Annotationen zu den Zeugen Jehova

Schlafende Hunde geweckt

Einer der Vorwürfe des DDR-Regimes gegen die Zeugen Jehovas war ihr Grundsatz der theokratischen Kriegslist. Siehe dazu

Kriegslist

UntergrundKoenigreichsdienstschule

Nun kann man sich auf den Standpunkt stellen. Da herrschten totalitäre Rahmenbedingungen. Demzufolge sei das unter den dortigen Umständen erlaubt. Akzeptiert man diese Argumentation bedeutet sie nichts anderes als wie: Der Zweck heiligt die Mittel.

Die viel wichtigere Frage ist aber die. Gilt dieser Grundsatz auch heute noch unter freiheitlichen Rahmenbedingungen?

Zum einen: Eine offizielle Rücknahme jener Kriegslist-Doktrin ist bis heute nicht erfolgt.

Zweitens: Weiterer Grundsatz ist es, Brisantes möglichst nur mündlich weiterzugeben.

Das war zum Beispiel bei der Wehrdienstproblematik der Fall. Die davon Betroffenen wurden nicht selten in "vier Augen-Gesprächen" vorher instruiert. Tenor dieser Instruktion war es aber zugleich, dass der "Betreffende" formal juristisch selbstständig, eine entsprechende Haltung Organisationskonformer Art einnehmen sollte. In gewundenen Worten brachte das noch Anfang der 90er Jahre auf einer "Ältestentagung", die sich formal und vordergründig mit der Frage des Baues von Königreichssälen beschäftigte, ein dort referierender, für juristische Fragen mit zuständiger WTG-Mitarbeiter, zum Ausdruck. Auf jener Tagung vom Juli 1992 beschäftigte man sich auch besonders mit dem Umstand, dass die "Königreichssäle" unter weitgehender Nicht-Verwendung regulärer Baufirmen erstellt werden. Dies wiederum könne Neid erzeugen und auch die Frage aufwerfen, ob da nicht der Tatbestand der Schwarzarbeit und somit der Steuerhinterziehung gegeben sein. Letzteres soll hier nicht bewertet werden. Offenbar ist es wohl so, dass dabei extensiv eine gewisse Grauzone ausgenutzt wird.

Interessanter ist vielleicht viel eher, welche Instruktionen auf dieser Tagung vermittelt wurden.

Laut Transkription des Kassettenmitschnittes wurde dort erklärt:

"Doch einige allgemeine Hinweise dazu liebe Brüder. Wir nennen keine Preise, keine internen Einzelheiten. Das Gebäude und das was zu sehen ist, spricht für sich. ... Wir werden auch während die Bauarbeiten laufen, keine Pressevertreter einladen. Bedenkt bitte auch, dass die Bauregionen keine Institution ist. Wir werden also nicht erwähnen: Bauregion Sachsen-West, Bauregion Sachsen-Ost, Bauregion Sachsen-Anhalt-Thüringen, Bauregion Nordostdeutschland. Das ist eine interne Bezeichnung nur für uns. Wir helfen einander in Nachbarschaftshilfe. Der Begriff Bauregion sollte bitte nicht auftauchen. Auch wollen wir nicht sagen, dass wir grundsätzlich alles selbst machen, weil wir die Fachkräfte zur Verfügung haben. Handwerksbetriebe und andere, die sind nicht darüber erfreut. Und oft werden gewisse schlafende Hunde geweckt dadurch: Wie kommt das zustande, und wie hat man das gemacht ...

Wir dürfen Pressevertretern kein Vertrauen schenken. Sie können nichts für uns tun. Wir brauchen sie nicht. Wir lassen auch Fernsehsendungen platzen, wenn es darauf ankommt, wenn sie nicht die Bedingungen erfüllen, die wir stellen."

Meines Erachtens ist dieses Zitat ein Beleg dafür, wie und in welcher Form, sich die "theokratische Kriegslist" der Zeugen Jehovas auch in der Gegenwart äußert. Unter den freiheitlichen Rahmenbedingungen, bestehen in der Tat nicht jene Repressionen, wie sie in den totalitären deutschen Regimen akut waren, die den Zeugen ihre Missionstätigkeit untersagen wollten. Dieser Kampf ist obselet. Die heutigen Kämpfe gehen um den großtmöglichsten Anteil am finanziellen Kuchen, wo denn ein solcher noch zu verteilen ist. Das Beispiel Königreichsaalbau belegt es. Bezeichnend auch die Sprachregelung, die da einstudiert wurde. Man ist sich in gewissen Umfange durchaus bewusst, dass man da in einer Art Grauzone agiert. Aber, wie gelesen, man ist entschlossen, bis zum letzten Cent, die Chancen die sich in solchen Grauzonen bieten, auszunutzen.

Man kann weiter gehen und sagen, dass die KdöR-Ansprüche der Zeugen, letztendlich aus der gleichen Motivation gespeist sind. Auch hierbei gilt, was im vorliegenden Beispiel bezüglich der Journalisten gesagt wurde. Nur möglichst gefilterte und geschönte Selbstdarstellungen in der Öffentlichkeit sehen zu wollen.

Um das Beispiel Instruktionen in der Wehrdienstfrage noch aufzunehmen. Dieses Problem besteht derzeit nicht mehr in der Schärfe, die es noch vor einigen Jahrzehnten hatte. Die politischen Rahmenbedingungen haben sich in der Tat geändert.Dennoch kann der Rückblick auch dabei lehrreich sein. Wie schon gesagt, bestand die Praxis darin, Instruktionen vorwiegend in vier Augen Gesprächen zu vermitteln. Die sind natürlich in der Regel nicht dokumentiert. Also muss man nach dokumentierten Beispielen suchen. Eines davon hat Josy Doyon in ihrem Buch "Hirten ohne Erbarmen" überliefert. Die Familie Doyon lebt in der Schweiz. Auch da gab es die Wehrdienstproblematik. Ihre Erfahrungen schildert Frau Doyon auch in ihrem Buch (S. 258f.). Einige Auszüge daraus:

"In ein arges Dilemma brachte Hans seine Verpflichtung zum Militärdienst. Längst hätte er den Dienst verweigern sollen, schob es aber immer wieder hinaus. Er konnte einfach nicht einsehen, warum ihm dies von der Gesellschaft zugemutet wurde, war er doch einer Luftschutztruppe zugeteilt ... Aber schliesslich begann die Gesellschaft immer heftiger zu dringen, dass jeder Zeuge den Dienst verweigern müsse ...

Einmal rief man ihn noch spät nach der Versammlung zur Seite. Ich ging gleich mit, weil ich fürchtete, der Versammlungsdiener wolle Hans Vorwürfe machen wegen der unbefriedigenden Rapportzettel. Aber darum handelte es sich diesmal nicht. 'Du Hans, wie ist das eigentlich jetzt mit dem Militärdienst?' fragte Bruder Klaus, 'wie ich weiss, hast du deine Ausrüstung noch nicht abgeben können!'

'Nein', entgegenete Hans, 'ich hoffte immer, sie liessen mich frei wegen meines Leistenbruches, aber letztesmal musste ich doch wieder im Dienst bleiben.'

'Ja, aber weisst du, jetzt solltest du doch endgültig entscheiden, ob du den Dienst verweigern willst, oder nicht. Es ist nämlich eine neue Verordnung von der Gesellschaft gekommen. Die Verkündigerkarten von Brüdern, die militärisch eingeteilt bleiben, müssen aus der Karthotek genommen werden. Das bedeutet, dass sie nicht mehr als Zeugen anerkannt werden. Ich erschrak, weil ich sah, dass Hans nicht wusste, was er antworten sollte. ...

Kurze Zeit später hatten wir wieder Kreisdiener-Woche. Als wir uns nach einem Gruppenbuchstudium verabschieden wollten, ersuchte der Kreisdiener Hans und mich, in den Nebenraum hinüberzugehen, er müsse noch mit uns reden....

'Der Versammlungsdierner hat mir gesagt, dass er mit dir in bezug auf den Militärdienst gesprochen habe, Hans' hob der Kreisdiener an.

Mir wurde ungemütlich, denn schliesslich war seit dem Gespräch noch nicht viel Zeit vergangen. ... Aber ich las in den Augen des Kreisdieners, dass es an diesem Abend hart auf hart gehen würde."

Um den Bericht etwas abzukürzen; es wäre ohnehin lohnenswert das Originalbuch zu lesen. Frau Doyon "mischte" in der Diskussion noch entsprechend mit. Besonders bemerkenswert dabei erscheint mir noch die nachfolgende Passage:

"'Wenn er nun schon um jeden Preis den Dienst verweigern soll, obwohl er nur beim Luftschutz dient, dann schreib du ihm wenigstens auf einen Zettel, wie er sich bei den Richtern verteidigen soll!'

Der Kreisdiener zog die Schultern hoch blickte an mir vorbei und sagte:

'Das darf ich nicht!'

'Aber um Himmels willen', rief ich jetzt erbost, 'warum denn nicht, wenn es die Gesellschaft doch verlangt, dass er verweigert! Du weisst doch genau, dass er ein Arbeiter ist und kein Studierter. Helft ihm doch wenigstens! Was wäre denn dabei, ihm die wichtigsten Argumente kurz aufzuschreiben?'

Er wurde sichtlich unruhig und strebte dem Ausgang zu, während er eiliig hinwarf:

'Die Gesellschaft darf das nicht tun, jeder muss freiwillig vor Gericht verweigern ..."

Meines Erachtens ist bei diesem Beispiel der interne Gruppendruck gut herausgearbeitet. Zugleich wird deutlich, wie die höhere WTG-Funktionärsschicht sich abzusichern sucht.

Wenn letztere heutzutage viel von individueller Gewissenentscheidung oder "vorverlagerter Gewissensentscheidung" faseln, dann ist dies letzendlich auch ein Ausdruck ihrer theokratischen Kriegslist. Die Öffentlichkeit möglichst mit Worthülsen "besoffen zu reden".

Es gibt in der Tat zwei Wirklichkeiten. Die geschönte "Wirklichkeit" der WTG-Advokaten und Funktionäre ist dabei mit Sicherheit nicht die tatsächliche Wirklichkeit!

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Wenn heutige WTG-Funktionäre auf das Thema „Theokratische Kriegslist" zu sprechen kommen, dann belieben sie mit Vorliebe jenen kleinen Erfahrungsbericht aus dem „Wachtturm" des Jahres 1957 zu zitieren, wo davon die Rede ist, dass eine Zeugin Jehovas, um ihren Verfolgern im Predigtdienst ein Schnippchen zu schlagen, schnell an unbemerkter Stelle in einem Hausflur ihre Bluse wechselte. Das hört sich ja schon banal an. Da ist also eine gesuchte Frau mir „roter Bluse" nicht mehr auffindbar.

Indes ziehen sie es aus Prinzip vor, den in diesem Bericht auch enthaltenen Quellenverweis auf seinen „Wachturm"-Artikel vom 15. 4. 1956 nicht zu nennen.

Im unterschlagen von mit zur Sache gehörenden wesentlichen Tatbeständen, sind sie ja mittlerweile schon so etwas ähnliches wie „inoffizielle Weltmeister".

Kaum einer indes kennt heute noch jenen Ursprungsartikel in seinem eigentlichen Wortlaut. Ist von der WTG auch so gewollt, auf das man sich doch von ihren Brosamen „nur" ernähren möge.

Beide Artikel. Sowohl der „Blusenartikel", als auch der ihm zugrunde liegende Grundsatzartikel, seien daher nachstehend einmal im Original-Layout wiedergegeben.

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Da das ganze vielleicht doch etwas unübersichtlich ist, vielleicht nochmal aus vorstehendem einige Kernsätze:

 

Der Wachtturm, 1. Juli 1957 S. 413f.

Wende theokratische Kriegslist an

Eine Zeugin Jehovas ging in Ostdeutschland von Haus zu Haus und stieß auf einen heftigen Gegner. Da sie sogleich wußte, was nun zu erwarten war, zog sie im nächsten Hausflur ihre rote Bluse aus und legte dafür eine grüne an. Kaum auf die Straße getreten, fragte ein kommunistischer Beamter, ob sie nicht eine Frau in einer roten Bluse gesehen habe. „Nein", erwiderte sie und zog ihres Weges. War dies eine Lüge? Nein, sie log nicht; sie war keine Lügnerin. Vielmehr wandte sie theokratische Krieglist an, indem sie die Wahrheit um des Predigtdienstes willen durch Wort und Tat verbarg.

Hierfür hatte sie ein gutes biblisches Vorbild. Verbarg nicht auch Rahab die israelitischen Kundschafter durch Wort und Tat? … Ihre Taten waren im Einklang mit dem weisen Rate Jesu: „Siehe! Ich sende euch aus wie Schafe unter Wölfen; erweist euch darum so vorsichtig wie Schlangen und doch so harmlos wie Tauben." …

Vielleicht fragt sich jemand, wo denn die Grenze zwischen theokratischer Kriegslist, durch die ein Tatbestand verborgen gehalten wird, und dem Aussprechen von Lügen gezogen werden soll. … Bisweilen mag er es vorziehen, die Aussage zu verweigern und lieber die Konsequenzen zu tragen als seine Brüder oder die Interessen des Werkes Gottes zu verraten. Natürlich liegt kein Anlaß vor, im Umgang mit unseren christlichen Brüdern Kriegslist anzuwenden. …

Die Zeugen führen selbst in Ländern, wo ihre Tätigkeit verboten ist, ein großes Werk durch. Die einzige Möglichkeit, das Gebot, die gute Botschaft des Königreiches Gottes zu predigen, zu erfüllen, ist für sie die Anwendung theokratischer Kriegslist, Strategie. …

So ist es denn in der Zeit eines geistigen Kampfes angebracht, den Feind auf falsche Fährte zu weisen, indem man die Wahrheit verbirgt....

 

Der Wachtturm, 15. April 1956, S. 236f,

Vorsichtig wie Schlangen unter Wölfen

…das Königreich der Himmel hat sich nun im vollständigerem Sinne genaht als zur Zeit, da Jesus die zwölf Apostel zum Predigen aussandte; denn im Jahre 1914 hat Jehova Gott seine große Macht an sich genommen und seinen Sohn Jesus Christus auf den Thron gesetzt, damit er als König inmitten seine Feinde herrsche …

Erlaubt Vorsicht Tarnung?

In den alten Hebräischen Schriften finden wir viele Beispiele von Fällen, in denen Jehovas Diener vorsichtig zu Werke gingen … In der Nähe Ägyptens gelangt, bat Abraham Sarai, sie möchte die Tatsache verhehlen, daß sie seine Frau sei. … Kritiker aber sehen es nicht so an. Sie erblicken in Abraham nur einen verlogenen Ausflüchte suchenden, feigen Schwächling und nicht einen vorsichtigen Strategen in feindlichem Lande, das voller „Wölfe" war. …

Rahab, die Hure und Gastwirtin aus Jericho, wird im allgemeinen als Betrügerin verdammt. Sie nahm die zwei Kundschafter aus dem nahen Lager Israels in ihr Haus auf, weil sie deren Gott Jehova fürchtete. Hätte sie, als der König von Jericho Männer hinsandte und verlangte, man solle die zwei Kundschafter holen, die Beamten des Königs auf das Hausdach führen und die Flachstengel auf die Seite schieben sollen, die schichtweise über die Männer ausgebreitet worden waren, um so deren Versteck zu enthüllen und sie dem Los von Spionen preiszugeben? … Erforderte es nicht starken Glauben an Jehova, die Forderung des Königs zurückzuweisen und seine Beamten in falscher Richtung wegzusenden? Sie sagte: „Ja, die Männer kamen zu mir; und ich wußte nicht, woher sie waren. Und als man eben das Tor beim Dunkelwerden schließen wollte, da gingen die Männer hinaus. Ich weiß nun nicht, wohin die Männer gegangen sind. Jagt ihnen eilends nach, denn ihr werdet sie noch einholen." Lag in diesen Worten eine der Moral zuwiderlaufende Lüge?

Man denke daran, daß damals Krieg herrschte. Die Feinde verdienten es nicht, daß man ihnen zum Schaden oder zur Gefährdung der Knechte Jehovas, die Wahrheit mitteilte. In Kriegszeiten ist es angebracht, den wölfischen Feind auf falsche Fährte zu lenken. …

David nahm Zuflucht im Lande der Philister bei Achis, dem König von Gath. Als die Philister entdeckten, wer er sei, und dem König beibrachten, David gefährde ihre Sicherheit, da wurde es David angst vor „Wölfen". „Deshalb täuschte er vor ihnen Geistesgestörtheit vor …

Die Völker dieser Welt stehen nun Harmagedon gegenüber …

Da die unchristlichen „Wölfe" den „Schafen" den Krieg erklären und tatsächlich wider Gott streiten wollen, ist es angebracht, daß die harmlosen „Schafe" im Interesse des Werkes Gottes gegenüber den „Wölfen" Kriegslist anwenden. …

Wenn die wölfischen Feinde falsche Schlußfolgerungen aus unseren Überlistungsmanövern ziehen, wird ihnen doch durch die harmlosen Schafe … Kein Leid angetan. …

Ein thematischer Exkurs aus einem 1920 in Zürich erschienenem Buch vom M. Schüli über "Sondergemeinschaften".

Der Verfasser Schüli, wird laut Verlagsangabe als Evang. Religionslehrer an der Kantonsschule in St. Gallen (Schweiz) bezeichnet.

Nun noch das Zitat von ihm:

"Berüchtigt ist die Morallehre der Jesuiten

Es sind namentlich folgende Grundsätze, welche die Jesuitenmoral kennzeichnen.

1. Der Probabilismus. Dieser sagt: in zweifelhaften Fällen ist eine Handlung gerechtfertigt oder doch entschuldigt, wenn sich für sie irgend ein probütler, d. H. Wahrscheinlicher Grund oder die Zustimmung eines angesehenen Morallehrers beibringen läßt. Wenn zwei dieser Morallehrer verschiedener Meinung sind, so kann der sie Befragende der Meinung folgen, die ihm die angenehmere ist. Das eigene Gewissen wird also zu Gunsten eines andern zurückgedrängt, das Sittengesetz wird seiner Heiligkeit und unbedingten Gültigkeit beraubt.

2. Die Mentalreservation oder Mentalrestriktion, d. H. Der innere Vorbehalt. Man versteht darunter eine Art Sprechens, wobei man den Worten in seinen Gedanken einen andern Sinn gibt. Wenn jemand, befragt, ob er in Köln gewesen sei, antwortet: „Ich war dort“, und dabei denkt: „im Geiste“, so bildet dieser Gedanke den innern Vorbehalt.

Diese Art des Sprechens, die nur aus einem willkürlich gewähltem innerem Vorbehalt besteht, ist auch nach der Morallehre der Jesuiten niemals erlaubt, sondern ist lügnerisch. Anders verhalte es sich, sagen sie, bei der Anwendung zweideutiger Worte.

S. 64

Ein Dieb lügt nicht, wenn er auf die Frage, ob er das Schloß (Türschloß) genommen habe, sagt:

Ich hab das Schloß (bei sich selbst denkt er eine Burg!) Nicht genommen. -

Bei einer andern Art der inneren Vorbehalte sind die Worte an sich nicht zweideutig, aber man kann ihnen durch Umstände der Zeit oder desOrtes einen verschiedenen Sinn geben.

Von dem „heiligen“ Franziskus wird erzählt:

Als einst Räuber, die an ihm vorübergegangen waren, von den Häschern gesucht wurden, habe er diesen auf ihre Frage, ob die Räuber vorüvergegangen seien, geantwortet, sie seien nicht hier durchgekommen, indem er seine Hände in die Ärmel steckte,

„Das war ganz der Wahrheit gemäß geantwortet, denn durch die Ärmel waren die Räuber nicht gegangen.

3. Man nennt solche Sittenlehre auch Casuistik. Diese besteht darin, daß der einzelne solche Fragen zur Belehrung des Beichtvaters und für die Bedürfnisse des Beichtstuhls behandelt werden. Aber „diese Behandlungsart der christlichen Moral wirkt vielfach vergiftend bis ins innerste Mark des christlichen Lebens“, so urteilt Möhler, einer der bedeutendsten katholischen Theologen des 19. Jahrhunderts, gestorben 1838 in Tübingen, über die Jesuitenmoral.

In der Tat, diese Morallehre muß schließlich allen Wahrheitssinn ertöten und das im Verkehr mit den Mitmenschen so nötige Vertrauen untergraben. Diese Moral steht mit dem Geiste Jesu, der die Wahrheit ist, in schroffem Widerspruch.

S. 65

Der berüchtigte Satz: „Der Zweck heiligt die Mittel“ findet sich zwar in dieser Form nicht in den Morallehrbüchern der Jesuiten. Aber sein Sinn, d. H. Daß in sich verwerfliche, schlechte Mittel, durch den guten Zweck, den man mit ihnen erreichen will „geheiligt“ d. H. Erlaubt worden, ist eine der Grundlehren jesuitischer Moral, wenn auch nicht von ihnen allein befolgt.

 

Siehe auch: Parsimony.11106

"Wir nennen keine Preise ... Wir lassen wenn es darauf ankommt, auch Fernsehsendungen platzen ...." (Tondatei)

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