Re: 22. 6. 1954 (Vor fünfzig Jahren)


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von D. am 22. Juni 2004 05:57:01:

Als Antwort auf: Re: 15. 6. 1954 (Vor fünfzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 15. Juni 2004 05:28:02:

Er war einer der "namhaftesten" Brunnenvergifter der USA. Der dortige Senator McCarthy.
In seiner "Glanzzeit" zitterten selbst US-Präsidenten vor ihm. Er hat wesentlich dazu beigetragen, dass zu seiner Zeit das politische Pendel der USA weit nach rechts ausschlug.
Nicht "nur" Präsidenten zitterten vor ihm. Auch die WTG gehörte zu denen, die durch ihm buchstäbliche Angst eingejagt bekamen. Hätte er unbeschränkt weiter wirken können, wäre sogar die Konstellation denkbar gewesen, dass selbst die WTG in den USA als "kommunistisch infiltriert" verboten worden wäre. So ungeheuerlich diese These auch klingt, wäre die Macht der McCarthy-Falken in den USA weiter angewachsen, hätte das durchaus im Bereich des möglichen gelegen. Immerhin trat dieser Umstand auch deshalb nicht ein, weil McCarthy auch die WTG weit nach rechts gedrängt hatte.

Man tue das Schlagwort "kommunistisch infiltriert" nicht leichtfertig ab. Hitlerdeutschland hatte es schon zu bemerkenswerter Blüte geführt. Und abgesehen davon, dass McCarthy noch keine buchstäbliche SA und SS auf den Straßen aufmarschieren lassen konnte, deren "Argument" einzig und allein der blanke Terror war. Abgesehen von diesem Unterschied (soweit war er noch nicht), hatte McCarthy das "Format" zum "Hitler der USA" zu werden.

Mit seiner Radikalität schaffte er sich aber auch nicht wenige Feinde. Sofern die nicht schon durch die McCarthy'schen Machenschaften paralysiert waren, warteten sie darauf, dass er eines Tages mal stolpern würde. Und wenn er dann im Stolpern sich befinde, würden sie ihm noch einen zusätzlichen Tritt in den Allerwertetesten verpassen, auf dass er sich nicht mehr davon erholen möge. Dieser Umstand trat tatsächlich ein. McCarthy "stolperte". Und jetzt zeigte sich, dass auch seine Gegner ihm kein "Pardon" mehr gewähren würden.

Die Rolle der WTG dabei ist eigentlich nur die eines Trittbrettfahrers. Nachdem andere die Hatz auf McCarthy eröffnet hatten; schloss auch sie sich dem an. In der "Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 6. 1954 gibt es einen McCarthy bezüglichen Artikel, der nachstehend in seinen wesentlichen Aussagen vorgestellt werden soll:

WAS STIMMT NICHT BEI McCARTHY?



McCARTHY ist schon recht", hört man viele auf die obige Frage über den amerikanischen Senator von Wisconsin antworten, unter ihnen Mitglieder der republikanischen Partei, einige Demokraten, gewisse religiöse Führer und eine Anzahl Zeitungsredakteure. Aber es gibt auch Republikaner sowie viele Demokraten, eine beträchtliche Zahl Geistlicher und eine Menge gewöhnlicher amerikanischer Bürger, die ganz anderer Meinung sind. Viele Leute verteidigen ihn leidenschaftlich, andere lehnen ihn ebenso leidenschaftlich ab. Und so empfindet man nicht nur in Amerika, denn der Senator von Wisconsin ist auch in Europa, Asien und anderswo eine bekannte und umstrittene Figur.

Natürlich darf eine Nation, wenn sie sich im Kampf mit einer anderen befindet, wie heute die Vereinigten Staaten, die mit Rußland einen kalten Krieg führen, ihre Regierung von Personen säubern, die gemeinsame Sache machen mit dem Feind. Es wäre sogar töricht, es nicht zu tun. Aber dies kann auf eine billige oder unbillige Art geschehen, und kein Politiker besitzt das Recht, aus der Furcht eines Volkes Kapital zu schlagen, Tatsachen zu verdrehen, um bekannt zu werden; oder einem Volke Schaden zuzufügen, um seine eigenen politischen Interessen zu fördern. Hat man sich derartiges zuschulden kommen lassen, dann sind das Methoden, die zu beanstanden sind.

Parlamentarische Untersuchungen können auf ganz verschiedenen Ebenen geführt werden: es 'können dabei ehrliche und gerechte Methoden angewandt werden oder ränkevolle, verschlagene und schlaue, oder Methoden, die irgendwo dazwischen liegen. Sicherlich eine neutrale Stimme ist die namhafte britische Zeitung 'Manchester Guardian Weekly', und diese schrieb am 26. November:
„Wenn Kommissionen mit ihren Zeugen immer mit juristischer Sorgfalt umgegangen wären, würde das Fünfte Amendement [das einer Person das Recht garantiert, nicht gegen sich zeugen zu müssen], nicht so viel Staub aufwirbeln. Aber die McCarthy-, Jenner- und Velde-Kommissionen haben sich empörende Dinge geleistet. Wenn sie bereit wären, sich an ehrenhafte Regeln zu halten, wie sie aufgestellt wurden — zum Beispiel von Senator Kefauver —, dann erschiene der Vorschlag des Generalstaatsanwaltes [eine Revision der Bedingungen, unter denen ein Zeuge die Aussage verweigern kann] als vernünftig. Aber bis dahin erscheint der Vorschlag des Generalstaatsanwaltes wie eine Unterstützung ihrer üblen Methoden."

Machte McCarthy falsche Angaben? Jawohl. In seiner Rede vom 24. November, die von vielen Fernsehstationen unentgeltlich übertragen wurde, machte er falsche Angaben zur Förderung seiner eigenen, selbstischen Interessen. Um seine Handlungsweise zu rechtfertigen, führte er folgende Worte von Präsident Lincoln an: "Und woher wird die Gefahr kommen? Wenn dieses Volk vernichtet wird, so geschieht dies von innen heraus; wenn es nicht von innen heraus zerstört wird, wird es für alle Zeit fortbestehen." McCarthy hat dieses Zitat zurechtgestutzt und aus dem Zusammenhang gerissen. Ohne Zweifel betonte Lincoln in dieser in Springfield (Illinois) am 27. Januar 1838 gehaltenen Rede nicht, der Zweck heilige die Mittel, sondern das gerade Gegenteil: der Untergang einer Nation sei unvermeidlich, wenn sich die Menschen ihre eigene Meinung bilden über Schuld, ihre Mitmenschen verurteilen und an Stelle von "besonnenen Gerichtsurteilen wilde, heiße Leidenschaft tritt". Er kämpfte besonders "für eine Respektierung der Verfassung und der Gesetze". Lincoln warnte daher gerade vor der Handlungsweise, die McCarthy verfolgt; aber McCarthy verschwieg dies seinen Zuhörern, weil sonst seine Beweisführung zusammengebrochen wäre.

Vernichtung des guten Rufes
Er macht sich auch schuldig der Vernichtung des guten Rufes, denn in derselben Rede deutete McCarthy an, daß Ex-Präsident Truman der kommunistischen Linie folge. Seine Anklage lautet: "Kürzlich definierte Truman, was er ,McCarthyismus' nennt. Die Definition deckte sich Wort für Wort und Komma für Komma mit der Definition in der kommunistischen Zeitung 'Daily Worker', welche den Ausdruck, 'McCarthyismus' aufbrachte." Entspricht dies der Wahrheit? Die "Unität Press" meldete, daß "ein offizieller Sprecher der McCarthy-Kommission" auf die Frage, in welcher Ausgabe des 'Daily Worker' diese Definition zu finden sei, geantwortet habe, sie sei nicht in einer Ausgabe erschienen, sondern in einzelnen Sätzen, die der Senator selbst zusammengetragen habe. Es stimmte also nicht:
es war nicht "Wort für Wort und Komma für Komma", wie der Herr Senator gesagt hatte. Die Anschuldigung gegen den ehemaligen Präsidenten hätte nicht so vernichtend geklungen, hätte McCarthy die Wahrheit gesagt.

Dies ist nicht der einzige Fall einer hinterlistigen Beraubung des guten Namens auf Grund beschämend unrechter Behauptungen. Die Zeitschrift 'Thc Reporter' (21. Juli 1953) schrieb: "Ganz beispiellos war das Verhalten von McCarthy und Cohn [einer seiner Mitarbeiter] während des Verhörs von Reed Harris", einem ehemaligen Beamten des Staatsdepartements. McCarthy fragte, ob ihm nicht die "American Civil Liberties Union" (amerik. Vereinigung für die bürgerlichen Freiheiten) im Jahre 1932 einen Anwalt gestellt habe, und behauptete: "Sie wissen doch, daß die 'American Civil Liberties Union' das Vorgespann der Kommunistischen Partei ist, nicht wahr?" Harris antwortete:
"Herr Vorsitzender, das war im Jahre 1932." Darauf McCarthy mit Nachdruck: "Ich weiß, daß dies im Jahre 1932 war. Wissen Sie, daß sie seither auf die Liste kam, als eine Gruppe, welche dem Kommunismus dient?" Harris erwiderte: "Es ist mir nichts Derartiges bekannt. Ich habe gehört oder gelesen, daß davon gesprochen wurde."

Dazu kommentierte 'The Reporter': "Was es hier zu beanstanden gibt, ist nicht nur, daß die American Civil Liberties Union weder im Jahre 1932 noch vor oder nach jenem Jahr für die Kommunisten arbeitete; oder daß sie noch nie als kommunistische Gruppe, weder beim Generalstaatsanwalt noch bei der FBI oder bei irgendeiner parlamentarischen Kommission, eingetragen war; oder daß die einzige Anklage dieser Art, die je gegen sie erhoben wurde, von der Tenncy-Kommission der kalifornischen Legislative stammt, die so verrufen ist, daß sogar die parlamentarische Kommission für unamerikanische Umtriebe ihrem Befund keinen Glauben schenkt . .. Was einem beim Harris-Fall den Atem verschlägt, ist nicht einmal die Unverschämtheit, mit der McCarthy seine Absicht verfolgte beim Verhör, sondern daß dies am 3. März 1953 geschah und Roy Cohn an seiner Seite war… denn Cohn hatte drei Wochen früher an einer Konferenz der American Civil Liberties Union im Henry-Hudson-Hotel in New York teilgenommen und dort auch eine Ansprache gehalten!"

Zeitungsschlagzeilen
Der republikanische Abgeordnete von New York, Kenneth B. Keating, hat die Anwendung „ehrlicher Spielregeln" vorgeschlagen, zu denen auch eine Beschränkung gehören soll, betreffend die Veröffentlichung unvollständiger Berichte über geheime Sitzungen durch einzelne Kommissionsmitglieder. Um solche Beschränkungen hat sich McCarthy nicht gekümmert, der besonders darauf erpicht ist, daß seine Verhöre in den Zeitungen veröffentlicht werden. Bei den Untersuchungen über angebliche Spionage im Fort Monmouth in New Jersey, die teils geheim, teils öffentlich waren, konnten die Reporter die Zeugenaussagen nicht hören, wohl aber McCarthys Ausführungen am Abend, wenn die Sitzungen vorüber waren. „Es ist eine schändliche Methode, und offenbar wird damit nur der Zweck verfolgt, in der Öffentlichkeit Aufsehen zu erregen." Ob McCarthys Aussagen ähnlich zurechtgemacht waren wie sein Zitat von Lincoln und seine Anklage gegen Truman und den 'Daily Worker' konnten die Berichterstatter natürlich nicht wissen, aber seine Mitteilungen an sie hatten sensationelle Schlagzeilen zur Folge.

Die Neuyorker 'Times' befaßte sich eingehend mit den Fort-Monmouth-Untersuchungen und kommentierte dazu in ihrer Ausgabe vom 14. Januar: „Senator McCarthys Gier, im Rampenlicht der Öffentlichkeit zu
stehen, ist nie so deutlich sichtbar geworden wie im Monmouth-Fall… In den Vereinigten Staaten wurde eine Atmosphäre geschaffen, die zu solch undemokratischer Verfolgung führt, wofür teilweise Senator McCarthy verantwortlich gemacht werden muß… Die Armee hat ihr Monmouth-Personal schon Monate vor dem Erscheinen McCarthys einvernommen. Die Untersuchungskommission der Armee fand keine Spione und auch Senator McCarthy fand keine, aber die Untersuchungen des Senators hatten im vergangenen Oktober sensationelle Schlagzeilen über angebliche Spionage und kommunistische Infiltration in Monmouth zur Folge. Bis jetzt haben sich seine Anschuldigungen als unzutreffend oder als übertrieben erwiesen, aber sie wurden veröffentlicht. . . Wenn der Senator wirklich etwas zu Tage fördert, werden sich Bestätigungen dafür finden; aber bis dahin sollte der vernünftige Leser McCarthys Anklagen als ungültig ablehnen." Was den Ausdruck „der vernünftige Leser" betrifft — wie hoch schätzt die 'Times' den Prozentsatz der Bevölkerung, welcher sich genügend über McCarthy informiert hat, um zu wissen, daß die Schlagzeilen in namhaften Zeitungen nicht ernst zu nehmen sind ? Ist es zum Schütze des Landes oder ein Ringen um politische Vorteile, wenn der „Kommunistenjäger", nur um Aufsehen zu erregen, das Ansehen einer wichtigen Verteidigungsanlage dermaßen erschüttert ?

Politik mit Bomben
Dies wurde einmal „Politik mit Bomben" genannt. Anklagen werden erhoben, die in Fettdruck auf der ersten Seite der Zeitungen | erscheinen, der Senator erhält so die gewünschte „Reklame", dann wächst Gras über, die Sache und neue Schlagzeilen werden vorbereitet. McCarthy sagt, seine Aufgabe bestehe nicht in der Abfassung endgültiger Berichte, sondern darin, Sicherheitsbeamte auf Sachlagen aufmerksam zu machen, die sie untersuchen sollten. Aber die sensationelle Untersuchung in Fort Monmouth diente nicht diesem Zweck. Als McCarthy am 8. Oktober mit seiner Untersuchung begann, hatten die Sicherheitsbeamten die vorläufigen Amtsentsetzungen, für die die Schlagzeilen McCarthy das Verdienst zuschrieben, bereits vorgenommen. Durch McCarthys Untersuchungen erhielt die Öffentlichkeit lediglich Kenntnis von ihren Untersuchungsergebnissen und McCarthy erntete ihre Lorbeeren.

In welcher Weise erwuchs der Nation dadurch ein Schaden? Walter Millis schrieb in der Neuyorker 'Herold Tribüne' über McCarthys Angriff auf Monmouth: „In den vergangenen wenigen Wochen ist diese empfindliche militärische Anlage zerstört worden — gründlicher, als ein Sowjetsaboteur es sich hätte erträumen können." Peter Kihss schrieb in der Neuyorker Times vom 11. Januar: „Es wird befürchtet, daß die Aussicht auf Untersuchungen mit den bekannten Anklagemethoden viele der fähigsten Fachleute zurückhalten mag, für die Regierung zu arbeiten."

Wohin treibt McCarthy?
Viele Amerikaner würden staunen über die Macht, welche McCarthy durch solche Publizität und andere Methoden gewinnt. Truman nannte in seiner Antwort auf die Anklage, daß er einen kommunistischen Spion unterstützt habe (der Spion wurde durch Schlagzeilen schuldig erklärt, seine Schuld aber wurde nie vor einem Gericht bewiesen*), die republikanische Verwaltungspolitik „Mc-Carthyismus". Wegen der Verwendung dieses Wortes verlangte McCarthy eine unentgeltliche Radio- und Fernsehübertragung für seine Antwort, anstatt jene, welche die Anschuldigungen erhoben hatten, zu veranlassen, dem früheren Präsidenten Rede und Antwort zu stehen. Und zur großen Überraschung fast aller Beobachter wurde ihm dies bewilligt! Diese Sendungen kosteten fast eine halbe Million Dollar. John Crosby, der Rubrikjournalist der Neuyorker 'Herold Tribüne', schrieb am 30. November: „McCarthy besaß ungefähr so viel Recht auf eine
halbe Stunde unentgeltliche Sendezeit wie ich, aber ,McCarthy besitzt', wie sich ein Rundfunksprecher ausdrückte, .„Angstwert" — und wir haben Angst'." Wovor sollten sich denn Rundfunkstationen fürchten? Nun, Senator McCarthy besitzt Freunde im Bundesamt für Rundfunk und Fernsehen, und dieses Amt entscheidet über Sein oder Nichtsein der Radiostationen. Die Furcht vor Vergeltungsmaßnahmen stieg noch, als McCarthy verkündete, er werde die FCC ersuchen, jede Station zur Verantwortung zu ziehen, welche Trumans Rede, nicht aber seine, McCarthys, Antwort sendete, es sei denn, sie hätte überzeugende Gründe dafür.

*)Die Zeitschrift 'The Christian Century' vom 2. Dezember kommentierte: „Es ist nun nachgewiesen, daß die FBI Präsident Truman umfangreiche Berichte über White vorlegte. Aber welches war ihr genauer Wortlaut? Wurde in ihnen White ohne Einschränkung als Spion bezeichnet? Oder hieß es darin, andere hätten dies getan, aber ohne rechtsgültige Beweise zu haben? Worauf mußte sich Präsident Truman stützen, nachdem er die FBI-Berichte gesehen hatte? Dies scheint der springende Punkt zu sein beim White-Fall, aber man wird dies wahrscheinlich nie erfahren, weil es als notwendig erachtet wird, die FBI-Akten zum Schütze der FBI-Agenten geheimzuhalten."

Was glaubt der Senator, daß ihm diese wachsende Macht eintragen werde? Eine bessere politische Stellung! Er war noch nicht lange Parlamentarier, als die Zeitschrift 'Look' schrieb: „Joe versuchte Streitfragen herauszuschnüffeln, um in der Öffentlichkeit bekannt zu werden. .. Margarine kontra Butter. .. das Wohnungsproblem." Dann aber fand er den Kommunismus. „Wenn nichts anderes", schrieb 'Look', „so werden ihn seine Mitarbeiter retten. Sie sind fähige Leute und werden immer wieder neue Sensationen aufstöbern. Wenn der Antikommunismus aus der Mode kommt, wird eine andere große Streitfrage aktuell und Joe wird sein möglichstes tun, um sie auszuschlachten." Wird dies von jemand bezweifelt? Nun, er vertrat noch im Jahre 1946 die Auffassung, daß Stalins Friedensabsichten ernst zu nehmen seien.

Der republikanische Abgeordnete von New Jersey, Peter Frelinghuysen, geißelte „die Verfolgung ehrgeiziger politischer Ziele auf Kosten der Sicherheit des Landes "Henry Knox Sherrill, Bischof der Episkopalkirche, nannte es „ein Streben nach politischem Erfolg". Als McCarthy von einem Reporter gefragt wurde, ob er, wie er erklärt habe, seine nächste große Untersuchung erst in sechs Monaten durchführen wolle, um sie „gerade vor den Wahlen" vom Stapel zu lassen, verzog er das Gesicht zu einem Lachen und antwortete: „Zum Teufel mit Ihnen!"

In gewissen Kreisen glaubt man, McCarthy erstrebe das Amt des Präsidenten. Sollte er je nominiert werden, so wird man sich auf einen heftigen Wahlkampf gefaßt machen müssen! Es wäre jedoch erstaunlich, wenn für ein so hohes Amt ein Mann vorgeschlagen würde, der versuchte, die Zeitschrift 'Time' zu zensieren, indem er ihre Inserenten zum Boykott zwingen wollte; der vor Tätlichkelten gegen Drew Pearson, den politischen Rundfunkkommentator, wegen seiner Kritik an McCarthy nicht zurückschreckte; der namhafte Zeitungen in den Schmutz zog, welche sich für Grundsätze einsetzten, die vom amerikanischen Volke seit langem hochgehalten werden; der Zitate ändert, um seine Methoden zu rechtfertigen, und Unwahrheiten sagt mit der Absicht, den vorigen Präsidenten mit Amerikas Feinden in Verbindung zu bringen.

Doch er hat Macht und Geld im Rücken. Er ist der Führer einer starken Gruppe, zu der Millionäre gehören, wie die Nichte des Verlegers Robert R. McCormick von Chicago und Frau William Randolph Hearst, jr. — sicherlich höchst einflußreiche Leute, aber weit entfernt davon, einen guten Ruf in Zeitungsverlegerkreisen zu haben

Zwiefache Gefahr für die Nation
Man erreicht die Ziele der Demokratie nicht durch Anwendung totalitärer Methoden. Der Kommunismus ist nicht die einzige Gefahr, der sich Amerika gegenübersieht! Erwachet! ist keine politische Zeitschrift, aber sie kämpft für Freiheit, doch der Senator von Wisconsin macht sich mit solchen „Heldentaten" nicht verdient um die Freiheit. Man wird die Roten nicht los, indem man McCarthy einsetzt. Sich auf McCarthy beziehend, schrieb ein Mitarbeiter der Londoner Zeitung 'Catholic Herold' am 6. November: „Ich habe mich immer dafür eingesetzt, daß wir Katholiken es vermeiden sollten, Methoden, wie sie die Kommunisten anwenden und die gegen die Sittlichkeit verstoßen, zu gebrauchen; eine solche Handlungsweise würde, selbst vom kleinlichsten politischen Gesichtspunkt aus betrachtet, nur den Kommunisten zugute kommen." Über die nationale Sicherheit können am besten besonnene, besonders geschulte Experten wachen, welche die Untersuchungen gestützt auf sorgfältig erwogene, gesetzlich festgelegte Richtlinien durchführen und nicht auf gefühlsbetonte, von der Politik inspirierte Schlagzeilen.

Totalitäre Methoden sind aber offenbar nicht allen verhaßt. Gewisse Leute würden eine kommunistische Tyrannenherrschaft begrüßen, weil sie hoffen, dann zur herrschenden Clique zu gehören; andere dagegen würden offenbar eine Diktatur der extremen Rechten willkommen heißen (welche bei näherem Zusehen ganz der Herrschaft von Hitler und Mussolini gleicht), in der Erwartung, daß etwas für sie dabei herausschauen würde. Es ist für die europäischen Verbündeten Amerikas ziemlich beunruhigend, zu sehen, daß diese Tendenz sogar die Zustimmung vieler amerikanischer Zeitungen findet.

Es dient nicht zum Wohle des Landes, wenn „wir", wie Richter Douglas vom Obersten Bundesgericht sagte, „Männer und Frauen auf Grund von Hörensagen, von Unterschiebungen und Schuld infolge ihrer Beziehungen verurteilen"; und wenn „Kommunisten, Kommunistenfreunde, Sozialisten, Liberale oder einfach simple Yankees, denen diese Hetzjagd nicht zusagt und die dagegen protestieren, in denselben Tiegel geworfen werden".
Weise Staatsmänner zu finden, ist ein großes Problem für die Menschen. In den Vereinigten Staaten haben die beiden Hauptparteien sich gegenseitig beschuldigt, nur ihre eigenen Interessen im Auge zu haben. Die Republikaner machen Truman diesen Vorwurf, und sie mögen recht haben. Aber da Republikaner McCarthy mit seinem Kampf um Schlagzeilen stellt sogar seine persönlichen politischen Interessen jenen der Nation voran und könnte so eine Bewegung auslösen, welche die Freiheit in Gefahr bringt. …

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