift 'Look' schrieb: „Joe versuchte Streitfragen herauszuschnüffeln, um in der Öffentlichkeit bekannt zu werden. .. Margarine kontra Butter. .. das Wohnungsproblem." Dann aber fand er den Kommunismus. „Wenn nichts anderes", schrieb 'Look', „so werden ihn seine Mitarbeiter retten. Sie sind fähige Leute und werden immer wieder neue Sensationen aufstöbern. Wenn der Antikommunismus aus der Mode kommt, wird eine andere große Streitfrage aktuell und Joe wird sein möglichstes tun, um sie auszuschlachten." Wird dies von jemand bezweifelt? Nun, er vertrat noch im Jahre 1946 die Auffassung, daß Stalins Friedensabsichten ernst zu nehmen seien.

Der republikanische Abgeordnete von New Jersey, Peter Frelinghuysen, geißelte „die Verfolgung ehrgeiziger politischer Ziele auf Kosten der Sicherheit des Landes "Henry Knox Sherrill, Bischof der Episkopalkirche, nannte es „ein Streben nach politischem Erfolg". Als McCarthy von einem Reporter gefragt wurde, ob er, wie er erklärt habe, seine nächste große Untersuchung erst in sechs Monaten durchführen wolle, um sie „gerade vor den Wahlen" vom Stapel zu lassen, verzog er das Gesicht zu einem Lachen und antwortete: „Zum Teufel mit Ihnen!"

In gewissen Kreisen glaubt man, McCarthy erstrebe das Amt des Präsidenten. Sollte er je nominiert werden, so wird man sich auf einen heftigen Wahlkampf gefaßt machen müssen! Es wäre jedoch erstaunlich, wenn für ein so hohes Amt ein Mann vorgeschlagen würde, der versuchte, die Zeitschrift 'Time' zu zensieren, indem er ihre Inserenten zum Boykott zwingen wollte; der vor Tätlichkelten gegen Drew Pearson, den politischen Rundfunkkommentator, wegen seiner Kritik an McCarthy nicht zurückschreckte; der namhafte Zeitungen in den Schmutz zog, welche sich für Grundsätze einsetzten, die vom amerikanischen Volke seit langem hochgehalten werden; der Zitate ändert, um seine Methoden zu rechtfertigen, und Unwahrheiten sagt mit der Absicht, den vorigen Präsidenten mit Amerikas Feinden in Verbindung zu bringen.

Doch er hat Macht und Geld im Rücken. Er ist der Führer einer starken Gruppe, zu der Millionäre gehören, wie die Nichte des Verlegers Robert R. McCormick von Chicago und Frau William Randolph Hearst, jr. — sicherlich höchst einflußreiche Leute, aber weit entfernt davon, einen guten Ruf in Zeitungsverlegerkreisen zu haben

Zwiefache Gefahr für die Nation
Man erreicht die Ziele der Demokratie nicht durch Anwendung totalitärer Methoden. Der Kommunismus ist nicht die einzige Gefahr, der sich Amerika gegenübersieht! Erwachet! ist keine politische Zeitschrift, aber sie kämpft für Freiheit, doch der Senator von Wisconsin macht sich mit solchen „Heldentaten" nicht verdient um die Freiheit. Man wird die Roten nicht los, indem man McCarthy einsetzt. Sich auf McCarthy beziehend, schrieb ein Mitarbeiter der Londoner Zeitung 'Catholic Herold' am 6. November: „Ich habe mich immer dafür eingesetzt, daß wir Katholiken es vermeiden sollten, Methoden, wie sie die Kommunisten anwenden und die gegen die Sittlichkeit verstoßen, zu gebrauchen; eine solche Handlungsweise würde, selbst vom kleinlichsten politischen Gesichtspunkt aus betrachtet, nur den Kommunisten zugute kommen." Über die nationale Sicherheit können am besten besonnene, besonders geschulte Experten wachen, welche die Untersuchungen gestützt auf sorgfältig erwogene, gesetzlich festgelegte Richtlinien durchführen und nicht auf gefühlsbetonte, von der Politik inspirierte Schlagzeilen.

Totalitäre Methoden sind aber offenbar nicht allen verhaßt. Gewisse Leute würden eine kommunistische Tyrannenherrschaft begrüßen, weil sie hoffen, dann zur herrschenden Clique zu gehören; andere dagegen würden offenbar eine Diktatur der extremen Rechten willkommen heißen (welche bei näherem Zusehen ganz der Herrschaft von Hitler und Mussolini gleicht), in der Erwartung, daß etwas für sie dabei herausschauen würde. Es ist für die europäischen Verbündeten Amerikas ziemlich beunruhigend, zu sehen, daß diese Tendenz sogar die Zustimmung vieler amerikanischer Zeitungen findet.

Es dient nicht zum Wohle des Landes, wenn „wir", wie Richter Douglas vom Obersten Bundesgericht sagte, „Männer und Frauen auf Grund von Hörensagen, von Unterschiebungen und Schuld infolge ihrer Beziehungen verurteilen"; und wenn „Kommunisten, Kommunistenfreunde, Sozialisten, Liberale oder einfach simple Yankees, denen diese Hetzjagd nicht zusagt und die dagegen protestieren, in denselben Tiegel geworfen werden".
Weise Staatsmänner zu finden, ist ein großes Problem für die Menschen. In den Vereinigten Staaten haben die beiden Hauptparteien sich gegenseitig beschuldigt, nur ihre eigenen Interessen im Auge zu haben. Die Republikaner machen Truman diesen Vorwurf, und sie mögen recht haben. Aber da Republikaner McCarthy mit seinem Kampf um Schlagzeilen stellt sogar seine persönlichen politischen Interessen jenen der Nation voran und könnte so eine Bewegung auslösen, welche die Freiheit in Gefahr bringt. …
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Geschrieben von Drahbeck am 01. Juli 2004 04:51:26:

Als Antwort auf:  geschrieben von D. am 22. Juni 2004 05:57:01:

Islamischen Selbstmordattentätern wurden die Freuden mit "70 Paradiesjungfrauen" vorgegaukelt, als ideologische Stimulans für ihren Fanatismus.
Man vergleiche beispielsweise:

www.freitag.de/2002/03/02031801.php

217.175.235.200/basisreligion/terror.htm

Und wie sieht es im Falle WTG aus? Die Züchtung von Fanatismus ist doch auch eine ihrer "Spezialstrecken".
Beispiele dafür kann man auch im "Wachtturm" vom 1. 7. 1954 begegnen.

Etwa wenn dort zur "Durchaltestimulanz" die Episode bezüglich Ostdeutschland genussvoll zitiert wird:
"Ein Ehegatte, der sehr dagegen war, dass seine Frau eine Zeugin Jehovas war, schrieb einen Brief an die Polizei. Er gab darin die Namen und Adressen der Zeugen bekannt, die das Werk in seinem Ort leiteten und auch solcher Personen, die an ihrer Tätigkeit interessiert waren. Er verriet auch die Zeit und den Ort ihrer Zusammenkünfte. Auf seinem Weg zum Briefkasten bekam er einen Herzanfall und fiel tot um. Seine Frau fand den Brief in seiner Tasche, mit einer Briefmarke versehen und an die Polizei gerichtet, zusammen mit einer persönlichen Abschrift."

Man mag dieses Zitat mit gemischten Gefühlen registrieren. Gesetz den Fall, es habe sich so zugetragen, ist es doch wohl auch ein Zeugnis dessen darüber, in welche Art von Gewissenskonflikte die WTG-Religion jene hineinzustoßen vermag, die sich eben nicht imstande sehen, sich von ihr auch versklaven zu lassen. Die aber zugleich registrieren müssen; bei anderen ihnen sehr nahestehenden Familienangehörigen ist dies gelungen. Damit ist die Tat jenes Mannes, der offenbar teuer dafür bezahlt hat, nicht entschuldigt. Es ist aber auch ein Alarmsignal!

Dies alles, vorausgesetzt, es habe sich so zugetragen. Bei letzterem kann man indes so seine Zweifel haben. Auch in der Stasiakte "Sumpf" liest man eine ähnlich erschreckliche Begebenheit. Auch da ist man auf das Hörensagen angewiesen. Dokumentarisch nachprüfbar sind beide Fälle nicht. In ihrer ZJ-Akte "Sumpf" schreibt die Stasi, 1984 sei bei den Zeugen Jehovas das Gerücht verbreitet worden, der WTG sei es gelungen einen Stasimitarbeiter, versehen mit einem Stasiausweis, auf ihrem Gelände in Selters zu stellen. Der sei dann "jedoch einem Blitzschlag" erlegen.

Hat die Stasi sich dieses Grimm's Märchen aus den Fingern gesogen? Oder gab es wirklich dieses Gerücht bei den Zeugen; bzw. würde es gezielt, interessegeleitet gestreut?!
Man vergleiche dazu auch

Parsimony.479


Das die WTG keinerlei Skrupel hat, Fanatismus anzuheizen, macht auch ein weiterer Bericht aus dieser WT-Ausgabe deutlich, der sich in Argentinien abgespielt haben soll Man liest dazu:

"Ein Bruder, der im Darbieten der Königreichsbotschaft etwas taktlos war, hatte einer gegnerischen Dame gesagt, dass in Harmagedon, wenn die Steine auf sie zu fallen beginnen, sie sich der Botschaft noch erinnern werde, die er ausgerichtet hätte. Als dann einige Jahre später das schreckliche Erdbeben kam, dachte sie, es sei Harmagedon, weil Hunderte von Menschen umkamen. Damals fiel wirklich ein Felsstück auf ihren Kopf … Bald darauf kam sie in die Organisation hinein."

Parsimony.8360

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Geschrieben von Drahbeck am 08. Juli 2004 05:34:54:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 01. Juli 2004 04:51:26:

Stramm auf antikommunistischem Kurs segelt "Erwachet!" in seiner Ausgabe vom 8. 7. 1954, wenn darin unter Berufung auf eine AP-Meldung die Schreckensvision verbreitet wird:
"Weltherrschaft des Kommunismus bis 1973"
"Erwachet!" fügt dieser sicherlich im Sinne der McCarthys liegenden Überschrift zwar noch ein Fragezeichen mit an. Das aber wohl mehr oder weniger aus formalen Gründen.
Folgt man diesem Bericht, so habe der chinesische Staatspräsident Mao Tse-tung der Sowjetunion ein Memorandum zukommen lassen, dergestalt, Zitat:

"deren Befolgung die Weltherrschaft des Kommunismus bis etwa 1973 sichern soll."


Laut "Erwachet!" soll dieses Memorandum aussagen:

"So lange auf einen Krieg zu verzichten als ihr Industriepotential demjenigen der Vereinigten Staaten unterlegen sei und als ihre Verteidigungsmaßnahmen gegen Atombombardierungen nicht vollständig seien."


Bei diesem Zitat fällt schon mal auf, dass es sich um keine wörtliche Wiedergabe handelt, sondern um eine "Zusammenfassung" via AP respektive "Erwachet!". Angesichts der Schwere des Vorwurfes, der unterstellt, die Sowjetunion wolle den Krieg, muss man schon verlangen können, solch weitgehende Behauptung hieb und stichfest zu belegen. Dieses Kriterium ist schon mal nicht erfüllt.

Desweiteren soll vorgeblich Mao tse-tung der Verfasser dessen sein. Immer vorausgesetzt es ist so, was auch nicht hieb- und stichfest bewiesen würde, bedeutet dies noch lange nicht, dass dies auch als verbindliche UdSSR-Politik übernommen wurde. Mao tse-tung herrschte zwar über China, nicht aber über die Sowjetunion. Wenn man desweiteren berücksichtigt, dass in späteren Jahren sehr wohl ein Bruch zwischen China und der Sowjetunion nachweisbar ist, hat dieses Memorandum, so es denn so abgefasst sein sollte, für die Sowjetunion den Wert von Toilettenpapier gehabt. Zum fraglichen Zeitpunkt hatte China zudem in keiner Hinsicht die wirtschaftlichen und politischen Ressourcen, um der Sowjetunion irgend etwas diktieren zu können.

Dennoch stellt AP und "Erwachet!" die ganze Sache so dar, als sei dies ausgemachte Sache.
Weiter will dieses Memorandum laut "Erwachet!" wissen:

"Indessen müßten die Vereinigten Staaten um jeden Preis isoliert werden. Zu diesem Zwecke enthält die Denkschrift einen ausführlichen und präzisen Plan. In bezug auf Frankreich gehe es vor allem darum, die Kriegsmüdigkeit und die Furcht vor Deutschland auszunützen. … Die Operationen in Indochina sollten bedeutend verstärkt werden … Das Ziel in Indochina muß der Verzicht der Franzosen auf dieses Territorium bilden, am liebsten dadurch, dass man sie zur Unterzeichnung eines Waffenstillstandes bewegt."

Auch hier ist bemerkenswert, wie AP und "Erwachet!" die Sicht der politischen Falken vertritt. Frankreich war in der Tat in Indochina involviert. Frankreich hatte in der Tat den zermürbenden Krieg verloren und in der Konsequenz sich von dort zurückgezogen. Das passte den USA-Falken nicht; und perspektivisch haben sie dann die Nachfolgerolle von Frankreich dort übernommen. Allerspätestens auch sichtbar nach Ausbruch des Vietmamkrieges.

Hier finden wir also schon die Wurzeln dieser Entwicklung. Die USA-Falken drängen. AP und "Erwachet!" ist ihr Sprachrohr. Wie sagte doch weiland schon Hitler:
"Es wird propagandistischer Alarm zum losschlagen gegeben. Der Sieger wird später nicht danach gefragt, ob der zu Recht Bestand".

Hier begegnen wir dem propagandistischen Alarm für die Involvierung der USA in den Vietnamkrieg in einer seiner Wurzeln. Angeblich hätte die Sowjetunion die Absicht bis 1973 die Weltherrschaft zu erreichen. Vom Hörensagen kolportiert, weil Mao tse-tung diese Illusion vielleicht gehabt hatte. Hatte er sie wirklich, dann war er mit Sicherheit kein Realpolitiker. Und noch viel wichtiger: Sein Gewäsch hatte für die Sowjetunion den Stellenwert von Klopapier.

Für die USA-Falken via AP, wie "Erwachet!" ist indes das alles "ausgemachte" Sache!

Sich so auf die Seite der USA-Falken stellend hatte natürlich tiefere Ursachen. Eine davon, dass der McCarthyismus in den USA, auch die Zeugen Jehovas in die "kommunistische" Ecke stellte. Und in Abwehr dessen, glaubt die WTG, wie gelesen, McCarthy noch von rechts überholen zu sollen.

Zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung war McCarthy bereits ein politisch "toter Mann". Auch die WTG beteiligt sich in dieser "Erwachet!"-Ausgabe an seiner Leichenfledderei.
Einige Zitate aus einem darin enthaltenen redaktionellen "Erwachet!"-Artikel, die auf die indirekte Weise auch zeigen, wie tief der McCarthyismus in seiner Glanzzeit auch die WTG getroffen hatte.

"Erwachet!" schreibt unter anderem:
"Das amerikanische Volk hat noch nie eine Verurteilung durch Schlagzeilen gebilligt, noch ist es ein Freund bewußter Irreführung oder heimtückischer Verleumdung. Aber zwischen dem, was ihm teuer ist, und dem, was es seit kurzem mit ansehen muß, besteht ein großer Unterschied. Heute werden Menschen durch Zeitungsschlagzeilen gerichtet, auf Grund von Annahmen eines politischen Verbrechens bezichtigt. Die Zeitungen greifen die Sache auf, die abgekürzte Schlagzeile erweckt den Eindruck, es sei eine bewiesene Tatsache und das Volk glaubt an die Schuld dieses Menschen. …
Gewisse Leute lassen das Rechtsverfahren nicht mehr gelten. …

Die Zeitungen von Louisville (Kentucky), 'Courier-Journal' und 'Times', schrieben warnend, dass die gegenwärtige Jagd auf staatsgefährliche Elemente 'gerade solche schafft - Personen nämlich, die alte, harterkämpfte Freiheiten zerstören'. Die Senatorin Margaret Chase Smith mahnte: 'Jene von uns, die am lautesten von Amerikanismus reden, wenn sie andere Bürger ihres guten Namens berauben, sind allzuoft solche, die durch Worte und Taten eine der wichtigsten Grundsätze des Amerikanismus verletzen: das Recht der freien Kritik; das Recht, eine abweichende Meinung zu haben, das Recht zu protestieren; das Recht der freien Gedankenäußerung … In Amerika ist die Redefreiheit nicht mehr das, was sie früher war. Sie wurde von einigen derart mißbraucht, dass andere nicht mehr Gebrauch von ihr machen.' …

'Wir müssen aber doch Amerika vor diesen kommunistischen Elementen schützen!' protestieren McCarthys Unterstützer. Sollte aber anderen 'Elementen' gestattet werden, inzwischen die Zügel an sich zu reißen? Die Kommunisten befreiten das russische Volk von der Zarenherrschaft - und zwangen ihm die rote Herrschaft auf. Wenn man jenen Antikommunisten in Amerika die Zügel schießen läßt, welche sich über die amerikanische Auffassung von Gesetz und Ordnung, Freiheit und Recht hinwegsetzen, jenen, die glauben, der Zweck heilige jedes Mittel, die sagen, man könne nicht im Zylinder und mit seidenem Taschentuch auf die Stinktierjagd gehen, was heißen soll, man könne den Kommunismus nicht mit anständigen und gesetzlichen Mitteln bekämpfen, hat auch diese Nation eine dunkle Zukunft vor sich.

'Ach, das ist Schwarzseherei!' mag jemand ausrufen. Ganz und gar nicht! Der Weg zur Freiheit ist schmal, mit gefährlichen Abgründen zu beiden Seiten, und das Volk, welches leichtsinnig mit ihr umspringt, wird ziemlich sicher im Abgrund der politischen Gleichschaltung landen. Man sollte den abgenutzten Satz 'Ewige Wachsamkeit garantiert die Freiheit' nicht wiederholen müssen. Die Gefahr eines Dammbruches ist nicht kleiner, weil das Loch, durch welches das Wasser eindringt, klein ist. Das durchsickernde Wasser vergrößert das Loch, und wenn es nicht vermauert wird, stürzt der ganze Damm ein. In den Vereinigten Staaten sind die Verfassungsgarantien solche Schutzdämme gegen ehrgeizbesessene Politiker, gegen Despoten von heute oder morgen, die gerne ans Ruder kämen.
Senator McCarthy appelliert an ein auf Schlagzeilen eingestelltes Publikum, das den Gedanken der Menschenrechte geringschätzt und glaubt, 'intellektuell' und 'rot' sei ein und dasselbe. ....

Diktatoren bekämpften Ideen, indem sie Bücher, in welchen diese Ideen dargelegt waren, vernichteten. Hitler hat das getan und auch die Kommunisten haben das getan. Aber dies hat die Amerikaner immer abgestoßen. Es gibt jedoch offenbar Personen, die glauben, die Demokratie könne sich nicht mehr behaupten, wenn sie die freie Auseinandersetzung der Meinungen gestatte, sondern sie müsse auch anfangen, Bücher zu verbrennen. Doch die heikle Frage dabei lautet: Wer soll das tun? Wer soll entscheiden, welche Bücher gefährlich sind? Etwa McCarthys Mitarbeiter Cohn und Schine, die auf einer Blitztour durch Europa die katholische Zeitschrift 'Commonwal' ein 'kommunistisch, katholisches Blatt' nannten? Oder etwa Frau Thomas J. White von Indiana, welche wünschte, dass die alte englische Erzählung von Robin Hood aus den Schulbüchern Indianas entfernt werde, denn zu wiederholen, dass Robin Hood Reiche beraubte und Arme beschenkte, sei 'kommunistische Propaganda'.

An diesem Maßstab gemessen, könnte man auch in den amerikanischen Geschichtsbüchern und Tageszeitungen kommunistische Propaganda finden, weil sie zum Beispiel von der Festlegung der Einkommenssteuer berichten, die 'die Reichen schröpft'. Frau White fordert auch, dass die Angaben über die Religion der Quäker ausgemerzt werden, weil deren pazifistische Einstellung große Ähnlichkeit mit dem 'kommunistischen Friedensappell' habe. In diesem Falle sollte vielleicht auch die Anglikanische Kirche und die Episkopalkirche nicht in den Schulbüchern erwähnt werden, weil in ihrem Gebetsbuch der Satz steht: 'Gib uns Frieden in unserer Zeit.' Lächerlich? Ja bestimmt! Geradeso lächerlich wie der Gedanke, einer Person oder einer Gruppe von Personen die Gedankenzensur zu übertragen! …

Anonyme Angeber? Verurteilung auf Grund von Gerüchten? Geheime Berichte? Wo gibt es das? Einmal gab es das bei der von Senator McCarthy im Forth Monmouth (New Yersey) durchgeführten Untersuchung. Nicht nur konnten die Suspendierten die Namen und Adressen oder eine Beschreibung ihrer Ankläger nicht erfahren oder von ihren Aussagen Kenntnis erhalten, sondern die Anklagen gegen diese Männer waren, um die Worte der geachteten Neuyorker 'Times' anzuführen, 'allgemein weit entfernt von dem Wortlaut der Schlagzeilen über vermutliche Spionage in Monmouth, deren Urheber Senator Joseph R. McCarthy war.'

Diese anonymen Angeber, geflüsterten Anklagen und geheimen Berichte sind auch in den geheimen Dossiers der FBI zu finden. …
Präsident Eisenhower sagte am 23. November: 'In unserem Lande muß eine Person, die etwas gegen dich hat oder dich anklagt, offen dazu stehen. Sie kann dich nicht aus dem Hinterhalt erledigen oder dich deines guten Rufes berauben, ohne von einer aufgebrachten Bürgerschaft bestraft zu werden.'
Dies ist ein amerikanischer Grundsatz. Leider liegen Beweise dafür vor, dass heute nicht mehr durchweg danach gehandelt wird."

Wie sehr sich auch die WTG durch den McCarthyismus in den USA getroffen fühlte; sie erwähnt, dass offenbar besonders der Wehrdienstverweigerungsgrundsatz der Zeugen Jehovas, entsprechende Ansätze bot, dass die McCarthy-Falken wirksam wurden.
Wie sehr sie sich auch durch dieses politische Klima getroffen wusste, macht noch ein zweiter Artikel zum Thema deutlich, der auch in dieser "Erwachet!"-Ausgabe wiedergeben wurde. Nachstehend auch seine Zitierung:

Aus der Neuyorker Times vom 5. März 1954
LONDON, 4. März — Abgeordnete der Konservativen, Labour- und Liberalen Partei wandten sich heute in Britannien scharf gegen Senator McCarthy und gaben ihrer Enttäuschung über die Führerschaft Präsident Eisenhowers Ausdruck. Die Besorgnis um die Zukunft der amerikanischen Demokratie und Amerikas Ansehen als führende Nation sowie die Angst, daß Präsident Eisenhower infolge einer „sittlichen Lähmung … den Frieden verraten könnte", waren vorherrschend.

Sozusagen jede bedeutende Gruppe des nationalen politischen Lebens äußerte sich zu dieser Streitfrage. der viele Briten dieselbe Bedeutung beimessen wie irgendeiner anderen die USA beschäftigenden Frage. Diese Kommentare, die Besorgnis und teilweise auch Bitterkeit verraten, stammen von der stark konservativen Zeitung 'Economist-Times and Spectator', aus dem Lager der Liberalen und der Labour-Partei, von unabhängigen Kommentatoren und in London akkreditierten Diplomaten.
Herbert Morrison, stellvertretender Führer der Labour-Fraktion im Parlament, ehemaliger Außenminister und erprobter Berufspolitiker, erklärte anläßlich eines Essens: „Wenn ich den McCarthyismus angreife, so geschieht dies nur, weil ich ein Freund der Vereinigten Staaten bin." Der 'Spectator' bemerkte: „Amerikafreundlich zu sein bedeutet Mc-Carthy-feindlich zu sein."

Diese Ansichten scheinen die meisten Kommentatoren zu teilen. Eine gewisse Furcht machte sich aber auch bemerkbar, daß die Amerikaner nicht verstehen konnten, warum einige Briten einen Vergleich ziehen zwischen den heutigen Ereignissen in Washington und jenen, die sich in Berlin zur Zeit von Hitlers Machtübernahme abspielten. Der Auslandsredakteur Vernon Bartlett schrieb in seinem Nachrichtenbrief: „Zwischen [Präsident] Hindcnburg und Präsident Eisenhower, sowie zwischen ihren beiden Naziführern [Hitler und McCarthy] besteht in mancher Hinsicht eine Ähnlichkeit." „Aber Präsident Eisenhower", fügte Bartlett bei, „kann nicht mit Altersschwäche entschuldigt werden." Er spielte auf eine Ähnlichkeit zwischen Präsident Hindenburgs Machtübergabe an Hitler an und Präsident Hindenburgs Machtübergabe an Hitler an und Präsident Eisenhowers Schwäche, wie es die Briten empfinden, die er gegenüber der Herausforderung McCarthys an die Exekutive an den Tag legte.

Die Kommentare der Londoner 'Times' über die Ereignisse in Washington waren in einem schärferen Ton geschrieben, als dies sonst der Fall ist, wenn sie über das amerikanische politische Leben berichtet. Unter anderem schrieb die Times, sie glaube, daß nur Präsident Eisenhower Senator McCarthy das Handwerk legen könne.
Die in London akkreditierten Diplomaten stimmen darin überein, daß der „McCarthyismus" nicht nur den amerikanischen Einfluß in Europa schwächt, sondern auch der Verwirklichung der vorgesehenen Europäischen Verteidigungsgemeinschaft im Wege steht. Der Gesandte eines Mitgliedstaates der Nordatlantikpakt-0rganisation erklärte, daß sich „die gefährliche Hinauszögerung Frankreichs und Italiens, die Europäische Verteidigungsgemeinschaft, ein Instrument. der Vereinigten Staaten, zu ratifizieren", mit der wachsenden Furcht erklären lasse, daß der Faschismus in Amerika Fuß fassen und die EVG zum Kriege führen konnte.

Die konservative Zeitung 'Spectator' erwähnt in ihrem Leitartikel, betitelt "Wer wird McCarthy das Handwerk legen?", unter anderem die Möglichkeit, von der man sprechen hörte, daß McCarthy Präsident der Vereinigten Staaten werden könnte, und führt dann weiter aus: „Es schadet nichts, diese Möglichkeit zu erwägen, und wenn es auch nur wäre, um die Notwendigkeit hervorzuheben, so etwas zu verunmöglichen."
'New Statesman und Nation', eine linksgerichtete Wochenzeitung, kreidete Präsident Eisenhower seinen „verspäteten und kraftlosen Vorwurf" und seine „Zaghaftigkeit" an. In ihrem Leitartikel „Eisenhowers bedingungslose Übergabe" geht sie weiter als andere Zeitungen in ihren Angriffen auf Präsident Eisenhower, well er „Parteiinteressen über die Volksinteressen stellt". „Wer nun erkennt, daß der McCarthyismus die amerikanische Demokratie und sogar die Exekutive bedroht, muß anderswo als im Weißen Hans einen Fahnenträger suchen", schloß der Artikel.

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Geschrieben von Drahbeck am 15. Juli 2004 07:37:53:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 08. Juli 2004 05:34:54:

In kommentierender Form zitiert der "Wachtturm" vom 15. 7. 1954:
"Wie lange wird der Kampf zwischen Tyrannei und Freiheit noch weitergehen? Als Antwort auf diese Frage erklärte der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Dag Hammarskjold: 'Solange wie Menschen Menschen bleiben.' Warum betrachtet Mr. Hammarskjold diesen Kampf so pessimistisch? Weil gemäß seiner Ansicht 'dieser Kampf sich im Grundsatz nicht zwischen politischen Systemen und Ideologien abspielt, sondern in den Herzen der Menschen und wegen der Herzen, eingeschlossen unser eigenes Herz'. 'Sogar in der begrenzten politischen Bedeutung des Wortes Demokratie', so beobachtete Mr. Hammarskjold weiter, 'sind wir noch weit vom Ziel entfernt.' -
Neuyorker 'Times' vom 14. Februar 1954.

Hier also haben wir die Erklärung, warum heute in Indochina Krieg tobt, wir in Korea in der Sackgasse sind, es die Rassenfrage in Südafrika, gespannte Verhältnisse zwischen Indien und Pakistan, zwischen den arabischen Völkern und Israel gibt. Hier ist die Erklärung für die Verschlimmerung des kalten Krieges zwischen Ost und West mit dem Wettrüsten mit Atom- und Wasserstoffbomben. Die Organisation der Vereinten Nationen mag eine imposante Einrichtung sein, aber was kann man von ihr erwarten, wenn die Materialien, die mit ihr verbunden sind, keine dehnbare Macht besitzen, ihre Herzen nicht vernünftig sind, und wenn keine Bindekraft, keine Uneigennützigkeit und keine Nächstenliebe unter den Menschen besteht?"

Nicht ohne Hintersinn bringt der WT dieses Zitat. Das wird auch in den nachfolgenden Ausführungen deutlich, wenn davon die Rede ist, dass beispielsweise in Nordrhodesien, vormals verfeindete Volksteile, nach Annahme der Zeugen Jehovas-Religion, sich nunmehr in einem Zustand des "Friede Freude Eierkuchen"seins befänden. So dem so ist, wird dagegen nichts einzuwenden sein. Dennoch muss diese Milchmädchenlogik etwas hinterfragt werden. Sie erinnert schon mal (das wissen die Zeugen Jehovas zwar in der Regel nicht, weil die allerwenigsten von ihnen je eine Zeile von Karl Marx gelesen haben - was jetzt nicht das Thema sein soll). Diese WT-Ausführungen erinnern schon mal an die Marx'sche Kritik von Ludwig Feuerbach. Marx warf Feuerbach vor, dass er seine scharfsinnige Religionskritik letztendlich in den Satz "Liebe" kulminieren lässt. "Fallt euch doch gegenseitig in die Arme". Allgemeine Gefühlsduselei, so Marx, sei die Quintessenz, einer solchen Auffassung.
Demgegenüber beton Marx, dass dies letztendlich n i c h t tragfähig sein wird. Er meint betonen zu sollen, dass vorhandene Spannungen nur durch einen Interessenausgleich wirklich abgemildert werden können.

Genau dies aber, akzeptiert die WTG so nicht. Interessenausgleich ist für sie kein Thema. Thema ist für sie nur die Gefühlsduselei "fallt euch doch gegenseitig in die Arme". Dies mag eine begrenzte Zeit wirksam sein, insbesondere dann, wenn es, wie im Falle der Zeugen Jehovas, mit aktiven Endzeit-Naherwartungen vermengt ist. Diese Naherwartungen überlagern dann im Sinn, die wirklichen Probleme. Das "demnächst" das alles "lösen" soll, als vermeintlicher Joker, überschattet alles. Allerspätestens dann, wenn dieses "demnächst" sich als gigantische Selbsttäuschung offenbart hat, wird aber auch deutlich, dass es ohne Interessenausgleich eben keine Lösung gibt.

Das hat übrigens im Privatleben auch schon so mancher Ehescheidungskandidat am eigenen Leibe erfahren. Sollte er (nicht emotional verblendet) in der Lage sein, sein Scheitern im Nachhinein nüchtern zu analysieren, wird er wohl nicht selten zu dem Resultat gelangen. Etwas mehr Rücksichtnahme auf den Partner, hätte vielleicht manch Schlimmeres abgewendet. Auch da mag die Liebe eine gewisse Zeit diese Probleme übertüncht haben. Irgendwann indes kommt der Tag der Ernüchterung. In beiden Fällen!

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Geschrieben von Drahbeck am 22. Juli 2004 04:21:59:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 15. Juli 2004 07:37:53:

Unter der Überschrift "Ausbeutung der psychosomatischen Zusammenhänge" liest man in der "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 7. 1954 (auszugsweise):

DAS Gesundbeten offenbart die Inkonsequenz unsere's 20. Jahrhunderts. Einerseits zweifelt man an den in der Bibel berichteten Wundern und anderseits vermögen die Gesundbeter heute eine Massenhysterie hervorzurufen. Besonders in den Vereinigten Staaten und vor allem in Kalifornien ziehen diese Gesundbeter große Zuhörermengen an mit Bekanntmachungen wie: „Du kannst Zeuge von Gebetserhörungen werden, Zeichen und Wunder sehen! Taube hören wieder. Blinde sehen. Lahme gehen."

In Großbritannien interessierte sich die Bevölkerung so stark für das Gesundbeten, daß die Kirche von England im Oktober 1953 eine aus 23 Mitgliedern, Bischöfen, Ärzten, Psychiatern usw., bestehende Kommission beauftragte, "das Gesundbeten vom theologischen, medizinischen, psychologischen und seelsorgerischen Standpunkt aus zu untersuchen, mit dem Ziel, bis in zwei oder drei Jahren einen Bericht zusammenzustellen, welcher der Kirche ein besseres Verständnis dieser Sache ermöglichen wird". Auch aus anderen Ländern, wie Italien und Deutschland. wird gemeldet, daß Gesundbeter große Beachtung finden.

Vertreter der Christlichen Wissenschaft erklären ebenfalls, daß ihrer Form des Gesundbetens vermehrtes Interesse entgegengebracht werde. Wir dürfen auch die wachsende Zahl von Katholiken nicht vergessen, welche irgendeinen der vielen Wallfahrtsorte aufsuchen. Es sollen rund eine Million jährlich nach Lourdes pilgern, und für das "marianische" Jahr werden noch weit mehr erwartet. Seit dem Jahre 1854, da Lourdes ein Wallfahrtsort wurde, sollen dort 7000 ärztlich verbürgte Heilungen zustande gekommen sein. Auch die beiden Wallfahrtsorte in Kanada, St. Anne de Beaupre und Saint Joseph, beide in der Provinz Quebeck, wetteifern miteinander, wer mehr von Geheilten zurückgelassene Krücken, Schienen und Bruchbänder besitze. Viele andere könnten noch aufgezählt werden. Und kein Geringerer als der Nobelpreisträger Dr. A. Carrell bürgt in seinem Buch 'Journey to Lourdes' (Reise nach Lourdes) für die Echtheit mindestens eines in Lourdes zustande gekommenen Wunders.

Daß es unter den Gesundbetern auch Scharlatane gibt, kann nicht bestritten werden. Im Jahre 1952 verfügte die kubanische Regierung zum Beispiel die Stilllegung der Union-Radiostation für 24 Stunden, weil sie einen Regierungserlaß nicht beachtet hatte, wonach der Gesundbeter Clavelito, der Tausende von Kubanern veranlaßt hatte, ein Glas Wasser auf ihren Empfänger zu stellen, nicht mehr zum Rundfunk zugelassen werden dürfe. "Er behauptete, durch seine Lieder würde das Wasser magnetisch, und wenn die Leute es dann als Arznei tränken, würde es ihnen je nach Wunsch entweder die Gesundheit zurückgeben oder Glück bringen."

Im Sommer 1953 sagte ein gewisser Gesundbeter in Joplin (Missouri), alle Ärzte und Krankenschwestern seien "Werkzeuge des Teufels"; wie es aber mit seinem Glauben bestellt war, zeigt die Tatsache, daß er eine Woche früher seine Frau, als diese niederkam, solchen Teufelswerkzeugen in einem Krankenhaus anvertraute. Im September 1950 stürzte in Amarillo (Texas) ein großes Zelt ein und begrub unter sich die Zuhörerschaft eines Gesundbeters. Es gab sechzig Verletzte, von denen sechzehn, darunter zwei Schwerverletzte, ins Krankenhaus verbracht werden mußten. Welch großartige Gelegenheit ließ sich dieser Gesundbeter entgehen, dessen Zuhörer, anstatt geheilt zu werden, wozu sie ja zu ihm gekommen waren, Verletzungen davontrugen! Man mag sich darüber streiten, welche Rolle Schwindeleien beim Gesundbeten spielen; aber da es erwiesen ist, daß Tausende auf diese Weise Linderung, Besserung oder Heilung finden, kann man diese Sache nicht einfach als Schwindel abtun, und daher erhebt sich die Frage: Wie lassen sich diese Heilungen erklären? Kommen sie durch die Macht Gottes zustande, wie so viele behaupten, oder weil die Krankheit und das Böse verneint wird, wie dies die Christliche Wissenschaft tut, oder gibt es eine andere Erklärung? …

Die psychosomatische Auffassung
Wenn wir das Gesundbeten näher betrachten, zeigt es sich, daß dabei offenbar weitgehend psychosomatische Methoden verwendet werden, um psychosomatische Erscheinungen (so genannt, weil sie die Folge der Zusammenhänge sind zwischen Geist, 'psyche', und Leib, 'soma') zu heilen. Aber das soll nicht heißen, daß alle diese Heilungen an eingebildeten Kranken zustande kommen, wie das allgemein angenommen wird, weil man psychosomatische Krankheiten als eingebildete Krankheiten betrachtet; so einfach ist es nicht. Es mag zum Beispiel vorkommen, daß das Unbewußte jemandem einen Streich spielt.

Die moderne Medizin besitzt pharmazeutisch neutrale Mittel, harmlose Stoffe, wie Zuckerpillen, die Kranken als Arznei gegeben werden, um sie zu befriedigen. Diese Mittel sind so wirkungsvoll, daß Ärzte, wenn sie neue Arzneien ausprobieren, nicht nur zwei Versuchsgruppen heranziehen, von denen die eine das Mittel erhält und die andere nicht, sondern noch eine dritte, die eines dieser Suggestionsmittel bekommt, aber im Glauben gelassen wird, es sei dieses Arzneimittel. Dr. Berglund schreibt in seinem Buch ´'It's Not All in Your Mind' (Es ist nicht nur in deinem Geist): "Es erfordert recht gute Arznei, wenn ihre Wirkung besser sein soll als die der harmlosen Zuckerpillen." So stark ist die Wirkung des Geistes auf den Leib. Wenn der Glaube an eine Pille zur Heilung führen kann, warum nicht auch der Glaube an einen Menschen ?

Unser Geist spielt uns noch Streiche auf andere Arten. Jemand mag seit langem von einem körperlichen Leiden wie Ischias geplagt werden. Nachdem er vergeblich von einem Arzt zum anderen gegangen ist, findet er sich schließlich mit seinem Schicksal ab. Aber manchmal heilt sich der Körper ohne die Hilfe des Arztes. Der Geist und das Nervensystem jedoch mögen sich so an die Krankheitsanzeichen gewöhnt haben, daß sie empfunden werden, selbst wenn die eigentliche Ursache dafür gar nicht mehr vorhanden ist. Es kann auch vorkommen, daß dies der Fall ist wegen der wohltuenden Aufmerksamkeit, des Mitleids und der Hilfe, die einem zuteil werden wegen seines Leidens. Diese könnte man zurückbleibende Symptome nennen, und so etwas kann natürlich jeder Gesundbeter heilen.

Dann weiß man auch, welch große Rolle die Hormone spielen. Durch ein tiefempfundenes Erlebnis, wie eine Wallfahrt oder Teilnahme an der Versammlung eines Gesundbeters, können günstig wirkende Hormone ins Blut gelangen, was zu einer Heilung führen kann.

Von Gelenkrheumatismus verkrüppelte Menschen sind bei drohender Gefahr, wie einer Feuersbrunst, aus dem Bett gesprungen, vermochten sich in Sicherheit zu bringen und blieben auch nachher von ihrer Arthritis geheilt. Natürlich ist dies nicht immer der Fall, aber es werden auch nicht alle Arthritisleidenden gesund, die Wallfahrtsorte oder Gesundbeter aufsuchen.

Die Krankheit mag iatrisch sein
Eine iatrische (iatro = Arzt od. Medizin betr.; ärztlich) Krankheit ist eine durch den Arzt verursachte Krankheit. Eine falsche Diagnose, wie wenn der Arzt dem Patienten sagt, er leide an Herzstörungen, wenn es gar nicht der Fall ist, oder taktlose oder entmutigende Bemerkungen können bewirken, dass der Patient erkrankt oder die Symptome von Herzstörungen verspürt, obschon er gar keine hat. Der Geist übt einen starken Einfluß auf Herz und Magen aus, und die normale Funktion dieser beiden Organe kann schwer gestört werden, wenn man sich ihretwegen Sorgen macht. Eine Untersuchung hat gezeigt, daß 25 % aller Personen, die in New York wegen eines Herzleidens arbeitsunfähig waren, an einer iatrogenischen Herzkrankheit litten. Solche Fälle könnte offensichtlich jeder Gesundbeter heilen.

Auch der umgekehrte Fall ist Wasser auf die Mühle der Gesundbeter. Oft ist das Vertrauen eines Kranken zu seinem Arzt mehr wert als die Arznei, die er ihm gibt. Ohne Zweifel ist viel von Mesmers Erfolgen dieser Tatsache zuzuschreiben. Allerdings wurde er von der aus den berühmtesten Ärzten und Naturforschern Frankreichs bestehenden Kommission als Scharlatan abgelehnt; trotzdem gelangen ihm erstaunliche Heilungen. Aber der Umstand, daß er seine Methode nicht zufriedenstellend erklären konnte, sowie seine Geldgier — ein nicht ganz unbekannter Zug bei vielen orthodoxen Ärzten von heute — wurden ihm zum Verhängnis.

Abgesehen von der Hilfe, die ein Arzt in Form von Rezepten für Arzneien gibt, ein Chiropraktor, indem er verschobene Wirbel zurechtdrückt, oder ein Osteopath, indem er durch seine, Behandlung die Blutzirkulation anregt, oder ein Masseur, indem er einer Person ermöglicht, sich zu entspannen, verdanken diese alle zweifellos viele ihrer Erfolge dem Vertrauen, welches ihnen ihre Patienten entgegenbringen und das sie veranlaßt, die bange Sorge um ihre körperliche Gesundheit auf ihren Arzt abzuladen.

So mag sich der Zustand von Radiohörern, die der Aufforderung des kubanischen Gesundbeters folgten und ein Glas Wasser auf ihren Empfänger stellten, damit er es mit seinen Liedern "magnetisiere", und es dann tranken, tatsächlich gebessert haben, weil sie ihm Vertrauen geschenkt hatten. Ein ähnlicher Fall wurde von der Londoner Zeitung 'News Chronicle' (16. Juli 1952) berichtet. Ein Pfarrer erkundigte sich, ob er fortfahren solle, Kranken Wasser aus dem "Well of Cures" (Heilbrunnen) abzugeben, da eine Untersuchung des Wassers gezeigt habe, daß es sich nicht mehr zum Trinken eigne. Nach einer Legende soll ihm im 10. Jahrhundert durch ein religiöses Ereignis heilkräftige Wirkung verliehen worden sein. Die Leute bestanden aber darauf, daß er ihnen von dem Wasser gebe, und viele behaupteten, wiederholt dadurch geheilt worden zu sein!

Darin mag auch die Erklärung liegen für die Heilerfolge durch Apparate, deren Wirkungsweise wissenschaftlich nicht erklärt werden kann. Phantastische Theorien — jedoch auffallende Ergebnisse. Warum? Wegen des Vertrauens, das der Kranke dem Apparat oder der Person, die ihn bedient, entgegenbringt, und der guten Ratschläge, z.B. über das Befolgen einer Diät. Aber die Preise für solche Apparate, die oft 100 bis 1000 Prozent über den Herstellungskosten liegen, rufen, um das wenigste zu sagen, Verdacht gegen ihre Hersteller wach.

Der Lebenswille
In der Bibel heißt es „Arglistig ist das Herz, mehr als alles, und verderbt ist es; wer mag es kennen?" (Jeremia 17:9) Diese Worte treffen besonders auf das Unbewußte zu. Wir können uns sehr leicht täuschen. Ohne es zu bemerken, werden wir krank; oder sind wir krank, so bleiben wir krank infolge einer ablehnenden Haltung gegenüber dem Leben, weil wir, anstatt uns mit den Problemen auseinanderzusetzen, ihnen ausweichen wollen; ein Ausdruck von Introversion oder Selbstsucht. Aber durch ein aufwühlendes Erlebnis; wie den Besuch einer Versammlung eines Gesundbeters oder eines Wallfahrtsortes oder eine große Liebe oder die plötzliche Bekehrung zu einer neuen Religion, können solche Krankheiten geheilt werden.

Es ist erstaunlich, was der Lebenswille fertigbringt, wozu er den Körper befähigt, wenn Gefahr droht. „Schwerverletzte Menschen haben große körperliche Leistungen vollbracht, stundenlang auf ihrem Posten ausgeharrt oder unter großen Schwierigkeiten ein Flugzeug gelandet und brachen dann zusammen oder starben, sobald ihre Pflicht erfüllt war."

Die religiöse Atmosphäre an Wallfahrtsorten, Versammlungen von Gesundbetern und ähnlichen Orten fördert gewöhnlich eine Heilung. Die guten Grundsätze der Bibel werden hervorgehoben, was eine günstige Wirkung auf den Kranken ausübt, selbst wenn der Gesundbeter dies aus Gewinnsucht tut. Besonders Glaube, Hoffnung und Liebe stärken den Lebenswillen, auch wenn der Geheilte nachher herausfindet, daß sein Glaube unangebracht war und er in seiner Hoffnung betrogen wurde.

Haß, Boshaftigkeit, Bitterkeit und ähnliche selbstische Gemütsregungen haben eine schädigende Wirkung auf den Körper. Anderseits ist Liebe die stärkste Macht in der Welt und der Gesundheit förderlich. In dem Maße daher, in welchem ein Gesundbeter, ein Ausüber der Christlichen Wissenschaft oder der Besuch eines Wallfahrtsortes die selbstlosen Impulse zu wecken vermag, vermögen sie die aufbauenden Kräfte des Körpers zu mobilisieren und eine Genesung zu fördern.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß, obschon es zweifellos viele Scharlatane unter den Gesundbetern gibt und viele "Wunderheilungen" nur vorübergehend sind oder manchmal nur einen Tag dauern, viele Menschen durch Gesundbeter, Ausüber der Christlichen Wissenschaft und an Wallfahrtsorten geheilt werden....
Ferner lassen die finanziellen Entschädigungen, die von diesen Gesundbetern verlangt werden, Bedenken aufsteigen gegen die Behauptung, daß sie dies durch göttliche Kraft tun.

Die einleuchtendste und vernünftigste Erklärung solcher Wunder ist die, daß sie — trotzdem solche Wunder auch durch die Macht der Dämonen zustande kommen können — nichts als Beispiele für die psychosomatischen Zusammenhänge sind und den starken Einfluß zeigen, den der Geist und besonders das Gemüt auf den Leib hat, und dass sie die Wirksamkeit des Unbewußten offenbaren, welches Krankheiten hervorrufen und heilen kann.

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Geschrieben von Drahbeck am 01. August 2004 03:41:33:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 22. Juli 2004 04:21:59:

Das Bibelbuch Daniel, mit einigen darin enthaltenen nebulösen Zahlen, hatte schon immer den Sinn der Endzeitgläubigen beflügelt. Etwa bei der, auch im Bibelbuch Offenbarung vorkommende Zahl 1260.

Schon im Mittelalter hatte der vormalige Zistersiensermönche Joachim von Fiore (in anderer Schreibweise auch Floris) eine Verwendung dafür. Ausgehend davon, dass im Matthäusevangelium Kapitel I, 42 Geschlechter von Abraham bis Jesus aufgezählt werden, berechnet er nun jedes Geschlecht zu 30 Jahren „da Jesus im Alter von 30 Jahren zu predigen begonnen habe." Seiner Theorie gemäß wandte Joachim diese Zählweise auch von Jesu Geburt an, und kam so auf das Jahr 1260. 1260 sollte dann das Zeitalter des „ewigen Evangeliums", das „Zeitalter des Heiligen Geistes" beginnen.

Thomas Newton etwa meinte in seinem 1757 erschienenen Buch "Abhandlungen über die Weissagungen, die merkwürdig erfüllet sind und noch bis auf den heutigen Tag in ihre Erfüllung gehen."
"Von welchem Zeitpunkt eigentlich diese 1260 Tage anfangen, dass ist nicht so leicht auszumachen. Es scheint, sie müssten von der völligen Einrichtung der Macht des Papstes angefangen gezählt werden. … Nun haben wir gesehen, dass die Gewalt des Papstes als eines … weltlichen Fürsten in dem achten Jahrhundert aufgerichtet sei und 1260 Jahre von der Zeit an bringen uns ungefähr 2000 Jahr nach Christi Geburt, oder auf 6000 Jahr nach der Erschaffung der Welt; und es ist eine alte Tradition, sowohl unter Juden als Christen, dass nach sechstausend Jahren der Messias kommen und die Welt erneuern, das Reich der Gottlosen aufhören und die Herrschaft der Heiligen auf Erden anfangen soll."

Mehr zur Neuzeit übergehend hatte die Katholisch-Apostolische Kirche, eine Gruppierung aus der später noch die Neuapostolische Kirche hervorgehen sollte und die ihre "Mutterkirche" dann noch eindeutig überflügelte. Also zu Beginn der Katholisch-apostolischen Kirche begann man seit dem 12. Januar 1832 mit dem ausrufen von neuen "zwölf Apostel für die Endzeit." Man war der Meinung, dass die Wiederkunft Jesu nach 1260 Tagen oder 3 ½ Jahren vom Beginn der Apostelausrufung erfolgen könnte, also am 14. Juli 1835.

Später war Russell etwa der Meinung,
1799 sei eine in der Bibel auf 1260 Jahre befristete Periode päpstlicher Macht und dem anschließenden Beginn der „Zeit des Endes", vollendet gewesen.

Dann kommt bei Daniel noch eine 1290 Periode kombiniert mit einer 1335-Tage-Periode vor:
„Zu jener Zeit nämlich wird Michael auftreten, der große Engelfürst, der deine Volksgenossen beschützt und es wird eine Zeit der Bedrängnis eintreten, wie noch keine dagewesen ist, seit dem es Völker gibt, bis zu jener Zeit; aber dein Volk wird in jener Zeit gerettet werden, nämlich ein jeder, der sich im Buch (des Lebens) aufgezeichnet findet. Und viele von denen, die im Staube der Erde schlafen, werden erwachen, die einen zu ewigem Leben, die anderen zu Schmach und zu ewigem Abscheu. … Du aber Daniel, halte das Gesagte unter Verschluss und versiegle das Buch bis zur Endzeit. Viele werden ausgesondert, gereinigt und geläutert werden, aber die Gottlosen werden gottlos handeln; und kein Gottloser wird Verständnis dafür haben, während die Verständigen es verstehen werden. Und von der Zeit an, wo das tägliche Opfer abgeschafft und der Greuel der Verwüstung aufgestellt wird, sind es 1290 Tage. Wohl dem, der da ausharrt und 1335 Tage erreicht."

Milisch von Kremsier (gest. 1374), der „Vater der böhmischen Reformation", hatte auch dafür eine Verwendung. „Er verfasste im römischen Inquisitionskerker eine Schrift über den Antichrist als Sendschreiben an Papst Urban V. … Grundlage seiner Berechnung war die Bibelstelle Daniel 12:11. Zu den darin erwähnten 1290 Tagen, die er als Jahre zählte, rechnete er 33 Jahre Lebenszeit Jesu und 42 Jahre, die noch bis zur Zerstörung Jerusalems gefehlt haben sollten (1290+75=1365) und kam so auf sein (Endzeit) Datum 1365"

Das alles wurde nun durch die Bibelforscher/Zeugen Jehovas "revolutioniert. So liest man etwa in ihrem Organ "Der Wachtturm" Ausgabe vom 1. 8. 1954; ausgehend von der Prämisse:
"Der Sinn all dieser Zeitspannen und das Verständnis dafür waren verschlossen und versiegelt bis zur 'Zeit des Endes'. Jetzt befinden wir uns gerade in dieser Zeit, und Jehova hat, seiner Verheißung getreu, seine Prophezeiungen erschlossen und klargemacht."

Wie sieht nun im Ergebnis dessen, dieses vermeintliche "neue Licht" aus? Nun so:
Zitat:
"Die 1260-Tage-Periode, die eine zerschmetternde Wirkung auf die Kraft des Volkes Jehovas hatte, fand ihre Erfüllung vom Oktober 1914 bis April 1918."

Ein Moment innehaltend hat man zu konstatieren. Nachdem die Russell'schen Endzeiterwartungen für 1914 sich in ihrer Ursprungsaussage als gescheitert erwiesen und es mit der sie verkündenen Organisation in dieser Zeit bergab ging, sei damit angeblich die 1260-Tage-Periode erfüllt worden.

Weiter geht's im WT mit der Aussage:
"Die 1290-Tage-Periode lief vom Januar 1919 bis September 1922, und die 1335-Tage-Periode dauerte vom September 1922 bis Mai 1926."

Verwundert reibt man sich die Augen und fragt sich, was soll denn da zwischen 1919 bis 1922 so "Weltbewegendes" geschehen sein, als das es schon Jahrhunderte davor im Bibelbuch Daniel "prophezeit" worden ist? Nun offenbar dies. Nach der wie gelesen im April 1918 beendeten Krisenphase waren immer noch einige Anhänger dieser Organisation der von Russell progagierten These, der "Charakterentwicklung" zugetan. Nun aber, setzte der neue Herrscher Rutherford völlig andere Akzente.
Zitat:

"Er gab ihnen Licht, damit sie sahen, dass ihr früherer Gedanke, sich durch sogenannte 'Charakterentwicklung' auf den Himmel vorzubereiten, vollständig falsch war."


Und diese Lehrumstellung habe sich dann in den Jahren von 1919-22 vollzogen, eingerahmt von entsprechenden Kongreßveranstaltungen der WTG-Organisation. Und dies alles hätte nun vorgeblich schon Daniel mit seinen nebulösen Zahlen "prophezeit".

Was aber hat es in dieser Lesart mit der 1335-Tage-Periode auf sich? Dazu meint der WT interpretieren zu können:
"Schritt um Schritt führte Jehova sie weiter durch die Jahre 1922, 1923, 1924 und 1925 hindurch, die im März 1925 mit der Offenbarung der Geburt des Königreiches ihren Höhepunkt hatten."

Wie wurden sie in genannten Jahren geführt? Nun doch ganz offensichtlich im Hinfiebern auf das Jahr 1925. Und nun im März 1925 gab der WT dieser These den endgültigen Laufpass. Dazu veröffentlichte der WT in seiner Ausgabe vom 15. 4. 1925 einen Grundsatzartikel unter der Überschrift "Die Geburt der Nation". Jetzt wurde wieder das 1914-Datum bemüht; ihm aber ein völlig anderer Sinn als zu Russells Zeiten untergeschoben. Angeblich wäre 1914 im Himmel ein imaginäres "Königreich Gottes" errichtet worden. Das aber erkannte man erst im März 1925. Dazu dann noch mit der Brechstange zurechtgebogene alte Danieltexte als "Beleg" anzuführen, ist mehr als gewagt.

Es war nur konsequent, dass seitens der WTG die bisher als Standardwerk gehandelten "Schriftstudien" ab diesem Zeitraum nicht mehr propagiert wurden. In das entstandene Vakuum trat dann eine ganze Serie neuer Rutherford-Bücher, wovon das mit dem Titel "Befreiung" (1926 erschienen) das erste ist. Es atmet schon einen ganz anderen Geist, als zu Russells Zeiten. So "glänzt" es etwa auch durch die darin neu mit abgedruckte "Anklage gegen die Geistlichkeit" aus dem Jahre 1925. Weil die 1925-Erwartungen nicht eintrafen, wurde jetzt offenbar nach dem Motto verfahren. Der Dieb ruft "Haltet den Dieb". Dabei erwiesen sich den diese "Anklagen gegen die Geistlichkeit" als willkommenes Vehikel dafür.

Und sich selbst feiert der WT dabei mit den Worten:
"Diese Erleuchtung machte jene, die zuvor wenigstens bis zu einem gewissen Grade 'Charakterentwickler' mit Abbittermienen gewesen waren, zu glücklichen Kämpfern."

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Geschrieben von Drahbeck am 08. August 2004 04:09:56:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 01. August 2004 03:41:33:

Über das britische Protektorat Njassaland, ab 1907 britische Kolonie Njassaland, ab 1964 als unabhängiges Malawi bekannt, schreibt "Erwachet!" in seiner Ausgabe vom 8. August 1954. Gemäß diesem Bericht lebten in Njassaland zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels 4.000 Weiße und 2.250.000 Bantuneger. Neuere Lexika-Angaben hingegen beziffern die Zahl der Gesamtbevölkerung nach dem Stand von 2003 auf 12 Millionen. Demzufolge hat es dort eine beachtliche Bevölkerungsexplosion gegeben, was auch in der Aussage zum Ausdruck kommt: Malawi sei mit 102 Einwohnern pro Quadratkilometer einer der dichtest besiedelsten Staaten Afrikas.

Was die Zeugen Jehovas dort anbelangt, so rühmt man sich, dass deren Zahl sich seit 1949 nahezu verdoppelt habe. In numerischen Zahlen.
Für 1934 wurde in Njassaland eine Zahl von 251 Verkündigern genannt.
1949 waren es dann 6.833.
Diese Zahl erhöhte sich kontinuierlich bis 1967 auf 17.398.
Dann kamen die politischen Spannungen zur Zeugen Jehovas Religion zum tragen, über die auch Raymond Franz in seinem Buch berichtet. Da es mehrere solcher Spannungswellen gab, gab es in den nachfolgenden Jahren auch ein Auf und Ab in der Zahl der dortigen WTG-Verkündiger. Der absolute Tiefpunkt war wohl im Jahre 1975 erreicht mit nur 160 Verkündigern. Ein Jahr später hatte man sich wieder auf 4.209 Verkündiger aufgerappelt, was aber im Vergleich zu früheren Jahren mehr oder weniger bedeutungslos war.

Ab 1977 ist dann Malawi in den WTG-Jahrbüchern den Verbotsländern pauschal zugeschlagen, was bedeutet, keine Veröffentlichung spezifisch malawischer Zahlen mehr.
Für 1993, nachdem sich die politischen Rahmenbedingungen in Malawi gewandelt hatten, taucht es wieder in den Jahrbuchstatistiken separat auf. Für 1993 werden 26.501 Verkündiger genannt. Diese Zahl steigerte sich dann bis 2003 auf 55.384, was einem Verhältnis von 1 zu 189 zur übrigen Bevölkerung entspreche.

Zur sozialen Situation ist auch die Lexikaangabe beachtlich:
"86 Prozent der Bevölkerung leben auf dem Land. Die Lebenserwartung liegt bei 36,6 Jahren (1998). Es besteht keine allgemeine Schulpflicht. … Der Alphabetisierungsgrad liegt bei 56,4 Prozent." Also auch hier ein Beispiel für die Grundsatzthese. Ein erschreckend niedriges Niveau ist der beste Nährboden für die Zeugen Jehovas.
Bis 1994 war in Malawi das Einparteiensystem dominierend. Das kann man dann - so man mag - auch mit einer Diktatur unter dem Firmenschild "Demokratie" gleichsetzen.

Banda.jpg (9662 Byte)

Der seinerzeitige Staatspräsident Hastings Kamuzu Banda

Wirtschaftlich wird Malawi als eines der ärmsten Länder der Welt bezeichnet. Diese trostlosen Zustände offenbaren sich denn auch in solchen Details wie, dass im gesamten Land fünf Tageszeitungen erscheinen, mit einer Gesamtauflage von nur 25.000 Exemplaren.

Um 1875 wurden dort die ersten christlichen Missionsstationen eröffnet. Auch für die WTG erwies sich schon in der Frühzeit, Njassaland als eines ihrer potentiellen Einflussgebiete. Ein fehlgeschlagener Aufstand in der Zeit des ersten Weltkrieges (1915) unter Führung von John Chilembwe, wird in seinen Wurzeln der Russellbewegung mit angelastet, dergestalt, dass auch von ihm die messianischen Erwartungen der Bibelforscher, als irdische Handlungsanweisung fehlinterpretiert wurden. Insbesondere hatte Chilembwe dafür plädiert, keinen Militärdienst für die britische Regierung zu leisten, was letztere nicht zu "verzeihen" bereit war.

Die hohe Wertschätzung für Chilembwe kommt auch darin zum Ausdruck, dass im heutigen Malawi der 15. Januar gesetzlicher Feiertag ist, als "John-Chilembwe-Tag".

Insbesondere die Kitawala-Bewegung, mit Malawi als einer ihrer Hochburgen bewirkte, dass die frühen Missionsanstrengungen der WTG weitgehend konterkariert blieben. Greschat arbeitet in seiner Kitwalastudie heraus, wie da die WTG-Religion faktisch afrikanisiert wurde. Der für die Zeugen typische Zentralismus, mit der Bindung an Brooklyn, wurde in diesen Kreisen außer Kraft gesetzt. Das wiederum hatte zur Folge, dass es für die Brooklyn verpflichteten Zeugen Jehovas dort, mehr oder weniger erst nach 1945 wieder aufwärts ging.

Weitere Details zu Malawi, insbesondere auch zu den dortigen Konflikten mit der WTG-Religion, kann man auch der "Geschichte der Zeugen Jehovas. Mit Schwerpunkt der deutschen Geschichte" S. 514 - 526 entnehmen.

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Geschrieben von Drahbeck am 15. August 2004 09:14:37:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 08. August 2004 04:09:56:

"Wenn Jehovas das Haus nicht baut, vergeblich bauen daran die Bauleute".
Das war so einer der flotten Sprüche, die den Zeugen Jehovas unmittelbar nach 1945, über die Lippen gingen. Sie hatten noch mehr dieser Art in ihrem Standardrepertoire. Etwa den,
"dass man nicht auf Menschen vertrauen solle"
und anderes mehr. Man muss keineswegs "Sympathie" für die diktatorischen kommunistischen Regime haben. Aber es ist offenkundig, dass sie sich durch solche Thesen besonders herausgefordert fühlten und auch zu entsprechenden Gegenschlägen ausholten. Es war in dieser Konsequenz für die Zeugen ausgemachte Sache, solchen kommunistischen Publicityaktionen, wie deren "Appell zur Ächtung der Atombombe" die Unterschrift zu verweigern. Wie ging das kommunistische Regime dabei vor? Überließ es dem einzelnen ob er denn eine solche Unterschrift leisten wolle oder nicht? Wohl kaum. Da wurden Drückerkolonnen eingesetzt, die die Menschen gar in ihren Wohnungen aufsuchten und zur Unterschrift in die mitgeführten Unterschriftslisten aufforderten. Kamen sie dann an den Türen von Zeugen Jehovas, die das prinzipiell verweigerten, konnte es schon mal äußerst hitzige Dispute geben, nach dem Motto:

"Was, Sie wollen nicht unterschreiben. Also sind Sie für die Atombombe. Also sind Sie dafür, dass die USA deren Einsatz nicht bloß auf Japan beschränken, sondern gar auch in Mitteleuropa einsetzen". Faselte der Zeuge dann gar noch was von Harmagedon, dass kein Mensch verhindern könne, und das ach so nah bevorstehe, war der Eklat so ziemlich komplett.

Die kommunistischen Drückerkolonnen, waren auch in ihrem Machtbereich in der Minderheit. Das wusste das sie einsetzende Regime selbst nur zu genau. Es wusste aber auch, dass es sich auf die Bajonette Moskaus stützen konnte; und deshalb durch Verweigerungen Made in Zeugen Jehovas, nicht aus den Angeln gehoben wird. Formal war dieser Appell zur Ächtung der Atombombe von "neutralen" Organisationen gestartet worden, wenn auch kommunistisch infiltrierter. Wohl kaum ein anderer Bevölkerungsteil in Ostdeutschland, der nicht mit den Kommunisten sympathisierte, hat deshalb ausgerechnet diese Aktion als Fanal zum Widerstehen angesehen. In realistischer Einschätzung, dass gegen die Russen zeitgenössisch nichts wirkungsvolles getan werden könne, es sei denn die Abstimmung mit den Füßen, in Richtung gen Westen. In realistischer Einschätzung der tatsächlichen Machtverhältnisse, hat man es daher in dieser Frage nicht zum Eklat kommen lassen. Eben mit einer Ausnahme, den Zeugen Jehovas.

Verblendet von ihren Endzeitthesen, ist ihnen jegliches politische Gespür abhanden gekommen. Sie ließen es bewusst darauf ankommen, erneut in eine Märtyrersituation sich hineinzumanövrieren. Nicht als Zeichen politischer Klugheit. Sehr wohl aber als Zeichen Weltfremden religiösen Spießertums. Diese religiösen Spinner waren und sind geradezu das ideale Werkzeug für die USA-Falken, um zeitgenössisch dem kommunistischen Regime empfindliche Nadelstiche zu verpassen.
Nur religiöse Spinner sind dazu fähig.

Rutherford wollte zwar noch mitten im zweiten Weltkrieg, mit dem "heiraten bis nach Harmagedon" warten lassen. Nachfolger Knorr, als erste Amtshandlung hingegen, ließ ebenfalls noch im zweiten Weltkrieg verkünden, dieser ende eben nicht in Harmagedon, wie es der senile Rutherford noch kurz zuvor hinausposaunte. 1950 dann das große Kongressspektakel der Zeugen in New York. Und eine seiner Thesen. Nicht mehr Abraham und all die anderen Patriarchen; nein die eigenen Funktionäre, seien nunmehr "Fürsten der neuen Welt". Und dann das hinauszögern des eigentlich noch von Rutherford initiierten Endzeitdatums 1972. Davon wollte Knorr und seine Mannschaft lange Jahre nichts so genaues mehr von wissen. Nebulös die Endzeitnaherwartungen zwar aufrecht erhaltend, jedoch jegliche konkrete Präzisierung vermeidend, bis just zum Jahre 1966/67. Nunmehr erneut "präzisiert" statt 1972 eben 1975. Und wieder wiederholt sich das alte Spiel der Kirchengeschichte. Die das zu wörtlich nahmen, werden aufs Abstellgleis geschoben. Den "Jüngsten Tag" verkünden auch seit Jahrhunderten schon die verweltlichten Großkirchen. Die lassen es aber bewusst im nebulösen bewenden; und auch die Zeugen sind gehalten, sich ihnen in dieser Position anzunähern. Insofern kann man einen strengen Glauben daran, sowohl den Zeugen als auch den Großkirchen absprechen. Das ist alles zur billigen Phrase verkommen. Musste dazu verkommen, dieweil die Wirklichkeit nicht mit ihm übereinstimmt.

Dann noch dies. Sicherlich ist die Erde kein "Paradies". Das können mit Sicherheit besonders jene Afrikaner sagen, die aufgrund der ungerechten wirtschaftlich-gesellschaftlichen Strukturen gerade mal ein Durchschnittsalter von 40 Jahren erreichen können.
Aber auch hierzulande, mit dem erwiesenermaßen höheren Durchschnittsalter, setzt sich zunehmend bei einigen Hartz IV Getroffenen die Erkenntnis durch. Das mit dem "Paradies" gehört wohl inzwischen Grimms Märchenbuch an. Das alles sind Faktoren, die normalerweise zur Politisierung vorher unpolitisierter Kreise beitragen. Denn politisierte Kreise erkennen. Wenn wir uns nicht selbst Hilfe verschaffen. Von einem "Jehova" und seinem vermeintlichen Fußvolk werden wir wohl erst recht keine Hilfe bekommen. Dieser "Jehova", der da in der Lesart seiner Gläubigen schon sechstausend Jahre Tiefschlaf hält, den auch solche "Mücken" wie Auschwitz nicht aus seinem Tiefschlaf aufzuerwecken vermochten. Dieser "Jehova", der in der Lesart seiner Kritiker hingegen nicht bloß "schläft" sondern den der Dauerschlaf des Todes ereilt hat. Denn Gott ist tot wie schon Nietzsche rekapitulierte. Dieser tote Jehova muss also dazu herhalten, den Betroffenen die Politiklosigkeit zu predigen, auf dass ihre Schlächter umso leichteres Handwerk haben.

Und das Alibi für die Ideologie der Politiklosigkeit ist denn der Endzeitglaube, ach so nahe bevorstehend. Und bei näherem Hinsehen von der "Qualität" der Großkirchen. Ein Lippenbekenntnis das man ohnehin nicht ernst nimmt.

Ein Beispiel für die Erziehung zur prinzipiellen Politiklosigkeit kann man auch dem "Wachtturm" vom 15. 8. 1954 entnehmen. Unter der Überschrift "Können Christen die Welt ändern?" konnte man darin unter anderem lesen:

Die meisten Bekenntnischristen sind überzeugt, daß Christi Nachfolger versuchen mußten, diese alte Welt zu ändern. Sie müßten versuchen, ,sie zu einer geeigneten Stätte für Christi Wiederkunft zu machen. Allen Ernstes fühlen sie, daß ihnen die Aufgabe zufällt, die Erfüllung des Gebetes herbeizuführen, wonach Gottes Willen auf Erden getan wird, wie im Himmel. Zu diesem Zweck versuchen sie, Gott und Christus in die weltlichen Regierungen hineinzubringen, Kriege weniger verwüstend und tödlich zu gestalten, oder sie alle zusammen ganz auszuschalten. Außerdem versuchen sie, alle Heiden zur Christenheit zu bekehren.

Jene sind überhaupt nicht ängstlich, was die Größe der Aufgabe betrifft, die vor ihnen liegt. Sie bestehen darauf, ihre Aufgabe sei ein praktischer und realistischer Versuch, die gegenwärtige Schwierigkeit zu beheben. Sie betrachten Jehovas Zeugen, die sich weigern, an solchen Anstrengungen zur Änderung dieser alten Welt einen Anteil zu nehmen, als Feiglinge oder Drückeberger und ihre Tätigkeit als unpraktisch und unrealistisch. …

Aber diese alte Welt zu ändern — an dieser Arbeit werden sich Jehovas Zeugen von heute nicht beteiligen. Warum nicht? Weil ihnen in erster Linie nirgends in der Bibel dazu ein Auftrag erteilt wurde. Beständigkeit und Eifer hilft ihnen nur, wenn ihre Anstrengungen mit Gottes Vorsätzen in Harmonie sind. Nur für eine von Gott gegebene Aufgabe können sie erwarten, daß Gott ihnen die nötige Weisheit gibt, die nötige Kraft und den nötigen Schutz, um ihre Arbeit zu tun. Christen wird aber nicht befohlen, diese Welt zu verbessern, sondern lediglich Jünger aus Menschen aller Nationen zu machen und in der ganzen Welt zum Zwecke eines Zeugnisses zu predigen. …

Zweitens, Jehovas Zeugen versuchen diese Welt nicht zu verändern, weil sie unter der Kontrolle Satans des Teufels ist. Er ist der Gott dieses Systems der Dinge und die Welt liegt in seiner Macht. Sie wissen, daß sie ihn nicht ändern noch ihn aus dieser Kontrollstellung hinauswerfen können. …

Der dritte Grund, weshalb Jehovas Zeugen diese alte Welt nicht zu ändern suchen, besteht darin, daß sie nicht reformiert werden kann. Sie ist mit Korruption durchsetzt ähnlich wie die Welt in Noahs Tagen verderbt war. Sie ist wie ein von Motten angefressenes Gewand, auf das kein neuer Flicken paßt. Sie liebt das Vergnügen mehr als Gott und kann ihre schlechten Gewohnheiten genauso wenig ablegen, wie ein Äthiopier seine Hautfarbe oder ein Leopard seine Flecken ändern kann. Das zu versuchen wäre sehr unpraktisch. …

Da diese alte Welt nicht verbessert werden kann, hat Gott sie zur Vernichtung verurteilt.
Das ist ein vierter Grund, weshalb Christen nicht versuchen sollten, sie zu ändern. Ihre Himmel und Erde sind "aufbewahrt für das Feuer und werden aufbehalten auf den Tag des Gerichts und der Vernichtung der ungöttlichen Menschen". "Denn der Zorn Jehovas ergeht wider alle Nationen, und sein Grimm wider all ihr Heer." …

Der Versuch, diese alten Systeme der Dinge zu ändern oder zu erneuern, würde bedeuten, daß wir glaubten. Gottes Gerichte gegen sie seien nicht gerecht, und wir sollten ihn bewegen, seine Gerichte zu ändern. Solch eine Handlungsweise. wenn sie auch so gut gemeint wäre wie Abrahams Versuch, Gott von der Zerstörung Sodoms und Gomorras abzuhalten, hätte nicht mehr Erfolg als jener Versuch. Aus diesem Grunde wird allen Gerechtigkeitsliebenden, die die Gabe des ewigen Lebens wertschätzen, befohlen, aus dieser alten Welt zu fliehen: "Geht aus ihr hinaus. mein Volk, wenn ihr nicht teilhaben wollt mit ihr an ihren Sünden, und wenn ihr nicht einen Teil ihrer Plagen empfangen wollt." Mit diesem alten System der Dinge auf einer Stufe zu bleiben und seine Bosheit gutzuheißen, bedeutet, die Vernichtung zu verdienen, die seiner wartet. Das wäre ein sehr unrealistischer Versuch.

Laßt uns darüber hinaus folgendes erkennen:' Auch wenn die vielen Anstrengungen gutgesinnter Leute aller Nationen Erfolg hätten und ehrliche Regierungen und Frieden zwischen den Nationen hervorbrächten, so könnten sie dennoch nicht mit den Segnungen verglichen werden, die Gottes Königreich bringen kann und wird. Dieses Königreich versichert nicht nur ewigen Friedcn und das Ende aller Bedrückung, sondern bringt auch tatsächlich das Ende aller Schmerzen, Sorgen, Krankheiten und das Ende des Todes. Es bringt Angehörige aus den Gräbern zurück, und wird schließlich erfolgreich alle diejenigen vereinigen, die in der Anbetung des einen wahren Gottes. Jehovas, leben. Das mit eigenen Anstrengungen zu verwirklichen, geht bestimmt unendlich über die Macht und Weisheit des Menschen hinaus. …

Gott hat Christen nicht geboten, diese alte Welt zu ändern, sondern lediglich, ihr ein Zeugnis zu geben. Wir können sie nicht mehr ändern. als wir den Teufel ändern können. Da die Welt sich aber nicht reformieren kann, hat Gott sie zur Vernichtung verurteilt. Unsere einzige Sicherheit liegt darin, daß wir uns von ihren Plänen getrennt halten und unsere Hoffnung auf Gottes neue Welt der Gerechtigkeit setzen. Diese neue Welt wird weit besser sein als irgend etwas, was der Mensch errichten kann, ähnlich wie die Himmel höher sind als die Erde.

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Geschrieben von Drahbeck am 22. August 2004 04:33:53:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 15. August 2004 09:14:37:

Ein trauriges Thema schneidet "Erwachet!" vom 22. 8. 1954 an. Das Thema Behinderung. Als Beispiel wird unter anderem der USA-Präsident Fränklin D. Roosevelt genannt, der von den Hüften an abwärts gelähmt war. Quintessenz des Artikels, und da ist "Erwachet!" zuzustimmen ist der Rat, sich nicht so sehr mit dem was verloren ist zu befassen; sondern positiv denkend sich auf das zu konzentrieren, was man könne. Dennoch bleibt ein fahler Nachgeschmack zurück, wenn man in "Erwachet!" liest:

"Viele Prediger der Zeugen Jehovas, die an einen Rollstuhl gebunden sind, verrichten Straßendienst oder predigen im Geschäftsviertel ihres Wohnortes. Die Bettlägerigen schreiben Briefe oder benützen das Telefon … Die aber das größte Werk vollbringen, sind jene, die trotz ihrer Behinderung … entweder als Teilzeit- oder Vollzeitprediger" dienen.

Nun soll sicherlich nicht darüber diskutiert werden, was in der konkreten Situation noch eine nützliche Tätigkeit sein kann, und was nicht. Aber eines machen diese von der WTG gewählten Beispiele deutlich. So wie sie ihren Kindern und Jugendlichen schon das Aussenseitertum schmackhaft zu machen sich bemüht, indem auch sie angespornt werden, sich für die WTG zu verausgaben, so auch in diesem Bereich.

Keinerlei Anstrengungen werden seitens der WTG unternommen, in organisierter Form, das Los der Betroffenen etwas zu erleichtern, so denn möglich. Das einzigste, was sie auch nur dieser Gruppe zu sagen hat ist:

Verausgabt euch - für uns!

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Geschrieben von Drahbeck am 01. September 2004 05:01:25:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 22. August 2004 04:33:53:

Mit einem sinnigen Vergleich beginnt die "Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 9. 1954.
Dozierend belehrt der WT:

"In alten Zeiten verdünnten Weinhändler ihren Wein mit Wasser, um größere Gewinne zu erzielen. 'Dein edler Wein [ist] mit Wasser verdünnt', schrieb Jesaja. Die Worte des Propheten passen auf die religiösen Lieferanten der Christenheit, die das Christentum verwässert haben, um noch mehr Menschen zu gefallen und Verdienst zu erstreben. Auch Paulus sagte, dass es ein solch verwässertes Christentum geben werde: 'Sie werden sich Lehrer anhäufen, die ihre Ohren kitzeln.' 'Wir sind keine Verfälscher des Wortes Gottes, wie viele Menschen.' Heute fälschen 'viele Menschen', die bekennen, religiöse Lehrer zu sein, das Wort Gottes, um die Ohren anderer damit zu kitzeln. Das Resultat ist eine Ernte von Christen, die mehr einer Menge Theaterbesucher gleichen als den Aposteln Christi, die 'ein Schauspiel für die Welt' wurden. …

Bekannte Männer haben gelegentlich das jetzige verwässerte Christentum näher beleuchtet. In einer kürzlichen Ausgabe des 'Saturday Review' sprach Albert N. Williams von der Universität in Denver gegen das heutige Christentum. Es 'ist vom Lauf seiner eigenen Geschichte getrennt worden. Nun wird es serviert, indem es ausgenommen, seiner Knochen entledigt, in Stücke geschnitten und gekocht worden ist. Es ist mit Frömmigkeit und Krankhaftigkeit garniert …"
Das alles zitiert der WT mit Bedacht, um sich letztendlich dabei als die davon abgehobene Alternative darzustellen. Verkürzt gesagt will man damit rüberbringen; man orientiere sich am Urchristentum. Dessen Hauptcharakteristikum war ohne Zweifel die Endzeit-Naherwartung.
Wie schon Albert Schweitzer herausgearbeitet hatte, kulminierte der Jesuanische Aussendungsbefehl in der Prognose: Man werde mit den Städten Israels nicht zu Ende kommen, weil schon vorher das Ende einträte (Matthäus 10).

Die zeitgenössischen Narren, die diese These wörtlich nahmen; sind letztendlich gescheitert. Sie, die Judenchristen, wurden im weiteren Verlauf aufs Abstellgleis der Christentumsgeschichte geschoben. Schon Paulus erkannte, mit diesen Narren geht es nicht "aufwärts". Neue, von dieser Tradition unbelastete Kreise müssen hinzugewonnen werden, sollen die sich gebildeten Organisationsstrukturen aufrecht erhalten werden. Und so setzte denn er wie kein zweiter, sich erfolgreich für die Gewinnung von Heidenchristen ein. Schon nach ganz kurzer Zeit waren die Judenchristen in die Ecke der Bedeutungslosigkeit gedrängt worden. Ihr Geistesgut sollte zwar auch späterhin, besonders in den verschiedenen Sektenaufbrüchen sich erneut bemerkbar machen. Allein die entscheidenden Weichen waren gestellt; so wie es der WT durchaus zutreffend formulierte. Das Christentum war zur Theatervorstellung verkommen.

Sieht man sich heutzutage eine örtliche Zeugen Jehovas-Versammlung an. Beobachtet man auch insbesondere die "Ausstaffierung" ihrer mitgebrachten Kinder bei solchen Veranstaltungen. Mädchen in Festkleidern, Knaben mit Schlips und Kragen. dann kann man wohl nicht zu Unrecht von einer neuzeitlichen Form von Theatervorstellungen sprechen. In diesen Kontext passt auch, dass die Zeugen Jehovas Zeitschrift „Erwachet!" (8. 2. 2004) in einem Leserbrief sich wie folgt feiern lässt:
„Vielen Dank für das 'Erwachet!' ... Es enthielt wieder etwas Schönes, worauf ich mich immer besonders freue - das Kreuzworträtsel!"
Mutmaßlich würde sich die gleiche „Erwachet!"-Leserin auch über den Bezug einer regulären Kreuzworträtselzeitschrift freuen (nur als Beispiel gemeint). Insofern reduzieren sich die Unterschiede zwischen den Zeugen Jehovas und den anderen „Theatervorstellungs-Christen" zusehends.
Dieser Umstand veranlasste selbst eine seinerzeitige satirische Webseite zu der sinnigen Frage, woran man denn erkennen könne, dass jemand ein Zeuge Jehovas sei. In der Fülle von Merkmalen, die da genant wurden, fand sich auch die: Das jemand seinen Lebensunterhalt als Fensterputzer verdient. Ansonsten aber stets "hochherrschaftlich" im Anzug gewandet erscheint. Auch typische Merkmale einer Theatervorstellung.

Für viele "Kulturchristen" der heutigen Zeugen Jehovas ist auch ihre Religionsform inzwischen zu nichts anderem als einer permanenten Theatervorstellung verkommen. Diejenigen von ihnen, die Endzeit-Naherwartungen im wirklich existentiellem Sinne noch ernst nehmen, gleichen zunehmend jener Gruppe der Judenchristen. Also einer an die Wand gedrückten Galionsfigur, die nichts wirkliches mehr zu sagen hat.

Verbal werden ihnen zwar Lippenbekenntnisse gezollt. Auch die Heidenchristen kappten nicht die Nabelschnur zu den Judenchristen, sondern sahen sich in derer theoretischen Kontinuität. Allein praktisch will das nicht viel besagen. So, wie die etablierten Christentumsfürsten es nicht eilig genug haben konnten, sich von Kaiser Konstantin korrumpieren zu lassen; so auch die heutigen Zeugen Jehovas-Fürsten, in ihrer Gier den Staat noch mehr und noch besser melken zu können, als KdöR.

Es ist wahrlich eine Theatervorstellung. In jeder Hinsicht!

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Geschrieben von Drahbeck am 08. September 2004 06:36:41:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 01. September 2004 05:01:25:

Das Jehovas Zeugen die Höllenlehre seit jeher ablehnen, ist bekannt. Sehr zum Verdruss einiger anderer Fundamentalisten, welche glauben auf dieses Drohmittel nicht verzichten zu können. In der Praxis ging das manchmal schon so weit, dass die Konkurrenz-Fundamentalisten gar vollmundig glaubten, den Zeugen Jehovas das Christsein generell absprechen zu können; und als Begründung mit "wutgeschwollenem Kamm", dabei auch auf die Ablehnung der Höllenlehre durch die Zeugen Jehovas verweisen. Ein exemplarisches Beispiel dafür kann man auch im Falle des Fritz Schlegel registrieren.

Es ist offensichtlich, dass die Höllenfundis, mit ihren Aversionen zu weit gehen.

Auch die Höllen-Fundis sind heutzutage nicht unbedingt die führende Kraft im öffentlichen Diskurs. Gelegentlich melden sie sich aber doch zu Wort. Über ein solches Beispiel berichtet "Erwachet!" in seiner Ausgabe vom 8. 9. 1954 in dem nachfolgenden Artikel.

Einige Detailsätze aus diesen "Erwachet!"-Ausführungen noch:

HoelleNorwegen.jpg (17336 Byte)
AUF norwegisch heißt Hölle helvete, und über diese, den feurigen Pfuhl der Erweckungsprediger, wogten im vergangenen Jahr die Meinungen in Norwegen hin und her. Gibt es einen solchen Ort oder nicht? Werden dort die Seelen der Verstorbenen gepeinigt oder ist alles eine große Lüge, die schon von den alten ägyptischen Priestern gelehrt wurde und in unserer Zeit von den fanatischen Höllenfeuerpredigern verbreitet wird? Und sollen Höllenfeuerpredigten über den nationalen Rundfunk gesendet werden?

Über diese Fragen haben Geistliche und Laien in der Presse heftig debattiert. Die Ansicht eines Bischofs über die Hölle gab Anlaß zu einer „Untersuchung", die aber mit seiner Rehabilitierung endete. Die Stellung der norwegischen Staatskirche wurde dabei jedoch so stark erschüttert, daß in beiden Lagern der Gedanke geäußert wurde, in Norwegen, wo Kirche und Staat seit 900 Jahren eng verbunden gewesen sind, eine Trennung von Kirche und Staat vorzunehmen.
Die ganze Auseinandersetzung wurde hervorgerufen durch die Worte des 74jährigen Theologieprofessors Öle Hallesby, mit denen er die Radiohörer erschreckte, als er mit harter, unangenehmer Stimme ausrief: „Wie kannst du, Unbekehrter, dich abends wohlgemut ins Bett legen — obschon du nicht weißt, ob du im Bett oder in der Hölle aufwachen wirst?" „Weißt du, daß du, wenn du jetzt tot zu Boden stürztest, direkt in die Hölle fielest?!"

Diese Worte entstammen einer Predigt, die am Sonntag, dem 25. Januar 1953, aus dem großen Saal des Hauses der norwegischen Inneren Mission übertragen wurde. Solche Drohworte hört man natürlich oft in Erweckungsversammlungen, und der orthodoxe Professor Hallesby hat das sein ganzes Leben lang gepredigt; aber daß diese gruseligen Drohungen über den Rundfunk gesendet wurden, war etwas Neues. Norwegen war empört.

Und im Laufe der darauffolgenden Tage und Wochen gaben die Norweger, diesem Gefühl auch Ausdruck. Die Zeitungen wurden überschwemmt von scharfen Protestbriefen. Aus dem Buch eines Psychiaters über Geisteskrankheiten wurde folgendes angeführt : „Höllenfeuerprediger . . . sind Psychopathen. Der Höllenfeuerprediger ist ein Sadist." Der Dekan der Osloer Kathedrale, J. 0. Dietrichson, sagte zu einem Vertreter der antiklerikalen Osloer Zeitung 'Dagbladet':
„Die Aufklärung hat bewirkt, daß wir heute den Glauben an eine grobsinnliche Hölle mit ewiger Qual nicht mehr predigen können."
Die Vorstellung von der Hölle hat offenbar im Sinn einiger liberaler Geistlicher eine Veränderung durchgemacht!

In seinem Überblick über die Entwicklung der Vorstellung von der Hölle berichtet der Ägyptologe Peter Bendow über eine andere Änderung, die in der fernen Vergangenheit vor sich ging. In der alten ägyptischen Religion kannte man anfänglich einen Ort der Qual für die Toten nicht, aber später führten die Priester den Glauben an einen solchen ein. Warum? Damit sie die Menschen veranlassen konnten, ihnen aus Furcht vor diesem qualvollen Ort Schenkungen zu machen!

Darauf erregte Bischof Schjelderup von Hamar großes Aufsehen, als er sechs Tage nach Professor Hallesbys Predigt über die Hölle in einem Zeitungsartikel schrieb, die Lehre von der Hölle sei höchst problematisch:
„Die biblische Grundlage dieser Lehre ist sehr umstritten, und sie ist weder jüdischen noch christlichen Ursprungs … sie tritt erst im späteren Judaismus auf, vielleicht wurde sie von den Persern übernommen. .. Jesus mag ab und zu den Ausdruck ,Gehenna' verwendet haben, um zu zeigen, wie kostbar das Leben ist, und daß die Möglichkeit einer ewigen Vernichtung bestehe. . . Aber Jesus meinte bestimmt damit nie einen Ort ewiger Qual. . . Ich bin der Meinung, die Lehre von einer ewigen Strafe in der Hölle sei unvereinbar mit der Religion der Liebe."

Dies kam tatsächlich einer Kriegserklärung an die mächtige Gesellschaft für Innere Mission gleich, deren Präsident Professor Hallesby war. Und die Leiter der orthodoxen Inneren Mission nahmen den Fehdehandschuh zuversichtlich auf. Sie hatten schon früher über liberale Geistliche den Sieg davongetragen, und nun hofften sie wieder einen zu erringen.

Wie gewohnt eröffneten sie den Kampf, indem sie ihre zahlreichen Mitglieder in der Diözese von Bischof Schjelderup aufforderten, sich vom Bischof abzuwenden. Gleichzeitig schrieb Professor Hallesby in 'Aftenposten':
„Als persönlicher Freund von Bischof Schjelderup fällt es mir schwer, dieses zu schreiben… in den vergangenen 150 Jahren hat kein norwegischer Bischof öffentlich das Glaubensbekenntnis der Kirche angetastet."

Darauf veröffentlichte einer seiner treuen Schüler, der Rektor der Bibelschule der Inneren Mission, in der religiösen Tageszeitung 'Vart Land' folgende Erklärung: „Er [Schjelderup] hat der bekennenden Kirche den Rücken gewandt."

Mit anderen Worten, man war der Meinung, Bischof Schjelderup sollte aus der Kirche ausgeschlossen werden. Daher fragte der Bischof beim Departement für Kirche und Erziehung schriftlich an, ob ein Bischof der Staatskirche verpflichtet sei, die Lehre von der Feuerhölle zu predigen.

Warum schrieb er an das Departement? Warum wandte er sich an die politische Behörde, um von ihr eine Entscheidung über eine religiöse Frage zu erhalten? Weil die norwegische Kirche eine Staatskirche ist, deren Haupt der König ist. Und in dieser konstitutionellen Monarchie bedeutet der König die Regierung, was wiederum soviel heißt wie das Departement. So kam es, daß ausgerechnet die höchsten Beamten der Arbeiterregierung entscheiden mußten, was als reine, unverfälschte Lehre über die Hölle gepredigt werden sollte.

Die antiklerikalen Zeitungen verlangten, daß sie nicht mehr gelehrt werden sollte. Es sei eine Schande für eine zivilisierte Nation, an solchen Unsinn zu glauben, schrieben sie. Und ob nicht der König, das heißt, die Regierung, das Haupt der Kirche sei? Warum man nicht diese Macht jetzt ausnützen, die Lehre der Kirche abändern und den Bischof rehabilitieren wolle? Frede Castberg, Professor der Rechte, verfaßte eine hervorragende Abhandlung, in welcher er darlegte, dass der Staat das Recht besetze, Lehren und Riten der Kirche jederzeit abzuändern. Die antiklerikale Zeitung 'Dagbladet' unterstützte ihn und schrieb ärgerlich, ob die Innere Mission meine, der Staat sei nur gut genug, um für die Ausgaben der Kirche aufzukommen, habe aber sonst nichts zu sagen! Darauf ersuchte die Regierung die anderen Bischöfe sowie die beiden Theologie-Seminarien des Landes um ihre Meinung.

Am 19. Februar 1954 wurde das Ergebnis dieser Umfrage über die Höllenlehre veröffentlicht. Die beiden Theologie-Seminarien vertraten ganz gegenteilige Ansichten, was ja auch zu erwarten war, denn an einem hatte Professor Hallesby dreißig Jahre lang gelehrt, und im anderen war Bischof Schjelderup ausgebildet worden. Von den Bischöfen vertrat nur einer die Auffassung, Schjelderup habe seinen Amtseid gebrochen und gegen das Glaubensbekenntnis gelehrt. Ergebnis : Der Bischof wurde rehabilitiert. So lautete der Entscheid des Staates. Man räumte jedoch mit der Lehre von der Hölle nicht auf, sondern „verwässerte" sie nur, so daß man glauben kann, was man will.

Professor Hallesby konnte über seinen Gegner also nicht triumphieren, sondern geriet selbst durch eine merkwürdige Verkettung von Umständen in arge Bedrängnis. Durch sein Verhalten hatte er die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich gelenkt. Die Zeitungsreporter waren ihm immer auf den Fersen. Als er zum Beispiel während einer Predigt in der Kirche eines kleinen Fischerdorfes an der Westküste Norwegens gegen den Friedhof wies und erklärte: „Dort liegen 10000 Menschen, die zur Hölle hinabgefahren sind!", wurde dies pflichtgetreu in den Zeitungen veröffentlicht.

Die Öffentlichkeit war empört.
Dann begann sich die Osloer Zeitung 'Verdens Gang' für seine finanziellen Verhältnisse zu interessieren. Am 7. Oktober 1953 konnte man auf ihrer ersten Seite die aufsehenerregende Schlagzeile lesen: „Hallesby der Steuerhinterziehung überführt." Zuerst versuchte der Professor, seine ungenauen Angaben in der Steuererklärung als Kleinigkeiten abzutun, aber die in den folgenden Ausgaben der Zeitung 'Verdens Gang' veröffentlichten Artikel zeigten, daß er der Steuerbehörde zehn Jahre lang unrichtige Angaben gemacht und 11 724 norwegische Kronen mehr abgezogen hatte, als er abzuziehen berechtigt war. Am 12. November 1953 trat Professor Hallesby „freiwillig" als Präsident der Gesellschaft für die Innere Mission zurück. Der Kampf war zu Ende. Er war der Verlierer.

Dies erregte in Skandinavien ungeheures Aufsehen. Besonders entsetzt waren die vielen Tausende von religiösen Menschen in Norwegen, die diesen Mann als ihren geistigen Führer betrachteten, ähnlich wie die Katholiken den Papst.
Noch etwas über die Hölle
Die meisten Norweger glauben nicht mehr daran. „Die Hölle ist hier auf Erden", hört man die Leute sagen, und sie haben nicht ganz unrecht. …

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Geschrieben von Drahbeck am 15. September 2004 07:09:12:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 08. September 2004 06:36:41:

"Vegetarier mögen zur Stützung ihrer Ansicht auf Ovid, Sokrates, Plato, Plutarch. Pythagoras, Aristoteles und viele andere hinweisen, aber sie können keine Stütze aus der Schrift anführen, denn gemäß allen Zeugnissen der Bibel dürfen Christen Fleisch essen."

Mit diesem Kernsatz endet ein einschlägiger Artikel im "Wachtturm" vom 15. 9. 1954. Einleitend wird in ihm auch erwähnt, dass es religiöse Gruppen gebe, etwa die Siebenten-Tags-Adventisten, welche den Vegetarismus religiös überhöhen. Ihnen erteilt der WT wie gelesen, eine Absage. Da man vielfach in religiösen Kreisen die Geschichte mit Adam und Eva beginnen lässt, meint der WT weiter zu wissen, dass Adam und Eva gleich zu Anfang eine Decke aus Tierfellen von Gott bekommen hätten. Aber Fleisch hätten sie wohl noch nicht gegessen, nach WT-Interpretation. Das sei dann erst "nach der Sintflut" Usus geworden.

Mit solchen Details wie, das wilde Tiere andere Tiere töten und fressen, bekanntes Beispiel der Löwe, hält sich der WT lieber nicht auf. Was mag der Löwe da wohl vor der "Sintflut" als Nahrung zu sich genommen haben? Rätselfragen, denen der WT lieber aus dem Wege geht. Hat er schon vorher Tiere als eigene Nahrung getötet? Wenn ja, weshalb überlebten dann Adam und Eva und Nachkommen auf so wunderbare Weise. Schießgewehre um sich hungrigen Löwen oder ähnliches gegenüber zu verteidigen, werden sie doch wohl noch nicht gehabt haben.

Oder waren diese wilden Tiere auch allesamt Vegetarier? Wie dann ihre Verwandlung nach der Flut? Haben sie den "Archenkoller" nicht heil überstanden, dass es ihnen somit "aufs Gemüt" geschlagen ist?

Wie immer man zur Frage Vegetarismus auch steht. Auch ein Hitler war bekanntlich Vegetarier. Wie man die Frage bewertet, ob eine vollwertige Ernährung ohne Fleisch möglich oder nicht möglich sei. Eines ist wohl klar. Der Illusion einer "heilen Welt" ist das wohl nicht sonderlich förderlich!

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Geschrieben von Drahbeck am 22. September 2004 06:33:11:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 15. September 2004 07:09:12:

Einer der bekannten Streitpunkte der Zeugen Jehovas mit der religiösen Konkurrenz ist die Frage: "Hing Jesus an einem Stamm oder Kreuz?" Genau dieser Frage widmet sich ein Artikel in der "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 9. 1954.
In der diesbezüglichen WTG-Argumentation liest man unter anderem:

"Es ist allgemein bekannt, daß die Bibel nicht in Deutsch verfaßt wurde. Um die Frage zu entscheiden, ob Christus an einem Kreuze oder Stamm hing, muß man nachsehen, welche Wörter in der hebräischen und griechischen Sprache dafür verwendet wurden, in denen die Bibel ursprünglich geschrieben wurde. "

Die WTG zitiert dann weiter:
"Die Zeitschrift 'Catholic Digest' brachte auf Seite 108 der Ausgabe vom Mai 1948 folgende Ausführungen:
'Das Kreuz war lange vor der Geburt Christi ein religiöses Symbol. Wo die alte Stadt Troja gestanden hatte, wurden jüngst mit Kreuzen geschmückte Tonscheiben ausgegraben. Zwei ähnliche Gegenstände fand man in Herkulaneum. Die Azteken Altmexikos gravierten das Kreuz auf Amulette, Töpferwaren und Tempelmauern ein. Zahlreiche Funde beweisen, dass auch die nordamerikanischen Indianer das Kreuz verwendeten. Die tibetanischen Buddhisten erblicken im Kreuz ein Kennzeichen der Fußspur Buddhas. Die Mongolen zeichnen ein Kreuz auf Papier und legen es auf die Brust ihrer Toten. Ägyptische Inschriften enthalten oft das Tau (T)-Kreuz. Und der Pillendreher galt als heilig, weil er Zeichnungen auf seinem Hinterleib und Brustkorb ein T bilden. Indische Fakire, die tage- und nächtelang in einer buddhagleichen Haltung zu sitzen pflegten, verwendeten ein Kreuz von dieser Form zur Unterstützung der Arme. Die Crux ansata (das Henkelkreuz) hat eine Schleife, die als Henkel dient. Für die Ägypter war dieses Kreuz ein Symbol des Lebens und in ihrer Zeichensprache bedeutete es 'leben'".

Im weiteren Verlauf bezeichnet "Erwachet!" die Vokabel "Kreuz" in etlichen Bibelübersetzungen als "eine Fehlübersetzung".
"Darüber heißt es im Anhang der (engl.) 'Neuen-Welt-Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften', Seite 768-771, im Kommentar zu Matthäus 10:38, wo das griechische Wort 'stau ros' zum erstenmal erscheint, das in den meisten Bibeln mit 'Kreuz' übersetzt wird folgendes:
'Dies ist der Ausdruck, der in Verbindung mit der Hinrichtung Jesu auf Golgatha gebraucht wird. Es liegen keine Anzeichenbeweise vor, dass das griechische Wort 'stau ros' hier ein 'Kreuz' bedeute, wie es die Heiden als religiöses Symbol viele Jahrhunderte lang vor Christus gebrauchten, um den Sonnengott zu bezeichnen.
Im klassischen Griechisch bedeutete das Wort 'stau ros' lediglich einen aufrechten Stamm, einen Pfahl oder Pfosten, wie er für ein Fundament gebraucht wird. Das Verb 'stau ro'o' bedeutete ,mit Pfählen umgeben', um ein Staket oder eine Palisade zu machen, und dieses Verb wurde gebraucht, als die Pöbelrotte schrie, Jesus möchte angepfählt werden . . . Die inspirierten Schreiber der Christlichen Griechischen Schriften schrieben in dem allgemeinen Griechisch ('koine') und gebrauchten das Wort 'stau ros', um dasselbe zu bezeichnen wie im klassischen Griechisch, nämlich einen einfachen Stamm oder Pfahl ohne irgend welchen Querbalken. Für das Gegenteil liegt kein Beweis vor. Die Apostel Petrus und Paulus gebrauchten ferner das Wort 'xy'lon', um auf das Marterwerkzeug hinzuweisen, an das Jesus genagelt wurde, und dies stützt den Gedanken, daß es ein aufrechter Stamm ohne Querbalken gewesen war, denn dies ist die Bedeutung von 'xy'lon' in diesem besonderen Sinne. (Apostelgeschichte 5:30; 10:39; 13:29; Galater 3:13; l. Petrus 2:24)
Im Text von Esra 6:11 der griechischen Septuaginta (1. Esdras 6:31) finden wir das Wort 'xy'lon', und zwar im Sinne eines Balkens, an den der Gesetzesübertreter gehängt werden mußte, gleichwie in Lukas 23:39; Apostelgeschichte 5: 30;
10:39."

„Die Tatsache, daß 'stau ros' in den lateinischen Versionen mit 'crux' übersetzt wird, liefert keinen Beweis gegen diese Auffassung. Irgendein maßgebendes lateinisches Wörterbuch wird den Forscher in Kenntnis setzen, daß die Grundbedeutung von 'crux' ein ,Stamm, Gestell oder ein anderes hölzernes Werkzeug zur Hinrichtung' ist, an das Verbrecher angepfählt oder gehängt wurden. (Lewis-Short, engl.) Kreuz ist lediglich eine später aufgekommene Bedeutung des Wortes 'crux'.Selbst in den Schriften des Livius, eines römischen Geschichtsschreibers aus dem ersten Jahrhundert v. Chr., bedeutet 'crux' lediglich einen Stamm …

Statt den Marterpfahl, an den Jesus geschlagen wurde, als eine zu verehrende Reliquie zu betrachten, hielten ihn die jüdischen Christen wie Simon Petrus für etwas Abscheuliches. In Galater 3:13 zitiert der Apostel Paulus 5. Mose 21:22, 23, wo wir lesen: ,Und wenn an einem Manne eine todeswürdige Sünde ist, und er wird getötet, und du hängst ihn an ein Holz, so soll sein Leichnam nicht über Nacht an dem Holze bleiben, sondern du sollst ihn jedenfalls an demselben Tage begraben; denn ein Fluch Gottes ist ein Gehängter.' Folglich betrachteten die jüdischen Christen den Stamm, an dem Jesus hingerichtet worden war, als etwas Verfluchtes und Hassenswertes. [Der berühmte jüdische Fachkenner Moses Maimonides aus dem 12. Jahrhundert schrieb, daß ein Baum immer umgehauen worden sei, bevor man das Opfer daran hängte, und nach der Hinrichtung sei der Baum vergraben worden, damit die Leute nicht sagten: "Dies ist das Holz, an dem der und der gehängt wurde."] Kalinski sagt in 'Vaticinia Observationibus Illustrata', Seite 342: 'Wenn also das Aufhängen eines Menschen als der größte Greuel betrachtet wurde, so haßten die Juden das Holz, an dem er gehangen hatte, auch mehr als alles andere, so daß sie es als etwas gleich Abscheuliches ebenfalls mit Erde zudeckten.'

Im Buche 'Das Kreuz und die Kreuzigung' von Hermann Fulda, Breslau, Deutschland, 1878, heißt es: 'Bäume gab es aber nicht überall auf den zu öffentlicher Hinrichtung ausgewählten Plätzen. Man grub dann einen einfachen Balken, wie er gerade zu finden war, in den Boden. An diesen wurden die Geächteten mit aufwärts gereckten Händen und häufig auch mit den Füßen angebunden, oder angenagelt ... Dieses einfache Kreuz ist das älteste, von Menschenhand aufgerichtete Instrument zur Kreuzes-Strafe gewesen; und es hat sich, eben seiner Einfachheit wegen, in dieser Form neben seinen etwas künstlicheren Doppelgängern auch bis zu Ende erhalten.' Nach Unterbreitung vieler Beweise folgert Fulda: 'Jesus starb am einfachen Todespfahl: Dafür sprechen a) die damaligen im Morgenland üblichen Gebräuche dieser Hinrichtung, b) indirekt die Leidensgeschichte Jesu selbst und c) viele Äußerungen der früheren Kirchenväter.' — Seite 107 Paragraph 156, und Seite 217, Paragraph 339. Der Beweis fehlt daher vollständig, daß Jesus Christus an zwei Stücken Holz, die in rechtem Winkel zueinander standen, gekreuzigt worden ist...."

Um noch eine Gegenargumentation zum Thema zu zitieren, sei noch zitiert was die CV 120 einmal dazu glaubte sagen zu können:

Warum hat der WT den Kreuzesglauben zerstört?
Jeder Zeuge Jehovas und jeder, der mit ihnen zu tun hatte, weiß, daß sie sich sehr stark gegen andere Christen und ihre Kirchen wenden. Ohne Zweifel gibt es vieles dort zu verurteilen, in Vergangenheit und Gegenwart. Aber dem WT, der die Zeugen leitet und anleitet, geht es ja gar nicht um Kritik. Sie wollen in erster Linie Menschen für ihre Organisation gewinnen. Und das kann man ja nur, indem man ihre gleiche Lebensauffassung, Weltanschauung bzw. Glauben erschüttert, einfacher ausgedrückt „mies macht". Hier geht man unter WT-Leitung, wenn man ehrlich ist, nicht gerade taktvoll, tolerant und demütig vor. Wievielen aufrichtigen anderen christlichen Menschen wurde ihr Glaube einfach in den Schmutz gezogen. Die Wachtturm-Literatur wimmelt ja geradezu von unanständigen Wörtern gegen andere Christen und Kirchen, obwohl doch der Einzelne gar nichts mit den alten Fehlern der Institution gemein hat.
So wundert es einen eigentlich auch gar nicht, daß man sich ganz besonders das allgemeine Zeichen der Christenheit und Kirchen, das Kreuz, als Angriffsobjekt ausgewählt hat. Den Glauben kann man ja schon erschüttern, indem man das uralte Zeichen des Christentums verunglimpft. Wie macht man das?
Kreuz oder Pfahl? -
Man macht das ganz einfach. Man behauptet, Jesus sei gar nicht an einem Kreuz gestorben, und führt als Beweis zunächst richtig an, daß das ursprüngliche, griechische Wort für Kreuz, stauros, in Wirklichkeit Pfahl bedeutet. Dann sagt man, falls Jesus doch an einem Kreuz gestorben sein sollte (so recht glaubt man es wohl selbst nicht mit dem Pfahl), sei es ganz unwürdig, das Marterwerkzeug Jesu zu verehren. Und schließlich behauptet man noch, das Kreuz sei eigentlich ein heidnisches Symbol. Zum Beweis ließen sie sogar eine Dia-Reihe mit heidnischen Kreuzesabbildungen umgehen.
Nun, wie ist das nun wirklich mit dem Kreuz? Man muß diese Frage ernst nehmen, denn welche Bedeutung dies für viele Mensch hat, ist ja einleitend erwähnt worden.
Es ist schon richtig, allem auf den Grund zu gehen. Das Jesus am Kreuz gestorben ist, ist eine allgemeine Tatsache, die jeder Schuljunge kennt. Was ist jedoch der sachliche Befund in dieser Angelegenheit?
Die Hinrichtungsart der Kreuzigung wurde von den Persern erfunden. Die Römer übernahmen sie wahrscheinlich von den Karthagern. Sie galt als schimpflich, entehrend und besonders qualvoll. Deshalb wurde sie nicht an römischen Bürgern vollzogen. In den Provinzen aber wurde sie von den Römern oft an Kriminellen und Rebellen gebraucht, um so als abschreckendes Beispiel die Bevölkerung in Unterdrückung und Gehorsam zu halten.
Es gab tatsächlich in historisch noch früherer Zeit eine römische Art der Hinrichtung, bei der der Verurteilte an einen Stamm gebunden wurde. Diese Art des Strafvollzuges wurde zu Jesu Zeiten nachweislich schon lange nicht mehr praktiziert. Vielmehr ist es erwiesen, daß das übliche Todesurteil für den Nichtrömer lautete: „Ibis ad crucem", Du wirst das Kreuz besteigen. Tausende von Prozeßakten auf Papyros geschrieben, die man gefunden hat, bestätigen dies.
Da Jesus von den Römern und nicht mal von vielen Juden als der besondere Messias erkannt wurde, starb er folgerichtig den damals üblichen Tod für Nichtrömer - nämlich am Kreuz. Das griechische Originalwort für Kreuz, stauros, bestätigt dies eigentlich. Was für uns heute als Widerspruch erscheint, Pfahl-Kreuz, war für die Menschen der damaligen Zeit kein Widerspruch. Wir haben nie einer Kreuzigung zugesehen. Wohl aber hatten die Schreiber der Evangelien dazu oft die traurige Gelegenheit. Man verfuhr folgendermaßen. Zunächst wurde ein Pfahl in den Boden gerammt, nämlich dieser stauros. Den fehlenden Querbalken mußte der Verurteilte selbst herantragen. Dies bestätigt ja auch die Bibel in Matth. 27:31, Markus 15:21, Lukas 24:26, Joh. 19:16, wo es heißt, daß Jesus ebenfalls ein stauros trug, und zu schwach war, um ihn bis zur Hinrichtungsstätte zu tragen, so daß es ein anderer tun mußte. Ein indirekter biblischer Beweis für eine vollzogene Kreuzigung an Jesus. Das Wort stauros, eingerammter Pfahl, bedeutete also Kreuzigung, da der Grundpfahl schon da war, und nur noch der Verurteilte mit dem Querbalken fehlte.
Zur Begriffsbedeutung von stauros
Die Bedeutung von stauros als Kreuz bestätigt auch die biblische Worterklärung (Exegese). Wenn nämlich stauros wirklich bloß Pfahl bedeutete, wie der WT sagt, dann müßte ja überall, wo in der Bibel von einem Pfahl gesprochen wird, das Wort stauros auftauchen. Dem ist aber nicht so. Die Juden kannten die Hinrichtung der Kreuzigung ursprünglich nicht. Der erste, der das in Palästina tat, war der Makkabäer bzw. Hasmonäerkönig Alexander Januus (103-67 v. u. Zt), der 800 seiner Feinde ans Kreuz schlagen ließ. Die Juden kannten aber den Brauch des Aufhängens eines Gesteinigten an einem Pfahl oder Holz. In 5. Mose 21:22 heißt es: „Verflucht sei, wer an einem Pfahl hängt". Hier müßte also, wenn stauros wirklich einfach nur Pfahl bedeutet, dieses Wort stauros wieder auftauchen. In der Septuaginta aber ist es übersetzt mit chilon (Holz, Pfahl, Stange). Dasselbe Wort finden wir im Neuen Testament in Apg. 5:30, Gal. 3:13, 1 Petr. 2:24 Immer wieder treffen wir auf das Wort chilon. Nur wo es sich ganz unmißverständlich um die Tatsache der Kreuzigung und des Kreuzes handelt, steht stauros (Matth. 27:32, Phil. 2:8, Kol. 1:20, Hebr. 12:2). Im Wörterbuch zum Neuen Testament von Walter Bauer, Ausgabe 1971, New York, dem wichtigsten Standardwerk dieser Art, heißt es unter stauros: aufrechtstehender Pfahl, an dessen oberem Ende ein Querbalken befestigt wurde.

Wie bei etlichen anderen Distanzierungsthesen der Zeugen Jehovas gegenüber der religiösen Konkurrenz, kann man die Kreuz-Ablehnung auch schon in dem Hislop-Buch „Von Babylon nach Rom" nachweisen. Man kann das diesbezügliche Hislop-Kapitel vergleichen unter
www.eisbaerle.de/buch24.htm
Unter zu Hislop allgemein:

Parsimony.6579

Noch in dem 1928 erschienenen Rutherford-Buch „Schöpfung" geht die WTG offenbar von einer Kreuzigung aus, wie das ihre darin enthaltenen Bildbeilagen auch verdeutlichen.

Kreuzigung.JPG (28788 Byte)

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Geschrieben von Drahbeck am 01. Oktober 2004 01:38:40:

Als Antwort auf: geschrieben von Drahbeck am 22. September 2004 06:33:11:

In der Rubrik "Fragen von Lesern" des "Wachtturms" vom 1. 10. 1954 zeigt die WTG wieder mal ihre wahre Fratze. Die abgedruckte Frage lautet:
"Die Wachtturm-Gesellschaft sagt, man solle Kinder mit in die Zusammenkünfte nehmen. Was aber tut man, wenn sie zu klein sind, um zu verstehen? Wie verhält man sich, wenn jene Kinder, die alt genug sind, nicht mitgehen wollen?"

In ihrer Antwort macht die WTG deutlich, dass sie kein Pardon, kein wenn und aber in dieser Frage zu tolerieren gewillt ist. Die Frage kleiner Kinder, die das dargebotene noch nicht verstehen, beantwortet sie dahingehend: Die Eltern könnten das ja im Nachhinein ihren Kindern noch erklären. Damit ist für sie der Fall "abgehakt".

Ihre Grundsatzposition kommt auch in der Aussage zum Vorschein:
"Solange Kinder im Elternhaus und unter elterlicher Aufsicht sind, sollten sie dem Familienoberhaupt gehorchen. Kinder müssen lernen, dass es nicht immer nach ihrem Kopfe gehen kann, sondern dass sie ein Haupt über sich haben, genauso wie dies bei der Frau, dem Mann, der Kirche und dem Christus der Fall ist."

Man kann diese geschraubte Redeweise auch kürzer fassen: Es wird bestimmt - basta.
Und an die Adresse der "unsicheren Kantonisten" äußert der WT dann noch:

"Einige Eltern, die in der Wahrheit sind, verfallen in den Fehler, eine weltliche Einstellung über den Besuch der Zusammenkünfte einzunehmen. Sie entschuldigen es, wenn ein Kind nicht in den Königreichssaal gehen möchte, besonders wenn es noch klein ist. Oder sie lassen es als Entschuldigung gelten, indem sie sagen, es habe nichts von einer Zusammenkunft, wenn es zum Besuch gezwungen wird, oder es störe nur."

Sinnigerweise bringt der WT dann noch den Vergleich mit dem Schulbesuch, der ja für Kinder auch ein obligates muss sei. Damit ist für die WTG der Fall ausgestanden.
Eines indes sucht man in dieser Antwort vergebens. Ratschläge zum Beispiel in der Richtung, wie Kinder der Besuch solcher Zusammenkünfte attraktiver gemacht werden könnte. Oder auch: alternativ speziell auf Kinder und ihre Bedürfnisse ausgerichtete Veranstaltungsformen. Da herrscht bei der WTG das große Schweigen; denn Angebote in dieser Richtung hat sie ja nicht! Und das sagt dann ja wohl alles aus!

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Geschrieben von Drahbeck am 08. Oktober 2004 06:12:58:

Als Antwort auf:  geschrieben von Drahbeck am 01. Oktober 2004 01:38:40:

Ein Schlaglicht des zeitgenössischen politischen Klimas in den USA kann man auch in der "Erwachet!"-Ausgabe vom 8. 10. 1954 wahrnehmen. Dabei muss man wissen, dass es noch gar nicht solange her war, dass auch die Zeugen Jehovas in den USA, in die kommunistische Ecke gestellt wurden. Mit aller Kraft suchte sich die WTG dessen zu erwehren, und sie hat ihre diesbezüglichen Gegner in der Tat in die Schranken zurückverwiesen. Namentlich ihre Verbotssituation in den osteuropäischen Staaten war dann das Hauptargument, dass den diesbezüglichen WTG-Gegnern noch die letzte Waffe aus der Hand schlug. In vorauseilendem Gehorsam findet man (auch) die WTG anschließend an der Seite der politischen Antikommunisten.
Theoretisch berichtet "Erwachet!" zwar nur über einen politischen Vorgang in den USA, den es selbst nicht zu verantworten hat. Praktisch ist das jedoch auch ein Ausdruck diesbezüglichen vorauseilendem WTG-Gehorsams den USA Falken geschuldet.

Mag die WTG und Jehovas Zeugen das selbst nicht so gesehen haben. Ihre Gegner auf kommunistischer Seite haben es mit Sicherheit so gewertet. Die Konflikte der Zeugen Jehovas in den Ostblockstaaten sind ursächlich nicht diesem "Erwachet!"-Artikel zuzuschreiben. Dazu ist er ein paar Nummern zu klein geraten, das ist unstreitig. Aber als eines von vielen Mosaiksteinchen ordnet auch er sich in diesem Kontext mit ein.
Man las in "Erwachet!":

"Im Zusammenhang mit den Maßnahmen der Regierung der USA gegen den Kommunismus hat Präsident Eisenhower gegen Ende August das Gesetz unterzeichnet, welches die Kommunistische Partei in den Vereinigten Staaten ächten wird und das auch dazu dienen soll, die kommunistisch beeinflußten Gewerkschaften unter Druck zu setzen. Der amerikanische Kongress hat überdies drei weitere antikommunistische Maßnahmen gebildet, denen Präsident Eisenhower ebenfalls zustimmte. Es handelt sich dabei um folgende Schritte:

1. Entzug der Staatsbürgerschaft jener Personen, die den gewaltsamen Sturz der Regierung befürworten.
2. Todesstrafe für Personen, die in Friedenszeiten der Spionage schuldig befunden werden.
3. Keine Auszahlung von Pensionen und Renten für ehemalige Beamte und Angestellte, die gewisser krimineller Vergehen überführt worden sind.
Präsident Eisenhower erklärte im weiteren zu diesen Maßnahmen:
'Das amerikanische Volk ist entschlossen, Organisationen auszumerzen, die vorgeben, politische Parteien im anerkannten Sinne dieses Begriffes zu sein, aber Verschwörungen darstellen, mit dem Zweck, unsere Regierungsform durch Gewalt zu zerstören. Es ist aber auch entschlossen, dabei Mittel anzuwenden, die anständig und gerecht sind und mit unserer Verfassung übereinstimmen. Es ist sich wohl bewusst, dass durch die Anwendung irgendwelcher anderer Mittel Unschuldige ebenso betroffen werden könnten wie Schuldige und dadurch letzten Endes unser gesamtes Gerichtsverfahren entstellt und geschädigt werden könnte.'"

Noch so eine, theoretisch auf "neutral" getrimmte Meldung aus der gleichen "Erwachet!"-Ausgabe. Wer sich denn dem Irrglauben hingeben sollte, bei Jehovas Zeugen handele es sich um Pazifisten. Wer denn weiter meinen sollte, als Pazifisten hätten sie ein Interesse daran, beispielsweise über Pazifistenkonferenzen, Organisationen und ähnliches zu berichten. Derjenige wird allerdings gemischte Gefühle bekommen, liest er in "Erwachet!" - ausgerechnet dort - nicht etwa in der Zeitschrift "Wehrwissenschaftliche Rundschau" oder ähnliche Organe, die nachfolgende Meldung:

"Für die Wiederbewaffnung Deutschlands haben die Vereinigten Staaten bereits weitgehende Vorkehrungen getroffen. So erklärte anfangs September ein hoher Beamter des US-Militärhilfeprogrammes, dass die militärische Ausrüstung für die zukünftige deutsche Armee bereitstehe und unverzüglich versandt werden könne, wenn das Startzeichen für die Wiederbewaffnung Deutschlands gegeben werde. Er führte aus, dass das Verteidigungsdepartment bereits vor drei Jahren mit dieser Lagerung von Waffen für Deutschland begonnen habe. Unter den bereitstehenden Waffen befänden sich vom Karabiner bis zum Geschütz und Lastkraftwagen alle Gattungen, welche zur Ausrüstung einer Armee nötig seien. Man nimmt an, dass Waffen für 12 deutsche Divisionen bereitstehen, d. h. für etwa 400.000 Infanteristen, 80.000 Mann der Luftwaffe und 20.000 Mann der Küstenmarine."

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Geschrieben von Drahbeck am 15. Oktober 2004 05:53:27:

Als Antwort auf: geschrieben von Drahbeck am 08. Oktober 2004 06:12:58:

Es ist nicht sosehr ein „durchgehendes Thema", dass bei der „Wachtturm"-Ausgabe vom 15. 10. 1954 notierenswert ist. Es sind eher so ein paar „Nebensächlichkeiten", die miteinander nicht in direkter Beziehung stehen; gleichwohl aber als „Schlaglichter" einiges über die ZJ-Organisation erhellen.
Das fängt schon mit der einleitenden Aussage an:

„Müssen sich aber wahre Christen vor der Zukunft fürchten, wie die ganze Welt es tut? Nein, sie fürchten sich nicht davor, denn … 'Wenn aber diese Dinge anfangen zu geschehen, so blicket auf und hebet eure Häupter empor, weil eure Erlösung naht.'"

Nun mag ja eine solche Hoffnung sich in der Theorie gut anhören. Wer möchte nicht gerne widrigen Umständen entrinnen. Es fragt sich aber doch, ob da nicht bloß der Regen mit der Traufe ausgetauscht wird. Etwa, wenn da folgende „grandiose Perspektive" offeriert wird:
„In einem der 'Bethelheime' der Gesellschaft dienen etwa 15 Brüder im Alter zwischen 70 und 88 Jahren tagaus, tagein, von morgens bis abends an der Seite ihrer jüngeren Brüder. Und sie begnügen sich nicht damit, sondern ziehen an Abenden aus, ferner am Samtstagnachmiitag und Sonntagmorgen, um auf der Straße zu predigen, in den Wohnungen und von Haus zu Haus. Einer von diesen, dessen verkrüppelte Füße nur wenig Gehen und kein Treppensteigen erlauben, sucht in Todesanzeigen der Zeitungen nach Adressen trauernder Hinterbliebener, denen er einen Brief des Trostes sendet samt einer Broschüre gleichen Inhalts. Zur Hand ist auch ein Bericht von einer ziemlich betagten Schwester, obwohl blind und bettlägerig, viel Königreichsfrucht trägt."

Als Beispiel kann man auch den in dieser WT-Ausgabe enthaltenen Bericht über Korea heranziehen. Das war ja auch ein Land, indem die Zeugen Jehovas keine traditionellen Wurzeln hatten, sondern einen Fuß dorthin erst setzten konnten, als äußere Rahmenbedingungen (sprich der Koreakrieg und seine Nachfolgewirkungen) ihnen das ermöglichten. Und so jubiliert denn auch der WT das nach Ende des Koreakrieges feststellbar sei, die Zahl der Zeugen Jehovas in Südkorea habe sich von 35 im Jahre 1951 auf 835 im Jahre 1954 vermehrt. Sicherlich wesentlich mit verursacht, auch durch ausländische WTG-Missionare. Einer dieser kommt denn auch in dieser WT-Ausgabe beiläufig zu Wort mit der Schilderung seiner konkreten Lebensumstände. Da erfährt man denn so auch solche Details, wie dass kriegsbedingt, großer Mangel an Heizmaterial in Korea herrscht. Zitat:

„Lediglich der Boden wird erwärmt, indem man den Rauch des Küchenfeuers darunterleitet. Aber es ist nur dann warm, wenn man einen Strohsack darauf liegen hat, um die Hitze zu isolieren. … Man muß sich also sowohl innerhalb des Hauses wie auch außerhalb warm anziehen. Der Kreisdiener, ein Amerikaner, schläft manchmal auf diesem koreanischen Boden in seinem Mantel. Gewöhnlich findet er den Boden an einer Stelle warm, aber sein hochaufgeschossener Körper erstreckt sich darüber hinaus. Das Heizmaterialproblem in Korea ist groß."

Die eingangs zitierten 70 bis 88jährigen, waren nicht immer in diesem Alter. Vieles spricht dafür, dass sie sich in ihren jungen Jahren der WTG-Organisation anschlossen. Und wie das so beim Angeln ist, den Fisch bekommt man nur mittels eines Köders an den Haken. Derlei Köder wurde ihnen, in ihren jungen Jahren von dem großen Guru Rutherford vielerlei angeboten. Angefangen von den „Millionen nicht Sterbender" mit konkreter Terminierung „um 1925", über solche Rutherford-Broschüren wie „Wohlfahrt sicher".
Man vergleiche mal deren Titelbild mit den den tatsächlich eingetretenen, geschilderten realen Lebensumständen.

Speck.jpg (86623 Byte)

Nun mag es auch für „70 bis 88jährige" sinnvoll sein, gemäß ihren gesundheitlichen Möglichkeiten, einer sinnvollen Beschäftigung nachzugehen. Ob wie gelesen, dass volle Arbeitsprogramm, das auch Jüngeren zugemutet wird, diesem Kriterium entspricht, mag man indes mehr bezweifeln als denn glauben.

Das es der WTG nicht um die individuellen Bedürfnisse geht, sondern nur um eines, die Zitrone bis zum letzten, allerletzten Tropfen, auszupressen, kann man auch an der nachfolgenden Polemik gegen gewisse Hobbybeschäftigungen in der gleichen WT-Ausgabe ersehen. Der WT schrieb da:

„Der Wunsch nach 'feineren' Dingen und nach 'Interessen' der Unterhaltung (Fernsehen, Radio, Kinobesuch, usw.) kann, wenn hierin nicht Sorgfalt angewandt wird, unsere Hoffnung untergraben, und ganz bestimmt bauen sie nicht auf. …
Noch eine Menge andere nichttheokratische Interessen gibt es in der Welt, so z. B. die sogenannten 'Steckenpferde' oder 'Liebhabereien'. …
Liebhabereien gibt es heute in solcher Verschiedenheit, daß man eine ganze Reihe aufzählen könnte, beginnt mit einer in der Stille betriebenen Markensammlung bis zur lebhaften Athletik. Um diese Sache etwas zu veranschaulichen, greifen wir einmal die allgemeine Liebhaberei, das 'Fotografieren' heraus.

Ein Bruder findet, daß ihm diese Liebhaberei viel Freude bereitet. Durch seine Kamera werden viele köstliche theokratische Zusammenkünfte und persönliche Erlebnisse im Bilde festgehalten. Seine 'eigenen Interessen' sagen ihm, daß er in bezug auf diese Liebhaberei in all ihren Beziehungen auf dem laufenden bleiben sollte. Er kauft viele Zeitschriften und liest sie. Bald beginnt er, Bücher über diese Liebhaberei zu lesen und mehr und mehr Zeit auf dieses 'erlaubte' Unternehmen zu verwenden. Er mag Zusammenkünfte verpassen, um mit der neuesten Fotozeitschrift Schritt zu halten. Er mag es auch für nötig finden, sich mit Leuten, die außerhalb der Wahrheit stehen, zu verbinden, um mehr hinsichtlich seiner Liebhaberei zu erfahren. Das 'erlaubte' Interesse des Bruders ist nun bis zu einem Punkte gediehen, wo es seine Hoffnung zu untergraben droht. Wenn seine 'eigenen Interessen' nicht zurückgehalten und an ihren theokratischen Platz verwiesen werden, ist Schiffbruch die Folge."
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Geschrieben von Drahbeck am 22. Oktober 2004 04:28:49:

Als Antwort auf: geschrieben von Drahbeck am 15. Oktober 2004 05:53:27:

In der Rubrik "Wir beobachten die Welt" der "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 10. 1954 hält die WTG in kommentierender Form für notierenswert:

"Nach einer EPD-Meldung gibt es gemäß einer neuen Statistik in den Vereinigten Staaten jetzt 6777 weibliche Pfarrer, was 4,1 Prozent aller Geistlichen ausmacht. Seit 1940 hat sich die Zahl der weiblichen Pfarrer verdoppelt, gleichwie diejenige der weiblichen Ärzte und Rechtsanwälte. Die Mehrzahl der weiblichen Pfarrer in den USA gehört zu den methodistischen Kirchen und zur Pfingstbewegung."
Dazu der WTG-Kommentar:

"Entspricht es der Bibel, dass Frauen einer Gemeinde als Pfarrer vorstehen und sie belehren? Der Apostel Paulus gibt darauf die Antwort: '[Eure] Weiber sollen schweigen in den Versammlungen, denn es ist ihnen nicht erlaubt, zu reden, sondern unterwürfig zu sein, wie auch das Gesetz sagt.' - 1. Korinther 14:34."
Und um diese ihre konservative Grundeinstellung noch zu unterstreichen, veröffentlicht "Erwachet!" in dergleichen Ausgabe noch einen Artikel, wie denn ihrer Meinung nach, der Zustand "Friede, Freude, Eierkuchen" erreicht werden könnte. Feministinnen werden an diesen Ausführungen allerdings keine Freude haben, meint er doch unter anderem postulieren zu sollen, und entblödet sich auch nicht, selbst Meinungen, die im amerikanischen Militär Verbreitung fanden, mit in die Betrachtung einzubeziehen. Unter anderem liest man da:

"Natürlich ist dieser Konkurrenzgeist ein Ausdruck der Selbstsucht und eine Mißachtung des Gebotes, seinen Nächsten zu lieben wie sich selbst. Was das Verhältnis zwischen Mann und Frau betrifft, verstößt dies auch gegen die Bestimmung des Schöpfers, der dem ersten Mann nicht eine Gattin gab, die mit ihm konkurriere, sondern die ihm eine Gehilfin sei. Und während früher die Frauen in vielen Ländern von ihren Männern oft nicht als Gehilfin, sondern als Magd oder als Sklavin - wenn nicht sogar noch schlimmer - behandelt wurden, geht man heute in gewissen Ländern, wie z. B. in den Vereinigten Staaten, ins andere Extrem.

Es ist denn auch nicht verwunderlich, dass die amerikanische Männerwelt mit dieser Entwicklung nicht zufrieden ist, wie dies aus der Tatsache ersichtlich ist, dass sie oft Ausländerinnen heiraten, wenn sie die Möglichkeit haben, zu wählen. Eine Schriftstellerin weist zum Beispiel unter dem Titel 'Warum GIs deutsche Mädchen vorziehen' darauf hin, dass viele Angehörige der amerikanischen Besatzungstruppen und Angestellte der Militärbehörden in Deutschland deutsche Mädchen heiraten.
'Der Grund dafür war nicht etwa der Mangel an amerikanischen Mädchen dort. Unsere Besatzungsbehörden beschäftigen Tausende von amerkanischen Mädchen. Aber diese jungen Amerikanerinnen, die an den deutschen Mädchen keinen guten Faden lassen, saßen an den Wochenenden allein in ihren Quartieren, und an den Wochenenden gingen sie in Gruppen von fünf und sechs in die Lichtspielhäuser für amerikanische Soldaten. Aber nur selten sah man einen amerikanischen Junggesellen mit einer jungen Amerikanerin ausgehen."

Und um seine Sichtweise noch zu unterstreichen, fühlt sich "Erwachet!" bemüßigt dass dann noch durch entsprechende Zeichnungen zu unterstreichen.

E54.22.10....jpg (56015 Byte)

Derart mental eingestimmt belehrt "Erwachet!" weiter:

"Ein Oberst, der ein deutsches Mädchen heimführte, gibt als Grund für die Bevorzugung an Ausländerinnen den Konkurrenzgeist der amerikanischen Frauen an:
'Nicht nur die Deutsche, sondern überhaupt die Europäerin weiß es dem Manne gemütlich zu machen; er fühlt sich wohl bei ihr und steht nicht unter einem Druck, wenn er mit ihr zusammen ist. Die vielgepriesene amerikanische Lebensweise hat die Frauen aggressiv und hart gemacht. Sie wissen nicht mehr zärtlich zu sein, sie sind nicht mehr wahrhaft fraulich. Ihrem Verlangen nach Unabhängigkeit und Gleichstellung mit dem Mann haben sie ihre wahre Weiblichkeit geopfert."

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Geschrieben von Drahbeck am 01. November 2004 08:13:33:

Als Antwort auf: Drahbeck am 22. Oktober 2004 04:28:49:

Was wäre wohl der Papst, ohne unterwürfige Anerkennung seiner Autorität? Als Person wäre er wohl ein Nichts, wie man das auch an den gesundheitlichen Gebrechen des derzeitigen Amtsinhabers dieser Institution erkennen kann. Besteht zwischen den Zeugen Jehovas und dem Papsttum ein nennenswerter qualitativer Unterschied? Wohl kaum. Beide pochen, bis zur letzten Konsequenz, auf ihre jeweilige „Autorität". Beide wissen, ohne deren Anerkennung sind sie ein „Nichts".
Ein Beispiel dafür liefert auch die „Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 11. 1954 mit ihrem Grundsatzartikel „Anerkennung der theokratischen Organisation …"

Organisation, dass ist in der Tat auch für die Zeugen Jehovas, das Zauberwort. In allen Facetten wird das ausgeleuchtet. Dazu gehört auch der Aspekt, dass möglichst keiner in dieser Organisation einen „Namen" haben soll. Nur die Organisation sei der „Markenname". Auch dadurch unterstrichen, dass in der Nach-Rutherford-Zeit, die WTG-Literatur grundsätzlich ohne Verfasserangaben publiziert wird. Man vergleiche mal dazu die Publizistik anderer Religionsgemeinschaften mit ihrem „bunten Autorennamen" und der Unterschied wird auch diesbezüglich deutlich.

Eigentlich könnte die Organisation des Papstes, auf die Zeugen Jehovas neidisch sein. Und in der Praxis sind denn auch solche Äußerungen des Neides belegt. Auch in diesem Forum hier, wo solch ein Bejubler katholischer Herkunft, auch schon zu registrieren war. In der Tat haben die Zeugen Jehovas, das was einem Papst oder auch einem Hitler vorschwebte, in weitaus größerer Konsequenz durchgesetzt.

Führer befiehl; wir folgen Dir!: könnte auch Ihr eigentliches Credo lauten! Das ist wohl das Jammertal solcher Führerprämissen. Wohin sie denn führen, sah man schon beim Rattenfänger von Hameln. Und die Rattenfänger sind nicht ausgestorben. Bis heute nicht!

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Geschrieben von Drahbeck am 08. November 2004 07:08:03:

Als Antwort auf:  Drahbeck am 01. November 2004 08:13:33:

Das Thema McCarthy in den USA, dem Kommunistenjäger von eigenen Gnaden, wurde schon verschiedentlich angesprochen. Siehe dazu beispielsweise:

Parsimony.8592
Parsimony.7598
Parsimony.9055

Auch der WTG ließ das nicht kalt; denn auch für sie bedeutete McCarthy eine reale Gefahr, die die sie nur mit großen Anstrengungen abwehren konnte. War es doch „Masche" jener USA-Falken, alle ihnen nicht genehme, in die kommunistische Ecke zu stellen. Um „Beweise" kümmerte man sich dabei nicht sonderlich. Die Opfer befanden sich somit vielfach in der unbequemen Lage, sich verteidigen zu müssen. Ihre „Schuld" wurde mal von den Falken prinzipiell vorausgesetzt, ohne detaillierte Begründung. Man kann es nachvollziehen, sich aus solchen Schlingen herauszuziehen, war keine einfache Sache. Das mussten auch viele Emigranten erfahren, die in der Zeit des zweiten Weltkrieges in den USA Asyl bekommen hatten; sich aber jetzt plötzlich - wo der Wind sich gedreht hatte - in der Rolle von Angeklagten wiederfanden.

Einer von ihnen, der spätere Schriftsteller Stefan Heym, in der Weltkriegszeit in der USA-Armee integriert, hat das beispielsweise in seinem Erstlingsroman „Kreuzfahrer der Gegenwart" thematisiert. Heym sah für sich keine andere Möglichkeit, als die USA wieder zu verlassen. Sein Weg führte ihn dann in die DDR, die er zeitweise als das „bessere Deutschland" ansah. Aber auch hier sollten ihm noch massive Konflikte nicht erspart bleiben.

Auch die WTG musste kämpfen in diesem politischen Klima Anfang der 1950er Jahre. Hart kämpfen, um nicht im Sog der Verdächtigungen unterzugehen. Allzuschnell waren die Falken, nicht zuletzt katholisch instruiert, bereit auch die WTG in die kommunistische Ecke zu stellen. Wie auch in anderen Fällen, blieb die Beweislast den Opfern überbürdet.
Allerdings hatte die WTG alsbald einen Trumpf in der Hand, gegen den selbst die verbohrtesten Falken aus dem McCarthy-Lager machtlos waren. Sie konnte darauf verweisen, in den Ostblockstaaten etlichen Verboten ausgesetzt worden zu sein. Damit war den McCarhty-Falken in ihrem Falle, die Waffe aus der Hand geschlagen. Gäbe es aber diesen Umstand nicht. Es wäre keineswegs ausgemachte Sache gewesen, dass die WTG letztlich glimpflich aus diesen Auseinandersetzungen herausgekommen ist.

Eine umfängliche Auseinandersetzung aus der WTG-Feder, findet man dazu in der „Erwachet!"-Ausgabe vom 22.4. 1952. Sie sei in ihren wesentlichen Aussagen zuerst vorgestellt. Daran anschließend noch eine weitere Stellungnahme zum Thema aus „Erwachet!" vom 8. 11. 1954
„Erwachet!" vom 22. 4. 1952 schrieb:

Die heutige Loyalitätskampagne wurde durch die von Präsident Truman am 21. März 1947 erlassene Vollzugsverordnung Nr. 9835 ausgelöst. Diese Verordnung rief den Loyalitäts-Ausschuss ins Leben und gab dem Generalstaatsanwalt die Vollmacht, eine Liste von umstürzlerischen Organisationen aufzustellen. Bis zum Juli 1951 umfasste diese Liste etwa 110 solche Gruppen, und die amerikanische Bundespolizei hatte über etwa zweieinhalb Millionen Regierungsangestellte Nachforschungen angestellt.

Nachdem der Präsident seine Loyalitätsverordnung herausgegeben hatte, erliess ein Staat nach dem ändern ein Loyalitätsgesetz. Am 9. April 1951 nahm Oklahoma ein Loyalitäts-Gesetz an, das von den Regierungsangestellten die Ablegung eines Eides verlangte, dass sie zur Verteidigung ihres Landes die Waffen ergreifen würden und während den fünf vergangenen Jahren nicht Mitglied irgendeiner Gruppe gewesen seien, die von einem der zuständigen behördlichen Organe der Vereinigten Staaten als zur kommunistischen Front gehörig oder als umstürzlerische Organisation erklärt worden war. — New York Times vom 8. März 1951.
Am 30. April 1951 entschied der oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten, dass die Liste von umstürzlerischen Organisationen des Generalstaatsanwaltes ganz willkürlich aufgestellt worden sei und man aufgeführten Organisationen nicht ausreichend Gelegenheit geboten habe, den Beweis zu erbringen, dass sie nicht umstürzlerisch seien, und das Regierungsprogramm auf seine Verfassungsmässigkeit zu untersuchen.

Heute verurteilen Loyalitätsausschüsse Menschen nicht nur ihrer eigenen Gedanken wegen, was schon schlimm genug ist, sondern auch wegen jener ihrer Freunde, Verwandten und Mitarbeiter. Es werden unter anderem folgende Fragen gestellt: „Haben Sie Freunde, die Kommunisten sind?" „Waren Ihr Vater und Ihre Mutter Kommunisten?" „Haben Sie sich je in Gesellschaft von Angestellten befunden, die wegen ihrer politischen Einstellung vielleicht als Kommunisten angesprochen werden könnten?"

Auch das Unterbewusstsein wird nicht übergangen. Man beachte folgendes Glanzbeispiel: „Haben Sie nicht das Gefühl, Sie seien wenigstens im Unterbewusstsein dem Kommunismus günstig gesinnt?"

Man zog die Staatstreue eines Angestellten in Frage, nur weil es hiess, sein Schwiegervater arbeite als Schriftsetzer beim kommunistischen 'Daily Worker'. Nachforschungen ergaben, dass er bei der streng antikommunistischen jüdischen Zeitung 'Morning Journal' angestellt war, und nicht einmal englisch setzen konnte.

In der New York Times vom 5. Februar hiess es, die Regierung habe einen ehemaligen Reserveoffizier aus dem Zweiten Weltkrieg, der dreimal die Flugmedaille gewonnen hatte, zum Rücktritt aufgefordert, „weil beobachtet worden sei, dass er die kommunistische Zeitung 'Daily Worker' gelesen habe und weil seine Schwester und sein Vater, der amtierender Pastor ist, anlässlich eines Wahlfeldzuges bei einer angeblich kommunistischen Gruppe gesehen worden seien". Glücklicherweise zeigte eine Untersuchung, dass die Anschuldigungen nicht stimmten.

Angenommen, der Schwiegervater dieses Mannes hätte bei einer kommunistischen Zeitung gearbeitet, hätte dies denn bewiesen, dass der Schwiegersohn ein Kommunist ist? Es würde nicht einmal beweisen, dass der Schwiegervater einer ist. Man könnte sich doch gut vorstellen, dass er dort sein Brot verdient, ohne im geringsten mit den Kommunisten zu sympathisieren, oder nicht? Nicht jeder, der Bibeln druckt, ist ja auch gleichzeitig ein Christ, oder nicht?

Und angenommen, die Schwester und der Vater des Kriegsveterans würden mit den Kommunisten sympathisieren, würde das seine im Kriege erworbenen Verdienste schmälern und ihn als verdächtig erscheinen lassen ?Und das Lesen des 'Daily Worker'. Kann man nicht etwas lesen, mit dem man nicht ganz einig geht? Vielleicht wollte er die Propaganda der Kommunisten etwas unter die Lupe nehmen, um besser in der Lage zu sein, durch eine Widerlegung ihrer Argumente, sei es in einer Diskussion mit ihnen oder in einer öffentlichen Rede, ihnen den Boden unter den Füssen zu entziehen.
Es besteht leider nicht viel Hoffnung, dass diesem Zustand abgeholfen werde. Eine Angestellte, die auf Grund einer anonymen Auskunft entlassen worden war, legte beim obersten Gerichtshof Berufung ein. Er fällte am gleichen Tag ein Urteil gegen sie, an dem er entschied, dass den Organisationen, die vom Generalstaatsanwalt als umstürzlerisch bezeichnet worden waren, keine ausreichende Gelegenheit geboten worden sei, sich zu verteidigen. Richter Jackson äusserte in seiner von der Mehrheit abweichenden Meinung: „Es ist das erste Mal, dass dieses Gericht die Rechte des einzelnen jener organisierten Gruppen unterordnete und als geringer erachtete. Das heisst die Gerechtigkeit auf den Kopf stellen." — New York Times vom 1. Mai 1951.
Zu welcher Absurdität ein solcher Entscheid führen kann, geht aus der Kündigung, die ein Loyalitätsausschuss einem Angestellten zugestellt hatte, hervor, in welcher es heisst: „Paragraph 1. Sie sind entlassen aus Gründen, die vertraulich sind. Paragraph 2. Sie haben fünf Tage Zeit, um zu den in Paragraph 1 erwähnten Anschuldigungen Stellung zu nehmen." Gibt es etwas Lächerlicheres oder Ungerechteres?
Präsident Truman, der stillschweigend zugab, dass man diese ganze Sache der Staatstreue möglicherweise zu weit getrieben habe, beabsichtigte, eine Kommission für interne Sicherheit und persönliche Rechte zu schaffen. Die Kommissionsmitglieder konnten jedoch nicht ihre ganze Zeit dieser Arbeit widmen und verlangten daher, von der Bestimmung des Bundesgesetz befreit zu werden, die Beamten verbietet, andere Ämter innezuhaben.
Der Präsident forderte den Kongress dringend auf, diese Ausnahme zuzulassen, aber infolge der Opposition des einflussreichen Senators McCarran geschah es nicht, und nach monatelangem Warten gab der Präsident den Plan schliesslich auf. Die 'New York Times' machte am 29. Oktober 1951 hierüber folgenden Kommentar: "Man brauchte einen Geigerzähler von mehr als gewöhnlicher Empfindlichkeit, um in einem Konferenzzimmer, das von Pat A. McCarran beherrscht ist, irgendwelche Ausstrahlungen von Begeisterung für die grundlegenden Freiheiten oder eine Vorliebe für das Halten der Spielregeln zu entdecken."
Ein Redaktor der Washingtoner 'Post' beschreibt in seinem Buch 'Loyalität gegen Freiheit' (engl.) Die Lage in folgenden kurzen Worten: „Das Erschreckendste an der ganzen Geschichte ist, dass wir diese Einschränkung absolut notwendiger Freiheiten angenommen haben ohne zu mucksen und ohne uns offenbar ihrer Tragweite bewusst zu sein."
Die von demagogischen Kongressabgeordneten ausgehende Verleumdungskampagne ist die andere schlimme Seite dieser modernen Inquisition Seit Jahren. lauteten ihre beliebten Schlagwörter „Rote" "Kommunisten", "Vertreter" ausländischer Spionagezentren usw. Dem gewöhnlichen Bürger werden durch gesetzliche Bestimmungen, die üble Nachrede und Verleumdung betreffen, Schranken auferlegt, aber diese Kongressabgeordneten geniessen eine gewisse Immunität. weil die Verfassung erklärt "sie sollen für keine Rede oder Debatte in keinem der beiden Häuser an irgendeinem andern Ort zur Rechenschaft gezogen werden."
Der 'Post-Dispatch' von St. Louis vom 9. April 1950 besprach in seinem Leitartikel den von Senator Joseph R. McCarthy mit dieser Immunität getriebenen. Missbrauch und führte dann weiter aus: "Die Tätigkeit des parlamentarischen Komitees für unamerikanische Umtriebe ist beschmutzt mit Verleumdungen, die sich nur auf Vermutungen (weil Verwandte oder Bekannte angeblich Kommunisten seien) und Unterschiebungen stützen. Der ehemalige Abgeordnete Dies von Texas gab als erster Vorsitzender des Komitees das Schulbeispiel. Der republikanische Abgeordnete John Parnell Thomas von New Jersey, der später den Vorsitz führte, brachte es in der Kunst, Personen ihres guten Rufes zu berauben, am weitesten … Auch der demokratische Abgeordnete John Rankin ist an dieser Geschichte beteiligt. Nebst seinem Eifern für den Gedanken der Vorherrschaft der Weissen, war sein Lieblingssport, sehr gemässigte Liberale als Kommunisten und Mitläufer [solche die mit dem Kommunismus sympathisieren] zu verschreien."
Der Abgeordnete Martin Dies bezeichnete einmal 1121 Personen als staatsgefährlich. Die amerikanische Bundespolizei untersuchte die Sache und stellte in ihrem Bericht fest, dass von der gesamten Zahl nur bei zwei Personen ein „ganz schwacher Verdacht gerechtfertigt war". Der Vorsitzende des parlamentarischen Komitees für unamerikanische Umtriebe, Abgeordneter Thomas, quälte die Personen, die vor ihm zu erscheinen hatten, derart mit der „Furchtmethode", dass seine Verhöre von der Presse als „Inquisitionen" bezeichnet wurden. Aber die ganze Verwerflichkeit der von Mitgliedern des Kongresses betriebenen Demagogie wurde erst erkannt, als Senator Joseph R. McCarthy von Wisconsin auf dem Plan erschien. Sein Leumund war so abscheulich dass ein neues Wort geprägt wurde," nämlich McCarthyismus". Eine parlamentarische Kommission sagte über seine Taktiken folgendes aus: „Wir haben die Technik der ,grossen Lüge', die anderswo totalitäre Staatslenker mit, verheerendem Erfolg beherrschen hier zum ersten Mal in unserer Geschichte, gestützt auf eine sichere Grundlage, angewandt gesehen." Ein anderer Senator, vor dem McCarthy als Zeuge auftrat, sagte: "Ich bin noch nie einem arroganteren und unhöflicheren Zeugen begegnet."

McCarthy behauptete, im Staatsdepartement gebe es 57 eingeschriebene Kommunisten, dann waren es auf einmal 81 und dann sogar über 200. Für keine einzige seiner Verdächtigungen hatte er neue Belege, und er war überhaupt nicht imstande, sie zu beweisen. Er verdächtigte einen gewissen Beamten, der im Weissen Haus Reden für den Präsidenten verfasst, und machte viel Aufhebens von dem Umstand, dass dieser einen Verwandten hatte, der finanziell an der kommunistischen Zeitung 'Daily Worker' beteiligt war. Der Beamte, den McCarthy in geheimnisvolles Dunkel gehüllt hatte, trat hervor und gab bekannt, dass es sich bei diesem Verwandten um eine exzentrische Grosstante gehandelt habe, die schon seit neun Jahren tot sei!

Parlamentarische Kommissionen, die scheinbar den Zweck haben, „Untersuchungen" durchzuführen, gehen in Wirklichkeit darauf aus, „die rechtmässige Tätigkeit aller fortschrittlichen, Amerikaner zu besudeln, zu verurteilen und zu sabotieren". Persönliche oder politische Beweggründe spornen sie an, gewisse Männer als Kommunisten zu verdächtigen und so die Schlagzeilen der Titelseiten zu erobern. In der Zeitschrift 'Time' (22. Oktober 1951) heisst es: „McCarthy hat erneut ein Sperrfeuer von Verdächtigungen losgelassen, die im Fettdruck erschienen sind und die Aufmerksamkeit von der Tatsache ablenkten, dass er noch nicht einmal seine alten Anschuldigungen zurückgenommen hat … Nie setzt er sich mit einer vorgebrachten Kritik auseinander, sondern fällt nur ungestüm über den Kritiker her."

Wenn das angebliche Interesse dieser Demagogen an der nationalen Sicherheit richtig beleuchtet wird, so sieht man, wessen sie fähig sind, um Beweismaterial als Unterlagen für ihre Angriffe zu erhalten. Die 'New York Times', vom 15. Oktober 1951 brachte die Nachricht, dass ein Schweizer Richter die Deportation eines homosexuellen Negers und ehemaligen Kommunisten mit Namen Charles E. Davis anordnete, weil Davis am 4. Nov. 1950 im Einverständnis mit Fahrrand [McCarthys Pariser Vertreter] von Genf aus ein Telegramm an Herrn Vincent sandte mit der gefälschten Unterschrift von [Emil] Stämpfli, einem rührigen Genfer Kommunisten, um den Anschein zu erwecken, der Minister habe Beziehungen mit schweizerischen Kommunisten. Er sandte eine Kopie dieses Telegramms an Farrand, was den Tatbestand einer Fälschung erfüllte. Davis war durch Farrands Vermittlung von McCarthy für diese Umtriebe bezahlt worden".
Amerikaner, ihr solltet euch schämen, dass ein Schweizer Richter den Agenten eines amerikanischen Senators des Landes verweisen musste, weil dieser versucht hatte, einen Beamten des Staatsdepartements zu denunzieren!
Die Verleumdungskampagne, die Leuten die Möglichkeit nimmt, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, beraubt sie ihres Einkommens, ohne gebührendes Gerichtsverfahren. McCarthys eigene Verleumdungskampagne forderte einen erschreckenden Tribut. Während Männer wie General Marshall, Staatsekretär Acheson und der UN-Delegierte Jessup den Sturm glücklich überstanden, kamen andere weniger gut davon.
Drew Pearson ist ein solches Beispiel. Nachdem McCarthy Pearson als Agent des Kremls verdächtigt und zum Boykott der Firma, die der Radiokommentator Pearson vertrat, aufgerufen hatte, stellte ihn jene Firma (Adam Hats) kalt. In einem Brief an einen Freund äusserte sich Pearson wie folgt: "Die McCarthy-Angelegenheit machte mir das Leben, um es gelinde auszudrücken, ziemlich sauer … Im Augenblick schaue ich mich nach einer andern Firma um. Ich muss zwar gestehen, dass Firmen, die mich als Radiokommentator engagieren wollen, seit der Rede McCarthys so selten sind wie die Wasserlilien in der Sahara."
Wo bleiben die amerikanischen Freiheiten, wenn ein politischer Verleumder das Grossgeschäft derart einzuschüchtern vermag, dass ein beliebter Radiokommentator und Journalist, der an Sonntagabenden eine Zuhörerschaft von etwa zehn Millionen hatte, keine Firma mehr finden kann, die ihn engagiert?
Als Senator Benton bei einem Presseinterview von der nachteiligen Wirkung, die der McCarthyismus auf das amerikanische Volk hat, sprach, erklärte er unter anderem: „Er macht, das Volk zaghaft und pulverscheu und schreckt es ab, sich zu äussern". Auch Frau Eleanor Roosevelt sagte: „Leute mit neuen Ideen zögern, diese vorzubringen, und die Menschen beginnen, gegen beinahe all ihre Freunde und Nachbarn argwöhnisch zu werden."
Den grössten Schaden fügt die moderne Inquisition jedoch den höheren Schulen zu. Dr. Alvin Eurich, Präsident der Staats-Universität von New York, warnte vor dieser Gefahr wie folgt: „Wir mögen bestimmte Verfahren einführen in der Absicht, die Kommunisten einzudämmen, doch hemmen sie den Lehrkörper so stark, dass sich die geistigen Kräfte, die das Lebensmark einer Universität sind, nicht mehr entfalten können." Auch Dr. Theodore M. Greene von Yale äusserte vor einem Unterkomitee des Senats den ähnlichen Gedanken, wenn er sagte, dass Professoren an den höheren Schulen, aus Furcht, als Kommunisten angesehen zu werden, davor zurückschrecken, den Kommunismus auch nur ganz sachlich zu behandeln.
Es ist klar ersichtlich, dass die Freiheit des amerikanischen Volkes unterminiert wird. Und aus dem Vorangegangenen geht auch hervor, dass zu jenen, die die Hauptschuld tragen, Präsident Truman wegen seiner Loyalitätsverordnung gehört, dann das parlamentarische Komitee für unamerikanische Umtriebe und Senator McCarthy wegen ihren Verleumdungsfeldzügen und Pat McCarran wegen, um nur etwas zu nennen, seiner Opposition gegen die Nimitz-Kommission, die vielleicht Abhilfe geschaffen hätte. Ein weiterer Faktor ist die Politik. „Achtbare" republikanische. Senatoren schätzen sich nur zu glücklich dass McCarthy für sie solch schmutzige Arbeit verrichtet, die den Demokraten das Leben sauer macht. Und aus demselben Grund lassen parlamentarische Komitees die aufsehenerregenden Aussagen unverantwortlicher Zeugen, wie z. B. eines Budenz, weit und breit bekannt machen, während jene eines ehemaligen Vizepräsidenten des Landes, der aufgefordert wird, sich zu verteidigen, nicht veröffentlicht werden.

Auch der Rundfunk und die Presse müssen einen Teil der Schuld übernehmen. Die 'Capital Times' von Madison (Wisconsin) vom 11. September 1951 verwies unter dem Titel „Rundfunk kapituliert vor dem McCarthyismus" auf einen früheren Leitartikel, in welchem sie die Anklage erhoben hatte, dass die Associated Press und die United Press „entstellte und zurechtgestutzte Nachrichten durchgaben, um Senator McCarthy von Wisconsin zu gefallen und den Wünschen der voreingenommenen grossen konservativen Zeitungsmagnaten, die diese Nachrichtenagenturen beherrschen, zu entsprechen". Im Artikel hiess es dann weiter, dass Radiogesellschaften wie die NBC „es nicht wagen, in [ihren] Sendungen die geringste Kritik an McCarthy zu gestatten, ohne sich sofort mit ihm in Verbindung zu setzen und ihm unverzüglich eine Gelegenheit zu geben, seine sämtlichen Kritiker und Gegner mit seiner Methode, sie für die Haltung ihrer Angehörigen und Freunde verantwortlich zu machen, zu beschimpfen". Der Verfasser unterbreitete dann Beweise, die zeigten, dass die NBC aus seiner Rede, die er auf ihre Veranlassung hin vorbereitet hatte, alle Stellen über den zweifelhaften Ruf, den McCarthy in Wisconsin geniesst, ausstrich.

Die Aufzahlung der Schuldigen wäre unvollständig, wenn man nicht auch auf die Rolle hinwiese, die die römisch-katholische Kirche bei dieser modernen Inquisition spielt. Hat nicht vor allem sie die krankhafte Furcht vor der Kommunistengefahr gezüchtet, und sind nicht diese erwähnten Methoden zur Hauptsache jene, die sie benützt, um ihre Ziele zu erreichen? McCarthy ist ein unverantwortlicher Agent der republikanischen Partei und der Grossgrundbesitzer zur Beeinflussung des Kongresses, aber er leistet solche Dienste gewiss noch in vermehrtem Masse der Kirche oder nicht? Die Zeitschrift 'Time' berichtet, dass McCarthy "beinahe jeden Sonntag die Messe besucht". Es scheint, dass sich jemand die goldene Gelegenheit entgehen lässt, einem "guten Katholiken" die Grundsätze der Wahrheit und Gerechtigkeit beizubringen!

Auch Budenz ist ein Lieblingssohn der katholischen Kirche. Das große Aufhaben, das von seiner Rückkehr zum Katholizismus gemacht wurde, half mit, seinem wertlosen - es verdiente noch eine kräftigere Bezeichnung Zeugnis einen frommen Anstrich zu geben, was den römisch-katholischen Senator Chavez veranlasste, von Budenz zu sagen, er verwende das "Kreuz als Knüppel". Als Professor an der katholischen Fordham-Universität kann Budenz gewiss nicht Unwissenheit vorschützen. Und als Pat McCarran vor einigen Jahren den Papst besuchte, hatte er so viele Rosenkränze bei sich, die er gesegnet haben wollte, dass der Papst die Bemerkung machte, er habe nicht gewusst, dass es in den Vereinigten Staaten so viele Katholiken gebe!

Auch Kriegsveteranen-Organisationen sind schuldig. Es liegt Beweismaterial dafür vor, dass diese, besonders die Amerikanische Legion und die Katholischen Kriegsveteranen, als das "Schwert der katholischen Kirche" verwendet werden.

Und schliesslich ist auch das Volk nicht unschuldig. Es geht den Weg des geringsten Widerstandes. Wie viele könnten heute mit ehrlichem Herzen sagen: "Gebet mir die Freiheit, oder gebet mir den Tod!"? Ein saftiges Schnitzel, Likörs, Kleider, Sport und andere Vergnügungen bedeuten dem Volk mehr als seine grundlegenden Freiheiten. Ohne zu mucksen lässt es sich eine Antikommunisten-Kamgagne gefallen, die ihm eine totalitäre Einstellung verleiht. Der Scherz über die Freiheitsstatue mag noch bitterer Ernst werden: "Sie steht dort, wo sie hingehört - auf dem Grabe der Freiheit!"

Und nun noch die 1954 WTG-Stellungnahme in „Erwachet!" vom 8. 11. 54.
Verständlich schon daher, dass auch die WTG alle Schritte beim sich anbahnenden Niedergang des McCarthyismus hoch erfreut registrierte.

„Senator Joseph R. McCarthy, katholischer Kommunistenjäger Nr. 1 der USA, zugleich aber auch Demagog mit faschistischen Methoden, steht zur Zeit im Zeichen des Abstiegs. Ein Unterausschuß des amerikanischen Senats unter dem Vorsitz von Senator Watkins hat sich des Falles McCarthy angenommen und McCarthy eindeutig wegen Würdelosigkeit, Herabsetzung des Senates und Verletzung seiner Pflichten als Untersuchungsführer verurteilt. In zwei der fünf erhobenen Anklagepunkte wurde McCarthy schuldig befunden: Weigerung einer Vorladung zur Untersuchung seiner Finanzen Folge zu leisten, und Beleidigung des Generals Zwicker. Bei der Untersuchung der Sünden McCarthys erklärte der Untersuchungsausschuß McCarthy als 'einen Obstrukteur, einen Verleumder und einen Verächter der Senatstätigkeit ...' Die Kommission hat dem Senat die Empfehlung gemacht, gestützt auf ihre Erhebungen den Senator formell zu tadeln. Damit dürfte, wie man annimmt, McCarthy politisch weitgehend erledigt sein; jedoch nicht notwendigerweise der McCarthyismus."

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Geschrieben von Drahbeck am 15. November 2004 06:14:15:

Als Antwort auf: Drahbeck am 08. November 2004 07:08:03:

Denkt man an die katholische Kirche mit ihrer umstrittenen Papstenzyklika „Humane vitae" beispielsweise, welche auch als „Pillenenzyklika" in die Geschichte eingegangen ist, dann wird wohl deutlich; zumindest für diese Kreise. Großfamilien sind dort jedenfalls nicht mit einem abwertenden Urteil belegt. Je mehr Kinder eine solche Familie haben mag, um so „besser", zumindest in der Sicht der zölibatären Kirchenfunktionäre. Sich selbst nehmen sie zwar von dieser Regel aus; dafür aber sind sie um so freigebiger mit verlogenen Thesen zu lasten anderer.
Ein Beispiel dafür auch jene seinerzeitige beiläufige Bemerkerkung in „Erwachet!" vom 8. 6. 1952:
„Dies zeigte kürzlich das Vorgehen eines gewissen Monsignore Westenberger der Diözese Green Bay (Wisconsin). Er verbot die Juli-Ausgabe von 'Reader's Digest (Das Beste) in den 113 Schulen seiner Diözese, weil sie einen Artikel über das Thema 'Kinder auf Wunsch' enthielt. Er bezeichnete diesen Artikel als 'absolut unvereinbar mit der sittlichen Norm, die Jesus aufstellte ... [als] unpatriotische, unchristliche und verderbte Propaganda'"
Dazu kommentiert „Erwachet!"
„Hat die römisch-katholische Hierarchie das Alleinrecht auf Christentum und Sittlichkeit? Und sind jene Millionen von Amerikanern sowie der 'Reader's Digest' Narren ohne Gewissen, weil nach ihrer Meinung das Thema 'Kinder auf Wunsch' weder verderbt noch unpatriotisch noch unchristlich ist? Oder ist der Kampf der Katholiken, den 'Reader's Digest' durch Druckmittel und Boykott zu einer Kursänderung zu zwingen, unchristlich?"

Nun soll hier nicht das Thema Familienplanung im besonderen thematisiert werden. Das kann so oder auch anders gehalten werden. Die individuelle Einzelentscheidung ist sicherlich zu respektieren. Worum es geht, ist eigentlich nur die „Empfehlung", die von der jeweiligen Kirchenleitung zu diesem Thema gegeben wird. Wie die im Falle der katholischen Kirche aussieht, ist bekannt. Auch lassen sich noch eine ganze Reihe anderer Kirchen und Religionsgemeinschaften nachweisen, welche mit bewusster Familienplanung nicht allzuviel am Hut haben. Lediglich, ein Außenstehender würde das schwerlich vermuten, die Zeugen Jehovas scherten zeitweilig aus dieser Kontinuitätslinie aus.

Rutherford's berühmt-berüchtigtes Buch „Kinder", mit seiner dubiosen Empfehlung, mit dem Heiraten bis „nach Harmagedon" zu warten, ist Beleg dafür.

Als Rutherford diese These auf den „Ententeich" setzte, da waren seine eigenen Lebenstage schon gezählt. Durchaus verständlich, dass dieses Rutherford-Extrem in den nachfolgenden Jahren, stillschweigend aufgeweicht und später ganz aufgegeben wurde. Aber auch das muss man sagen. Eine „Familienplanungs-Enzyklika" Made in katholische Kirche, wurde von der offiziellen WTG noch nie verkündet. Sie legt sich da eher auf die Linie fest. Das sei die Einzelentscheidung jedes Ehepaares, in die Außenstehende sich tunlichst nicht einmischen sollten. Das hört sich ja ganz gut an. In der Theorie.

Wir indes sieht die Praxis aus?
Der Praxis begegnet man in einer beiläufigen Bemerkung im „Wachtturm" vom 15. 11. 1954. Offenbar wirkten die Rutherford-Doktrinen auf der Gemeindeebene der Zeugen Jehovas nach. Bei diesbezüglichen offenkundigen Extrempositionen, sucht nun der „Wachtturm" gegenzusteuern. Wie immer man diese „Gegensteuerung" jetzt auch bewertet. Eines ist wohl sicher. „Probleme" dieser Art werden wohl in den meisten anderen Kirchen nicht akut sein. Die hätten es eher (vielleicht) nötig, sich dem anzunähern, was der „Wachtturm" noch 1954 in seinen eigenen Reihen glaubt bekämpfen zu müssen.
Der „Wachtturm" beklagt als Tendenz in den eigenen Reihen:
„Weil die Schlacht von Harmagedon so nahe ist, mag jemand die Stirn runzeln oder vor Schreck beschwörend die Hand erheben, wenn er hört, daß andere Brüder und Schwestern in diesen Tagen heiraten oder daß eine verheiratete Schwester schwanger wird, Stützt sich aber ein so offen zur Schau gestelltes und so offen ausgedrücktes Entsetzen auf die richtige Ansicht und das rechte Verständnis der Bibel über diese letzten Tage, da Harmagedon droht? Nein."

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Geschrieben von Drahbeck am 22. November 2004 06:44:13:

Als Antwort auf:   Drahbeck am 15. November 2004 06:14:15:

Alles was mit dem USA-Falken McCarthy zusammenhängt, fand auch die besondere Aufmerksamkeit der WTG. Wusste sie sich doch durch sein unheilvolles Wirken selbst mitbetroffen. So findet man in der „Erwachet!“-Ausgabe vom 22. 11. 1954 erneut die Wiedergabe eines diesbezüglichen Presseberichtes. Unter der Überschrift:
„Neuyorker Polizei jubelt McCarthy zu“ notiert „Erwachet!“

DER folgende Artikel ist der Neuyorker ‘Post’ vom
6. April 1954 entnommen:
„Für Millionen von Amerikanern war das Schauspiel der 6000 Neuyorker Polizisten, die Joe McCarthy übermütig zujubelten, eine unheilvolle Szene. McCarthy ist ein modernes Symbol für Respektlosigkeit Gesetz und Ordnung gegenüber geworden. Immer wieder hat er seine Verachtung für die verfassungsmäßigen Schutzvorkehrungen gezeigt, die die Grundlage der freien Gesellschaftsordnung bilden. Immer wieder hat er sich seiner Geringschätzung für die Demokratie gerühmt. Wie man enthüllt haben fast zwei Drittel der Polizeikräfte dieser Stadt ihn als einen tapferen Wächter der Republik begrüßt. Das zeigt die Notwendigkeit, die Bill of Rights in der Polizei-Akademie gründlicher zu studieren.

Die Polizeiversammlung wurde offiziell als ,Holy-Name-Communion-Frühstück’ angekündigt. Aber es war offensichtlich eine politische Zusammenkunft, die in einem entscheidenden Augenblick angesetzt wurde, um McCarthy überleben zu helfen. Die Gegenwart des Kardinals Spellman unterstrich die politische Bedeutung dieser Affäre. Der Kardinal sagte zwar, die Kirche stelle sich nicht auf die Seite McCarthys, weil ,wir andere Dinge haben, über die wir sprechen müssen’. Doch das Händeschütteln und der Applaus werden von McCarthys Liebhabern sehr ausgewertet! Der Kardinal äußerte im Vertrauen, er verwerfe die Methoden des Kommunismus genauso wie den Kommunismus selbst, doch seine Teilnahme an diesem Treffen wird er noch in Erinnerung haben, wenn diese rätselhafte Bemerkung schon vergessen ist. McCarthy gebrauchte diese Gelegenheit in geschickter Weise, um den Eindruck zu verstärken, er sei der belagerte Sprecher des Katholizismus in Amerika.

… Die Bürger der Demokratie haben ein Recht, von ihrer Polizei zu erwarten, daß sie es unterläßt, irgendeine Richtung in einem bitteren politischen Konflikt einzuschlagen. Es ist die Pflicht der Polizeibeamten, alle Bürger in der gesetzmäßigen Inanspruchnahme ihrer Freiheiten zu schützen. Es ist ihre Verantwortlichkeit, die Gemeinde gegen politische Gewalt zu bewahren und die Meinungsäußerung aller Menschen zu schützen, gleichgültig, was die private Meinung eines einzelnen Polizeibeamten ist. McCarthy führt einen scharfen Krieg gegen Millionen seiner Landsleute, die ihn für einen sehr gefährlichen Volksverführer halten. Aber wir würden es auch als nicht richtig bezeichnen, wenn 6000 Polizeibeamte sich einer wilden politischen Demonstration gegen ihn anschlössen. War die Zusammenkunft am Sonntag nur der Anfang — was wird dann demnächst geschehen? Wir hätten bald Bataillone Polizisten, die sich als Rivalen wegen politischer Streitfragen bekämpfen! Sollen Polizeischutztruppen Partisanenbewegungen werden? Die Männer, die den Wochenendtumult in Gang setzten, forderten damit die Grundlage der Gesetzestreue unserer Polizei heraus. Keine demokratische Gesellschaftsordnung ist mehr sicher, wenn einmal ein größerer Teil einer Polizeimacht die Richtungen einer politischen Bewegung einschlägt — links oder rechts. Das wäre der Anfang des bewaffneten Totalitarismus.“

Zu den Hintergründen dazu kann man auch vergleichen:

McCarthy

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Geschrieben von Drahbeck am 01. Dezember 2004 06:57:38:

Als Antwort auf:  Drahbeck am 22. November 2004 06:44:13:

Dem katholischen Jesuitenorden wird unter anderem vorgeworfen (Zitat aus einem kirchlichen Lexikon protestantischer Prägung [Calwer Kirchenlexikon] :
„Aber am verwerflichsten ist der dritte Grundsatz der Mentalreservation, der gestattet, wissentlich etwas Erlogenes zu behaupten, ja eidlich zu erhärten, wenn man nur - flüsternd oder nur denkend - einen geheimen, stillen Vorbehalt macht, wodurch das Behauptete wieder aufgehoben wird, oder sich eines zweideutigen Ausdrucks („Amphidolie") zu bedienen, wodurch der andere irregeführt wird."

Abgesehen von den mit genannten offenkundigen Meineiden (da mag die WTG nicht mitziehen). Abgesehen von dieser Einschränkung, propagiert die WTG in der Sache, genau diese jesuitische Mentalreservation, namentlich bezogen auf Verbotsländer. Etwa Hitlerdeutschland, der DDR oder anderer dieser „Güte". So auch in ihrer „Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 12. 1954. Das die Jesuiten, wie gelesen, ähnliches praktizieren, erfährt man indes in diesem WT-Artikel nicht. Das ist für die WTG offenbar kein Thema, will sie doch als „eigenständig" gelten und nicht als „Abklatsch von irgendetwas".

Es ist offenbar eine „Gratwanderung", der mit solchen Grundsätzen die Bahn geebnet wird. Wer sich zum taktischen Lügen aus Prinzip verstehen kann, der wird diese Grenze vielleicht nicht immer auf die „großen Fälle", für die das gedacht ist, beschränken: sondern vielleicht auch im Alltag auf ähnlich schiefe Bahnen geraten. Da muss nun der WT „gegensteuern", und das versucht er des lang und breit in vorgenannter WT-Ausgabe. Da werden dann diverse Einzelfälle genannt, wo der WT das taktische Lügen nicht angewendet wissen will. Unter anderem liest man da:

„Es ist nicht immer eine gute Gewohnheit, wenn Brüder Geld von anderen Brüdern borgen. … Wenn Brüder untereinander Geschäfte tätigen und Abmachungen treffen hinsichtlich Geldleistungen und Warenzahlungen, sollten sie ihr Versprechen halten, die Wahrheit sagen und jede Unehrlichkeit meiden. Weil uns das Gedächtnis im Stiche lasen kann und um Streitigkeiten vorzubeugen, ist es ratsam, die getroffenen Vereinbarungen schriftlich festzuhalten. …

Falls der Übertreter sich aber weigert, eine Sache so in Ordnung zu bringen, wie es sich gehört, ist es dann angebracht, daß der Bruder, der das Darlehen machte, den Schuldner-Bruder vor Gericht zieht und ihm den Prozeß macht? …
Indes kann einem solchen die Gemeinschaft der Versammlung entzogen werden, wenn er ein Erpresser ist. … Ob eine geprellte Person jemanden, dem die Gemeinschaft entzogen worden ist, vor Gericht ziehen will, muß sie entscheiden. … Doch ist es gut, die Kosten, die sich an Zeit und Geld ergeben, in Betracht zu ziehen. Prozesse sind kostspielig, und bisweilen kommt es so heraus, daß alles den Rechtsanwälten für ihre Gebühren zufließt. Auch ist es nötig, daran zu denken, ob durch eine solche öffentliche Maßnahme nicht Schmach auf das Werk kommt. Deshalb sollte ein Bruder seinen Bruder nicht vor Gericht ziehen; es kommt Schmach auf die Organisation. … Bei einer Person, der die Gemeinschaft entzogen worden ist, liegt aber die Sache anders, obwohl die Leute im allgemeinen nicht erkennen mögen, daß jemandem, dem der Prozeß gemacht wird, die Gemeinschaft entzogen ist …"

Siehe vergleichsweise auch:
Schlafende Hunde geweckt

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Geschrieben von Drahbeck am 08. Dezember 2004 06:18:28:

Als Antwort auf: Drahbeck am 01. Dezember 2004 06:57:38:

Das Jehovas Zeugen den Glauben an eine „unsterbliche Seele" prinzipiell ablehnen, ist als Allgemeinwissen weitgehend bekannt. Prompt warfen ihnen denn auch Großkirchliche Kreise vor, mit dieser Ablehnung das „Glaubensklavier" zertrümmert zu haben und dennoch zu behaupten, ein „liebliches Lied" auf diesem Trümmerhaufen spielen zu können.

Bei der Unvereinbarkeit beider Positionen spielt noch ein anderer Aspekt mit hinein, über den die „Großkirchen" dann (in der Regel) aber nicht so sonderlich gerne reden. Indes worum es dabei geht, wissen auch sie, allerspätestens seit den Tagen eines Albert Schweitzer, genau. Zu genau. Auf den Punkt gebracht geht es darum: Das Urchristentum ist mit seiner Endzeit-Naherwartung allerschmählichst gescheitert. Wenn von einem „Schrotthaufen" zu reden wäre, dann schon seit den Tagen des Urchristentums. Aber die heutigen „Großkirchen" taten schon damals das, was sie den Zeugen Jehovas heutzutage vorzuhalten belieben. Sie behaupteten, dennoch aus dem Schrotthaufen Urchristentum, ein „liebliches Lied" spielen zu können.

Das Rezept dabei war einfach und simpel. Die Endzeit-Naherwartung wurde in den imaginären Himmel verlegt. Die Himmel-Hölle-Philosophie war geboren. Kraft dieser „Wassersuppe" konnte man den nächsten Schritt tun. Die Einführung des Sakramentalismus. Riten ersetzten nun das Vakuum das durch das scheitern der Endzeit-Naherwartung entstand. Und das hatte dann noch die nicht ungern gesehene „Nebenwirkung", dass sich eine Priesterklasse zu deren Verwaltung etablieren konnte. Noch heute gut in der orthodoxen, auch der katholischen, und abgeschwächt in den protestantischen Kirchen, studierbar.

Die Bibelforscher-Bewegung vollzog insofern nun einen Bruch, als sie den ganzen Sakramentalismus, mehr oder weniger aufs Abstellgleis schob (nicht prinzipiell verleugnete, aber doch keine sonderliche Verwendung für ihn hatte). Sie griff in der Tat wieder auf die Elemente des Urchristentums zurück; und das war in Praxis eben die Endzeit-Naherwartung. Und so wiederholt sich nun dieses Trauerspiel der Selbstbelügung der Menschheit zum xten, kaum noch zählbarem Maße.

Lehnen Zeugen Jehovas auch die Seelenlehre, aus vorgenannten Gründen ab; so herrscht andernorts ein völlig anderes Klima dazu. Wer denn in den „Himmel" kommen will, für den macht der Glaube an eine unsterbliche Seele durchaus einen gewissen Sinn, bedingt sozusagen das eine das andere. Auch breite Kreise aus dem Spektrum der sogenannt „nichtchristlichen" Religionen huldigen diesem Aspekt. Und selbst jene Narren, die sich da einbilden sie seien unreligiös (die breite Esoterik-Szene) kultivieren in breiter Front auch die Seelenlehre oder Geistesverwandtes.

Unter der Überschrift „Weltraumschiffe für abberufene Seelen. Sorgfältige Vorbereitungen auf den Tod", berichtet „Erwachet!" in seiner Ausgabe vom 8. 12. 1954 über einige Ausformungen der Seelenlehre, namentlich in nichtchristlichen Religionen. Diese Ausführungen sind durchaus sachbezogen. Wesentlichen Widerspruch zu ihnen gilt es nicht anzumelden. Schon aus dem Grunde nicht, weil dies der Bericht über Tatbestände ist, die nicht dem eigenen Lehrgefüge zugehörig sind. Nachstehend die wesentlichen Aussagen daraus:

DIE Sorge für die Toten ist durch die Jahrhunderte hindurch ein auffallendes und bleibendes Merkmal der ägyptischen Religion geblieben. Aus Ägypten sind viele Theorien über den Zustand der Toten gekommen, ferner über das Jenseits, Beerdigungssitten, Mumifizierung, Riten, Götter, Sonnenanbetung usw. Man nimmt heute allgemein übereinstimmend an, daß der Ägypter des Altertums die Hälfte seines Lebens damit verbrachte, besondere Götter anzubeten, und sich in der anderen auf den Tod vorbereitete.

Der Tod war ein Phänomen, das dem Ägypter unerklärlich war. Überall sah er, wie Dinge stets einer Veränderung unterworfen waren, wie sie aber auch immer wiederkehrten — der Untergang der Sonne im Westen, ihr Aufgang nach einer kurzen Zeit der Dunkelheit im Osten; der Nil, der jedes Jahr seine Ufer überflutet, um das ausgedörrte Land wieder zu erfrischen; der Ägypter selbst, der schlafen geht, aber am Morgen wieder erfrischt aufsteht. Alle diese Dinge außer dem Tod schienen ihm erklärlich. Der Tod konnte für den Ägypter nur eines bedeuten: ein Wechsel im Leben — ein Übergang von diesem Leben in das nächste, das man sich wichtig und geheimnisvoll vorstellte. Der Tod bedeutete nicht das Ende, sondern nur einen Wechsel. Die Verstorbenen würden immer wiederkehren wie die Jahreszeiten, wie die Flut des Nil, wie die aufgehende Sonne, nur um sich dann des nächsten Lebens um so mehr zu erfreuen. Genüsse und Bequemlichkeiten, die ihm im jetzigen Leben versagt blieben, erhielte er im nächsten Leben.

Doch wie sollte man von diesem Leben in das nächste wechseln können ? Der Bequemlichkeit wegen lehrte seine Religion, er sei mit einer unsterblichen Seele ausgestattet. Aber im Gegensatz zu den vielen Religionen der Christenheit glaubte der alte Ägypter, der menschliche Körper müsse erhalten bleiben, da die Seele dahin zurückzukehren wünsche und den Leib daher wieder benötige. In ihren Bemühungen, den Leib zu bewahren, wurden die Ägypter Fachleute im Einbalsamieren und Mumifizieren der Toten. Sie wollten aber Verwechslungen vermeiden und legten deshalb noch jedem verschiedenen Herrscher oder jeder Königin ein geschnitztes Ebenbild in das Grab. Gewöhnlich legte man dieses Bild auf den Deckel des inneren Sarges, und so gut es ein geschickter Arbeiter anfertigen konnte, glich es dem Verstorbenen. Sollte die Seele bei ihrer Rückkehr den Leib schon zu Staub zerfallen vorfinden, dann könnte sie in dem Bild Wohnung nehmen und dort bleiben.

Ägyptische Könige verbrachten einen guten Teil ihres Lebens mit den Vorbereitungen auf den Tod. Sie planten sorgfältig ihre Grabmäler und waren darum besorgt, sie zu bequemen Wohnstätten für ihre Seele zu machen. Lebensnotwendigkeiten, Bequemlichkeiten und Luxusgegenstände wurden zur Erfreuung der Seele bereitgestellt. Haushaltgegenstände, Kriegswaffen und Kinderspielzeuge wurden zusätzlich zu einem großen Vorrat guter Speisen mit religiösem Ernst für den künftigen Gebrauch eingepackt. Viele dieser alten Bräuche haben sich so tief in die Zivilisation eingeprägt, daß bis zum heutigen Tag viele davon in ihren alten Formen sowohl in Religionen des Ostens als auch in sogenannten christlichen Religionen erhalten geblieben sind.

Zu diesen Überbleibseln gehört auch die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele — der Glaube, die Seele verlasse nach dem Tod den Leib und werde in der Auferstehung mit dem Leib vereint. Ferner sind damit die wiederholten Besuche der Gräber, das Trauern, das Fasten und verschiedene andere Sitten verbunden; ebenso Gebete und Bitten für die Toten oder direkt an die Toten, die Versorgung der Abgeschiedenen mit Speise, die Furcht vor bösen Geistern und ihre Beruhigung mit besonderen Speisopfern. Diese Sitten sind alle heidnischen Ursprungs und in die Religionen dieser sogenannten modernen Welt aufgenommen worden. Wie Kardinal Gibbons in seinem Buch 'Glaube unserer Väter' (engl.) offen zugibt, hat die Katholische Kirche viele heidnische Bräuche und Sitten in ihre Religion aufgenommen. Diese Dinge maskiert sie im Namen des Christentums.
Stelldichein mit der Sonne
Die sengende ägyptische Sonne wurde als der größte aller Götter angerufen. Man nannte ihn Ra. Die Pharaonen träumten davon, einmal eine Ewigkeit in der Gegenwart Ras zu verbringen und diesen Sonnengott auf seiner Tag-und-Nacht-Reise durch den Himmel zu begleiten. Nur Ra war würdig, vom Pharao angebetet zu werden. Lediglich
Ra schuldete er Untertanentreue. Alle anderen Götter waren ihm untergeordnet. Zuerst beteten ihn nur Pharaonen an, aber später wurde dieses Vorrecht auch einigen Edlen und Priestern zuteil. Auf Erden wurde der Pharao als Gott angebetet. Er galt als der verkörperte Sohn und irdische Vertreter des Sonnengottes Ra. Er war die direkte Inkarnation jeder örtlichen Gottheit. Daher gehörte ihm jeder Tempel in Ägypten. Er wurde als derjenige dargestellt, der jedem Gott auf Erden ebenbürtig ist, denn er war selbst dieser Gott in menschlicher Gestalt. Um sich so nicht den örtlichen Göttern zu widersetzen und sie geringschätzig zu behandeln, schloß der Pharao einen Kompromiß. Er hängte den Namen Ra an den Namen jedes örtlichen Gottes und erhob sie auf diese Weise alle in hohe Stellungen
der Ehre und der Anbetung. Durch diese Neuerung wurde Amon zu Amon-Ra, Sebek, das Krokodil, wurde zu Sebek-Ra, usw. Die Göttinnen behielten ihre Eigennamen eine längere Zeit, aber auch sie wurden von der königlichen Göttin Isis aufgenommen.

Nach offiziellen Legenden war die Sonne der Abkömmling Nuts, der Himmelsgöttin. Jeden Morgen gebar sie die Sonne und in ihren Armen starb sie jeden Abend. Auch andere Götter erlebten diesen Lauf des Todes und der Wiedergeburt. An einer heiligen Stelle im „Osten des Himmels" befanden sich die Türen zur nächsten Welt. Vor diesen Türen standen großgewachsene Feigenbäume, auf denen die Götter saßen. Hier traf der Pharao nach seinem Tode den Sonnengott, und beide unternahmen eine Reise durch die aufregende Welt der Finsternis, die Duat genannt wird.
Sonnenschiffe für Seelen
Im allgemeinen glaubten die Ägypter der alten Zeit, die Sohne schwebe in einem Boot über die Erde, sie segle auf dem himmlischen Nil dahin. Das Boot nannte man das „Boot der Millionen Jahre". Die Tagesreise durch den Himmel war ereignislos. Aber die Nachtreise war voll Abenteuer und Gefahr, teils wegen der Finsternis und teils wegen der schrecklichen Schlange Apophis, die auf der Lauer lag, um den Sonnengott Ra zu vernichten. Mit Ra diese Nachtreise machen zu können — das war die Zukunft, von der die ägyptischen Pharaonen träumten. Es gibt verschiedene Versionen dieser nächtlichen Episode, aber in den Hauptmotiven ist die Geschichte nicht verändert.

Eine Version — eine Inschrift auf einem königlichen Sarkophag — hat keinen ägyptischen Namen, sondern wird von modernen Ägyptologen „Das Buch der Pforten" genannt. Gemäß dieser Version ist Duat in zwölf Abschnitte oder Länder aufgeteilt, von denen jeder Teil seinen eigenen Namen hat und durch ein Tor vom anderen Gebiet getrennt wird. Vor jedem Tor steht ein Wächter. Jeder Abschnitt entspricht einer Stunde der Nacht. Im Boot der Sonne fahren Gottheiten mit, um den Sonnengott vor den vielen Gefahren der Nacht zu schützen. Das Boot wird durch jeden Abschnitt von der Göttin jener Stunde geleitet. Sie allein weiß das geheime Losungswort für die Pforte am weiten Ende ihres Reiches. Ohne dieses Losungswort, würde man nicht einmal Ra den Durchgang gestatten.

Während dieser Reise führt die riesenhafte, furchteinflößende Schlange Apophis jede Nacht Krieg gegen den Sonnengott. Und jede Nacht springen die Ra begleitenden Götter aus dem Boot, um mit dem mächtigen Ungeheuer zu kämpfen. Jede Nacht binden sie die Schlange mit Ketten und durchbohren sie mit Messern. Aber jedesmal, wenn die Nacht wieder eintritt, ist sie wieder frei, stark und wohlauf und wartet an der gleichen Stelle auf einen erneuten Kampf mit Ra und seinen Beschützern. Trotz der vielen Male, die Apophis bereits besiegt, durchbohrt und mit Ketten gebunden wurde, ist sie noch nie vernichtet worden. Ja, sie kann gar nicht vernichtet werden, und was genauso tragisch ist: sie kann nicht gewinnen. Ihr geht es lediglich am schlechtesten. Wie lange geht das bereits so? Niemand scheint es zu wissen.

Zuerst unternahmen die Pharaonen diese Reise durch den Himmel mit Ra allein, und jede Nacht kämpften sie allein mit der mächtigen Schlange und besiegten sie. Das war eine königliche Bestimmung, die nur den Pharaonen zuteil werden konnte. Aber in späteren Jahren erkämpften sich Edle und Priester das Recht zur Teilnahme. Bei Sonnenaufgang wurde ihnen gestattet, in ihre alten Heime zurückzukehren. Dort saßen sie im Schatten ihrer Gärten und erfreuten sich der kühlen Brise der Nordwinde. Aber bei Sonnenuntergang kamen sie bei Abydos zusammen und stiegen in das Sonnenboot, während es durch die Schlucht von Abydos in den Regionen der Nacht und der dichten Finsternis schwebte, um mit Apophis Krieg zu führen.

Eine weitere Version sagt, die Sonne sterbe beim Sonnenuntergang, und nur ihr Körper gehe in das Reich der Nacht über. 'Khepri'— man versteht darunter das Leben oder das Dasein in der Gestalt eines Käfers — erwartet das Kommen der toten Sonne, und dann werden die Seelen von 'Khepri' und Ra vereinigt. Ras Seele wird auf diese Weise wiederbelebt, und dann schwebt er lebendig weiter zum Sonnenaufgang. Bevor er im Land Ägypten aufgeht, wirft man seinen toten Leib aus dem Boot hinaus.
Bilder von Schiffen erscheinen
Schiffe, wie jene vom Pharao Cheops oder Khufu erbauten — man entdeckte kürzlich eines durch Kamal el-Malakh nahe der Großen Pyramide —, baute man sehr sorgfältig und stattete sie vollständig mit allen Notwendigkeiten für die Himmelsreise aus. Einige dienten nur als Transportmittel für Seelen, während andere mit dem ganzen Glanz des Lebens beladen wurden, wie zum Beispiel mit wertvollen Juwelen, mit Kleidung, mit Küchengeräten, mit Statuen von Mannschaftsangehörigen und Hofgünstlingen. Es mögen auch Bildnisse von Tanzmädchen vorhanden gewesen sein, um die Seele des Pharaos zu unterhalten. Zur Gesellschaft hatte er vielleicht eine Gruppe seiner Freunde bei sich. Wahrscheinlich existierte auch eine Mannschaft, die das Schiff in einer Prozession hinter der Sonne hersegeln ließ. Diese Mannschaft ist durch Statuen dargestellt, zu denen natürlich auch noch Papyrusdokumente kommen mit religiösen Formeln, Hymnen für Ra und Osiris und Schriften und Abbildungen über das tägliche Leben des Königs und über die Schiffahrtswissenschaft. Was auch immer in das Boot, auf das Boot und um das Boot herumgelegt wurde, so glaubte Cheops, das Abbild oder Symbol dieses Bootes mit seiner ganzen Mannschaft und mit seinen Besitztümern werde sich aus seiner festen Lage in seiner materiellen Gestalt in die Gegenwart Ras erheben. Im Gegensatz zu den schöngebauten Booten Cheops gestaltete das gewöhnliche Volk seine Boote aus Ton.

Nach der Invasion durch Alexander den Großen im Jahre 332 v. Chr. in Ägypten verschwanden Sonnenboote langsam von der Szenerie der ägyptischen Religion. Heute enthüllt man im Schatten der Großen Pyramide die religiöse Vergangenheit des altertümlichen Ägyptens. Was zutage gebracht wird, offenbart die Vergangenheit als ein Zeitalter des Aberglaubens und der Furcht. Es wurde einst als das Zeitalter der Weisheit Ägyptens gepriesen!

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Geschrieben von Drahbeck am 15. Dezember 2004 03:23:48:

Als Antwort auf: Drahbeck am 08. Dezember 2004 06:18:28:

Niederlagen als Siege verkaufend; darin verstand die WTG sich schon immer vortrefflich. Ein Beispiel dieser Art kann man auch der Rubrik „Fragen von Lesern" des „Wachtturms" vom 15. 12. 1954 entnehmen. In der dortigen Frage wird auch darauf Antwort erheischt:
„Wieso können wir sicher sein, daß dies die (WTG)-Organisation ist, deren sich Jehova bedient, wenn doch manchmal Dinge veröffentlicht und später anders dargelegt werden?"

Wohlweislich verzichtet der WT dabei auf eine Detail-Aufzählung, was sich in dieser Organisation so schon alles verändert hat. Man lässt es bei bewusst schwammigen Formulierungen bewenden. Würde man es nicht so handhaben, müsste man in der Tat zu dem Resultat kommen. Da spaziert ein Blinder auf dem zugefrorenem See und sucht verzweifelt das Ufer. Passt er nicht auf; gelangt er womöglich noch zur Seemitte, welche noch nicht zugefroren ist …

Ein beliebter Alibi-Spruch für die WTG ist dabei das „heller werdende Licht" gemäß Sprüche 4:18. Weiter bemüht man den Passus von der „Speise zur rechten Zeit". D a s ist dann das Gummiband um in der Praxis aus weiß schwarz zu machen. Es war eben nicht die „rechte Zeit" für die abgelegten Thesen. Egal was man da nennen will. Die „Himmelfahrt" ab 1878 in „einem sofort" beim Tode der so „Auserwählten". Die „Himmelfahrt" für den „Rest" im Jahre 1914. Die wundersam Auferstehenden Patriarchen im Jahre 1925. Nachdem letztere sich wohl etwas in der Zeitplanung „verspätet" hatten, schon mal vorsorglich eine standesgemäße Villa für sie in San Diego errichtend. Die gar wunderlichen „Bestätigungen" dieser ganzen Spekulationen aus einer Alt-Pharaonischen Pyramide. Den technischen Fortschritt in einigen Bibelbüchern „prophezeit" und „zeitgerecht" erfüllt zu wähnen. Die Liste solcher Narreteien könnte noch um einiges verlängert werden.

Nachdem das alles irgendwann mal zu den Akten gelegt (gelegt werden musste), war es eben „helleres Licht". Ein Kardinalsatz in dieser WT-Ausführung auch der:
„Es könnte eine Parallele gezogen werden zwischen der ersten und der zweiten Gegenwart Christi Jesu. Bei seinem ersten Kommen dachten die Apostel bestimmt zuerst, er werde nur ein irdischer König und das Königreich werde ein irdisches sein. Erst nach Pfingsten erfuhren sie, daß es ein himmlisches Königreich sein werde."

Damit ist die Grundsubstanz der Selbstbelügungsreligion Christentum angesprochen. Statt eines erwarteten imaginären „Königreiches Gottes" kam eine Beamtenkirche. Und je stärker letztere im laufe der Zeit wurde, um so mehr kristallisiert sich der Grundsatz einer herrschenden Priesterkaste und einer von vorne und hinten gemolkenen „Laienschaft" heraus. Der Weg der Zeugen Jehovas ist sicherlich noch nicht an seinem Endpunkt angelangt. Die gleichen Gesetzmäßigkeiten sind allerdings, schon heute bei ihnen ebenfalls registrierbar!

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Geschrieben von Drahbeck am 22. Dezember 2004 04:05:43:

Als Antwort auf: Drahbeck am 15. Dezember 2004 03:23:48:

Letztendlich huldigt „Erwachet!" wieder einmal seiner Lieblingsthese, wenn es die nachfolgenden Ausführungen zum Thema Bibel vorträgt:
„Die Bibel soll wahr sein? Lächerlich! Ruft der Gottesleugner, der Agnostiker [Agnostizismus = phil. Lehre, daß man von Gott nichts wisse, weil Übersinnliches nicht erkennbar sei] und der Deist [Deismus = Glaube daß Gott seit der Urzeit der Schöpfung nicht mehr in den Lauf der Welt eingreife]. Im Gegenteil, sie ist ein unsittliches und widerspruchsvolles Buch!

Die Bibel soll wahr sein? Unmöglich! Ruft der Evolutionist. Ihre Schöpfungsgeschichte, ihr Bericht über die Sintflut und das Stillstehen widerspricht allen bekannten wissenschaftlichen Tatsachen!

Die Bibel soll wahr sein? Das soll doch nicht heißen, alles, was darin stehe, sei ernst zu nehmen? Fragen mit gespielter Ungläubigkeit die Vertreter der höheren Kritik. Ihre Berichte sind doch nicht geschichtlich. Beim Lesen der Bibel müssen wir unterscheiden zwischen dem Weizen oder den weisen Worten und edlen sittlichen Grundsätzen einerseits und der Spreu oder den Legenden, Mythen und Altweibergeschichten andererseits.

Die Bibel soll wahr sein? Damit will man doch nicht sagen, daß wir ihre Lehren ernst nehmen sollen? Fragt zynisch der Modernist. Wer das täte, würde ja in einer Anstalt für Geisteskranke landen. Ihre Philosophie ist einfach unbrauchbar in diesem Zeitalter der Wasserstoffbombe.

In Antwort darauf, meint „Erwachet!" dann weiter:
„Der Nachfolger Christi Jesu aber vertritt unzweideutig die gleiche Auffassung wie sein Meister, nämlich: 'Dein Wort ist Wahrheit.'"


Damit ist die Polarisierung deutlich. Deutlich ist aber auch, was für die WTG dabei das entscheidende Argument ist. Das des Glauben
w o l l e n s.

Wer denn glauben will, der tut dem Entgegenstehendes „mit Links" ab, was man auch sehr gut bei den Zeugen Jehovas studieren kann.

Als „Kronargument" indes meint „Erwachet!"
„Und vor allem vermittelt uns die Bibel Hoffnung auf eine neue Welt".


Wie das indes in der Praxis aussieht, kann man an den einschlägigen Endzeittheorien der Zeugen Jehovas, inklusive ihrem Scheitern, studieren. Letzteres will man so nicht wahrhaben, weil man ja glauben w i l l. Und so schließt sich denn wieder der Kreis.
Glauben wollen, steht in der Tat diametral zur Wirklichkeit. Das aber hat Glauben

w o l l e n d e , noch nie sonderlich angefochten. Der Glauben schafft sich eben seine eigene „Wirklichkeit". Ein Beispiel dieser Art, sind auch die Theorie des Ivan Panin, die folgerichtig, auch in der WTG-Literatur, schon ihren Niederschlag fanden.
Ivan Panin

1954

Kommentarserie 1953

Kommentarserie 1955

 

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