Rauchen

Wie auch anderswo, war auch bei den frühen Bibelforschern auf ihren Tagungen der Brauch des Rauchens verbreitet. Ein Beispiel dafür ist jener Leserbrief im "Wachtturm" des Jahres 1922 (S. 96) der da beklagte:

"Ich habe das Vorrecht gehabt, schon vor dem Kriege Tages- und Hauptversammlungen zu besuchen, aber niemals konnte man diese Unsitte so beobachten wie jetzt. Jede kleinste Pause wurde dazu benutzt, um sich solche Giftstengel oder Tabakspfeifen anzuzünden." Der Briefschreiber meinte weiter: "Der dem Herrn geweihte Groschen für Tabak ausgegeben, ist gewiss mehr als verschwendet."

Ein makabres Dokument ist aus der KZ-Zeit überliefert. Im Jahre 1945, als die Nazis ihre Opfer auf lange Vernichtungsmärsche jagten, gab es solch einen auch, der dass KZ Sachsenhausen betraf. Seitens der Zeugen Jehovas wurde dazu eigens ein "Memorandum" über ihren Auszug aus Sachsenhausen publiziert. In selbigen findet man in der "Trost"-Ausgabe vom 15. 9. 1945 die nachfolgende Passage:

Zu erwähnen ist noch, daß wir uns hier in Behlow einer sehr ernsten Ermahnung des "Wachtturms" betreffend die Tabakfrage erinnerten und diese unter uns bereinigten. Da wir von 4 oder 5 Brüdern erfuhren, daß sie unterwegs noch beim Rauchen gesehen worden waren, hielten wir ihnen noch einmal die betreffenden Ermahnungen des "Wachtturms" vor Augen, die sie im Lager schon wiederholt gelesen hatten, und forderten sie allen Ernstes auf, sich jetzt endgültig zu entscheiden, entweder für die Theokratie oder für ihren Tabak. Erfreulicherweise gaben alle sofort die Rauchwaren ab und warfen vor Zeugen ihre Pfeifen ins Feuer.

Dennoch ließ man es vorerst bei moralischen Appellen bewenden. An ein Ultimatum, wie dies aus den 1970-er Jahren bekannt ist, wo man drohte, wer aus ihren Reihen, bis zu einem knapp bemessenen (individuellen) Stichtag, das Rauchen nicht aufgibt, der wird exkommuniziert. Ein solches Ultimatum wagte man in der Frühzeit noch nicht auszusprechen.

Wie aber fing es diesbezüglich an? In der „Trost"-Ausgabe vom 1. 2. 1942 (Nr. 465) ist eine Stellungnahme dazu nachweisbar, die auf einen vorangegangenen Wachtturmartikel von 1935 basiert. War in der 1935 Stellungnahme noch ein gewisses Maß an Freizügigkeit gewahrt, so wurden diese Aspekte im Jahre 1942 schon unter dem Tisch fallen gelassen. Damals wurde auch schon gegen das Rauchen gewettert, aber die letzte Konsequenz damit zugleich auch die Exkommunizierung zu verbinden, wurde noch nicht gezogen. Damals hieß es lediglich:

„Es könnte also sicherlich kein Christ, der Gott dient, zu irgendeiner Zeit ein ehrliches und aufrichtiges Verlangen nach dem Gebrauch dieses unreinen Unkrauts haben. Wer sich dem Tabakgenuss ergibt, schädigt sich damit, handelt darum übel, und geht auf dem 'Weg des Bösen.' Das hasst Gott, wie er erklärt. Die Tatsache, dass Gott hasst, was Übel bewirkt, zusammen mit der Tatsache, dass der Tabak Übel anrichtet, beweist endgültig, dass der Tabak des Teufels Unkraut ist, dass er zur Entsittlichung der Menschen gebraucht. Die Geschichte des Tabakgenusses zeigt, dass es in der 'Christenheit' anfing. Es ist gar nicht überraschend, dass ihn der Teufel gerade hier einführte, und von der Christenheit aus hat sich der ansteckende Einfluss des Tabakgenusses über alle Erdteile verbreitet."

War man auch noch in den Jahren nach 1945 bereit, Raucher als "unreif" anzusehen und auch so zu betiteln, so sollte sich die Sachlage in den 70-er Jahren verschärfen. Der "Wachtturm" vom 1. 9. 1973 postuliert jetzt dazu, dass getauften Zeugen Jehovas, die immer noch rauchen, eine Frist eingeräumt werden soll, die faktisch einem Ultimatum gleich kam. Von maximal sechs Monaten weiterer Duldung ist die Rede. Dann wäre das "Ende der Fahnenstange" erreicht. Und der drohende Zeigefinger sagt weiter, bezogen auf die, die es nicht schafften das Rauchen aufzugeben:

"Aufgrund eines solchen Verhaltens, das sich für einen Christen nicht ziemt, sollten sie aus der Versammlung entfernt werden." Mit anderen Worten, auch Rauchen ist für die WTG ein Grund für einen Gemeinschaftsentzug. Eine wahrhaft "liebevolle" Organisation. Etwa nach Vorbild der Siebenten-Tags-Adventisten, auch eigene Rauchenentwöhnungskurse anzubieten, dass allerdings kommt den WTG-Oberen nicht in den Sinn. Die dafür benötigte Zeit könnte ja zu lasten des Predigtdienstes gehen!

Es lassen sich noch analoge Beispiele benennen. Eines davon ist die Kampagne, die Rutherford gegen das Weihnachtsfest startete. So brachte beispielsweise das "Trost" (15. 12. 1938) einen namentlich mit J. F. Rutherford gezeichneten Artikel unter der Überschrift "Das Weihnachtsfest und die Juden". Darin verbreitet er sich unter anderem wie fo

"Der Teufel ist der Urheber aller Religionen. Er hat diese erfunden und die Menschen beeinflusst, sie anzunehmen, um auf den Namen Gottes und Christi Spott und Schmach zu häufen. Nach der Sintflut organisierte der Teufel die Religion, mit Nimrod als ihrem sichtbaren, vergötterten Führer. Später wurden von den verschiedenen Nationen viele Arten von Religion eingeführt und ausgeübt. Zur Weihnachtszeit soll ein sogenannter 'St. Nikolaus' am Werke sein, und man lehrt die Kinder, dass dieser durch die Luft reite, durch den Schornstein herabkomme und Geschenke bringe. 'Sankt Nikolaus' oder 'Santa Klaus' oder auch 'St. Nick' bedeutet nichts anderes als 'der alte Nick', wie man in Amerika zuweilen den Teufel nennt. So erhöht sich der Teufel selbst und verhöhnt dabei den Herrn Jesus Christus. Der Christbaum ist aus Nimrods Zeiten abgeleitet, wo ein ähnlicher Baum als Symbol des Teufels auf Erden, diente." ZurIndexseite