Geschrieben von Drahbeck am 22. Dezember 2003 04:33:12: Als Antwort auf: Re: 15. 12. 1953 (Vor fünfzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 15.
Dezember 2003 07:37:36:
Fast Zeitsynchron zum Jahreswechsel, offeriert die "Erwachet!"-Ausgabe vom
22. 12. 1953 einen auf das Weihnachtsfest bezüglichen Artikel. Man meint zu wissen,
dieses Fest wurzele im Heidentum und mittelalterlichen Sagen. Weiter:
"Wenn Gott gewünscht hätte, daß dieser Tag gefeiert würde, hätte er dies
aufzeichnen lassen; die Bibel spricht jedoch nur an zwei Stellen von Geburtstagsfeiern,
und jedesmal sind es solche von heidnischen Herrschern."
Ein besonderer Kronzeuge dabei ist für die WTG auch der Alexander Hislop (1807 - 1865),
mit seinem Buch (wie die WTG titelt ) "The two Babylons". Seit 1997 liegt es
auch in deutscher Übersetzung vor, mit einem Vorwort versehen, dass auf die tendenziöse
Verwertung des Hislop'schen Ausführungen durch die Zeugen Jehovas, nicht sonderlich gut
zu sprechen ist. Das Vorwort bescheinigt Hislop weiter, "dass der etymologische
(sprachgeschichtliche) Anteil seiner Beweisführung zum Teil weit hergeholt oder
konstruiert erscheint."
Eine Variante davon, neben der Buchausgabe aus dem CLV-Verlag, gibt es jetzt offenbar auch
im Internet.
In der Tat, ist Hislops Buch wohl in erster Linie eine Kampfschrift gegen die
katholische Kirche, die bekanntlich auch in freikirchlichen Kreisen entsprechenden
Widerspruch findet, und die meinten jenen Widerspruch bei Hislop schon ausführlicher
begründet, vorzufinden. Der Titel der deutschen Übersetzung lautet denn auch, in
Wiedergabe dieser Intention:
"Von Babylon nach Rom. Der Ursprung der römisch-katholischen Religion".
Ein Rezensent bei Amazon.de äusserte über dieses Buch:
Die Beweisführung in diesem Buch ist unhistorisch, nicht nachvollziehbar und in keinster
Weise mehr nachzuprüfen. Bei dem Versuch die Katholische Kirche als "Babylonische
Mysterienreligion" darzustellen, schießt Hislop manche Eigentore. So wird sogar das
Kreuz als heidnisch dargestellt. Bezeichnenderweise geben die Herausgeber im Vorwort zu,
daß das Werk von diversen Sekten mißbraucht worden ist (Zeugen Jehovas etc.).
Das Werk von Ralph Woodrow sollten diejenigen lesen, die meinen es bei Hislop mit einem
ernsthaften historischen Werk zu tun haben. Die "Beweisführung" Hislops wird
gründlich und systematisch widerlegt. Historische Wahrheit war und ist keine Stärke der
fundamentalistischen Sekten, die die Verbreitung dieses Werkes fördern. Hauptsache der
Papst ist der Antichrist!
Ein weiteres dortiges Urteil äußert:
Dieses Buch hat nur einen Zweck: Die römisch-katholische Kirche als heidnische Religion
mit babylonischen Wurzeln darzustellen. Ein sehr dickes Buch mit Behauptungen und
Fußnoten, die der Leser nicht nachvollziehen kann, sondern nur glauben muß. Das Buch
stammt aus dem 19. Jhd. aus England, wo eine extreme anti-katholische Stimmung geherrscht
hat. Eine populäre Form dieses Buches hat Ralph Woodrow geschrieben. Nach gründlicher
Recherche hat dieser Autor seine und auch die Ansichten Hislops als grundlegend falsch
angesehen und einen Widerruf ("The Babylon Connection?") geschrieben. Dies ist
umso erstaunlicher, da es sich um einen Fundamentalisten gehandelt hat, die ja nur selten
ihre Meinung ändern. Wer dieses Buch für bare Münze nimmt ist an echter Geschichte
nicht interessiert. Ein Buch zur Bestätigung von bestehenden und unhaltbaren Vorurteilen.
Wenn die WTG Hislop als Historiker verkauft, dann war wohl auch ein Martin Luther ein
"Historiker". Tatsächliche Historiker bescheinigen beiden Persönlichkeiten
indes, dass sie genau jenes eben nicht gewesen sind. Unbeschadet ihrer Verdienste auf
anderen Feldern.
Nun kann allerdings die WTG zu Recht darauf verweisen, nicht nur Hislop hat behauptet,
das Weihnachtsfest habe heidnische Wurzeln. Es wäre meines Erachtens auch müßig, dass
im Detail bestreiten zu wollen. Es ist mittlerweile ein kultureller Brauch geworden.
Genauso wie für die WTG die Verwendung des Jehova-Namen kultureller Brauch ist, und sie
sich davor scheut, sich etwa in "Jahwes Zeugen" umzubenennen. Ebenso scheuen
sich die Kirchen am Weihnachtsbrauch grundlegende Kritik zu üben. Im Prinzip haben somit
beide Parteien, ihre jeweiligen (unterschiedlichen) "Leichen im Keller".
Dies wird auch deutlich durch die in der gleichen "Erwachet!"-Ausgabe
abgedruckte Polemik gegen den Karneval. Man liest da beispielsweise:
"Beim letzten Karneval stauten sich auf den Straßen längs des Rheins mehr als drei
Millionen Menschen, um an dem Fest und Vergnügtsein teilzunehmen. Protestanten wie auch
Katholiken schlossen sich der wilden Lustbarkeit an. Die deutsche Strenge gab dem
ungestümen Gelächter, der Musik und dem Tanzen nach. Die ganze Atmosphäre erschien fast
wie hypnotisch, denn die Massen waren wie hingerissen und standen völlig unter dem
Fastnachtseinfluß
"
In beiden Fällen: Weihnachten und Karneval, wird man wohl sagen können. Da wirkt eine
gehörige Portion Neid im Hintergrund mit. Beide "kulturellen Bräuche"
vermögen Menschen durchaus in gewissem Umfang zu mobilisieren. Es ist sogar ein
faktischer Posten der sich in Euro und Cent beziffern ließe. Diese Mobilisierung hätte
die WTG natürlich gerne auf ihre Mühlen geleitet gesehen. Weil das so eben nicht klappt,
deshalb diese Neidthesen.
www.eisbaerle.de/uebersetz.htm |