Geschrieben von D. am 10. Juni 2004 06:33:57:
Letztendlich ist dieser Bericht dem Bereich Ehescheidungen zuzuordnen, indem es
bekanntlich nicht immer "fein" zugeht. Dennoch, die sich darin offenbarende
Härte schockiert. In der CV 162 und 163 gelesen (auszugsweise):
Eines Tages standen die Zeugen Jehovas vor seiner Tür, und sein individuelles Unglück
begann.
IM September 1977 wurde ich mit meiner damaligen Lebenskameradin in Leipzig in der
Stötteritzer Straße von zwei jungen Frauen, die sich als Christinnen ausgaben, besucht.
Es waren Frau Maria B. und Frl. Elke P., die von der Org. der ZJ damit beauftragt waren,
in diesem "Bezirk" Predigtdienst auszuüben. Uns war anfangs nicht klar, welcher
Glaubensrichtung o ä. beide angehörten. Sie erschienen uns als christlich plaudernde,
politische Wirrköpfe, die sich als neutral, völlig unpolitisch hervorhoben. Von den ZJ
und ihrer WTG war mir bin zu diesem Zeitpunkt nichts bekennt. Meine Lebenskameradin wollte
von dieser Sache nichts weiter wissen und erkannte richtig, daß ich nur Interesse an Frl.
Elke P. bekundete.
Sie erklärte meiner Schwester, daß es doch unmöglich sei, daß ich so oft bis in die
Nacht hinein mit E. P. nur das Vaterunser beten würde und davon häufig angetrunken nach
Hause kommen könnte. Die Lebensgemeinschaft wurde dadurch zerstört, so daß ich mein
Verhältnis zu E. P. weiter ausbaute, da dieses ohnehin schon intim war.
EINE Ehe kann aber nach den WTG-Gesetzen ohne eine Trennung von der "Welt" nicht
geschlossen werden, so daß ich im Februar 1979 meinen Austritt aus der SED - unter Angabe
anderer Gründe - erklärte und im Mai 1979 heiratete. Für mich begann zu diesem
Zeitpunkt bereits "Harmagedon" und das nicht zu Unrecht. Die Konsequenzen hatte
ich allein zu tragen. Eine helfende Hand seitens der ZJ bot sich mir als
"Weltlichen" nicht. Für sie war es Satan, der mit Versuchungen kam und mich
niederwarf. Ich hatte jedoch schon längst begriffen was ich meiner Frau zuliebe auf mich
genommen hatte.
AUFGRUND meines vorgenommenen Wohnsitzwechsels in die Mölkauer Straße wurde ich durch
meine Frau, ihrer dort lebenden religiösen Mutter sowie deren "Brüder" und
"Schwestern" immer mehr in die Enge getrieben. Von nun an hatte ich morgens den
obligatorischen Tagestext vorzulesen und die WT (diese brachten mich oft zur Verzweiflung)
zu studieren.
DAS Beten übernahmen (Gott sei Dank) meine weiblichen "Oberhäupter". Es kam
nicht nur einmal vor, daß meine Schwiegermutter während ihres morgendlichen Gebets vor
dem Frühstück einschlief. So wurde es mir hin und wieder ermöglicht, meinen Kaffee
heiß zu trinken. In den Kreisen der ZJ wurde ich zunehmend kritisiert, angegriffen, als
arrogant abgestempelt und dann gemieden, weil ich ihnen klar darlegte, wie politisch aktiv
sie sind. Auch das Studium der Monatsschrift CV empfahl ich ihnen aus diesen Gründen.
IN unserer kleinen Leipziger Wohnung wurden Versammlungen der ZJ, Klubabende usw.
durchgeführt. Während dieser Zeiten mußte ich spazieren gehen, vor der Tür warten,
wenn ich zu früh nach Hause kam oder ins Bett gehen, weil eine Teilnahme aufgrund meiner
"gefährlichen Philosophie" nicht erwünscht war bzw. mir die Teilnahme in
fremden Wohnungen untersagt wurde. Daher verließ ich Leipzig an den Wochenenden, um diese
in der elterlichen Wohnung in Ruhe verbringen zu können. Meine Frau ging darüber hinaus,
noch "Zeugnisgeben". Als mir im Juli 1982 von den ZJ mitgeteilt wurde, daß 5
meiner Angehörigen getaufte ZJ geworden waren, war ich tief erschüttert. Nun schien für
mich erst recht alles sinnlos, zwecklos, ausweglos.
DANN kam jedoch die längst überfällige Wende - ich konnte mich nicht mehr länger
als Außenseiter der Gesellschaft treiben lassen (auf mein Wahlrecht hatte ich meiner Frau
zuliebe ebenfalls verzichtet). Meine erste Aufgabe bestand darin, meine nächsten
Angehörigen lfd. verstärkt aufzuklären. Meine Mutter und meine Schwester traten dann -
auch nach reichlich negativen persönlichen Erfahrungen - aus der Organisation der ZJ aus.
Danach erfolgte nach bereits innerlich vollzogener Trennung von meiner Frau auch die
räumliche.
AM 22.2.1982 zog sie mit ihrer Mutter in unsere Ausbauwohnung in die Engelsdorfer
Straße. Vier Tage zuvor wurde ich davon in Kenntnis gesetzt. Auch die Wohnung in der
Mölkauer Straße sollte ich nicht erhalten.
OHNE mein Wissen verkaufte meine Frau einiges Mobiliar. Für mich sollte nur die
Straße bleiben, denn sie wußte genau, daß ich - auch wegen der in der Engelsdorfer
Straße noch wohnenden ZJ - nicht mitziehen würde.
ALS meine Schwester und ich am 24. 2.1982 wieder nach Leipzig kamen, TRAUTEN WIR UNSEREN
AUGEN NICHT. WIR FANDEN EINE LEERGERÄUMTE, MENSCHENUNWÜRDIGE WOHNUNG VOR, DIE NICHT
EINMAL LEBENSNOTWENDIGE DINGE AUFWIES. Meine Schwester wurde in der Uni-Klinik von einem
Nephrologen behandelt, der eine akute Nierenbeckenentzündung diagnostizierte und ihr
strenge Bettruhe verordnete mit dem Hinweis, sich in Leipzig pflegen zu lassen. Die
Wohnung in der Mölkauer Straße besteht aus einem Wohnraum mit defektem Kachelofen, zwei
halben unbeheizbaren Räumen und einer Kochnische, in der sich noch ein dreiflammiger
Gasherd befand. Eine Abflußmöglichkeit war nicht mehr vorhanden, so daß die täglichen
Waschungen in einem Eimer erfolgen mußten. Auch waren keinerlei. Schlaf- und
Sitzmöglichkeiten vorhanden, so daß ich uns - meine Mutter mußte ich wegen der
Betreuung meiner Schwester mit nach Leipzig holen - zwei Liegen, drei Matratzen, ein paar
Decken, Töpfe, eine Kochplatte sowie eine Heizröhre aus der elterlichen Wohnung holen
mußte. Hausbewohner fanden die Schilderung unglaubhaft und durften mit meiner
Einwilligung die hinterlassene Wohnung besichtigen.
AM 4.3.1982 kamen meine Frau und meine Schwiegermutter, um sich die zwei restlichen
Deckenleuchten, Gardinen, den Fußbodenbelag sowie zwei Kartons mit diversem Kleinkram
abzuholen. Als meine Mutter den Bescheid gab, die Dinge um 17.00 Uhr in meiner Anwesenheit
abzuholen, wurde von ihnen sofort polizeiliche Hilfe zur "Unterstützung einer
Bürgerin" angefordert. Hierbei muß noch einmal betont werden, daß meine
Schwiegermutter - wenn auch inoffiziell - bereits in die Engelsdorfer Straße verzogen
war. Dem Genossen der V(olks) P(olizei) erklärte sie jedoch, ihr Wohnsitz, sei in der
Mölkauer Straße, und sie befände sich nur zur Pflege ihrer Tochter in der Engelsdorfer
Straße.
DAS Hausbuch (in der DDR notwendige bürokratische Formalie) nahm meine Schwiegermutter
ebenfalls unberechtigt in die Engelsdorfer Straße mit.
IM Handumdrehen waren die wenigen Habseligkeiten nach unten gebracht. Das war eine
"Gütertrennung" nach Art der ZJ, und dies völlig widerspruchslos im Beisein
eines Ältesten, aus der Engelsdorfer Str. Er hielt sich an die Kampflosung der ZJ:
ZUSAMMENHALTEN, AUCH WENN WIR IM UNRECHT SIND! Mit dem Zusatz "Du bekommst noch deine
Strafe" verließen sie gemeinsam die Mölkauer Straße. Zu dritt saßen wir auf der
Dielung auf einer Decke um die Heizröhre, welche nach kurzer Zeit keine Wärme mehr
spendete. Da kam mir der Gedanke, einmal im Sicherungskasten nachzusehen. Dabei mußte ich
feststellen, daß die "Auserwählten Gottes" außer den Sicherungen noch die
Fassungen ausgeschraubt und mitgenommen hatten. In diesem Moment hätte ich die Fassung
verlieren können, denn wie sollte ich meiner kranken Schwester die zur Heilung notwendige
Wärme geben? Dies war der Gipfel der Unmenschlichkeit der Praktiken der ZJ. Es gab weder
Essen noch Trinken sowie Licht, dafür aber ein eiskaltes Zimmer Anfang März. Bis zum
heutigen Tage bin ich noch nicht im Besitz der Hausschlüssel, Briefkastenschlüssel sowie
aller Kellerschlüssel gelangt. Die Kohlen mußte ich, um überleben zu können, aus
Helbra mitbringen und nach oben in die Wohnung tragen.
BEIM Verschließen der Wohnung in der Mölkauer Straße mit einem
Sicherheitssteckschloß, ließ meine Frau dieses herausbohren, um in die Wohnung während
meiner Abwesenheit zu gelangen. Wie oft ich von den ZJ in meiner Abwesenheit kontrolliert
werde, ist mir unbekannt. Auch den Gasherd verkaufte meine Frau noch.
Nicht genug, daß meine Frau der Grund und Anlaß für meine gesamte berufliche und
private Misere war/ist, will sie außerdem noch weitere Forderungen finanzieller Art an
mich stellen, was mein Fassungsvermögen übersteigt! ...
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