Der vorangegangene Jahrgang   1953

Vor (mehr) als 50 Jahren

Was 1954 Wahrheit war

Außer Spesen - nichts gewesen

Förmlich "aus dem Häuschen" waren da einige Zeugen Jehovas, schon zunehmend Ende des Jahres 1953. Besonders "kluge" unter ihnen pflegten ellenlange Vorträge darüber zu halten, welche Bedeutung wohl in der Bibel die Zahl vierzig habe. So habe doch gemäß der Bibel die Sintflut vierzig Tage gedauert. Ferner sollen die Israeliten vierzig Jahre lang in der Wüste umhergeirrt sein, bevor sie das "Heilige Land" erreichten. David soll vierzig Jahre regiert haben. Jona soll den Untergang Ninivis vierzig Tage lang angekündigt haben. Und Jesus gar, soll auch vierzig Tage und Nächte hintereinander gefastet haben. Auch sei er seinen Jüngern nach der Auferstehung noch vierzig Tage lang erschienen. Na also, wenn das mal nicht alles eine "tiefere" Bedeutung hätte.

So las man etwa in dem 1955 erschienenen WTG-Buch "Neue Himmel und eine neue Erde" auch (S. 203):

Während nahezu vierzig Jahren vor dem Jahre 1914 blickten die gesalbten Kinder des himmlischen Zion nach der für damals erwarteten vollen Aufrichtung des Königreiches Gottes aus. Bereits im Jahre 1877 hatte das Buch 'The Three Worlds' (Die drei Welten, engl.); an dessen Herausgabe der erste Redaktor der Zeitschrift 'Der Wachtturm' (engl. Ausgabe) mitwirkte, die Aufmerksamkeit auf dieses Jahr gelenkt. Auf Seite 189 sagte er zum Beispiel: "Und von dem Zeitpunkte an, da die Ernte des jüdischen Zeitalters begann, bis zum Jahre 70 n. Chr. waren es vierzig Jahre, somit dauern diese 2520 Jahre oder die 'Heidenzeiten' vom Jahre 606 v. Chr. bis zum Jahre 1914 n. Chr., d. h. vierzig Jahre über das Jahr 1874 hinaus." (Siehe auch Seite 83, 165). Und in der dritten Ausgabe des Watch Tower (Wachtturm, engl.) vom September 1879 Seite 2, wies der Redaktor auf dasselbe Jahr (1914) hin, indem er schrieb: "Wir glauben, daß das Wort Gottes uns den sicheren Beweis dafür liefert, daß wir nun an diesem 'Tag des Herrn' leben, daß er im Jahre 1873 begann und vierzig Jahre dauern wird."

Zum Leidwesen, dieser "ach so klugen", unterließ es allerdings die WTG in jenen Tagen um 1954, auch mal einen entsprechenden Wachtturmartikel zu veröffentlichen, der die vorgenannte These erneut verkündet hätte. Wäre das doch der Fall gewesen, hätte ihre Euphorie wohl keine Grenzen mehr gekannt. So aber, mussten sie "vorerst" kleinere Brötchen backen.

So geht auch das WTG-Buch "Jehovas Zeugen in Gottes Vorhaben" in verklausulierten Wendungen indirekt darauf mit ein. Man liest dort (S. 269)

Weißt du (der fiktive Interessierte Louis in diesem Buch), das "Königreich der Himmel", in dem Jesus Christus als König zur Rechten seines Vaters zur Macht gekommen ist, beendete das vierzigste Jahr seiner Herrschaft inmitten seiner Feinde um die Zeit des 1. Oktober 1954. Inmitten des ersten Weltkrieges, im Jahre 1914, hatte es seine Herrschaft begonnen, und es beendete sein vierzigstes Jahr inmitten des "kalten Krieges", der zwischen dem Ost- und Westblock der Feinde des Königreiches nach dem zweiten Weltkrieg folgte. Jehovas Zeugen, die die Zeiten und Zeitabschnitte in Verbindung mit dem Vorhaben Gottes gut kennen, traten in das vierzigste Jahr des Königreiches ein, ohne in die schrecklichen Voraussagen mit einzustimmen, die einige Religionisten hinsichtlich des Jahres 1954 auf Grund ihrer Ideen über parallellaufende Zeitabschnitte der Geschichtsereignisse machten.

Das ausbleiben entsprechender "Wahrheit" vom Brooklyner Kanal hinderte die danach Süchtigen indes nicht, weiter "felsenfest" ihren Wunschthesen anzuhängen. Sie studierten die Weltlage azfmerksam, um in allen unerfreulichen Zeiterscheinungen eine "Bestätigung" dafür zu finden. Man vergleiche mal als Zeitzeugenbericht den des Helmut Senger, mit seiner Aussage:

Die damalige politische Allianz De Gaulle - de Gasperi - Adenauer unter "Rom" waren die Wiederherstellung der Macht "Babylons". Auch sollten "drei unreine Geister" wie Frösche ausgehen und quaken. Das sind die, welche viel über Verständigung und Frieden reden mit dem Stockholmer Appell zur Achtung der Atomwaffen. Und Politik, Kapital und Religion sind die Pfeiler, auf die sich das Gebäude der UN stützt, worin auch Rußland sitzt. Ein Pfeiler, die Religion, wird in Kürze stürzen und damit kommt Harmagedon, das Weltende. Das kommt ganz unmittelbar. Das ist ganz nahe. Man hatte da gleich an einen neuen Weltkrieg gedacht, weil das doch praktisch vor sich gehen muß, wie sollte sonst der

Weltuntergang praktisch kommen. Rußland würde den religiösen Pfeiler stürzen, damit es losgeht. Senger

Das alles habe auch ich noch als Kind miterlebt. Man vergleiche im Zusammenhang damit stehend auch:

AdamRutherford

Dann war es da, auf einmal, das Jahr 1954. Man tröstete sich, es wird wohl erst um den Monat Oktober soweit sein. Wäre es indes schon früher - auch nicht schlecht. Am Jahresende 1954 ging die WTG dann auf die Zahl vierzig ein. Allerdings nicht so, wie es einige gehofft hatten. Im Wachtturm vom 15. 12. 1954 S. 743 las man:

"Bereits sind vierzig Jahre dieser Generation, die dazu verurteilt ist, den Zorn des Tages Jehovas zu spüren, vergangen. Nur noch wenige Jahre verbleiben …"

Es hätte eigentlich wie eine kalte Dusche wirken müssen, und war auch so konzipiert, dass ausgerechnet Anfang des Jahres 1954, die WTG in einem Artikel auf diese Erwartungen indirekt einging. Bestätigt hat die WTG das Wunschdenken damals nicht. Aber wer sich so in Euphorie verrennt, der nimmt das vielleicht gar nicht einmal wahr. So war es auch 1954. Keiner jener, die da besonders vorgenannte Thesen verbreiteten, ist danach zur Besinnung gekommen. Alle sind weiter im althergebrachten WTG-Trott weitermarschiert.

Konnte der WTG besseres wiederfahren? Wohl kaum. Ihr Fußvolk läßt sie weiter hoffen und harren. Und ihre Manager sind sich schon längst darüber im klaren, dass alles eine Fata Morgana ist und weiter bleiben wird. Aber da ihr Fußvolk weiter nach der Fata Morgana japst, verzichten sie auch nicht darauf, scheinbar diesen Wünschen nachzukommen.

Man kann da wohl nur sagen: Einige w o l l e n belogen werden. Und sie können sicher sein: Sie w e r d e n belogen! Das ist wohl das einzigste, was an der gesamten WTG-Ideologie zutreffend ist.

In der Ausgabe vom 1. Januar 1954 des "Wachtturms" machte die WTG einmal einige geschichtliche Ausführungen, die verdeutlichen, dass ihr der Geschichtsverlauf sehr wohl bekannt ist. Man las in diesem Artikel:

Einige haben zum Beispiel die unruhevollen Zeiten vom Jahre 66-70 n. Chr. als Zeichen des nahenden Endes angesehen und so gedeutet. Nach der Zerstörung Jerusalems sollte Christus bestimmt erscheinen. Aber die Fehde zwischen Juden und Römern bildete nicht das Zeichen der Gegenwart Jesu, noch waren es die Hungersnöte und Seuchen, die nachfolgten.

Die frühen Erwartungen der Wiederkehr Christi während des zweiten, dritten und vierten Jahrhunderts erwiesen sich als falscher Alarm. Der sogenannte Brief des Barnabas gemäß dem Didache (einem christlichen Handbuch des zweiten Jahrhunderts) vertritt die Ansicht, "die letzten Tage seinen herbeigekommen, da die gegenwärtige Welt zusammen mit dem Bösen durch den wiederkehrenden Herrn vernichtet werde." Fast 6000 Jahre - so dachte man - seien seit der Erschaffung vergangen. … Der siebente Tag von 1000 Jahren werde nun mit dem Zweiten Advent beginnen. Irenäus unterstützt Barnabas und "setzt das Ende der Welt und die Rückkehr Christi auf 6000 Jahre nach der Erschaffung an." Lactantius stimmt mit ihnen überein und glaubt, daß "die gegenwärtige Welt höchstens weitere 200 Jahre bestehen könne und das Ende täglich zu erwarten sei." Tertullian sagt den Niedergang des Römischen Reiches voraus, das Emporkommen des Antichristen und dachte, er selbst lebe in der "letzten Zeit". Hippolytus bestimmte den Tag für die Wiederkehr Christi auf 500 Jahre nach der Geburt Christi. Und es gab noch eine Menge anderer, Commodianus, Methodius von Olympus in Lyzien, Victorinus von Pettau und den ägyptischen Bischof Nepos, die alle wilde Voraussagen über Christi Wiederkehr machten.

Damit nun niemand auf den Gedanken kommen könne, die WTG habe diesen Thesen nunmehr "abgeschworen", geht es weiter mit dem Satz:

Wie nach diesen falschen Alarmblasen und ohne Zweifel nach dem Plan des Teufels zu erwarten war, wurde die Lehre von der Wiederkehr Christi sehr unpopulär. Die Leute betrachteten irgend jemandem, der es wagte, die Lehre zu erwähnen, spöttisch und mit Zweifel. Das Buch der Offenbarung wurde verworfen und das Werk des Ketzers Cerinth genannt. Neue Theorien wurden eingeführt und popularisiert. Origenes argumentierte gegen ein buchstäbliches Erscheinen Christi. Er lehrte, daß die Wiederkehr Christi sich durch die Macht des Evangeliums verwirkliche, daß die Welt nicht vernichtet, sondern durch das Predigen des Christentums umgewandelt werde.

Eine weitere Theorie, die eine Zeitlang populär blieb, wurde dargelegt durch Donatist Tychonius, der in seinem Kommentar über die Offenbarung erklärt, daß Christus nicht kommen werde, bis die Donatisten-Kirche in der Welt festen Fuß gefaßt habe und stark genug sei, dem Heidentum und der falschen Religion des Katholizismus zu widerstehen.

Augustinus von der Katholischen Kirche verabschiedete die ganze Idee, Christus werde noch kommen, indem er sagte, das Königreich sei beim ersten Kommen Christi aufgerichtet worden, Christus habe bei seinem ersten Kommen Satan, den Teufel gebunden und habe damals zu herrschen begonnen. Augustinus behauptete, das Kommen Christi gehe in seiner Kirche fortgesetzt vor sich, "das heißt in seinen Gliedern, in denen er nach und nach und Stück um Stück komme, da die ganze Kirche sein Leib ist". Augustinus glaubte ferner, die Milleniumsherschaft Christi werde um das Jahr 1000 enden, und um jene Zeit könne endgültig Christus als Richter erwartet werden.

Als sich das Jahr 1000 näherte, begannen viele Religiösgesinnte zu denken, das Gericht und feurige Ende der Welt werde in diesem Jahre eintreten. Die Erregung verbreitete sich weithin durch Westeuropa, weil man befürchtete, daß der "Tag der Rache" Gottes herbeigekommen sei. Als die Welt in jenem Jahre nicht verbrannte, dachten die Religionisten, dies sei der Beweis, daß die tausend Jahre der Offenbarung 20:2 keine buchstäbliche, sondern eine unbestimmte Zeitspanne sei und daß die Katholische Kirche, die die sogenannte "Mutter"-Kirche war, darin bereits regiere.

Nach der Zeit des Augustinus wurden die Angriffshandlungen der Sarazenen, die Kreuzzüge, das Emporkommen der Mönchsorden während des 13. Jahrhunderts, ferner die Wirren der Welt im 14. Jahrhundert alle falsch gedeutet als "Zeichen", die die bevorstehende Rückkehr Christi voraussagten. Joachim von Floris fand heraus, daß die 1260 Tage, die in Offenbarung 12:6 erwähnt werden, mit dem Jahre 1260 n. Chr. in Verbindung stehen könnten, mit der Zeit, da Christus wiederkomme. Milicz von Kromeriz, ein Vorläufer von Johannes Hus, blickte zwischen den Jahren 1365 und 1367 nach dem Kommen Christi aus. Wiklif wies auf die Macht des Papsttums hin und hob hervor, daß die Zeit der Wiederkunft herbeigekommen sei. Johann Napier sagte das kommende Ende des Bösen und die Wiederkehr Christi für die Zeit zwischen den Jahren 1688 und 1700 voraus. William Whiston wählte zuerst das Jahr 1715, dann 1734 und später das Jahr 1866 als das Jahr für die Einführung des Milleniums.

Zu Anfang des 19. Jahrhunderts eilte Christoph Hoffmann von Deutschland nach Jerusalem mit dem Plan, den Tempel als Vorbereitung auf die baldige Wiederkehr Christi aufzubauen. William Miller sagte voraus, daß Christus während des Jahres 1843 erscheinen werde, doch später verschob er den Tag auf den 22. Oktober 1844.

Weiter zur Neuzeit übergehend ist es bemerkenswert, dass der WT, die eigenen Datenspekulationen; etwa für 1914, 1918 und 1925, nicht für erwähnenswert hält. Statt dessen weist er auch auf eine verhältnismäßig unbekannte adventistische Splittergruppe hin, die da auch für diese Zeit eine Datenspekulation tätigte. Getreu der auch von der WTG praktizierten Devise. Der Dieb ruft: Haltet den Dieb!

Das liest sich dann im WT so:

Mit Kommen des 20. Jahrhunderts gab es einen neuen Pfeilregen von Alarmgerüchten. "Rüstet euch auf den Tod! Seid zu jeder Stunde bereit! Das Ende der Welt ist herbeigekommen!", so hieß es auf Plakaten während eines Adventisten-Kongresses in Paris am 20. August 1927. Die Adventisten glaubten, daß die Rückkehr Christi die Verbrennung der Erde bedeute. Die Gerechten sollten errettet werden, indem sie in den Himmel kämen. Schon vorher, als der Erste Weltkrieg einen Höhepunkt erreichte, wurde ein Manifest von einer Anzahl der hervorragendsten Geistlichen Englands herausgegeben. In diesem Manifest hieß es unter anderem, "daß die gegenwärtige Krise auf das Ende der Zeiten der Heiden hindeutet. Zweitens - daß die Offenbarung des Herrn in irgendeinem Augenblick erwartet werden kann, wenn er sich seinen Jüngern am Abend seiner Auferstehung offenbar. Drittens - daß die vollendete Kirche verwandelt werden wird, um für 'immer bei dem Herrn' zu sein". Dieses Manifest wurde unterzeichnet von führenden Geistlichen der Baptisten, Kongregationalisten, Presbyteranern, Episkopalisten und Methodisten.

Chamäleon

Es ist ein sprichwörtliches Tier das Chamäleon, besonders wegen seiner Fähigkeit sein Äußeres urplötzlich zu verändern. Offenbar sehr gut geeignet als Wappentier der WTG zu dienen; denn in ihrer Fähigkeit Niederlagen in Siege umzufälschen, ist sie ja fast unerreicht.

Ein Beispiel dafür auch im Wachtturm Jahrgang 1954 (Ausgabe Wiesbaden S. 762; Ausgabe Bern S. 381). Da stellt sich die WTG folgendes Selbstzeugnis aus:

Keine andere Organisation hat diese Elastizität bekundet, ihre Ansichten zu ändern, mit den wechselnden Zeiten Schritt zu halten und Ausschau zu halten nach dem zunehmenden Licht, das von Jehova aus dem Tempel kommt, denn andere Gruppen sind an ihre jahrhundertealten Glaubensbekenntnisse gebunden. Statt daß man sich an der Bereitwilligkeit der Gesellschaft, ihre Ansichten wenn nötig, zu ändern, sollte dies eine Ursache des Trostes und der Ermutigung sein, eine Zusicherung, daß wir beständig vorrücken und immer mehr lernen, ein immer heller werdendes Licht empfangen, während wir dem vollkommenen Tage mit seiner Mittagshelle näher kommen. Eine falsche Religion mag etwas Wahrheit enthalten, doch wird sie nie frei von ihren vielen Lügen, und die Wahrheit, die sie noch hat, bleibt weiter befleckt. Bei Jehovas Organisation können die Glaubensansichten aus der Bibel nachgewiesen werden, und wenn sich etwa eine irrige Ansicht einschleichen sollte, wird sie rasch entdeckt und ausgeschieden.

Es könnte eine Parallele gezogen werden zwischen der ersten und der zweiten Gegenwart Christi Jesu. Bei seinem ersten Kommen dachten die Apostel bestimmt zuerst, er werde nur ein irdischer König und das Königreich werde ein irdisches sein. Erst nach Pfingsten erfuhren sie, daß es ein himmlisches Königreich sein werde. Vor jener Zeit konnten sie diese Wahrheit nicht erkennen, und sie hegten einen falschen Gedanken, wie dies aus Apostelgeschichte 1:6-8 (NW) hervorgeht:

"Als sie sich nun versammelt hatten, fragten sie ihn: Meister, stellst du in dieser Zeit dem Israel das Königreich wieder her?' Er sprach zu ihnen: 'Es ist nicht an euch, Kenntnis zu erlangen über die Zeiten oder Zeitabschnitte, die der Vater in seine eigene Rechtsgewalt gesetzt hat.'"

Eisenhower

Mit Erscheinen des Propaganda-Buches von Marley Cole: "Jehovas Zeugen die Neue Welt Gesellschaft", kam zugleich auch mit der Aspekt in einer breiteren Öffentlichkeit zum Bewusstsein, dass der vormalige amerikanische General Dwight D. Eisenhower, und Präsident der USA von 1953 - 1961, einer Familie entstammt, die den Bibelforschern zugetan war.

Dem Vernehmen nach, war Eisenhower was seine familiär-religiösen Wurzeln anbelangt, nicht sonderlich gesprächig. Stellte Cole sie zwar betont heraus, so ist bei anderen Quellen eher das Gegenteil der Fall. Man suchte diesen Aspekt herunterzuspielen. Im Juliheft 1954 der Zeitschrift "Zeitwende. Die neue Furche" (S. 487f.) gab es dazu einmal einen Artikel der überschrieben war: "Eisenhowers religiöse Haltung". Seine wesentlichen Aussagen, seien einmal nachstehend dokumentiert:

Die beiden amerikanischen Zeitschriften "Life" und "The Christian Century" haben Paul Hutchinson gemeinsam beauftragt, die religiöse Entwicklung und Haltung Präsident Eisenhowers darzustellen. Wir geben einen Auszug aus seinen Untersuchungen nach "The Christian Century" (71, 1954, 12) wieder.

Was bedeutet die Religion für Präsident Eisenhower? Einem Berichterstatter, der sich mit ihm unterhielt, bevor er Präsident von Columbia wurde, sagte er: "Ich bin der am intensivsten religiöse Mensch, den ich kenne." Selten hält er eine Rede, ohne darauf hinzuweisen, daß die Nation der geistigen Kraft bedarf. Häufiger als die meisten seiner Vorgänger nimmt er am Gottesdienst teil. Er geht zu morgendlichen Gebetsandachten. Seine Kabinettssitzungen beginnen mit Gebet.

Um die Religion des Präsidenten zu verstehen, muß man seiner pietistischen Herkunft eingedenk bleiben. Im Mittelpunkt des Lebens der Familie Eisenhower stand die Religion, und zwar der Glaube an den Buchstaben der Bibel. "Alle Eisenhowers", bemerkte einer der Brüder, "sind Fundamentalisten". Das heißt, daß die Bibel ihnen allen die einzige maßgebliche Richtschnur war. Jeden Morgen wurde bei der Hausandacht aus ihr vorgelesen, und bei Familienentscheidungen wurde sie wieder und wieder zu Rat gezogen. Väter wie Mutter konnten bei jeder Gelegenheit Bibelsprüche anführen.

Als der Sohn des alten Jakob Eisenhower in die Militärakademie eintrat, ließ sein Vater das zu, weil er ihm das Recht zuerkannte, sich seinen Beruf selbst zu wählen. Die Mutter, die leidenschaftlicher an ihren pazifistischen Überzeugungen hing, ließ zu, was der Vater zuließ. Es gab keinen spürbaren Bruch; die starken Bande der Zuneigung zwischen Mutter und Sohn wurden niemals schwächer. Aber gab es Spannungen unter der Oberfläche? Die Mutter, deren Grauen vor dem Krieg, auf ihre Jugenderinnerungen an das verwüstete Shendoah-Tal zurückging, war eine überzeugte Pazifistin, als daß es ihr jemals beim Anblick eines Sohnes in Uniform wohl gewesen wäre, einerlei, wieviele Sterne er auf seinen Schultern trug. "Sie sagen mir, wie stolz ich auf Dwight sein sollte", sagte die alte Frau zu einem Vetter des Präsidenten, dem Pfarrer Witter, einem Bischof der Flußbrüder-Gemeinschaft. "Sie wissen nicht, daß ich, wenn sie weggegangen sind, beiseite gehe und weine."

Der Bischof glaubt, daß sie sich zuweilen im Gespräch mit ihrem Sohn scharf ablehnend über seine Laufbahn aussprach. Wenn der Präsident heute die Bedeutung des religiösen Glaubens so stark betont, so glauben das einige Amateurpsychologen auf das Bestreben zurückzuführen zu können, ein Schuldgefühl abzuschütteln, das ihn überkam, als er sah, wie schwer sein Abfall von ihrem Pazifismus seine Mutter getroffen hatte.

Gewiß ist nur, daß die Mutter im Blick auf Krieg und militärische Laufbahn etwas anderes glaubte als der Sohn. Aber keiner von beiden ließ in der Zuneigung zum andern nach.

Allerdings wurde die Mutter des Präsidenten immer pazifistischer, je älter sie wurde. Das zeigt sich schon daran, daß sie sich von den "Flußbrüdern" abwandte, um sich den Zeugen Jehovas anzuschließen. In ihrer eisernen Entschlossenheit knüpfte diese Frau ihr Schicksal an eine Sekte, der man allenthalben Mangel an Vaterlandsliebe vorwirft und nirgendwo mehr als in einer so kleinen Gemeinde wie derjenigen von Abilene in Kansas. Ob der Vater des Präsidenten jemals zu den Zeugen Jehovas übertrat, ist umstritten.

Flußbrüder - und unter ihnen der bischöfliche Vetter des Präsidenten - sagen, er habe es getan, sei aber vor seinem Tod zu ihrer Gemeinschaft zurückgekehrt. Bestattet wurde er jedenfalls von den Zeugen Jehovas.

In der Akademie von West Point zeigte sich der Kadett Eisenhower nicht besonders an religiösen Dingen interessiert. Natürlich nahm er, wie jeder protestantische Kadett, an den allgemeinen Kapellen-Gottesdiensten teil. Doch niemand kann sich erinnern, daß er jemals etwas von dem getan habe, wodurch Kadetten ihr religiöses Interesse bekunden: eine Sonntagsschulklasse geleitet, an einer Bibelarbeit teilgenommen, beim Christlichen Verein Junger Männer mitgewirkt.

Manchmal betont der Präsident die religiöse Grundlage seines politischen Glaubens so stark, daß er Demokratie und Religion beinahe gleichsetzt. Als er sich in jenem Interview von Columbia als "den am intensivsten religiösen Menschen, den ich kenne" bezeichnete, fügte er die Behauptung hinzu: "Eine Demokratie kann ohne eine religiöse Grundlage nicht bestehen."

Präsident Eisenhower glaube "gleich vielen Amerikanern sehr glühend an eine sehr verschwommene Religion". Es war vielleicht unvermeidlich, daß sich Eisenhower im Wahlkampf des Wortschatzes der Kirhen bediente, die er vierzig Jahre zuvor kennengelernt hatte, und ihre Gedanken wiederholte.

In seine Umgebung berief er den vielleicht aktivsten protestantischen Laien der Nation als Staatssekretär, und zum Landwirtschaftsminister ernannte er einen Apostel der Mormonen.

Mit das erste nach seiner Wahl war es, daß Eisenhower einer Kirche beitrat. Seine Wahl unter den protestantischen Kirchengruppen scheint weitgehend dadurch bestimmt worden zu sein, daß Frau Eisenhower Presbyterianerin ist! Man zweifelt, daß er jemals das Glaubensbekenntnis von Westminster gelesen hat, oder darauf gefaßt wäre, einige seiner mehr calvinistischen Sätze zu verteidigen.

Er hat wenig Verständnis für die Spaltungen zwischen den Kirchen; zu den Dingen, die er bei seinen Reden vor Kirchenleuten am häufigsten hervorhebt, gehört ihre wesenhafte Einheit im gleichen Ziel, um derentwillen sie ihre Unterschiede zurückstellen sollten.

Himmlerbrief

Jahrelang galt er in der frühen Bundesrepublik als "Historikerpapst". Die Rede ist von Gerhard Ritter (1888-1967), der schon in der Weimarer Republikzeit eine Professur innehatte, diese auch im Naziregime (fast) ungebrochen fortsetzen konnte. Das "fast" bezieht sich auf die Jahre 1944/45, wo er im Zusammenhang mit den Anstrengungen der Nazibehörden, die Hintergründe des 20. Juli 1944 detailliert auszuleuchten, auch in deren Fadenkreuz geriet. Immerhin hatte Ritter diese Phase seiner Biographie lebend überstanden und konnte nach 1945 ungebrochen, seine universitäre Laufbahn fortsetzen.

Er ist schon vielfach zitiert worden der Himmlerbrief, (etwa von Friedrich Zipfel und andere, einschließlich der WTG), wo er sich darüber verbreitete, die Bibelforscher/Zeugen Jehovas als "zukünftiges" Pazifierungswerkzeug auf die Bewohner der Sowjetunion anzusetzen. Himmlers "Wehrbauerhöfe" bestückt mit Zeugen Jehovas wurden so keine Realität mehr. Aber die "Pazifizierung der Russen" im Himmler'schen Sinne, hat es als Treppenwitz der Geschichte doch noch gegeben. Der Verkäufer der Sowjetunion, Gorbatschow, sorgte dafür, dass dies, wenn auch spät noch möglich wurde.

Zipfels Buch, mit dem Himmlerbrief im Dokumenteil, erschien 1965. Andere die das auch zitiert haben dann noch später. Vielfach übersehen indes ist der Tatbestand, dass Ritter bereits im Jahre 1954 dieses Dokument erstmals publizierte. In Heft 3/1954 der Zeitschrift "Geschichte in Wissenschaft und Unterricht". Seinen Ausführungen gab er die Überschrift "Wunschträume Heinrich Himmlers am 21. Juli 1944". Er teilt mit, dass er bei der Sichtung des Nachlasses von Himmler, der im unter amerikanischer Verwaltung stehenden "Document Center" in Westberlin aufbewahrt wurde, und für die deutschen Forschern in nicht seltenen Fällen der Zugang verweigert wurde; daher Ritter eher ein Ausnahmefall ist. Das er dort auf jenes Dokument stieß. Bei seiner ausführlicheren Publizierung fügte Ritter auch noch ein paar ergänzende Anmerkungen mit hinzu, die so von Zipfel (der nur gekürzt zitiert hat) und Nachfolger nicht mit übernommen wurden. Auch unter diesem Gesichtspunkt verdient die Ritter'sche Edition noch heute ihre Beachtung. Nachstehend einige wesentliche Ausführungen daraus:

Auf der Suche nach Materialien zur Geschichte des 20. Juli 1944 stieß ich, halb zufällig, unter diesen Papieren auf einen Brief Heinrich Himmlers an Dr. Kaltenbrunner, dem Gestapo-Chef und Organisator der Gestapo-Kommission zur Untersuchung des Aufstandsversuches, datiert 21. Juli 1944, also einen Tag nach dem Attentat.

Am 28. 7. erhielten verschiedene Dienststellen einen Durchschlag des hiernach mundierten, aber weiterhin auf 21. 7. datierten Schreibens nebst kurzen Begleitschreiben des Adjutanten "mit der Bitte um Kenntnisnahme".

Das Übersendungsschreiben an Kaltenbrunner enthält den Vermerk: "Eine Abschrift in großer Maschienenschrift ohne den Punkt 6 wurde für den Führer angefertigt."

Der Reichsführer SS

Feldkommandostelle, 21. 7. 44

Lieber Kaltenbrunner

Mehrere Vorgänge und Probleme haben mich in der letzten Zeit zu folgenden Erwägungen und zu den unten beschriebenen Absichten geführt:

Die Probleme sind das der Bibelforscher, die Kosakenfrage und in Berührung damit die Wlassow-Frage, sowie der Gesamtkomplex, wie wollen wir Rußland wenn wir - was im Laufe der nächsten Jahre bestimmt erfolgen wird - große Flächen und Teile von ihm wieder erobern, dann beherrschen und befrieden?

1. Ich bin der Überzeugung, daß Stalin und auch sein Nachfolger, falls er bolschewistisch ist, vom Kolchos-System nicht abgehen kann … Wenn nun Stalin und der Bolschewismus vom Kolchossystem nicht abgehen können, wird jeder selbstständiger Bauer ein naturgegebener Feind von ihm sein …

2. Wir müssen vor dem deutschen Ostwall, den wir einmal errichten werden, entsprechend den großen Vorbildern der K.- und K.-Militärgrenze und dem russischen Vorbild der Kosakenbauern und Soldatenbewegung eine Ostwehrgrenze (mit?) einem Neukosakentum schaffen. Grund und Boden und volle selbständige Existenz und Freiheit wird es für die ukrainische und russische Bevölkerung nach unserem Statut nur an der Kosakengrenze geben.

Hier wird es volle Bauernhöfe geben mit der Bedingung, vom 16. bis zum 60. Lebensjahr Grenzsoldatendienst gegen den Osten zu leisten …

3. … Wir müssen aber noch mehr tun, um das Volk im Hinterland in eine friedliche und uns gegenüber waffenlose Form zu bringen. Jeder Gedanke, eine nationalsozialistische Form einzuführen, ist Wahnsinn. Eine Religion oder Weltanschauung müssen die Menschen haben. Die orthodoxe Kirche zu unterstützen und wieder aufleben zu lassen, wäre falsch, da sie immer wieder die Organisation der nationalen Sammlung sein wird. Die katholische Kirche hereinzulassen, wäre mindestens ebenso falsch; darüber zu sprechen erübrigt sich.

4. Es muß von uns jede Religionsform und Sekte unterstützt werden, die pazifizierend wirkt. Dabei kommt in Frage bei allen Turk-Völkern die Einführung der buddhistische Glaubenslehre, bei allen anderen Völkern die Lehre der Bibelforscher.

5. Die Bibelforscher haben, wie ihnen wohl bekannt sein wird, folgende für uns unerhörte positive Eigenschaften: Mit Ausnahme des Kriegsdienstes und der Arbeit für den Krieg, des Einsatzes für irgendeine - wie sie es bezeichnen - "abbauende" Betätigung, sind sie schärfstens gegen die Juden und gegen die katholische Kirche und den Papst. Sie sind unerhört nüchtern, trinken und rauchen nicht, sind von unerhörtem Fleiß und großer Ehrlichkeit; halten das gegebene Wort, sind ausgezeichnete Viehzüchter und Landarbeiter, sind nicht auf Reichtum und Wohlhabenheit aus, weil ihnen das für das ewige Leben schadet. Insgesamt alles ideale Eigenschaften, wie überhaupt festzustellen ist, daß der Kern der überzeugten, idealistischen Bibelforscher ähnlich wie die Mennoniten beneidenswert gute Eigenschaften hat.

6. Aus diesem Grunde wünsche ich, daß die Bibelforscher in unseren Lagern durch Prüfungskommissionen aus von uns (als) bekannten Bibelforschern überprüft werden, damit alle diejenigen, die sich erst im Lager oder kurz vor ihrer Verhaftung aus Zweckmäßigkeitsgründen als Bibelforscher bekannt haben, ausgeschieden werden.

Dadurch werden alle Fälle von kommunistischer Ausnützung der Bibelforschereigenschaften oder von faulen sogenannten Bibelforschern, die ich da oder dort auf Bauernhöfen erlebt habe, z. B. in Fridolfing-Obb., nicht mehr vorkommen. Es ist damit auch die Möglichkeit gegeben, die echten Bibelforscher in den KL in allen Vertrauensstellungen, die einer geldlichen oder sonst materiellen Belastung ausgesetzt sind, zu verwenden und besonders gut zu behandeln. Damit wieder schaffen wir uns die Ausgangsbasis zum Einsatz dieser Bibelforscher in Rußland in kommenden Zeiten und haben damit die Emissäre mit denen wir das russische Volk durch die Verbreitung der Bibelforscherlehre pazifizieren können.

Heil Hitler. Ihr H. Himmler

Dazu merkt Ritter dann noch an:

Ein Kommentar ist kaum nötig. Die "Internationale Vereinigung Ernster Bibelforscher" eine radikal-pazifistische Sekte mit sozialistisch-kommunistischem Einschlag ist amerikanischen Ursprungs. Sie lebt ganz von der Erwartung des nahen Weltendes, besitzt eine sehr primitive judaisierende Theologie und läßt die ethisch-charitativen Züge des Christentums stark zurücktreten. Patriotismus gilt hier als "Teufelswerk".

Ihre deutschen Anhänger wurden seit 1933 wohl alle eingesperrt, in Konzentrationslagern und Gefängnissen. Ich bin dort 1944 "Bibelforschern" begegnet, die schon seit 11 Jahren in Haft saßen, ohne daß sich ihr religiöser Fanatismus und Missionseifer in geringstem vermindert hätte.

Man traut zunächst seinen Augen nicht, wenn man hier liest, daß diese Leute nach allen ihren Erlebnissen als Missionare im Dienst des "Dritten Reiches" eingesetzt werden sollen … Schon während des Krieges (etwa 1943) erfuhr ich durch einen befreundeten Kollegen, der im Feldquartier der Armee als Generalstabsoffizier tätig war, von gesprächsweisen Äußerungen Himmlers, in denen ebenfalls die Rede davon war, dem russischen Sklavenvolk der Zukunft müsse eine pazifistische Religion beigebracht werden, die es lehre, jede Berührung einer Waffe als Verunreingung zu betrachten und mit Vorliebe Hirse (statt Weizen) zu essen. Die Nachricht war sehr gut bezeugt, aber man hörte sie nicht ohne Mißtrauen an: es klang wie bloßes Stabsgerede. Heute erscheint sie als völlig zuverlässig.

Himmler stammte, wie man weiß, aus einer gut katholischen Familie Münchens und hat in seiner Jugend lange Zeit als Ministrant bei der Messe gedient. Je strenger diese Bindung gewesen war, um so wilder war später der Haß des Renegaten gegen das Christentum. Der Weg seiner geistigen Entwicklung führte über den Rassenmythos der Ludendorff und Rosenberg zu einer Haltung, die ihn zuletzt - ähnlich wie einst Jan Bockelsohn (in Münster) - als Ministranten des Satans erscheinen läßt.

Auch bei inhaftierten Zeugen Jehovas hatten sich zeitgenössisch, die Perspektivischen Himmlerpläne schon herumgesprochen. Ein Beleg dafür auch die Erinnerungen von Hubert Mattischek, der laut A. L. Hillinger „Kraft, die über das Normale hinausgeht" S. 48f.) notierte:

„Gerüchteweise erfuhr man auch vom Geheimplan Himmlers, nach Kriegsende die Zeugen in slawischen Gebieten anzusiedeln. Erstens, um die Slawen zur Arbeitsamkeit anzuregen; zweitens sie zum Pazifismus anzureizen."

Offenbar gab es zu dem Himmler-Schreiben vom 20. 7. 1944 noch zwei Vorläufer-Schreiben, die man mit in die Betrachtung einbeziehen muss. Nachstehend ihre Dokumentation Zitiert sei in diesem Zusammenhang auch noch das nachfolgende bei Hesse/Harder („Und wenn ich lebenslang …„ S. 71f.) in Faksimile wiedergegebene Schreiben:

Der Reichsführer-SS

RF/Dr. I 37/43 Bd 5

Feld-Kommandostelle, 6. Januar 1943

G e h e i m!

Lieber P o h l!

Lieber Müller!

Anliegend ein Vorgang über die 10 Bibelforscherinnen, die auf dem Gut meines Arztes

K e r s t e n arbeiten. Ich. habe die Gelegenheit, dort die Frage der ernsten Bibelforscher von allen Seiten zu studieren. Mir wurde von Frau Kersten ein sehr guter Vorschlag gemacht. Sie sagte mir, dass sie noch nie ein so gutes, williges, treues und gehorsames Arbeitspersonal hatte wie diese 10 Frauen.

Aus Liebe und Güte tun diese Menschen sehr viel. Interessanterweise verdunkeln sie dort nicht deswegen, weil sie den Krieg unterstützen wollen, sondern deswegen, weil zwei unmündige Kinder da sind, denen dadurch etwas passieren konnte, und die noch nicht bekehrt seien. Jehova hätte ihnen aber den Auftrag gegeben, auf das Leben dieser Kinder aufzupassen. Sie halten, sich streng an ihr gegebenes Wort. Sie gaben alle Frau Kersten das Wort, mit keinem Menschen über ihre Bibelforscherlehre zu sprechen. Einzelne Fälle, wo lediglich Leute, die auf den Hof kamen und sie einmal fragten, was für eine Lehre das denn wäre, beweisen klar, dass sie ihr Wort halten. Sie sagten: „Wir haben versprochen, darüber nicht zu reden." -

Eine Ihnen zum Lesen gegebene Zeitung, wiesen die Frauen zurück, denn im Lager wäre verboten Zeitungen zu lesen und sie hätten sich an diese Gebote zu halten, denn auch diese stammten von Jehova. -

Eine der Frauen bekam einmal RM 5.— Trinkgeld von einen Gast. Sie nahm das Geld an um das Haus nicht zu blamieren, lieferte es aber bei Frau Kersten ab, weil der Besitz von Geld im Lager verboten wäre. Die Frauen übernehmen dort freiwillig jede Arbeit. Am Abend stricken sie; Sonntags sind sie ebenfalls in irgend einer Form tätig.

Im Sommer haben sie, bei 1o-, 11- und 12-stündiger Arbeit, als Pilze im Walde zu finden waren, es sich nicht nehmen lassen, zwei Stunden früher aufzustehen, um Körbe voll Pilze zu sammeln. Insgesamt ergänzen diese Tatsachen mein Bild, das ich von diesen Bibelforschern habe.

Es sind unerhört fanatische, opferbereite und willige Menschen. Könnte man ihren Fanatismus für Deutschland einspannen oder insgesamt für die Nation im Kriege einen derartigen Fanatismus beim Volk erzeugen, so wären wir noch stärker als wir heute sind. Natürlich ist die Lehre dadurch, dass sie den Krieg ablehnt, derartig schädlich, dass wir sie nicht zulassen können, wenn wir nicht den größten Schaden für Deutschland haben wollen.

Interessant ist, dass sie Juden, Papst und katholische Kirche fanatisch ablehnen und bekämpfen.

Strafen verfangen bei ihnen gar nicht, da sie mit Begeisterung von jeder Strafe erzählen. Sie nehmen uns die Strafen nicht übel, da wir nach ihrer Ansicht von Jehova ja unsere Aufträge haben und sie durchführen müssen. Jede Strafe ist für sie ein Verdienst im Jenseits. Deshalb wird sich jeder echte Bibelforscher und jede echte Bibelforscherin, unter Hintansetzung aller persönlichen Gefühle - Liebe zu Frau und Kind oder Liebe zu Mann und Kind - ohne weiteres hinrichten lassen und ohne weiteres sterben. Jeder Dunkelarrest, jeder Hunger, jedes Frieren ist ein Verdienst; jede Strafe, jeder Schlag ist ein Vorzug bei Jehova.

Sollten in den Lagern mit den Bibelforschern oder Bibelforscherinnen wieder Schwierigkeiten auftreten, so verbiete ich, dass der Lagerkommandant eine Strafe ausspricht. Jeder Fall ist für die nächste Zeit mir unter kurzer Darstellung des Sachverhaltes zu melden. Ich beabsichtige in Zukunft bei einen solchen Fall das Gegenteil zu machen und der betr. Person zu sagen: Ich verbiete, dass Sie jetzt arbeiten. Sie sollen besseres Essen erhalten als die anderen und brauchen nichts zu tun.

Denn während dieser Zeit ruht nämlich nach dem Glauben dieser gutmütigen Irren jedes Verdienst, im Gegenteil, es werden frühere Verdienst von Jehova abgezogen (seine Buchführung muss eine phantastische sein)

Nun zu dem Vorschlag:

Ich ersuche, den Einsatz der Bibelforscher und Bibelforscherinnen in der Richtung zu lenken, dass sie alle in Arbeiten kommen - In der Landwirtschaft z.B. - , bei denen als Bit Krieg und allen ihren Tollpunkten nichts zu tun haben. Hierbei kann man sie bei richtigem Einsatz ohne Aufsicht lassen; sie werden nie weglaufen. Man kann ihnen selbständige Aufträge geben, sie werden die besten Verwalter und Arbeiter sein.

Nur noch eine Verwendung und dies ist, wie oben erwähnt, der Vorschlag von Frau Kersten:

Nehmen wir doch die Bibelforscherinnen als Personal in unsere Lebensbornheime, nicht als Pflegerinnen, aber als Köchinnen, Hausmädchen, Wäscherinnen und für derartige Aufgaben. Auch als Hausmeister, wo wir da und dort noch Männer haben, können kräftige Bibelforscherinnen genommen werden. Ich bin überzeugt, dass wir in den wenigsten Fällen mit ihnen Kummer haben werden.

Auch mit sonstigen Vorschlägen wie Abstellung einzelner Bibelforscherinnen, in kinderreiche Haushalte bin ich sehr einverstanden. Geeignete Bibelforscherinnen, die das Können dafür haben, bitte ich einzeln herauszusuchen und mir zu melden. Ich werde sie dann auf entsprechende Haushalte kinderreicher SS-Familien persönlich verteilen.

In solchem Haushalt dürften sie dann allerdings keine Sträflingskleidung tragen, sondern einen anderen Anzug, und man müßte den dortigen Aufenthalt, ähnlich wie für die freigelassenen und internierten Bibelforscherinnen in Harzwalde, gestalten.

Bei allen diesen für solche Aufgaben abgestellten Halbfreigelassenen wollen wir schriftliches Abschworen oder sonstige Unterschriften vermeiden und lediglich die Verpflichtung auf Handschlag vornehmen

Ich ersuche um Vorschläge für die Durchführung und Bericht.

Heil Hitler!

gez. Himmler

F. d. R.

SS-Obersturmführer

Man vergleiche dazu auch: Schwarzschlaechter

Verwiesen sei auch noch auf das nachfolgende Schreiben (abgedruckt bei Filip Friedman; Tadeusz Holuj „Oswiecim", Warszawa 1946 S. 183f.)

Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD

IV B2 - 486/423

Berlin SW 11, den 15. Juli 1943

Prinz-Albrecht-Strasse 8

An den Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei

z. Zt. Feld-Kommandostelle

Betrifft: Entlassung von Bibelforscherinnen, die in SS-Haushalten oder anderen Arbeitsstellen zur Arbeitsleistung eingesetzt sind

Bezug: Befehl vom 6. 1. 1943 - RF/Dr. I 37/43

Der mit obigem Befehl angeordnete Einsatz von inhaftierten Bibelforscherinnen zur Arbeitsleistung in SS-Haushalten und in Lebensbornheimen ist nach Mitteilung des SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes - Amtsgruppe D - Konzentrationslager - in den verflossenen Wochen schon laufend erfolgt. Bestimmte Erfahrungen konnten mit den zu diesen Aufgaben abgestellten Bibelforscherinnen noch nicht gesammelt werden, da entsprechende Berichte von den einzelnen Haushalten noch ausstehen. Entlassungen solcher Häftlinge sind ebenfalls bisher noch nicht durchgeführt worden.

Nach den vom RSHA und den Staatspolizei-Leitstellen auch in jüngster Zeit getroffenen Feststellungen sind inhaftierte bzw. neu in Erscheinung tretende Bibelforscher nur in extremen Fällen bereit, sich ihre Freilassung durch eine Unterschriftsleistung unter die bisher übliche Verpflichtungserklärung zu erwirken.

Da einzelne Bibelforscher oft an den Formulierungen der Abschwörungserklärung, besonders daran, dass sie ihre eigene Überzeugung als Irrlehre bezeichnen sollten, Anstoss nehmen, sonst sich aber bereit erklärten, den staatlichen Anordnungen Folge zu leisten und jede ihnen übertragene Arbeit auszuführen, wurden befehlsgemäss mit Bericht vom 29. 10. 42 zwei neue Erklärungsentwürfe vorgelegt, die dieser Tatsache Rechnung tragen und von denen der eine für solche Bibelforscher in Aussicht genommen war, die sich innerlich völlig frei von der Irrlehre der IBV gemacht haben und sich auch zum Kriegsdienst bekennen, während der zweite, inhaltlich wesentlich gemilderte Entwurf nur solchen Häftlingen zur Unterschrift vorgelegt werden sollte, die sich innerlich zwar noch nicht völlig umgestellt hatten, aber nach einer längeren Beobachtungszeit im Lager die Gewähr dafür zu bieten scheinen, dass sie sich nach erfolgter Freilassung in jeder Hinsicht tadellos führen und zu keinerlei Beanstandungen Anlass geben würden.

Des weiteren war vorgeschlagen worden, diese gemilderte Verpflichtung auf die weiblichen Bibelforscher und solche männlichen zu beschränken, die nicht mehr im Wehrdienstpflichtigen Alter stehen. Über diese neuen Erklärungsentwürfe ist eine Entscheidung bisher noch nicht ergangen. Hinsichtlich einer blosen Verpflichtung auf Handschlag im Falle der Entlassung von Bibelforscherinnen, die aus der Lagerhaft zur Arbeitsleistung in SS-Haushalte und anderswo abkommandiert sind, bitte ich auf folgendes hinweisen zu dürfen.

Angestellte Ermittlungen haben ergeben, dass eine Reihe von inhaftierten Bibelforscherinnen gibt, die an sich bereit sind, die ihnen in der Verpflichtungserklärung gemachten Aufgaben zu befolgen, sich aber stur weigern, eine Unterschriftsleistung zu vollziehen, weil sie entsprechend dem Bibelwort „Eure Rede sei ja, ja - Nein, Nein, was darüber ist, das ist vom Übel", jede über diesen Rahmen hinausgehende mündliche, vor allem aber schriftliche Versicherung aus ihren irrreligiösen Beweggründen heraus grundsätzlich ablehnen. Insbesondere würden diese Bibelforscherinnen bereit sein, die ihnen lediglich durch Handschlag auferlegten Verpflichtungen, die sich inhaltlich etwa mit der mit Bericht vom 29. 10. 42 vorgelegten geschilderten Erklärung decken, einzugehen.

Ohne Zweifel aber spielt auch noch eine andere Erwägung für ihre Unterschriftsverweigerung eine nicht unwesentliche Rolle: sie weisen nämlich an die Bibelforscherinnen hin, die bereits ausserhalb der Lagers zur Arbeitsleistung eingesetzt, also halbfrei sind und hoffen für sich, auf demselben Wege eines Tages auch die volle Freiheit ohne Eingehen irgendwelcher Verpflichtungen mündlicher oder schriftlicher Art zu gewinnen. Die in ihnen tief wurzelnde Überzeugung, dass Jehova in nahe bevorstehender Zeit sein Reich auf dieser Welt errichte, die Tore ihrer Gefängnisse öffnen und sie in die Freiheit führen werden, sieht schon in einem Arbeitseinsatz in halber Freiheit außerhalb des Lagers, ein Zeichen für die Wirksamkeit Jehovas zu ihrer endgültigen Befreiung und bestärkt sie in ihrer starren Haltung, unter keinen Umständen durch eine Unterschriftsleistung unter die Abschwörungserklärung Jehova zu beleidigen oder gar ihm und seinen Geboten untreu zu werden.

Im Hinblick auf vorstehende Ausführungen gestatte ich mir daher, folgenden Vorschlag zu unterbreiten:

Entlassungen von Bibelforscherinnen durch blosse Verpflichtung auf Handschlag werden nur in ganz besonderen Ausnahmefällen und nur bei solchen Personen vorgenommen, die nach dem übereinstimmenden Urteil des Lagers und des Arbeitgebers, bei dem sie beschäftigt sind, die absolute Gewähr dafür bieten, dass sie unbeschadet ihrer innerlichen religiösen Überzeugung nach ihrer Freilassung sich streng an die durch Handschlag eingegangenen Verpflichtungen halten und jede öffentliche Äusserung über ihre eigene religiösen Anschauungen sowie über die Lehre der IBV überhaupt unterlassen.

Alle anderen Bibelforscherinnen müssen als Voraussetzung ihrer Freilassung die mit Bericht vom 29. 10. 42 vorgelegte gemilderte Erklärung unterzeichnen. Die Entscheidung darüber, ob eine Bibelforscherin auf blosse Verpflichtung durch Handschlag entlassen wird, trifft der RSHA auf Grund der Beurteilung des Lagerkommandanten und des Arbeitsgebers nach sorgfältiger Prüfung der Umgebung, in der der Häftling nach erfolgter Entlassung zu leben gedenkt.

Die zur Entlassung ohne Unterschriftsleistung anstehenden Bibelforscherinnen müssen durch Handschlag gegenüber dem Lagerkommandanten oder einem von ihm beauftragten Vertreter bestimmte Verpflichtungen eingehen, die sich im einzelnen aus dem beigelegten Erklärungsentwurf zu ersehen bitte.

Über die erfolgte Verpflichtung wird ein kurzes Protokoll gefertigt, das die Mitteilung enthält, dass der Häftling die betreffende Erklärung freiwillig abgegeben hat und darauf hingewiesen wurde, dass er mit seiner sofortigen erneuten Festnahme zu rechnen hat, falls er gegen eine der übernommenen Verpflichtungen verstösst. Dieses Protokoll wird dem RSHA eingesandt, der daraufhin unverzüglich die Entlassung anordnet.

Im Zusammenhang mit dem Gesamtkomplex der IBV bitte ich noch auf eine allgemeine Feststellung hinweisen zu dürfen. Je länger der Krieg mit all seinen seelischen Belastungen für die einzelnen Volksgenossen dauert, um so mehr tauchen in allen Teilen des Reiches schriftlich fixierte und insbesondere durch Mundpropaganda verbreitete sog. Weissagungen und Prophezeiungen auf, die an Hand einer Phantasiereichen Auslegung einzelner Bibelstellen bestimmte Prognosen über Dauer und Ausgang des Krieges stellen und Ausführungen über den Krieg als Vorboten des Weltendes und des Gerichts über den sogenannten Antichristen enthalten, defaitistisch und zersetzend wirken und leider, besonders auf dem Lande, nicht ohne Eindruck auf eine ganze Reihe von Volksgenossen bleiben.

Bekanntlich wird ja nach der Bibel der Antichrist, der jeweils auf den Führer gedeutet wird, durch einen Krieg von Gott selbst vernichtet, der dann auf den Trümmern dieser Weltordnung eine neue, unter seiner persönlichen Führung erstehen lassen will. Wenn es auch nicht immer gelingt, die Hersteller solcher „Prophezeiungen" im einzelnen zu ermitteln, so steht nach deren Art und Inhalt doch fest, dass die Urheber der Flugblätter und Gerüchte unter den Bibelforschern und verwandten sektiererischen Richtungen zu suchen sind.

Infolge ihrer exklusiven Verwurzelung im Alten Testament mit seinen Weissagungen ist das Prophezeien gerade über Dauer und Ende der gegenwärtigen Weltordnung die hauptsächlichste Beschäftigung aller IBVer und ist ihr Zentraldogma schlechthin. Keine andere religiöse Gemeinschaft ist für solche Gedankengänge so empfindlich und verbreitet sie mit solchen Fanatismus wie die Angehörigen der IBV.

In Anbetracht dieser Tatsache und der gegenwärtigen allgemeinen Lage, schlage ich daher des weiteren vor, alle Arbeitgeber, denen Bibelforscherinnen zur Arbeitsleistung zugeteilt sind, anzuweisen, die Häftlinge von sich aus auf die Möglichkeit ihrer Entlassung durch blosse Verpflichtung auf Handschlag vorerst nicht aufmerksam zu machen und eine Entlassung überhaupt erst dann vorzunehmen, wenn der Wunsch dazu von der Bibelforscherin selbst vorgetragen wird.

Ich bitte um Entscheidung F. d. R. d. A.

gez. Dr. Kaltenbrunner

gez. Unterschrift SS-Hauptscharführer

Danach wurde dann offenbar noch das in nachfolgendem Link zitierte Memorandum erstellt

Das eingangs zitierte Himmler-Schreiben vom 20. 7. 1944 repräsentiert, so gesehen, den Schlusspunkt der diesbezüglichen Befassung mit der Bibelforscherthematik durch Himmler und höchste SS-Kreise. Lediglich ein weiteres zusammenfassendes Memorandum ist noch nachweisbar. Zu letzterem siehe:

19442Denkschrift

Himmlers Wehrbauern-Pläne

Arbeiterpriester

Nicht nur bei den Zeugen Jehovas. Auch in anderen Religionsgemeinschaften kann man den Fakt registrieren, dass es unterschiedliche Pole gibt. Höchstwahrscheinlich ist dass bei den anderen Religionsgemeinschaften sogar noch weit stärker ausgeprägt. Man kann dabei sogar das klassische Politschema: links - rechts zur Anwendung bringen.

Die rechts orientierten meinen "Halleluja" zu singen; sich zugleich aber in der Politik nicht die "Finger schmutzig" machen zu wollen. Der politische Status quo wird von ihnen nicht in Frage gestellt. Weder in Demokratien, noch in autoritären Regimen. Weder in wohlhabenden Ländern, noch in denen, wo die buchstäbliche Not auf der Tagesordnung steht. Und was die wohlhabenden Länder anbelangt, findet man die rechtsorientierten Christen nicht selten auf der nationalistischen Seite (siehe USA). Gott und Nation ist für sie identisch. A. Hitler könnte da noch heute im Grabe vor Neid erblassen. Er konnte seinen Nationalismus nur mittels blutigem Terror durchsetzen. Die rechtsgerichteten Christen besorgen das selbe Geschäft gar aus Überzeugung. Eine Überzeugung, die bei ihnen allerdings nicht selten eine nicht zu übersehende Affinität zum eigenen Bankkonto hat.

"Das" Christentum gibt es nicht; hat es noch nie gegeben. Es gab und gibt in ihm auch immer unterschiedliche Strömungen. Und Strömungen können mal Sieger, dann aber auch wieder auf der Verliererseite sein.

Da gab es doch tatsächlich mal nach 1945 eine kirchliche Strömung, die nicht unbedingt auf den eingefahrenen rechtslastigen Schienen weiterfahren wollte. Man mag über ihre Größenordnung streiten. Sie dürfte wohl eher eine Minderheit sein; gegenüber der Mehrheit der Indifferenten und der Rechtslastigen. Das war schon in der Weimarer Republikzeit so. Die damaligen "Religiösen Sozialisten" waren und blieben immer auch eine Minderheit.

Auch ihre indirekten Nachfolger nach 1945 sind wohl eher dem Bereich einer Minderheit zuzuordnen. Dies kann meines Erachtens nicht stichhaltig bestritten werden. Immerhin soll es auch Minderheiten manchmal gelingen, in die Schlagzeilen zu kommen. Dies war auch bei den zeitgenössischen "Arbeiterpriestern" der Fall.

Auch die WTG hat diese "Bewegung" registriert und kommentiert. Ihr Kommentar macht eindeutig klar, auf welcher Seite sie steht. Auf der Seite der rechtslastigen Christen.

Aus dem kommentierenden WTG-Bericht (deutscher Wachtturm vom 15. 2. 1954) einige Ausführungen:

Zwischen Glauben und Unglauben, zwischen solchen, die an die Existenz Gottes glauben und anderen, die sie verneinen, besteht heute offener Krieg. Die letzteren sind in der Hauptsache die Kommunisten, dagegen gehören diejenigen, die am lautesten den materialistischen Marxismus der Kommunisten brandmarken, Kreisen der römisch-katholischen Hierarchie an. In Ländern mit offensichtlich katholischen Minderheiten, in denen nicht die kommunistische Gefahr besteht, z. B. in den Vereinigten Staaten, stellt sich die Hierarchie als ein Bollwerk gegen den Kommunismus hin. Mit Stolz weist sie auf den Eifer ihrer Söhne, Laien und Geistliche, wie McCarthy und Sheen, hin, die den Kommunismus bekämpfen. Aber wie erfolgreich ist die Hierarchie in Ländern, wo sie katholische Mehrheiten besitzt und wo wirkliche Gefahr besteht? Laßt uns sehen.

In Italien, das mehr als 99 Prozent katholisch ist, erhielten die stark Linksstehenden und kommunistischen Parteien 35,5 Prozent aller Stimmen während der letzten nationalen Wahl, was eine Zunahme bedeutet. Und in Frankreich, das gemäß dem 'Catholic Almanach' zu 85 Prozent katholisch ist (andere Quellen geben 97,5 Prozent an), erhielten die Kommunisten bei ihrer letzten Wahl fünf Millionen oder 26,5 Prozent aller Stimmen. Das war mehr, als irgendeine andere Partei verzeichnen konnte.

Und nicht nur auf die katholische Bevölkerung solcher Länder greift der Kommunismus über, sondern er hat sogar Einfluß auf die Geistlichkeit, besonders in Frankreich. Dort haben gemäß Dr. W. O. Lewis, beisitzender Sekretär der Welt-Allianz der Baptisten, etwa 2000 Priester seit 1945 die Kirche verlassen. 'The Christian Century' vom 20. September 1953 berichtet über einen französischen katholischen Priester und dominikanischen Mönch, Maurice Montuclord, weil er im Jahre 1952 ein Buch veröffentlichte, das marxistische Auffassungen offenbarte, und weil er außerdem die 'Kirchenjugend'-Bewegung anführte, die eine ausgesprochene Sympathie für die kommunistische Partei Frankreichs zeigt, wurde er auf Verfügung der Hierarchie geächtet. Er bat, seinen Geistlichenstand aufgeben und zum Laientum zurückkehren zu können, was ihm gestattet wurde. Er zog es vor, sich in marxistischer Politik statt katholischer Religion zu betätigen.

Aus der zeitweiligen Ächtung der 'Arbeiter-Priester' von Seiten des Papstes ist zu erkennen, daß der obengenannte Fall kein Einzelfall ist. Seit einigen Jahren, etwa von 1944 an, hat es den Anschein, als versuchten gewisse katholische Priester mit Erlaubnis ihrer Vorgesetzten, französische Katholiken vom Kommunismus zurückzugewinnen. Dabei legten sie ihre priesterlichen Talare ab und zogen Arbeitskleider an, um als Kumpane mit französischen katholischen Arbeitern in Fabriken, auf Schiffen, Docks und Farmen zusammen zu wirken. Einige gaben sich als Priester zu erkennen, andere wiederum nicht. Die Bewegung wuchs von sieben auf etwas über hundert bis zum Jahre 1953 an.

Diese Priester traten nicht nur dem von Kommunisten geleiteten französischen Arbeiterverband bei, sondern ergriffen auch die Initiative als Beamte örtlicher Gewerkschaften und wurden in kommunistischen Friedensbewegungen sehr eifrig. Ein Arbeiterpriester wurde als Glied einer Streikpostenkette in Bordeaux getötet. Am 28. Mai 1952 wurden zwei Priester verhaftet und von der Polizei mit Knütteln geschlagen, die sie den Demonstranten abgenommen hatte. Die Priester hatten nämlich an einer sehr lauten Demonstration gegen die Anwesenheit General Ridways in Frankreich teilgenommen, die von den Kommunisten inspiriert worden war und eine Verletzung des Gesetzes bedeutete.

Die Arbeiterpriester erwarteten - gemäß der New Yorker Times vom 12. März 1953 - für die nächsten Generationen keine greifbaren Ergebnisse und ganz bestimmt nicht, daß solche sich zu ihren Lebzeiten einstellten. Es gab Ergebnisse - aber auf eine Art, die man weder erwartet noch vorausgesehen hatte. Der Bericht einer Korrespondentin der Associated Press sagt über diesen Vorfall, daß 'viele einflußreiche Franzosen - Politiker und Geistliche - im letzten Monat während der großen Streikwelle, die sich über das ganze Land ausbreitete, darüber empört waren, unter den feurigsten Streikenden einige Arbeiterpriester zu finden'. Und die Zeitschrift 'Time' vom 23. Juni 1952 ´berichtete: "Wie die Kritiker des Arbeiterpriestersystems sagen, sind es manchmal die Priester und nicht ihre Arbeitskameraden, die bekehrt werden."

Der religiöse Schriftleiter des in Los Angeles erscheinenden 'Mirror' vom 19. September 1953 erkannte die Lage und erklärte, daß die Arbeiterpriester-Bewegung nicht allein ihren Zweck, nämlich 'der Propaganda der Roten gegen die Kirche zu widerstehen und den schwankenden Gläubigen am Ufer des Marxismus neue Glaubenskraft zu bringen', verfehlt habe, 'sondern in Wirklichkeit negative Ergebnisse erzeugt habe.' "Der Heilige Stuhl war nicht glücklich über den Weg, den die Arbeiterpriester-Bewegung eingeschlagen hatte."

Ein Zeichen für die Unzufriedenheit des "Heiligen Stuhls" war die Warnung des Papstes an die Priester, die kommunistischen Theorien nicht als "allein wirkungsvoll zu betrachten oder sie als einen fruchtbareren Beitrag zur Lehre oder als eine wirksame Kraft" anzusehen (New York Times, 13. September 1953). Vier Tage später ordnete der Vatikan für alle römisch-katholischen Seminare in Frankreich an, ihren Studenten jede Arbeit in Fabriken zu verbieten, damit sie keinen Kontakt mit der französischen Arbeiterklasse bekommen. Einige Priester "seien sehr nahe daran, die Grundsätze der kommunistischen Partei zu unterstützen."

Wie offen gibt man damit die Niederlage zu!

Die New Yorker Times vom 3. Oktober 1953 sagte, daß die 'Franzosen das Verbot der Arbeiterpriester bekämpfen und daß katholische Kreise die Idee der Industrie-Missionen, die vom Vatikan kritisiert werde, verteidigen.' Der Bann des Vatikans stieß auf harten Widerstand, wobei der bemerkenswerteste Einwand vom Kardinal und Erzbischof von Paris zu hören war. Der päpstliche Nuntius übermittelte den Wunsch des Vatikans, alle Arbeiterpriester - inzwischen war die Zahl auf über 100 angestiegen - zu ihren Diözesen zurückzurufen und sie zum Anziehen ihrer Talare zu bewegen, die sie gegen Arbeitsanzüge eingetauscht hatten. Mit der endgültigen Entscheidung hatte man jedoch wegen des starken Widerstandes gewisser bedeutender Glieder der französischen Hierarchie, die über die Wirkung auf die katholischen Arbeiter in Sorge waren, gezögert. Der Kardinal von Paris hatte aber zur gleichen Zeit die Priester scharf davor gewarnt, sich vom Kommunismus verschlingen zu lassen. Ferner sagte er, "ein gewisser Geist der Unabhängigkeit beginne sich unter den Arbeiterpriestern zum Schaden des Gehorsams zur Kirche bemerkbar zu machen. Am 14. November verkündigten drei französische Kardinäle, daß sie die Einwände des Vatikans gegen die Mission der Arbeiterpriester überwunden hätten. Aber sie könne nicht in ihrer jetzigen Form bestehen bleiben. Nur besonders ausgewählte Priester könnten darin dienen, und nur für begrenzte Zeit. Sie müßten Verantwortlichkeiten in den Gewerkschaften meiden und in Gemeinschaft mit Priestern leben. Das ist wohl kaum der gleiche Plan!

Inwieweit kann die Römisch-katholische Kirche ein Bollwerk gegen den Kommunismus sein, wenn sie es sich nicht einmal leisten kann, ihre Priester der roten Propaganda auszusetzen. Priester, die von der frühesten Kindheit an im römisch-katholischen Dogma aufgewachsen sind.

Warum zeigen diese Priester mehr Interesse an der marxistischen Reform auf sozialem, politischen und ökonomischen Gebiet, als daran, ihre Religion zu predigen? Kann es sein, daß etwas mit ihrer geistigen Nahrung nicht stimmt?

Ja, dem römischen Katholizismus ist eine Schwäche angeboren, wenn er sich dem kommunistischen Problem nähert. Er verfehlt zu erkennen, daß wahres Christentum mit dieser alten Welt nichts gemein hat, sondern sich von ihr getrennt halten muß. Um selbstsüchtiger Vorteile willen schließt die Hierarchie mit dem Cäsar Freundschaft, schloß sie doch auch mit Hitler, Mussolini und Franco Konkordate ab. Sie ist sogar willig, mit dem kommunistischen Rußland zu verhandeln, wenn sie dadurch für sich selbst Vorteile gewinnen kann. Ja, die Hierarchie würde sogar mit dem Teufel verhandeln, wie Papst Pius XI äußerte (Brooklyn Eagle vom 21. Februar 1943).

Jesus aber arbeitete weder mit dem Cäsar noch mit dem Teufel zusammen. Er wurde weder mit Herodes Antipas noch mit Pilatus handelseinig. Er sagte vielmehr offen:

"Mein Königreich ist kein Teil von dieser Welt" (Joh. 18:36 NW). Seine engen Nachfolger hatten ebenfalls nichts mit der Welt zu tun. Sie hielten sich von ihr abgesondert und warnten davor, daß Christen Feinde Gottes würden, wenn sie Freunde der Welt werden. "Ehebrecherinnen! Wißt ihr nicht, daß die Freundschaft mit der Welt Feindschaft mit Gott ist?" (Jak. 4:4, NW) Sie hoffen und vertrauen nicht auf die Pläne und Versuche des Menschen, sondern auf Gottes Königreich.

Das gleiche trifft heute zu. Ergebene Christen können, ja völlig erleuchtete Christen werden nichts mit dem Kommunismus zu tun haben, noch mit irgendeiner anderen Ideologie dieser Welt. Sie werden sich nicht von den schmeichlerischen Worten des Kommunismus fangen lassen. Sie sehen nämlich deutlich, daß der Kommunismus seine materielle Wohlfahrt tatsächlich auf Kosten der Lauterkeit und Loyalität eines Menschen Gott gegenüber anbietet. Das ist gerade die Versuchung, die der Teufel in der Wüste über Christus Jesus brachte: 'Alle Königreiche dieser Welt und ihre Herrlichkeit, wenn du mit mir zusammenarbeitest!' Matth. 4: 8-10 NW.

Der Wunsch - der Vater des Gedanken

Zum Beispiel sind die römisch-katholischen Geistlichen der Vereinigten Staaten stolz, die bittersten Feinde des Kommunismus zu sein. Bischof Fulton J. Sheen steht hierin an der Spitze. In einem Artikel in der Zeitschrift 'The American Weekly', 9. August 1953 spricht er über 'die Art, wie man einen Kommunisten bekehrt'. Der Kerngedanke war: argumentiere nicht; diskutiere nicht die Verhältnisse in Rußland; hasse den Kommunisten nicht.

Herr Sheen ist sehr stolz über seinen Erfolg, einige Kommunisten bekehrt zu haben, aber wie sieht es denn mit den übrigen Mitgliedern seiner Kirche aus?

'The National Catholic Almanac' (USA) vom Jahre 1953 gibt für Italien 99,7 Prozent der Bevölkerung als katholisch an. Nach der New Yorker 'Times', 21. Mai 1953, 'hat Italien die größte kommunistische Partei der Welt außerhalb des Sowjet-Blocks' und 'würde ein kommunistisches Regime haben', wenn es nicht Hilfe erhalten hätte - durch ihre große Anzahl katholischer Bischöfe wie z. B. Fulton J. Sheen? -

Nein, durch die Hilfe der Milliarden Dollar, die die Vereinigten Staaten nach Italien gebracht hatten.

Aber vielleicht sind die katholischen Bischöfe in Italien nicht so verschlagen, nicht solche klugen Schauspieler wie Herr Sheen. Sollte man annehmen, daß sie noch nicht von Sheens wunderbarer Methode gehört haben? Oder haben sie die Methoden ausprobiert, sie aber als Versager entlarvt?

Trotzdem die katholische Kirche allmählich vor der kommunistischen Drohung in Italien zurückweicht, versichert uns Herr Sheen, durch seinen inneren Wunsch gerührt: "Unweigerlich wird der Tag kommen, und die Lehren Christi und Petri werden wieder in Rußland vorherrschend sein. Rußland wird zum Glauben zurückkehren. Und welche Rolle wird Rußland spielen, nachdem es bekehrt worden ist? Ich bin davon überzeugt, daß Rußland dann zum Apostel an die übrige Welt wird."

Aber Herr Sheen! Waren denn jemals die Lehren Christi in Rußland vorherrschend? Hat denn jene Nation jemals Christus überhaupt als ihr Haupt anerkannt? Rußland wird zum Glauben zurückkehren. Zu welchem Glauben? Zum griechisch-orthodoxen Glauben, der jetzt dort ausgeübt wird? Zum römisch-katholischen Glauben, der so völlig versagt hat, dem Kommunismus in Italien Einhalt zu gebieten? Oder zum Glauben Christi und seiner Apostel?

Und wie soll dies alles vor sich gehen, Herr Sheen? Wirklich, es ist aus ihrem Artikel überhaupt nicht klar ersichtlich, denn sie fahren Fort: "Rußland hat ein Feuer. Sogar der Kommunismus hat das. Die große Schande der Welt ist aber, daß wir die Wahrheit haben, aber keinen solchen Eifer. Die Kommunisten haben Eifer, aber nicht die Wahrheit. Der Kommunismus gleicht einem Feuer, das sich über die Welt verbreitet, und jenes Feuer ist bereits in ihrem Herzen. Unsere westliche Welt ermangelt aber des Feuers. Uns fehlt offensichtlich dieses Feuer! Wo ist das Feuer für unser Vaterland? Wo ist das Feuer der Menschen, das die zurückgebliebenen Funken der Liebe in anderen Menschen anfachen kann? Vielmehr sind wir von der westlichen Welt kalt und träge und apathisch."

Warum hat nun die westliche Welt kein Feuer? Warum ist sie kalt und träge und apathisch? Doch nicht etwa weil sie die Wahrheit hat? Bestimmt nicht, denn der Westen hat ja gar nicht die Wahrheit! Die ewige Wahrheit ist in Gottes Wort zu finden, das die weisen Männer der westlichen Welt verworfen haben (Jer. 8:9). Es fehlt ihnen darum an Feuer, weil sie die Wahrheit nicht besitzen, und insgeheim ahnen sie, daß es so ist.

Wir haben aber noch etwas richtigzustellen, Herr Sheen. Auch das kommunistische Rußland hat kein Feuer. Wenn es Feuer hätte, so brauchte es nicht den Eisernen Vorhang. Keine Säuberungsaktionen wären notwendig. Wenn es Feuer hätte, könnte es seinem Volke Freiheit der Religionsausübung, der Rede, des Versammelns und der Presse gewähren. Warum schleichen die pure Furcht und der unbarmherzige Schrecken durch jedes kommunistische Land? Weil sein Volk Freiheit hat?

Nein, vielmehr weil die kommunistische Hierarchie an der Spitze weiß, daß es seinem Volke nicht trauen kann, weil sie weiß, daß die Mehrheit keine Sympathie für ihre totalitäre Herrschaft hat.

O ja, einige Intellektuelle und verführte Liberale in westlichen Ländern mögen aus Mangel an Erkenntnis oder fehlender Logik Eifer für den Kommunismus bekunden und so blindlings die tödliche Arznei des diktatorischen Kommunismus für die Krankheit der Demokratie verschreiben; das Gebräu eines Zauberdoktors für einen todkranken Patienten, der bereit ist, von der Bratpfanne in das Feuer zu springen; er verfehlt zu bemerken, daß des Menschen einzige Abhilfe nicht die Demokratie, nicht der Kommunismus, sondern das Königreich Gottes ist, für das alle Christen seit neunzehnhundert Jahren gebetet haben. - Matth. 6:10.

Der Kommunismus gedeiht, wo Menschen im Elend, in Unkenntnis sind und in Armut leben. Deshalb gewann er in Rußland und in China, und deshalb bedroht er Italien und wächst er in Indien. Der Kommunismus gedeiht dort, wo die Menschen derart im Elend stecken, daß sie ihre Freiheit des Sinnes und Geistes für einen vollen Magen einhandeln.

Die Schwäche der westlichen Welt besteht in der Hauptsache nicht in ihrer Unfähigkeit, beredsam zu sein, sondern einfach darin, keine Ursache für Beredsamkeit zu haben. Wie können ihre Völker zum Reden gebracht werden? Was haben sie, worüber sie reden könnten? Über die altmodischen religiösen Überlieferungen und die blutrote Geschichte des Mittelalters? Über die politische Verderbtheit mit ihrem Geldschwindel?

Aber es gibt ein Volk, das Feuer hat, das beredsam ist, Vertrauen und Redefreiheit besitzt … Dieses Volk ist die Neue-Welt-Gesellschaft, deren kürzlich abgehaltener Kongreß im Yankee-Stadion die Welt aufhorchen und Kenntnis von ihm nehmen ließ. Aber bei all ihrem Feuer maßen sie sich nicht an, die Bekehrung des Kommunismus prophezeien zu können: "Kann ein Mohr seine Haut wandeln, ein Pardel seine Flecken?" - Jer. 13:23.

Nein Christus Jesus sandte seine Nachfolger nicht aus, um die Welt einschließlich des Kommunismus zu bekehren, sondern um Zeugnis zu geben, den Menschen guten Willens. Trost zu bringen und seines Vaters Namen zu ehren, wie er es tat.

Zu Gottes bestimmter Zeit wird er dem Kommunismus und allen anderen Ideologien ein Ende bereiten, weil sie verfehlen, die Herrschaft seines gesalbten Sohnes, Christus Jesu, anzuerkennen (Ps. 2:12).

Wie immer man auch zu den vorstehenden Ausführungen inhaltlich stehen mag. Eines dürfte doch wohl klar sein. Ziel der zeitgenössischen Kirchenpolitik in den kommunistisch beherrschten Ländern war es, die Religion (gleich welcher Coleur) möglichst auf den Status einer reinen Kultkirche zurückzudrängen. Gegen "Halleluja-Gesänge" hatten die Kommunisten wohl nichts einzuwenden. Gegen Aussagen mit politischer Orientierung indes sehr wohl, einiges.

Wie muss man in dieser Sicht die vorstehenden WTG-Ausführungen bewerten? Doch wohl auch so, dass sie in den aktuellen zeitgenössischen politischen Tagesfragen eine Meinung hatte und diese auch artikulierte. Aus der Sicht der zeitgenössischen kommunistischen Kirchenpolitiker stellte sie sich mit dieser ihrer Meinung auf die Seite der erklärten Gegner des kommunistischen Systems. Eine solche Gegnerschaft kann man sehr wohl sachlich begründen. Nur wenn man sich klar auf die Seite der Gegner des kommunistischen Systems stellt und dies, wie vorstehend lesbar, auch deutlich zum Ausdruck bringt. Kann man sich dann noch als "neutral" bezeichnen, wie es die WTG versuchte? Wohl kaum. Diese vorgebliche "Neutralität" (die in der Praxis nicht gegeben war) stellte aus kommunistischer Sicht eine noch weit hinterhältigere Angriffsform gegen ihr System dar; als wie bei jenen Gegnern des Kommunismus, die auf die Tarnfarbe "Neutralität" verzichteten. Entsprechend reagierten sie dann auch.

Keine Kompromisse

Dies ist das Credo der WTG. Angesichts solcher Härte braucht man dann aber wohl auch nicht darüber verwundert zu sein, wenn die Gegenseite mit der gleichen Härte zurückschlägt.

Diese WTG-Tendenz kommt auch in ihrer Berichterstattung über zeitgenössische Vorgänge, so etwa in Polen zum Ausdruck. Die damalige polnische Situation kommentierte die WTG mit den Worten (Wachtturm 1954 (Wiesbaden) S. 355):

Man beachte die Handlungsweise der polnischen Bischöfe, die im Dezember 1953 einen Eid unterzeichneten, in dem sie der polnischen Volksrepublik Untertanentreue geloben und versprechen, nichts gegen ihre Interessen zu tun. Das Vatikan-Organ 'L' Osservatore' erklärte dazu:

"Die Berichte, daß die polnischen Bischöfe einen Eid geschworen haben, kann man nur beurteilen, wenn das allgemeine Klima berücksichtigt wird, das in den letzten Monaten geschaffen wurde … Gewalttat, Falschheit, Tücke, Heuchelei, Schmeichelei und Erpressung sind eng miteinander verwoben, um die Kirche zu unterdrücken. Ein Eid, der unter solchen Verhältnissen abgelegt wird, ist objektiv gesehen, ungültig …"

Dieser Gedanke des Vatikan-Organs mag vom eigentlichen legalen Standpunkt aus gesehen, wahr sein, aber kann man nicht mit gutem Grund fragen: Wenn die Bischöfe wirklich "diesen Glauben" gehabt hätten, hätten sie dann unter dem Druck von Gewalt und Erpressung nachgegeben? Wären sie dann der kommunistischen Heuchelei, Tücke, Falschheit und den Schmeicheleien erlegen, und hätten sie diesen Kompromißeid unterzeichnet?"

Ähnlich auch ein Parallelbericht in "Erwachet" vom 22. 6. 1954, wo sich die WTG befleissigt einen besonders makabren Vergleich zu ziehen.

Man liest dort: Durch eine Novelle, die ungefähr vor 40 Jahren herauskam und eines der meistgekauften Bücher wurde, erfuhr die Öffentlichkeit von der Verworfenheit und der Korruption, welche in den Schlächtereien von Chikago (Illinois), dem größten amerikanischen Zentrum der Fleischkonservenindustrie, herrschte. Dort arbeitende Mädchen und Frauen mußten sich von ihren Vorgesetzten mißbrauchen lassen, wenn sie ihre Stelle nicht verlieren wollten. Viele Menschen, die sich zum Christentum bekennen, handeln wie eine solche Frau.

Ein Beispiel ist die römisch-katholische Kirche in Polen. Obschon Polen gemäß dem National Catholic Almanac für das Jahr 1953 zu 90% katholisch ist, wählte die Katholische Kirche, unter Druck gesetzt von der atheistischen, kommunistischen Regierung, den Weg des geringsten Widerstandes und ging einen Kompromiß ein. Die Zeitung Star (Kansas) vom 12. Dezember 1953 schrieb in einem Bericht darüber: "Die polnische Kirche gibt nach. Rote erzwingen Treueid. Dem Parlament wird erklärt, daß der Bischof von Lodz gelobt habe, den Interessen des kommunistischen Staates in keiner Weise entgegenzuarbeiten.

London, 19. Dezember … Radio Warschau meldete heute, daß der Bischof von Lodz, Msgr. Michael Klepacz, Vorsitzender des polnischen Episkopats, sich durch eine feierliche Erklärung verpflichtete, alles zu tun, um zu gewährleisten, daß die ihm unterstellte Geistlichkeit 'dem Gesetz und der Staatsbehörde gehorche'. Der Eid endete mit folgenden Worten. 'Ich verspreche, den Interessen der polnischen Volksrepublik in keiner Weise entgegenzuarbeiten und nichts zu unternehmen, was die Sicherheit oder Unverletzbarkeit ihrer Grenzen gefährden könnte'"

Eine solche Handlungsweise wird zweifellos die Gefahr verringern, daß in der polnischen Volksrepublik weitere katholische Kleriker verhaftet werden.

Die Katholische Kirche in Polen hat gleich gehandelt wie jene Fleischkonservenfabrik-Arbeiterinnen, die, um ihre Stelle nicht zu verlieren, ihren Gatten untreu waren.

Im weiteren Verlauf stellt die WTG dann ihre Organisation als diejenige heraus, die da anders agierte. Das alles mag den Herrschaften im Weißen Haus und im Pentagon einen "Freudenschauer" über den Rücken gejagt haben. Ob dies auch für jene gilt, die da vom DDR-Regime 15 Jahre Zuchthaus aufgebrummt bekamen, mag man vielleicht etwas anders sehen. Gleichwohl, in ihrer Verblendung haben jene sich oftmals in einer Trotzreaktion versteift. Das vermag der Psychologe sicherlich schlüssig zu erklären.

Zieht man jedoch Bilanz. Es gab ja auch solche unter den "Fünfzehnjährigen", die bereits im Hitlerregime ein ähnliches Quantum abbekommen haben. Dann wird der nüchterne, Außenstehende Beobachter wohl nur eines zu konstatieren haben. Da wurden Menschenleben verheißt. Für was? Sicherlich für die Interessenlage der US-Politik. Sie folgten einem Köder namens Endzeitlehren. Sie waren letztendlich militärischen Soldaten (im übertragenem Sinne) vergleichbar. Sie standen unter Befehl (der moralischen Art). Sie haben es zugelassen, den eigenen gesunden Menschenverstand deprogrammiert zu bekommen. Und, sie haben einen hohen Preis dafür bezahlt.

Ein Beispiel dafür auch der Artikel "Berlin - eine geteilte Stadt" in der "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 5. 1954. Sicherlich gehört auch dieser WTG-Artikel zu denjenigen, die dass Mißfallen der Kommunisten erregt haben. Gleichwohl hat man festzustellen. Die Sachlage wurde in diesem Artikel sachlich dargestellt. Etwa; dass ganz Berlin Anfangs russisch besetzt war; dann im Zuge eines Gebietsaustausches, die Russen sich aus den westlichen Bezirken wieder zurückzogen. Kardinalpunkt auch die Einführung der westlichen Separatwährung-DM-Mark; und später im Osten auch eine eigene Währung. Damit waren die Weichen zur Teilung endgültig gestellt. Das Scheitern der Blockade Westberlins mittels der Luftbrücke bewirkt und anderes mehr.

Wesentlich erscheint mir aber doch, wie die WTG die kirchenpolitische Lage in Ostdeutschland, in diesem Artikel einschätzt. Das kommt dann in dem Satz zum Ausdruck:

Zugleich forderte diese Partei (die SED) von der evangelischen und katholischen Geistlichkeit, ihre "Maske der Neutralität" abzulegen, "sich von den amerikanischen und englischen Agenturen" loszusagen. Diese beruhigten ihr schlechtes Gewissen mit dem verdrehten Gedanken, sie seien berufen, eine Mittlerrolle zwischen Ost und West zu spielen.

Auch hierbei wieder die Feststellung. Die Zielstellung der kommunistischen Kirchenpolitik wurde zutreffend definiert. Auch richtig die Feststellung, dass auch die Großkirchen darüber nicht sonderlich glücklich waren. Dann aber die Einschränkung.

Die "Großkirchen" versuchten eine Mittlerrolle zwischen Ost und West zu spielen, und das bezeichnet die WTG als "verdrehten Gedanken"; also eine abwertende Bewertung.

Was aber wäre denn die Alternative dazu, muss man rückfragen. In der WTG-Sicht doch wohl, die "Maske der Neutralität" noch gekonnter zu spielen. Dabei aber tatsächlich nicht neutral zu sein.

In der gleichen "Erwachet!"-Ausgabe preist die WTG auch ihr Traktat "Jehovas Zeugen - Kommunisten oder Christen?" mit an .

Dazu muss man wissen, dass es um die fragliche Zeit, in der McCarty-Ära, in den USA geradezu lebensgefährlich war, auch nur im Geruch zu stehen, irgendwie kommunistisch "angehaucht" zu sein. Die Gegner der Zeugen Jehovas, namentlich aus der katholischen Ecke, meinten eine willkommene Gelegenheit zu haben, auch die Zeugen Jehovas in die kommunistische Ecke stellen zu können. Dagegen wehrt sich die WTG mittels dieses Traktates. Und in der entsprechenden "Erwachet!"-Anpreisung dazu heisst es:

In den Schriften der Zeugen Jehovas wurde schon vom Jahre 1879 an vor dem Kommunismus gewarnt. Das handliche 6seitige Traktat, betitelt "Jehovas Zeugen - Kommunisten oder Christen?", gibt Ihnen hierüber eingehend Aufschluß.

Dieses Traktat wurde aber nicht nur im McCarthy-Amerika verbreitet, wo es einen zeitgeschichtlichen Sinn hatte. Seine Verbreitung fand weltweit statt, nicht zuletzt auch in Deutschland. Damit hatte hierzulande die WTG den Kommunisten frei Haus den Beleg dafür geliefert, schon seit 1879 zu den erklärten Antikommunisten zu zählen. Und um eine Massenverbreitung zu befördern fügt die WTG noch hinzu, dass 200 Stück dieses Traktates für nur 1,25 DM erhältlich seien. Und so fand sich denn in so manchen Briefkasten im kommunistisch beherrschten Teil Deutschlands, besonders bei jenen, die von den Zeugen Jehovas bei ihrem "Predigtdienst" nicht persönlich erreicht wurden, jenes Traktat vor.

Das auch die WTG vor McCarthy zitterte macht ihr Beitrag "Was stimmt nicht bei McCarthy" in "Erwachet!" vom 22. 6. 1954 deutlich. Man liest dort unter anderem:

Natürlich darf eine Nation, wenn sie sich im Kampf mit einer anderen befindet, wie heute die Vereinigten Staaten, die mit Rußland einen kalten Krieg führen, ihre Regierung von Personen säubern, die gemeinsame Sache machen mit dem Feind. Es wäre sogar töricht, es nicht zu tun. Aber dies kann auf eine billige oder unbillige Art geschehen, und kein Politiker besitzt das Recht, aus der Furcht eines Volkes Kapital zu schlagen, Tatsachen zu verdrehen, um bekannt zu werden; oder einem Volke Schaden zuzufügen, um seine eigenen politischen Interessen zu fördern. Hat man sich derartiges zuschulden kommen lassen, dann sind das Methoden, die zu beanstanden sind. Man erreicht die Ziele der Demokratie nicht durch Anwendung totalitärer Methoden. Der Kommunismus ist nicht die einzigste Gefahr, der sich Amerika gegenübersieht. … Doch der Senator von Wisconsin macht sich mit solchen "Heldentaten" nicht verdient um die Freiheit. Man wird die Roten nicht los, indem man McCarthy einsetzt.

Ihr eigenes, ganz auf der Linie des kalten Krieges liegendes Credo, lediglich vorgeblich "neutral" verpackt, kommt auch in ihrer Broschüre aus dem Jahre 1954: "Nach Harmagedon - Gottes neue Welt" zum Ausdruck. Etwa wenn es dort als eine Art Schlüsselsatz (S. 13) heisst:

Von Furcht inspirierte Menschen weisen warnend darauf hin, daß der dritte Weltkrieg unvermeidlich sei, wenn man ein Versagen der Vereinten Nationen zulasse; die zuverlässige Wahrheit aber ist, daß Harmagedon aus dem Grunde unvermeidlich ist, weil man die Vereinten Nationen nicht aufgibt und sie nicht zum alten Eisen wirft und weil ihre Gliedstaaten und alle anderen Nationen nicht 'den Sohn küssen', d. h. dem Erwählten Gottes huldigen, den Gott als König auf seinen heiligen Regierungssitz gesetzt hat.

Südamerika

Ein Blick in die Jahrbuchstatistiken zeigt auch, dass einige Südamerikanische Länder, etwa Mexiko, Argentinien, Brasilien zu jenen gehören, wo die Zeugen Jehovas Mitgliederzahlen im sechsstelligen Bereich aufweisen. Der "Hinterhof der USA" in sozialer Hinsicht für breite Bevölkerungsschichten sozial trostlos, ist offenbar ein guter Nährboden für religiöses Opium, das dort wie die Zahlen zeigen, massenhaft konsumiert wird. Im wesentlichen ist die Expansion in Südamerika erst seit Beginn der Knorr-Ära zu registrieren.

Der Wachtturm 1954 notierte dazu einmal (Ausgabe Wiesbaden: S. 296; Ausgabe Bern S. 147): "Im Jahre 1942 predigten Jehovas Zeugen erst in acht Ländern Südamerikas die gute Botschaft vom Königreich und es waren ihrer insgesamt 807 Verkündiger."

Sie wählte den Tod

Spricht man Jehovas Zeugen auf das Thema Bluttransfusionen an, begegnet man nicht selten Abwiegelungen. Alles "halb so schlimm". Einige meinen gar, Todesfälle gebe es deswegen "kaum". Seitens der WTG wird indes selten über eingetretene Todesfälle berichtet; dass ist richtig festgestellt. Wenn solche Fälle zur Sprache kommen, dann ist es doch wohl eher die säkulare Presse, die das gegebenenfalls mal thematisiert. Die Doktrin der Bluttransfusions-Verweigerung wurde von der WTG erst nach 1945 eingeführt. Das Jahr 1954 war ja noch nicht allzuweit von diesem Einführungsdatum entfernt; gehört somit noch zur Frühzeit dieser Doktrin. Und da ist es bemerkenswert, dass selbst die WTG einmal über einen solchen Todesfall berichtete. Zwar heroisch verklärt; aber immerhin berichtet. Im Wachtturm 1954 (S. 733) konnte man unter anderem lesen:

Die dreizehnjährige Renate Große klagte immer wieder über Müdigkeit. Der Hausarzt wies ihre Klage ihrer Mutter gegenüber ab mit den Worten: "Junge Mädchen simulieren gern. Machen Sie sich darum keine Sorgen." Als es Renate aber in der Schule schwindlig wurde und sie heimgebracht werden mußte, wurde sie ins Krankenhaus verbracht, wo man ihr die Diagnose auf Gelenkrheumatismus stellte. Als indes die Behandlung für Gelenkrheumatismus nichts half, wurde ein Spezialist für Blutkrankheiten herzugerufen, und er sagte, es sei Leukämie, Blutzellenkrebs, wofür noch kein Heilmittel gefunden sei und wofür Ärzte gewöhnlich Bluttransfusionen empfehlen.

Renates Mutter, die Zeugin Jehovas ist, erhob Einspruch gegen Bluttransfusionen, worauf der Spezialist aufbrauste. Es war ihm ganz unverständlich, wie eine Mutter, die Liebe zu ihrem Kinde haben will, das letzte Heilmittel ablehnen könne, und so wurde ihm der Standpunkt der Zeugen Jehovas in bezug auf Bluttransfusionen in Gegenwart des Chefarztes und des Stationsarztes erklärt. Ein Arzt, der Zeuge Jehovas ist, prüfte den Fall und erklärte, die Krankheit sei so weit vorgeschritten, daß Renate nur noch sechs Wochen leben werde.

Als Verwandte, Krankenschwestern und andere Zimmerpatienten von dieser Stellungnahme hörten, redeten sie auf die Mutter und auf Renate ein, doch umsonst. Der Stationsarzt, ein Katholik, bestand darauf, man müsse die Einwände der Mutter unbeachtet lassen, und er wandte sich wiederholt an Renate selbst. Eines Abends, um 9.30 Uhr, setzte er sich an ihr Bett und führte ihr ein schreckliches Bild vor Augen, in welcher Weise und wie bald sie sterben werde - doch alles umsonst. Nachdem er sie verlassen hatte, schrieb Renate einen Brief, in dem sie ihre Überzeugung zum Ausdruck brachte, so daß alle wissen könnten, daß er auch ihr Entschluß und nicht nur der ihrer Mutter sei.

Als sie einige Wochen später besucht wurde, war sie freudig, obwohl sich ihr Zustand sichtbar verschlimmert hatte. Sie wollte neue Dinge aus den Zeitschriften "Der Wachtturm" und "Erwachet!" hören und sprach wenig über ihre Krankheit. In der Tat, sie machte Spaß über das Angebot des Arztes, sein eigenes Blut zu übertragen und bemerkte: "Mutti, wenn ich noch einmal gesund werden sollte, dann wollen wir vieles noch ganz anders machen und Jehova noch mehr dienen, und wenn nicht, dann weißt Du, in meiner Tasche ist ein Brief!"

Als der Chefarzt Renates Fall mit einem der Zeugen Jehovas besprach, rief er aus: "Glauben Sie, daß ein Mädchen mit 13 Jahren eine so tiefe religiöse Überzeugung haben kann, um unter Todesgefahr eine Behandlung des Arztes abzulehnen?"

Es wurde ihm versichert, daß Renates eigenes Verhalten seine Frage beantworte, denn nachdem sie vernommen hatte, daß sie sterben müsse, war sie noch freundlicher und liebenswürdiger als zuvor. Als man ihn aufmerksam machte, daß man Renate habe überreden wollen, war er erstaunt, dies zu hören, und danach wurde kein Druck mehr bezüglich einer Bluttransfusion auf Renate ausgeübt, obwohl die anderen Zimmerpatienten sich feindselig zeigten, bis Renate in ein Privatzimmer verbracht wurde. Der Chefarzt bemerkte ferner:

"In meiner langen Praxis ist mir noch nicht ein solcher Fall passiert, daß ein Kind, nachdem es erfahren hatte, daß es sterben müsse, so fröhlich war."

Renate starb. Bei ihrer Beerdigung wurde der Brief vorgelesen, den sie in der Nacht, nachdem der Stationsarzt sie hatte überreden wollen, geschrieben hatte:

"An alle Verwandten und Bekannten!

Ihr Lieben, ich bitte Euch herzlich, aber sehr eindringlich, der lieben Mutti nicht im geringsten irgendwelche Schwierigkeiten zu machen, weil sie die Blutübertragung, die ich vom Arzt aus haben sollte, abgelehnt hat. Es ist genauso mein fester Wille gewesen, lieber Gottes Wort treu und gehorsam zu sein, als ein Gesetzesübertreter zu sein und mein Leben künstlich zu erhalten; indem ich jedes halbe Jahr eine neue Blutübertragung haben müßte. Es ist ein wahres Wort: 'Wer sein Leben liebt wird es verlieren, wer aber sein Leben verliert in Treue zu mir, der wird es wiederbekommen.'

Aber meine große Hoffnung ist nicht, daß ich im Himmel irgendwo als Geist umherschwebe, nein, sondern ich ruhe im Grabe bis nach Harmagedon, und wenn mich der große Lebengeber (Jehova) für würdig erachtet, gibt er mir eine Auferstehung, richtig in Fleisch und Blut als Mensch auf einer gereinigten paradiesischen Erde in Wonne und Glück; und seht, darum ist mir das Sterben auch nicht schwergefallen; könnt Ihr das verstehen?

Ich bin zwar noch jung, aber ich habe mein Leben in die Hand des Schöpfers gelegt, und er leitet alles, wie es richtig ist. Also zum Schluß bitte ich Euch noch einmal dringend, der Mutti nicht irgendeinen Stein in den Weg zu legen und ihr jede Aufregung zu ersparen, die nicht sein muß. Sondern seid lieb und freundlich zu ihr und laßt auf keinen Fall ein böses Wort fallen. Seid alle herzlich gegrüßt und geküßt von Eurer Euch alle liebenden Renate. - Beherzigt dies aber bitte!"

 
Tabak

Die auf Gesundheitsreformerische Aspekte besonderen Wert legende Religionsgemeinschaft der "Siebenten-Tags-Adventisten" gehört auch zu jenen, wo das Rauchen verpönt ist. Die Adventisten sind auch schon dadurch hervorgetreten, dass sie auch für die breitere Öffentlichkeit, spezielle Raucher-Entwöhnungskurse angeboten haben. Das gibt es bei den Zeugen Jehovas, wo Rauchen gleichfalls verpönt ist, so nicht. Wer sich ihnen anschließen "will" und vorher Raucher war, muss aus eigener Kraft sehen, wie er dieses Laster wieder los wird. Echte logistische Unterstützung erhält er seitens der Zeugen Jehovas nicht. Die konfrontieren ihn lediglich mit ihrer diesbezüglichen Forderung.

Zu den verstreut und selten zu findenden Ausführungen der WTG zum Thema Rauchen gehört auch jener aus dem Jahrgang 1954 des "Wachtturms" (Ausgabe Wiesbaden, S. 329f.; Ausgabe Bern S. 173f.), wo man unter der Überschrift: "Der Tabakgenuß - vereinbar mit dem Christentum?" unter anderem lesen kann:

Weshalb sind denn Jehovas Zeugen dem Genuss des Tabaks abhold? Sagt die Heilige Schrift direkt und ausdrücklich, dass das Rauchen verboten sei? Nein, das tut sie nicht. Indes zeigt der ganze Inhalt der Schrift, dass der Tabakgenuß mit wahrem Christentum unvereinbar ist.

Christus Jesus fasste das wahre Christentum in den Worten zusammen: "Du sollst Jehova, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Sinn und mit deiner ganzen Kraft", und "du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst" (Mark. 12: 30, 31 NW). Der Gebrauch von Tabak kann nicht mit dem Gehorsam diesen zwei grossen Geboten gegenüber vereinbart werden.

Einige argumentieren, dass, weil die Bibel den Genuss des Tabaks nicht ausdrücklich verbietet, es auch keinen Einwand gegen dessen Verwendung geben könne. Solche übersehen indes die geschichtliche Tatsache, dass der Tabakgenuss auf die Indianer auf der westlichen Halbkugel beschränkt war, bis diese entdeckt wurde. Somit bestand kein Anlass den Tabak unter Jehovas Dienern zu erwähnen oder zu verbieten.

Dann wiederum behaupten einige, es sei ungereimt, so streng in bezug auf Tabak und dennoch den Gebrauch alkoholischer Getränke zu erlauben, wie es Jehovas Zeugen tun. Einige rauchen zur Entspannung, aus Nervosität oder Ruhelosigkeit. Solche sollten sich indes bemühen, die Ursache ihres Zustandes zu ermitteln, statt ein schädliches Rauschmittel zur Beseitigung der Symptome einzunehmen. Eine solche Untersuchung dürfte Züge offenbaren wie Habsucht, Nebenbuhlerschaft oder Ehrgeiz; oder es mag Wankelmut sein; oder es mag seine Ursache in den Gewissensbissen eines Schuldbewusstseins haben. Für solche Fälle ist "Gottergebenheit und Zufriedenheit oder Selbstgenügsamkeit" das Heilmittel. 1. Tim. 6:6.

Zehntausende christlicher Diener Jehovas frönten einst der Tabakgewohnheit, doch da sie es unvereinbar finden mit dem Christentum, brachen sie damit. Alle, die das Christentum ernst nehmen, werden sich ihrer bestimmt entledigen, wenn sie davon beherrscht sind. Wenn man es wirklich will, kann man mit dem Rauchen aufhören. Der Punkt liegt darin, völlig davon überzeugt zu sein, dass das Tabakrauchen Jehova Gott missfällt, dass es einen Mangel an Nächstenliebe anzeigt, und dass es für den Raucher selbst nicht gut ist, sei es nun körperlich, geistig oder moralisch. …

Man vergleiche dazu auch: 19352Rauchen

Abwehr

Wer einmal das Buch von William J. Schnell (Dreißig Jahre Sklave des Wachtturms) gelesen hat, der weiss, wie Schnell als Augenzeuge berichtet, dass in den dreißiger Jahren in den USA, die dortige Bevölkerung bewusst durch die Zeugen Jehovas provoziert wurde. Rutherford hatte es so organisieren lassen, dass bestimmte Städte oder Gebiete, zu festgelegten Zeitpunkten von den Zeugen Jehovas förmlich "überschwemmt" wurden. Dazu reichten selbstverständlich die ortsansässigen Zeugen Jehovas nicht aus. Fast Generalstabsmäßig geplant, wurden auch aus anderen Versammlungen Zeugen Jehovas zum Einsatz an den vorgesehenen Orten gebracht. Wenn sie sich dann gar rühmten, wie "Heuschrecken" über solche Orte hergefallen zu sein; dann waren das aus der Sicht der belästigten Bürger, keine leere Drohungen.

In abgeschwächter Form wurde diese Strategie noch bis Anfang der 1950er Jahre, auch in Deutschland praktiziert.

Bayern, vor 1945 weitgehend katholisch, war nach 1945 ein bevorzugtes Angriffsgebiet der Zeugen Jehovas im vorgenannten Sinne. Man darf bei der Bewertung dessen nicht vom heutigen Stand ausgehen. Damals trimmte die WTG auf eine weit größere Aggressivität, als wie das heutzutage der Fall ist.

Man braucht deshalb auch nicht darüber verwundert zu sein, dass die katholische Kirche sich bemühte, entsprechende Gegenmaßnahmen zu forcieren. Mag der "Erfolg" dieser Gegenmaßnahmen auch gering veranschlagbar sein. Es gab aber solche Anstrengungen.

Ein Dokument diesbezüglich ist auch eine Zeitschriftenbeilage zu Heft 20/1954 der Zeitschrift "Klerusblatt".

Diese separate Beilage trug den Titel: "Schach dem Sektentreiben. Zur Abwehr der staats- und religionsfeindlichen öffentlichen Propaganda der Zeugen Jehovas."

Daraus mal nachstehend ein paar Sätze:

Abgesehen von den Gefahren und Auswüchsen des Straßenverkehrs ist das öffentliche Treiben der Sekten bemerkenswert. Wer unsere Städte, die Großstädte und Kleinstädte, ja sogar Märkte, Vororte und verschiedene Dörfer am Samstag besucht, dem muß auffallen, daß auf den Straßen in zunehmendem Maße die Wachtturmanbieter der Sekte der "Zeugen Jehovas" herumstehen. In manchen Städten und Märkten hat dies einen derartigen Umfang angenommen, daß Fremde glauben könnten, diese Sekte sei in diesem Ort besonders heimisch geworden. In Wahrheit handelt es sich zum Teil um wohlvorbereitete Aktionen dieser Sekte. Sie ziehen ihre Anhänger vielfach von auswärts - zum Teil in großer Zahl - an einem bestimmten Ort oder Ortsteil zusammen, so daß für die Bevölkerung der Eindruck entstehen soll, ihre Anhängerschaft sei an diesem Ort bereits sehr zahlreich.

Sie steigern auch ihre Misslonierungsversuche von Haus zu Haus manchmal derart, daß nicht nur zwei, sondern mitunter ganze Rudel in Häusern vorsprechen, um auf die Bevölkerung mehr Eindruck zu machen.

Diese "Missionäre" gehen sogar soweit, vor Kirchen, besonders an Vortagen von kirchlichen Festen ihre Wachtturmschrift den offensichtlich uninteressierten, ja gegnerisch bekannten Kirchgängern vorzuhalten, wenn sie sie nicht gar ansprechen.

Es ist schon wiederholt vorgekommen, daß sie sich sogar in der Nähe von Wohnhäusern von Geistlichen aufgestellt, ja diese selbst aufgesucht haben.

Besonders in der kleinen Bischofsstadt Eichstätt haben diese Wachtturmposten begreiflicherweise ganz besonderen Unwillen der katholischen Bevölkerung und der Stadtbehörden erregt, so daß es zu polizeilichem Einschreiten kam.

Damit steht fest, daß die Zeugen Jehovas sich in aller Öffentlichkeit gegen die öffentliche Ordnung stellen und es darauf abgesehen haben, die Straßen zu beherrschen, wo und wann sie es nach ihren Missionierungsplänen sich in den Kopf gesetzt haben. Es ist weiterhin auch klar, daß sie nicht bereit sind, irgend jemand anderen über sich zu respektieren. Vor allem sind sie nicht bereit, auf die religiös Andersdenkenden irgendwie Rücksicht zu nehmen, ja sie scheinen es sich gerade zum Vorsatz gemacht zu haben, diesen ihre Erzeugnisse ins Gesicht zu halten. Damit fordern sie die Andersdenkenden geradezu heraus!

Die Sektenwerber spielen sich in der Öffentlichkeit zum Richter über die Gewissen Andersdenkender auf, indem sie ihnen an jeder Straßenecke ihren "Unglauben" vorhalten und sie der Anhängerschaft an eine "Religion der Unwahrheit" zeihen.

Mitunter schließt sich dann eine Art moralische Nötigung des Widerstrebenden an, indem diesem die 'Verdammnis in Aussicht gestellt wird, wenn er die "Wahrheit" der Sekte nicht annimmt.

Indem die Zeugen Jehovas die althergebrachte Sitte, auf öffentlichen Straßen und Plätzen religiöse Kämpfe und Werbungen nicht auszutragen, um die Gewissen anderer zu achten, verletzen, handeln sie schon allein dadurch dem Gemeinwohl zuwider und stören den religiösen Frieden im Volk. Durch die Bedrängung Andersgläubiger in Gestalt von mehr oder weniger unerwünschten Hausbesuchen, die mitunter sogar die Formen des Hausfriedenbruches annehmen - denn schon das Betreten einer Wohnung unter einem falschen Vorwand kann ein solcher sein - stören sie auch den häuslichen Frieden der Bewohner und werden zu Urhebern von Zank und unter Umständen auch zu Anstiftern oder Unternehmern strafbarer Handlungen.

Aus diesem Grund ist es dringend nötig, daß den durch das öffentliche Treiben der Angehörigen der Sekte der Zeugen Jehovas entstandenem Mißständen auf den öffentlichen Straßen und Plätzen nunmehr die volle Aufmerksamkeit der Staatsbehörden und der Parlamente geschenkt wird.

Eine derartige "Weltanschauung" wie diejenige der Zeugen Jehovas verdient nicht nur keinen Schutz des heutigen christlich-demokratischen Staates, sondern die Staatsbürger sind vor der Verbreitung einer solchen anarchistischen Lehre durch die Staatsgewalt zu schützen.

Aus diesem Grund wird es Zeit, daß die Verantwortlichen für Staat und Gesellschaft sich der Gefahr für Volk und Staat durch diese Irrlehre bewußt werden und auch alles, was zu unternehmen möglich ist, tun, damit dementsprechende neue Gesetze zum Schutz der Demokratie gegen diese Bedrohung von Seiten der zersetzenden Pseudo-Religion, die nur anderen Weltzersetzungskräften Vorschub leistet, erlassen werden.

Denn diese Sektenmissionäre haben es ganz besonders darauf abgesehen, aus dem Formalismus der Gesetzesauslegung Nutzen zu ziehen. Sollte das Jugendschutzgesetz nicht auch gegen Belästigung Jugendlicher durch Sektenwerbung anwendbar gemacht werden können? Gehören zu Schmutz- und Schundschriften nicht auch Traktate, die religiöse Wahnvorstellungen über "Satanskirchen und Satansregierungen" verbreiten?

Zu einer derartigen Verharmlosung der Rechts- und Sachlage durch Polizeiorgane, Staatsanwaltschaften und sonstige Behörden kann es nur auf Grund der mangelhaften Aufklärung dieser Dienstellen über das Wesen und das 'I'reiben dieser Sekte kommen. Es wird sich somit vor allem darum handeln, daß den Vertretern der Staatsbehörden wie der Parlamente das notwendige Wissen über die fanatische Sektenmissionierung im Volk geschaffene Lage vermittelt wird.

Siehe auch:

Kommentarserie1954

Der nächste Jahrgang  1955

Notizen aus "Informator" 1954

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