Annotationen zu den Zeugen Jehovas
Falko Schilling
Der DDR-Mauerfall machte es möglich. Ein neues Konjunkturthema wurde entdeckt. Und so sind denn mittlerweile ein halbes Dutzend von Namen jener bekannt, die irgendwann einmal öffentlich verlautbart haben, dass sie an einer Dissertation (Doktorarbeit) zum Thema Zeugen Jehovas arbeiten. Herausragend unter ihnen die Herren G. und D..
Auch einige weitere haben es inzwischen "geschafft". Dann gibt es noch solche, die ihrer Zielstellung bislang nur in Teilbereichen näher gekommen sind. Solange es ihnen möglich ist, an Universitäten oder Instituten sich diesem Thema zu widmen, mag es noch einigermaßen vorangehen. So mancher aus diesem Kreis indes musste auch schon erfahren. Solche (genannten) begünstigenden Rahmenbedingungen sind nicht selten zeitlich begrenzt. Danach - mehr oder weniger auf sich allein gestellt - herrscht ein rauerer Wind. Sonstige Alltagsaufgaben lassen kaum noch Zeit, den ursprünglichen Blütenträumen die notwendige Zeit zu widmen.
Und so gibt es denn auch einige, die zwar mehr oder weniger gewisse Vorarbeiten für ihre Zielstellung getätigt haben. Das war es dann aber derzeit mehr oder weniger. Ob jemand einen Doktortitel zuerkannt bekommt, entscheidet nicht nur das Wollen des Kandidaten. Jemand der nur bereits bekanntes, auf seine Art aufbereitet darbietet, hat nicht unbedingt die Chance dieses Ziel zu erreichen. Noch immer ist eine Voraussetzung, dass der Kandidat eigenständiges und neues zu bieten hat.
Vor einer Zeit beschwerte sich bei mir per eMail einer der Vorgenannten (genauer Eine) wie ich es mir erlauben könnte anzumerken, ob eine gutbürgerliche Herkunft aus dem alten Westberlin, die geeignete Grundlage für ein solches Unterfangen sein könne. In der Tat diese Frage ist nicht das Kriterium. Formal durchaus richtig festgestellt. Kriterium ist denn auch das was schwarz auf weiß vorliegt. Da von der Betreffenden derzeit nichts diesbezüglich vorliegt, ist eine weitere Diskussion zu ihrem Fall derzeit müßig. Schafft sie es, oder schafft sie es nicht? Diese Frage mag die Zukunft beantworten.
Eine Antwort gibt es nun. Siehe dazu:
http://forum.mysnip.de/read.php?27094,42474,44189#msg-44189
Aber es es soll ja nun nicht von Frau M. sondern von Herrn Schilling die Rede sein.
Da gibt es einen weiteren Dissertationskandidaten. Sein Name sei durchaus genannt. Falko Schilling. Früher in Halle/S wohnhaft; jetzt wohl Pfarrer in der Kirchenprovinz Sachsen der Evang. Kirche in Lützen. Auch er hat seine Endzielstellung bis heute nicht erreicht. Zur Zeit seines Theologiestudiums war er auch Assistent bei dem Prof. Dr. Helmut Obst in Halle/S.. Obst, letzterer sehrwohl konfessionskundlich ausgewiesen, namentlich mit Studien über die Neuapostolische Kirche. Obst hatte auch ein Buch publiziert, dass schon zu DDR-Zeiten erschien und in dessen zweiter Auflage (dank des Wohlwollens der Stasi) auch das Thema Zeugen Jehovas mit behandelt wurde. Die erste Auflage enthielt diesen Abschnitt noch nicht. Im Jahre 2000 offerierte Obst sein Buch in überarbeiteter Form in der jetzigen BRD erneut.
Die Analyse seiner dortigen Ausführungen zum Thema Zeugen Jehovas ergibt, nichts wesentlich neues. Er wiederholt nur, was er schon zu DDR-Zeiten sagte. Mit dem "feinen" Unterschied, dass er z. B. jetzt alle Hinweise auf das "Stasiblatt Christliche Verantwortung", die er zu DDR-Zeiten durchaus nannte, sorgfältig tilgte.
Von seinem seinerzeitigen Assistenten Schilling lagen bisher nur zwei durchaus beachtete Statements zum Thema in der Zeitschrift "Materialienst der EZW" vor. Aber wie gesagt; nur zwei Zeitschriftenaufsätze. Wohl kaum "ausreichend" für eine Dissertation. Ein weiterer Meilenstein im Falle Schilling gilt es inzwischen zu vermelden. Immer noch nicht "ausreichend" für eine Dissertation; aber gleichfalls der Registrierung wert.
Obst,
mittlerweile im 6. Lebensjahrzehnt, bekam im Jahre 2001 im Verlag Vandenhoeck § Ruprecht
erschienen, eine "Festschrift" zugeeignet. Titel "Religiöser Pluralismus
und das Christentum" Hrsg. von Michael Bergunder. Wie bei Festschriften üblich,
findet man darin "Querbeet" die unterschiedlichsten Themen abgehandelt. Und
Interessant: Auch Falko Schilling ist dort mit einem Beitrag vertreten (S. 88f.)
Titel: "Ausgrenzung,
Behinderung, Verfolgung. Die Zeugen Jehovas in der SBZ/DDR bis zu ihrem Verbot im Jahre
1950."
Daraus einmal ein paar Zitate.
So merkt Schilling bereits einleitend an:
"Bereits Mitte 1946 wandte sich das sächsische Referat für
Kirchenangelegenheiten mit einem Schreiben an die Magdeburger Zentrale der ZJ, in dem es
kritische Einwände gegen das Wirken der Glaubensgemeinschaft erhob. Moniert wurde, 'dass
in den Versammlungen der Bibelforscher immer wieder dadurch Unruhe in die Bevölkerung
getragen' werde, daß 'von einem bevorstehenden Weltuntergang und Weltgericht gesprochen'
werde. Ferner wies die Kirchenabteilung darauf hin, 'dass die Landesregierung die ungemein
verantwortungsvolle Verpflichtung übernommen' habe, 'das schwergeprüfte deutsche Volk
aus den selbstverschuldeten Niederungen des Daseins herauszuführen. Zwar sei die
Glaubens- und Gewissensfreiheit gewährleistet, sie dürfe von den Religionsgemeinschaften
aber nicht etwa dazu missbraucht werden, die Aufgaben im demokratischen Neuaufbau zu
hemmen und zu durchkreuzen."
Der Autor berichtet
weiter, dass seitens der WTG dieses Vorhalt-Schreiben zwar formal beantwortet, dass diese
Antwort aber keineswegs dazu angetan war, die Vorbehalte jener regierungsamtlichen
Behörde zu "zerstreuen". Wie gesagt, das spielte sich bereits im Jahre 1946 ab!
In der Tendenz gab es dann noch einige weitere ähnliche regierungsamtliche Interventionen
vor 1950. Staatlicherseits wurde besonders der politisch zu extrahierende Gehalt der
Zeugen Jehovas-Verkündigung herausgearbeitet; während letztere angeblich dies
"nicht verstehen" können, meinten "nur" religiös zu sein. In einer
solchen Zeugen Jehovas-Verlautbarung vom 18. 10. 1947 findet sich auch der Satz:
"Sie (Jehovas Zeugen) können nur dann mit einer
staatlichen Regierung in Konflikt geraten, wenn diese Regierung selbst undemokratisch ist
"
Aus heutiger rückblickender
Perspektive kann man dazu nur anmerken: Da haben die Zeugen Jehovas sozusagen der
"schleichenden Katze ein Glöcklein angehängt"; indem sie den
"demokratischen" Charakter der SBZ als Farce demaskierten. Dies ist der eine
Teil der Antwort. Der zweite Teil ist indes, das damit die Zeugen Jehovas sehr wohl sich
selbst bescheinigten, dass sie analog der US-amerikanischen Roll back-Politik ihren Part
auf "verdeckter" Ebene diesbezüglich mitspielten.
Auf den
Punkt gebracht hat meines Erachtens Schilling die Problemlage mit dem Satz (S. 92f.)
"Trotz der grundsätzlichen Anerkennung des religiösen
Charakters der Gemeinschaft wurde in der Tätigkeit der Sekte und ihrer Lehren je länger
je mehr eine unzulässige Vermischung religiöser und politischer Anschauungen, die als
Gefahr für die Demokratie eingestuft wurde, gesehen."
Weiter stellt Schilling zu Recht fest (S. 98): "Durch das beträchtliche Ausmaß der Behinderungen und Einschränkungen, die die ZJ in der SBZ 1948 und 1949 hatten hinnehmen müssen, gingen sie selbst im Sommer 1949 auf Konfrontationskurs zu den kommunistischen Machthabern."
Schillings
vorstehend erwähnte Arbeit zeichnet sich besonders dadurch aus, dass er regionale Archive
aus dem sächsischen Raum mit auswertete. In der Sache stellt er richtig die
Eskalationsschraube dar.
Die einleitend mit erwähnte potentielle "Dissertationskandidatin" meinte mir
auch vorhalten zu können, ich hätte etwas gegen Leute, die sich von einer
"neutralen Position dem Thema nähern". Diesen Vorhalt muss ich in der Tat
zurückweisen.
Jedenfalls ist mir die Darstellung der Sachlage wie sie z. B. auch Schilling vorträgt, auf jeden Fall lieber als wie die eines D., der bewusst auf die neuralgischen Punkte nicht mit gebotener Deutlichkeit, und auch wichtig, vor allem Glaubwürdigkeit, eingeht. Wer das Drama Zeugen Jehovas in der DDR lediglich auf die Maxime reduziert: Die "verfolgte Unschuld vom Lande wusste nicht was und wie mit ihr geschieht", der hat in der Tat das Thema verfehlt!
Wie bereits früher ausgeführt, ist über die Staatsbibliothek Pr.
Kulturbesitz (Berlin) - nach Anmeldung - auch der Volltext-Zugriff auf drei
vormalige DDR-Zeitungen dieses Zeitraumes möglich. Ich habe das eben jetzt
nochmals verglichen, und kann die Datumsangabe definitiv bestätigen.
https://vlb.de/GetBlob.aspx?strIsbn=978-3-95462-302-0&size=M
Da es schon einige Stellungnahmen zu Autoren meinerseits gibt, die ebenfalls
schon Ausführungen zum Thema Ostdeutschland und Jehovas Zeugen, gemacht haben,
sei pauschal auf diese auch noch hingewiesen.
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Hacke
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Autorin Masuch
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Juliane Eichentopf: mit in Forumsarchiv329.
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Offenkundig hat sich in den persönlichen Verhältnissen von Herrn Schilling
einiges relevantes verändert.
In seiner Kirche brachte er es bis zum „Superintendenten", dass heißt eines,
der zugleich die Aufsicht über ihm unterstellte andere Pfarrer hat.
Dann gab es da eine Pressemitteilung die da mitteilte, Schilling habe - auf
eigenen Wunsch - mit Wirkung zum 1. 1. 2013 das kirchliche Amt als
Superitendent niedergelegt. Genannt werden pauschal gesundheitliche Gründe für
diese Entscheidung, und die Einschätzung in absehbarer Zeit sei eine Änderung
seiner gesundheitlichen Probleme nicht zu erwarten.
Weitere Details wurden dazu nicht mitgeteilt, und weil das so ist, kann über
diese Gründe auch hier nicht weiter spekuliert werden.
Jedenfalls gab es in dieser Mitteilung auch den Satz:
„Das bedeutet, dass er vorerst bei reduzierten Bezügen aus dem aktiven
Pfarrdienst ausscheidet."
www.mz-web.de/eisleben/kirchenkreis-superintendent-tritt-von-seinem-amt-zurueck,20640972,21758582.html
www.kirchenkreis-eisleben-soemmerda.de/lilac_cms/de/2797,,news,news_details,155,1825/Aktuelles-und-Veranstaltungen/Aktuelles/Krankheitsbedingter-Ruecktritt-von-Pfr-Falko-Schilling-als-Superintendent.html
Weitere frühere Kritiken in Sachen Falko S. respektive von ihm mit angesprochene Thematiken
Weiterer Exkurs:
Vom Sohn des im Westen (damals) lebenden Günter Pape, dem Klaus-Dieter Pape gibt es auch eine Stellungnahme zu den beiden Varianten des Pape’schen „Ich war Zeuge Jehovas". Veröffentlicht in der Nr. 1/1995 der von der EZW hrsg. Zeitschrift „Materialdienst".
K.D. Pape hält nun auf Grund vorangegangener Beiträge zu dieser Thematik, dem „Materialdienst" vor, unreflektiert und tendenziös im Sinne der WTG-Apologetik bei diesem Thema mitzuschwimmen.
Aus besagter Stellungnahme sei im nachfolgenden - unkommentiert - noch jene Abschnitte zitiert, die eben auf diese beiden „Ich war ..." Bücher Bezug nehmen:
„Zu den Behauptungen über die Ost-Überarbeitung des Buches meines Vaters Günther Pape, »Ich war Zeuge Jehovas«, (soll) folgendes gesagt werden. Auch hier hat der »Materialdienst« die Sprache und Sicht der WTG benützt. Denn die WTG behauptet, daß Günther Pape Mitarbeiter von CV und des MfS gewesen sei und daß das Buch nur „aufgrund der Protektion des Staatssicherheitsdienstes gedruckt und verlegt wurde". Gegen diese und andere Beschuldigungen hat Günther Pape Klage erhoben. Ich möchte daher nur ganz kurz erläutern, wie die Ost-Ausgabe zustande kam.
Mein Onkel, Dieter Pape, wurde am 24.6. 1952 wegen illegaler Tätigkeit für die verbotene WTG verhaftet und am 8. 10. 1952 zu 8 Jahren Gefängnis verurteilt. Nach einer Amnestie wurde er im November 1956 entlassen. 1959/60 hatte mein Vater eine erste Fassung des Manuskriptes seines Buches »Ich war Zeuge Jehovas« fertig. Eine Durchschrift schickte er seinem Bruder nach Ost-Berlin, den er seit vielen Jahren nicht mehr gesehen hatte. Dies war als Hilfe für ihn gedacht, um seine Probleme mit Glaubenszweifeln im Zusammenhang mit seiner Hafterfahrung zu überwinden. Mein Onkel antwortete mit der Frage, ob man dieses Buch nicht einem DDR-Verlag anbieten sollte. Mein Vater stimmte grundsätzlich zu, das Manuskript war aber noch nicht für eine Veröffentlichung überarbeitet. Im April 1960 lag das Manuskript dem Union-Verlag vor. Vor allem wegen einer Passage, die nach Verlagsmeinung gegen den Kommunismus ausgelegt werden könnte, wurde es dort nicht angenommen.
Mein Onkel arbeitete das Manuskript nun um. So kam es im Dezember 1960 beim Deutschen Zentralverlag heraus. Erst Monate später bekam mein Vater ein Exemplar zugesandt. Da darin nichts grundsätzlich Falsches stand, hat er nicht öffentlich reklamiert. Im »Materialdienst« liest man nun folgendes: „Federführend war das MfS auch bei der Herausgabe der DDR-Auflage von Günther Papes bekanntem Buch >lch war Zeuge lehovas< (Ost-Berlin 1961). Am 3. Mai 1960 schlägt die Stasi diese Edition vor."
Hier wird der Anschein erweckt, als ob die Intention in Absprache mit dem Verfasser von der Stasi ausgeht. Fünf Tage vorher, am 28.4. 1960, erhielt mein Onkel einen Brief vom Union-Verlag, worin noch über eine Lektorierung nachgedacht wurde. Wenn nun die Veröffentlichung in einem Verlag in der DDR gleichbedeutend ist mit einer „Federführung durch die Stasi", würde dies bedeuten, daß jedes Buch, das in der DDR erschien, unter „federführender Herausgabe des MfS" erschienen ist. Was die Stasi mit dem Buch dann getan hat, dafür ist der Verfasser nicht verantwortlich. Mein Vater hatte keinerlei Einfluß darauf, daß jeder inhaftierte ZJ dieses Buch lesen mußte. Was ist aber daran „bedrückend", wie es im »Materialdienst« heißt? Durch die Original-Ausgabe des Buches meines Vaters konnte nachweislich vielen Menschen geholfen werden ... War es moralisch wirklich so verwerflich, daß ZJ in Haft durch das Lesen der Ost-Bearbeitung des Buches zum Nachdenken kamen und dadurch von der WTG frei wurden? (Es gab gar keine Ost-Ausgabe, denn der Verlag wollte dies gar nicht.) jeder ZJ, der das Buch gelesen hatte, konnte doch selbst entscheiden, ob er weiter ZJ bleiben wollte oder nicht. Daß die WTG aber die ZJ - heute immer noch - in vielerlei Dingen bewußt in Unwissenheit hält, das ist doch eigentlich der Skandal. Bei der ganzen Darstellung im »Materialdienst« wird nur durch die Stasibrille geschaut, keine andere relevante Quelle wird bei den Ausführungen über die ZJ und die CV benutzt. Es wäre ja wohl nur fair gewesen, die beteiligten Personen zu der Problematik zu befragen, bevor man so einseitige Behauptungen aufstellt. Gefährliche Mißverständnisse, die daraus entstehen können, sehe ich in diesem Beitrag als gegeben an. Es gibt dadurch keine Objektivität. Die Beurteilung der Stasi, selbst deren Meinungen, werden als nicht zu hinterfragende Wahrheiten angesehen. Vor allem wagt der »Materialdienst« eine ganz neue Beurteilung der WTG. An keiner Stelle wird gefragt, was und wieviel Leid die WTG unter die ZJ und ihre Familien gebracht hat und millionenfach immer noch bringt. Aber dies ist die einzige Motivation, warum CV entstanden ist, warum mein Vater sein Buch geschrieben hat ... Inhaltlich und formal gab es an CV sicher Kritikpunkte. Daher hat mein Vater nie eine Zeile für CV geschrieben, im Gegensatz zu manchem westlichen Kollegen. Aber unter den oben beschriebenen Bedingungen konnte es kaum anders laufen. Das bestreitet außer der WTG niemand. Die hätte es gern gesehen, wenn es CV nicht gegeben hätte."
Ein weiterer Nachtrag:
In Heft 4/1995 dergleichen Zeitschrift, gab es auf die Ausführungen von K.D. Pape eine weitere Entgegnung verfasst von Falko S....
Was ist ihr Merkmal? S... arbeitet namentlich die Tragik des formalen CV-Gründers Willy Müller heraus. Das da eine tragische Ausgangslage im Ostdeutschen Stasistaat bestand, ist erst mal unzweifelhaft. Dann bezeichnet er besagtem Müller, unter Stasi-Anleitung als den „langjährigen Leiter" der CV.
In dieser Generalität widerspreche ich S... schon mal. Bereits im Jahre 1970 wurde Müller von der Stasi unsanft abgesetzt. Darüber auch umfänglich zu referieren war im Konzept von S ...offenbar nicht opportun.
Er begnügt sich mit der Feststellung, die Stasi wähnte, aufgrund des Alters von Müllers sei die Sicherung der Konspiration nicht mehr gewährleistet.
Las man in der Nach Müller-Phase plausible (für Außenstehende plausible) Gründe weshalb denn nun Müller unfreiwillig von dem Betheleinbrecher Karlheinz Simdorn, alias „Wolfgang Daum" abgelöst wurde? Entweder habe ich was übersehen, oder ich habe eben nichts gesehen.
Und auch S... macht da nicht gerade „schlauer". Der Fall Daum scheint überhaupt nicht bis in seinen Gesichtskreis gelangt zu sein.
Besagte CV bestand nach Müllers Absetzung noch weitere 23 Jahre. Da sind wohl die fünf Müller-Jahre eher ein Klacks dagegen. Und schon in diesen fünf Jahren konnte Müller keinesfalls so agieren, wie er es denn vielleicht gerne hätte, würde er unter freiheitlichen Rahmenbedingungen gelebt haben. Die Leine der Stasi, bei den von ihr „Geführten" konnte zwar lang sein, manchmal aber auch recht kurz. Schon Müller durfte auch dieses auskosten.
S... „schießt" sich in seiner Entgegnung namentlich auf den Fall Müller ein.
Merkwürdig nur, über seinen damaligen Vorgesetzten an der Universität Halle/S. und dessen Zeugen Jehovas-Kapitel in der zweiten Auflage seines Buchs „Apostel und Propheten der Neuzeit", (in der ersten Auflage gab es dieses Kapitel ja noch nicht, dass es in der zweiten Auflage dann noch kam, ist unter DDR-Verhältnissen durchaus als ein Politikum zu bewerten, bei dem machtvolle Kreise, vor dem Erscheinen, erst mal ihren „Begünstigungsdaumen" nach unten zu richten hatten); darüber weis S... schon mal nichts zu referieren.
Hält also S... dem Müller seine Stasi-Zwangslage unter die Nase, dann nehme ich mir mal die Freiheit darauf hinzuweisen, dass man auch die Frage stellen kann, ob denn so mancher „Saubermann" mit Professoren-Titel auch ein tatsächlicher Saubermann ist?
Auch in letzteren Falle billige ich durchaus Zwangslagen zu.
Weder Müller noch genannter Professor ahnten zu ihrer Aktivzeit. Eines Tages wird es keine DDR mehr geben.
Dafür aber „Klugscheisser" auch vom Typus...
In einem anderen, vom gleichen Verfasser publizierten Beitrag zum Zeugen Jehovas-Thema, ist er nicht so eng auf die kritischen Aspekte der Publizistik zu DDR-Zeiten in Sachen Zeugen Jehovas fixiert, als dies in dem hier bewerteten Zeitschriftenaufsatz der Fall ist. Daher ist auch zu seinem 2001er Votum eine konziliantere Einschätzung möglich.
Nochmals zusammengefasst, in seinen Zeitschriftenartikel-Ausführungen stellt S... besagten Müller in ein schiefes Licht (zurecht oder nicht, sei völlig dahingestellt). Indes zum weiter oben angerissenen Pape-Thema weis er seinerseits nicht substanzielles mitzuteilen. Somit bleibt unterm Strich, die Interpretation von Pape, letztendlich unbestritten.
Um noch den mit angesprochenen Fall Müller etwas zu vertiefen:
Meines Erachtens tut man Müller unrecht, stellt man ihn nur als "billigen" Stasiknecht dar.
Zu seiner Biographie gehört dann wohl auch, die in seinen ersten DDR-Gerichtsverfahren angeordnete Vermögenseinziehung. Im konkreten bedeutete das für ihn die Beschlagnahmung seines unter vielen Mühen erbauten Hauses in den 1920er Jahren.
Das hat ihn tief getroffen. Er bekam diesen Vermögensverlust auch in späteren Jahren, nie ersetzt.
Hält man Müller spätere finanzielle Zuwendungen seitens der Stasi vor, ist darauf zu antworten.
Er musste seine Berufstätigkeit noch über das 65 Lebensjahr hinaus fortsetzen, um finanziell halbwegs über die Runden zu kommen. Ursächlich auch seine Verhaftungsjahre, die gleichbedeutend mit dem Nichterwerb von Rentenansprüchen für diese Jahre waren.
Zahlte ihm die Stasi also in späteren Jahren etwas, dann war dass an die Bedingung geknüpft, er möge doch seine Berufstätigkeit nun endlich aufgeben, um sich dafür vermehrt der CV-Tätigkeit widmen zu können.
Wer all diese Aspekte unter den Tisch fallen lässt, liefert nur ein Zerrbild.
Exkurs. Noch ein thematisch ähnlich gelagerter Disput:
In Sachen CV
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 20. August 2008 15:14
In einer Wortmeldung bei Infolink notiert
„Dass die Zeitschrift [„Christliche Veranwortung" abgekürzt CV] unter der Ägide
der Stasi stand, dürfte wohl nicht umstritten sein."
Da komme ich dann nicht umhin, auch noch meinen „Senf" noch dazu zu geben.
Der Poster nahm bezug auf einen ihm eher wohl zufällig zu Gesicht gekommenen
Artikel jener Zeitschrift (im fraglichen Zeitraum auch Online zugänglich), der
es auch in den Artikelbestand von Infolink gebracht hatte.
Nur, eine Quellenangabe, etwa der Art. „Entnommen aus CV ..." habe ich
jedenfalls dort nicht registriert.
Dieser Aspekt sei aber in der Tat nicht überbetont.
Ergo muss ja jenem Poster der Ursprung jenes Artikels aus einer anderen Quelle
geläufig sein, die er aber nicht nennt ...
Dann noch zum „Kern" der Sache.
Es gibt vielerlei „Totschlagkeulen".
Eine namentlich von Alt-Bundesrepublikanern (weniger von solchen aus der
vormaligen DDR) benutzte, und äußerst beliebte, ist ohne Frage die Stasi der
DDR.
Da hätte ich doch mal eine zynische Rückfrage (diese Frage könnte sich übrigens
auch der ZJ-Wikipedia Mitarbeiter „Osch" „hinterm Spiegel klemmen").
Ob er denn schon mal bei Einschmuggelversuch von WTG-Literatur in die vormalige
DDR, eine Beschlagnahmung seines Privat-PKW erdulden musste, oder ähnliches.
Um Missverständnisse zu vermeiden. Solche Fälle gab es tatsächlich!
Wen es in dieser Art als Westler persönlich hart getroffen haben sollte, für den
habe ich vollstes Verständnis, sollte er noch heute Blut und Galle über die
Stasi ausgießen.
Nur merkwürdig. Irgendwie hat es dann wohl Herr „Osch" versäumt, seine
diesbezügliche Trauma-Erfahrung mal im Detail mitzuteilen. Ich habe sie
jedenfalls bis heute noch nicht registriert.
Verständnis hätte ich auch für jene, die innerhalb der DDR die harte Hand der
Stasi kennenlernten. Vielleicht in der Zeugen-Sache in DDR-Gefängnissen
einsitzen müssten, die es dann später in den Westen verschlagen, und die heute
„Abrechnung" halten. Auch für diese Bedauernswerten hätte ich durchaus
Verständnis.
Sollte sich aber dieser Umstand des in DDR-Gefängnissen einsitzen müssens, auf
der Basis Wehrdienst/Wehrersatzdienstverweigerung ergeben haben, könnte mein
Bedauern nur jenen Anteil der erlittenenen Strafe umfassen, der über jenem
liegt, den er zur gleichen Zeit, bei gleicher Verhaltensweise, auch unter
Bundesrepublikanischen Verhältnissen hätte erdulden müssen.
Und dann gibt es dabei durchaus noch zwei wichtige Jahreszahlen zu benennen:
1965 und 1985.
1965 fand die letzte Verhaftungswelle von Zeugen Jehovas in der DDR, im Stile
des seit 1950 bestehenden Verbotes statt.
Danach gab es das nicht mehr.
Was es in der Tat auch noch danach gab, waren Geldstrafen, zum Teil
empfindlicher Art. Selbige sollen auch keineswegs verschwiegen oder
bagatellisiert werden.
Indes erlaube ich mir mal die Anmerkung.
Der Altbundesrepublikanische Zeugen Jehovas Albert Grandath (darüber berichtet
das Jahrbuch der Europäischen Menschenrechtskommission) führte seinen
Wehrdienst-Ersatzdienstverweigerungsfall, bis vor jenem Strassburger
Gerichtshof. Da konnte er nicht gleich „hinmarschieren". Davor waren erst mal
alle Stufen der deutschen Justiz zu durchlaufen. Und ohne anwaltliche
Unterstützung (ich glaube in dem Falle sogar solcher welche auch einen
Professorentitel auf ihrer Visitenkarte anzugeben pflegen), lief da schon mal
gar nichts.
Nun haben zwar Anwälte gewisse Kostenregelungen. Aber auch das pfeifen die
„Spatzen von den Dächern". Ein Prof. Dr. jur wird es wohl kaum für'n Appel und
einem Ei getan haben.
Nach meiner Einschätzung hat Herr Grandath, die so angefallenen nicht geringen
Kosten, aus seiner eigenen privaten Tasche bezahlen müssen. Zudem blieb ein
WTG-günstiger Präzedenzfall aus.
Herr Grandath mag diesbezüglich die Spitze des Eisberges darstellen. Indes die
darunter liegende Pyramide, war keinesfalls „klein".
Ich erlaube mir dieses Beispiel durchaus in den Kontext zu jenen Geldstrafen zu
setzen, welche die DDR verhängte.
Dann noch das Jahr 1985. Just in jenem Jahre, wurde mit Absegnung von Honecker,
die Belangung von Zeugen Jehovas in der Wehrdienst-Angelegenheit, klammheimlich
eingestellt. Sie wurden „einfach" „planmäßig" von den Wehrdienstbehörden nunmehr
vergessen.
Und dann war übrigens 1965 auch das Gründungsjahr der CV.
Ich kann in dem Umstand, dass man nun vom Stalinistischen Terror auf eine
Anti-Agitation umschaltete, im Prinzip nichts grundsätzlich Verwerfliches
erkennen.
Das Anti-Agitation mag Schwächen aufweisen. Unbestritten. Das aber ist dann
Angelegenheit einer konkreten Detail-Auseinandersetrzung am konkreten Beispiel.
Und dann noch dieses.
Das Literatur- und Zeitschriftenwesen in der DDR war strengen Reglementierungen
unterworfen. Das fing mit der „Lizensierung" an, setzte sich über Vorgegebene ,
oftmals streng limitierte Auflagen"höhen" fort.
Namentlich die Kirchen ächzten und stöhnten unter diesem Druck.
Außerhalb der engeren kirchlichen Publizistik, lies dass DDR-Regime zum Thema
Religion nur 3 (in Worten drei) Zeitschriften zu.
Für den katholischen Bereich die „begegnung"
Für den evangelischen Bereich den „Standpunkt" (respektive seine zwei
Vorläuferblätter „Glaube und Gewissen" und „Evangelisches Pfarrerblatt")
Beide eben genannten Zeitschriften waren öffentlich erhältlich. Sowohl über den
Postzeitungsvertrieb als auch Zeitungskioske.
Das dritte (eben nicht öffentlich erhältliche) Blatt war die „Christliche
Verantwortung" für den Zeugen Jehovas-Bereich.
Aufgrund des Aktenstudiums (etwa via ehemaliges Staatssekretariat für
Kirchenfragen der DDR und andere Behörden). Akten die heute im Bundesarchiv
verwahrt werden, steht einwandfrei fest. Alle drei genannten Blätter wurden vom
DDR-Staat finanziell ausgehalten. Ihre erwirtschafteten Eigenmittel deckten
keineswegs den tatsächlichen Kostenumfang.
Wer sich auf Grund des Umstandes, dass auch die CV vom DDR-Staat finanziell
ausgehalten wurde, echauffiert, der möge das bitte im gleichem Umfange auch
bezüglich der „begegnung" und des „Standpunktes" tun. Macht er jenes eben nicht,
offenbart er zumindest seine Unobjektivität.
Und dann noch dieses. Die Stasi der DDR mag vieles auf dem „Kerbholz" haben.
Darüber kann es keinen Zweifel geben.
Auch die CIA mit ihren Geheimgefägnissen und ihren Kindnäppingungen von
vormaligen DDR-Bürgern, auf offener Strasse, und anderes mehr, ist alles andere
als ein „Unschuldsengel". Wer sich über die Stasi echauffiert und die CIA
ungeschoren lässt in seinem Urteil, der offenbart zwar wie Propaganda wirken
kann, auch bei ihm.
Sachgerecht ist er jedenfalls nicht!
Erweitert enthalten mit in
Vermeintliches Stasiopfer
Siehe auch: