Kommentarserie „Trost" 1939 zusammengefasst

Einige Stichworte in diesem Jahrgang (in Auswahl):

Mann, Thomas, Tschechoslowakei, Gimpelfang, "Schau den Tatsachen ins Auge" (Broschüre), Coughlin, Kinderentzug (staatlich veranlasst), Heilpraktiker, Himmler, Heinrich (Link zu seiner Posener Ansprache 1943), Heath, William J., "Und er soll dein Narr sein!",  Siebecker, Edouard, Zug, Kanton, Nigeria, Spanien, "Volksmenge, große", Bohnet, J. A., Gerber, Fritz, Schöpfungs-Drama, Radio, Fronleichnam, Jonak v. Freyenwald, Hans, Krawalle in Großbritannien, "Faschismus oder Freiheit" (Broschüre), Obrigkeitslehre, Grundmann, Walter, Schlägerei in New York, Correvon, John, Heilsarmee, Deutsch-Sowjetischer Nichtangriffspakt, Rutherford's Wehrdienstkontroversen, "Freimaurerbrief", Kuli, Madison Square Garden (New York), SPK, Polen


Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 24. Januar 2009 04:29

Im Rahmen seiner Gesundheitsratschläge hat das „Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 1. 1939 diesmal den Schnupfen entdeckt, den es als „Freund" tituliert. Das was man da zu wissen glaubt, geht gar soweit zu sagen. Sollte man eine in der Sicht von „Trost" als falsch eingeschätzte Behandlungsmethode wählen, könne das gar zu Krebs führen.
Ob denn die Schulmedizin sich auch einer solchen Auffassung anschließt, erscheint mir doch eher zweifelhaft.

Aber mit der Schulmedizin hat „Trost" ohnehin „nichts am Hut". Auch seine Ausführungen zu obigem Thema belegen dies wieder einmal.

Ich nachfolgenden einige Auszüge aus diesem Artikel (mit der ausdrücklichen Hinzufügung). Eine Bewertung ob richtig oder falsch, der „Trost"-Ausführungen dazu, kann meinerseits nicht erfolgen.

„Trost" teilt unter anderem mit:

„Viele bekannte Gelehrte stimmen darin überein, daß die Natur nichts unnötig hervorbringt, sondern daß alles, was sie hervorbringt, einen bestimmten Platz im Lebensprogramm hat. Wenn nun alle anderen Funktionen unter diese Regel fallen, warum nicht auch die Krankheit?

Im Gegensatz zu der allgemeinen Auffassung, ist eine Erkrankung an sich kein solcher Schaden, wie man gewöhnlich meint. Auch der übliche Schnupfen muß mithelfen, den allgemeinen Gesundheitszustand im Organismus aufrechtzuerhalten. ...
Wenn der Verfall überwiegt, d. h. wenn mehr Zellen sterben als geboren werden, haben wir das, was wir als Krankheit bezeichnen.
Das Ausmaß der Zellteilungen und der allgemeine Gesundheitszustand der Zellen hängt von der Zellennahrung ab. Je vollkommener diese ist, um so kräftiger und gesünder werden die sich bildenden Zellen sein. Neben den ausgeglichenen Nährstoffen spielen hier auch Sauerstoff und Wasser eine bedeutende Rolle.

Nun ist das Protoplasma, das die beste Ernährung für die Zellen bildet, auch die beste Nahrung für die Bazillen. Der Unterschied in seiner Wirkung beruht nur auf der Länge der Zeit, die es im Körper verbleibt. Zellprotoplasma, das während der Körpertätigkeit eines Tages nicht aufgebraucht wurde, bleibt als abgestandenes, schales Protoplasma übrig und ist als Zellennahrung weniger geeignet, vermehrt dagegen die Wirksamkeit der Bazillen oder Keime.

Wenn der Körper auf einem Punkt angekommen ist, wo er dieses verdorbene Protoplasma, das nun zu einem Gift geworden ist, nicht länger dulden will, beginnt er mit der Ausscheidung. Das führt zu einer ,,Krise". Wie lange es dauert, bis er dazu kommt, ist bei den einzelnen ganz unterschiedlich. Regenwasser, das in frischem Zustand so rein ist, wird faul, wenn es lange steht, ganz gleich, wieviel Sonnenschein darauf fällt. Es muß fließen oder zirkulieren, um rein zu bleiben. Das sehen wir auch im Fließen eines Stromes.
Logischerweise wirkt die Natur in unserem Körper genau so wie in unserer Umgebung. Ehe überschüssiges Protoplasma schal wird, sollte es durch ein "innerliches Bad" zum Abfluß gebracht werden.

Es gibt viele Wege, wie unser Körper von schlechtem Protoplasma gereinigt oder befreit werden kann. Bei stundenlanger körperlicher Arbeit oder bei Fasten brauchen wir den Überschuß auf. Auch Atemübungen sind gut, weil durch tiefes Einatmen der Luft den Zellgeweben durch die Lungen Sauerstoff zugeführt wird. Dadurch wird die Zellteilung vermehrt und das Protoplasma aufgefrischt.
Manche Leute tun alles mögliche, um Luftzug oder Temperaturwechsel zu meiden. Tatsächlich löst aber ein schneller Temperaturwechsel den Überfluß an Giften in den Zellen, und der Körper beginnt dann große Mengen davon auszuscheiden. Wenn dieser Prozeß stattfindet, sagt man, der Betreffende habe Schnupfen. Man "holt" sich den Schnupfen also nicht ausschließlich von außen. Es kann keine Wirksamkeit der Bazillen im Körper geben, ohne daß Gifte vorhanden sind, von denen sie ernährt werden. Alle akuten und Entzündungskrankheiten sind einfach die natürliche Weise, auf welche im Körper aufgespeicherte Gifte verbrannt werden.

Man hat nun gewöhnlich die Krankheit dadurch unterdrücken wollen, daß man den Krankheitsbazillus zu isolieren und zu vernichten suchte, ohne die Zellabfälle zu beseitigen. Infolgedessen sind alle möglichen Arten von Bazillentötern, lindernde und einschläfernde Mittel, auf den Markt gebracht worden. Wer solche Mittel einnimmt, ,,betäubt" sich und sagt, er habe den Schnupfen vertrieben. Fast alle Arten von ansteckenden Krankheiten werden durch Medikamente scheinbar gelindert, weil dadurch das Bestreben des Körpers, faules Protoplasma auszuscheiden, aufgehalten wird.

Wenn man nun den Schnupfen, sobald er sich ankündigt, durch Medizin "abwehrt" und das Ausscheiden der Gifte im Körper beständig unterdrückt, werden sie wahrscheinlich in anderer Form viel schlimmer in Erscheinung treten. Tatsächlich kann dieser ungesunde Zustand bis zu dem Punkte gesteigert werden, daß keine rechte Zellteilung mehr möglich ist. Wenn das irgendwo im Körper eintritt, haben wir eine Krankheit, die wir "Krebs" nennen.

Wohl muß diese Überlastung mit Giften jahrelang vorhanden sein, ehe sich ein Krebsleiden bemerkbar macht. Trotzdem beginnt es schon zu der Zeit, wo sich die Gifte in solchem Maße anhäufen, daß mehr Zellen absterben als erzeugt werden, und dieser Vorgang findet bei einem großen Prozentsatz unserer Bevölkerung statt, wie die Zunahme der Krebsleiden beweist.

Wie können wir nun alle diese Krankheiten, vom gewöhnlichen Schnupfen bis zum Krebs, vermeiden? Nur, indem wir den Körper bei der Ausscheidung von Giften unterstützen, statt ihn daran ,zu hindern, und nicht noch dazu allerlei Gifte in Form von Medikamenten in uns aufnehmen.
So ist also, ebenso wie bekanntlich das Fieber, der Schnupfen ein Freund, der zur Erhaltung unserer Gesundheit beiträgt.

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 25. Januar 2009 03:28
Der Antikommunismus sei die Grundtorheit unserer Epoche. Mit diesem Satz wird noch heute von kommunistischen Kreisen gerne der Schriftsteller Thomas Mann (der es zu einem Nobelpreis brachte) zitiert, und hinzugefügt wird. Thomas Mann sei selber nie Kommunist gewesen, noch wollte er es je werden. Besagter Thomas Mann-Äußerung aus dem Jahre 1943 wurde dann noch durch dem Umstand flankiert, in seiner Biographie auch noch das McCarthy-Amerika persönlich kennen und verachten gelernt zu haben, was dazu führte, dass er "den Staub dieses Landes dann wieder von seinen Füßen schüttelte."

Auch „Trost" (respektive Vorgänger-Titel „Das Goldene Zeitalter") kam gelegentlich auf Thomas Mann zu sprechen. So schon in seiner Ausgabe vom 1. 7. 1937.
Damals konnte man über ihn unter der Überschrift „Tyrannenherrschaft" auch das folgende lesen:

„ ... Unlängst las ich eine Broschüre des deutschen Schriftstellers Thomas Mann, der gegenwärtig als Emigrant in der Schweiz lebt. Diesem weltberühmten Schriftsteller wurde vor Jahren von der Rheinischen Friedrich-Wihelms-Universität der Ehrentitel eines Doktors der Philosophie verliehen. Noch bevor der Nationalsozialismus zur Macht gelangte, warnte Thomas Mann das deutsche Volk vor der ihm von seiten dieser Bewegung drohenden Gefahr. Später mußte er Deutschland verlassen, da er - wie in der Broschüre zu lesen ist - "in Deutschland verblieben oder dorthin zurückgekehrt, wahrscheinlich nicht mehr am Leben wäre".

Nach der Machtergreifung revanchierten sich die Nationalsozialisten, indem sie Thomas Mann zuerst des deutschen Bürgerrechts für verlustig erklärten. Ihr zweiter Racheakt bestand in der Zurückziehung des Ehrendoktortitels, was am Schluß des vergangenen Jahres erfolgte. Die diesbezügliche Mitteilung der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn sowie das Antwortschreiben von Thomas Mann enthält eben die genannte Broschüre, die den Titel "Ein Briefwechsel" trägt. Die Ausführungen dieses hervorragenden Meisters der Feder wirken um so eindrucksvoller, als sie Thomas Mann nicht als einen von blindem Haß erfüllten Gegner des Nationalsozialismus erkennen lassen, sondern als einen Menschen, der angesichts des gegenwärtigen Mißgeschicks des deutschen Volkes von tiefem Schmerz ergriffen ist. Nachstehend einige Zitate aus der Broschüre.

"Sehr geehrter Herr Dekan, ich habe die trübselige Mitteilung erhalten, die Sie unterm 19. Dezember an mich gerichtet haben. Erlauben Sie mir, Ihnen folgendes darauf zu erwidern:
Die schwere Mitschuld an allem gegenwärtigen Unglück, welche die deutschen Universitäten auf sich geladen haben, indem sie aus schrecklichem Mißverstehen der historischen Stunde sich zum Nährboden der verworfenen Mächte machten, die Deutschland moralisch, kulturell und wirtschaftlich verwüsten, - diese Mitschuld hatte mir die Freude an der mir einst verliehenen akademischen Würde längst verleidet und mich gehindert, noch irgendwelchen Gebrauch davon zu machen ..."


Thomas Mann erwähnt darauf, daß er trotzdem weiterhin den Ehrentitel eines Doktors der Philosophie führt, der ihm von der amerikanischen Harvard-Universität dafür verliehen wurde, daß er "zusammen mit ganz wenigen Zeitgenossen die hohe Würde der deutschen Kultur bewahrt".

"Gewiß," - heißt es an anderer Stelle der Antwort - "ich habe die Wut dieser Machthaber herausgefordert nicht erst in den letzten vier Jahren, durch mein Außenbleiben, die ununterdrückbaren Kundgebungen meines Abscheus. Lange vorher schon hatte ich es getan und mußte es tun, weil ich früher als das heute verzweifelte deutsche Bürgertum sah, wer und was da heraufkam."

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wollte Thomas Mann anfangs schweigen, doch war ihm dies unmöglich. "Ich hätte nicht leben, nicht arbeiten können, ohne dann und wann zwischen -- ein, wie alte Völker sagten, 'mein Herz zu waschen', ohne von Zeit zu Zeit meinem unergründlichen Abscheu vor dem, was zu Hause in elenden Worten und elenderen Taten geschah, unverhohlenen Ausdruck zu geben ... Ein deutscher Schriftsteller, an Verantwortung gewöhnt durch die Sprache; ein Deutscher, dessen Patriotismus sich - vielleicht naiverweise - in dem Glauben an die unvergleichliche moralische Wichtigkeit dessen äußert, was in Deutschland geschieht, sollte schweigen, ganz schweigen, zu all dem unsühnbar Schlechten, was in meinem Lande an Körpern, Seelen und Geistern, an Recht und Wahrheit, an Menschen und an dem Menschen täglich begangen wurde und wird? Zu der furchtbaren Gefahr, die dieses menschenverderberische, in unsäglicher Unwissenheit über das, was die Weltglocke geschlagen hat, lebende Regime für den Erdteil bedeutet? ... Sinn und Zweck des nationalsozialistischen Staatssystems ist einzig der und kann nur dieser sein: das deutsche Volk unter unerbittlicher Ausschaltung, Niederhaltung, Austilgung jeder störenden Gegenregung für den 'kommenden Krieg' in Form zu bringen, ein grenzenlos willfähriges, von keinem kritischen Gedanken angekränkeltes, in blinde und fanatische Unwissenheit gebanntes Kriegsinstrument aus ihm zu machen. Einen anderen Sinn und Zweck, eine andere Entschuldigung kann dieses System nicht haben;

alle Opfer an Freiheit, Recht, Menschenglück, eingerechnet die heimlichen und offenen Verbrechen, die es ohne Bedenken auf sich genommen hat, rechtfertigen sich allein in der Idee der unbedingten Ertüchtigung zum Kriege ... Erschrocken Strecken sich die Hände seiner [Deutschlands] 'Feinde' nach ihm aus, um ein so wichtiges Glied der zukünftigen Völkergemeinschaft vom Abgrunde zurückzureißen, ihm zu helfen, wenn anders es nur zur Vernunft kommen und sich in die wirklichen Notwendigkeiten der Weltstunde finden will."

So schreibt ein großer deutscher Patriot, ein Verfechter "der hohen Würde der deutschen Kultur", der jedoch mit dem Banne eines Landesverräters belegt wurde, weil er es wagte, seine Mitbürger auf den schrecklichen Polypen hinzuweisen, der nicht nur Deutschland ergriffen hat, sondern auch andere Völker in den Abgrund zu ziehen droht. ..."

Erneut bot sich für „Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 1. 1939 Gelegenheit Thomas Mann zu zitieren. Die WTG hatte sich erlaubt ihm ihr Buch „Kreuzzug gegen das Christentum" unaufgefordert zuzusenden, und konnte nur seine Reaktion darauf verbuchen, in der er an den WTG-Funktionär Harbeck schrieb:

„Ich bin Ihnen noch Dank schuldig für das Geschenk Ihres Buches "Kreuzzug gegen das Christentum", eine Schuld nicht nur der Höflichkeit, sondern auch des Herzens, denn ich habe Ihr so schauerlich dokumentiertes Buch mit größter Ergriffenheit gelesen, und ich kann die Mischung von Verachtung und Abscheu nicht beschreiben, die mich beim Durchblättern dieser Dokumente menschlicher Niedrigkeit und erbärmlicher Grausamkeit erfüllte. Die Sprache versagt längst vor dem Gesinnungsabgrund, der sich in diesen Blättern auftut, welche von den entsetzlichen Leiden unschuldiger und ihrem Glauben mit Festigkeit anhängender Menschen berichten; sie möchte verstummen vor dem nicht mehr zu Charakterisierenden und dennoch hat sie ein schlechtes Gewissen dabei, weil durch Schweigen der Welt die moralische Apathie und ihr elendes Nichteinmischungsprinzip nur allzu bequem gemacht wird. Wird sie durch die empörende Faktensammlung, die Sie vorlegen, doch vielleicht einen Augenblick in moralische Bewegung gebracht werden? Man wagt kaum noch, es zu hoffen, aber auf jeden Fall haben Sie Ihre Pflicht getan, indem Sie mit diesem Buch vor die Öffentlichkeit traten, und mir scheint, einen stärkeren Appell an das Weltgewissen kann es nicht geben."

Dieser Text ist dann auch zu späteren Zeiten, diverse Male von der WTG wieder zitiert worden. Eines kann man wohl sagen. Er ist eine eindeutige Absage an das Nazi-Regime und seine Praktiken. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.

Wer ihn denn für mehr vereinnahmen will, befindet sich in derselben Situation wie die eingangs zitierten Kommunisten, die sich da auch auf Thomas Mann berufen, und doch zugleich zugeben müssen. Einer der ihrer war er nicht, und wollte es auch nie werden!

Mit den Vereinnahmungen berühmter Namen ist das ohnehin so "ein Ding für sich"
Was das von kommunistischer Seite bemühte Thomas Mann-Zitat anbelangt wurde dazu mal in seinem eigentlichem Wortlaut zitiert, der durchaus andere Akzente als wie die beliebtere Kurzfassung setzt:

"Sie sehen, daß ich in einem Sozialismus, in dem die Idee der Gleichheit die der Freiheit vollkommen überwiegt, nicht das menschliche Ideal erblicke, und ich glaube, ich bin vor dem Verdacht geschützt, ein Vorkämpfer des Kommunismus zu sein. Trotzdem kann ich nicht umhin, in dem Schrecken der bürgerlichen Welt vor dem Kommunismus, diesem Schrecken, von dem der Faschismus so lange gelebt hat, etwas Abergläubisches und Kindisches zu sehen, die Grundtorheit unserer Epoche."
www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/1998/0404/magazin/0059/index.html

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 30. Januar 2009 01:24
Nach dem Verbot der Zeugen Jehovas-Tätigkeit in Hitlerdeutschland, erwies sich die Tschechoslowakei anfänglich als eine Art „Ausweichquartier". Unter anderem auch daran ersichtlich, dass die dem Naziregime abgetrotzte Freigabe für den Export ihrer Magdeburger Druckereimaschinen, das Ziel Tschechoslowakei hatte.

Das „Bauernopfer" der Westmächte, Hitler die Tschechoslowakei zum Fraße vorzuwerfen, um ihn so - vermeintlicherweise - zu besänftigen, sollte selbstredend auch für die Zeugen Jehovas Konsequenzen haben. Nicht im Sinne eines objektiven Berichtes, wohl aber im Sinne der Schilderung subjektiver Erlebnisse, findet man in dieser „Trost"-Ausgabe vom 15. 1. 1939 auch solch einen Bericht, der im nachfolgenden (kommentarlos) in seinen wesentlichen Aussagen wiedergegeben sei.


Erlebnisse eines Sudetendeutschen
Als Ende September die Abtrennung meiner Heimat von der Tschechoslowakei beschlossene Tatsache war, machte ich mich sofort auf den Weg, um meine Angehörigen noch einmal zu sehen, einige familiäre Angelegenheiten mit ihnen zu ordnen und meine notwendigsten Sachen mit an meinen Arbeitsplatz in Prag zu nehmen. Man ließ mich zwar die ganze Strecke bezahlen, aber 40 km vor der Endstation machte unser Zug "Halt", und ich mußte mich auf Schusters Rappen auf den Heimweg machen.
Nach siebenstündigem Marsch befand ich mich gegen 22 Uhr ganz überraschend inmitten der tschechischen Frontlinie. Die Feldwachen richteten ihre Gewehrläufe auf mich und ließen mich schrittweise näherkommen. Dann überprüften sie meine Papiere und entließen mich über ihre "Spanischen Reiter" und Drahtverhaue hinweg.

Eine halbe Stunde später stieß ich am Eingang zu meinem Heimatsort auf die Vorposten des Sudetendeutschen Freikorps. Es waren dies stark bewaffnete Zivilisten mit einer farbigen Armbinde. Sie befahlen mir, stehen zu bleiben und den "Feldruf" zu sagen. Ich nannte meinen Namen und wartete auf meiner Stelle, bis die beiden Posten mit Bajonett nach vorne gerichtet bei mir waren. Sie überzeugten sich beim Lampenschein aus meinen Papieren, daß ich hier zuständig war. Dann meinte einer von ihnen, ich hätte ein großes Glück gehabt, daß ich lebend bis hierher gekommen wäre. Schon die ganze Woche hindurch hätte es tüchtig geknallt und es gäbe bereits eine ganze Anzahl Toter und Verwundeter.

"Wir bringen Sie jetzt zu unserem Kommando." Ich traute meinen Augen nicht, als ich bemerkte, daß man mich geraden Weges ins Pfarrhaus unserer römisch-katholischen Gemeinde führte. Ich dachte bei mir: "Also wieder ein Beweis mehr, daß sich die katholischen Geistlichen tatsächlich in die Politik mengen und Aufrühre unterstützen."

Laut amtlicher Bekanntmachung sollte mein Heimatort gemäß des Münchener Abkommens am 6. bis 7. Okt. 1938 in reichsdeutsche Hände übergehen; in Wirklichkeit aber besetzten ihn die Freischärler schon etwa zehn Tage vorher, und die Tschechen unternahmen keinen ernsten Versuch, die Gegend zu halten, um, wie es scheint, keinen größeren Konflikt heraufzubeschwören.

Zunächst vermutete ich, man habe den Ortspfarrer gezwungen, seine Amtsräume den Aufrührern zur Verfügung zu stellen, aber ich wurde bald eines Besseren belehrt, als ich ihn inmitten des Kommandos bemerkte, dem er gerade die neuesten Radio-Meldungen überbrachte.
Ich dachte mir: Wenn dieses schauderhafte Bild doch alle Katholiken sehen könnten; vielleicht würden sie über ihre Geistlichen doch bald die rechte Auffassung gewinnen. ...
Wenn es nicht mein persönliches Erlebnis wäre, so hätte ich es wohl niemals für möglich gehalten, wie sehr „religiös" man im III. Reiche ist.

Sofort beim Eintritt in die Kommandostelle begann der bekannte Tanz um den sogenannten ,,Deutschen Gruß". Das gewöhnliche „Guten Tag" oder "Grüß Gott" wird einem als der Ausdruck einer volksfeindlichen Einstellung ausgelegt. Aber trotz heftiger Drohungen, trotz Schlägen ins Gesicht und einem Fußtritt ins Gesäß sah ich keine Veranlassung, das gotteslästerliche „Heil Hitler" zu sagen. ...

Bei der Leibesvisitation fand man bei mir vier neue Notizblöcke, welche mir der diensttuende Feldwebel - offensichtlich ein reichsdeutscher Militär - mit aller Gewalt auf den Kopf schlug. Ferner einen Schlüsselbund mit fünf Schlüsseln. "Was sind das für Geheimschlüssel?", brüllte er mich an. Außerdem fand er eine ganz einfache billige Glasperlenkette für mein Schwesterchen. Nur mit knapper Not konnte ich den Kopf auf die Seite biegen, sonst hätte er sie mir ins Gesicht geworfen. So aber streifte sie nur noch meine rechte Wange.

Ich hatte außerdem fünf Broschüren WARNUNG von Richter Rutherford bei mir sowie ein Exemplar DER WACHTTURM und TROST, die sofort der Beschlagnahme verfielen. Einer der anwesenden "Helden" meinte: "Diese Bücher kenne ich schon. Seinen Vater habe ich schon damit hinausgeworfen. Ich dachte, er sei arbeitslos und komme betteln, weshalb ich ihm 50 Heller schenken wollte. Aber er nahm sie nicht an und erwiderte, er mache diesen Dienst nicht aus Geschäftsgründen, sondern als Gottesdienst."

Als der Kommandant Schnitter kam, wiederholte sich die ganze Anklage gegen mich. Schließlich sagte er: "Sie, junger Mann, diese Bücher kenne ich auch. Ich habe schon vieles darin gelesen; und ich muß sagen: Es ist manches Gute darin. Aber solche Sachen müssen wir für uns ganz privat behalten. Wissen Sie, was für Sie das Beste wäre? Sie brauchen nichts anderes als schwere Arbeit, dann werden Sie abends müde ins Bett hineinfallen und an nichts anderes mehr denken. Ich mache es wenigstens so. Jetzt bleiben Sie vorerst hier bei uns, und dann kommen Sie auf ein halbes Jahr ins Konzentrationslager. Dort werden wir's Ihnen schon beibringen, den Deutschen Gruß zu leisten.

Wissen Sie, Sie sind schwachsinnig und können den Schwindel der Bibelforscher nicht durchschauen. Man hat Sie überlistet und zu einem Judenknecht gemacht. Sie sind Tischler. Eigentlich ist es schade um Sie. Wir lassen Sie einfach nicht mehr nach Prag zurückgehen. Sie sind hierher zuständig und darum Reichsdeutscher."

Gegen zwei Uhr morgens sollte ich in den Gemeindekerker eingesperrt werden, aber der dortige Wachmann kannte mich gut, da er zufällig bei uns als Mieter wohnt, und so ging es ohne Einsperren. Ich übergab ihm etwas Geld für meinen Vater, welches er auch wirklich ablieferte, und verständigte zugleich meine Angehörigen von meinem Hiersein. Morgens überschütteten mich einige Herren vom Gemeinderat mit einer Schimpftirade ohnegleichen, wobei die Bezeichnungen "Judenknecht", "Volksverräter", "Tschechischer Spion" einige der mildesten waren.

Dann brachte man mich wieder zurück ins Pfarrhaus. Gegen mittags 12 Uhr durften mich mein Vater und meine jüngeren Geschwister besuchen, um von mir Abschied zu nehmen, und dann ging es per Auto zum Hauptkommando nach Jauernig. Dort stellte man mich mitten in einen großen Raum, um von fünf Zivilisten, darunter einem "Herrn Ingenieur" als Kommandanten, wieder verhört zu werden. Dort bot sich mir wieder eine gute Gelegenheit, Zeugnis abzulegen über die wahren "obrigkeitlichen Gewalten" - Jehova Gott und Christus Jesus -, und daß alles "Heil" allein von ihnen komme. Einer jener besonderen "Teutschen" fragte mich dann ironisch: "Was möchten Sie tun, wenn ich Sie jetzt einfach erschieße?"

"O", erwiderte ich, "davor habe ich keine Angst. Sie können mir gar nichts antun, wenn es Gott nicht zuläßt. Und sollte er es zulassen, so ist es eben sein Wille. Er wird mich zu seiner Zeit wieder aus dem Tode auferwecken. Aber Sie würden ein großes Unrecht begehen, und Gott würde Sie dafür schwer bestrafen."

"Ach, immer mit seinem Gott! Wenn ich Sie jetzt bei den Füßen nehme und dort über die Schienen schleife, wird Ihnen da auch Ihr Gott beistehen?", brüllte er wuterfüllt.

Auf einmal kam die Wendung. Der Kommandant kam herein und sagte: "Sie fahren wahrscheinlich wieder zurück in Ihre Heimatgemeinde." Man gab mir ein gutes Mittagessen, eine schmackhafte Eierspeise, und redete mir zu, ja fest zuzugreifen; und dann ging es heimwärts. Der tobsüchtige Feldwebel war auf einmal wie umgewandelt. Er versuchte, mich zu belehren über die Größe Deutschlands, über Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten im III. Reiche. Dann drohte er:

"Wenn Sie jetzt für die Tschechoslowakei optieren, wird man Sie als Deutschen bestimmt wieder ausweisen; denn dort gibt es jetzt so viele Arbeitslose wie nie zuvor. Wenn Sie dann zu uns kommen, wird man Sie einfach als Spion und Volksverräter betrachten, und was mit diesen geschieht, das können Sie sich wohl vorstellen. Jetzt gehen Sie nach Hause, und morgen Mittag kommen Sie und sagen uns, was Sie tun wollen."

Am nächsten Tag war ich um die Mittagszeit wieder im Pfarrhaus. "Nun", meinte er, "haben Sie sich entschieden? Sie bleiben also hier bei uns, nicht wahr?" "Nein", erwiderte ich, "ich bin in Prag wohnhaft und habe dort meinen Arbeitsplatz. Ich fahre zurück. Bitte geben Sie mir einen Passierschein, um von Ihren Posten nicht behelligt zu werden." Es folgte wieder eine Reihe von Schimpfnamen, und dann sagte er: "Sie bekommen keinen Schein. Ich gebe meine Unterschrift nicht her für die Prager Bolschewiken. Gehen Sie so nach Prag zurück, wie Sie hergekommen sind."

Ich fürchtete, während der Durchschreitung der Postenkette rücklings erschossen zu werden, und habe mich in der Tat auf alles gefaßt gemacht. Wußte ich doch aus den vielen Berichten über die Verfolgung meiner christlichen Glaubensbrüder in Deutschland, wie leicht man dort "auf der Flucht erschossen" werden kann. Aber ich bin mit heiler Haut entronnen, wie ein Vogel der Schlinge des Vogelstellers ...
Zwei Zeugen Jehovas aus der dortigen Gegend waren bereits nach Deutschland verschleppt, ohne daß ihre Angehörigen auch nur das geringste Lebenszeichen von ihnen hätten. Natürlich vermuten diese, daß die beiden wohl nicht mehr am Leben sind. Zwei andere Brüder sind mit mir in das Landesinnere der Tschechoslowakei geflohen und kämpfen mit ungeheuren Schwierigkeiten, um hier irgendwo Arbeit zu finden und von den Behörden geduldet zu werden. Alle übrigen Zeugen Jehovas im Sudetengebiet sehen einer sehr schweren Zeit entgegen ...
Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 31. Januar 2009 04:29

Unter der Überschrift „Ein Kongreß in fünf Erdteilen" berichtet "Trost" vom 15. 1. 1939 euphorisch über jene 1938 (zuerst) in London (Großbritannien) durchgeführte WTG-Veranstaltung
Vermerkt wird:

„Mehrere Wochen vor diesem Kongreß begann die Bekanntmachung des Vertrages "Schaut den Tatsachen ins Auge". Durch Plakate an Autos, Omnibussen, an Säulen und Anschlagbrettern, in Schaufenstern, ferner durch Lichtreklame, Plakatträger-Kolonnen, Flugzettel, Tonwagen-Ankündigungen und dergleichen wurde dafür gesorgt, daß es in jenen Tagen in den großen Städten Englands nur wenig Menschen gegeben haben wird, die nicht auf dieses Ereignis aufmerksam geworden waren. In London allein waren zu einer Zeit etwa 1000 Plakatträger gleichzeitig auf den Straßen und gingen durch die belebtesten Viertel dieser Metropole mit ihren Plakaten: RELIGION IST GIMPELFANG UND EIN FALLSTRICK - DIENE GOTT UND CHRISTUS, DEM KÖNIG - SCHAUT DEN TATSACHEN INS AUGE.
Der Inhalt dieses Vertrages wird nun in den 70 Sprachen der Watch-Tower-Literatur auch noch in Broschürenform vielen Millionen Menschen bekanntgegeben"

Die dort von Rutherford gehaltenen Vorträge dieses Spektakels wurden dann noch in der WTG-Broschüre „Schau den Tatsachen ins Auge" publiziert. Sieht man sich selbige näher an, registriert man: Sie zerfällt in zwei Teile. Neben einem dem Broschürentitel gewidmeten Vortrag gibt es noch einen zweiten „Füllet die Erde" überschriebenen (S. 34f.). Dieser Vortrag hat es dann insofern „in sich", als er im besonderen die Endzeit-Hysterie anheizt. Zwar macht das „Trost" massive Reklame für die genannte Broschüre, zugleich druckt es aber auch diesen „Füllet die Erde"-Vortrag auch in dieser (und der nachfolgenden) „Trost"-Ausgabe mit ab, indem man unter anderem die Sätze lesen kann:

„Heute gibt es auf Erden Jonadabe, die dem Herrn ergeben sind und sich ohne Zweifel als treu erweisen werden. Wäre es schriftgemäß, daß sie jetzt heirateten und Kinder aufzuziehen begännen?

Nein, lautet die Antwort, die von der Heiligen Schrift gestützt wird. ... Noahs Söhne und ihre Frauen hatten weder vor noch während der Sintflut Kinder, und es wurden ihnen keine solchen geboren, ehe die Wasser der Flut aufgetrocknet waren. ... Es gibt auch keinen Schriftbeweis, daß irgendwelche Kinder in die Arche hineingenommen worden wären. sondern es wurden nur acht Personen hineingenommen.

Die Schrift unterstützt vollauf die Schlußfolgerung, daß das Füllen der Erde nicht vor, sondern erst nach Harmagedon fällig ist. Die folgenden Worte Jesu stützen diese Folgerung ebenfalls:
"Wehe aber den Schwangeren und den Säugenden in jenen Tagen!" (Matth. 24: 19).

Den Jonadaben wird nun das große Vorrecht zuteil, zu erkennen, daß das Königreich gekommen ist und daß ihnen, wenn sie leben möchten, die heilige Pflicht zufällt, es vollauf zu unterstützen und daß zu tun, was der Herr ihnen geboten hat. ...

Jonadabe, die jetzt ans Heiraten denken, würden, wie es scheinen will, besser tun, einige wenige Jahre zu warten, bis der feurige Sturm Harmagedons vorüber ist, und dann die ehelichen Beziehungen aufzunehmen und die Segnungen zu genießen, die mit einer Anteilnahme am Füllen der Erde mit gerechten und vollkommenen Kindern verbunden sind.

Mögen die Jonadabe nun ruhig, nüchtern und mit tiefer Freude die vor ihnen liegende wunderbare Aussicht betrachten! ...

Was sollten die Jonadabe jetzt tun? Sie sollten sich gänzlich den Königreichsinteressen Christi widmen und dazu sehen, daß ihre Mittel nun zum Ruhme Gottes und seines Reiches gebraucht werden."

Das ganze also in die Richtung inszeniert: Total-Vereinnahmung für die WTG-Organisation und ihre egoistischen Interessen!

Rutherford's vermeintliche Tatsachen

Makaber auch jene Anekdote, welche „Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 8. 1939 sich bemüßigt fühlt, seinen Lesern zum besten zu geben. Da wurde berichtet:

„Als beim letzten gemeinsamen WACHTTURM-Studium der Gruppe Groß-London der Leiter bei der Betrachtung des Artikels "Füllet die Erde" die Frage stellte:
"Wäre es richtig, wenn die Jonadabe schon jetzt damit begännen, 'die Erde zu füllen', zu heiraten und Kinder aufzuziehen?", ertönte sofort das hohe Stimmchen eines Jungen: "Bestimmt nicht!"
Das wurde mit solcher Entschiedenheit gesagt, daß es die ganze Versammlung überraschte und sehr amüsierte. Der Knabe ist elf Jahre alt, bekommt seinen eigenen WACHTTURM, studiert ihn und macht darin seine Anmerkungen. Mit seiner Mutter bat er Anteil an den Freuden des Herrn."


Und seinen Bericht meint der namentlich genannte Berichterstatter dann noch mit der Aussage „würzen" zu sollen:
„Die Worte des Psalmisten, die die Worte des Geistes Gottes sind, mögen auch bildlich angewendet werden; aber Jesus wandte sie auf eine sehr buchstäbliche Erfüllung an, und sicherlich erfüllen sie sich nun wieder in buchstäblicher Weise; denn unmündige Kinder kommen und nehmen den Platz der "klugen und weisen" Religionsführer ein.
J. Hemery, London
."

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 25. Februar 2009 01:14

„Trost" kommentiert in seiner Ausgabe vom 1. 2. 1939 (etwas gekürzt):
Gedanken zum Untergang einer Demokratie
Natürlich war die Tschechoslowakei auch in der Gestalt, die sie vor Oktober 1938 hatte, ein "Reich dieser Welt", in dem - genau so wie in allen andern Reichen - letzten Endes nicht die göttliche Wahrheit und Gerechtigkeit ausschlaggebend war....

Kein ,,Reich dieser Welt" gebietet, der göttlichen Wahrheit nachzuleben und Gottes Gesetz zu beachten. Auch die demokratische Tschechoslowakei tat es nicht, hinderte auf der andern Seite aber auch niemand, es zu tun, ganz im Gegensatz zu andern Ländern, wie z. B. dem Deutschland Hitlers, dem Rußland Stalins oder dem Italien Mussolinis und des Papstes.

Damit überragte die Tschechoslowakei, ein demokratisches Land, moralisch und kulturell die genannten Großmächte und andere Länder bei weitem.
Heute aber hat diese Demokratie "im Namen des Selbstbestimmungsrechtes der Völker" ihr Selbstbestimmungsrecht verloren und ist zu einem Spielball der Naziwillkür geworden. Dadurch findet auch die kulturelle Toleranz dieses Landes einen erzwungenen Abschluß.

Obwohl von den früheren 14,5 Millionen Einwohnern der Republik über 10 Millionen der römisch-katholischen Kirche angehörten, war sie dennoch nicht romhörig. Dafür sorgten die leitenden Staatsmänner und eine freiheitliche Verfassung.
Vor allem die reichlich 7 Millionen Tschechen standen nicht unter dem Einfluß der Priester. Sie kannten die Geschichte ihrer Vergangenheit zu genau. Das ganze Land war zur Zeit der Reformation evangelisch geworden. Erst die Gegenreformation zwang dem Volke durch blutige Kriege wieder die katholischen Kircheninstitutionen auf, konnte aber nicht das Gedächtnis an Glaubensmärtyrer, wie an den in Konstanz verbrannten tschechischen Theologieprofessor Johannes Hus, auslöschen.

Nach dem Kriege führte eine ,,Los-von-Rom"-Bewegung zur Gründung der romfreien "Tschechoslowakischen Kirche", mit einer Anhängerzahl von fast einer Million.

Anders liegen die Verhältnisse bei den 2,5 Millionen Slowaken, meist einfachen, nicht besonders gebildeten Landleuten, die in der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn unter der Herrschaft der katholischen ungarischen Landmagnaten in einem Zustand halber Leibeigenschaft dahingelebt hatten, bis ihnen die Tschechen nach Gründung des neuen Staates durch eine großzügige Bodenreform zu eigenem Landbesitz verhalfen und ihnen - zum ersten Male in der Geschichte der Slowakei - die Möglichkeit verschafften, auf dem Wege gesunden Aufbaus von Innen heraus Herren im eigenen Lande zu werden, frei von den aristokratischen und klerikalen Schmarotzern.

Heute, nach dem Diktat von München, ist die Slowakei zwar dem Namen nach autonom, in Wirklichkeit aber wieder völlig unfrei, ins Joch der papistischen Priester-Politiker eingespannt.

Wenn die Ursachen für die kürzliche Verstümmelung des tschechoslowakischen Staatsgefüges untersucht werden, darf die Rolle des römisch-katholischen Klerus der Slowakei nicht, unbeachtet bleiben. Wie freiheitlich gesinnte Slowaken über diese Sache denken, zeigt ... eine Wandaufschrift, die anläßlich der slowakischen Gemeindewahlen vom 12. Juni 1938 angebracht wurde und lautet:
"Judas hat Christus verraten, Hlinka will uns verraten."

Hlinka, ein katholischer Priester (inzwischen verstorben), war Führer der katholischen Partei der Slowakei. Sein politischer Nachfolger, ebenfalls ein katholischer Priester, ist inzwischen Ministerpräsident der Slowakei geworden und übt eine durch und durch klerikale Herrschaft über das Land aus.

Es ist interessant, zu beobachten, wie das alles nach den bekannten Mustern faschistischer und nazistischer Machteroberung vor sich geht. Die slowakischen Römlinge haben ihre eigene Wehrorganisation oder Sturmtruppe, die sogenannte Hlinka-Garde, die nach ähnlichen Terrormethoden arbeitet wie die S. A. von 1933. Zeugen Jehovas, von denen es in der Slowakei viele hundert gibt, wurden von diesen Leuten aufgefordert, der katholischen Partei beizutreten, sonst würden sie ihre Arbeit verlieren. Dasselbe wurde ihnen angedroht, wenn sie nicht zur Wahl gehen und für die katholische Regierungspartei stimmen würden.

Genau wie die Nazis, hat die klerikale slowakische Regierung auch bereits Konzentrationslager eingerichtet. Msgr. Tiso, der Ministerpräsident, erklärte öffentlich seine volle Übereinstimmung mit den Diktatur-Regimes. Die Slowakei übernimmt von den Nazis auch die gesamte antisemitische Gesetzgebung und will alle Juden aus dem Lande hinaus haben. Die Nazi-Organisationen dürfen dort ungehindert wühlen; das Tragen des Hakenkreuzes ist erlaubt.

Man vergesse nicht: dies alles geschieht unter der diktatorischen Herrschaft römisch-katholischer Priester!
Rom bringt es nicht fertig, seine Freude darüber zu verbergen, daß wieder eine Demokratie zerschlagen worden ist und der Raum, wo die biblische, auch gegen die Hierarchie gerichtete Wahrheit ungehindert verkündigt werden darf, noch enger wurde.

In "Dem Neuen Volk", Rorschach, einem "Organ im Sinne der katholischen Aktion", wird diesem Triumphgefühl in der Nummer vom 8. Oktober 1938 in schlecht verhohlener Weise Ausdruck gegeben. Masaryk, der wegen seiner menschlichen Größe in der ganzen Welt hochgeachtete, verstorbene erste Präsident der tschechoslowakischen Republik, wird in diesem Artikel auf das übelste geschmäht und als ein "im Dienste der Freimaurerei stehender Revolutionär" bezeichnet, als ein "Freidenker", der "am Untergang der verhaßten katholischen Monarchie des Donaulandes" arbeitete und im Auslande eine ,,Verratspolitik gegen sein Land und seine Heimat" betrieb.

Besonders ausgeschlachtet, das heißt wiederholt zitiert, wird, daß der österreich-ungarische Außenminister und Weltkrieghetzer Graf Czernin im April 1918 in einer Rede von dem "elenden, erbärmlichen Masaryk" gesprochen hat. In Wirklichkeit war Masaryk ein Bewunderer und Freund der Bibel, ein edler Mensch, der moralisch als einzelner mehr wert war als die gesamte Hierarchie zusammengenommen.

Daß er alles andere als ein Bewunderer des Papsttums war, ist bei seinen Qualitäten selbstverständlich; denn dafür kannte er die Bibel und - als Professor - die Geschichte zu gut.
Benesch, ein alter Mitarbeiter Masaryks, vertrat als dessen Nachfolger und Staatspräsident die Demokratie.

Als der bekannte amerikanische "Radiopriester" Pater Coughlin in seiner Zeitung "Social Justice" nach Hitlers Sieg in München schrieb: "Das tschechische Volk ist Benesch losgeworden!", wird also sein Hintergedanke gewesen sein:
,,Gottlob, dort ist die Demokratie abgemurkst." Sich in U. S. A. so auszudrücken, wäre natürlich schlechte katholische Propaganda. Das weiß der reklamekundige Pater Coughilin sehr gut, und darum hat er es anders ausgedrückt, um nicht allzu offen zutage treten zu lassen, was einsichtige Menschen trotzdem - einfach durch Beachtung der Tatsachen - nun bald alle sehen müßten: daß gerade in den Kreisen der "armen, von den Nazis so arg verfolgten" katholischen Hierarchie die Wegbereiter der Diktatur und damit des gott- und christentumfeindlichen totalitären Regimes sitzen.

Für die Situation kennzeichnend ist auch folgender Auszug aus dem ,,A propos" der "Nationalzeitung", Basel, vom 30. Dez. 1938:


"Ein seltsamer Nachgesang zu der Zertrümmerung der freien tschechoslowakischen Republik Masaryks ist der soeben veröffentlichte Briefwechsel zwischen dem Evangelischen Kirchenrat der Tschechoslowakei und dem hochehrenwerten Lord Runciman. Der Kirchenrat hatte in einem ausführlichen Schreiben den Lord an die geschichtliche Verbindung zwischen den vorreformatorischen Religionsbewegungen Böhmens und der bestehenden evangelischen Nationalkirche mit dem religiösen Leben Englands erinnert. Er hatte den Vorwurf zurückgewiesen, daß die Tschechoslowakei ein Nest bolschewistischer Propaganda oder ein halb konfessionsloses Land sei, und hervorgehoben, daß volle religiöse Freiheit erst von der neuen Republik Masaryks gewährt wurde. Der Kirchenrat bat Lord Runciman, sich zu den dargelegten Tatsachen 'nach einer ernsten Gewissensprüfung' zu äußern . . .

Lord Runciman fährt [in seinem Antwortschreiben auf obige Eingabe] fort: ,Ich glaube, daß wenn der Friede anhält (wenn?), eine glückliche und freie tschechische Nation im Herzen von Europa leben kann, die ihren alten Traditionen und festen Idealen treu bleibt. Daß dies so sein möge, ist mein ernsthaftestes Gebet.'

(Unterdessen wurde der politische Flüchtling Forster seinen Quälern ausgeliefert und mit dem Handbeil hingerichtet.) Es gibt fromme Redeweisen, die dem Glauben gefährlicher werden können als Gottlosenpropaganda." -

Neben frommen Redeweisen gibt es auch fromm scheinende Handlungen, die Unheil ankündigen. So z. B., wenn der neugewählte Präsident der tschechoslowakischen Republik als ersten Akt nach seiner Amtseinsetzung den Gang zur römisch-katholischen Messe wählte. -

Die vorstehenden Beispiele zeigen wiederum, wie gut der katholische Klerus und die Nazis eine Interessengemeinschaft zu bilden verstehen. Wenn dieser Klerus, der sich, als den Schuldigen, neben sich aber auch Millionen von Unschuldigen all dieses Unheil einbrockt, dann unter einem solchen Regime gerupft wird, verdient er ganz gewiß kein Mitleid. ...


Thematisch auch die Karikatur in der nachfolgenden Ausgabe des „Trost" (15. 2. 1939)

http://www.manfred-gebhard.de/30er20karikatur208.jpg

Mit dem dazugehörigem Begleittext:
Die Mahlzeit
Der Mann hat großen Appetit,
Studiert die Speisekarte -
Es naht sich mit kokettem Schritt
Die Serviermaid, die zarte.
„Womit kann dienen ich, o Herr?
Darf dieses ich anraten?"
„Das ist zu wenig, will noch mehr,
Bring mir noch diesen Braten."
Und flugs bringt sie die Platte schon,
Noch mehr wird aufgetragen,
Doch bei der letzten Portion,
Da platzt ihm der Magen.

Nachstehende Karikatur aus „Consolation" wurde nicht vom deutschsprachigem „Trost" mit übernommen, liegt aber inhaltlich auf ähnlicher Linie.

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 26. Februar 2009 06:00
„Trost" notiert in seiner Ausgabe vom 15. 2. 1939:

"Politisch unzuverlässige" Eltern nicht erziehungsberechtigt
In einem Ministerialerlaß des nationalsozialistischen Reichsinnenministeriums wird nunmehr offen zugegeben, daß das Dritte Reich den "politisch unzuverlässigen" Eltern zwangsweise ihre Kinder fortnimmt, um sie anderweitig nationalsozialistisch erziehen zu lassen. Der erwähnte Ministerialerlaß des Reichsinnenministers Dr.
Frick vom 27. Dezember 1938, veröffentlicht im Ministerialblatt des Reichsministeriums des Innern, Nr. l, Seite 12, legt im einzelnen dar, daß die mit der Betreuung der Jugend beauftragten Jugendämter in der Behandlung der Kinder aus politisch unzuverlässigen Familien nicht einheitlich vorgegangen sind. Einige Jugendämter haben sich mit der Unterbringung der Kinder in „politisch einwandfreien Familien" begnügt, während andere Jugendämter diese Kinder in Zwangserziehungsanstalten unterbringen wollten, in denen sonst nur verkommene oder moralisch gefährdete Kinder untergebracht werden. Der Minister schreibt jetzt vor, daß die Unterbringung in politisch zuverlässigen Familien genügt und daß Zwangserziehung nur dann angewendet werden soll, wenn außerdem Verwahrlosung vorliegt oder "infolge der politischen Unzuverlässigkeit" die Gefahr der Verwahrlosung eintritt."
Eine weitere Meldung noch aus dergleichen „Trost"-Ausgabe:

Moskauer Gottlose danken Bürkel und Globotschnigg!
Wie der Kirchendienst aus Moskau meldet, weist die Leitung des Verbandes der kämpfenden Gottlosen in einem Communique auf die „erfreulichen Erfolge" der deutschen Neuheiden im Kampf gegen die christlichen Kirchen hin. Während es den österreichischen Atheisten unter dem Regime von Dollfuß und Schuschnigg nicht gelungen sei, nennenswerte Fortschritte zu erzielen, hätten die Nationalsozialisten nach der Annektion Österreichs in wenigen Monaten dank der Tätigkeit des Reichskommissars Bürckel und des Wiener Gauleiters Globotschnigg bereits mehr als 50 000 Kirchenaustritte zu verzeichnen.

Die nationalsozialistischen Atheisten leisteten somit dem Weltatheismus beste Vorspanndienste.
Wären sie nicht Nationalsozialisten, so wären sie die ersten Anwärter auf den Titel von "Ehren-Gottlosen der Sowjetunion".


A ja. Da ist man dann doch versucht noch ergänzend nachzufragen:
Und auf welchen Platz als „Ehren-Gottloser der Sowjetunion", landet dann wohl J. F. Rutherford mit seinem Slogan, dass Religion Gimpelfang sei?!
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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 28. März 2009 03:06
In einer Trostlosen Zeit „Trost" zu spenden, mag nicht immer einfach sein. Diese Erfahrung musste denn auch das „Trost" sammeln. Immerhin glaubte es in seiner Ausgabe vom 1. 3. 1939 einmal solche „Trost spendende" Meldungen weiter geben zu können. Man ist dabei aber eher an den Slogan erinnert: „Operation gelungen - Patient tot!"

Das mag „Trost" zeitgenössisch anders gesehen haben. Darüber sei jetzt auch nicht weiter gerichtet. Bilde sich denn jeder seine eigene Meinung zu diesen „Trost spendenden" Meldungen:


„Als ich einmal im Dritten Reiche in Schutzhaft im Gefängnis war, hörte ich ein 17jähriges Kommunistenmädchen zu einem Polizisten sagen: "Sie haben es eigentlich auch nicht viel besser als wir. Sie stecken auch den ganzen Tag hier zwischen diesen Wänden und müssen mit uns dieselbe Luft atmen. Der einzige Unterschied ist nur: Sie können abends nach Hause gehen und wir nicht. Dafür kommen wir doch schließlich einmal heraus, Sie aber nicht!"

Das Mädchen hatte recht! Und ist der Dienst zu Ende, so ist der Polizeibeamte noch kommandiert: zu Schießübungen, Luftschutzübungen, zu diesem oder jenem Sport. Er darf dies und jenes nicht, vor allen Dingen nicht denken. Er ist kommandiert, kommandiert in seiner Dienstzeit, in seiner Freiheit, am meisten in den Ländern, die durch einen "Befreier" regiert werden. Darum lebt in dem Herzen unter der Uniform des Staatsbeamten wie in dem des gewöhnlichen Mannes von der Straße heute mehr denn je das Verlangen nach Freiheit, nach jenem kostbaren Gute, das Menschen schon so oft versprochen haben, für das Menschen soviel gekämpft, gelitten und geblutet haben ...


Die zweite Meldung besagt:
„Bekanntlich hat das Berliner Propagandaministerium eine neue Menschensorte entdeckt, da draußen bekannt als "Kritikaster, Miesmacher und Meckerer". Wer das deutsche Paradies zu wenig paradiesisch findet und das zu sagen wagt, der "meckert" und kann leicht die Gestapo auf dem Halse haben.

Da war ein Zeuge Jehovas, der zwar nicht "gemeckert" hatte, aber der Gestapo als Zeuge Jehovas bekannt ist Man hatte ihn In Verdacht, die Verbindung mit Glaubensgenossen aufrechtzuerhalten, biblische Literatur einzulagern und sie an andere zu verteilen. Auch um solche ,,Staatsverbrechen" kümmert sich die Gestapo, und so war sie plötzlich zur Haussuchung da.

Nun hatte dieser Zeuge Jehovas neben dem Wohnhaus einen Ziegenstall. Im Wohnhaus war keine Literatur gefunden worden. "Vielleicht im Ziegenstall" dachten die Gestapo-Beamten, und gingen dorthin. Sofort nachdem sie sich zusammen mit dem Zeugen Jehovas unter die Ziegen begeben hatten, redete dieser seine Tiere an: "Aber hier wird nicht gemeckert'"

Da bekamen die Gestapobeamten Angst. Was nun, wenn die Ziegen nach alter Gewohnheit doch zu meckern anfingen? Die Rolle, die sie selbst dabei gespielt hätten, sagte Ihnen nicht zu. Darum gingen sie ohne Durchsuchung schnell wieder hinaus und schlugen die Tür zum Stall der Meckerer hinter sich zu.

Endlich einmal hatten ein paar gequälte Zeugen Jehovas in Deutschland etwas zu Lachen!

 
Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren / makaber
geschrieben von: X ~ mysnip (
Datum: 28. März 2009 23:07
Zitat:
Drahbeck
„Trost" ... Ausgabe vom 1. 3. 1939

„Als ich einmal im Dritten Reiche in Schutzhaft im Gefängnis war, hörte ich ein 17jähriges Kommunistenmädchen zu einem Polizisten sagen: "Sie haben es eigentlich auch nicht viel besser als wir. Sie stecken auch den ganzen Tag hier zwischen diesen Wänden und müssen mit uns dieselbe Luft atmen. Der einzige Unterschied ist nur: Sie können abends nach Hause gehen und wir nicht. Dafür kommen wir doch schließlich einmal heraus, Sie aber nicht!"

Das Mädchen hatte recht! Und ist der Dienst zu Ende, so ist der Polizeibeamte noch kommandiert: zu Schießübungen, Luftschutzübungen, zu diesem oder jenem Sport. Er darf dies und jenes nicht, vor allen Dingen nicht denken. Er ist kommandiert, kommandiert in seiner Dienstzeit, in seiner Freiheit, am meisten in den Ländern, die durch einen "Befreier" regiert werden. Darum lebt in dem Herzen unter der Uniform des Staatsbeamten wie in dem des gewöhnlichen Mannes von der Straße heute mehr denn je das Verlangen nach Freiheit, nach jenem kostbaren Gute, das Menschen schon so oft versprochen haben, für das Menschen soviel gekämpft, gelitten und geblutet haben ...

Das Unterstrichene weckt Assoziationen!

Zitat:

Die zweite Meldung besagt:
„Bekanntlich hat das Berliner Propagandaministerium eine neue Menschensorte entdeckt, da draußen bekannt als "Kritikaster, Miesmacher und Meckerer". Wer das deutsche Paradies zu wenig paradiesisch findet und das zu sagen wagt, der "meckert" und kann leicht die Gestapo auf dem Halse haben.

Da war ein Zeuge Jehovas, der zwar nicht "gemeckert" hatte, aber der Gestapo als Zeuge Jehovas bekannt ist Man hatte ihn In Verdacht, die Verbindung mit Glaubensgenossen aufrechtzuerhalten, biblische Literatur einzulagern und sie an andere zu verteilen. Auch um solche ,,Staatsverbrechen" kümmert sich die Gestapo, und so war sie plötzlich zur Haussuchung da.

Nun hatte dieser Zeuge Jehovas neben dem Wohnhaus einen Ziegenstall. Im Wohnhaus war keine Literatur gefunden worden. "Vielleicht im Ziegenstall" dachten die Gestapo-Beamten, und gingen dorthin. Sofort nachdem sie sich zusammen mit dem Zeugen Jehovas unter die Ziegen begeben hatten, redete dieser seine Tiere an: "Aber hier wird nicht gemeckert'"

Da bekamen die Gestapobeamten Angst. Was nun, wenn die Ziegen nach alter Gewohnheit doch zu meckern anfingen? Die Rolle, die sie selbst dabei gespielt hätten, sagte Ihnen nicht zu. Darum gingen sie ohne Durchsuchung schnell wieder hinaus und schlugen die Tür zum Stall der Meckerer hinter sich zu.

Endlich einmal hatten ein paar gequälte Zeugen Jehovas in Deutschland etwas zu Lachen!

M a k a b e r - mehr fällt mir nicht ein.

>>> http://en.sevenload.com/videos/aMnDHkx-Ansprache-Heinrich-Himmler

Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Frau von x
Datum: 29. März 2009 12:36
Zitat:
Die zweite Meldung besagt:
„... Wer das deutsche Paradies zu wenig paradiesisch findet und das zu sagen wagt, der "meckert" und kann leicht die Gestapo auf dem Halse haben.

Wer das geistige Paradies (in dem ZJ angeblich leben sollen) zu wenig paradiesisch findet und das zu sagen wagt, der "kritisiert" und kann leicht ein Gemeinschaftsentzugsverfahren vor einem Rechtskomitee am Halse haben.

Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren / makaber
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 29. März 2009 07:49
Noch eine Meldung sei aus „Trost" vom 1. 3. 1939 wieder gegeben:
Da fand das „Trost" das eigene Credo, Gesundheitsratschläge betreffend, einmal andernorts markant wieder gegeben. Es versteht sich für „Trost" als Ehrensache, dass man dann auch der eigenen Leserschaft dieses Votum zur Kenntnis bringt. Also berichtet „Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 3. 1939:


„Warum haben Heilpraktiker Vertrauen beim Volke?
Diese Frage beantwortet Prof. Dr. med. L. R. Müller in der Münchener medizinischen Wochenschrift 1936, Nr. 29, wie folgt:


"Wenn Naturheilkundige nicht selten größeres Vertrauen beim Volke genießen und größere Erfolge bei Kranken zu verzeichnen haben als gelehrte Mediziner, so beruht dies nicht darauf, daß die Naturheilkundigen die Naturheilkräfte besser kennen und besser zu verwerten wissen als die Schulmediziner. Es ist vielmehr darauf zurückzuführen, daß sie - bewußt oder unbewußt - bessere Psychotherapeuten sind als die Mehrzahl der staatlich approbierten Ärzte. Die große Kunst der seelischen Beeinflussung und der psychischen Aufrichtung des Kranken kann nicht in Hörsälen gelehrt und gelernt werden, sie kann nur von einem Meister abgelauscht und abgeguckt und nachgeahmt werden. -

Wie zu jeder erfolgreichen Kunstbetätigung muß aber die Anlage auch zu dieser Kunst angeboren sein."


Dieser Tendenz kann man auch in der "Trost"-Ausgabe vom 1. 5. 1939 begegnen. Der dortige, namentlich mit Dr. med John B. Fraser gezeichnete Artikel über die "Krankheitskeim-Theorie" versteigt sich in seinen Schlussätzen zu der Aussage:

"Wenn die Bürger irgendeines Landes erkennen, daß ihnen einfach deshalb, weil sie unwissentlich einige harmlose Keime tragen - was bei Tausenden der Fall ist, sollten sie sich organisieren und für ihre persönlichen Rechte kämpfen."


Das mit dem "organisieren" kennt man ja bereits von den vehementen Impfgegnern, zu dessen Befürwortern unfraglich, auch das "Goldene Zeitalter" ("Trost") gehörte. In den Einleitungssätzen seiner Ausführungen findet sich auch die Wendung von einem Gegensatz zwischen "Vertretern der Keimtheorie" und den "Befürwortern der Biochemie". Lässt man sich seine Ausführungen "auf der Zunge zergehen", ergibt sich der Schluss dass er wohl auch zu den "Befürwortern der Biochemie" sich zählt.

Seine Thesen im einzelnen zu bewerten maße ich mir als Medizinlaie nicht an. Ich nehme aber auch zur Kenntnis, dass er offenbar propagiert. Sollten Schulmediziner Quarantänemaßnahmen für unabdingbar halten, plädiert er für Widerstand dagegen, sogar in organisierter Form. Über die Gründe, weshalb Schulmediziner in bestimmten Konstellationen Quarantäne-Anordnungen als notwendig erachten, mögen die unter sich selber den Streit ausfechten. Jedoch dabei die Voten solcher vermeintlicher "Biochemiker" höher zu achten, dass eben scheint mir das Bedenkliche zu sein. Und zum Sprachrohr eben dieser bedenklichen Tendenz macht auch "Trost" sich!

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 30. März 2009 04:13
Diese Richtigstellung sieht wie eine ganz noble und mannhafte Tat aus, solange man die näheren Umstände nicht kennt, die zu ihrem Erscheinen veranlaßten. Die katholische Zeitung ist nämlich zu ihrem kompletten Rückzug nicht etwa durch Wahrheitsliebe und Verantwortungsgefühl gedrängt, sondern durch die englischen Pressegesetze gezwungen worden. England hat eben noch Gesetze und Gerichte, die sogar den Mietlingen der römischen Hierarchie das Lügen äußerst riskant machen können, im Gegensatz zu andern Ländern, wo sie ungestraft die klarsten Tatbestände in ihr Gegenteil verdrehen dürfen. Der "Catholic Herald" brachte seine Berichtigung und zahlte außerdem die Anwaltskosten für die Londoner Rechtsbeistände der Watch Tower Bible and Tract Society, damit die Klage auf 100 000 Dollar Schadenersatz, die von der Watch Tower Society gegen den ,,Catholic Herald" eingeleitet worden war, nicht erst vor einem der romfreien britischen Gerichte zur Verhandlung gelangte."

Diese markigen Worte kann man in der „Trost"-Ausgabe vom 15. 3. 1939 lesen.

Eine Schadenersatzklage auf 100.000 Dollar! Das lasse man sich mal auf der „Zunge zergehen". Da mag es doch mal angebracht sein, den Stein des Anstoßes sich etwas näher anzusehen.

Laut „Trost" hatte die Londoner Zeitung „Catholic Herald" in ihrer Ausgabe vom 14. 10. 1938 das nachfolgende geschrieben:

„Abgeschnitten!
Amerika weigert sich Jehovas 'Haupt-Zeugen' zu hören
Von unserem eigenen Berichterstatter
New York.
Die von Richter Rutherford in der Albert-Halle in London gehaltene und nach Amerika übertragene antireligiöse Schimpfrede wurde von amerikanischen Radiostationen plötzlich unterbrochen, und die Leiter der Stationen entschuldigten sich dann bei den Radiohörern wegen des bereits gehörten Teiles des Vortrags.

Im Namen der Stationen gaben ihre Beauftragten die Erklärung ab, daß sie keine Kenntnis von der Art des Vortrages hatten, ihn aber sofort unterbrechen ließen, als er sich als antireligiöses Gift erwies. Wegen der Sendung erfolgten Beschwerden bei der Bundeskommission für den Nachrichtendienst. An einigen Orten, wo Versammlungen zum Anhören der Sendung arrangiert worden waren, machten die Vermieter ihre Mietverträge rückgängig und verweigerten den freidenkerischen oder atheistischen Zuhörern ihre Säle. In Pittsburgh wurde von [Altar-] "Schrein"-Leuten, die ihren Saal an die ,Zeugen Jehovas' (Rutherfordisten) vermietet hatten, dem ,Pittsburgh Catholic' die Erklärung abgegeben, sie hätten ihren Saal nicht vermietet, wenn sie den Sinn der Zusammenkunft gekannt hätten, und sie versicherten weiter, daß in Zukunft Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden würden.

Konnten Öffentliche Säle nicht benutzen
Alle Radiostationen in New Orleans weigerten sich, den Vortrag zu übertragen, während Stationen in Colorado und Oklahoma ihn unterbrachen und sich bei ihren Hörern entschuldigten. In Chikago und New Orleans wurde zwecks Dreitages-Kongressen der Watch Tower Society, ebenfalls Rutherfordisten, keine Erlaubnis zur Benutzung öffentlicher Säle erteilt.
An einigen Stellen protestierten amerikanische Legionäre und andere patriotische Gesellschaften gegen die Sendung, und zwar wegen Rutherfords umstürzlerischen Lehren über den Flaggengruß und den Kriegsdienst. Die katholische Presse leitet eine Protestaktion gegen die Anregung ein, den nächsten Gottlosenkongreß in der Stadt New York abzuhalten."


Wie bereits ausgeführt, zwangen die Anwälte der WTG diese Zeitung eine „Berichtigung" zu diesen Ausführungen zu bringen, die dann laut „Trost" auf der Titelseite des „Catholic Herald" vom 25. 11. 1938 erschien. Auch sie sei, so wie sie „Trost" zitierte noch nachfolgend vorgestellt:

"Richter Rutherfords Rundfunksendung
In unserer Ausgabe vom 14. Oktober wurde berichtet, daß der von Richter Rutherford am 11. September in der Londoner Albert-Halle gehaltene Vortrag von amerikanischen Radiostationen plötzlich unterbrochen .worden sei und die Leiter dieser Stationen sich dann bei den Radiohörern wegen des bereits gehörten Teiles des Vortrags entschuldigt hätten.

In unserem Bericht wurde ferner gesagt, daß alle Radiostationen von New Orleans abgelehnt hätten, den Vortrag zu übertragen.

Auf Grund späterer Nachforschungen haben wir jetzt festgestellt, daß nur drei Sendekreise, nämlich Oklahoma-Stadt, Denver und Colorado Springs, mit dem Vortrag auf diese Weise verfuhren, wohingegen 118 Stationen in anderen Sendekreisen den Vortrag ungeschmälert und ohne Unterbrechung sendeten.

Wir sind auch davon unterrichtet worden, daß an keine der Stationen von New Orleans herangetreten und keine verpflichtet wurde, den Vortrag zu übertragen, so daß eine Weigerung ihrerseits, dies zu tun, überhaupt nicht in Frage kommen konnte.

Es ist uns auch vorgehalten worden, daß in diesem Bericht gewisse Ausdrücke gebraucht wurden, die so aufgefaßt werden könnten, als beschuldigten sie Richter Rutherford, ein Befürworter oder Prediger atheistischer Anschauungen zu sein. Der Bericht beabsichtigte nicht, diesen Eindruck zu erwecken, und wir bedauern ein jedes durch den Bericht verursachte Mißverständnis."


Nun ja, da hatten Anwälte also ihren Coup. Es ist sicherlich richtig, dass man auch die Rutherford-Anhänger nicht als klassische „Atheisten" bezeichnen kann. Ob diese Feststellung indes in einer oberflächlichen Öffentlichkeit, angesichts der von derselben Organisation verbreiteten Slogan „Religion sei ein Gimpelfang". Ob daher diese nüchterne Einschätzung auch bis ins Bewußtsein des Durchschnittsbürgers vorgedrungen ist, wäre doch sehr zu hinterfragen. Der Durchschnittsbürger denkt bei einem Slogan wie „Religion sei ein Gimpelfang" wohl eher an eine Atheistenorganisation, denn an eine Religionsgemeinschaft. Insofern muss die WTG sich schon vorhalten lassen, selbst ein gerütteltes Maß an Schuld für angefallene „Mißverständnisse" zu haben.

Wer so argumentiert wie die WTG, brauchte sich auch nicht über das Echo, dass da aus dem „Walde zurückschallte" zu wundern.

In der Substanz handelte es sich dabei um den Rutherford-Vortrag „Schau den Tatsachen ins Auge", welcher unter anderem auch als gleichnamige deutschsprachige WTG-Broschüre Verbreitung fand.
Das darin enthaltene Sätze wie die nachfolgenden wohl kaum dazu angetan gewesen sein dürften, die religiöse Konkurrenz in „Entzücken" zu versetzen, dürfte wohl offen zutage liegen:

Zitat:

„Auf dem Wege der Täuschung hat Satan sozusagen das ganze Menschengeschlecht verblendet, ausgenommen nur jene gläubigen Menschen, die zu allen Zeiten Gott eifrig gehorcht, ihre Lauterkeit vor ihm bewahrt und so bewiesen haben, daß Satan ein Lügner ist und Gott Menschen auf der Erde haben kann, die ihm treuergeben bleiben ...

Gott gebraucht nun diese Zeugen zur Hinausführung seines "befremdenden Werkes". Dieses besteht darin, daß sie unter die Menschen gehen, ihnen die Wahrheit über Jehovas Vorsatz und sein Königreich kundtun und sie besonders darauf hinweisen, daß die Religion im Widerspruch steht zu Gottes Königreich und vom Teufel dazu gebraucht wird, die Menschen zu betrügen, sie von Gott abzuziehen und ins Verderben zu stürzen. Für alle Nicht-Christen scheint dies ein sehr "befremdendes" Werk zu sein, weil sie zum Glauben gebracht worden sind, Religion und Christentum seien ein und dasselbe und kämen beide von Gott ...

Das Ungeheuer und Gottes Königreich sind Todfeinde. Das eine muß verlieren, das andere gewinnen. Der Völkerbund wurde als ein Ersatz für Gottes Königreich hervorgebracht und ist ein Fehlschlag, wie Gottes Propheten es vorausgesagt haben. Nun erscheint das große Ungetüm in einer andern Form und maßt sich gotteslästerlich an, die Welt zu beherrschen und jeden Unterstützer des Reiches Gottes zu vernichten.

Was ist denn dieses scheußliche Ungeheuer? Es ist die totalitäre Regierung oder Herrschermacht, die den Staat zum Höchsten macht, alle Menschen gleichschaltet, durch Willkürdiktatoren über sie herrscht und jedermann zwingt, diesen restlos zu gehorchen. Dieses Ungeheuer ist daher eine trügerische Nachäffung von Gottes gerechter Regierung. ...

Die Religion ist stets das Bindemittel gewesen, das irdische Mächte zusammen verbunden und durch Furcht die Menschen unterwürfig gehalten hat. Die römisch-katholische Religionsorganisation hat immerdar den Anspruch erhoben, Christi Statthalter auf Erden zu sein; aber die unbestreitbaren Tatsachen beweisen das gerade Gegenteil ...

Die Hierarchie ist eine solche Verbindung eingegangen, damit das Papsttum die Stellung einer Über-Regierung einnehme, und der Vatikan ist darum ein Teil der Regierungsmacht dieser Welt geworden. Diese Religionsorganisation ist demnach ein Teil des Ungeheuers, das nun in Erscheinung tritt und das Herrscherrecht über die Erde beansprucht. ...

Als Mussolini auf Rom marschierte, um davon Besitz zu nehmen, war er ein geschworener Atheist, war Gott und seinem Reiche feind und duldete keinen Anhänger oder Verkündiger des Reiches Gottes. Er war damals ein Gegner aller Religionsorganisationen. Im Jahre 1929 jedoch schlossen Mussolini und der Papst, das Haupt jener mächtigen Religionsorganisation, einen Bund miteinander, durch den der Papst von neuem weltliche Macht in Italien erhielt, und Mussolini wurde ein ergebener Katholik und daher ein Verteidiger der Religion ...

Kürzlich hat Herr Forbes, der Exekutivsekretär der kommunistischen Partei, in Staatsangelegenheiten eine gegenseitige Zusammenarbeit zwischen dem Kommunismus und der römisch-katholischen Hierarchie vorgeschlagen. Der Papst antwortete darauf der kommunistischen Partei durch seinen Kardinal und autoritativen Vertreter (Verdier) in Paris mit den Worten:
"Wenn diese Sprache der von Ihnen hingehaltenen Hand bedeuten will, daß Sie mit Ihren katholischen Brüdern vertrauter werden möchten, um der Religion, die sie zu ihrer Auffassung, ihren Gefühlen und Werken inspiriert, höhere Achtung entgegenzubringen, dann wird die Kirche es nicht ablehnen, dieses Erleuchtungswerk zu tun, und Sie werden erkennen, daß dies in hohem Grade zum Glück aller beizutragen vermag."
Auf dieses großmütige Angebot des Papstes antwortete die kommunistische Partei mit den Worten:
"Die Hand, die die kommunistische Partei dem katholischen Volk hinhält, bleibt ausgestreckt" (New York Times vom 26. Juli 1938) ....

Tausende wahrer Christen schmachten heute in Deutschland, im Gefängnis, weil sie die Wahrheit kundgetan haben und aus keinem andern Grunde. In vielen Gegenden des Britischen Reiches und der Vereinigten Staaten erleiden Jehovas Zeugen großen Widerstand und viel Verfolgung, und dies stets auf Anstiften der Religionisten und besonders der römisch-katholischen Hierarchie ...

Man beachte nun die Sprache des Gotteslästerungsgesetzes, das kürzlich im Britischen Parlament in erster Lesung vorgetragen wurde:
"Wenn ein Ausländer
a) an der Organisierung irgendeiner Versammlung teilnimmt, um Glaubensansichten atheistischer Art zu verbreiten, oder wenn er Reden hält, die darauf abzielen, die christliche oder irgendeine andere Form der Religion verächtlich zu machen, oder
b) irgendein Dokument gotteslästerlichen Inhalts verkauft, verbreitet, herstellt, veröffentlicht oder zum Verkauf oder zur Verbreitung in seinem Besitz hat, so soll er im Kurz-Prozeß-Verfahren zu einer Strafe von nicht über drei Monaten Gefängnis und zur Deportation verurteilt werden." ...

Soll das Werk der Verkündigung der Wahrheit über den Namen Jehovas und sein Königreich auf der ganzen Erde aufhören, weil der hierarchisch-totalitäre Bund dagegen ist? Vom Throne des Himmels donnert die Antwort: "Nein!" Dies ist Jehovas "befremdendes Werk", und er befiehlt, daß seine Zeugen es unmittelbar vor Harmagedon tun. Nichts kann es zum Stillstand bringen, ehe Gott sagt: "Es ist getan". ...

Möge die Hierarchie samt dem Papst und allen andern, welche die totalitäre Diktatur-Herrschaft bilden und deren Vertreter diesem Vortrage nun lauschen, um darin, wenn möglich, etwas wider Gottes Volk zu finden, jetzt aufmerken! Solchen Widersachern sagen wir nun.
"Ihr steht heute vor dem Richterstuhl Christi des großen Richters der Welt.


Man vergleiche zum Thema auch:
Tatsachen
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Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 25. April 2009 06:13

In seinen Erinnerungen kommt der vormalige WTG-Rechtsanwalt Covington auch auf den als Sekretär Rutherford's beschriebenen William J. Heath zu sprechen. Letzterer hatte sich insbesondere bei der 1938er Rutherford-Veranstaltung im Madison Square Garden, mit dem Rutherford-Vortrag „Herrschaft und Friede", welcher in eine wüste Schlägerei ausartete, in der Sicht Rutherford's „Lorbeeren verdient".

Man vergleiche dazu
Covington

Es ist eigentlich nicht Usus, dass im „Trost" (1. 4. 1939) die Artikel namentlich gezeichnet sind. Diejenigen auf die das dennoch zutrifft, sind eher in der Minderheit, und dann meistens aus bestimmten sachlichen Gründen. Insofern ist es schon ein relatives Novum, dass in der „Trost"-Ausgabe ein namentlich mit W. P. Heath jr. gezeichneter Artikel erschien. Das kann man eigentlich nur als besondere Heraushebung (quasi eine Art Ehrung) dieses Herrn Heath deuten, zumal der Artikel ein ausgesprochen regionales Colorit aufweist.

Gemäß diesem Artikel besuchte also Herr Heath zusammen mit seiner Frau, im örtlichen Kino eine Filmvorstellung. Deren Inhalt indes lies ihm wohl den „Kamm vor Wut anschwellen" und er meint nun in einem Brief an den Direktor des Palm Springs Theater sein Mißbehagen zum Ausdruck bringen zu sollen. Und um dem noch zusätzlichen Nachdruck zu verleihen, wird dieser Protestbrief auch im „Trost" abgedruckt, obwohl kaum einer der in der Schweiz lebenden „Trost"-Leser die Option wahrgenommen haben dürfte, eigens eine Reise nach Kalifornien in besagtes Kino-Theater vorzunehmen.

Sollte jener Artikel im amerikanischen „Consolation" erschienen sein (was wohl der Fall sein dürfte), bleibt dennoch die Frage bestehen. Das „Trost" (in der Schweiz erscheinend) hat nur 50 Prozent Umfang pro Heft (16 Seiten) gegenüber dem amerikanischen „Consolation" (32 Seiten). Wieso fiel da nicht auch dieser Artikel „durchs Raster"? Der Grund dürfte dann wohl in der schon beschriebenen „hohen Ansiedlung" dieses Herrn Heath zu suchen sein.

Datiert San Diego, Kalifornien, 2. Januar 1939 beschwert sich also Herr Heath gegenüber dem Kinobesitzer über einen dort gezeigten Film, den er sich angesehen hat. Wieso eigentlich? Wer nötigte Herrn Heath diese Kinovorstellung zu besuchen?

In dem Beschwerdebrief liest man:

„Geehrter Herr ...,
Im Sinne unserer Unterredung vom 24. Dezember, an welchem Tage wir, meine Gemahlin und ich, uns in Ihrem Theater den Film "Herz des Nordens" ansahen, wiederhole ich hiermit die Beschwerde, die ich Ihnen bereits mündlich vortrug. Es fiel mir an diesem Stück auf, daß ein römisch-katholischer Priester in die Handlung eingeführt wurde; und da diese Priesterrolle mit der Spielhandlung nichts zu tun hatte, diente diese Darstellung offensichtlich nur dazu, die katholische Kirche in den Augen der Unwissenden zu verherrlichen.

Mein Protest richtet sich gegen die Einflechtung solch ekliger Propaganda in Unterhaltungsfilme."


Da bekam also der Kinobesitzer die Prügel des Herrn Heath. Ob er denn nicht seine Beschwerde besser an den Filmhersteller adressiert hätte, darüber reflektiert „Trost" schon nicht mehr.

Weiter belehrt Herr Heath den Kinobesitzer:

„Ich fühle mich gedrungen, Ihnen zu schreiben, weil es sich hier nicht um einen vereinzelten Fall handelt. In der gleichen Woche sah ich mir "König für einen Tag" an; und auch in diesem Stück kam ganz unnützer Weise ein Priester vor, während die Erzählung von Francois Villon, die hier verfilmt wurde, keine solche Person anführt. Im Film „Weihnachtslied", nach der Erzählung von Charles Dickens gedreht, kommt eine Kirchenszene vor, die eher an die katholische als an die anglikanische Kirche erinnert. Angesichts der vielen Aussprüche, in denen Dickens voll Jammer über den Katholizismus spricht, kann man wohl meinen, daß, wenn dieser Schriftsteller noch lebte und den Film gesehen hätte, er das Theater voller Ekel über einen solch plumpen Trick verlassen haben würde.

Sie wissen selbst, in wie starkem Maße der Film katholische Zusätze erhält. Obwohl ich kein häufiger Kinobesucher bin, besinne ich mich auf solche schlau angebrachten Zusätze in den Filmen "Kalifornien", "Orkan", "Lichte Stunde", "Verlorener Horizont", "Die Rückkehr des roten Pimpemell" und "Engel mit schmutzigen Gesichtern".

Sie wüßten dieser Liste gewiß noch eine Menge hinzuzufügen.
Viele, die fürs Kino schwärmen, haben mir tatsächlich schon gesagt, die Filme ohne Reklame für die katholische Kirche bildeten die Ausnahme."


Herr Heath meint weiter äußern zu sollen:
„Ich bin kein Religionist irgendwelcher Art; und selbst wenn ich's wäre, würde ich sicher nicht ins Kino gehen, um dort irgendeine Sorte von Religion zu genießen. Was ich dort suche, und was nach meiner Überzeugung die überwiegende Mehrzahl der anderen dort sucht, ist Ausspannung.
Wenn die Kinos der ihnen obliegenden Verpflichtung, das Publikum zu unterhalten, nachkämen, würden sie einer nervös abgespannten Welt einen Dienst erweisen; aber wenn sie sich zu Vertriebsstellen für die verdorbene Ware anderer Leute machen lassen, .dann wird es mit ihrer Volkstümlichkeit, Nützlichkeit und sogar mit ihrem Bestand als Unterhaltungsstätten bald aus sein."


Herr Heath belehrt den Kinobesitzer weiter:
„Die päpstlichen Bündnisse mit Mussolim, Hitler, Franco, dem japanischen Kaiser und wahrscheinlich auch Chamberlain haben Europa so gut wie ruiniert. So hält das katholisch-faschistische Totalitäts-Gebilde den größten Teil Europas und Asiens in sklavischer Unterwürfigkeit. Der päpstliche Kampf gegen den Kommunismus ist nichts weiter als Tarnung. Als "Kommunismus" gilt dem Papst alles, was sich dem katholischen Ansturm widersetzt. Alles Antikatholische wird als "rot" verschrien! ...

Es paßt in den Rahmen ihrer Verschwörung, die Macht über die ganze Erde zu erringen, daß die Hierarchie in die Filme Darstellungen ihrer Vertreter einflechten läßt. Da jeder Film von Millionen Menschen gesehen wird, hofft die Hierarchie viele Kritiker zum Schweigen zu bringen und unter den Uneingeweihten viele Bewunderer heranzuzüchten, indem sie Priester und Nonnen in Filmrollen recht gütig erscheinen läßt. Warum fallen die Filmproduzenten en gros auf diese Ränke herein? Spricht das nicht dafür, daß sich Amerika den faschistischen Staaten, wo alles zurechtgestutzt wird, angleicht? Als Bürger unseres Landes protestiere ich gegen diesen Mißbrauch des Films, der erneut zeigt, daß die amerikanischen Freiheiten gefährdet sind."


Nun kann man die Meinung des Herrn Heath teilen oder auch nicht. Dennoch bleibt die Frage weiter offen. Wieso muss dafür ein kleiner Kinobesitzer die Prügel einstecken? Wenn denn „Trost" sich zum Filmkritikforum wandeln wollte, wäre das sicherlich auch ohne solch personelle Engführung möglich!

Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 26. April 2009 02:03
In der der Ausgabe des „Trost" vom 1. 4. 1939 gelesen
„Am 21. Februar 1939 verlas der katholische Geistliche und slowakische Ministerpräsident Dr. Tiso seine Regierungserklärung, in der er u. a. ausführte, daß die Regierung nicht beabsichtige, der Auswanderung des jüdischen Elementes irgendwelche Hindernisse in den Weg zu legen. Sie werde diese im Gegenteil unterstützen und zu diesem Zwecke auch die Hilfe der in- und ausländischen Juden in Anspruch nehmen. Das Verhältnis zur Kirche soll ein herzliches sein. Der Geistliche müsse der Führer des neuen christlichen und nationalen Bewußtseins der Slowakei werden.

Hieraus ist ersichtlich, daß die Slowakei jetzt, nachdem sie die "Autonomie" erlangt hat, erst richtig unfrei geworden ist. Auch sieht man hier den Antisemitismus und den klerikalen Faschismus Hand in Hand gehen."


Durchaus der Erwähnung wert ist auch die nachfolgende kommentierte „Trost"-Meldung in dieser Ausgabe:

„500000 Geiseln
In seiner Rede vom 30. Januar 1939 erklärte Hitler:
"Wenn es dem internationalen Finanzjudentum in- und außerhalb Europas gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen, dann wird das Ergebnis nicht die Bolschewisierung der Erde und damit der Sieg des Judentums sein, sondern die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa."

Da die Nazis bei einem neuen Weltkrieg, auch wenn sie ihn höchstpersönlich entfacht hätten, ganz sicher den Juden, die Schuld geben würden, ist das eine Androhung, alle Juden, deren man habhaft werden kann (zuerst einmal die halbe Million in Deutschland), als Geiseln zu benutzen und im Kriegsfalle umzubringen. 500 000 Geiseln genügen für neue Erpressungs- und Einschüchterungsmanöver.


Als ergänzenden Kontrast dazu vergleiche man die „Freiburger Zeitung" vom 2./3. 1. 1943

http://www.manfred-gebhard.de FZ43.2.1.1.jpg

http://www.manfred-gebhard.de/FZ43.2.1.2.jpg

http://az.ub.uni-freiburg.de/show/fz.cgi?cmd=showpic&ausgabe=01&day=02&year=1943&month=01&project=3&anzahl=6

Die nachfolgende Meldung aus „Trost" vom 1. 4. 1939 sei gleichfalls nicht vorenthalten:
Aus "Herr" wurde "Narr"
In Klagenfurt hat man in einem Antiquariat ein Exemplar einer Bibel entdeckt, die vor 400 Jahren einen Weltskandal erregte. Mehrere hundert Exemplare dieser Bibel wurden 1540 beschlagnahmt, da die Frau des Buchdruckers absichtlich eine eigenmächtige Textänderung vornahm.
Im ersten Buch Mose, Kapitel 3, Vers 16 heißt es in der Bibel: "Und er soll dein Herr sein!" Gemeint ist damit der Ehemann. Es gab aber eine um 1510 erschienene Auflage der Bibel, die in einer Augsburger Druckerei hergestellt worden war, in der die Textstelle lautete:
"Und er soll dein Narr sein!" Das führte zu einem Skandal ohnegleichen, und schließlich mußte die Missetäterin, die diesen Fehler absichtlich herbeigeführt hatte, ihr Vergehen mit lebenslänglicher Gefängnisstrafe büßen. Ihr Mann hatte nämlich den ehrenvollen Auftrag bekommen, eine Bibel zu drucken. Nachdem alle Bogen der Heiligen Schrift bereits korrigiert waren, schlich sie sich in die Druckerei und änderte eine Stelle des ersten Buches Mose, die nicht ihren Beifall fand, heimlich um. Sie hob aus dem Satz "Und er soll dein Herr sein" die Buchstaben "He" heraus und setzte dafür ein "Na" ein, so daß es nun hieß: "Und er soll dein Narr sein".

Die Bibel wurde gedruckt und der Öffentlichkeit übergeben. Dann erst bemerkte man auf Grund zahlreicher Beschwerden den entsetzlichen Fehler, der geradezu einer Gotteslästerung gleichkam. Man verhaftete sofort den Buchdrucker und drohte ihm die schwersten Foltern an, wenn er nicht gestehen würde, wie dieser Fehler entstanden sei. Der arme Mann war sich keiner Schuld bewußt und flehte um Gnade. Schließlich aber bewahrte ihn das überraschende Geständnis seiner Frau vor dem Henkersbeil.
Theresia gab ohne weiteres zu, die Korrektur vorgenommen zu haben, da nach ihrer Meinung der Mann nicht der Herr der Frau sei, sondern auch die Frau ihre Rechte habe. Ihre Erklärung bewahrte sie freilich nicht vor schwerer Strafe. Man schenkte ihr zwar das Leben, sperrte sie aber auf Lebenszelt ins Gefängnis. Sie soll erst im
Alter von 78 Jahren gestorben sein.


In etwas abgewandelter Form erschien dann im Jahre 1948 „Erwachet!" der Bericht über dieselbe Episode erneut berichtenswert.

Man vergleiche dazu die
1948 betreffende Kommentarserie

Dort der Eintrag vom
09. Oktober 2008 02:23
(mehr am unteren Ende der Textzusammenfassung)
Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 27. April 2009 06:38

Ein Französischsprachiges Buch aus dem Jahre 1870 von Edouard Siebecker mit dem Titel: „L'Alsace. Recits histoiriques d'un Patriot" hatte das „Trost" offenbar im besonderen beeindruckt, so dass es sich bemüßigt sah, seiner Leserschaft auch davon Kenntnis zu geben (in der „Trost"-Ausgabe vom 15. 4. 1939). Schon die gewählte Überschrift zu dieser Information kann man als durchaus aussagekräftig bezeichnen. Ihr Titel: „Das Jahr 1000 n. Chr. als Quelle kirchlicher Bereicherungen."

Denkt man an die Neuzeit, etwa an den Coup in Nachfolge des KdöR-Status, dass vormalige örtliche Zeugen Jehovas-Vereine, ihr Vermögen auch de jure nun endgültig abzutreten haben an die „Körperschaft ...". Was zwar weitgehend schon vorher so war; aber doch nicht juristisch „wasserfest". Denkt man daran als Beispiel, dann fragt man sich interessiert, was also hat man da aus der Geschichte gelernt und im eigenen Bereich nunmehr auch umgesetzt?

Nun denn, man höre was „Trost" unter Berufung auf vorgenannte Quelle zu berichten weiß:


„Gegen Ende des 10. Jahrhunderts ergriff die Welt ein großer Schrecken. Der Klerus brachte die alte Legende hervor, wonach die von Gott festgesetzte tausendjährige Heilszeit für die Menschheit abgelaufen wäre und die Welt im Jahre 1000 n. Chr. untergehen würde. Das Jahr 1000 würde also das letzte Jahr der Weltgeschichte, die schreckliche Zeit des "Jüngsten Gerichtes" sein.

Das war für die Geistlichkeit eine günstige Gelegenheit, sich zu bereichern; denn durch die vielen vorangegangenen Kriege, Unruhen, Plünderungen etc. waren die Kirchenkassen völlig erschöpft. Zeit und Menschen schienen für diese Kunde reif zu sein. Barbarei, Verbrechertum und allgemeine sittliche Verderbnis hatten in jenen Tagen den Höhepunkt erreicht. Die Nachricht vom bevorstehenden Jüngsten Gericht machte einen gewaltigen Eindruck auf arm und reich.

Die Könige und Fürsten begannen Einkehr zu halten und freiwillig Buße zu tun, indem sie sich mancherlei Opfer auferlegten. Die schlimmsten fürstlichen Übeltäter zogen sich aus Furcht vor der kommenden Strafe in die Klöster zurück, nachdem sie zuerst noch ihren Besitz ganz oder zum größten Teil der Kirche vermacht hatten.

Die religiösen Stifte zogen daraus Gewinn und vergrößerten sich sehr. Um dieses so unerwartet aufgeblühte Geschäft noch besser auszunutzen, entsandte die Kirche überallhin begabte Prediger, die den Großen die Entsagung auf irdischen Reichtum, sowie freiwillige Kasteiung des Fleisches, und den Kleinen Buße und Demut predigten.

Und so flossen denn von allen Seiten Gaben und Güter zu, so daß sich die Kloster- und Kirchenschätze reichlich mehrten.
Als dann das Jahr 1000 kam, die Welt nicht unterging und das Jüngste Gericht nicht begann, ließ der Klerus, aus schlauer Berechnung, daß sonst der Spendenstrom versiegen könnte, die Gerüchte verbreiten, man habe die Geschichte vom Weltende nicht richtig verstanden. Es handle sich nicht um 1000 Jahre nach Christi Geburt, sondern nach Christi Auferstehung oder Himmelfahrt. Die Gnadenzeit dauere also noch 33 Jahre länger, und außerdem kämen noch sieben Jahre besonderer Gnade nach der Schöpfungswoche hinzu, so daß das Weltende, verbunden mit dem Jüngsten Gericht, erst im Jahre 1040 n. Chr. stattfinden würde.

Immerhin muß gesagt werden, so meint der Verfasser des ,,Alsace", daß aus Furcht vor der angekündigten Züchtigung die Könige und Herren während eines halben Jahrhunderts mit ihren Untertanen etwas menschlicher umgingen, während es auf die Leute von der Kirche so gut wie gar keinen Eindruck machte. Im Gegenteil, der Überfluß an irdischen Reichtümern brachte im Schoße des großen Religionssystems die schlimmsten Laster und Schandtaten hervor."


Und dazu kommentiert „Trost" dann:
„Dieser historische Bericht ist lehrreich",. was ja dann auch nicht zu bezweifeln wäre

Weiter „Trost":

„Nicht einmal durch ihre eigene verkehrte Auffassung über das Jüngste Gericht ließen sich die habgierigen Religionisten vom Zusammenraffen irdischer Schätze abhalten."

A ja. Es wäre wohl zuviel gesagt, bezeichnete man die eben berichteten Ausführungen des Siebecker, als das eigentliche „Strickmuster" der WTG-Religion. Oder anders formuliert: Dieses „Strickmuster" war und ist auch ohne Siebecker sehr wirksam. Ihn da als Quelle zu bemühen ist sicherlich müßig. Auch ohne diese Quelle im Detail zu zitieren, wird genau das auch in der WTG-Religion praktiziert!

Parsimony.17143

Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren / Imitation mit Effekt
geschrieben von: X ~ mysnip
Datum: 27. April 2009 16:04
Zitat:
Drahbeck
Ein Französischsprachiges Buch aus dem Jahre 1870 von Edouard Siebecker mit dem Titel: „L'Alsace. Recits histoiriques d'un Patriot" hatte das „Trost" offenbar im besonderen beeindruckt, so dass es sich bemüßigt sah, seiner Leserschaft auch davon Kenntnis zu geben (in der „Trost"-Ausgabe vom 15. 4. 1939). ...

„Gegen Ende des 10. Jahrhunderts ergriff die Welt ein großer Schrecken. Der Klerus brachte die alte Legende hervor, wonach die von Gott festgesetzte tausendjährige Heilszeit für die Menschheit abgelaufen wäre und die Welt im Jahre 1000 n. Chr. untergehen würde. Das Jahr 1000 würde also das letzte Jahr der Weltgeschichte, die schreckliche Zeit des "Jüngsten Gerichtes" sein. ...

Die Nachricht vom bevorstehenden Jüngsten Gericht machte einen gewaltigen Eindruck ...

Die religiösen Stifte zogen daraus Gewinn und vergrößerten sich sehr
. ...

Und dazu kommentiert „Trost" dann:
„Dieser historische Bericht ist lehrreich",. was ja dann auch nicht zu bezweifeln wäre ...

WTG-Buch 1993 Jehovas Zeugen - Verkündiger des Königreiches Gottes S.104, 107
,,Ende der 60er Jahre hatten Jehovas Zeugen beim Verkündigen der guten Botschaft eine gewisse Erwartungshaltung und verspürten ein Gefühl der Dringlichkeit."

,,Das Buch Ewiges Leben - in der Freiheit der Söhne Gottes, das 1966 auf den Bezirkskongressen freigegeben wurde, wies auf 1975 hin." ...

1968 war die Zahl der Königreichsverkündiger auf 1 221 504 in 203 Ländern und Inselgebieten angestiegen. ...
1972 ... In den nächsten drei Jahren erlebten Jehovas Zeugen ein eindrucksvolles Wachstum - mehr als eine Dreiviertelmillion Personen ließen sich taufen."

 

Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren / heute
geschrieben von: Frau von x
Datum: 30. April 2009 13:00
Zitat:
Nun denn, man höre was „Trost" unter Berufung auf vorgenannte Quelle zu berichten weiß:
Der Klerus brachte die alte Legende hervor, wonach ... die Welt im Jahre 1000 n. Chr. untergehen würde.
Das war für die Geistlichkeit eine günstige Gelegenheit, sich zu bereichern; ... . Zeit und Menschen schienen für diese Kunde reif zu sein.

Wie biblische Prohezeiungen erkennen lassen, leben wir am "Abschluss des Systems der Dinge" oder "in den letzten Tagen" der heutigen Welt. Diese Zeit wäre durch Kriege, Krankheiten, Hungersnöte, Erdbeben und gesellschaftlichen Verfall gekennzeichnet - Verhältnisse, unter denen die Menschheit seit dem Jahr 1914 leidet wie nie zuvor (...). Unsere Welt gleicht einem sinkenden Schiff kurz vor dem Untergang.

Zitat:

Um dieses so unerwartet aufgeblühte Geschäft noch besser auszunutzen, entsandte die Kirche überallhin begabte Prediger, ... .

Mit den 56 Absolventen der 125. Klasse der Wachtturm-Bibelschule Gilead sind nun über 8 000 Missionare "bis zum entferntesten Teil der Erde" ausgesandt worden (Apg. 1:8).

Zitat:

Weiter „Trost":
„Nicht einmal durch ihre eigene verkehrte Auffassung über das Jüngste Gericht ließen sich die habgierigen Religionisten vom Zusammenraffen irdischer Schätze abhalten."

Jehova liebt und belohnt diejenigen, die gern geben. ... Wir werden Freude erleben und reich belohnt werden, wenn wir unsere Zeit, Kraft und Mittel einsetzen.

Und vergessen wir nicht, was es alles für Möglichkieten gibt, dieses Werk auch finanziell zu unterstützen.


Zitate aus Zeitschriften der WTG 2009

Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 28. April 2009 06:13
Im 1987er Jahrbuch der Zeugen kann man unter anderem die Sätze lesen:
„Im Kanton Luzern verbot man das Buch Licht, Band 1, wegen gewisser Bilder, die es enthielt. In Freiburg, einem anderen katholischen Kanton, wurden einige Verkündiger vor Gericht beschuldigt, durch die Verbreitung des Buches Befreiung übermäßige Kritik an der katholischen Kirche geübt zu haben; wir verloren den Fall. Im Kanton Graubünden wurde die Verbreitung irgendwelcher unserer Publikationen verboten, während man im katholischen Kanton Zug die 'friedenstörende' Tätigkeit der Zeugen Jehovas ganz und gar untersagte. Danach verordnete die Luzerner Kantonsregierung dasselbe. ...

DAS ZIEL DES FEINDES: VOLLSTÄNDIGES VERBOT
"Es ist höchste Zeit, der Tätigkeit der Bibelforscher alias Zeugen Jehovas ein Ende zu setzen. Diese Äußerung erschien häufig, besonders aber in der katholischen Presse. Die Tatsache, daß Jehovas Zeugen im nationalsozialistischen Deutschland verboten waren, ermutigte unsere Feinde in der Schweiz, das gleiche Ziel anzustreben. ...

Ein einflußreiches Mittel war die Schweizerische Pressekorrespondenz, ein monatlich erscheinendes Informationsblatt, das allen Behörden und Zeitungsredaktionen zugestellt wurde. Es stand in enger Verbindung zu der 'Gesellschaft für Kirche und Papst', die 1931 in St. Gallen gegründet worden war. Dieses Blatt war sehr bemüht, Jehovas Zeugen als eine höchst verdächtige und staatsfeindliche Organisation, die die Idee einer jüdischen Weltregierung unterstützt, erscheinen zu lassen.

Auf die Unterbindung unseres Werkes und das Verbot unserer Schriften hinarbeitend, schrieb das Blatt:
"Diese trübe Flut, die alle Länder Europas von Bern aus überschwemmt, überbindet uns Katholiken in der Schweiz die Verpflichtung, hier selbst dafür zu sorgen, daß diese Zentrale ausgehoben wird. Wir dürfen es nicht dulden, daß dieses unser herrliches Land als Ausgangspunkt für eine bolschewistische Wühlarbeit in den europäischen Staaten mißbraucht wird."


Dann kommt das Jahrbuch auf die Aktivitäten des Herrn Toedtli zu sprechen (dessen Wirken auch hier schon früher beschrieben und kommentiert wurden) und äußert weiter:
„Die von Herrn Toedtli vorgebrachten Anklagen stützten sich auf eine lange Abhandlung eines Herrn Fleischhauer, Mitglied der Nationalen Front und Leiter des antijüdischen und nationalsozialistischen Propagandazentrums in Erfurt (Deutschland)."

Hier ist das Jahrbuch schon ungenau. Genannte „Nationale Front" war eine Schweizer Organisation, sehr faschistisch-lastiger Art. Ohne Frage. Aber der Reichsdeutsche Fleischhauer, war deshalb noch lange nicht formelles Mitglied oder „Ehrenmitglied".
Ist dieser Aspekt in seiner Gewichtung auch unter „ferner liefen" einortbar, bleibt dennoch der Umstand bestehen, dass es um die Genauigkeit der WTG-Schreiber nicht zum besten bestellt ist.
Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 29. April 2009 04:57
Über eine aus WTG-Sicht wenig erfreuliche Pressemeldung erschienen am 15. 11. 1937 in der Schweizer Zeitung „Zuger Nachrichten" berichtet „Trost" vom 15. 4. 1939
Unter der Überschrift „Die Bibelforscher stänkern" war da zu lesen, dass sie
„am letzten Freitag eine allerdings schwach besuchte Versammlung im Gasthaus 'Eisenbahn' abhielten, wo bekanntlich allerhand Leute ihre manchmal recht bedenklichen Versammlungen halten können. In dieser Versammlung der Bibelforscher wurde in unflätiger Weise auf Kirche und Papst losgezogen, so daß der Tatbestand der Störung des konfessionellen Friedens und der gemeinsten Beleidigung feststeht. Es wird wohl dafür gesorgt werden von zuständiger Seite, daß eine weitere Versammlung, die am 22. November vorgesehen ist, nicht mehr stattfinden kann."

Das angesichts einer solchen Pressemeldung der WTG schlimmes schwante, kann man sich gut vorstellen. Letzteres trat dann auch (einstweilen) ein.
In der Form einer anderen Verlautbarung, und zwar im „Amtsblatt des Kanton Zug" vom 20. November 1937, (S. 940) wurde selbiges wie folgt formuliert:


„2014. Regierungsratsbeschluß betr. die Tätigkeit der sog. ernsten Bibelforscher.
Der Regierunsrat.
In Anbetracht der den Religionsfrieden störenden Tätigkeit der sog. Ernsten Bibelforscher, gestützt auf Art. 50 der Bundesverfassung und § 47 Lit. b. der Kantonsverfassung, verfügt:
1. Den sog. Ernsten Bibelforschern ("Jehovas Zeugen" und ähnlichen Vereinigungen) wird die Propagandatätigkeit im Kanton Zug, insbesondere der Vertrieb von Drucksachen und die Veranstaltung von Vorträgen, verboten.
2. Widerhandlungen werden nach Maßgabe des §§ 44 des Strafgesetzes durch den Strafrichter geahndet. Die Polizeiorgane sind angewiesen, die Drucksachen zu beschlagnahmen.
3. Die weitergehenden Strafandrohungen des Strafgesetzes hinsichtlich Hausfriedensbruch, Störung des Religionsfriedens etc. werden vorbehalten.
4. Dieser Beschluß tritt an Stelle des Regierungsratsbeschlusses vom 14. Februar 1925 und ist im Amtsblatt zu veröffentlichen.
Zug, den 17. November 1937
Der Landamann
C. Staub
Der Landschreiber: Dr. Zumbach"


Wie man unschwer erkennen kann, war nun wieder einmal der Zeitpunkt gekommen, wo die WTG ihre Alarmglocken auf höchste Stufe umschalten musste. Es war vorauszusehen. Sie würde das juristisch bekämpfen, was dann auch eintrat.

Über die Folgewirkung mussten dann die gleichen schon genannten „Zuger Nachrichten" in ihrer Ausgabe vom 14. 2. 1938 unter der Überschrift:
1„Das Bundesgericht schützt die hetzerischen 'Bibelforscher'" wie folgt berichten:


„Aufhebung eines Zugerischen Verbotes.
Der Regierungsrat des Kanton Zug hatte am 17. November 1937 jede gottesdienstliche Tätigkeit der Zeugen Jehovas (früher Bibelforscher genannt) und ähnlicher Vereinigungen, insbesondere den Vertrieb von Drucksachen biblischen Inhaltes und die Veranstaltung von Vorträgen verboten und dieses Verbot im Amtsblatt des Kanton Zug veröffentlichen lassen. Am 30. April 1937 hatte das Bundesgericht ein gleiches Verbot des Regierungsrates des Kanton Luzern vom 10. September 1936, weil verfassungswidrig, einstimmig aufgehoben.

Das Bundesgericht hatte sich nun auch mit einer Beschwerde der Zeugen Jehovas gegen das Verbot im Kanton Zug zu befassen. Ein Polizeirapport vom 13. November 1937, auf den der Regierungsrat des Kanton Zug sein am 17. November 1937 erlassenes Verbot stützte, bezog sich auf einen öffentlichen Vortrag, der von den Zeugen Jehovas Freitag, den 12. November 1937 in der „Eisenbahn" in Zug veranstaltet worden war. Der Vortragsabend verlief ruhig, aber unter hetzerischer Angriffen auf die kathol. Religion. Es sei durchwegs denkbar, daß auch im vorliegenden Falle der Regierungsrat des Kanton Zug über die Zeugen Jehovas falsch informiert worden sei.

(Anhand verschiedener, die anerkannten Konfessionen
s c h w e r
beleidigender Flugblätter der Bibelforscher ist jedoch die absolute Gefährlichkeit und die Gesetzwidrigkeit der Bibelforscher klar ersichtlich. Red.)

Die Staatsrechtliche Abteilung des Bundesgerichtes hieß nun am 4. Februar 1938 die Beschwerde der Zeugen Jehovas gegen den Regierungsrat des Kantons Zug auf, und hob dessen eingangs genannten Beschluß auf."


Wer den Schaden hat, braucht dann wohl auch für den Spott nicht mehr Sorge tragen. Das war dann wohl auch in diesem Falle so. In einem beispielsweise überschriebenen Artikel:
„Vorläufig kein klerikales Glaubensmonopol" schrieb etwa „Die Arbeit. Sozialdemokratisches Tagblatt fürs Zürcher Oberland" am 14. 2. 1938 unter anderem:

„ ... Der Polizeirapport vom 13. November 1937 entsprach auch nicht dem wirklichen Inhalt des Vortrages. Die Zeugen Jehovas betonten in ihrer staatsrechtlichen Beschwerde unter anderen, daß sie das Gefühl nicht los würden, daß nach all den Verfolgungen, besonders in Deutschland, aber auch in anderen Staaten wie in Sowjetrußland, Japan usw. nun auch in der Schweiz Tendenzen eindrängen, die darauf gerichtet seien, die Zeugen Jehovas mit allen Mitteln zu unterdrücken. ..."

Ähnlich äußerte sich auch die „Berner Tagwacht" in ihrer Ausgabe vom 12. 2. 1938, die da titelte:
„Eine Niederlage des Kantone Zug"

Letztere schrieb den Zugern dann noch ins „Stammbuch":
„Auch katholische Kantone müssen sich daran gewöhnen, daß in der Schweiz noch die Glaubens- und Gewissensfreiheit besteht und auch in den schwärzesten Winkeln zu respektieren ist."

Fazit: Letztendlich hatte sich die katholisch-faschistische Koalition eine Niederlage eingehandelt. Noch war bei den Demokraten der Schweiz, dass Gefühl, wenn die Demokratie in Gefahr ist, noch nicht völlig erstorben!

Nun braucht man sich nicht zu wundern, dass auch das „Trost" dieses Thema aufnehmen würde. So geschehen in seiner Ausgabe vom 15. 4. 1938.

Als Details wird unter anderem mitgeteilt. Ursprünglich sollte WTG-Funktionär Franz Zürcher den in Rede stehenden Vortrag halten. Durch seine Erkrankung wurde kurzfristig ein anderer Redner dafür eingesetzt.
Der genannte Polizeirapport charakterisiert die anwesende Zuhörerschaft als „ausschliesslich aus den untern Arbeiterklassen rekrutiert".

Die WTG indes bestreitet, dass der angefertigte Polizeirapport, den Vortrag wirklich Wahrheitsgetreu wieder gegeben habe.
Die „Erbsenzählerei", wer denn mit seiner Interpretation des Ablaufes dieser Veranstaltung recht hätte, offenbart sich dann auch in solchen Sätzen wie die nachfolgenden im „Trost"-Bericht:


„Eine fernere grobe Unrichtigkeit im Polizeibericht stellt auch die Stelle dar, wo es heißt:
" Gegen den Schluß seiner Ausführungen verurteilte der Referent noch einmal die römisch-katholische Hierarchie und den Faschismus, welche beide die größten Feinde der wahren Lehre Gottes und die größten Verleumder Gottes seien... "
In Wirklichkeit sprach der Referent hier von der Verfolgung der Zeugen Jehovas und gab dabei seiner Auffassung Ausdruck, daß die römisch-katholische Hierarchie und der Faschismus die verschworensten Feinde und Verleumder der Zeugen Jehovas seien. Der Referent sagte aber nicht, wie es im Polizeibericht heißt, daß sie die größten Feinde der wahren Lehre Gottes und die größten Verleumder Gottes seien."


Weiter bemängelt die WTG:
„Wenn nun noch der Polizeirapport abschließend den Vortrag nach seinem Erachten mehr als eine Schmährede auf die römisch-katholische Kirche, als eine Religionspredigt bezeichnet, so ist das eine durchaus unzutreffende und unzulässige subjektive Behauptung des beauftragten Polizeikorporals. Ebenso die weiteren Ausführungen in den Schlußabschnitten des Polizeirapportes, die, wie bereits gezeigt, auf einem verdrehten, den tatsächlichen Ausführungen in keiner Weise entsprechenden Text beruhen. Man sieht aus alledem nur die Tendenz heraus, gegen eine Kritik, die begreiflicherweise demjenigen, der etwas anderes glaubt, nicht gefällt, mit Gewaltmitteln einzuschreiten."

Wie auch immer diese Kontroversen beurteilt werden. Da steht wohl Aussage gegen Aussage, ist ja letztendlich zweitrangig, da ja die WTG vor Gericht ihre Sicht der Dinge durchsetzen konnte. Viel entlarvender ist meines Erachtens die in der gleichen „Trost"-Ausgabe vom 15. 4. 1938 abgedruckte Rubrik
„Ihre Fragen von J. F. Rutherford beantwortet"

Vielleicht hätte die Zugerische Regierung sich nicht so sehr für einen einzelnen (zudem noch unbedeutenden Vortrag in einem unbedeutenden Gasthof) interessieren sollen, sondern vielmehr für solche Rutherford-Aussagen wie die nachfolgenden. Dann wäre sie wohl an ihrem Ziel Schmähkritik nachweisen zu können, näher herangekommen.

Rutherford, nun wahrlich nicht mit einem unbedeutenden Referenten in einem unbedeutenden Gasthofe vergleichbar, äußerte sich darin auch wie folgt:


„Die römisch-katholische Organisation hat sich hinter Lügen verschanzt, und durch Betrug und Überlistung betreibt sie den größten Racket [Gimpelfang] aller Zeiten. Sie prahlt damit, daß ,die Pforten der Hölle die römisch-katholische Kirche nie überwinden' würden; aber im prophetischen Worte Gottes steht über dieses Werkzeug Satans, die römisch-katholische Religionsorganisation, folgendes geschrieben: "Denn ihr sprechet: Wir haben einen Bund mit dem Tode geschlossen und einen Vertrag mit dem Scheol gemacht: wenn die überflutende Geißel hindurchfährt, wird sie an uns nicht kommen; denn wir haben die Lüge zu unserer Zuflucht gemacht und in der Falschheit uns geborgen. Und ich werde das Recht zur Richtschnur machen, und die Gerechtigkeit zum Senkblei. Und der Hagel wird hinwegraffen die Zuflucht der Lüge, und die Wasser werden den Bergungsort wegschwemmen. Und euer Bund mit dem Tode wird zunichte werden, und euer Vertrag mit dem Scheol nicht bestehen: wenn die überflutende Geißel hindurchfährt, so werdet ihr von derselben zertreten werden" ...

Daher wird die römisch-katholische Kirche, statt ,aus diesem ungeheuren Aufruhr glänzender hervorzugehen', überhaupt nicht aus ihm hervorgehen, sondern für immer und ewig verschwinden, denn ihr Ende ist gekommen. Alle solche, die zu dieser Religionsorganisation halten und sie unterstützen, werden ebenso ins Verderben gehen; und es wird eine ausgedehntere Verwüstung geben als je etwas, das sich auf der Erde zugetragen hat."


Man vergleiche dazu auch die Berichterstattung innerhalb der Serie
„Im Zeitspiegel" am 14. Februar 2008 04:54.
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Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 25. Mai 2009 03:09
„Trost" zitiert in seiner Ausgabe vom 1. 5. 1939, und diese Meldung macht zugleich deutlich, welche Abgründe da zum zeitgenössischen konventionellen Christentum bestanden. Das die „etablierten Kirchen" (damals) nicht den Schatten einer Chance hatten, die Bibelforscher/Zeugen Jehovas zu „erreichen".

In dem „Trost"-Bericht ist in der Substanz auch von finanzieller Schmierung der Kirchen durch Hitlerdeutschland die Rede. Nun gehörte die WTG-Religion damals (umständehalber) noch nicht zu den so Begünstigten. Gelehrig genug war sie wohl schon damals.
Lediglich dass für solch einen „Deal" immer zwei Partner vonnöten sind.

Ihre Gelehrigkeit hat sie dann ja bereits in den USA unter Beweis gestellt, indem die „Proletenreligion" sich ihre (damaligen) äußerst kostspieligen Radioambitionen von betuchten Kreisen bezahlen lies. Ohne diese allerdings detailliert offen zu legen.

Posaunten zeitgenössische Antisemiten (in Deutschland) lauthals, dass seien „jüdische Kreise" die da den WTG-Mäzen spielten.
Und sagten Jahre später (ebenfalls ohne dokumentarischen Beweis) sowjetische Kreise, nicht „Juden" sondern die Rockefellers und Co seien die Finanziers der kostspieligen Radioambitionen. Dann kann man wohl eher eine mittlere Linie unterstellen.

Welche Religion die Geldmagnanten, da als Privatpersonen angehörten, kann und muss als bedeutungslos angesehen werden.
Entscheidend allein ist der Umstand der „Schmierung" jener (damaligen) Proletenreligion.

Nichts ist so alt wie der Ruhm von gestern. Und so hat man sich mittlerweile Stichwort (KdöR) auch jenem Kreise der Geschmierten, oder danach Gierenden angeschlossen.
Nehmen in den USA eher betuchte Kreise diese Aufgabe war. So darf halt in Deutschland der Steuerzahler-Michel diesen Part wahrnehmen.

Es ist wohl war, dass politische Opposition auch im Gewande der Religion daherstolzieren kann. Hier nun werden Beispiele dafür geliefert. Nun also die angekündigten „Trost"-Zitate:


Die Zeitschrift "Freies Deutschland" schrieb am 2. März 1939 zu diesem Thema:
"...Was will das Regime mit den Kirchen? Im Ausland ist vielfach die Meinung verbreitet, daß man auf die Ausrottung der christlichen Traditionsbestände abzielt. Das ist heute wie ehedem jedoch nur die Absicht einer Minderheit. In einem Augenblick, in dem die Diktatur ständig auf machtpolitische Erprobungen gefaßt sein muß, kann sie sich das Risiko eines frontalen Kulturkampfes nicht leisten.

Andrerseits sprechen gerade militärische oder besser: wehrpsychologische Erwägungen für eine Bereinigung des konfessionellen Gegensatzes auf der Grundlage einer staatlichen Einheitskirche. Eine rein staatlich orientierte Fraktion des Regimes, die durch die Namen Göring-Kerrl gekennzeichnet ist, wünscht die Aufbewahrung und Verwertung der christlichen Traditionen im Rahmen der von dem gemäßigten Flügel der Deutschen Christen propagierten christlichen Einheitskirche.

Man erinnert sich an diese Bestrebungen, wenn man liest, daß Göring in der Lüneburger Heide den Angehörigen der Luftwaffe und deren Familien eine Kirche gestiftet hat, die gleichermaßen Evangelischen und Katholiken dienen soll. Wohlgemerkt: Göring stiftet keine heidnische Kapelle, keinen germanischen Altar, sondern eine christliche Kirche - freilich eine 'deutschchristliche', die dazu dient, den innerkonfessionellen Gegensatz im Christentum zu 'überbrücken'.

Einer Lösung in diesem Sinn stehen Kräfte der verschiedensten Art entgegen: die Traditionen der deutschen Geschichte seit vielen hundert Jahren, der Machtanspruch des Papsttums, das Dogma der deutschen Theologie seit Hus, Luther und Calvin.

Und von der andern Seite her: die Glaubensbewegungen, die durchaus unchristliche, vom Christentum abgelöste und auf Rasse basierende Haltung der mächtigsten Parteiformationen (SS, HJ) und schließlich der damit nicht gleichzusetzende 'wissenschaftliche' Parteiflügel der Rosenberg und Bäumler...

Der dogmatisch unbekümmerte, staatspolitisch denkende Flügel der Göring-Kerrl schert sich wenig um die etwaigen weltanschaulichen Streitfragen. Für ihn gibt es ein Christentum, das ausdeutungsfähig genug ist, um das weltanschauliche Dekorum der Staatsdiktatur bilden zu können; je weniger theologischen Ballast so ein Gebäude zu schleppen hat, desto besser. Wozu soll man sich in das unabsehbare geistige Abenteuer einer neuen Religion stürzen, wenn ein bewährtes Christentum griffbereit liegt?
..."

Mit Bezug auf sie erklärte Hitler in seiner Reichstagsrede vom 30. Januar 1939:
"Der nationalsozialistische Staat hat seit dem 30. Januar 1933 an öffentlichen Steuererträgnissen durch seine Staatsorgane folgende Summen den beiden Kirchen zur Verfügung gestellt:
Im Rechnungsjahr 1933 130 Millionen RM
1934 170
1935 250
1936 320
1937 400
1938 500
Dazu noch jährlich rd. 85 Mill. Reichsmark aus Zuschüssender Länder und rd. 7 Mill. Reichsmark aus Zuschüssen der Gemeinden und Gemeindeverbände.

Abgesehen davon sind die Kirchen der größte Grundeigentümer nach dem Staate. Der Wert ihres land- und forstwirtschaftlichen Besitzes übersteigt einen Betrag von rd. 10 Milliarden Reichsmark. Die Einkünfte aus diesem Grundbesitz sind auf über 300 Millionen jährlich zu schätzen. Dazu kommen noch die zahllosen Schenkungen, testamentarischen Übereignungen und vor allem die Ergebnisse ihrer Kirchensammlungen. Ebenso ist die Kirche im nationalsozialistischen Staat auf verschiedenen Gebieten steuerbegünstigt und besitzt für Schenkungen, Vermächtnisse usw. die Steuerfreiheit..."


Da werden also Riesensummen genannt, mit denen Hitler seine Kirchen auf Kosten des deutschen Volkes füttert. Daß die angegebenen Summen nicht stimmen, wird von den Geldempfängern nicht behauptet, also stimmen sie wohl.
Auch der vatikanische "Osservatore Romano della Domenica" befaßt sich in seinem Artikel "Dopo il discorso del Cancel-liere del Reich" (Nummer vom 12. Febr. 1939) mit Hitlers Rede, erwähnt auch gleich im ersten Satz, daß Hitler die staatlichen Aufwendungen für die Kirchen aufzählte, bestreitet aber in den nachfolgenden langen Ausführungen mit keinem Wort die Richtigkeit dieser Zahlenangaben.

Die Kirchen werden also mit großen finanziellen Zuwendungen "geschmiert", damit sie über alles Unrecht schweigen und nur das Lied dessen singen, des Brot sie essen. Wie die evangelische und die katholische Kirche an diesen Zuwendungen prozentual beteiligt ist, wird nicht angegeben. Doch geht man gewiß nicht fehl in der Annahme, daß die katholische Kirche den Löwenanteil bekommt.

Unter Hitlers Schutz drängt das papistische Rom den Protestantismus in Deutschland ja immer weiter zurück.
"Das Schwarze Korps" vom 19. Jan. 1939 lieferte dafür Zahlen wie folgt:


"1932 bis 1933 waren es im Altreich 4632, 1935/36 waren es 5277, 1938 waren es bereits über 6000 (!) Katholische Theologiestudenten; in allen übrigen Disziplinen, auch in der evangelischen Theologie, hat sich dagegen die Zahl der Studenten ganz bedeutend verringert. In 15 staatlichen katholischen theologischen Universitätsfakultäten bezw. Staatlichen theologischen Hochschulen sorgt der deutsche Staat mit seinem Geld für die Heranbildung jenes katholischen Priesternachwuchses, der nicht in der Armee dient, aber später dann vielfach gegen jenen Staat arbeitet, der ihn ausbilden ließ..."

Die evangelische Zeitschrift "Zeitspiegel", Wuppertal-Barmen, schrieb am 19. Feb. 1939:

"Laßt uns doch ruhig und vernünftig die äußere Sachlage für Kirche und Christentum so ansehen, wie sie tatsächlich ist. Nach dem 'Statistischen Jahrbuch für das Deutsche Reich 1937' gab es im Altreich:
Evangelische Geistliche und Missionäre in abhängiger Stellung.
männl. 18 860 weibl. 168.
Katholische Geistliche und Missionäre in abhängiger Stellung.
männl. 18 841 weibl. -
Geistliche und Sprecher anderer religiöser Bekenntnisse.
männl. 2 030 weibl. 336
Mönche und Nonnen
männl. 87 142 weibl. 74 003
Diese Zahlen haben sich durch die Schaffung des großdeutschen Reiches zum wenigsten um ein Sechstel gesteigert, das ja freilich zum weitaus größten Teil auf die römisch-katholische Kirche entfällt. Tatsächlich ist jetzt im Reich die Zahl der katholischen Geistlichen ganz wesentlich höher als die der evangelischen, obgleich der Volksteil, der sich listenmäßig zur evangelischen Konfession hält, immer noch überwiegt..." -
Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 28. Mai 2009 02:53
Über das afrikanische Land Nigeria, weiß „Trost" in seiner Ausgabe vom 15. 5. 1939 zu berichten:

„Die Zeitungen der britischen Kolonie Nigeria in Westafrika scheinen an dem stillschweigenden Presseabkommen, sich über die Tätigkeit der Zeugen Jehovas auszuschweigen, nicht beteiligt zu sein. Sonst hätten die "Nigeria Daily Times" von Lagos nicht vier volle Spalten einer Zusammenkunft von reichlich 300 Zeugen Jehovas gewidmet, die in jener westafrikanischen Stadt stattfand.

Dem Zeitungsbericht entnehmen wir, daß zwei Teilnehmer auf Ihrem Wege zu diesem Kongreß über 800 km mit dem Fahrrad zurücklegten.

Eine öffentliche Versammlung wurde durch herumgetragene Plakate bekanntgemacht. Die eingeborenen Kongreßteilnehmer lauschten mit großer Freude den Vorträgen Richter Rutherford, die ihnen auf Sprechplatten in ihrer eigenen Sprache, Yoruba, vermittelt wurden.
(Die Aufnahmen für diese Sprechplatten in der Negersprache Yoruba erfolgten voriges Jahr im Berner Betrieb der Watch Tower Society. Ein Neger war zu diesem Zweck von Nigeria in die Schweiz gekommen.)

Während des Kongresses in Lagos symbolisierten 63 Personen durch Untertauchen im Wasser ihre Weihung, den Willen Gottes zu tun.

Neben Südafrika und Nyassaland (heutiges Malawi), scheint somit Nigeria einer jener afrikanischen Staaten zu sein, wo die WTG-Religion, schon vor 1945 Fuss gefaßt hatte. Das Paradebeispiel des da 800 km fahrenden Radfahrers in diesem Bericht, belegt zugleich die soziologische Kernstruktur der Zeugen Jehovas-Religion. Wem das säkulare Leben nichts zu geben vermag, der ist um ein vielfaches anfälliger für religiöse Opium-Angebote.

Diese Tendenz zeigt sich auch an der nachfolgenden Zahlenentwicklung, Nigeria betreffend:

1928 wird die dortige Bibelforscher-Zahl mit acht beziffert.
1938 dann 427.
1948 schon 5511. Und dieser Trend setzte sich fort.
1975 wurde dann dort die 100.000 Grenze überschritten.
Die 200.000 Grenze etwa 1998, um 2007 dann bei 302.405 angelangt zu sein, was einem Verhältnis von 1 zu 463 zur übrigen Bevölkerung entspricht.
Letztere Zahl verdeutlicht zugleich auch, dass das Potential in diesen wirtschaftlich unterentwickelten Ländern, für die WTG keineswegs als „erschöpft" zu bezeichnen ist.

Die verhängnisvolle Schere. Je niedriger der Lebensstandard, umso besser für die WTG-Statistiken, bestätigt sich an diesem Fallbeispiel einmal mehr.
Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Frau von x
Datum: 29. Mai 2009 11:54
Zitat:
Drahbeck
Über das afrikanische Land Nigeria, weiß „Trost" in seiner Ausgabe vom 15. 5. 1939 zu berichten:
Dem Zeitungsbericht entnehmen wir, daß zwei Teilnehmer auf Ihrem Wege zu diesem Kongreß über 800 km mit dem Fahrrad zurücklegten.

http://forum.mysnip.de/read.php?27094,10685,10685#msg-10685

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Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 29. Mai 2009 04:46
Bezüglich der tagespolitischen Entwicklung in Spanien, kommentiert „Trost" in seiner Ausgabe vom 15. 5. 1939:

„Mussolini, Hitler, Franco und der Papst haben unter Mithilfe der demokratischen Nichteinmischer in Spanien gesiegt. Damit ist der katholischen Hierarchie dazu verholfen worden, einen Religionskrieg zu gewinnen, der von jesuitischen Handlangern des Vatikans angezettelt wurde. Der Vatikan hat seiner grauenvollen Geschichte ein paar weitere blutbefleckte Seiten hinzugefügt.

Wer hinfort etwas über die wahren Gefühle des geknebelten spanischen Volkes lesen will, wird in den Zeitungen vergeblich danach suchen. Die Presse steht zwar dem Sieger, nicht aber dem Besiegten, sie steht dem Starken, nicht aber dem Schwachen zur Verfügung. Die gestern Mörder und Rebellen waren, wird die Lügenpropaganda heute für Märtyrer und Heilige erklären.

Zwar ist das, was Don Jose Bergamin, der Direktor der katholischen Zeitschrift "Cruz y Raya" sagte, nur noch eine traurige Rückschau. Doch sei es einer allzu schnell vergessenden Welt nochmals vorgehalten. Er sagte:


"Schaut euch jene tragische Pyramide von Grotesken einen Augenblick an: Generale, Bischöfe, Mauren, Karlisten mit roten Baretten - gleichsam eine phantastische Vermummungsparade des Todes. Die Verteidigung dessen, was sie ihr Spanien nennen, vertrauen sie Marokkanern und Soldaten der Fremdenlegion an, denn sie haben keine spanischen Hände und Leiber, um sich selbst zu verteidigen.

Das ist in diesen blutigen Stunden die Wahrheit über Spanien! Wir sind die Spanier; sie sind eine Handvoll Verräter, mit einigen tausend barbarischen Söldlingen unter ihrem Befehl... Durch solche Barbaren suchen einige der Würdenträger unserer Kirche ihren Betrug zu verteidigen -

Würdenträger jener Kirche, die sie dem Volke weggenommen haben, die sie korrupt machten, prostituierten, durch Habsucht schändeten und mit unserem Blute, dem Blute des spanischen Volkes befleckten! Hört dies, wenn ihr mir zuhört, ihr ungetreuen Hirten, ihr Verräter Christi! In die barbarischen Hände von Legionären und Mauren habt ihr die heiligen Gefäße, die Schätze und Reichtümer gelegt, die ihr eurem Volke, den Armen, den Entrechteten, den Hungrigen niemals dargeboten habt. Ihr vergebt diese Dinge entweder als frevelhafte Beute oder zur Umwandlung in Waffen, die unter eurem Volke und eurer Herde den Tod säen. Ich kenne euch gut, ihr Bischöfe, die in der Politik herumpfuschen und von Politik schwatzen. Hört gut zu; denn was ich sage, ist eine Anklage.

Ihr, die Würdenträger der spanischen Kirche, habt die Kirche verraten und das Volk beraubt!" -´...

Die katholische Presse hat Hochkonjunktur in spanischen Märtyrergeschichten. Doch vermißt man Beiträge gleich den folgenden:
Im Jahre 1928 gab es in Spanien 32.004 katholische Priester. 1936 behaupteten die "Nationalisten", daß von dieser Zahl 17.500 ermordet worden seien. Später bezifferte Kardinal Goma die Anzahl der Getöteten auf über 10.000.

Im letzten Hirtenbrief der spanischen Bischöfe wurde die Anzahl mit 6.000 angegeben. Die richtige Ziffer dürfte etwa 3.000 sein, und die Tatsachen zeigen, daß die meisten davon umkamen, während sie wie gewöhnliche Soldaten gegen die Regierung kämpften.

Der vatikanische "Osservatore Romano" meldete:

"In Teruel ermordeten die Kommunisten am 6. Januar [1938] siebenundzwanzig von den fünfundsechzig Priestern."
Daraufhin gab die spanische Republik zur Kenntnis, daß von diesen 27 Priestern vier in einem Offizierskasino in Barcelona und zweiundzwanzig in Militärbaracken in Valencia in Haft gehalten würden und der siebenundzwanzigste in einem Militärlazarett gestorben sei. -

Gestorben für Christus? Darüber schrieb der schon genannte Schriftsteller Jose Bergamin, einer der hervorragendsten Vertreter der modernen spanisch-katholischen Literatur:


"Gibt es Priester und Mönche, die vor dem Juliaufstand [Francos] ermordet wurden? Die Antwort lautet: nicht einen einzigen.

Wie aber kam es dann zu den Ermordungen von Priestern später ?
Auch hier müssen die Tatsachen sprechen. Auf Weisung ihrer repräsentativen Obrigkeit hat die spanische Kirche mit Beginn des Aufstandes für die Militärs Partei genommen, also Partei genommen gegen den Staat, gegen das Volk.
Von diesem Augenblick an verlor das Gewand des Mönches und Priesters in den Augen des Volkes seine religiöse Bedeutung und nahm eine politische an, wurde zur Farbe des Krieges.

Ja, es kam sogar vor, daß Mönche in ihren Gewändern an den Fronten kämpften. Mönche und Priester haben sich ,auf Weisung ihrer Obrigkeit' zu Kriegführenden erklärt, und damit waren sie der politische Feind des Volkes und des Staates, nicht aber ein Feind des Volkes aus religiösem Grund. Auch das sind nur Tatsachen, nicht Hypothesen und Vermutungen.

So starben viele Priester und Mönche, weil sie Kriegführende waren, starben wie Kriegführende, als Faschisten, die sie waren, wie Faschisten. Nicht einer von ihnen, auch nicht ein einziger, hat den Tod für Christus erlitten. Sie starben für Franco." -


Sie starben auch für den Papst und für die Weltherrschaftsbestrebungen der römisch-katholischen Hierarchie.
Der Papst hat Franco zu seinem Siege beglückwünscht.
So lautet das Telegramm, das Eugenio Pacelli als Papst Pius XII. am 2. April 1939 an General Franco sandte:

"Indem wir unser Herz zu Gott erheben, freuen wir uns mit Ew. Exzellenz über den von der katholischen Kirche so ersehnten Sieg. Wir hegen die Hoffnung, daß Ihr Land nach der Wiedererlangung des Friedens mit neuer Energie die alten christlichen Traditionen wieder aufnimmt, die ihm so viel Größe verliehen hatten. Beseelt von diesen Gefühlen, erteilen wir Ew. Exzellenz und dem ganzen edlen spanischen Volk unsern apostolischen Segen."

Der "von der katholischen Kirche so ersehnte Sieg"! Die katholische Kirche wollte demnach die Hinschlachtung von Tausenden solcher, die um ihre demokratischen Rechte kämpften.

Da sollte sich die ehrliche, freiheitsliebende, katholische Bevölkerung fragen, was sie eigentlich mit der katholischen Kirche gemein hat. Sie wollte nicht das, was die katholische Kirche wollte und in Spanien erreicht hat. Katholische Kirche und katholische Hierarchie sind ein und dasselbe. Was aber hat der um seine einfachsten Lebensrechte bangende und kämpfende Mann aus dem Volke mit jenen herrschsüchtigen, prunkliebenden, anmaßenden und grausamen Kirchenfürsten gemein? ...

Keine Moskauer Gottlosenpropaganda könnte den Namen Gottes und Christi gemeiner schmähen als diese spanische Faschistenpropaganda der römisch-katholischen Hierarchie, die den faschistischen Terror mit der Herrschaft Christi gleichsetzt."


Und das alles ordnet dann „Trost" in das bekannte endzeitliche Raster ein, indem es seine Betrachtung mit den Worten ausklingen lässt:

„Das ist ein weiteres untrügliches Zeichen dafür, daß sein Gericht über alle seine Feinde sehr nahe bevorsteht."

Thematisch ähnlich auch jener Beitrag in „Trost" vom 15. 6. 1939 in welchem unter der Überschrift „Volksbildung: unerwünscht" unter anderem zu lesen ist:

„Daß ein Analphabet in den zivilisierten Ländern so gut wie keine Aussicht auf Vorwärtskommen hat, sondern durch seine Unbildung an die untersten Stufen der Existenz gekettet ist, bedarf keiner besonderen Erwähnung.
Wenn einige darauf hinarbeiten, den Massen des Volkes auf solche Weise von Anfang an alle Aussichten auf Besserung ihrer Lebensverhältnisse zu nehmen, dann sicher nur deshalb, um sie in dieser Stellung der Abhängigkeit besser auszubeuten. Bildungsfeindliche Tendenzen lassen darum von vornherein die Absicht der Volksausbeutung erkennen. Niemand kann es einem Volke verdenken, wenn es nicht länger das Opfer solch ungerechter Herrschaft sein will, aus Unwissenheit und Rückständigkeit herauszukommen sucht und freie, ungehinderte Bildungsmöglichkeit erstrebt.

Das wollte das spanische Volk. Es wollte nicht länger eins der rückständigsten Völker Europas bleiben. Es erstrebte Volksbildung und hatte auch darin den katholischen Klerus und die mit ihm verbündeten Granden zum Feind. So dauerte es nicht lange, bis ein "Militäraufstand" Jagd zu machen begann auf die Sklaven, die entlaufen wollten, um fortan als Freie zu leben.

Schon vor längerer Zeit, als Franco erst reichlich die Hälfte des spanischen Gebietes beherrschte, ließ sein sogenannter "Volksbildungsminister" fünfzig höhere Schulen schließen und bemerkte zu dieser Maßnahme:


"Das Volk ist besser daran, wenn es nicht gebildet ist, weil es sonst für seine Bestimmung als Bauern und Arbeiter ungeeignet wird."

Diese Einstellung ist charakteristisch für jede Tyrannei. Schon durch Knebelung der Presse und sonstige Zensur ist dafür gesorgt, daß die Volksbildung in jedem diktatorisch beherrschten Staat einen schweren Rückschlag erleiden muß. Denn um sich zu bilden, braucht man in erster Linie die Möglichkeit, sich allseitig und uneingeschränkt über etwas zu unterrichten. Unter diktatorischer Bevormundung ist das den Massen des Volkes einfach unmöglich.

Es kann mit Fug und Recht behauptet werden, daß der katholischen Hierarchie ein ungebildetes Volk sehr erwünscht, ein aufgeklärtes Volk dagegen ein Greuel ist. Daß im Vorhergehenden auf Spanien verwiesen wurde, dient nur zur Veranschaulichung; denn diese Taktik klerikaler Volksverdummung ist nicht auf Spanien beschränkt.

Bleiben wir einmal beim spanischen 'Beispiel'. Ist die Hierarchie dort damit einverstanden, daß das Volk erneut in den trübseligen Zustand der Unwissenheit zurückgestoßen wird, aus dem es sich in den letzten Jahren zu erheben suchte? Man beachte, was John V. Hinkel am 5. September 1938 in den "Times" von New York schrieb:


"Sehr viel Achtung und Aufmerksamkeit wird dem Kardinal Goma y Tomas, dem Oberhaupt der spanischen Hierarchie und wohl einflußreichsten Mann außerhalb der Regierung, im nationalistischen Spanien gezollt. Der Kardinal sagte dem Schreiber dieser Zeilen, daß ,der Geist der Gesetze, die bisher von der nationalistischen Regierung erlassen wurden, in vollster Übereinstimmung mit den Lehren der Kirche' sei."

Vielleicht sind die staatlichen Maßnahmen zur Einschränkung der Volksbildung in Spanien aber doch ohne Wissen und Zustimmung der Hierarchie erfolgt? Wer das meint, beachte noch folgende, von Kardinal Goma selbst gesprochenen Worte:

"Es ist notwendig, ein Regime vollkommener Übereinstimmung zwischen Kirche und Staat zu errichten, weil erstere in vielen Angelegenheiten mitzureden hat. Ich bin glücklich, ihnen sagen zu können, daß wir bis jetzt mit der nationalen Regierung völlig übereinstimmen, und daß die Regierung andererseits keinen Schritt unternimmt, ohne mich um Rat zu fragen und meinem Rat zu folgen. Der Vertreter des Justizministers wird mir das bestätigen."

Die gleiche Bestätigung wäre gewiß vom "Volksbildungs"-Minister zu erlangen.

Heute besteht in den meisten europäischen Ländern allgemeiner Schulzwang. Das ist natürlich kein Verdienst der römischen Hierarchie. Aber diese sagt sich: Wenn der Staat die Eltern schon zwingt, ihre Kinder in der Schule bilden zu lassen, dann werden wir wenigstens dafür sorgen, daß die Bildung hübsch in Grenzen bleibt, indem wir die Schulen kontrollieren. Deshalb will man keine sogenannt "weltlichen", sondern konfessionelle Schulen, obwohl die konfessionellen Schulen schon der Anfang zur Spaltung eines Volkes sind.

Sehr aufschlußreich ist das, was in einem Buche des verstorbenen Rektors der amerikanisch-katholischen Notre-Dame-Universität, des Geistlichen James Aloysius Bums, über die "Volksbildungs"-Ideen der katholischen Hierarchie gesagt wird. Dort zitiert man einen Ausspruch des katholischen Geistlichen Orestes Augustus Brownson wie folgt:


"Als Katholiken bestreiten wir natürlich, daß die weltlichen Behörden ein Recht auf Erziehungsarbeit hätten; denn Erziehungsarbeit ist eine Punktion der geistigen Gesellschaftsordnung, genau so wie das Predigen und das Austeilen der Sakramente. Das Recht, öffentliche Schulen zu errichten und für ihren Unterhalt zu sorgen, machen wir dem Staat jedoch nicht streitig... Er kann Schulen gründen und ausstatten und die Lehrkräfte bezahlen; aber für die Erziehungs- oder Bildungsarbeit der Schule Vorschriften zu machen oder sich darin einzumischen, steht ihm nicht zu."

Der Mann, der das geschrieben hat, nimmt unter den katholischen Erziehern seines Landes eine hervorragende Stellung ein! Er sagt also allen Ernstes, der Staat solle einfach für die Schulen bezahlen und sich im übrigen nicht weiter darum kümmern, was die Hierarchie mit den Schulen und mit dem Gelde macht.

Es gehört eine gute Portion Unverfrorenheit dazu, so etwas auch nur zu sagen.

Der Presse wird allgemein volksbildender Einfluß zugeschrieben. Damit ist es oft nicht weit her, besonders bei der rein konfessionellen katholischen Presse.

Zu dem gleichen Schluß kam Dr. A. Ackermann mit Bezug auf die katholische Landpresse der Innerschweiz, indem er in der "Nation" (Bern, 2. März 1939) in einem Artikel über Luzemer Verhältnisse schrieb:


" ... Dazu kamen die Verhältnisse auf kantonalem Boden mit der ziemlich schonungslos ausgeübten konservativen Hegemonie und schließlich die auf eine eigentliche Volksverhetzung und Volksverdummung hinauslaufende Schreibweise der klerikalen Kleinpresse der Luzerner Landschaft und der Innerschweiz überhaupt, der gegenüber die nachdrückliche Vertretung des liberalen Ideengutes zu einer Art notwendiger Heimatschutzarbeit wurde."

Um so erstaunlicher ist es, daß der katholischen Hierarchie noch so viele Vorrechte eingeräumt werden, die ihr einen ganz ungebührlichen Einfluß auf die Gestaltung oder besser Mißbildung des geistigen Lebens gestatten. ..."

In einer weiteren Kurzmeldung notiert „Trost" in seiner Ausgabe vom 15. 8. 1939 dann noch unter der Überschrift
„Gute Aussichten auf Zunahme der Analphabeten":

„Die spanischen Schulen sind wieder Zweigstellen der katholischen Kirche geworden. Durch eine Verordnung erhalten die Geistlichen der Ortschaften mit weniger als 500 Einwohnern das Vorzugsrecht zur Erteilung des Primarschulunterrichtes. Damit ist die Volksbildung wieder denen anvertraut, die niemals etwas zur Beseitigung des spanischen Analphabetentums getan haben."

Zum Thema passend, ist dann wohl auch noch jene Kurzmeldung aus „Trost" vom 15. 6. 1939:

„In den 7339 Städten Italiens gibt es nur 4240 Buchhandlungen, und die meisten Buchhändler können nicht ohne Nebeneinnahmen existieren. Im Italien Mussolinis sind Bajonette in Hülle und Fülle vorhanden, aber mit der Volksbildung ist es nicht weit her."

Exkurs.
Da im zeitgenössischen Spanischen Bürgerkrieg, besonders auch die Rolle der Religion in ihm thematisiert wurde. Und da die Tendenz der WTG-Berichterstattung dabei eindeutig ist, sei noch als - unkommentiertes - Kontrast-Zitat, aus der 4. Auflage (1939 erschienen) des Naziautors Gregor Schwartz-Bostunitsch, aus dessen Pamphlet „Jüdischer Imperialismus" (S. 426 f.) die nachfolgende Passage zitiert:

„In seiner ... Rede vor dem ... Parteikongreß in Nürnberg am 9. September 1937 hat Reichspropagandaminister Dr. Goebbels u. a. gesagt:
"Nach unanfechtbaren Zahlenmaterial, das auf rein bolschewistischen Statistiken aufgebaut ist, wurden in Rußland 42.000 Priester ermordet:
In Spanien wurden bis zum 2. Februar 1937 etwa 17.000 Priester und Mönche und 11 Bischöfe ermordet.
Der Prozentsatz der Priester beträgt durchschnittlich in den Diözesen 40, in einzelnen Diözensen sogar bis 80%."



Parsimony.23752

https://www.youtube.com/watch?v=aC7m9R212yc

Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 25. Juni 2009 05:50
Eine „delikate" Frage zu beantworten, müht „Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 6. 1939, und das kann man schon vorab sagen: „mehr schlecht als recht". Unter Berufung auf eine frühere „Trost"-Ausgabe wird da angefragt, dass dort zu lesen sei:
„Die Erwählung der großen Volksmenge" ... "Doch erst 1935 enthüllte der Herr seinem Volke, daß seine "andern Schafe" eine irdische Klasse bilden, die ewig auf der Erde leben soll."

Der Fragesteller will nun wissen:
„Auf welche Weise und bei welcher Gelegenheit enthüllte der Herr dies seinem Volke?"

Wer nun eine kurze und klare Antwort darauf erhoffen sollte, sieht sich allerdings getäuscht.
Der Fragesteller wird erst einmal belehrt:

„Dies bedeutet, daß Gott nicht mit der Welt noch mit Weltmenschen handelt."
Und weiter:
„Daß der Herr auf seine eigene Weise die empfangenen Lichtblitze an seine Knechte auf Erden weiterleite".

Und weiter:
„Im Jahre 1935 anläßlich der großen Hauptversammlung der Zeugen Jehovas in Columbus (Ohio, USA.) wurde zum erstenmal der überzeugende Beweis aus dem Worte Gottes unterbreitet, daß die große Volksmenge nicht eine geistgezeugte, himmlische, sondern eine irdische Klasse ist, die durch "Jonadab" und "die anderen Schafe" in verschiedenen biblischen Bildern veranschaulicht ist.
Weltleute und Religionisten sehen hierin sehr wahrscheinlich nur eine menschliche Predigt Gottes Volk aber steht auf einer viel höheren Warte."


Und dann zieht man sich auf die Linie zurück:
„Glauben Jehovas Zeugen, daß der Herr bei jener denkwürdigen Gelegenheit zu seinem Volke gesprochen und ihm diese Enthüllung geschenkt hat Natürlich zwingt Gott niemand, dies so zu sehen; aber "ohne Glauben ist es unmöglich, ihm wohlzugefallen."

Über die technischen Einzelheiten jener vermeintlich „göttlichen" Enthüllung hüllt „Trost" sich dann allerdings in Schweigen. sonst müsste es wohl bloß das wiederholen, wie einer der WTG-Jünger den damaligen WTG-Präsidenten Rutherford anhimmelte mit den Worten (Wachtturm 1931 S. 192)

„Leserbrief J. A. Bohnet, Michigan
Lieber Bruder Rutherford!
so wird mir denn die Überzeugung aufgedrängt, dass der Urheber von „Licht" nicht ein menschliches Geschöpf ist. Kein Mensch hätte dieses Buch schreiben können, und keiner tat es ... Bruder, Du warst nur der Amanuensis (literarische Gehilfe) bei der Herstellung von „Licht". Jehova ist sein Autor wie auch das Buch selbst erklärt."

Diese Verklärungsthese reduziert sich also auf den Umstand, Rutherford betrachtete es im Interesse der „Predigtdienst-Forcierung" seiner Organisation, als nützlich die „Himmelstüre zu verschließen." und die blökende Horde der „Führer befiehl wir folgen dir", verkauft das als „göttliche Enthüllung".

Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 26. Juni 2009 05:31

„Wie der Vatikan die Diktaturen stützt", so eine Artikel-Überschrift in „Trost" vom 1. 6. 1939. Das Thema aus dem Munde (respektive der Presse) der Zeugen Jehovas ist nicht neu. In unzähligen Variationen wurde es schon zelebriert. So eben auch in dieser „Trost"-Ausgabe. Der diesbezügliche Text sei nachstehend (kommentarlos) in seinen Hauptaussagen, vorgestellt:

Freiheitsliebende Kreise von Menschen, die das ungestüme Vorwärtsdrängen der Diktaturmächte in der Welt beobachten und dieser Gefahr ziemlich rat- und hilflos gegenüberstehen, setzen ihre Hoffnungen nur allzu leicht und gern auf etwas, das ihnen nimmermehr Hilfe bringen wird. Sie erwarten eine Wendung von Rom aus. Das könnten sie nicht ohne das krampfhafte Bemühen, Rom anders zu sehen, als es wirklich ist. Vor allem das "geistliche Rom" der Päpste.

Der Papst braucht nur den Mund aufzutun - sofort finden demokratische Zeitungen in seiner Rede eine ,,Anspielung" nach der ändern, die sie zu ihren Gunsten, zugunsten der demokratischen Idee ausschlachten. Dabei handelt es sich durchweg um nichtssagende Worte. Wie verkehrt es ist, aus solchen "Anspielungen" für die Sache der Freiheit Kapital schlagen zu wollen, erhellt aus folgender Meldung, die am 22. Juli 1938 im Londoner "Catholic Herald" erschien:

„Wenn sich der Papst nachdrücklich gegen gewisse Strömungen im italienischen Faschismus ausspricht, ist die Presse der demokratischen Länder geneigt, sich zu einigermaßen übertriebenen Schlußfolgerungen zu versteigen. Es hat hier [in Rom] stark verdrossen, daß viele englische Zeitungen in dieser Woche die Schlagzeile 'Der Papst verurteilt den Faschismus' trugen. Das ist eine völlig irreführende Auslegung der Worte des Heiligen Vaters über den 'Fluch des extremen Nationalismus'."

Der Kampf gegen die Demokratie wird getarnt
Angenommen, man wünscht den Faschismus, dieser ist jedoch im Lande verpönt. Was ist da zu tun ? Wenn man klar zu erkennen gibt, daß man auf Seiten des unpopulären Faschismus steht, wird man selber unpopulär. Aber auch in dieser verzwickten Lage wissen sich die Schlangenmenschen der katholischen Hierarchie, die Jesuiten, zu helfen, nämlich:
sie suchen die Begriffe zu verwirren, damit dann auch die Stellungnahme des einzelnen aus dem Volke verwirrt werde.

Was anders ist jener jesuitische Versuch, den Leuten vorzuschwatzen, es gäbe auch einen Edelfaschismus ? Das aber versuchen die Jesuiten. So gab sich zum Beispiel der Jesuit Ignatius W. Cox, Professor an der amerikanischen Fordham-Universität, in einem Artikel "Ist die Demokratie zum Untergang verurteilt?" ganz den Anschein einer demokratischen Gesinnung, schrieb aber:

"Es besteht nur wenig Unterschied zwischen Kommunismus und einer verkehrten Art von Faschismus."

Das ist nichts weiter als Propaganda für den Faschismus. Wenn jemandem eingeredet werden kann, es gäbe neben der verkehrten Art des Faschismus auch eine rechte Art, dann ist er für die Annahme des Faschismus schon reif gemacht. Will uns der Jesuitentheologe Cox nicht sagen, wer eigentlich die "rechte Art von Faschismus" vertritt und wie das geschieht?

In Spanien haben Faschisten von der Art Mussolinis, Hitlers, Francos und des Papstes einträchtig zusammen gewirkt. Wer von ihnen vertrat die "rechte Art von Faschismus", und wie hat er das speziell im spanischen Massenmorden zu erkennen gegeben ?

Über "Patriotismus" zum Faschismus
Man wird sich vergeblich bemühen, einen wesentlichen Unterschied zwischen "Katholischer Aktion" und dem Faschismus herauszufinden. Es besteht keiner. Trotzdem gebärdet sich die "Katholische Aktion" unter allen Regierungsformen sehr patriotisch und hält sich auch in der Schweiz für die berufenen "geistigen Landesverteidiger".

Von katholischen Kreisen inspirierte und finanzierte Faschistenverbände haben auch in der Schweiz sehr patriotisch klingende Namen (z. B. ESAP - Eidgenössische Sozialistische Arbeiter Partei). In die Reihe der Faschistengenossen gehört auch die SPK (Schweizerische Presse-Korrespondenz) der "Gesellschaft für Kirche und Papst" in St. Gallen.

Über die gleiche patriotische Vermummung in den Vereinigten Staaten bemerkte Professor Dr. Haiford E. Luccock kürzlich in einem Vortrag in New York:
"Wenn der Faschismus nach Amerika kommt - und in einigen Gegenden ist er schon da -, wird er als Kennzeichen nicht das Hakenkreuz mit Aufschrift ,Made in Germany' tragen. Er wird nicht einmal als Faschismus bezeichnet werden, sondern den hochtönenden und hochgepriesenen Namen ,Amerikanismus' tragen."
Mögen sich die Schweizer ebenfalls merken, daß nicht alles schweizerisch ist, was diesen Namen trägt.

Kampf gegen den Kommunismus
Es genügt, für die Schweiz auf die Tätigkeit von Alt-Bundesrat Musy hinzuweisen, um zu zeigen, wie durch erkünstelten "Kampf gegen den Kommunismus" dem Faschismus Vorschub geleistet wird. Diesen Trick bringt am stärksten die römisch-katholische Hierarchie zur Anwendung.

Auch in Amerika wird auf diesem Umweg der Faschismus gezüchtet. Hierüber schrieb der Direktor der Houghton Company, Aaron E. Carpenter, in "The Houghton Line":
"Bei jeder vaterländischen Vereinigung, zu der ich gehöre (und ich gehöre mehreren an), scheint die Kommunistengefahr heutigentags das Hauptgesprächsthema zu sein. Persönlich bin ich der Ansicht, daß wir mehr durch den Faschismus als durch den Kommunismus gefährdet sind. Ich habe in allen Teilen des Ostens mit Arbeitern gesprochen und bin sehr wenigen Kommunisten begegnet. Wir haben sogar seit zwanzig Jahren einen in unserer Fabrik. Er scheint politisch ziemlich harmlos zu sein.

Auf der andern Seite muß jeder, der heute die Zeitungen liest, erkennen, wie für unser Land die Gefahr des Faschismus und des totalitären Staates besteht. Ich bedaure, auch sagen zu müssen, daß ich in den letzten zwei Jahren viele wohlhabende, gebildete und in ihren Gemeinden recht einflußreiche Menschen getroffen habe, die dem faschistischen Staat von Herzen zugetan sind. Die Vereinigten Staaten sind 160 Jahre lang ohne eine dieser beiden Formen des totalitären Staates ausgekommen, und meiner Meinung nach ist die eine Form. ziemlich ebenso schlecht wie die andere. Ich denke, daß viele vaterländische Vereinigungen und wohlhabende Menschen ihre Zeit und ihr Geld viel besser zur Abwehr des Faschismus als des Kommunismus verwenden würden.

Ich glaube, daß die Aussichten, Amerika kommunistisch zu machen, nicht einmal wie l zu 1000000 stehen; aber faschistisch kann Amerika werden, und die Amerikaner wollen keines von beiden."

Die größte Gefahr - die Propaganda der Hierarchie
Diese Propaganda wird nicht nur in Amerika durchgeführt, sondern auch für unser Land und andere Länder gilt sinngemäß das, was die amerikanische ,,Nation" in ihrer Nummer vom 4. Juni 1938 schrieb:

"Nichts am amerikanischen Horizont - weder die Reaktion im Süden noch die Schreckensherrschaft unter Baumwollpflückern, noch die tyrannischen Korporationen, noch die kalten Unterdrückungsmaßnahmen eines Hague - ist für das Jahrzehnt unseres Lebens so gefährlich wie die organisierte Propaganda der katholischen Hierarchie. Wir sagen 'Hierarchie', weil wir nicht glauben können, daß die Arbeiter und Geschäftsleute, aus denen sich die Masse der Katholiken Amerikas zusammensetzt, von den Vätern Curran und den Vätern Coughlin und den Kardinalen Hayes, die sich anmaßen, für sie zu sprechen, richtig vertreten werden.

In späteren Nummern werden wir über die Art, wie in den Schriften und den Reden von Mitgliedern der Hierarchie arbeiter-, fortschritts- und demokratiefeindliche Histerien entfacht werden, nähere Angaben machen. Hier wollen wir nur auf den Zusammenhang zwischen der faschistischen Gefahr und der Tätigkeit dieser größten Minderheitengruppe des Landes hinweisen."

Weitere Pressestimmen
Über die faschistischen Strömungen im politischen Katholizismus schrieb die "Berner Tagwacht" am 22. März 1939 unter anderem:

"Das erbarmungswürdige Schicksal der Tschechoslowakei richtet die Aufmerksamkeit auf die Rolle, welche auch bei dieser Katastrophe wiederum gewisse katholische Prälaten und katholische Kreise gespielt haben. Man weiß, daß katholische Prälaten und katholische Kreise schon in Deutschland Hitler in die Hände arbeiteten und seinen Aufstieg zur Macht begünstigten und erleichterten. Die Rolle des Herrn von Papen ist eindeutig in ihrer Zweideutigkeit ...

[Nach einem Hinweis darauf, daß im katholischen Lager auch ehrliche Gegner Hitlers vorhanden sind, schreibt das Blatt:]

Item, die Tatsache bleibt, daß Hitler schon in Deutschland seine Steigbügelhalter im Lager des politischen Katholizismus fand.

[Hierauf bespricht der Artikel den Fall Österreich und die Rolle des Kardinals Innitzer und fährt dann fort: ]

Jetzt haben wir den Fall der tschechoslowakischen Republik. Er wurde vorbereitet durch den slowakischen Separatismus, dessen Träger nicht das slowakische Volk ist - mindestens zwei Drittel wollten gar keine Trennung von der Tschechei. Die Träger des slowakischen Separatismus sind die faschistischen Hlinka-Garden, die geführt sind von katholischen Prälaten, deren Haupt, der Prälat Tiso, Hitler zu Hilfe rief. Wieder waren es katholische Kreise, die Hitler als Schrittmacher dienten, die Wege ebneten, die Vorwände lieferten.

[Einfügung man vergleiche dazu auch das nachfolgende von Trost publizierte Bild]

http://www.manfred-gebhard.de/30er20karikatur205.jpg

In der Schweiz ist der Repräsentant dieses merkwürdigen, mit dem Faschismus liebäugelnden Katholizismus der Bundespensionär Herr Alt-Bundesrat Musy. Herr Musy reist in den faschistischen Lagern des Auslandes herum, hält dort Vorträge, gilt als der spiritus rector der famosen Esap etc...

[Nach nochmaligem Hinweis auf faschistenfeindliche Gruppen, die im schweizerisch-katholischen Lager ebenfalls vorhanden sind, vor allem auf die Gruppe von der "Entscheidung", sagt der Artikel:]

Aber dies festgehalten, müssen wir doch erkennen und ins Licht stellen, daß im politischen Katholizismus faschistische Strömungen vorhanden sind, vor allem auf die Gruppe von der "Entscheidung", sagt der Artikel:
Aber dies festgehalten, müssen wir doch erkennen und ins Licht stellen, daß im politischen Katholizismus faschistische Strömungen vorhanden sind, nicht nur im Ausland, sondern auch in der Schweiz. Hinter Musy stehen gewisse, wieder von Prälaten angespornte Schichten von Jungkonservativen; Musy selbst ist mit seinem ganzen Tun und Gehaben von der katholischen Volkspartei geduldet, wurde nach öffentlichem Wissen noch nie zur Rechenschaft gezogen, spielt ungehindert seine Rolle.

Heute kann diese Rolle zu jeder Stunde verhängnisvoll werden. Österreich und die Tschechoslowakei gingen in erster Linie an der eigenen inneren Unsicherheit zugrunde. Der Faschismus darf hier um keinen Preis Stützpunkte finden. Jetzt muß Klarheit herrschen über jeden, der im öffentlichen Leben eine Rolle spielt. Jetzt muß man wissen, wo er steht und welche Kräfte hinter ihm wirken. Von den Parteien und Gruppen gilt das erst recht. Wir wollen in der Schweiz nicht erleben, daß Hitler plötzlich auch hier seinen Papen, seinen Innitzer oder seinen Tiso findet." -

Das ist deutlich genug gesagt. Vor Jahren hätten Tageszeitungen nicht in dieser Weise geschrieben. Damals wurde über TROST (bzw. DAS GOLDENE ZEITALTER) und die Schriften der "Waten Tower Society" gehöhnt, wenn sie - schon vor Jahren! - erklärten, daß der Faschismus und alle seine Abarten von der römisch-katholischen Hierarchie geschürt werde. Es ist gut, wenn durch klare Worte die Tatsachen gezeigt werden, wie sie sind. Doch sind es eben nur Worte, und auf der Gegenseite steht - die rohe Gewalt.

Die römisch-katholische Hierarchie steht mit auf der Seite der rohen Gewalt, wie durch die Ereignisse der letzten Jahre überreichlich bewiesen wurde. Sie will gemeinsam mit ehrgeizigen Diktatoren die Welt beherrschen und dies dann als die Herrschaft Christi ausgeben. Das gehört zum "Greuel der Verwüstung", der sich an eine Stelle setzt, wo er nicht hingehört. ..."

Und ergänzend übernimmt „Trost dann noch eine Zeitungs-Karikatur, die ihm zum Thema angemessen erscheint.

http://www.manfred-gebhard.de/T39.6.jpg

Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 28. Juni 2009 06:32
Folgt man einem Internettext, dann habe der «Anzeiger von Saanen» im Berner Oberland just zu jenem Zeitpunkt sein 125-jähriges Bestehen gefeiert. www.kleinreport.ch/meld.phtml?id=32129 (Stand Dezember 2005)
Und weiter:

"Der «Anzeiger von Saanen» erscheint zweimal wöchentlich in einer Auflage von knapp 5500 Exemplaren und deckt 85% aller Haushalte in der Region Gstaad-Saanenland ab."

Nun ja, es dürfte sicherlich Presseorgane geben, welche eine größere Auflage und Bedeutung haben. Gleichwohl hat es schon immer Lokal-Zeitungen gegeben und wird es wohl weiterhin geben.

In besagter Zeitung lies nun ein Herr Fritz Gerber
(laut "Trost" ist selbiger Lehrer von Beruf) in der Ausgabe vom 10. 12. 1938 einen Beitrag abdrucken, welchem er die Überschrift gab "Laienhafte Gedanken zu den Schöpfungs-Drama Aufführungen veranstaltet von Jehovas Zeugen, Berner Oberland."

In der "Trost"-Ausgabe vom 1. 6. 1939 kommt selbiges nun auf diesen Artikel zu sprechen. Unfraglich ziemlich "verstimmt" reagiert "Trost" darauf. Es muss zwar einräumen, auch der Herr Lehrer habe das Recht, sich - kritisch - mit den Zeugen Jehovas auseinander zu setzen. Gleichwohl lässt es keinen Zweifel darüber aufkommen, es wäre ihm lieber, besagter "Anzeiger von Saanen" hätte diesen Beitrag nicht veröffentlicht.

Eine Kostprobe aus der diesbezüglichen „Trost"-Replik:

„Niemand von den Zeugen Jehovas hat behauptet, im "Schöpfungs-Drama" erstklassige künstlerische Leistungen zu bieten; dies ist die Aufgabe anderer Institutionen; und wenn Sie bei "freiem Eintritt" solche erwarteten, so müssen wir mit Bedauern feststellen, daß Sie die Anzeigen und Bekanntmachungen nicht sorgfältig gelesen haben."

Nun ja, da mag der Herr Lehrer also mit verkehrten Erwartungen die diesbezügliche Veranstaltung besucht haben. So etwas soll im Leben vorkommen, auch andernorts. Und - ist das ganze nun wert, eine Pressepolemik zu entfachen? Hatte es „Trost" so nötig, darauf so zu reagieren?!

Bemerkenswert. Der besagte Lehrer wird nun von „Trost" nach „Strich und Faden" kritisiert. Aber den eigentlichen „Stein des Anstoßes" als Komplettext, gibt „Trost" seiner Leserschaft nicht zur Kenntnis. Nun denn, so mag an dieser Stelle dieses Versäumnis zumindest teilweise „ausgebügelt" werden, indem einige wesentliche Aussagen des inkriminierte Text aus dem „Anzeiger von Saanen" noch zitiert werden. Dann kann sich ja jeder seine eigene Meinung zu dieser Kritik des Herrn Lehrer bilden.

Letzterer schrieb:

Diese "ernsthaften Bibelforscher" ziehen den Inhalt der Bibel durch solche Veranstaltungen ins Gemeine und Lächerliche. Sie trivalisieren und karikierend die letzten Fragen.
Der Ausruf des Redners:
"Wer die Bibelforscher abweist, schadet sich selbst" ist eine freche Behauptung. Im Gegenteil, durch diese Art von Vorführungen wird die Hohlheit und Oberflächlichkeit des "Sendboten Gottes" aufs schlagendste bewiesen, und wer sie abweist schadet sich auf keinen Fall.

Die gezeigten farbigen Lichtbilder waren Kitsch allerschlimmster Sorte. Die gewaltigen Bilder der Schöpfung (Anfang der Bibel) im Film zeigen zu wollen, das zeugt von einer Ahnungslosigkeit sondergleichen. Glaubt einer ernsthaft, daß sich solch großartige Geschehnisse wie die Erden-Pflanzen-Tier oder Menschenerschaffung so seicht und billig darstellen lassen?

Adam und Eva waren keine Menschen, sondern moderne Filmschauspieler mit theatralischem Gebaren und angelernt "reizend-verführerischem" Augenaufschlag. Einfach lächerlich und banal zu schauen.

Die anfangs erwähnten Sätze, daß die Veranstaltungen zu Gottes Ehre getroffen worden seien, daß durch solche Filme edles Menschentum gehoben und gefestigt werde und daß so der zerrütteten Zeit geholfen werden könne, müssen sich bei näherem Zusehen als leere alberne Phrasen erweisen. Im Gegenteil, die Zeugen Jehovas helfen wacker mit, die Kluft zwischen dem was die Bibel ist und sein sollte und dem wozu sie von so vielen Leuten gemacht wird, nur noch weiter zu öffnen.
Darum ist die Behauptung des Redners: "Niemand anders als den Zeugen Jehovas ist die Gnade zuteil geworden, das göttliche Wort zu verbreiten" im höchsten Grade blasiert und anmaßend. Gegen eine solche Verbreitung des göttlichen Wortes muß man sich verwahren. Wer vorgibt, mit Film, Radio, Grammophon und Lautsprecher, "im Auftrag Gottes" Bibelverständnis zu fördern ist ein hohler Schwätzer und muß energisch bekämpft werden."


Zur Vervollständigung dann auch noch der Text des „Offenen Brief an den Lehrer Fritz Gerber, in St. Stephan", aus „Trost" vom 1. 6. 1939:
„Sie hielten es für notwendig, gegen die Verbreitung des göttlichen Wortes durch Lichtbild, Film, Radio, Grammophon und Lautsprecher im , .Schöpfungs-Drama" der Zeugen Jehovas, Bemer Oberland, durch eine Kritik im "Anzeiger von Saanen" (Ausgabe vom 10.12. 38) Verwahrung einzulegen. Natürlich haben Sie dazu gemäß der Schweiz. Bundesverfassung ein Recht, welches wir jederzeit respektieren.

Ins Unrecht aber haben Sie sich gesetzt vom göttlichen Standpunkt aus, indem Sie die absolut uneigennützigen, selbstlosen Bemühungen der Zeugen Jehovas, Gottes Wort und Namen zu erhöhen und den interessierten Mitmenschen zu einer besseren Erkenntnis der biblischen Wahrheit zu verhelfen, in gemeinster Weise herabsetzen und lächerlich machen. Wir hielten es als eines Christen unwürdig, sofort auf ihre flegelhaften Anwürfe einzugehen, wissend, daß man auch den Herrn Jesus und seine treuen Apostel um der Wahrheit willen schmähte und verfolgte. Da wir aber gelegentlich eines Besuches unserer dortigen Freunde feststellen mußten, daß gewisse kirchliche Kreise Ihre, eines gebildeten Mannes unwürdige Kritik als Handhabe zu einer hemmungslosen Hetze gegen uns benutzten und noch fortfahren, dies zu tun, sehen wir uns gezwungen. Ihre Verdrehungen und Verleumdungen öffentlich richtig zustellen.

Sie bezeichnen die Zeugen Jehovas als »hohle Schwätzer" und als "Schrittmacher zu Unkultur und Niedergang", die "mit ihrem Gedankengut - besessen von einer Bekehrungswut -Hausierhandel betreiben"; unsere Filme als solche, "die Zirkus- und Schundfilmen sehr stark gleichen"; unsere Musikdarbietungen als "schändlichen Unfug" und unsere Lichtbilder als "Kitsch allerschlimmster Sorte".

Demgegenüber empfehlen Sie: "Man lasse einmal die Zartheit, Schlichtheit und das Unsentimentale der Weihnachtsgeschichte der Bibel auf sich wirken"; ferner "Darstellungen der Weihnachtsgeschichte von alten Malern oder auch nur einen alten, einfachen Weihnachtschoral".

Wir können nicht umhin, unserem Erstaunen über Ihre Naivität Ausdruck zu geben; denn als Mann der Bildung vom Lehrerfach sollten Sie wissen, daß es auf Erden nicht zwei Menschen gibt, die in allem einander gleichen. Wenn Sie Gefallen finden an den Dingen, die Sie in Ihrem Artikel empfehlen, so ist dies ohne Zweifel Ihre persönliche Sache; und bestimmt wird Sie kein Zeuge Jehovas daran hindern, noch wird jemand von uns sich unterstehen, sie herabzusetzen und lächerlich zu machen. Mit vollem Recht würden Sie ein solches Unterfangen als Vermessenheit und Überheblichkeit bezeichnen.

Von Ihnen aber hätten wir zuletzt erwartet, daß Sie sich dazu hergeben, den Gottesdienst bibelgläubiger Menschen und wahrer Christen zu verspotten und verächtlich zu machen. Zweifellos gibt es Menschen in der Welt, denen als geistige Nahrung die Betrachtung eines Bildes, das Lesen eines Bibeltextes oder das Anhören eines Chorals vollauf genügt. Sie müssen indes zugeben, daß es Millionen anderer gibt, die mit ganzer Kraft danach streben, ein Verständnis der bis jetzt unverständlichen Aussprüche des Wortes Gottes zu erlangen, und sie sind damit auf dem rechten Wege, denn der Herr Jesus sagt: "Ihr forschet in der Schrift, weil ihr glaubet das ewige Leben darin zu finden, und sie ist es, die von mir Zeugnis gibt" (Joh. 5: 39, Allioli). Der Apostel Paulus sagt: "Diese aber [in Beröa] waren edler als die in Thessalonich; sie nahmen mit aller Bereitwilligkeit das Wort [der Verkündigung] auf, indem sie täglich in den Schriften forschten, ob dies sich also verhielte" (Apostelgeschichte 17: 11).

Während man in früheren Zeiten zur Erreichung dieses erhabenen Zieles lediglich das geschriebene und gesprochene Wort zur Verfügung hatte, schenkte der Herr in der heutigen Zeit seinem Volke das Radio, Lautsprecheranlagen, Grammophone, Lichtbilder und Filme, um den nach Wahrheit Hungernden und Dürstenden "die Speise zur rechten Zeit" zu vermitteln und darzureichen. Es steht geschrieben: "Lobet Gott in seinem Heiligtum; ... lobet ihn mit Posaunenschall; lobet ihn mit Harfe und Laute! Lobet ihn mit Tamburin und Reigen; lobet ihn mit Saitenspiel und Schalmei! Lobet ihn mit klingenden Zimbeln; lobet ihn mit schallenden Zimbeln!" (Psalm 150). Das waren in alten Zeiten die Hilfsmittel zum Lobpreis des Namens Jehovas.

Die modernen Mittel zur Volksaufklärung sind seit vielen Jahren erprobt und als hervorragend erfunden worden. Dies ist eine in der ganzen Welt so bekannte Tatsache, daß man sich wundert, von einem Lehrer einen Sturmlauf dagegen zu erfahren. Niemand von den Zeugen Jehovas hat behauptet, im "Schöpfungs-Drama" erstklassige künstlerische Leistungen zu bieten; dies ist die Aufgabe anderer Institutionen; und wenn Sie bei "freiem Eintritt" solche erwarteten, so müssen wir mit Bedauern feststellen, daß Sie die Anzeigen und Bekanntmachungen nicht sorgfältig gelesen haben. Es sollte Ihnen nicht schwerfallen, zu verstehen, daß der beabsichtigte Zweck unserer Veranstaltungen auf einem ganz anderen Gebiet liegt, und dieser Zweck - die Menschen über die Bibel aufzuklären - wird im "Schöpfungs-Drama" vollständig und zur Zufriedenheit der weitaus größten Zuhörerschaft erreicht. Aus einer großen Anzahl von zustimmenden und ermutigenden Mitteilungen seien nur die folgenden hervorgehoben:

"Diese drei Abende des ,,Schöpfungs-Dramas sind eine geistig hochwertige Veranstaltung." - "Es ist ein wahres Erlebnis, dieser letzte Abend des "Dramas". - »Der Besucher vernimmt keine Moralpredigten, keine 'frommen Sprüche', sondern er erfährt in wohltuender Offenheit die Wahrheit über Dinge, die für jeden Menschen guten Willens von lebenswichtiger Bedeutung sind."- "In der
Tat, nicht diplomatische Vertuschung, sondern die offene Wahrheit" usw.

Sollten Sie mit Ihren Verleumdungen beabsichtigt haben, die sogenannte "christliche Religion" oder das Kirchen- und Priestertum zu verteidigen, so muß gesagt werden, daß Sie Ihre Lanze vergeblich gebrochen haben; denn wir besitzen die Zeugnisse vieler bedeutender Männer des In- und Auslandes, daß heute wahres Christentum weit mehr außerhalb der Kirchensysteme als innerhalb derselben zu finden ist.

Wir verweisen nur auf bekannte Äußerungen des im Jahre 1919 verstorbenen Bundesrates Müller, Sohn eines Pfarrers, und des Theologen L. Reinhardt. Die Zitierung einiger anderer Gelehrten, wie Goethe, Pestalozzi und Schopenhauer, während des "Schöpfungs-Dramas", geschah durchaus nicht zur Unterstützung der Lehren der Zeugen Jehovas - dazu ist die Heilige Schrift allein vollständig ausreichend -, sondern lediglich zur Erhärtung der Beweise, daß das Kirchen- und Priestertum der sogenannten "christlichen Religion" von Gott und Christus Jesus abgefallen und zum Feinde übergegangen ist.

Zu Ihrer Beruhigung sei noch erwähnt, daß man dem "Schöpfungs-Drama" nicht nur- in Saanen und Zweisimmen so reges Interesse und eine solch große Aufmerksamkeit entgegenbrachte, sondern auch in allen größeren und kleineren Städten der Schweiz, Deutschlands (als es noch frei war), Englands, Amerikas und in mehr als fünfzig anderen Ländern der Erde. Den Vorwurf, Jehovas Zeugen würden mit ihrem Gedankengut - besessen von einer Bekehrungswut - Hausierhandel treiben, haben Sie ohne Zweifel gegen bessere Erkenntnis erhoben, einzig und allein aus dem Wunsche, zu beleidigen und zu verletzen; denn Sie müssen zugeben, daß niemand von Ihnen Geld gefordert hat während der drei Tage, da Sie unser Gast gewesen sind. Auch müssen Sie bestätigen, daß Sie während dieser Zeit und auch sonst niemals von einem Zeugen Jehovas belästigt worden sind, in der Absicht, Sie zu bekehren. Wenn diese Zeugen von Haus zu Haus im Jahre ein- oder zweimal ein Schriftchen kostenlos anbieten, so geschieht dies niemals in der Absicht, Sie zu bekehren, sondern von dem Wunsche beseelt, Ihnen damit im Gehorsam gegen das Gebot Gottes und des Herrn Jesus Christus zu helfen, die kommenden ernsten Ereignisse sowie das Vorhaben Gottes mit der Menschheit, wie im Buch der Bücher aufgezeichnet, zu verstehen. Es wird von uns bestimmt niemand ungehalten sein, falls Sie diesen Dienst ablehnen sollten.

Sie erhoben weiter den Vorwurf, Jehovas Zeugen seien hochmütig und anmaßend, indem sie sich als "Freunde der Wahrheit" und "Sendboten Gottes" bezeichneten und behaupten, "im Auftrag Gottes" zu wirken. Wie eigenartig! Man hat doch noch niemals gelesen, daß Sie gegen die Titel der Päpste, Kardinale, Bischöfe und anderer "Hochehrwürden" protestiert hätten. Würden Ihre Zeilen vom Geiste des Eifers für wahres Christentum diktiert sein, so hätten Sie innerhalb der "christlichen Religion" mehr als genügend Stoff zur Kritik; aber wie es scheint, sind Sie ein Eiferer gegen jede Neuerung und ein Anbeter alles Alten. Aber Sie sollten verstehen, daß Gottes Wort viel älter ist als die "christliche Religion", und weil der Herr Jesus sagt: "Siehe, ich sende euch", darum sagt der Apostel Paulus: "So sind wir nun Gesandte für Christum" (Matth. 10:16; 2. Kor. 5: 20). Was ist demnach vernünftiger, als daß die an Gott und Christus Jesus Glaubenden sprechen: "Wir handeln im Auftrag Gottes?"

Zum Schlusse sei noch gestattet, auf die vorbildliche Haltung eines Lehrers in Israel hinzuweisen, der, als eine Horde verblendeter Juden die Arbeit der Apostel des Herrn zu stören suchte, aufstand und sagte: "Stehet ab von diesen Menschen und lasset sie, (denn wenn dieser Rat oder dieses Werk aus Menschen ist, so wird es zugrunde gehen; wenn es aber aus Gott ist, so werdet ihr sie nicht zugrunde richten können,) damit ihr nicht gar als solche erfunden werdet, die wider Gott streiten" (Apostelgeschichte Kap. 5: 38, 39).
VEREINIGUNG JEHOVAS ZEUGEN
Sekretariat Bern."


Schon vom Volumen her übersteigt diese „Trost"-Antwort den Ausgangs „Stein des Antoßes" um ein Vielfaches. Auffällig auch, wie da diesem Lehrer Motivationen und Aussagen unterstellt werden, die sich in dem Ausgangs-Zeitungsartikel überhaupt nicht nachweisen lassen. Was dann ja wiederum charakteristisch für die Zeugen Jehovas in Vergangenheit und Gegenwart ist!
Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 29. Juni 2009 06:58

In kommentierter Form berichtet „Trost" in seiner Ausgabe vom 15. 6. 1939:
„Papst Eugenio Pacelli macht kein Hehl daraus, wie sehr die römisch-katholische Kirche den Sieg der vereinigten Faschisten in Spanien herbeisehnte. Sein Glückwunschtelegramm an Franco anläßlich der Kapitulation Madrids hat diese sonderbaren "väterlichen Gefühle" aller Welt kundgetan.

Viele Katholiken aber sahen hierin nichts anderes als eine übliche Gratulation zwischen zwei Staatsoberhäuptern, wie sie in der heutigen Welt gang und gäbe ist. Erst als die katholische Kirche in Bern "die Freunde des neuen Spanien" zu einem feierlichen Tedeum einlud, kam es einigen zum Bewußtsein, wo diese Kirche steht. Die Basler "National-Zeitung" vom 12. April 1939 veröffentlicht unter der Überschrift "Mißbrauch der Kirche" folgende interessante Zuschrift:

"Von katholischer Seite wird uns geschrieben: Aus einer auch durch einen Teil der Presse verbreiteten Mitteilung der spanischen Gesandtschaft geht hervor, daß am Ostermontag in Bern ein feierliches Tedeum für die während des Krieges in Spanien gefallenen Soldaten stattfand. Es handelt sich hier wieder um einen Mißbrauch der Kirche zu rein politischen Zwecken, der vom religiösen Standpunkt aus nur bedauert werden kann.

Daß ein solcher Mißbrauch vorliegt, beweisen die Veranstalter dieses seltsamen Gottesdienstes selbst. Wenn es ihnen tatsächlich um eine religiös-kirchliche Ehrung der Toten der blutigen spanischen Wirren zu tun wäre, müßten sie ein in solchen Fällen übliches Requiem abhalten lassen und nicht die 'Freunde des neuen Spanien' zu einem feierlichen Tedeum einladen.

Weite katholische Kreise, die aus den Ereignissen gelernt haben, berührt es schmerzlich, zu sehen, daß auch bei uns die Kirche sich einseitig in den Dienst politischer Mächte spannen läßt, und sie fragen sich, ob es in heutiger Zeit gerade die Aufgabe der Kirche sein kann, eine blutige Tragödie, wie sie nun einmal der spanische Bürgerkrieg darstellt, in Form von Dankgottesdiensten zu feiern und zu verewigen."

Ein Requiem hat mehr Trauercharakter, es wird dabei der "Seelen Verstorbener" gedacht; während das Tedeum ein Lobgesang bei Dankesfeiem ist.

Der offenbar katholische Einsender jener Zeilen in der "National-Zeitung" versteht also nicht, warum seine kirchlichen Oberen über das spanische Elend nicht eher trauern, statt zu jubeln. Warum sollte die Hierarchie darüber Klagelieder singen lassen, daß in Spanien jetzt wieder "die alte christliche Tradition" gilt, nämlich: der "Peterspfennig" wieder regelmäßig nach Rom fließt?

Wie konnte sich auch das spanische Volk unterstehen, dieser alten Tradition im Jahre 1931 ein solch plötzliches Ende zu bereiten! Nun ist dieses Volk kirre gemacht und wahrscheinlich auf lange Zeit geheilt von seiner demokratischen, "unchristlichen" Ideologie. Nun besteht die Aussicht, daß es wieder im Verein mit den meisten übrigen Völkern der Welt vor dem Wagen der römisch-katholischen Hierarchie herläuft und das päpstliche Joch trägt.

Die Kirchen und Klöster werden nun voraussichtlich wie Pilze aus der Erde schießen; Presse, Radio, Schulen, Jugenderziehung usw. werden unter die Kontrolle der Jesuiten gestellt werden, und das spanische Volk kann die Rechnung bezahlen. Ist mit der Feier in Bern ein "Mißbrauch der Kirche" erfolgt? Aber nein! Die römisch-katholische Kirche ist mit ihrer in Bern bekundeten Einstellung in ganz normalem Fahrwasser. Die Schwierigkeit bei einigen scheint nur darin zu liegen, daß sie von ihrer Kirche mehr erwarten, als diese zu geben gewillt ist. Gute Katholiken fragen und kritisieren nichts. Sie "überlassen das Denken ihren geistlichen Oberen; andernfalls - so lehrt man sie - machen sie sich einer Todsünde schuldig, und es droht ihnen die Exkommunikation. Mit diesen Methoden und mit solch eingeschüchterten Gläubigen ist die Hierarchie lange Zeit gut gefahren. ..."

Thematisch sei auch auf jenes der Presse entnommene Bild hingewiesen, welches „Trost" in seiner Ausgabe vom 15. 7. 1939 präsentiert, mit dem dazugehörigem Begleittext. (Begleittext rechtsseitig am Bild, also etwas scrollen).
http://www.manfred-gebhard.de/Franco.jpg
Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 30. Juli 2009 04:36

In der Ausgabe vom 5. 4. 1939, war in der in der Schweiz erscheinenden "Schaffhauser Zeitung" in der Rubrik "Aus Welt und Kirche" unter der Überschrift
"Der Geschäftsbericht der amerikanischen Bibelforscher" unter Berufung auf die Katholische Nachrichtenagentur "Kipa" zu lesen
:

"Im zwei Mal wöchentlich in Chicago erscheinenden "Ken" hat Kermit Kahn die Bibelforscher als "einen ungeheuer reichen, scharf ausgeprägten Kult mit weltumfassenden Verzweigungen" beschrieben.

Von dort (Brooklyn) aus wird die weltumspannende Tätigkeit der Gesellschaft geleitet, die in den ausländischen Staaten - genau gesagt in 45 - vertreten ist und ihre Bureaus sogar an abgelegenen Orten wie Java und Trinidad besitzt. Ihre unglaublich umfangreiche Literatur wird in 88 Sprachen, darunter sogar in der Zulusprache publiziert

Kein Kult wird in den Vereinigten Staaten so starke propagiert wie die Zeugen Jehovas. Jedes Mittel der modernen Reklametechnik wird zur Verbreitung des Evangeliums verwendet, das von der Ankunft einer neuen Zeit spricht, wo Gott wieder über die Erde herrschen wird.
Auf den großen Landstraßen werden die Motorfahrer bei jeder Straßenkehre mit dem Schlagwort "Millionen Lebender werden nicht sterben!" begrüßt. Die ganze amerikanische Landschaft ist mit den von Richter Rutherford erfundenen Schlagwort überpflastert: es ist an den Telegraphenstangen, an den Plakatsäulen, in den Bergkurorten, an den Felsen zu finden.

Im Jahre 1937 verbreiteten 339 Radiostationen 18 000 mit ungeheuren Gebühren bezahlte Radioprogramme der Zeugen Jehovas, meistens Reden des Richters Rutherford. Ab 1937 vertrieben die Proteste der Kirchenfürsten die Reden von den meisten Radiostationen.

Kardinal Dougherty von Philadelphia beschuldigte Richter Rutherford der Stiftung religiösen Unfriedens und religiösen Hasses und verlangte dessen Ausschluß von der Station W. J. P. in Philadelphia. Der Richter antwortete mit einer
200 000-Dollar-Verleumdungsklage, die abgewiesen wurde.

Aber W.J.P. weigerte sich, dem Richter weiterhin Sendezeit zu verkaufen und andere Stationen folgten unter ähnlichem Druck ihrem Vorgehen nach. Seit letzten Herbst ist der Richter nur noch über 8 Stationen zu hören, an denen seine blühende Organisation große finanzielle Interessen hat oder die in ihrem eigenen Besitz stehen. Des Radios beraubt, hat der Richter zu anderen Propagandamitteln gegriffen.

Vom bezahlten Wort stammt die größte Propaganda und das größte Einkommen. Die literarische Produktion der Zeugen Jehovas zwingt Bewunderung ab. Im letzten Jahr wurden 24 Millionen Bücher und Traktätchen verteilt. Dazu werden
Phonographen und Platten zu anständigen Preisen abgesetzt. Rutherford kann wohl über die Bankiers herfallen, aber als Chef der Zeugen Jehovas ißt er selber ein Industriekapitän."


Neben der zitierten "Schaffhauser Zeitung" brachte - ebenfalls unter Berufung auf "Kipa" die "Thurgauer Zeitung" und die "Freiburger Nachrichten" ähnlich lautende Artikel.

Wie man unschwer erraten kann, war die WTG ob solcher Kritik nicht sonderlich erfreut. Prompt kommentierte sie unter Überschrift "Armselige Kritik" in der "Trost"-Ausgabe vom 1. 7. 1939, diesen "Kipa"-Artikel.
Schon einleitend wird diese "Kipa" mit den Worten bedacht:


"Die KIPA, wenn auch literarisch nicht so erbärmlich tiefstehend wie die SPK., hat mit dieser das eine gemeinsam, eine katholische Pressekorrespondenz zu sein, und darum findet man auch bei ihr die übliche tendenziöse und wahrheitswidrige Presse-Informierung."

A ja diese vermeintlich "wahrheitswidrige Presse-Informierung" muss dann aber doch wohl noch soviel Qualität gehabt haben, dass "Trost" es nicht wagt, den inkriminierten Artikel im eigentlichem Wortlaut vorzustellen, sondern nur in kommentierten Auszügen.

"Kipa" wird dann von "Trost" mit den Worten belehrt:

"Die eigentliche Tendenz des Artikels ist, das Werk der Zeugen Jehovas zu einem Propagandabetrieb mit finanziellen Zielen herabzuwürdigen, also die Sache so darzustellen, als ob bei ihnen ein "reicher Kult" von einem einträglichen Geschäft gespeist würde.

Nun, die katholische Kirche verkauft gegen Geld "geistliche Werte", die keine sind, verkauft Ablässe, die keine sind, verspricht gegen Entgelt Fegefeuer- und sonstige Hilfen, die keine sind. ...

In dem, was Jehovas Zeugen tun, sind geistige Werte jedoch niemals zum Gegenstand des Geldschachers gemacht. Man möge dort Kritik üben, wo es anders ist. Über die Bibelforscher schreien die einen: "Ihre Bücher sind ja so spottbillig, daß da unbedingt noch dunkle Geldgeber vorhanden sein müssen." Die andern wieder behaupten, der Literaturvertrieb der Zeugen Jehovas sei "ein Bombengeschäft". In beiden Fällen dreht sich das Geschwätz um den schnöden Mammon. Aber: am Golde hängt, nach Golde drängt nicht alles! Ist das den armseligen Kritikern, die hinter dem KIPA-Artikel stecken, so unbegreiflich?...

Richter Rutherford fällt nicht - wie es in jenem Artikel heißt - "über die Bankiers her", wenngleich er für die Hochfinanzier die Aussichten, an den Segnungen des Königreiches Gottes Anteil zu haben, nicht günstiger darstellt, als es Jesus im Gleichnis vom Kamel und Nadelöhr selber lehrte. Die Bankiers in Schutz zu nehmen, kann allerdings ihren religiösen Verbündeten überlassen bleiben. ..."

Da hatten also die "Kipa" und die hinter ihr stehenden katholischen Kreise "ihr Fett weg". Hätten sie argumentiert um ein Beispiel aus der Neuzeit zu nennen. Die Inhaber der Supermarktketten "Aldi" und "Lidl", obwohl ihre Preisgestaltung oftmals für den Verbraucher günstiger ist als in anderen Vergleichsunternehmen. Besagte Inhaber sind trotz vorstehender Umstände persönlich reich geworden. Hätte "Kipa" so argumentiert, hätte es in der Frage der Finanzen wahrscheinlich treffsicherer argumentiert. Hat es aber nicht, auch das muss gesagt werden. Und prompt damit den Zeugen dem "Heimvorteil" gegeben, dass die "Kipa"-Kritik ins Leere traf.

Weiter kam der zitierte Artikel auch noch auf Rutherford's Radioambitionen zu sprechen. Dazu nun schreibt "Trost":


"Die Proteste amerikanischer Kirchenfürsten hätten Jehovas Zeugen von den meisten Radiostationen vertrieben? Das ist falsch. Solchen Einfluß haben unduldsame Religionisten in den Vereinigten Staaten zum Glück nicht. Ihre Aktionen, bei denen mit Boykott und Gewaltandrohung gearbeitet wurde, hatten nur bei verhältnismäßig wenigen Radiostationen Erfolg, waren aber immerhin der Anlaß zu den auch in jenem KIPA-Artikel erwähnten - als einziges gesetzliches Mittel möglichen - Schadenersatzklagen, die sich gegen mehr als 40 römisch-katholische Geistliche richten und noch nicht zum Abschluß gekommen sind. Auch im Prozeß gegen Kardinal Dougherty ist noch nicht das letzte Wort gesprochen."

Nun denn: Rutherford's Radio-Eskapaden sind inzwischen Geschichte. Und aus dieser rückblickenden Sicht kann man sehr wohl sagen: Er hat diesen Kampf letztendlich verloren. Damals indes wollte man sich das so noch nicht eingestehen. Und getreu dem Motto: Wenn man einsam im Wald ist, singt man, belehrt "Trost" weiter:

"Die Zeugen Jehovas schränkten ihre Rundfunktätigkeit in den Vereinigten Staaten gerade wegen der auch in jenem Artikel erwähnten "ungeheuren Gebühren" von sich aus ein, weil sie in den Tonapparaten und Sprechplatten ein besseres Mittel fanden. Wenn sie wollen, stehen ihnen in den Vereinigten Staaten auch heute noch Hunderte von Rundfunksendern zur Verfügung. Bei ihrem nächsten Kongreß (vom 23. bis 25. Juni in New York) wird man das wieder erleben.
Über 100 Stationen werden für diesen Anlaß zu einem Sendenetz zusammengeschlossen."


Unfraglich hatten die im Dienste der WTG stehenden Rechtsanwälte zur damaligen Zeit fiel zu tun. Davon kündet dann wohl auch noch die nachfolgende Notiz in der gleichen Ausgabe von "Trost":

"PLAKATTRÄGER IN NEW YORK
Von jeher wurden Plakate mit allen möglichen Bekanntmachungen durch die Straßen New Yorks getragen. Wen sie interessierten, der las sie, wen nicht, der ging einfach daran vorbei. Auch Jehovas Zeugen benutzten dieses Mittel, um die New Yorker auf größere Veranstaltungen, Rundfunkvorträge, eine besonders wichtige Broschüre etc. aufmerksam zu machen.

Dann setzte eine Propaganda gegen das Umhertragen von Plakaten ein, vielleicht geschürt von solchen, die öffentliche Hinweise auf eine dem religiösen Irrtum abträgliche Wahrheitsbotschaft nicht vertragen können, jedenfalls aber damit begründet, daß das Straßenbild durch Plakat-Umhertragen verunstaltet werde, was besonders für die Zeit. der Weltausstellung nicht geschehen dürfe.

Es wird wohl einigen dieser "Verschönerungsapostel" schon bekannt gewesen sein, daß Jehovas Zeugen für den 23. bis 25. Juni in New York einen großen Kongreß vorbereiteten und dafür wieder lange Plakatträger-Kolonnen aufstellen würden.

Jedenfalls wurde Polizeikommissar Valentine dahingehend bearbeitet, eine Verkehrsvorschrift gegen das Umhertragen von Plakaten in den Straßen New Yorks zu erlassen, und das tat er auch.
Die Vorschrift sollte am l. April in Kraft treten.

Nun verstößt sie aber ganz offen gegen eine kürzliche Entscheidung des Obersten Gerichtshofes der Vereinigten Staaten mit Bezug auf Preßfreiheit und verwandte Gebiete, und hierauf machte der Rechtsbeistand der Zeugen Jehovas die New-Yorker Polizeibehörden aufmerksam und bemerkte, daß Jehovas Zeugen angesichts des guten Einvernehmens, das zwischen ihnen und der New-Yorker Polizei stets geherrscht hat, bedauerte, die Rechtsgültigkeit dieser Polizeivorschrift bestreiten zu müssen, weshalb sie auch weiterhin von ihrem Recht, Plakatträger-Kolonnen durch die Straßen New Yorks gehen zu lassen, Gebrauch machen würden.

Am gleichen Tage, wo die Vorschrift in Kraft treten sollte, gingen 180 Zeugen Jehovas kolonnenweise mit Plakaten durch Nieder-Manhatten in New York. Keiner von ihnen wurde belästigt; die Polizisten zeigten sich so freundlich wie immer, stoppten den Verkehr, damit die Kolonnen vorüberziehen konnten, und einige von ihnen zeigten sich an der bekanntgemachten Botschaft "Freiheit oder Faschismus" sehr interessiert.

In New York läßt man also die Verfassung und die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes der Vereinigten Staaten noch gelten."


Beispiele solch gepriesener Plakatträger

Übrigens, auch in dem neuen Buch von
Barbara Kohout
kann man, dann bezogen auf Deutschland, solch ein Plakatträgerbild vorfinden

Letzteres ist in den Kontext von Zeugen Jehovas-Veranstaltungen der frühen 1950er Jahre einzuordnen, wie auch etwa nachfolgendes Bild

Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 31. Juli 2009 05:33

Auf den zeitgenössischen Artikel bezüglich der Hitler'schen KZ, welcher auch in der Schweizer Presse "herumspukte", wurde schon früher eingegangen siehe dazu:
Zynismus
Selbiger wurde in der "Trost"-Ausgabe vom 15. 7. 1939 vorgestellt und kommentiert.

Ergänzend sei noch aus dem "Trost"-Bericht zitiert:
" Der Lagerkommandant will sogar einen Genfer als Zeugen Jehovas in Hamburg verhaftet haben. Das ist alles Schwindel. Er habe 250 Leute im Telephonbuch angezeichnet gehabt. In Wirklichkeit hat es in Hamburg noch nicht einmal 10 Zeugen Jehovas
gegeben, die Telephon besaßen."


Auch den nachfolgenden "Trost"-Widerspruch zu diesem Artikel wird man wohl als berechtigt anerkennen müssen:
" Auch das ist nicht wahr. Sie (Jehovas Zeugen) hatten in Hamburg niemals eine Druckerei, weder eine öffentliche noch eine geheime."

Insbesondere die Druckerei-Geschichte war ja in dem Ursprungsartikel relevant mit herausgestellt worden. Dazu muss man dann wohl sagen. Der Nazi-Gewährsmann des Journalisten gab mündliche Auskunft, quasi aus dem Stegreif. Da ist ihm offenbar einiges durcheinander gekommen. Höchstwahrscheinlich dürfte die Story über eine ausgehobene Druckerei sich auf kommunistische Kreise beziehen.

Eine Presse-Nachricht erschien "Trost" in seiner Ausgabe vom 15. 7. 1939 besonders wert, auch seiner Leserschaft weiter gegeben zu werden. Die über den amerikanischen Katholiken Coughlin. Über letzterem las man in "Trost":


Pater Coughlin in USA.
Pater Coughlin wird allgemein als ein billiger Propagandist, Faschist und Lügner angesehen, der Rassenhaß predigt.
Es ist keine Frage, wo er steht; aber es ist eine Frage, wieviel Leute hinter ihm stehen und welches seine Stellung innerhalb der katholischen Kirche ist.
Über die Zahl seiner Anhänger herrscht nur Rätselraten, ebenso weiß man nicht einmal, ob sie größer oder kleiner geworden ist. Viele seiner Zuhörer kommen aus purer Sensationslust; da aber seine Reden eine Mischung von Antisemitismus und pseudo-sozialen Reformvorschlägen enthalten, da er häufig soziale Ungerechtigkeiten kritisiert, und da er sogar vorgibt, freundschaftlich mit Arbeiterorganisationen zu stehen, vermag er leicht Köpfe zu verwirren, besonders wenn er an die wunden Punkte seiner Zuhörer rührt. Sein christliches, patriotisches, humanitäres Getue und seine pathetische, zitternde Stimme, mit der er Gemeinplätze als wichtige Dinge vorträgt, erfassen die Gemüter von Menschen, die ihren Weg noch nicht gefunden haben.

Es ist eine Mischung von Sentimentalität und Unklarheit. Er gleicht Hitler vor der Machtübernahme, als er allen alles versprach, wenn sie ihm nur folgten in seiner Vernichtung der Juden und der "Marxisten". Der Pater streitet ab, mit Hitler zu sympathisieren. Aber er gibt nicht nur ganze Teile von Göbbels Reden als seine eigenen wieder, auch seine Anhänger halten Kumpanei mit den Nazis in Versammlungen und in anderer Propaganda. Seine Publikationen werden in Veranstaltungen des "Bundes" verkauft.

Da die Amerikaner uniformierte Disziplin nicht mögen und da die Landstraßen für Marschkolonnen nicht geeignet sind, scheint es nicht so sehr daneben gegriffen, anzunehmen, daß Pater Coughlin sich für den "Führer" nach amerikanischer Art hält, der die Massen für den Faschismus zusammenbringt, falls die politische und ökonomische Situation diesem einen günstigen Boden bietet. Nicht mit militärischem Drum und Dran will er die Massen sammeln, vielmehr soll der "Aufmarsch" sich den amerikanischen Gewohnheiten anpassen. Die Amerikaner lieben das Radio, und er mag wohl davon träumen, durch das Mikrophon "der Nation" zuzurufen, sie sollte in Telegrammen und Briefen an ihre Abgeordneten ein faschistisches Regime fordern.

Wenn wir Coughlin für eine der hauptsächlichen Bedrohungen in diesem Lande halten, so haben wir zu prüfen, ob er als Privatmann handelt, oder ob er die Billigung oder gar die Unterstützung der katholischen Kirche hat. Daß er Priester ist, ist der gewichtigste Teil seines Prestiges. Vertreter der Kirche, Bischöfe und Kardinale, haben sich gegen ihn ausgesprochen und behauptet, daß er als Privatperson und nicht für die Kirche spreche. Diese Feststellung könnte wohl genügen, wenn die katholische Kirche nicht eine hierarchische Institution wäre; ein Priester wie auch ein Laie in ihr hat zu gehorchen, oder er wird exkommuniziert.

Die Kirche hat bis jetzt Coughlin in ihrem Schoß behalten. Solange sie das tut, ist wenig Hoffnung, daß seine Feinde ihn erfolgreich schlagen können. Tatsächlich hilft somit die katholische Kirche, indem sie Coughlin in seiner Funktion als Priester läßt, den Faschismus in diesem Lande aufzurichten.
F. Williams in "Sozialistische Warte", Paris, 21. 4. 39.


Ergänzend berichtet auch "Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 8. 1939:
In einem Bericht aus New York schreibt die Basler "National-Zeitung" am 9. Juni 1939:
'Daß der schärfste reaktionäre Demagoge des Landes, der Radiopriester Father Coughlin, seine Ideen aus dem Dritten Reich bezieht, ist eine Tatsache, die schwarz auf weiß festgestellt worden ist. Bestehen doch große Teile seiner Reden sowie Artikel in seinem Privatblatt 'Social Justice' aus wörtlichen Übersetzungen Göbbelscher und Rosenbergscher Ansprachen und Aufsätze." -

Und dazu kommentiert "Trost" dann noch:
"Das Blatt dieses römisch-katholischen Faschistenpriesters trägt einen falschen Namen. Nur die Anfangsbuchstaben sind richtig: S. J.
- Societas Jesu."


Erneut kommt "Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 12. 1939 auf Coughlin zu sprechen. Man liest dort:
"An dieser Stelle soll von dem römisch-katholischen Faschistenpriester Coughlin die Rede sein, der in den Vereinigten Staaten sein Unwesen treibt. Der Vorsitzende der "Amerikanischen Liga für Frieden und Demokratie", Dr. Harry F. Ward von New York, sagte über diesen sogenannten "Radiopriester":
"In schlauer Weise flicht er beständig kurze Bemerkungen ein, in denen Hitler verteidigt wird, und ebenso schlaue Winke, dahingehend, wie die Demokratie hier bei uns sich nicht bewähre und der Faschismus da drüben sich besser bewähre", und daß sein Ziel "ein kontrollierter Totalitätsstaat mit der Kirche als Herrschermacht" sei.
Damit sind Coughlins Ziele in treffender Weise skizziert.
Was Coughlin am meisten auszeichnet, ist eine übernormale Portion von Skrupellosigkeit. Am besten getroffen zu sein scheint uns die Beurteilung Coughlins durch den Filmkomiker Eddie Cantor, welcher sagte:

"Pater Coughlin ist ein glänzender Redner; aber daß in seinem ganzen Organismus auch nur ein einziges Atom aufrichtig ist, das bezweifle ich."
Ein ehrlicher Mensch könnte nicht in seinen Rundfunkreden in heftigsten Ausdrücken über die Börsenspekulanten herziehen, wenn er selber zu den Börsenspekulanten gehört.

Daß das bei Coughlin aber der Fall ist, bewies die "Detroit Free Press" vom 29. März 1933 durch photographische Wiedergabe von Bankauszügen.
Doch lassen wir Coughlin sich einmal selber charakterisieren. Er sagte von seinen natürlichen Neigungen:

"Wenn ich meinen Glauben wegwerfen und ihm abschwören würde, dann würde ich mich mit den geschicktesten Banditen umgeben, alle Tricks der großen Bank- und Börsenmanöver erlernen, mir die Gesetze zunutze machen, um meine Verbrechen zu verbergen, und mich den Blicken der Menschen durch Vemebelung entziehen, und glaubt mir, ich würde der Meisterschwindler der Welt werden."

Coughlin versteht sich auf Propaganda. Wie es bei seinen Veranstaltungen zugeht, erzählt ein australischer Journalist, der in New York im gleichen Hotel gewohnt hatte, wie der "Radiopriester", jedoch bei einem versuchten Interview auf seine kurze zweite Frage nur die Antwort erhielt: "Kommen Sie heute abend in meine Versammlung".
Der Journalist berichtet nun:

"Ich ging hin. Den Taxifahrer fragte ich: ,Ist das hier Pater Coughlins Versammlung?'
Natürlich. Sehen Sie sich nur die Gesichter an, sagte er. Man war gerade dabei, ein gefülltes Haus durch die Trompetenklänge des Liedes ,Wenn irische Augen lachen' in höchste Gefühlswallung zu versetzen. Ein Bursche überreichte mir zwei Fähnlein zum Schwenken und verkaufte mir ein Blatt mit dem Lied 'Pater Coughlin kommt'; dann marschierte, mit lautem Beifall und Fahnenschwenken begrüßt, eine Abteilung Jungmänner in grauen Uniformen, mit hellglänzenden Helmen und Trommeln herein, und ihnen folgte 'Vater' Coughlin selber. Der Strahl zweier Scheinwerfer fiel auf ihn, während er zu einer Kanzel mit rotem Plüschüberzug huschte.

Die Kanzel war mit Flaggen dekoriert. Sechs Mikrophone befanden sich dort. Der Beifall hielt genau zehn Minuten an und wurde geschickt dirigiert und durch Trommeln verstärkt, sooft er schwächer werden wollte. Dann hielt ,Vater' Coughlin seine Rede, in der er sich so oft und in so heftiger Weise widersprach, daß man meinen konnte, ihm müßte der Unterkiefer herunterfallen.

Mosley arbeitet geschickter. Couglin machte zweierlei ganz unkünstlerische Gesten, die Mosley verschmäht hätte. Er gab nämlich der Zuhörerschaft oft selber einen Tip, wann sie klatschen solle, indem er auf das Mikrophon hinwies und zu klatschen anfing; und nachdem er "seine Tirade zu hinausgebrüllter Wildheit gesteigert hatte, schaute er auf seine Armbanduhr, griff nach einem Mikrophon und sagte in der einschmeichelnden Tonart eines Ansagers: 'Hiermit ist unsere Sendung aus dem Hippodrom in New York beendet. Am nächsten Sonnabend wird Pater Coughlin wieder über das gleiche Sendernetz zu hören sein.' " -

Dieser Australier hat sich durch die Aufmachung nicht blenden lassen. Das ergibt sich aus seinem Bericht.
Mit Bezug auf die Propaganda hält sich Coughlin an faschistische Vorbilder, kopiert aber auch deren Worte. So heißt es zum Beispiel in der Zeitung "Record" von Philadelphia:

"Im Büro des Paters Coughlin leugnet man zwar, daß Coughlin die Reden von Göbbels jemals gesehen habe. Damit ist aber noch nicht geklärt, wie es kommt, daß Pater Coughlin und Göbbels Hunderte von Worten in so gut wie derselben Reihenfolge geschrieben haben. Wie von einem Papagei, ist in einem von Pater Coughlin gezeichneten Artikel Wort für Wort, in Hunderten von Worten, Göbbels Rede wiederholt."
Daß Coughlin Antisemit ist, braucht wohl nicht erst erwähnt zu werden.

Seine Bereitschaft zu blutigen Revolten hat Coughlin am 30. Juli 1939 deutlich genug zu verstehen gegeben, als er in einer Rede erklärte, seine "christliche Front" sei bereit, den Kommunismus "nötigenfalls nach Francos Methode" zu bekämpfen. Er sagte:

"Wir Christen, die wir eine Einheitsfront bilden, könnten marschieren und in den Vereinigten Staaten in einem Jahre das tun, was Franco in Spanien fertiggebracht hat."

Auch bei ihm dient das Gerede vom Kommunismus natürlich nur zur Vernebelung. Fanatiker wie er stehen auf dem Sprunge, bei einer günstigen Gelegenheit unter Andersdenkenden ein Blutbad anzurichten, und alle Umgebrachten würden dann einfach als Kommunisten bezeichnet, ganz gleich ob sie jemals etwas mit Kommunismus zu tun hatten oder nicht.

Jehovas Zeugen sucht Coughlin natürlich ... mundtot zu machen. Die Störversuche seiner Anhänger, die im Juni 1939 in New York bei Richter Rutherfords Vortrag "Herrschaft und Friede" unternommen wurden, scheiterten allerdings.

Am 9. Juli 1939 sagte "Vater" Coughlin in einem Radiovortrag, Jehovas Zeugen wären überhaupt gegen alles, und wenn die Amerikaner nur aufwachen wollten, so könnten sie die Zeugen Jehovas in einem einzigen Tage vernichten.

In dem an die Presse gegebenen Manuskript des gleichen Vortrages ließ er diese Bemerkung wohlweislich aus; sie kann aber durch viele Rundfunkhörer bezeugt werden.
Die faschistenfreundlichen Umtriebe dieses Priesters sind so offensichtlich, daß es der Presse nicht schwerfallen könnte, sie bloßzustellen und dadurch die Gefahr, die in ihnen liegt, so gut wie zu bannen. Die Presse aber schweigt oder schreibt nur verschwommen über dieses Thema. ...

Diese Pflichtvemachlässigung aus Furcht wird ihr noch teuer zu stehen kommen. Sie hegt die Schlange am eigenen Busen.
Am 14. August 1939 z. B. berichteten die New Yorker "Times" wieder einmal über Straßenkrawalle der Coughliniten, erwähnten jedoch den Namen Coughlin überhaupt nicht und ließen nicht erkennen, daß es sich um seine Anhänger handelt. ...

Die Coughliniten hatten bei diesen Krawallen zwei Polizisten verletzt, darunter einen Hauptmann, der am darauffolgenden Tage in Urlaub geschickt wurde und darum nicht interviewt werden konnte. Auch dieser schnelle Urlaub diente zur Vertuschung der Affäre.
Bei all diesen Berichten darf man nicht vergessen, daß Coughlin römisch-katholischer Priester im Amt ist. Wäre die Hierarchie mit seinem Wirken nicht einverstanden, so könnte sie es mit einer einzigen Verordnung unterbinden. Aus dem Umstand, daß sie das nicht tut, möge jeder die Schlußfolgerung selbst ziehen.

Man vergleiche auch thematisch die Karikatur zu Coughlin aus dem "Consolation" vom 18. 10. 1939
http://www.manfred-gebhard.de/Cons12.jpg

Exkurs:
Norman Cohn notiert in seinem Buch
„Die Protokolle der Weisen von Zion
Der Mythos von der jüdischen Weltverschwörung"
zum Fall Coughlin noch folgendes:

Pater Coughlin, der »Rundfunkpriester«, war verhältnismäßig spät zum Antisemitismus bekehrt worden. Schon in den frühen dreißiger Jahren war er durch seine Rundfunksendungen über Religion und Politik im ganzen Land bekannt, aber damals interessierte er sich überhaupt noch nicht für die Juden.

Er unterstützte zunächst Roosevelts »New Deal«, doch 1935 wandte er sich gegen den Präsidenten und griff seine Politik wütend an, weil sie ihm nicht radikal genug war. Anscheinend war er aufrichtig bekümmert über das Massenelend, das die große Depression verursacht hatte, und Roosevelts Mäßigung erregte seinen Unwillen.
Er gründete eine neue politische Partei, die National Union for Social Justice, die nach kurzer Zeit mindestens vier Millionen Mitglieder hatte. Aber als sich die Union 1936 an den Präsidentschaftswahlen beteiligte, erlitt sie eine katastrophale Niederlage; in keinem einzigen Staat gewann sie die Stimmen der Wahlmänner.

Coughlin hielt sich zwei Jahre lang zurück; dann, 1938, begann er plötzlich Propaganda für einen autoritären Korporativstaat zu machen.
Gleichzeitig gründete er eine neue Organisation, die Christian Front, als Bündnis von Christen aller Konfessionen gegen Kommunismus und Plutokratie - und er sagte deutlich, daß er Roosevelt für einen Knecht dieser beiden Mächte hielt.

Coughlin näherte sich dem antisemitischen Sumpf; was ihn endgültig hineintrieb, waren außenpolitische Motive.
Seine Zeitung Social Justice befaßte sich 1938 zunehmend mit Außenpolitik und nahm dabei einen extrem isolationistischen Standpunkt ein. Coughlin haßte Großbritannien, wie so viele Amerikaner irischer Abstammung. Es war deshalb zu erwarten, daß er und sein Blatt schließlich in die deutsche Propaganda über die jüdische Weltverschwörung einstimmen würden.

Diesen letzten Schritt tat der Pater im Sommer 1938, auf dem Höhepunkt der Sudetenkrise. Social Justice rechtfertigte die Vergewaltigung der Tschechoslowakei durch Hitler, wütete gegen Churchill und brachte eine Artikelserie des führenden amerikanischen Propagandisten für Nazi-Deutschland, George S. Viereck; anschließend druckte es die Protokolle selbst ab.

Das war die größte Kampagne dieser Art seit den Tagen des Dearborn Independent [des Henry Ford], denn Social Justice hatte eine Auflage von einer Million.
Im November behandelte Coughlin die Protokolle in seinen sonntäglichen Rundfunksendungen; bei dieser Gelegenheit wärmte er sogar die alte Geschichte auf, daß eine jüdische Firma in New York die bolschewistische Revolution finanziert habe.
Nach Ermittlungen des American Institute of Public Opinion hatte er gewöhnlich dreieinhalb Millionen Hörer, und von diesen fanden ihn über zwei Millionen überzeugend.

Schließlich stellte er auch seine eigene Kirche in Royal Oak (Michigan) in den Dienst seiner antisemitischen Kampagne. Sein »Schrein der Kleinen Blume«, günstig an der Autobahn nach Detroit gelegen und von Gasthof, Garage, Andenkenläden und Würstchenbuden umgeben, wurde eine Touristenattraktion und ein Zentrum für den Vertrieb der Protokolle.
Er verteilte dort auch Verzeichnisse von Firmen, die keine Juden beschäftigten. »Christus selbst hat dieses Heftchen zum Druck befördert, um Dich zu schützen«, stand darauf - der unmittelbare Geldgeber war jedoch der Deutsch-Amerikanische Wirtschaftsverband.

Natürlich war Pater Coughlin nicht repräsentativ für den Katholizismus in den Vereinigten Staaten. Seine antisemitische Kampagne beantwortete Kardinal Mundelein von Chikago mit der Erklärung:
»Er ist nicht autorisiert, für die katholische Kirche zu sprechen, und er repräsentiert nicht die Lehre oder die Gesinnung der Kirche.«
Ebenso kritisch äußerte sich der Katholik Frank Hogan, Präsident der amerikanischen Anwaltskammer.

Aber von seinen unmittelbaren Vorgesetzten wurde der umtriebige Priester nicht gerügt, und das erleichterte es ihm, zahllose Katholiken davon zu überzeugen, daß seine Stimme die Stimme der Kirche sei.

Besonders unter den ärmeren, wenig gebildeten Katholiken irischer Abstammung gewann er viele hingebungsvolle Anhänger. Über vierhundert New Yorker Polizisten waren Mitglieder seiner Christian Front. Dem inneren Kreis seiner Gefolgsleute gehörten sogar einige Priester an, darunter der Präsident der »International Catholic Truth Society«, Edward Lodge Curran.

In rund 2000 Kirchen wurde Social Justice verkauft. Alles in allem steht fest, daß es Coughlin gelang, in der katholischen Bevölkerung der Vereinigten Staaten eine virulentere Form von Antisemitismus zu verbreiten, als sie bis dahin gekannt hatte.

Ebenso unbestreitbar ist, daß seine Bewegung den Interessen der Nazis diente, auch wenn er selbst keine Verbindungen zur deutschen Regierung oder zu Nazi-Organisationen in, den Vereinigten Staaten unterhielt.
Nicht von ungefähr unterstützte der Deutsch-Amerikanische Bund sehr aktiv den Vertrieb von Social Justice, nicht von ungefähr druckte Streichers Stürmer Auszüge aus diesem Blatt ab, das umgekehrt reichlich Gebrauch vom Inhalt der Kurzwellensendungen machte, die Goebbels ausstrahlen ließ. Einmal ließ Coughlin sogar ein großes Stück einer Goebbels-Rede unter seinem eigenen Namen drucken - weiter konnte er in der Identifizierung kaum noch gehen.

Weder der Kriegsausbruch in Europa 1939 noch der Kriegseintritt der Vereinigten Staaten zwei Jahre später änderte etwas an der Haltung des Blattes. Noch im März 1942 beschuldigte Social Justice die Juden, sie hätten den Krieg angezettelt.

Das allerdings brachte das Faß zum Überlaufen. Die Regierung griff ein, die Zeitung wurde verboten, und auf Ansuchen der Behörden gebot der Erzbischof von Detroit dem Pater Coughlin endlich Schweigen.

Siehe auch:
http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Coughlin

http://www.kirchenlexikon.de/c/coughlin_c_e.shtml

Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 26. August 2009 08:08

In Beantwortung einer Leserfrage, informiert "Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 8. 1939 darüber, wie es denn so das katholische Fronleichnamsfest einschätzt:

Fronleichnam bedeutet "des Herrn Leib" (vom altdeutschen "Frö", d. h. Herr) und ist ein Fest zur Feier der Transsubstantiation. Es ist also kein christliches Fest, so sehr es auch von Katholiken als ihr heiligster Feiertag gepriesen werden mag; denn es hat als Grundlage die unchristliche Lehre von der Transsubstantation, das heißt daß ein Priester die Macht habe, die Hostie (ein Stückchen Brot) in den wirklichen Leib Christi zu verwandeln.

Natürlich wurde dieses Fest weder von Christus noch von den Aposteln eingesetzt. Den Anreiz zu diesem Feiertag gab vielmehr die Nonne eines Klosters in der Umgebung von Lüttich. Sie hatte (offenbar dämonische) Visionen, sah einen vollen Mond mit einer Lücke und erhielt die "Offenbarung", der Mond sei ein Bild der Kirche und die Lücke bedeute, daß es noch an einem Fest fehle, bei dem die Abendmahlshostie Mittelpunkt sei.

Das war im 13. Jahrhundert, und erst im 14. Jahrhundert gelangte das Fest zu allgemeiner Bedeutung. Verbindung mit einem "Sieg über die Ketzer" hat es nur insofern, als es höchst prunkvoll ausgestattet wurde, um "die Herrlichkeit der katholischen Kirche auch vor den Augen ihrer Gegner zu offenbaren und deren Seelen zu erschüttern und zu gewinnen", wie sich ein päpstliches Konzil über dieses Fest aussprach.

Die Ausgestaltung des Festes in Form gewaltiger Prozessionen bezweckte zweifellos, die Macht der katholischen Kirche öffentlich zu demonstrieren. Noch beute sind an diesem Tage in streng katholischen Gegenden die Straßen unsicher, da alle, die sich zur gegebenen Zeit auf der Straße befinden, zum Bilderdienst gezwungen werden - und sei es nur durch Hutabnehmen - oder aber Bestrafung wegen "Herabwürdigung der Religion" zu gewärtigen haben. Die ganze Angelegenheit ist religiöser Frondienst, aber kein Gottesdienst.

Der vermeintliche "Gottesdienst" in der Sicht des "Trost" stellte sich dann wohl so dar (Bild aus "Consolation"

Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 28. August 2009 04:54

Einer kleineren Notiz zufolge in "Trost" vom 1. 8. 1939 unter der Überschrift:
"Ein gewisser Jonak" soll das Lieblingshasss-Objekt der zeitgenössischen "Trost"-Redaktion, die SPK, in ihrer Folge vom 10. 3. 1939 wohl auch eine Verlautbarung enthalten haben, derzufolge die (Zitat)
"unwahren, tendenziösen und verleumderischen Informationen ... die in Jonaks Hetzbroschüre DIE ZEUGEN JEHOVAS enthalten sind" auch vom Regierungsrat des Kantons Luzem in seiner Beantwortung der Replik der Zeugen Jehovas an das Schweizerische Bundesgericht." verwendet wurden.

Und als eigenes Werturteil fügt "Trost" noch hinzu:
"Die Broschüre gehört unter die Schundliteratur."

Weiter erfährt man, es gäbe einen Schriftsatz.
"In einem Schriftsatz "Stellungnahme zu den unwahren und verleumderischen Aussagen des Dr. Jonak in seiner Broschüre DIE ZEUGEN JEHOVAS", von Herrn M. C. Harbeck in seiner Eigenschaft als Vizepräsident der Vereinigung "Jehovas Zeugen" am 22. Januar 1937 dem Schweizerischen Bundesgericht in Lausanne" zugestellt.

Weiter Zitat, darin "war auch vermerkt, daß eine strafrechtliche Verfolgung gegen Dr. Jonak in Vorbereitung sei. Diese Angabe entsprach den Tatsachen. Sie war kein Versuch, ein Gericht zu bluffen, wie Dr. Jonak in einem Brief an die SPK. meint.
Dr. Richard Smetana, Rechtsanwalt in Wien, Kärtnerring 12, war 1937 beauftragt worden, ein Strafverfahren gegen Dr. Jonak beim Wiener Landesgericht einzuleiten."

Pech offenbar für die WTG. Jonak's Schrift war schon seit Mai 1936 im Vertrieb. Die Tageszeitung "Germania" etwa veröffentlichte am 27. Mai 1936 dazu eine für jeder Mann (der es wollte) frei lesbare Rezension.
Wann im Jahre 1937 die WTG den genannten Rechtsanwalt beauftragt haben will, wird nicht ausgeführt. Offenbar hatte man es wohl mit dessen Beauftragung dann wohl auch nicht so besonders "eilig". Selbiger scheint dann wohl auch nicht von besonderer "Eile" angetrieben gewesen zu sein, denn er lies die Sache offenbar "schleifen" bis dann die Nazi-Besetzung Österreichs eingetreten und er damit zu der Einschätzung kam, jetzt hat die Sache wohl keinen Zweck mehr.

Wer denn sich da noch mehr Zeit lies, ist allerdings sehr die Frage, denn laut "Trost" kontaktierte Harbeck erst am 20. 3. 1939 den besagtem Anwalt in der Sache.
Zitat "Trost":
"Auf eine Anfrage des Herrn M. C. Harbeck bei Dr. Smetana in Wien, wie diese Angelegenheit verlaufen sei, antwortete der Rechtsanwalt am 20. März 1939 u. a. wie folgt:
" ... Hierzu benötigte ich eine Vollmacht von Richter Rutherford, New York, die ich auch von Herrn Walter Voigt in Wien abverlangt habe. Infolge des Umbruches (Besetzung Österreichs durch deutsche Truppen) wurde jedoch jedes Einschreiten gegen den oben genannten Herrn zwecklos." -

Nun kann man der WTG die inzwischen erfolgte deutsche Besetzung Österreichs nicht anlasten. Wohl aber stellt sich die Frage, warum fragt Harbeck erst im März 1939 in der Sache nach? Offenbar wohl, weil er sich wieder mal durch die SPK "hochgeschreckt" sah. Und um die zu kontern und sagen zu können, wir haben ja versucht gegen Dr. Jonak vorzugehen, diese ziemlich verspätete Anfrage, die ohnehin nur den Zweck einer billigen Alibifunktion wahrzunehmen hatte.

Die "Trost"-Ausführungen enden dann mit den "markigen" Sätzen:
"Dagegen wird er (Jonak) dem Strafgericht, das der Höchste in der nahe bevorstehenden Schlacht von Harmagedon an allen willentlichen Verächtern der Wahrheit vollziehen wird, nicht so leicht entfliehen, sondern die Konsequenzen seiner Freveltaten auf sich zu nehmen haben."

Festzuhalten ist aber ausdrücklich. Weder die im Text mit genannten Ausführungen von Harbeck über Jonak, wurden je von der WTG im Wortlaut veröffentlicht. Man belässt es also auf WTG-Seite - wie gehabt - bei plakativem Überschriften ohne inhaltliche Substanz. War auch ein Gerichtsverfahren in Österreich nunmehr "geplatzt", zu dessen Einleitung man sich offenbar viel, sehr viel Zeit lies, so stand dennoch der WTG durchaus die Option offen, im Detail zu Jonak's Ausführungen, weiterhin in ihrer eigenen Zeitschrift Stellung zu nehmen.

Genau dieses aber ist nie erfolgt. Jonak wurde lediglich einmal (Ende 1936) im "Goldenen Zeitalter" mit einem patzigem sogenannten "Offenen Brief" "beehrt", und darin auch dergestalt "belehrt". Es sei Krieg zwischen Gottes und Satans Organisation. Und weil das so sei, habe man "wichtigeres" zu tun als sich mit Jonak im Detail auseinanderzusetzen.

Sollte der Herr Harbeck genau diese "Weisheit" in seiner Stellungnahme zu Jonak zu Händen des Schweizerischen Bundesgerichtes wiederholt haben, dürfte wohl offenkundig sein, wie man dort Auslassungen solcher Art einschätzte. Ab in den Papierkorb!

Zudem kann man in einer von den Zeugen Jehovas selbst herausgegebenen Publikation lesen:
"In Österreich wurden die Zeugen schon in der Zeit des Bundeskanzlers Schuschnigg durch Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien vom 17. Juni 1935 und durch den Beschluß des Bundesgerichtshofes vom 7. Februar 1936 verboten. Die verhältnismäßig unkoordinierte Verfolgung der Zeugen wurde mit dem Anschluß systematisiert und radikalisiert."

Auch unter diesem Gesichtspunkt erweist sich die Harbeck'sche Anfrage aus dem Jahre 1939 als Schaufensterrede ohne Substanz.

Das Jonak-Buch

Weiteres zu Jonak

Siehe zu Jokak auch noch
http://forum.mysnip.de/read.php?27094,3736,3745#msg-3745

06. Mai 2008 14:41
Zum Thema Antisemitismus Made in WTG
Ausführungen bezüglich Otto Karrer
Alternativ auch
Forumsarchiv252

Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 29. August 2009 06:55

Im "Wachtturm" des Jahrganges 1933 kann man unter anderem die nachfolgenden Sätze lesen:
"Es gab solche, die einst in der Organisation tätig waren, die die Berufung zum Königreich angenommen hatten und demnach Anwärter auf das Königreich waren, sich aber weigerten, den Geboten des Herrn zu gehorchen und mit der Zeugnisarbeit voranzugehen, dies traten sie, indem sie sich zurückzogen und dem Werke des Herrn gegenüber als Gegner auftraten". (S. 6)

"Es sind etliche vom Volke des Herrn über den Abfall und die von den Abgefallenen offenbarte Feindschaft beunruhigt und geneigt gewesen, den Versuch zu machen, die so Gefallenen zur Harmonie zurückzuführen. Ein solches Verfahren ist verkehrt. Als das Weib Hesekiels starb, wurde ihm vom Herrn gesagt, nicht zu trauern (Hesekiel 24:18). Dies zeigt, dass die Treuen wegen der Untreuen nicht trauern und nicht versuchen sollten, diese zum Tempel zurückzubringen."
(S. 250)

"Diese neuzeitlichen Träumer und Fastenden sind den Anweisungen von Menschen gefolgt und üben sich zum Beispiel in "Charakterentwicklung", was ihrem eigenen Fleische und anderen Leute wohlgefällt, sie wähnen, sie machten sich dadurch für den Himmel bereit und geeignet, und sie tun dies auch, um in den Augen anderer als Gottgefällige zu erscheinen."
(S. 309)

"Unter einigen von Jehova vor seinem treuen Volke erst kürzlich offenbarten Wahrheiten, haben wir die Wahrheit betreffs der Ältesten und diesbezüglich durch Abstimmung besetzen Amtes. Jehova hat seinem Volke gezeigt, das Älteste nicht durch die Wahlstimmen von Geschöpfen gemacht werden." (S. 199)

"Was geschah nun, als die Zeit der 2300 Tage endete? Die "Watch Tower"-Artikel in den Ausgaben vom 15. August und 1. September 1932 brachten vor das Volk Gottes den Schriftbeweis, dass das Amt eines durch Abstammung von Geschöpfen gewählten oder herausgenommen "Wahlältesten" nach der Schrift auch nicht vorhanden ist." (S. 247)

"In Kanada haben die Geistlichen und ihre Verbündeten den Rundfunk der Königreichbotschaft verhindert, indem sie als Grund angaben, die gefunkten Mitteilungen kritisierten die Geistlichen und die öffentlichen Beamten der weltlichen Organisation. Einer der sich als "Bibelforscher" unterzeichnen ließ in der Toronter Tageszeitung "Star" kürzlich einen Brief verpflichten der im wesentlichen folgendes sagt:
Die (Bibelforscher) Organisation wurde vom Pastor Russell in den siebziger Jahren gegründet, aber die wahren Nachfolger der Lehren Pastor Russells verließen die Gesellschaft schon vor einer Reihe von Jahren. ... Eigentliche internationale Bibelforscher nehmen es übel auf, mit dem zusammengewürfelt zu werden, was jetzt von der Gesellschaft als die Lehren der Bibelforscher vorgebracht wird. Pastor Russell gab einen klaren Umriss seiner Stellung gegenüber den Kirchen und weltlichen Einrichtungen. Er verurteilte harte Worte und Unduldsamkeit." (S. 164)

"Der Kampf ist im Gange und wird weitergehen, bis Jehova den Feind vernichtet hat, und diese Vernichtung wird geschehen sobald die Ankündigung gemacht worden ist. Es ist die Aufgabe des Überrest ..." (S. 41)

"Die "obrigkeitlichen Gewalten" sind solche von der Organisation Jehovas, denen er die Autorität übertragen hat, in seinen Namen eine Arbeit zu verrichten. Jehova und Christus Jesus sind die "obrigkeitlichen Gewalten", wobei Jehova selbst die höchste Gewalt ist.
Den Gliedern das Überrests wird jetzt besonders befohlen, den "obrigkeitlichen Gewalten", nämlich Jehova und Christus Jesus zu gehorchen, und das schließt die Befehle mit ein, die ihnen durch Jehovas Organisation gesandt werden. Sie sollen dies tun ohne Rücksicht darauf, was die Welt sagen mag."
(S. 73)

"Es gab eine Zeit, wo sogar die Geweihten glaubten, die "obrigkeitlichen Gewalten" wären die irdischen Gewalten. Die darüber aufgeklärt worden sind, wissen jetzt, dass dies nicht so ist" (S. 183)

"Jehova begann seinem Volke zuerst im Jahre 1927 bekannt zu geben, dass der vertrustete Welthandel oder das Großgeschäft ein Teil der Organisation Satans und bedrückend und todbringend ist. (Siehe "Freiheit für die Völker" S. 27 - 28). Die Bücher "Prophezeiung", "Licht", und "Rechtfertigung" haben diese Wahrheit stark hervorgehoben. Jehova hat sein Volk gelehrt und ihm gezeigt, dass es sein (Jehovas) Zeugnis ist, dass von seinem Volke gegen Satans Organisation vorgebracht und eifrig und fleißig gegen jeden Teil der Organisation Satans verkündigt werden muss." (S. 151)

"Briefe aus den Felde
In Rutledge, das in der Gegend von Grainger etwa 25 Meilen von Knoxville liegt, wurden kurz vor der Versammlung mehrere Zeugen verhaftet. Es waren Pioniere, die Konserven als Gegengabe für die Literatur entgegengenommen hatten ..."
(S. 174)

"Einige mögen einwenden: "Wenn wir angesichts solch heftiger Verfolgung und Bekämpfung fortfahren, unter das Volk zu gehen und diese Wahrheiten öffentlich zu verkündigen, so fürchte ich, dass wir umgebracht werden können." Das ist wahr, und wahrscheinlich werden viele der Treuen getötet werden." S. 360)

Aussagen dieser Art, lassen sich auch aus anderen "Wachtturm"-Jahrgängen eruieren. Sie belegen wohl zur Genüge, dass mit der Macht-Ursurpation durch Rutherford, in dieser Organisation ein grundlegend anderer Geist einzog. Herausragend (als Symbolcharakter) da etwa seine "Anklage gegen die Geistlichkeit", oder auch seine Hetze gegen den Völkerbund, insbesondere, dass er die attackierte, welche nicht bereit waren "göttliches Eingreifen" (am Sankt Nimmerleinstag) und Völkerbund als dieses Ziel nicht verfolgend. Die also nicht bereit waren diese destruktiven Thesen mitzutragen, wurden von Rutherford attackiert, äußerst scharf attackiert.

Allmählich kam das "Echo" solcher Strategie hörbar zurück. Wohl nicht nur in Staaten wie etwa Hitlerdeutschland. Einige solcher Echo-Reaktionen kann man auch der "Trost"-Ausgabe vom 15. 8. 1939 entnehmen. Man liest dort:


"Was am Abend des 19. Mai, einem Freitag, vor sich ging, wurde mir gegenüber von Außenstehenden als die größten Unruhen bezeichnet, die sich im Glasgower Bezirk Garngad je zugetragen haben. Die zwölf Verkündiger waren beim Verteilen des Clydebank-Flugzettels [der die britische Öffentlichkeit über vorhergehende Ausschreitungen katholischer Kreise gegen Jehovas Zeugen unterrichtet] und der Broschüren SCHAU DEN TATSACHEN INS AUGE und FREIHEIT ODER FASCHISMUS, als sie ganz unversehens von mehreren, in die Hunderte gehenden Pöbelhaufen belästigt und tätlich angegriffen wurden.

Einige wurden Treppenstufen hinuntergestoßen oder eher geworfen; ihre Literatur wurde gestohlen, ihre Kopfbedeckung weit weggeschleudert; man zerrte sie an den Haaren die Straße entlang, schlug beständig auf Kopf und Körper auf sie ein, und während sie irgendein Transportmittel zu erreichen suchten, stieß man sie dauernd in den Rücken und in die Beine. Steine, Flaschen und sonstige erreichbaren Gegenstände wurden nach ihnen geworfen, und manchen steckte man sogar Pferdemist von oben in die Kleidung. Von Außenstehenden (also nicht von Zeugen Jehovas) erfuhr ich, daß einige in der Menge sogar alte Schwerter und dicke Knüppel, also Mordwaffen hatten.

Die Polizei sandte einige Schutzleute in den Bezirk, aber auch diese wurden mit Steinen beworfen und kamen nicht dazu, jemand zu verhaften. Der Verkehr kam zum Stillstand, weil der Pöbel die Straßen vollständig abgesperrt hatte. Es war eine wütende, bis zur Sinnlosigkeit erhitzte, brüllende Menge, der die Verkundiger nur dadurch entkommen konnten, daß ihnen die Führer und Schaffner der aufgehaltenen Straßenbahnwagen zu Hilfe eilten.

Als sich die verschiedenen Banden auf der Hauptstraße vereinigten, mögen es, wie nur gesagt wurde, insgesamt 2000 Menschen gewesen sein. Ihr könnt euch denken, wie schwierig es gewesen sein muß, aus einer solchen Menge heraus zu den Straßenbahnwagen zu gelangen. Die Polizisten schleuderten die Menschen wie Bälle um sich, während sie zu den Zeugen durchzukommen versuchten."

Henry Carmichael, der am betreffenden Abend in einer Gruppe von fünf Personen auf der Garngad-Straße in Glasgow mit überfallen wurde, berichtete unter anderm:
"Wir gingen unser fünf nach der Cobden-Straße. Es war alles friedlich, und wir fanden überall gute Aufnahme. Wir merkten nichts von irgendwelchen Unruhen im Bezirk und hatten eben eine Mietkaserne in der Charles-Straße beendet, als mehrere Frauenm auf uns zueilten und riefen: 'Bringen Sie sich in Sicherheit - es ist Krawall. Ein Mann und eine Frau sind überfallen und in einem Tramwagen fortgeschafft worden.'

Ich war beunruhigt und wußte nicht, wohin ich gehen sollte. Elisabeth Möckel (als Pionier-Arbeiterin tätiger deutscher Flüchtling) und ich beschlossen, zur Garngad-Straße zu gehen. Dort fanden wir eine gewaltige Menschenansammlung. Ich sah zwei Polizisten; wir stellten uns unter ihren Schutz. Ich sagte den Polizisten, daß noch andere Überfälle erfolgt wären. Sie gingen mit uns zur Bright-Straße.

Als die Leute uns sahen, fing ein gewaltiges Geheul an - die Menge wälzte sich auf uns zu. Eine derart wahnsinnige Horde habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen. Im Vergleich hiermit waren die Vorfälle in Clydebank bloßes Kinderspiel. Man warf Steine und Knüppel; mir steckte man oben in die Kleidung Mist hinein. Die Polizisten waren dieser Rotte gegenüber machtlos. Auch fing man an, sie mit Steinen zu bewerfen. Ihnen war vor dem Pöbel mehr bange als uns. Sie führten uns die Bright-Straße entlang nach der Charles-Straße, bis zur Turner-Straße. Dort verließen sie uns und sagten, wir sollten schnell machen, daß wir bis zur Castle-Straße kommen und aus dem Bezirk verschwinden.

Elisabeth und ich gingen die Charles-Straße durch, während uns die Menge immer noch folgte, mit Steinen bewarf, auf uns einschlug und uns Fußtritte versetzte. Elisabeth zerrte man am Rock und versuchte ihr die Tasche zu entreißen. Das ging die ganze Charles-Straße so fort, etwa 800 Meter weit.

In der Castle-Straße kam eine andere, mehrere hundert Mann starke Rotte von der Garngad-Straße her. Wir wußten zuerst nicht, was wir tun sollten. Es war kein Verkehrsmittel in Sicht. Schließlich sah ich eine Tram, und wir suchten sie zu erreichen. Unterdessen stürmten einige junge Leute auf mich los und hieben mit Fäusten auf mich ein. Gleichzeitig griffen mehrere Frauen Elisabeth an, zerrten sie an den Haaren, versetzten ihr Fußtritte und Püffe und suchten sie zu Boden zu schlagen.

Die Menge hatte den Tramwagen zum Stehen gebracht, und der Führer, der Schaffner und ein anderer Mann kamen aus dem Wagen und suchten uns zu helfen. Auch zwei Schutzmänner schlugen sich in unserer Richtung durch die Menge. Währenddessen war ich schon zur Hälfte auf dem Wagen und zog Elisabeth herauf; Frauen zerrten sie wieder hinunter, aber ein Mann im Straßenbahnwagen half mir, sie hinaufzuziehen. Dann hatten sich die beiden Polizisten durchgekämpft, und der Tramwagen fuhr ab."

Aus dem Bericht von Frau Mary Kilpatrick:
"Wir hatten die Arbeit in der Cobden-Straße und Bright-Straße kaum begonnen, als Jessie Turner zu mir gerannt kam und mich bat, die Polizei zu holen, weil ihre Gruppe von einer Menschenhorde tätlich angegriffen würde. Ich ging direkt zu einer Polizei-Zelle, zog die Notglocke und rief: 'Bitte senden Sie sofort Polizei nach der Villers-Straße. Kommen Sie sofort; man überfällt Jehovas Zeugen.' Als ich mich umdrehte und aus der Zelle hinausgehen wollte, war ich von einer Ansammlung von wahrscheinlich dreihundert Leuten umringt. Ich ging die Villers-Straße entlang nach der Castle-Straße, um einen Schutzmann zu finden. Auf dem Wege schlugen die Kerle dauernd mit Fäusten auf mich ein, versetzten mir Fußtritte und brüllten schreckliche Drohungen. Sie riefen immerfort: Ihr werdet schon sehen, was wir mit Euch machen, wenn Ihr hierher kommt und etwas gegen den Papst sagt'.

Zwei junge Frauen schienen Rädelsführer zu sein; sie hatten kleine Kinder im Arm, übergaben diese zwei anderen Frauen und beteiligten sich mit am Austeilen von Püffen und Schlägen. Es war inzwischen eine Horde von 300 bis 500 Menschen - Männer, Frauen und Kinder - zusammengeströmt. Ich erreichte dann die Straßenbahn und konnte mich auf diese Weise der Menge entziehen. Der Straßenbahnführer sagte, er wolle als Zeuge dafür auftreten, wie man über mich hergefallen sei."


Rutherford und seine ihr Gehirn ausgeschaltet habende Satrapen, hatten die Provokation gesucht. Nun bekamen sie offenbar das Echo präsentiert.
Kommentierend meint "Trost" dann noch zu vorstehendem Bericht:


"Wer ist für die Krawalle verantwortlich?
Großbritannien ist protestantisch und hat sich in den letzten Jahrhunderten zu einem Standpunkt wirklicher Duldsamkeit in Glaubensfragen durchgerungen. Aber in diesem protestantischen Lande hat sich allmählich eine beträchtliche, mehrere Millionen zählende katholische Bevölkerung angesammelt, die um Liverpool und Glasgow herum besonders durch Zuwanderung aus dem katholischen Irland entstanden ist. Diese katholische Minderheit ist es, die dazu aufgeputscht wird, der traditionellen englischen Duldsamkeit und Redefreiheit ein Ende zu bereiten."


An anderer Stelle in dergleichen "Trost"-Ausgabe wird dann noch die als vermeintlicher Urheber dieser Exzesse geoutete katholische Kirche mit den Sätzen bedacht:
"Diese Memmen in den schwarzen Kutten zittern um Brot, um Ehre und Ansehen. Sie wissen nicht mehr, wie sie ihre Lügenexistenz gegenüber der Wahrheit aus Gottes Wort verteidigen sollen, und finden dafür kein anderes Mittel als das der rohen Gewalt, zu der sie irregeleitete, ihnen geistig versklavte Menschen aufhetzen, während sie sich unterdessen in erbärmlicher Feigheit in ihren Schlupfwinkeln verkriechen.

Viele Leute leben immer noch in der Wahnvorstellung, die römisch-katholische Kirche sei etwas Gutes. Hunderte von Millionen Menschen haben ihr geistiges Wohl diesem System anvertraut. Mögen sich solche gesagt sein lassen, daß ihr Vertrauen schändlich mißbraucht worden ist; daß sie ihr Vertrauen an eine unwürdige Sache vergeudet haben. Wenn dieses katholische System tatsächlich etwas Gutes wäre und den Namen des Herrn, den sie trägt, überhaupt verdiente, dann ginge es nicht darauf aus, Christen mundtot zu machen und möglichst' sogar umzubringen, weil diese Christen andere Anschauungen vertreten.

Muß es all den gutgesinnten Menschen der katholischen Bevölkerung (und es gibt deren viele!) nicht klar sein, daß solche Tätlichkeiten gegen diejenigen, die anderen zu einem Verständnis der Bibel verhelfen wollen, durchaus kein Plus für das katholische System sind? Denn die Wahrheitsboten, über die man herstürzt, tun ja gerade das, was auch aufrichtige Katholiken tun sollten!... In gleicher Weise, wie die katholische ,,Irisch-Republikanische Armee" in England, einem Lande, das nicht ihre Heimat ist, in der Manie von Anarchisten eine Bombe nach der anderen platzen läßt, ebenso hetzen katholische Priester - ebenfalls in der Manie von Anarchisten - zu Tätlichkeiten auf."


Nun soll und kann in der Tat die katholische Kirche nicht verteidigt werden. Dennoch bleibt beim lesen dieses Berichtes das beklemmende Gefühl zurück, dass da wohl auch seitens der Rutherford-WTG, allerkräftigst Öl ins bereits brennende Feuer nachgegossen wurde!

Das alles spielte sich, wie gelesen in Großbritannien ab. Und als weiteren Kommentar meint "Trost" dann noch nachlegen zu können:

"Die Abwehr dieser Methoden ist schwächlich. Das Volk wird von seinen Führern, den angeblichen Hütern der Demokratie, zwar gegen einen möglichen Feind von außen in Abwehrstellung gebracht, aber nicht im geringsten aufgeklärt über die größeren Gefahren, die ihm durch seine Feinde von innen her drohen. Die Staatsmänner des Britischen Weltreiches haben deutlich genug zu erkennen gegeben, daß sie den Faschismus weder als Bundesgenossen noch als Vorbild ablehnen. Er wird auf dem Wege über die römisch-katholische und die anglo-katholische Religiosität von Großbritannien Besitz ergreifen."

Ob denn der letztere Kommentar sich durch besondere "Sachlichkeit" auszeichnet, mag man wohl ebenfalls mehr als berechtigt, in Zweifel ziehen.

Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 30. August 2009 07:08

Gemessen an dem, was sich da in Großbritannien abspielte, (im vorigen Bericht zitiert) waren die "Bauchschmerzen", welche man fast zur gleichen Zeit auch in der Schweiz bekam, eher marginal. Immerhin wurde durch sie auch die WTG in beträchtlichem Maße hochgeschreckt. Man liest dazu in dergleichen "Trost"-Ausgabe (15. 8. 39):

"Den meisten wird es schwerfallen, zu glauben, daß das Schweizervolk für die Verteidigung seiner Freiheit des Guten zuviel tue, und daß denen, die gegen eine drohende Versklavung kämpfen, Fesseln angelegt werden müßten. Die Wirklichkeit ist doch, daß die Gefahr nicht von der Freiheit kommt, sondern vom Faschismus. Warum also die Freiheit abdrosseln und dem Faschismus freien Lauf lassen ?

So wirklichkeitsfremd und unbegreiflich das erscheint, geschieht es doch. Die Broschüre FASCHISMUS ODER FREIHEIT ("Watch-Tower-Verlag") ..., ist in der Schweiz verboten worden!

Man vergleiche dazu auch: http://www.manfred-gebhard.de/19402Faschismus.htm

Tausende von faschistischen Propagandaschriften kursieren im Schweizerland. Sie zielen ab auf die Beseitigung dessen, was es in der Schweiz zu verteidigen gilt. Aber sie werden nicht verboten. Verboten wird dagegen ein Heft ... FASCHISMUS ODER FREIHEIT ...

Warum, fragen wir, kämpft eine Demokratie ausgerechnet gegen das, was die wirklich christlichen Bürger des Landes gegen die Seuche des Faschismus immun macht ?
Wer hat ein Interesse an solcher Knebelung der Preßfreiheit und Aushöhlung der Demokratie?
Die Antwort ist: Erstens die Nazis und zweitens die römisch-katholische Hierarchie.
Aus beiden Lagern 'dieses seltsamen Bündnisses' sind Protestschritte gegen die Verbreitung von FASCHISMUS ODER FREIHEIT erfolgt.

Soweit man bis jetzt weiß, sind Ausführungen über Hitler der Hauptanlaß für das Verbot der Broschüre. Aus etlichen Kantonen der Schweiz soll man sich bei der Bundesanwaltschaft über diese Ausführungen beschwert und ein Verbot der Broschüre verlangt haben, weil ein Bundesratsbeschluß Angriffe auf fremde Staatsoberhäupter untersage.

Aus schweizerischen Kantonen beklagt man sich darüber, daß ein paar offene Wahrheiten über Hitler gesagt werden? Sind wir schon so weit? Sitzen schon in allen Teilen der Schweiz Schweizer, die nach einer Bestrafung derjenigen schreien, die es wagen, über Hitler die Wahrheit zu schreiben und zu sagen? ...

Um zu verbergen, von welcher Seite der Kampf gegen diese Botschaft - in diesem Falle gegen die Broschüre FASCHISMUS ODER FREIHEIT - in Wirklichkeit ausgeht, und um zu verbergen, daß mit diesem Kampf die faschistische Politik des Vatikans geschützt werden soll, greift man einen anderen Punkt als Vorwand auf. Leute der Katholischen Aktion in der Schweiz machen sich mit ihren Protesten an die Bundesanwaltschaft zu Verteidigern des Ansehens Hitlers im Ausland!

Dieses Spiel ist nicht einmal neu. Als zum Beispiel im Juni 1938 in Zürich bei einem großen öffentlichen Vortrag über ,,Kreuzzug gegen das Christentum" rund 200 extra herbeigekommene Jünglinge von der Katholischen Aktion die Versammlung vergeblich zu sprengen gesucht hatten, gaben die katholischen ,,Neuen Zürcher Nachrichten" am 29. Juni 1938 ihrer Enttäuschung über diesen Mißerfolg Ausdruck mit den Worten:
"Wo aber war die Polizei, als der Referent gegen ... fremde Staatsoberhäupter hetzte, was bisher in unserer freien Schweiz nicht ungestraft durchging?"

Obwohl sich in der 64seitigen Broschüre FASCHISMUS ODER FREIHEIT nur ein paar Zeilen mit Hitler befassen - und auch das sind keine persönlichen Angriffe, sondern er wird als Vertreter einer abgöttischen Staatsidee erwähnt -, haken seine katholischen Freunde auf diese paar Worte ein, um die ganze ... Botschaft zu unterdrücken!

Merkt man nicht, daß diese Elemente die Behörden dazu drängen wollen, nach und nach selber die Totengräber der Freiheit ihres Landes zu werden?"


Und als weiteren Kommentar dazu meint "Trost" dann noch:
"Die auf der ganzen Erde bereits verbreiteten reichlich 12.000.000 Exemplare dieses Heftes haben schon vielen, vielen die Augen geöffnet; und weitere Millionen Exemplare werden folgen in jenen Ländern, wo die Preßfreiheit auch heute noch von den Faschistenfreunden nicht beeinträchtigt ist."

Und das ganze wird dann - wie gehabt - in das endzeitliche Pokrustesbett eingepresst, wofür dann auch die Aussage steht:
"... Im nahen Schlußkampf von Harmagedon. Soll uns Widerstand von selten der Wahrheitsfeinde irgendwie abschrecken? Nein! Kampf - jetzt erst recht!"

Aus heutiger Sicht mutet diese Schweizer Verbots-Entscheidung recht banal an. Zumindest ist sie Beleg dafür, dass auch die Schweizer Politiker zur fraglichen Zeit eine beachtliche "Dünnhäutigkeit" offenbarten. War die in der bestehenden weltpolitischen Gemengelage wirklich so "unerwartet"? Von "unerwartet" kann man doch wohl eher weniger reden. Das muss selbst das "Trost" - indirekt - zugeben, indem es gleichfalls in dieser Ausgabe auch die nachfolgende Nachricht weitergibt:

"Die Welt stöhnt unter Kriegslasten
Der finanzielle Krieg ist bereits erklärt.
Deutschland gibt im Jahre 1939 für seine Armee mehr aus als im Jahre 1915, als der Weltkrieg in vollem Gange war. Es hält zwar die genauen Ziffern für seine militärischen Ausgaben geheim. Jedoch schätzte die "Foreign Policy Association" dieselben für das vergangene Jahr auf 4.4 Milliarden Dollar.
In diesem Jahr, nach dem Anschluß von Österreich, Mähren und Böhmen, dürfte die Summe von 5 Milliarden reichlich überschritten werden. Das sind also ungefähr 200 Milliarden französische Franken.
England wird mindestens 112 Milliarden ausgeben. Das ist die Ziffer, die Sir John Simon im April dem Unterhaus bekanntgegeben hatte, wobei er übrigens gleich erklärte, daß man sicher nicht dabei bleiben werde.
Frankreich ist bei 55 Milliarden angekommen.
Was Rußland anbelangt, so hat es ein Militärbudget von 40 Milliarden Rubel bekanntgegeben, was 300 Milliarden Franken entsprechen würde, wenn man den Rubel zu pari einsetzt.
Rechnet man noch die militärischen Ausgaben von Italien, Japan und Amerika dazu, so ergibt sich, daß die Welt im Jahre des Unheils 1939 für Rüstungen mehr als 2 Milliarden täglich ausgibt.


Oder auch diese in "Trost" wiedergegebene Meldung:
"Von den Geldhyänen
Im Jahre 1938 hat Frankreich im Durchschnitt 500 Tonnen Erz pro Monat an Deutschland geliefert. Bei einem Krieg bekämen die Franzosen diese Erze in Form von Granaten wieder auf den Kopf. Die Leichen, die es dabei gibt, stören die Erzbarone nicht besonders; denn der Gewinn steckt um jene Zeit schon lange in der Tasche. Und solche erbärmlichen Wichte werden gelegentlich noch als Musterpatrioten gefeiert!"


Mag man die geschilderte Entscheidung der Schweiz auch kritisieren. Aus der Sicht der zeitgenössisch handelnden Schweizer Politiker ist sie durchaus nachvollziehbar. Und das die WTG ihre vermeintlichen Interessen um jeden Preis durchzuboxen gewillt ist, dass hat wohl auch jenen Politikern zu dieser Zeit schon gedämmert. Die Interessen der WTG - das muss in aller Deutlichkeit gesagt werden - sind durchaus nicht kongruent mit staatspolitische Notwendigkeiten. Weder in der Schweiz und erst recht nicht in den zeitgenössischen Diktaturstaaten.

Die WTG versuchte dann noch mittels eines von Harbeck unterschriebenen Protestschreibens, an die Bundesanwaltschaft, datiert vom 21. 7. 1939, wenn denn möglich, dieses Verbot rückgängig machen zu können, worüber "Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 9. 1939 berichtet. Offenbar lies sich die Bundesanwaltschaft davon nicht beeindrucken und blieb bei ihrer Entscheidung.


"Ungefähr 110 Zeitungen der Schweiz brachten in den Tagen vom 7. bis zum 12. August eine Notiz über das Verbot der Broschüre FASCHISMUS ODER FREIHEIT, und wenn sich auch die meisten Blätter auf kommentarlose Wiedergabe irgendeiner der verschiedenen Presse-Agentur-Meldungen beschränkten." berichtet "Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 10. 1939 dann noch.

Und weiter:

"Es zeigte sich auch hierbei, daß die katholischen Kreise einen bessern Zuträgerdienst aus dem Bundeshaus haben als alle andern. Das ,,Vaterland", Luzern, war es nämlich, das zwei Tage vor allen andern Zeitungen, am 5. August, die erste - mit Aufhetzung zu weiteren Unterdrückungsmaßnahmen gegen Jehovas Zeugen verbundene - Meldung über das Verbot veröffentlichte. Vom 7. August an machte dann eine weitere katholisch inspirierte - und trotzdem auch vom "Bund" abgedruckte! - gehässige Presse- Agentur-Meldung die Runde, und kürzere, etwas weniger tendenziöse Presse-Agentur-Meldungen folgten."

Spätestens nach diesem Punkt, muss man auf die "Befindlichkeit" der zeitgenössisch handelnden Zeugen Jehovas zu sprechen kommen. War deren Befindlichkeit objektiv? Kurze aber klare Antwort mit einem Wort: - Nein -

Wäre es anders gewesen hätten sie sich beispielsweise umfassend
(und vor allem auch glaubwürdig) sich mit ihren Endzeithesen, etwa 1914, 1925, auseinandersetzen müssen. Diese Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte unterblieb schon mal. Das eigene Scheitern diesbezüglich wollte man grundsätzlich nicht wahrhaben. Gleich einem Fieberkranken redete man sich weiterhin ein. Es müsse so sein, wie man es wünscht. Das die weltpolitischen Rahmenbedingungen alles andere als "erhebend" waren, wurde bereits geschildert. Sie boten durchaus genügend Stoff für gewiegte Demagogen, sie in ein Endzeitkoresett hineinzupressen. Solch ein Demagoge war (auch) Rutherford und seine Satrapen.

Der Gebetsmühlenartig vorgetragene Spruch: Es möge bitte geschehen, was man wünscht, ändert überhaupt nichts an dem Umstand, das Wunsch und Wirklichkeit eben nach wie vor zwei "verkehrte Schuh" sind, die einfach nicht zueinander passen.

Wenn diese Konfliktlage sich schon - wie beschrieben in Ländern wie Großbritannien und der Schweiz widerspiegelte. Um ein vielfaches mehr in Hitlerdeutschland! Um dabei Oppositionsgefühle in sich aufkommen zu lassen, zu jenem Regime, dazu gehörte in der Tat nicht viel. Vom ideologischen von Rutherford geprägtem Korsett
(etwa der Ablehnung der konventionellen Obrigkeitslehre her) wurde dieses Oppositionspotzential dann noch um ein vielfaches potenziert.

Der einzelne kleine Zeuge befand sich da
(das sei durchaus anerkannt) in einem echten Gewissenskonflikt, den er aber durch seine Indoktrinierung durch die WTG-Organisation auch nicht zu lösen vermochte. Der für ihn also in der Regel nur zu einem "Ende mit Schrecken" führen konnte. Rutherford interessierte die Befindlichkeit des einzelnen seiner kleinen Anhänger nur herzlich wenig (allenfalls als brauchbares Propagandamaterial). Er kannte nur ein Ziel. "Money und nochmals Money" (als symbolischer Begriff verstanden).

Und für dieses Ziel war er bereit über "Leichen zu marschieren". Sein "Money" hieß eine "starke Organisation". So wie weiland in einem Krieg zwischen Vietnam und China in morastischem Gelände, befehlsgebende Militärs es durchsetzten, dass lebende Menschen die Panzerfahrbahn in diesem Gelände bilden müssen. Von der gleichen Entschlossenheit war auch Rutherford (angepasst an seine Zielstellung) geprägt.

Am American way of Life sollte und soll die Welt genesen. Das manifestiert sich dann auch in Personen. Egal ob Hedgefonds oder eben auch einen Herrn Rutherford.

Damit ist das zeitgenössische Hitlerregime in keiner Weise - auch nicht im allergeringsten - irgendwie entschuldigt. Auch andere gerieten in Opposition zu ihm, etwa (als Beispiel) Dietrich Bonhoeffer. Auch er hat seine Opposition letztendlich mit dem Leben bezahlen müssen. Das agieren im Sinne möglichst wirkungsvoller Opposition kann man im Falle Bonhoeffer sehr wohl anerkennen. Im Falle Zeugen Jehovas eher nicht.

Es wurde bereits eingeräumt, dass der einzelne kleine Zeuge sich da in einer echten (für ihn nicht positiv lösbaren) Konflikt und Gewissensnot befand. Dennoch bringt selbst "Trost" zum Ausdruck, welche Optionen es selbst unter diesen widrigen Umständen gab, etwa wenn es in dieser Ausgabe auch schrieb:

"Worauf kommt es den Nazis eigentlich an? Wollen sie bloß ein paar Glaubensverzichtunterschriften sammeln? Gewiß nicht. Sie wollen den Menschen innerlich brechen; denn erst dann sind die Menschen Spielbälle ihrer Willkür.

Manche sagen: "Man kann doch unterschreiben; Gaunern gegenüber gilt doch weder ein Ehrenwort noch sonst etwas." -
Doch solche Bemerkungen werden wohl meist von der Angst vor Verfolgungen eingegeben; und mit der Unterschrift, die angeblich nur mit der Hand, nicht aber mit dem Herzen gegeben wird, bricht im Innern etwas entzwei."


Wie gesagt, dass sei als echter Gewissenskonflikt durchaus anerkannt. Nur - und das ist der springende Punkt. Die Opposition dagegen, welche die Rutherford-Organisation entwickelte, ist nur aus ihren eigenen Organisations-egoistischen Motiven gespeist. Nicht aber beseelt von dem Willen, möglichst effektivem Widerstand zu leisten (siehe Beispiel Dietrich Bonhoffer).

Indem diese "Trost"-Ausgabe auch über wenig erfreuliche Geschehnisse in Großbritannien und der Schweiz berichtet, ist es wohl nachliegend, dass auch Hitlerdeutschland dann nicht vergessen wird. Und genau so ist es. Schon in einem einleitenden Artikel von Rutherford höchstpersönlich. Letzterer weiß zu berichten:


"Ein in Deutschland im Geschäftsleben stehender Mann machte kürzlich einen Besuch m den Vereinigten Staaten und überbrachte mir aus erster Hand den Bericht eines Zeugen Jehovas ...

"Unter dem Terror der Naziherrschaft ist Deutschland ein Land von Heuchlern und Feiglingen geworden. Obwohl mindestens 75 % der Bevölkerung das Naziregime hassen, was auch aus den beißenden Witzen ersichtlich ist, die geschwind von Mund zu Mund gehen, stellt man sich nach außen doch sehr begeistert.
Zu den schlimmsten Heuchlern gehören jene Millionen ehemaliger Kommunisten, die jetzt zu den lautesten Nazis und eifrigsten Fahnenwedlern zählen. Um ihre frühere politische Tätigkeit als Kommunisten zu verbergen, oder um zu zeigen, wie gründlich ihr "Herzenswandel" sei, gehen sie sogar so weit, andere Leute zu verraten und als mit dem Nazismus nicht übereinstimmend zu denunzieren, wodurch sie ihre Einsperrung veranlassen.

Eine ähnliche Probe wurde von dem finster aussehenden Himmler, dem Chef der deutschen Polizei (einschließlich der Gestapo), im Frauenkonzentrationslager Mohringen selber angestellt.

[Einfügung die Vokabel des finster aussehenden Himmler, findet dann noch ihren Niederschlag in Gestapo-Dokumenten Man vergleiche etwa http://www.manfred-gebhard.de/1943.htm] ...

Es stimmt, daß die meisten angeblichen "Selbstmorde" von Zeugen Jehovas in Gefängnissen und Lagern ganz gewöhnliche Morde sind; andererseits kann aber kein Zweifel darüber bestehen, daß einige tatsächlich Selbstmord verübt haben. Die Ursachen davon sind momentane Geistesverwirrung infolge von Schlägen auf den Kopf oder andere unmenschliche Quälereien; Gifte, die im geheimen der Speise oder dem Trank der Gefangenen beigemengt wurden; Nervenzusammenbrüche und in einigen Fällen Gewissensbisse über Verrat, der während der Folterungen an Brüdern begangen, oder Gewissensbisse wegen eines Kompromisses, der mit dem Feinde geschlossen wurde.

Allein aus dem Gefängnis in Bautzen (Sachsen) wurden zwölf bis achtzehn Selbstmorde (wirkliche oder angebliche) berichtet. ...

Besonders berüchtigt ist Sachsen. So hat zum Beispiel der Nazi-Ortsgruppenleiter von Kandier Befehl erteilt, daß jeder, den man den Namen Jehova aussprechen hört, anzuzeigen sei. Ein solcher wird noch am gleichen oder spätestens am nächsten Tage ohne Verhör auf unbestimmte Zeit ins Konzentrationslager gebracht.

Ungefähr neunundneunzig Prozent der Bevölkerung haben ihre Kinder - freiwillig oder unfreiwillig - der Hitlerjugend beitreten lassen, wo sie politisch und militärisch ausgebildet werden. Durch ein neues Gesetz wird nun versucht, auch das übrige eine Prozent Kinder zwischen 10 und 18 Jahren noch zu erfassen.
Eltern, die nicht nachgeben, werden ins Gefängnis oder in ein Konzentrationslager gesteckt und die Kinder unter staatliche Vormundschaft gestellt. Dieses neue Gesetz droht Hunderte von Familien solcher vom Überrest und von den Jonadaben auseinanderzureißen, die sich in dem immer größer werdenden Gebiet befinden, das dem Greuel der Verwüstung ausgeliefert ist. ...

Letzten September, als Europa am Rande eines neuen Weltkrieges stand, war die Bevölkerung in Deutschland voller Furcht und schlimmer Ahnungen. Überall konnte man Leute sagen hören, daß Harmagedon nahe bevorstehe."


Insbesondere die letztere Aussage, das einordnen des ganzen in ein endzeitliches Korsett, dürfte dann wohl typisch sein!

Die holzschnittsartige Befindlichkeit (bar der Fähigkeit ausreichend zu differenzieren) der zeitgenössischen Zeugen Jehovas kommt dann wohl auch in solchen Kurzmeldungen zum Ausdruck, wie den nachfolgenden, gleichfalls dieser "Trost"-Ausgabe entnommenen:


"Vor einigen Monaten brachten Sie einen Artikel, worin stand, daß der Kommunismus der Weg zum Faschismus sei. Ein Freund von mir, ein Kommunist, meinte dazu: 'Das ist Unsinn.' Ich erwiderte, er würde nicht mehr so sprechen, wenn er nur die Augen aufmachen und sehen würde, welche Kräfte hinter beiden Bewegungen stecken; dann könnte er feststellen, daß das von der Hierarchie gegen den Kommunismus erhobene Geheul nur zur Tarnung dient und das Volk von der gleichen Hand, die den Faschismus dirigiert, zur Schlachtbank gefuhrt wird. Vor ein paar Tagen nun sagte dieser Freund zu mir: 'Ich glaube, du hast in dieser Sache recht, und künftig werde ich mich von all diesen Dingen fernhalten. ...

Dult Cooper, früher Erster Lord der Britischen Admiralität, sagte kürzlich in einem Interview: "Das Regime Stalins ist eine Art Nationalsozialismus."
Darum ist es nicht verwunderlich, daß sich die Massen streitbarer Nationalsozialisten in Deutschland um das Jahr 1933 zum großen Teil aus solchen rekrutierten, die vorher entweder Kommunisten waren oder bei Wahlen für den Kommunismus gestimmt hatten.

Man könnte natürlich als Erklärung dafür sagen:
Die verzweifelten, fast verhungernden Massen probieren eben alles aus, was ihnen Hilfe verspricht. - Doch das trifft nicht auf jene zu, die zuerst Karriere bei den Kommunisten zu machen suchten und dann bei den Nazis tatsächlich Karriere machten, und solcher gibt es eine große Anzahl. Rot und Braun sind zwei Farben, die ineinanderfließen. ...

Sehr bald wird Jehova Gott all die Unglücklichen, die durch das Totalitätsungeheuer "befreit" wurden, wirklich befreien, sofern sie ihr Heil von Ihm und nicht von Menschen erwarten."

Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 26. September 2009 04:19

Zwei Kurzmeldungen, wiedergegeben in "Trost" vom 1. 9. 1939, sind durchaus symptomatisch für das kirchenpolitische Klima in Nazideutschland.
Die erste Meldung besagt:

"Die gereinigte Bibel"
Berlin, 24. Mai (Exchange Telegraph).
Die Regierung hat ein besonderes Institut "zum Auffinden und Beseitigen jüdischer Einflüsse aus dem deutschen religiösen Leben" geschaffen, das unter Leitung von Professor Grundmann von der Universität Jena die Bibel reinigen und ein modernes Gebetbuch schaffen wird, das "des deutschen Volkes würdig und fremdrassig giftfrei" sein soll. Alle Verwandtschaft zwischen Christus und Abraham soll beseitigt, alle jüdischen Legenden sollen entfernt und ein Psalmenbuch zusammengestellt werden, das ausschließlich aus deutschen Liedern besteht."

Das fatale an dieser Meldung kommt eigentlich nicht zum Ausdruck. Zwar war dieses Institut Systemkonform; indes stand es in kirchlicher Trägerschaft. Noch fataler der Umstand, sein Leiter, Walter Grundmann, konnte auch nach 1945 ohne in den Westen emigriert zu sein, im Osten Deutschlands, in der thüringischen Kirche weiter Karriere machen.
Im Westen Deutschlands war ja wohl die Karriere solch belasteter Personen ohnehin an der Tagesordnung.
Man vergleiche dazu auch:
http://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Grundmann

Nur mal die Zitierung einiger von Grundmann in der Nazizeit veröffentlichter Bücher:
"Gott und Nation", Berlin 1933
"Totale Kirche im totalen Staat", Dresden 1934

"Jesus der Galiläer und das Judentum", Leipzig 1940
"Die völkische Gestalt des Glaubens" Leipzig 1943

Insbesondere zu den Schriften aus den 1940 Jahren ist noch anzumerken.
Es herrschte Krieg. Als Folge dessen wurden bereits (auch) etliche theologische Zeitschriften eingestellt (Papier und Druckereikapazitätseinsparung). Grundmann indes konnte munter weiter publizieren. Und das, weil er ja die Nazis "noch von rechts überholte".

Welchen "Vorauseilendem Gehorsam" denn Grundmann und sein Institut praktizierten, kann man auch an dem Umstand ablesen, dass es ihm sogar gelang, den Referenten im "Reichssicherheitshauptamt" zum Thema "Politische Kirchen", seines Amtes entheben zu lassen. Man vergleiche dazu auch:

Murawski

In seinem "Gott und Nation", laut Untertitel: "Ein evangelisches Wort zum Wollen des Nationalsozialismus", verbreitet sich Grundmann auch mit der Aussage: (S. 7)
"Der Verfasser, der sich zum politischen Wollen des Nationalsozialismus bekennt, möchte mit dieser Arbeit zeigen, daß der Nationalsozialismus sein Ziel nur erreichen kann, wenn er die Stimme der Kirche hört."

"Bauchschmerzen" bereitet allerdings Grundmann und anderen Kirchenmännern, insbesondere der Nazifunktionär Alfred Rosenberg.
Die Position der Kirchenmänner zu Rosenberg war durchaus gespalten. Einige redeten "Fraktur" und scheuten fallweise die Konfrontation nicht.
Andere, eben auch Grundmann, versuchten es eher mit der "Taufe" des Nationalsozialismus.

So meint er auf Seite 123 dieser Schrift sich auch damit "trösten" zu können:
"Übrigens hat Rosenberg bei seinem Kampf gegen das Christentum wesentlich mehr ein katholisches Christentum - und das auch nur verzerrt - vor sich als das protestantische evangelische.
Wo er dies im Auge hat, dann auch nur in mehrfacher Verzerrung."

Weiter umreißt Grundmann seine Position in vorgenannter Schrift auch mit den Sätzen (S. 14, 15):
"'Wir sind die Gegenbewegung gegen die französische Revolution'. Mit diesen Worten hat einer der bedeutendsten nationalsozialistischen Führer, Gregor Straßer, das Wesen der nationalsozialistischen Bewegung umrissen.
Gregor Straßer behält auch nach seinem schweren Zerwürfnis mit Adolf Hitler für die Bewegung seine große Bedeutung. ...
Die Proklamierung der Menschenrechte, die im Mittelpunkt der französischen Revolution stand, ist herausgeboren aus liberalistischem Geiste: 'Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit', sie bedeuten die Zersetzung aller Autorität und aller Gemeinschaft, denn es gibt keine Autorität ohne Gemeinschaft, und es gibt keine Gemeinschaft ohne Autorität" (meint Grundmann).

In seinem "Jesus der Galiäer und das Judentum" betitelten Schrift, begegnet man auch der These, die man ansonsten vorrangig von Deutschgläubigen Kreisen (weniger von christlichen) kennt (S. 175f.)
"Wenn also die galiläische Herkunft Jesu unbezweifelbar ist, so folgt ... daraus, daß er größter Wahrscheinlichkeit kein Jude gewesen ist ..."

Solcherlei Thesen fanden ja in breiten christlichen Kreisen, entschiedenen Widerspruch. Sie waren aber zugleich auch "Markenzeichen" etwa der Rosenbergianer. Auch hier sieht man, wie Grundmann einen von der Sache her, eher zweifelhaften Spagat versucht.
Eben zitierte Schrift firmierte auch als "Veröffentlichung des Instituts zur Erforschung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben", dessen Leiter er ja bekanntermaßen war.

Allerdings sah auch Grundmann, wie je länger je mehr; die Deutschgläubigen, das traditionelle Christentum zu verdrängen drohte. Hierin verstand auch er keinen Spaß.
Sein "Totale Kirche im totalen Staat" thematisiert das im besonderen, am Beispiel des Funktionärs Ernst Bergmann von den Deutschgläubigen.
Denen das Feld zu überlassen, das will auch Grundmann nicht.

Und so findet man denn in vielerlei Wendungen bei ihm, auch Ausführungen, wer denn wohl die besseren Nazis seien. Die Ungeliebten "Deutschgläubigen" oder eher die seinesgleichen.

In "Die völkische Gestalt des Glaubens" outet er sich dann auch als Supernazi, wenn er darin auch tönt (S. 100):
"Die Rassenfrage ist als der Schlüssel der Weltgeschichte bezeichnet worden, sie (sei es) auch für die schwierigen Fragen der Religionsgeschichte" (in der Lesart von Grundmann).

Nach 1945 dann. 20 Jahre lang von 1955 - 1975 leitet er eine kirchliche Ausbildungsstätte. Das katechetische Seminar in Eisenach.
In einem Text der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages, wird ihm unterstellt, zu jenen Kräften zu gehören, welche die Annäherung an die SED forciert betrieben.
Zitat:
"Der Weimarer Arbeitskreis (zu dem auch Grundmann gehörte) organisierte auf innerkirchlicher Ebene die damals noch heftig umstrittene Annäherung an den SED-Staat. ..."
Also könnten böse Zungen versucht sein zu kommentieren.
Opportunist vor und nach 1945.

Hans Prolingheuer etwa notiert in seinem Buch "Kirchenwende oder Wendekirche" auch:
"Das perverse kirchlich-theologische Unternehmen gilt als kriegswichtig".
Und zitiert wird dazu Grundmann mit seiner Aussage:
"Im großdeutschen Schicksalskampf, der ein Kampf gegen das Weltjudentum und alle zersetzenden und nihilistischen Kräfte ist, gilt die Arbeit des (von Grundmann geleiteten) Instituts an ihrem Platze das Rüstzeug, zur Überwindung aller religiösen Überfremdung im Innern des Reiches ..."
Grundmann zuvor auch noch Schriftleiter einer Zeitschrift mit dem programmatischen Namen "Christenkreuz und Hakenkreuz".

Nach 1945 publiziert Grundmann dann, als wäre nie etwas gewesen. Etwa Kommentare zum Bibelbuch Matthäus (auch von der "Brücke zum Menschen" zitiert). Prolingheuer konstatiert, Grundmann's Theologische Werke (nach 1945) seien in Ost wie West in der Theologenschaft geschätzt.
Nur wenige fragten ob dieser geschätzten Kommentare, was davor war.

Etwa in seinem 1973 erschienenen "Die frühe Christenheit und ihre Schriften". Politisch-zeitgenössische Bezüge gibt es darin schon mal nicht (von der Sache und den Umständen her verständlich).
Erinnert man sich seiner These zur Französischen Revolution, kann man ihm vielleicht sogar einen kleinen Kurswechsel bescheinigen. Nunmehr "nur noch" Theologe.
Wie soll man eben genannte Schrift einordnen. Eher dem liberalen Flügel der Theologie annähernd. Zwar kein "zweiter Rudolf Bultmann", aber so weit entfernt von ihm wohl auch nicht!

Die zweite Meldung des "Trost":
"Votivmesse für Hitler
Das St. Paulusblatt, kirchliches Organ mehrerer westfälischer Dekanate, enthält in der Nummer vom Sonntag, dem 16. April außer einem redaktionellen Artikel zu Hitlers 50. Geburtstag die folgende Anordnung des Bischofs von Münster:

"Aus Anlaß des 50. Geburtstags des Führers und Reichskanzlers, am 20. April 1939, schreiben wir vor:
1. Am Vorabend, Mittwoch, dem 19. April müssen alle Kirchenglocken von 18 Uhr bis 18.30 Uhr feierlich geläutet werden.
2. Am Donnerstag, dem 20. April müssen die Kirchen und kirchlichen Dienstgebäude, wie auch die Amtswohnungen der Geistlichen mit der Reichs- und der Landesfahne beflaggt sein.
3. Am Donnerstag, dem 20. April muß in allen Parochial- und Rektoratskirchen zu passender Zeit eine Votivmesse zu Ehren des hl. Michael, des Schutzheiligen des deutschen Volkes, gelesen werden, um Gottes Segen für den Führer und für Volk und Vaterland zu erbitten. Im Anschluß daran ist das "Allgemeine Gebet" im Wortlaut vom 9. Oktober 1933 laut vorzubeten.
Münster, den 3. April 1939. Der Bischof von Münster Clemens August."
("Het Nationale Dagblad" vom 18. l,. 39)"

Es ist offenkundig. Dass solch eine Meldung naturgemäß "Wasser auf die Mühlen" für die zeitgenössischen Zeugen Jehovas darstellte, und sie zusätzlich in ihrer Motivation stärkte, sowohl das Naziregime als auch die katholische Kirche abzulehnen. Prompt kommentiert dann auch "Trost" noch dazu:

"Michael, der große Fürst (Dan. 12: l), ist Jesus Christus. Ausgerechnet er ist "Schutzheiliger des deutschen Volkes"? Seit wann?
Und glaubt der Bischof von Münster wirklich, Michael, der den Satan und seine Engel schon aus dem Himmel hinausgeworfen hat und gerade dabei ist, sie mitsamt allen Helfershelfern von der Erde auszutilgen (Offenbarung 12:7-12), dieser Michael - Christus Jesus - werde das gottlose Führer-Regime in Deutschland beschützen?
Auch der Vatikan erflehte für Hitler zu seinem fünfzigsten Geburtstag ein langes Leben. Der Papst hat die Hoffnung, mit dem deutschen Tyranneisystem noch so manches Geschäft zu machen."

Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 28. September 2009 06:10
Zu einer wenig erfreulichen Artikelüberschrift, sah sich "Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 9. 1939 genötigt. Schon im ersten Artikel dieser Ausgabe. Ihr Titel:
"Schlägerei bei den Zeugen Jehovas"

Im Untertitel wird dann schon mal relativierend mitgeteilt:
"Eine Richtigstellung. - Der Bürgermeister von New York, La Guardia, und der Erzbischof der Diözese New York, F. J. Spellman, erhielten Briefe, die den Sachverhalt genau so klarstellen, wie nachstehender Bericht eines Augenzeugen es tut. Diese Briefe wurden auch den Einwohnern von New York in einer Aufklärungsschrift, von der 1000 000 Exemplare zur Verteilung gelangten, zur Kenntnis gebracht."

Na ja, mag man dazu schon anmerken. So wichtig dürften den zeitgenössischen New Yorkern die Zeugen Jehovas wohl nicht gewesen sein. Angesichts der genannten Auflagenhöhe von Hunderttausend indes, dürfte wohl dort nun fast jedes Schulkind davon erfahren haben, was es denn mit dieser Schlägerei so auf sich hatte.

Ob die Mehrzahl der so "Informierten" das auch ohne diese Verteilaktion interessiert hätte, ist doch sehr die Frage. Man kann das ganze sehr wohl als Ausnützung zu einer geviewten Public Relation Aktion (schlichtweg billige Reklame. Zu billig, werten).

Weiter teilt "Trost" mit:

"Zeitungen in aller Welt brachten die folgende Meldung:
"New York, 26. Juni. (Havas.) Während einer Veranstaltung der 'Zeugen Jehovas' im Madison Square Garden kam es zu einer Schlägerei, in deren Verlauf 40 bis 50 Personen verwundet wurden. Die eigentlichen Gründe für diese Schlägerei sind noch nicht abgeklärt. Fest steht nur, daß sie begann, als ein Redner über das Thema 'Regierung und Frieden' sprach. An der Veranstaltung nahmen rund 18 000 Personen teil. Alle Verletzten konnten mit Ausnahme eines Mädchens, das in Spitalpflege verbracht werden mußte, nach Hause entlassen werden." -


Dazu äußert "Trost" dann noch:
"Diese tendenziöse Havas-Meldung macht den Eindruck, als ob Jehovas Zeugen unter sich Krawall gehabt hätten, und einige Zeitungen überschrieben die Notiz direkt mit "Schlägerei bei den Zeugen Jehovas" oder "Zeugen Jehovas lagen sich in den Haaren".
Auch ein Rundfunksender in Deutschland brachte eine derartige Meldung, und einige Zeitungen schrieben, die Veranstaltung sei gesprengt worden."


Und das wird dann mit der Bemerkung beantwortet:
"Durch derartige Ausstreuungen hilft die Presse den katholisch-faschistischen Kreisen, die Wahrheit zu verschleiern. ...
Zu stören versucht wurde von der Katholischen Aktion, und zwar bei einem öffentlichen Vortrag von Richter Rutherford. Die Störenfriede wurden an die Luft gesetzt, wie es ihnen gebührte; doch auch dabei hat es keine "Verwundeten" gegeben, geschweige denn jemand, den man hätte ins Krankenhaus bringen müssen. Der Redner hielt währenddessen ganz unbeirrt seinen Vortrag weiter, und auch diese Versammlung, an der die Öffentlichkeit teilnahm, wurde in voller Ordnung zu Ende geführt. ..."


Das ganze wird in die Rubrik "Verschwörung" eingeordnet.
"Daß es sich tatsächlich um eine Verschwörung fanatischer Katholiken handelt, dafür sind zahlreiche Beweise vorhanden. ..."

Als Detail berichtet "Trost":
Kurz bevor Richter Rutherford seinen öffentlichen Vortrag über "Regierung und Friede" begann, marschierte eine Kolonne - den Berichten nach waren es zwei- bis dreihundert Mann - geschlossen auf die oberste Galerie, direkt oberhalb des Rednerpodiums. Zwei oder drei katholische Priester saßen bei ihnen, in der vordersten Reihe. Es handelte sich um Coughliniten. ... Um Anhänger dieses katholisch-faschistischen Priesters dreht es sich hier.

Wie festgestellt wurde, hatten diese Coughliniten in einer Stärke von etwa 500 Mann am gleichen Tage vor der New-Yorker Radiostation WMCA "demonstriert", weil diese Station ihren "Vater Coughlin" nicht sprechen lassen will. Nachdem sie dort Radau gemacht hatten, marschierte ein Teil von ihnen zum "Madison Square Garden".

Dort fingen sie achtzehn Minuten nach Beginn des Vortrages ihren Krach an. ...
Man brauchte auch keinen Anlaß; denn man wollte Krawall machen um jeden Preis, Deswegen war man ja gekommen. So fingen die Kerle also an zu brüllen, zu pfeifen, zu trampeln und auch "Viva Franco!" und "Heil Hitler!" zu schreien. ...

Die Veranstalter, Jehovas Zeugen, wußten von den Plänen der Katholischen Aktion. Darum sicherten sie sich durch Aufstellung von einigen hundert Saalordnern. Als der Radau begann, ersuchten einige Saalordner die anwesenden Polizisten, für Ruhe zu sorgen, bekamen aber zur Antwort:

"Das ist eure Sache."
Demgemäß forderten sie die lärmenden Coughliniten auf, entweder still zu sein, oder die Halle zu verlassen. Statt dem nachzukommen, griffen diese katholischen Fanatiker einige Saalordner tätlich an, und diese verteidigten sich natürlich und sorgten schließlich unter Beteiligung der Polizei dafür, daß die CoughIiniten-Meute an die Luft gesetzt wurde."


Der Polizei indes meint "Trost" vorhalten zu sollen:
"Immerhin war das Handeln der Polizei nicht unparteiisch. Sie schritt nicht energisch gegen die Ruhestörer ein, und statt diese zu verhaften, nahm sie vier Saalordner fest, weil gegen diese von den Coughliniten falsche Beschuldigungen erhoben worden waren. ...

Über einen Fall dabei heisst es:
Dieser (Zeuge Jehovas) war beschuldigt, eine Coughlinitin namens Agnes Walton mit einem Stockhieb über den Kopf bewußtlos geschlagen zu haben. Als seine vier Ankläger vor Gericht einvernommen wurden - so, daß keiner Gelegenheit hatte, die Aussagen der ändern zu hören - brachte ein jeder eine andere Lügengeschichte vor, so daß sie der Richter entließ mit der Verwarnung:
"Gehen Sie nach Hause und belästigen Sie das Gericht nicht weiter mit erfundenen Anklagen."
Ein Entlastungszeuge des Saalordners sagte aus, er habe gehört, wie ein gewisser Philip May der Agnes Walton gesagt habe, sie solle sich auf den Boden legen und so tun, als ob sie niedergeschlagen worden wäre, und der Polizei dann sagen, ein Saalordner habe sie bewußtlos geschlagen. ..."


Und unterschrieben ist das ganze noch mit:
"Als Augenzeuge der New Yorker Vorgänge
M. C. Harbeck, Bern"
Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 29. September 2009 06:12
Offenbar hatte es die zeitgenössische WTG nötig, angesichts trostloser Umweltverhältnisse, etwas zur "moralischen Aufrüstung" der eigenen Anhängerschaft beizutragen. In diese Rubrik kann man dann wohl auch den "Trost" vom 15. 9. 1939 entnommenen Berichte einordnen.

Er spielte sich zwar in den USA ab; wurde aber von der WTG offenbar als so "bedeutsam" eingeschätzt, um ihn auch international bekannt zu machen. In ihm war zu lesen:

"1937, in den Sommermonaten, fragten wir bei den Beamten des Kreiszuchthauses von Monroe in Pennsylvanien an, ob es ihnen recht wäre, wenn wir erzieherische Veranstaltungen für die Gefangenen einrichten würden. Die Veranstaltungen befaßten sich mit der Aufrichtung des Königreiches Gottes auf der Erde.

Der Gefängnisverwalter meinte, das sei eine gute Idee, um den Gefangenen und den sonstigen Insassen zu helfen, und gab seine Zustimmung. Er lud uns für den nächsten Sonntagmorgen ein, weil das der freie Sonntag des Monats war. Die andern Sonntage waren vom katholischen Priester und dem protestantischen Geistlichen belegt. Unsere Veranstaltungen sollten eine Stunde dauern.

Am nächsten Sonntag fuhren wir mit unserm Tonwagen in den Gefängnishof. Die Gefangenen kamen aus ihren Zellen marschiert und setzten sich rund um den Wagen ins Gras.
Wir begannen mit einer Musikplatte. Das erweckte das Interesse der Hausbediensteten, der Wärter und aller andern.
Dann folgten die Vortragsplatten mit Richter Rutherford als Redner. Am Schluß drückten alle auf den Wagen gerichteten Augen Staunen und Bewunderung aus. Es wurde uns gesagt, keinerlei Diskussion anzufangen; darum boten wir Gratisbroschüren an für solche, die sie haben wollten.

Vierundneunzig Stück gaben wir an Wärter und Gefangene aus.
Der Zuchthausverwalter meinte, die Sache sei sehr gut, und lud uns ein, jeden Monat einmal mit dem Wagen zu kommen und ähnliche Veranstaltungen durchzuführen. Wenn nun, jeden Monat einmal, der Wagen ins Zuchthaus einfuhr, wurde er von den Männern stets mit Freudenrufen begrüßt. Jedesmal ließen wir Broschüren für diejenigen zurück, die sie wünschten.

Das ging fünf bis sechs Monate so weiter, bis wir eines Sonntags gesagt bekamen, daß wir mit diesen Veranstaltungen aufhören müßten. Uns nach dem Grund erkundigend, sagte man uns, 'Ehrwürden' Eug. Golding und 'Ehrwürden Vater' William Hollock wären mit den religiösen Angelegenheiten des Hauses betraut und hätten, ohne einen Grund zu nennen, die Anweisung gegeben, daß die Veranstaltungen sofort einzustellen sind.

Der Zuchthausverwalter schien umgewandelt.
Offenbar fürchtete er den Verlust seiner politischen Stellung. Ein paar Monate später erfuhren wir, daß alle bei den Wärtern und Insassen zurückgelassenen Broschüren eingesammelt und verbrannt worden sind und die strenge Anweisung erlassen wurde, daß, wer irgendwelche WATCH TOWER-Literatur, die er hat, nicht abliefere, eine Woche Einzelhaft bei Brot und Wasser erhält. Auf diese Art sind zirka 500 Broschüren eingezogen und vernichtet worden."
Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 30. September 2009 03:08
Nun denn, wenn schon die USA für Jubelberichte herhalten müssen, dann ist es wohl klar. In Hitlerdeutschland gab es für die WTG-Hörigen zur gleichen Zeit wenig bis nichts zum "jubeln".
Sollte es tatsächlich mal eine Ausnahme von der Regel gegeben haben, auch das ist klar. Die lässt man sich nicht entgehen, da man moralische Aufrüstung in der Tat bitter nötig hat.
Und eben im Sinne der "moralischen Aufrüstung" konnte man in dergleichen "Trost"-Ausgabe (15. 9. 39) auch den nachfolgenden "Jubelbericht" vorfinden:

"Nachdem ich 1934 mein Friseurgeschäft verkauft hatte, da die Propaganda gegen mich zu stark wurde, nahm ich den Friseurposten in einer Lungenheilstätte an, deren Personal ich schon früher als Kunden gehabt hatte.
Schon bei den ersten Unterhaltungen mit Patienten wurde mir gesagt, daß die Oberin von Tür zu Tür durch die ganze Anstalt ginge und allen Leuten sage:
"Wißt ihr, der neue Friseur, der jetzt kommt, ist Bibelforscher."
So suchte sie Opposition gegen mich zu machen. Wenn ich den Leuten Zeugnis gab, stand sie immer vor der Tür und horchte.

Ein Patient sagte einmal zu ihr; "Schwester, kommen Sie doch herein, wenn der Friseur da ist; den sollten sie mal hören, der hat uns erklärt, wer Gott Jehova ist, das hätten sie auch hören sollen."
Die Verhältnisse kamen dann so, daß sie gehen mußte und ich ihr vorher noch selbst Zeugnis geben konnte.

Unter den Patienten war ein Schriftsteller. Ich unterhielt mich jede Woche mit ihm, und er sagte mir: "Ich freue mich immer auf diese Unterhaltung, ja, ich kann die Zeit nicht erwarten, bis Sie wiederkommen."
Er hatte alle Religionsarten studiert, indische und sonstige orientalische, nur die Bibel nicht. Auch hatte er hohe katholische Geistliche in seiner Familie, die ihn aber alle nicht zu Gott und zum
Königreich führen konnten. Mit Begierde las er dann die Bibel, die er bis dahin nicht gekannt hatte. Er sagte dann noch zu mir, daß er jetzt in Ruhe sterben könne, was auch kurze Zeit später geschah. Man muß die Freude gesehen haben, die dieser Mann hatte, als er die biblischen Wahrheiten erkannte.

Ich kam zu einem andern aufs Zimmer. Dieser war Großkaufmann von Beruf, und als Nationalsozialist las er gerade das Buch "Mein Kampf". Ich erklärte ihm die heutigen Probleme im Lichte der Bibel. Resultat: Er bestellte bei mir einen Satz Bücher - 13 Stück - auf einen Schlag, mit dem Bemerken, daß ja eines immer interessanter sei als das andere und nun das Buch "Mein Kampf" erledigt sei.
Da unsere Tätigkeit zu dieser Zeit im Saargebiet schon verboten war, war es schon mit Gefahr verbunden, die Bücher zu liefern. ...

Wenn ich in die Privatwohnung des Oberinspektors kam, brachte die Frau sofort die Bibel, und ich mußte erklären.
Als ich dann nicht zur Wahl ging, mußte ich auf Drängen der Partei und zum Leidwesen anderer entlassen werden.

Auf einen Schlag war ich ohne Verdienst, da die politischen Leiter es den Leuten verboten, sich von mir bedienen zu lassen. Auf Drängen der Partei und der Arbeitsfront mußte uns auch die Wohnung gekündigt werden. ...

An dem Tage, da wir räumen sollten, kam in aller Frühe die Gestapo und machte Haussuchung, fand nichts Belastendes, nahm mich aber trotzdem mit. Meine Frau und zwei Kinder, 10- und 13jährig, waren vier Wochen ohne Wohnung. Die Umstände, die dazu führten, daß meine Frau zu einer Wohnung kam, sind nicht zu beschreiben. Es hat sich auch hier erwiesen, daß, wenn die Not am größten ist, Jehovas Hilfe kommt.

Nach sechs Wochen hörte ich im Gefängnis zum ersten Male etwas von meiner Familie.
Im Gefängnis kam ich zu einem in die Zelle, der sich sonst mit niemand vertrug. Als er mich sah, lachte er und sagte: "Du gefällst mir." Er frug mich, warum ich im Gefängnis sei. Ich sagte ihm: "Wegen meinem Glauben als Zeuge Jehovas." Er sagte: "Da kannst du froh sein, daß du für deinen Glauben leiden darfst. Du bist zu beneiden. Ich wäre froh, an deinem Platz zu sein." Er war Erfinder und stand noch im Gefängnis mit dem Kriegsministerium in Verbindung. Er glaubte an einen Schöpfer, doch nicht im Sinne einer Religion, nur nach seiner eigenen Anschauung, die ich ihm nach der Lehre der Heiligen Schrift auch zerschlug.

Er war sehr hartnäckig, jedoch ehrlich. Als er mal eine schriftgemäße Erklärung nicht gelten lassen wollte, sagte ich ihm, daß es keinen Zweck habe, ihm weiteres zu erklären, und gab ihm einen Tag lang keine Antwort. Er weckte mich nachts und sagte:
"Wenn du ein Zeuge Jehovas sein willst, mußt du mir auch noch alles erklären." Da sein Stolz gebrochen war, ging dann alles gut. Wir hatten eine Bibel und hielten regelrecht Bibelstudium.

Dann kam ich in ein anderes Gefängnis. Obwohl es von der Gestapo streng verboten worden war, daß ich mit andern Gefangenen in Berührung komme, genoß ich durch meine Führung das Vertrauen des Hauptwachtmeisters. Es kam oft vor, daß er andere Gefangene schlug.
Durch ihn hatte ich Gelegenheit, viele Brüder in ihren Zellen zu sprechen. Nach meiner Verurteilung bekam ich dann den größten Vertrauensposten, den ein Gefangener im Gefängnis erhalten kann. Ich stand mit den Brüdern von zwei Gefängnissen in Verbindung und war über alles auf dem laufenden. Ich war im Gefängnis besser orientiert über das, was gemacht wurde, als Geschwister in der Freiheit.

Nach meiner Entlassung wurde meine Frau von zwei Beamten abgeholt und ins Gefängnis eingeliefert. Auch sie hatte Vertrauensposten. Als Staatsfeinde gezeichnet, jedoch zum Vertrauen am besten geeignet.
Als sie wieder entlassen war, bekamen wir immer den Besuch von Bruder . . . Unter welchen Umständen, kann nicht beschrieben werden. Es war für uns aufregend, alles zum Guten der hungernden Geschwister zu leiten, da ich immer unter Aufsicht stand und jeder Schritt bewacht wurde.

Keine ruhige Stunde, kein Schlaf, immer der Gedanke: die Gestapo!
Mein Sohn, den man auf dem Lehrstellenvermittlungsbüro fragte, warum er nicht in der HJ [Hitlerjugend] sei, antwortete, daß man ihm schlechten Anschauungsunterricht erteilt habe, indem man seine Eltern unschuldig einsperrte.
Es wurde ihm gesagt, daß seine Eltern kein Umgang für ihn wären und er von zu Hause fort müsse. Wir frugen ihn, ob er gewillt sei, mit seinen Eltern Jehova treu zu sein und freiwillig fortzugehen (über die Grenze), oder ob er in die HJ eintreten und demnach alles mitmachen wolle. Er entschied sich dafür, fortzugehen.

Später kam die Gestapo wieder, und da ich gewarnt worden war und mich nicht zu Hause aufhielt, nahmen sie meine Frau mit. Was sollte ich tun? Meine Frau wieder im Gefängnis und beide Kinder im Auslande. Da traf ich zwei Brüder, die mir sagten, ich solle zu den Kindern gehen, da das Verbleiben zwecklos sei. Traumwandelnd ging ich über die Grenze an Grenzwächtern vorbei; es schien, als wären sie alle mit Blindheit geschlagen.

Nach menschlichem Ermessen bestand keine Möglichkeit mehr, als Familie wieder zusammenzukommen, da meine Frau mit andern Schwestern ins Konzentrationslager geschafft werden sollte.
Der Vorgang ist wunderbar, wie sie im Gefängnis erfuhr, daß ich mich in Freiheit befinde. Nach sechs Wochen wurde sie plötzlich entlassen, um als Lockvogel für mich zu dienen.
Obwohl sie vor der Wohnung von zwei Individuen bewacht wurde, war es uns möglich, sie unter besonderen Umständen über die Grenze zu bringen. Wie das zuging, kann ich nicht alles berichten. ..."
Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Frau von x
Datum: 30. September 2009 11:00
Zitat:
Es hat sich auch hier erwiesen, daß, wenn die Not am größten ist, Jehovas Hilfe kommt.

WT vom 15.OKTOBER 2008 S.9 Abs. 9:

"Die Macht, jemand aus einer Gefahr zu befreien, hat Jehova ohne Zweifel. Können wir aber mit Sicherheit sagen, ob er in einer konkreten Situation eingegriffen hat? Nein."

Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 27. Oktober 2009 00:34
J(ohn) C(orrevon)
"Trost"
So heisst das halbmonatliche Hetzblatt der Zeugen Jehovas, ex-Bibelforscher, dieser fanatisch-religiösen und politischen Sekte, die bereits in mehreren Ländern, auch in Polen, wegen antichristlicher und antinationaler Propaganda verboten wurde.

Die Zeugen Jehovas behaupten, sie seien herzensgute Patrioten und Christen, die sich niemals mit Politik beschäftigen.
Wie sehr unwahr diese Ausrede ist, zeigt uns die Tatsache, dass die Bibelforscher nicht nur den Militärdienst verweigern, aber auch sogar den Flaggengruss verbieten. Dieser wird von ihnen als "Gegenstand eines abgöttischen Kultus" betrachtet

(Vergl. "Trost" Nr. 402 vom 15. Juni 1939. Seite 14).

Weiter bestätigen die Artikel "Diktatoren" (Trost Nr. 403; 1. Juli 1939) Seite 14 und "Russland macht Wüsten urbar" Seite 16, dass die Bibelforscher unter religiösem Mantel eine ganz antipatriotische Politik: betreiben.
Vom patriotischen Standpunkt aus gesehen, ist der Artikel von J. F. Rutherford
"Irregeleitet" S. 6, aus Nr. 404 sehr interessant, weil er darin den Flaggengruss verbietet; ebenso reich an Aufklärungen über die politischen Ziele der Bibelforscher ist die Stellung von "Trost" gegenüber den Geschehnissen in Palästina auf S.3; "Aufruhr in der Heiligen Stadt".
Wenn man diese unsinnigen politischen Artikel wegschiebt, so sieht man, dass der grösste Teil der übrigen ganz grobe und gemeine antikatholische Schimpfreden sind.

Man wird nicht mehr daraus klar, wie es überhaupt noch möglich ist, dass in unserem Ruhe- und Gerechtigkeit-liebenden Land eine Hetzzeitschrift eine Staatsreligion so frech und windig herabwürdigen und verunehren kann. Wäre es nicht endlich mal Zeit, den Umtrieben dieser fanatischen Delinquenten und Unruhestifter ein Ende zu machen?

Lassen wir unsere werten Leser selbst darüber entscheiden; dazu mögen die folgenden Zitate genügen:

Aus "Trost" Nr. 403, S.4; .
"Das bedeutet nichts anderes, als dass katholische Priester junge, unbesonnene Menschen dazu benutzen, sich eine Privatarmee in der Art hitlerischer Sturmabteilungen zu schaffen. ...
Seite 5; Katholiken, die nicht mit Scheuklappen versehen sind, wollen auch in Nieder-Gösgen wissen, was all die Liebhabereien der katholischen Hierarchie gegenüber den Diktaturen Hitlers und Mussolinis eigentlich soll. Sie wissen ja auch einiges über den katholischen Naziprotektor von Papen, über bischöfliche Wahlpropaganda für Hitler... und schliesslich über das enge Hand-in-Hand-Arbeiten (!) des Vatikans mit dem demokratie-feindlichen System Mussolinis."

Nach 4 unverschämten Fragen fährt "Trost" weiter fort: "Katholische Bischöfe in Deutschland verlangten ... die Unterdrückung der Tätigkeit der Zeugen Jehovas. Heute wird diese Unterdrückung von derselben Seite in der Schweiz verlangt. Bleibt nun die Frage:

Wo ist derjenige, der in der Schweiz tun will, was Hitler in Deutschland getan hat? ... Wenn sich der katholische Klerus in der Schweiz selbst in das Lager der Verfolger der Zeugen Jehovas einreiht und damit Wahres (sic!) Christentum bekämpft, so ist die Tatsache von selbst gegeben, dass auch in der Schweiz schon ein Kreuzzug gegen das Christentum" nach faschistischem Muster begonnen hat."

Liederliche Angriffe sind wieder auf Seite 12 zu lesen:
"Die hervorragenden Geistlichen wiederum trachten nach der Gunst der politischen Herrscher, um von ihnen geschmeichelt zu werden, wodurch sie auf das Volle stärkern Einfluss gewinnen. ... Der Teufel bekommt die Religionsorganisationen, die viel lieber Menschen statt Gott ehren und rühmen, in seine Gewalt.

Die wichtigste und führende Religionsorganisation auf der Erde ist die römisch-katholische Hierarchie der Autorität, die eine Willkürherrschaft von Menschen darstellt und bei der das Volk nichts zu sagen hat. Man wird beobachten können, dass diese grosse Religionsorganisation in jedem Lande, wo politische Diktatoren herrschen, diese unterstützt, und die Regenten werden sehr tyrannisch."


Ebenso heftige Stellen sind in der Nummer 404 vom 15. Juli 1939, enthalten. Auf Seite 5 werden die Priester als "Religiöse Schmarotzer" bezeichnet. Die Seiten 6,7,8 unten sind mit Angriffen gegen die S.P.K. und Gesellschaft für Kirche und Papst gefüllt. Noch auf Seite 7 wird im Artikel "Coughlin in U.S.A." folgendes geschrieben:
"Die Kirche hat bis jetzt Coughlin in ihrem Schosse behalten ... Tatsächlich hilft somit die kathol. Kirche, indem sie Coughlin in seiner Funktion als Priester lässt, den Faschismus in diesem Lande aufzurichten."
Interessant ist ja festzustellen, dass dieser Artikel aus der "Sozialistischen Warte" (also doch !!!!) Paris, 21. April 1939 entnommen.

Diese Zitate werden wohl unsern Lesern schon genügt haben, um sie von den antichristlichen und auch antipatriotischen Tendenzen der Zeugen Jehovas zu überzeugen. Ist nun recht, dass tagtäglich, aber speziell am Samstag und Sonntag, ein paar Hunderte von solch illuminierten Fanatikern von Haus zu Haus mit ihren Hetzschriften hausieren?

Die Schriften, die sie gegenwärtig mit Vorliebe verbreiten, und zwar wegen ihren sehr scharf antikatholischen Inhalt sind die folgenden:
Das Buch 'Reichtum' in rotem Kaliko mit Golddruck und das Buch 'Feinde' in braunem Kaliko, ebenfalls mit Golddruck. Die andern Bücher haben alle eine der bunten Regenbogenfarben. Die buntfarbigen Broschüren: 'Warnung', 'Jenseits des Grabes', und die weissen: 'Schutz', 'Aufgedeckt' (gemeint die Hure von Rom!!!). Die neuesten und unverschämtesten Broschüren sind: 'Schau den Tatsachen ins Auge', 'Heilung' und 'Faschismus oder Freiheit' (auf dessen Titelbild steht ein katholischer Bischof zwischen Hitler und Mussolini !!! )

Sobald ein Hausierer mit solchen Schriften an der Türe steht, sollten unsere werten Leser sofort die Polizei benachrichtigen. Damit wäre dem Vaterland ein Dienst erwiesen, denn die Bibelforscher hausieren ohne Bewilligung der Behörden und verbreiten Hetzschriften, die den konfessionellen Frieden schwer bedrohen. Schweizer sind wir und Schweizer wollen wir sein, nicht Zeugen eines .jüdischen Nationalgottes.

In der Zeitschrift
"Trost" vom 1. Januar bis zum 15. Juni 1939 wird unsere heilige katholische Kirche auf niederträchtigste Weise herabgewürdigt und verunreinigt:

Alle genannten Artikel wimmeln von Übertreibungen aller Arten, von bösartigen Schimpfreden und von so gemeinen Ausreden, dass man gut denken könnte, sie wären die Früchte der Einbildung eines Geistesgestörten. Es wäre doch höchste Zeit den Umtrieben dieser Sektierer ein für allemal ein Ende zu machen.


Gelesen in der (katholischen) in Rorschach (Schweiz) erschienenen Zeitung "Das Neue Volk" (Ausgabe vom 12. 8. 1939)
Vorab erst mal zu dem Autorennamen.
In genannter Zeitung wird er nur abgekürzt wieder gegeben als J. C.
Die Auflösung des Namens erfolgte seitens "Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 10. 1939. Die Diktion des Artikels lässt wohl keinen Zweifel darüber aufkommen, dass er "stramm katholisch" orientiert ist. Ob nun besagter Correvon schon von seiner Biographie her (worüber weiter unten noch was zu sagen sein wird) im besonderen für Ausführungen wie die vorstehenden "prädestiniert" ist, erscheint mir so ausgemacht nicht zu sein.

Ich habe eher den Eindruck, besagte Zeitung hat sich zwar mit Correvon in Einvernehmen gesetzt, von ihm auch das "Gerippe" des Artikels erhalten. Letzteren dann aber in eigener Verantwortung ausgeformt. Gleichwohl ist das eine Hypothese. Es kann so - oder auch anders - gewesen sein.

Es versteht sich eigentlich von selbst, dass eine Zeitung, die Ausführungen vorstehender Art bringt, seitens "Trost" nichts "zu lachen bekommt". Prompt wird denn das "Neue Volk" in "Trost" vom 1. 10. 1939 mit einigen einschlägigen "Charakteristikas" bedacht, wie zum Beispiel die:


"Dr. Weder, Redakteur der Zeitung "Das Neue Volk" ("Organ im Sinne der katholischen Aktion", Rorschach). ... Seine Zeitung wird nach Erfurt geschickt und wartet auf die freudige Zustimmung Fleischhauers. Trotzdem dieses Blatt katholische Prälaten als ständige Mitarbeiter hat, schreibt es vom "jüdischen Nationalgott Jehova", ganz im Sinne Fleischhauers. ..."

Oder auch die:
"Es ist wohl kein Zufall, daß von den Gründern und Inspiratoren (der SPK) nur mehr der nun "eingetragene" Schweizer Metzler an die Öffentlichkeit tritt.

Und jenen Passus "eingetragene Schweizer" meint "Trost" dann noch wie folgt verifizieren zu können:

"Heinrich Metzler.
Von ihm schreibt Tödtli in seinem russisch gefärbten schlechten Deutsch in einem Briefe: "Laut Metzler (der ein Deutscher ist) haben die Schweizerkatholiken echt Schweizercharakter (bevor meine Tasche leidet nicht - alles gut) kein Unternehmungslust!"
Der schweizerische "Nationalist" Metzler selber schreibt in einem Briefe an Tödtli am 25. September 1936: "Sie verstehen, daß ich erst ab Nov. 'eingetragener' Schweizer bin und vor allem jetzt nicht gerne an die Öffentlichkeit treten kann, was ich überhaupt womöglich vermeide, weil sonst die .Forscher-Arbeit' etwas gehemmt ist."
Das ist also Heinrich Metzler, der nun seit nicht einmal drei Jahren 'eingetragener' Schweizer ist ..."


Was die von "Trost" gemachten Andeutungen zur Biographie des Metzler anbelangt, ist festzustellen.
Belege für die These, der stammt aus Deutschland, werden nicht mitgeliefert. Also gilt wohl auch hier. Es kann so oder auch anders gewesen sein. Und wenn er denn aus Deutschland nach St. Gallen umgesiedelt, und in amtlichen Dokumenten als Zahntechniker bezeichnet wird, bleibt immer noch die Frage des weshalb und warum, offen. Auch "Trost" beantwortet sie nicht.

Aber kehren wir zum eingangs zitierten Artikel zurück. Laut "Trost" erschien der wohl zuerst französischsprachig in einer Zeitschrift mit dem Titel "La Liberte", Fribourg (Schweiz) 27. 6. 1939. Offenbar hat das "Neue Volk" selbigen dann wohl etwas abgewandelt, ebenfalls übernommen.

Zur Substanz.
Es werden einige Belegstellen aus "Trost" angeführt. Soweit selbige etwa das Thema Flaggengruß-Streit berühren, nimmt man es doch etwas verwundert zur Kenntnis, dass selbiges offenbar auch in der Demokratie Schweiz, mit aufgebauscht wurde.
Zu der "Trost"-Notiz "Russland macht Wüsten urbar" muss gleichfalls Widerspruch angemeldet werden. Das behandelt ein naturwissenschaftliches Thema. Es hätte der gleiche Vorgang auch in einem anderen Lande sich in der Presse widergespiegelt und dann von "Trost" aufgenommen, abspielen können.

Ausdrücklicher Widerspruch ist auch jener Meldung zu widmen, die den amerikanischen Priester Coughlin betrifft, wo das "Neue Volk" durch seine drei !!! Anstoß daran nimmt, dass selbige Meldung einer in Paris erscheinenden sozialistischen Zeitschrift entnommen wurde.

Aber die Tendenz des "Neuen Volk" ist klar. Es möchte - wie gehabt - die Zeugen Jehovas in die kommunistische Ecke stellen. Ob es damit "sachgerecht" ist, mag man mehr als bezweifeln. Parteiisch ist solch ein Votum allemal. Die gleiche ablehnende Parteilichkeit lässt das "Neue Volk" allerdings dem Naziregime gegenüber vermissen.

Mag man den zeitgenössischen Zeugen Jehovas auch ihrerseits antikatholische Überspitzungen zurechnen. Bereinigt um diese Überspitzungen, haben sie sehr wohl (sachlich richtig) herausgearbeitet die stille oder auch laute Liaison die da zwischen Katholizismus und Faschismus bestand. Auch das "Neue Volk" stand ganz offensichtlich auf der Seite dieser Liaison. Symptomatisch dafür auch die "Trost"-Einschätzung:


"Auch heute noch (sucht man) vergeblich nach irgendwelchen Meldungen die das Mißfallen des deutschen Nazi-Systems erregen könnten (im "Neuen Volk").

Recht geben wird man dem "Neuen Volk" allerdings in einem gegen die Zeugen Jehovas gerichtetem Vorhalt, etwa wenn es auch formulierte, dass die Zeugen Jehovas "den konfessionellen Frieden schwer bedrohen."

Zumindest aus katholischer Sicht und Interessenlage ist dieser Vorwurf als berechtigt anzuerkennen. Man halte sich doch mal die Relationen vor Augen. Laut den eigenen Statistiken, bezifferten die Zeugen Jehovas in der Schweiz, die Durchschnittszahl ihrer Verkündiger im Jahre 1938 auf 813.
1933 waren es 805. Also in diesen fünf Jahren eine magere Zunahme um acht Personen.

Dieses kleine Häuflein verbreitete nun im Nachgang des Verbotes der WTG-Broschüre "Faschismus oder Freiheit" in der Schweiz, in einer Auflage von 400.000 Stück eine sogenannte "Verteidigungsschrift zur Abwehr der unerhörten Presse-Angriffe gegen JEHOVAS ZEUGEN."

Man wollte offenbar - um jeden Preis - auch in der Schweiz etwas "darstellen". Indes auch das muss gesagt sein. Die "Akzeptanz" der Zeugen Jehovas in breiten Schichten der Schweizer Bevölkerung, war eben nicht gegeben. Da konnten sie noch so aggressiv gegen die katholische Kirche polemisieren. Diese Verkündigung kam zu damaliger Zeit bei der Schweizer Bevölkerung "einfach nicht an". Und was das Häuflein der Achthundert anbelangt. Auch die Verkündiger-Durchschnittszahl in der Schweiz Jahre davor, etwa 1928 (763), kann man wohl kaum zu den "berauschenden Zahlen" rechnen.

Etwas mehr Bescheidenheit, wäre der Rutherford-Organisation durchaus angemessen gewesen. Genau die war nicht gegeben, und wurde durch besonders aggressive Thesen "kompensiert".

Nun also sei Rom schuld tönt man in dieser "Verteidigungsschrift", dass genannte Broschüre verboten wurde. Stören würde darin ja nicht so sehr, was über Hitler gesagt, sondern eben das "aufdecken" der Liaison zwischen Faschismus und Katholizismus. Wer so in den Wald hineintönt, hat wohl wenig Grund sich über das zurückkommende Echo zu verwundern.

Aber kommen wir nun noch zu besagtem Herrn Correvon. Letzterer bereitete nur etwa ein Jahr später, der WTG erneut "heftigste Bauchschschmerzen"
Siehe dazu
Also doch!

Missmutig muss "Trost" bekanntgeben. Der war ja bis vor kurzem (seit April 1936) noch einer der Ihrigen:

"Dieser Mensch, der bis zum Januar 1938 ein Mitarbeiter der WACHTTURM BIBEL- UND TRAKTAT-GESELLSCHAFT war, bringt es als neubackener Katholik fertig, durch unverschämte Lügen das Verderben derer zu suchen, denen gegenüber er sich noch vor kurzem als ihr "Bruder" ausgab.

Und weiter "Trost":
"Niemand hat bedauert, als er diesen Dienst nach knapp zwei Jahren wieder aufgab, denn seine Unaufrichtigkeit war schon vor seinem Weggang deutlich erkannt worden."

A ja so ist das also. Weiter zitiert "Trost" den Correvon noch mit seiner seinerzeitigen Aussage:
"Ich habe mehr als 500 theologische Bücher gelesen und studiert (da ich 'Pfarrer' werden wollte); aber ich kann sagen, daß sie sich mit Richter Rutherfords Büchern nicht messen können!"

Nun wer sich denn da wohl grundlegend getäuscht hat, ist doch sehr die Frage. Jener Correvon auf der Suche nach einer Pfarrerähnlichen Tätigkeit (und sei es auch bei den Zeugen Jehovas). Oder eben die WTG-Funktionäre, welche da den Rotz den Correvon ihnen um die Backen schmierte, für bare Münze nahmen, (nehmen wollten).

21 Jahre alt sei nun Correvon, teilt "Trost" mit. Sicherlich kein Alter für eine "gestandene Karriere". Der Zeugen Jehovas waren also für ihn nur eine Durchzugsstation auf seiner "Reise": und "Reisende soll man ja bekanntlich nicht aufhalten".

Nun ist es wohl so, dass Personal-Fehlentscheidungen auch in anderen Organisationen vorkommen können, keineswegs "nur" bei den Zeugen Jehovas. Was das besondere am Falle Correvon darstellt, ist wohl der Umstand, dass der "Wachtturm" ihn in seiner Ausgabe vom 15. 3. 1936 der breiten Leserschaft als ein besonders "potenten Fisch an der Angel" vorstellt.

Man hatte es wohl sehr nötig, wenn sein Fall (der Anwerbung) damals so publik gemacht wurde. Wenn man ihn denn schon nimmt, bestand aber durchaus noch nicht die Notwendigkeit, so einen jungen Mann nun in der eigenen Zeitschrift so gross heraus zustellen.

Tja vor Irrtümern ist halt auch die WTG nicht gefeit! Und mancher Irrtum kostet halt seinen Preis!

Dann mag noch dokumentiert werden, welch "erbaulichen" Brief die Leser des "Wachtturms" in der Ausgabe vom 15. 3. 1936 zu lesen bekamen.
Wie der Fall sich weiter entwickelte, wurde ja bereits ausgeführt:


S. 95
Interessante Briefe
"Diesmal hatte die Wahrheit mich erfasst"
Liebe Brüder in Christo
Das Büro der Tour de Garde in Paris schrieb mir als Antwort auf einen Brief, worin ich betreffs der Bedingungen, ein Pionier zu werden, angefragt hatte, dass ich mich mit ihnen in Verbindung sollte, da sie die Fragen des Pionierdienstes erledigten. Erlauben Sie mir daher, Ihnen etliches zu wiederholen dass ich schon nach Paris schrieb.
Nachdem ich einen Kurs in einem "Bibel-Institut" [wahrscheinlich Tufels-Institut] beendet hatte (in Grossbritannien), kam ich nach Frankreich, um für den Herrn zu wirken.
Ich traf in Le Havre Mr. G., den Pastor der sogenannten "Versammlungen Gottes", zu denen ich gehörte. Ich wurde nach J. beordert, um dort Mr. A, dem Pastor der Evangelischen Kirche, behilflich zu sein. Er nahm ich als Evangelist auf und erlaubte mir, jeden Mittwoch und Freitag abend in der Kirche zu sprechen. An Sonntag Nachmittagen und Mittwoch abends musste ich den Kranken "die Hände auflegen" und für "göttliche Heilungen" beten.
Eines Tages sagte mir einer der Treuen unserer Kirche, dass er sehr für die Tour de Garde eingenommen sei und ihre Bücher lese. Diese unerwartete Äußerung brachte mir vieles in Erinnerung zurück. Es fiel mir wieder ein, dass ungefähr im Jahr 1928 zwei Fräuleins in "La Manhuettoz" bei Yverden (Waadt) in unserer Wohnung aufgesucht hatten, sie hatten uns zwei Bücher und Broschüren gebracht, die ich, ohne besonderen Eindruck zu empfangen, gelesen hatte. Später, als ich im Jahre 1931 bei meinen Eltern in der Nähe von Thun war, )meine Eltern sind immer noch dort), kam Herr A. oft zu uns. Er überließ uns verschiedene Bücher und Broschüren, auch brachte er uns monatlich das "Age d'or". Als ich England verließ nahm ich drei Bücher und verschiedene Broschüre mit, aber im Jahre 1935 kam ein Geistlicher auf mein Zimmer, nahm mein Buch und meine Broschüren (die ich gerne studierte), zerrieß sie und warf sie ins Feuer, indem er sagte: "Dies sind Teufelsprodukte". Seit diesem Moment war ich der Tour de Garde gegenüber kalt geworden. Meine Mutter sandte mir das "Age d'or", doch las ich es nicht, weil ich annahm, dass es von Satan komme. Wir mir also dieses alles wieder einfiel, entschloss ich mich sogleich nach Paris zu schreiben. Ich tat es. Herr Z. gab mir die Adresse von Fräulein B. und M. Ich ging zu ihnen und kaufte mir alle Bücher und 20 Broschüren. Diesmal hatte mich die Wahrheit nicht erfasst. Ich war ein Gefangener Jehovas! Ich entschloss mich "nach den Bergen zu fliehen", solange es noch Zeit war. ... Aus diesem Grunde schrieb ich nach Paris. Natürlich bin ich in meiner Kirche Verfolgen ausgesetzt, doch nehme ich die Gelegenheit wahr, die Wahrheit zu erzählen. Die Verfolgung beweist mir, daß ich auf der rechten Seite bin.

Ich habe mich entschlossen, den Titel "Evangelist" aufzugeben, und ein Zeuge Jehovas zu werden, um den einzig wahren Gott zu dienen. Ich bin bereit, irgend etwas zu tun zur Ausbreitung der frohen Botschaft des Königreiches.
Zuerst habe ich gedacht, daß ich vielleicht einen Platz bekäme in einem Eurer Büros, Paris oder Brüssel, doch wenn es dies nicht gibt, bin ich bereit irgend etwas für Gott zu tun. Bruder Rutherford sagte in einer seiner letzten Ansprachen: "Es tut nichts zur Sache, ob jemand Straßenputzer sei oder Präsident der Gesellschaft ---"

Ich möchte Ihnen also gerne meine Dienste anbieten für die Übersetzung der Bücher und Broschüren Richter Rutherfords, sei es nun ins französische oder ins deutsche, den ich kenne diese beiden Sprachen sehr gut.
Auch wäre ich bereit ein Pionier in Frankreich, Belgien, Luxemburg, England oder Deutschland zu sein, wenn sie sonst nichts für mich zu tun haben. Was sind die Bedingung für den Pionierdienst? Bezüglich meiner Mittel bin ich nicht "sehr" reich, denn ich habe sozusagen alles geopfert für Arme, aber ich weiß, dass, wenn ich Jehova treu bin, er mich nicht verlassen wird. Empfangen Sie meine christlichen Grüße Aufrichtig, ihr demütiger Diener im Dienste des Herrn
C. C. S. Seine Inferieure, France
Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 28. Oktober 2009 05:28
In der Reihe seiner (gelegentlichen) "Charakterisierungen" von Konkurrenz-Religionen, begegnet man in der "Trost"-Ausgabe vom 15. 10. 1939 diesmal einer solchen über die "Heilsarmee". Das ganze ist in der Form einer "Frage" und ihrer Beantwortung aufgezogen. Man konnte dazu lesen:

Frage:
In der Beilage übersende Ich Ihnen einen Zeitungsausschnitt über die Wahl eines neuen Generals der Heilsarmee. Demnach soll die Heilsarmee, die Organisationen in 59 Staaten der Welt unterhält, über ein Vermögen von etwa 400 Millionen Schweizerfranken (!) verfügen, worin ohne Zweifel auch die Liegenschaften (Heime etc.) inbegriffen sein werden.
Mir will es scheinen, es sei nicht christlich, ein solches gewaltiges Vermögen aufzuhäufen und daneben immer und immer wieder bei jeder Versammlung Kollekten zu erheben. Da ich gerne etwas mehr über die Heilsarmee wissen möchte, frage ich hiermit höflich an, ob Sie mir vielleicht Weiteres mitteilen können, damit ich weiß, wie ich mich in Zukunft dieser religiösen Organisation gegenüber verhalten soll.

Und als Antwort wird dazu offeriert:
Antwort:
Als früherer Offizier der Heilsarmee bin ich in der Lage, Ihnen einiges über diese Organisation darlegen zu können.
Die Heilsarmee ist eine religiöse Organisation, deren Zweck und Ziel es ist, zu versuchen, die Menschheit und Insonderheit die nach ihrem Begriff am tiefsten Gesunkenen zur Bekehrung zu bringen. Ihre Haupttätigkeit entfaltete sie anfänglich in den Elendsvierteln Londons. Von da aus dehnte sie ihre Organisation allmählich auf die ganze Erde aus. Das Werk ist in zwei Gruppen geteilt: 1. die Evangelisierung; 2. das Sozialwerk. Letzteres hat dazu beigetragen, der Heilsarmee viele Freunde und Gönner zuzuführen.

Was die Lehre der Heilsarmee anbelangt, so ist diese unbiblisch, was mich seinerzeit bewogen hat, aus dieser Organisation auszutreten. Sie stützt die Lehren von einer ewigen Qual und einer Unsterblichkeit der Seele und hat, ähnlich wie die katholische Kirche, das Beichten-Sündenbekenntnis vor Menschen.
Ihr gewaltiges Vermögen hat sie durch freiwillige Beiträge, Kollekten und Legate erhalten. Es besteht größtenteils aus Liegenschaften.
Dem göttlichen Auftrag, das Königreich Gottes zu verkündigen, ist diese Organisation nie nachgekommen. Sie gehört zum religiösen Teil dieser Weltordnung und wird in Harmagedon der Auflösung anheimfallen.
W.G.

Der neugewahlte General der Heilsarmee, G. L. Carpenter, erklärte laut Zeitungsberichten vom 25. Aug. 1939 kurz nach seiner Wahl u. a.:
"Mein Programm als der neue General der Heilsarmee ist zu allererst Religion, zweitens Religion und drittens Religion, und zwar heiße Religion, wie unser Gründer es auszudrücken pflegte."
Diesem Programm bei der Heilsarmee gemäß könnte das Christentum erst an vierter Stelle stehen
Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 29. Oktober 2009 04:55

Sicherlich wurde auch die zeitgenössische Öffentlichkeit hochgeschreckt durch die Meldung des Abschlusses eines Vertrages zwischen Hitlerdeutschland und der Sowjetunion.
Man vergleiche etwa die (auszugsweise) wiedergegebene zeitgenössische Berichterstattung aus der "Freiburger Zeitung"

http://www.manfred-gebhard.de/FZ391022.1.jpg

http://www.manfred-gebhard.de/FZ391022.2.jpg

http://www.manfred-gebhard.de/FZ391022.3.jpg

http://www.manfred-gebhard.de/FZ391022.4.jpg

Genau dieser Umstand stellte nun in der Sicht der zeitgenössischen Zeugen Jehovas "Wasser auf ihre Mühlen" dar. Davon kündet im besonderen auch die "Trost"-Ausgabe vom 15. 10. 1939.
Die dortige Berichterstattung dazu sei im nachfolgenden etwas näher vorgestellt.
Unter der Überschrift "Nationalsozialismus und Kommunismus" liest man dort:


"Am 22. August 1939 gaben die Großstadtzeitungen nach langer Zeit wieder einmal Extrablätter heraus. Diese kündigten den Abschluß des Paktes zwischen Deutschland und Sowjetrußland an; und wenn auch dessen Tragweite und mögliche Folgen selbst heute noch nicht völlig überschaut werden können, war doch damals schon klar, daß die Weltpolitik damit wieder einmal auf den Kopf gestellt würde.

"Das Unglaubliche und Unfaßliche ist Ereignis geworden. Hitler, der 'Erretter' Europas vor der 'bolschewistischen Höllenpest', hat sich mit dem 'infernalen Teufel' Stalin angefreundet. Wie oft hat Hitler mit solchen und noch schärferen Ausdrücken über den Rundfunk der Welt erklärt, es gäbe mit diesem Erzfeinde der abendländischen Kultur nie ein Paktieren; wie oft hat sich seine Stimme überschlagen vor dem Mikrophon, wenn er den Massen seinen fanatischen Haß auf die Moskauer demonstrieren wollte. Und im Handumdrehen hat er einen Salto mortale ausgeführt und erklärt der vor Überraschung versteinerten Menschheit, die Friedenspolitik habe Deutschland und Rußland zusammengeführt..."

"Die Sensation ist riesengroß. Stalin hat sich mit Hitler verständigt, und die Welt steht Kopf. Die Fragen schwirren auf und bleiben unbeantwortet. Hat sich die Natur verändert? Kann sich Wasser mit Feuer vertragen? Der Faschismus und der Kommunismus in den gleichen Schuhen? ...
Stalin hat Hitler gerettet, das ist die Wahrheit..."

So und ähnlich widerspiegelte sich die allgemeine Stimmung gegen Ende August 1939 in der Presse. Aber während die meisten bei der Kunde von diesem Paktabschluß wie betäubt waren, sagten einige andere, allerdings nur sehr wenige:
"Ganz wie erwartet!"

Zu diesen wenigen gehören Jehovas Zeugen. Sie hatten eben, obwohl sie keine Politiker sind ... eine bessere Einsicht als andere in das Wesen politischer Totalität überhaupt. Zwei Tatsachen, die von Jehovas Zeugen seit langem immer und immer wieder betont wurden, treten jetzt durch die Ereignisse klar hervor:

Erstens einmal: Die von der Hierarchie ausgegebene und von politischen Extremisten aufgegriffene Parole vom "Kampf gegen den Kommunismus", mit deren Hilfe sich in Europa allenthalben die Diktatur breitmachte, ist Bluff.
Zweitens: Nationalsozialismus und Kommunismus sind keine unversöhnlichen Gegensätze, sondern nur Schattierungen ein und derselben Sache.

Wenn Hitler von Europa erwartete, es solle beide Augen darüber zudrücken, daß in Deutschland alle bürgerlichen Rechte und Freiheiten außer Kurs gesetzt wurden, tat er dies mit der "Begründung", um diesen hohen Preis werde die Rettung Europas vor der "asiatischen Pest des Kommunismus" erreicht. "Deutschland ist das Bollwerk gegen den Bolschewismus. Bei seiner Bekämpfung begegnen wir dem Terror mit Terror, der Gewalt mit Gewalt. Wir sind die Todfeinde des Bolschewismus und seine fanatischsten Gegner", erklärte Hitler im November 1935.

Heute aber, da über Nacht mit dieser "jüdisch-marxistischen Seuche" ein Bündnis geschlossen wurde, da sich "der Führer und Stalin für die Freundschaft entschieden" haben, wie der deutsche Außenminister öffentlich erklärte, und da Göring - ehemaliger "Kommunistenfresser" - der Welt in einer Rundfunkrede verkündigte, Deutschland werde den Krieg mit den Rohstoffen Rußlands, also des einstigen "ideologischen Gegners" führen, heute ist die Phrase vom "Kampf der Ideologien" als jämmerlicher Bluff entlarvt.

Ginge es bei solchen Diktatoren um Ideen und Ideale, dann wären derlei Schwenkungen ganz ausgeschlossen. Viele wollten nicht glauben, daß mit dem Zetergeschrei über eine "kommunistische Gefahr" nur eigene Diktaturgelüste verdeckt, also dunkle Ziele verfolgt würden.

"Der Vatikan hat den Ruf zum gemeinsamen Kampf gegen den Bolschewismus zuerst erhoben... Besonders stark trieb er diese Propaganda in Deutschland, und mit solchem päpstlichen Werbematerial ausgestattet, legte der Nationalsozialismus seinen Weg zur Macht zurück" ... Der angebliche "Kampf gegen den Kommunismus" bildete tatsächlich die Plattform, auf der sich der Nazismus und die katholische Hierarchie zusammenfanden.

Im gemeinsamen Hirtenbrief der deutschen Bischöfe vom August 1936, in welchem sie für "innere Geschlossenheit des deutschen Volkes hinter dem Führer" [Hitler] eintraten, kam das deutlich zum Ausdruck. In Wirklichkeit hatte sich damit das politische und das religiöse Element 'nur zu der gleichen Spiegelfechterei vereinigt!

"Wer heute den Teufel des Kommunismus an die Wand malt, der besorgt ja doch nur die Geschäfte des Nationalsozialismus", erklärte Prof. Barth, Basel, sehr treffend; aber nur wenige hatten so viel Einsicht in das Wesen des Nazismus und in daß Wesen der römisch-katholischen Hierarchie. Die Hierarchie hat die Geschäfte des Nationalsozialismus gründlich besorgt. -

Dieses Ränkespiel ist aber schon lange durchschaut und öffentlich bloßgestellt worden. Zum Beweis dafür beachte man folgende Zitate:
"Die Nazis ... gehen Hand in Hand mit der Hierarchie. Es war das Manöver der Hierarchie, großes Geschrei über die Gefahr des Kommunismus zu verursachen, um dem Volke Schrecken einzujagen und dann die Nazis zu organisieren, sich der Regierung zu bemächtigen und dem deutschen Volke den letzten Rest von Freiheit wegzunehmen. Ich kenne das deutsche Volk, wenigstens viele daraus. Ich bin wiederholt unter ihnen gewesen, habe mit Tausenden von ihnen gesprochen, und zweifellos findet man keine aufrichtigeren Menschen auf der Erde, als die Deutschen im großen und ganzen genommen. Und doch, mit ihren Freiheiten ist es nun vorbei" -
so sprach Richter Rutherford in einem Vortrag am 18. Oktober 1936, wiedergegeben in der Broschüre
HARMAGEDON auf den Seiten 21 und 22.

"Das Schreckgespenst, das den Menschen jetzt überall, landaus, landein, vor Augen gehalten wird, ist der Kommunismus, und hinter dieser Schreckgespenst-Bewegung steckt das Papsttum. Jedermann, der es wagt, die Wahrheit über die römische Hierarchie herauszusagen, wird von dieser Organisation als Kommunist verschrien. Tatsache ist, daß die Jesuiten, der Geheimorden der römisch-katholischen Hierarchie, den Kommunismus schon gefördert haben, um ihn dann als Mummerei und Schreckgespenst zu benutzen und den Menschen so sehr Furcht einzujagen, daß sie sich zu einer Gegenbewegung organisieren, die wiederum gänzlich unter der Gewalt des Papsttums steht. Auf diese Weise wurden unter der Führung Hitlers in Deutschland die Nazis organisiert . ..", so liest man auf Seite 160 des Buches FEINDE von Richter Rutherford, das im September 1937 erschien.

An dieser Stelle sei auch erwähnt, daß von Papen, der Steigbügelhalter Hitlers bei der Machtergreifung des Nazismus, ein frommer, praktizierender, vom Papste hoch ausgezeichneter Katholik, laut Pressemeldungen am Zustandekommen des deutsch-russischen Paktes entscheidend beteiligt war. Die Zeitungen schrieben von einer "geschickten Vorarbeit des bewährten Ränkeschmiedes von Papen" in Moskau.

Rot und braun vermischt
Die andere Tatsache, die in den Schriften der Zeugen Jehovas schon lange gezeigt wurde, den Massen aber erst jetzt durch die Ereignisse eingehämmert wird, ist, daß der Nationalsozialismus und der Kommunismus aus dem gleichen Holz geschnitzt sind.
"Im Grunde genommen sind Kommunismus, Faschismus und Nationalsozialismus gleichartig, wenn sie auch unter verschiedenen Namen auftreten. Rußland, Italien, Deutschland und andere europäische Länder werden von Diktatoren beherrscht. Der Zweck solcher Totalität ist, die Menschen alle ,gleichzuschalten' und den Staat als das Höchste, sogar über Jehova Gott und über Christus Jesus stehend hinzustellen."
Diese Worte Richter Rutherfords, aus TROST vom 15. Oktober 1938 wiederholt, zeigen, daß die extremen Staatsformen ihrer Grundhaltung nach vorn jeher nebeneinander standen. Jehovas Zeugen erkannten das und waren darum über den deutsch-russischen Pakt keineswegs verblüfft.

Ähnliche Aussprüche, gleich dem zitierten, könnten aus älterer Literatur der WATCH TOWER SOCIETY dutzendweise angeführt werden. Hier nur noch zwei solche:
,,. .. Aus dieser Völkerverbindung heraus ist ein mächtiges Ungeheuer gewachsen, dem heute die Religionisten völlig zustimmen. Dieses Ungeheuer ist ... [die] 'totalitäre Herrschaft'. . . Zuerst erhob es sich in Rußland unter der Maske des Bolschewismus oder Kommunismus. Dann trat es in Italien unter dem Namen des Faschismus in Erscheinung und in Deutschland unter der Bezeichnung Nationalsozialismus. Die große Organisation, die in der Religion der Welt führend ist, unterstützt dieses Ungeheuer, und das unbekümmert um den Namen oder die Maske, unter der es erscheint." (Aus WARNUNG, Seite 23, von Richter Rutherford im Jahre 1937 geschrieben.)

"Wenn auch unter verschiedenen Namen segelnd, sind der Kommunismus, der Faschismus und der Nazismus doch alle ein und dasselbe." (Aus WARNUNG, Seite 51.)
Solche, die sich über eine derartige Sprache aufregten, oder auch darüber, daß man Hitler und Stalin auf das gleiche Bild brachte, wie in der Titelzeichnung des GOLDENEN ZEITALTERS vom 15. September 1937 oder auf der Broschüre FASCHISMUS ODER FREIHEIT, sie alle erleben heute diese Bilder als viel aufregendere Wirklichkeit.

[Einfügung. Gemeint ist damit die Karikatur "Die Riesen Kannans" aus der genannten GZ-Ausgabe]

Vor etwa zwei Jahren behandelte Richter Rutherford in unserer Zeitschrift die Frage, ob es heute darauf ankomme, für die Demokratie gegen den Faschismus, oder gegen den Kommunismus, oder umgekehrt Stellung zu nehmen. Seine Antwort war, daß die wirklichen Fronten überhaupt nicht in dieser Richtung verlaufen. Die eigentlichen zwei Fronten sind: für oder gegen Gottes Königreich. Also nicht die Frage der Vorherrschaft zwischen verschiedenartigen politischen Richtungen, sondern die Frage der Oberherrschaft zwischen Jehova Gott und Satan, dem Widersacher Gottes, ist das, was jetzt die Welt erschüttert. Wer sich in politischen Streit verliert, erkennt die eigentlichen Fronten nicht. Er sieht nicht - was gerade durch die jetzige deutsch-russische Wendung wieder ersichtlich wurde! -, daß die politischen Gegenspieler in Wirklichkeit als rot-, braun-, schwarz- oder andersfarbiges Gemisch alle der zerspaltenen Front des Widersachers Gottes angehören. ...

Die Stellungnahme und die Aussichten der Religionisten einerseits und der Christen anderseits seien nun durch einige weitere Zitate aus älteren Schriften der WATCH TOWER SOCIETY kurz dargelegt:

"Religionisten unterstützen nun offen solche totalitären oder diktatorischen Regierungen ..."


An dieser Stelle mag die Berichterstattung dazu aus "Trost" abgebrochen werden. Die Tendenz indes dürfte wohl klar geworden sein (auch allein schon durch die abwertende Vokabel "Religionisten"). Letztendlich läuft die Tendenz darauf hinaus, die Endzeitthesen der Zeugen als vermeintliche "Alternative" herauszustellen.
Das insbesondere die römisch-katholische Kirche dabei keinerlei Pardon von seiten der Zeugen Jehovas zu erwarten hat, dürfte schon deutlich herauskristallisiert sein.

Die Entwicklung ging weiter. Eine Folge dieses Schreckenspaktes, der nachfolgende Angriff Hitlerdeutschlands auf Polen und das wiederum war der offizielle Beginn des zweiten Weltkrieges. Nun hatte "Trost" wie viele andere Zeitschriften, einen gewissen redaktionellen Vorlauf. Es konnte und ging nicht "sekundengenau" auf aktuelle Tagesgeschehnisse ein. Den Angriff auf Polen findet man in dieser "Trost"-Ausgabe noch nicht widergespiegelt, mit einer Ausnahme allerdings. Und das ist eben, dass "Trost" eine ständige Rubrik hatte, die Werbetexten für WTG-Publikationen gewidmet waren. Und in diesen Werbetexten konnte man offenbar, zeitlich kurzfristiger agieren. Jedenfalls findet man den Ausbruch des zweiten Weltkrieges (inzwischen eingetreten) auch schon im Werbetext dieser "Trost"-Ausgabe reflektiert. Seine wesentlichen Aussagen seien noch nachfolgend wieder gegeben:


"Ein neuer Krieg ist im Gange. "Krieg und Kriegsgerüchte" nannte Jesus ja in seiner großen Prophezeiung (Matthäus 24) als eins der Kennzeichen der Zeit des Endes, in der wir leben.
Was wird nun werden?
In seinem Buche FEINDE schreibt Richter Rutherford:
"Niemand auf der Erde kann den Gang der Ereignisse genau vorhersagen; doch können die dem Herrn Ergebenen, wenn sie nach der göttlichen Regel die wohlbekannten Tatsachen auf die sich jetzt erfüllenden Prophezeiungen Gottes anwenden, wohl zu einem vernünftigen Schluß darüber kommen, was eintreten wird...
Wenn die Hierarchie vollständige weltliche Macht über die Erde erlangt hat, wird sie sich in ihrer Schlußfolgerung völlig bestätigt fühlen, daß ihr Wunsch ganz in Erfüllung gegangen sei, und dann wird sie sagen; ,,Friede und Sicherheit" (l. Thess. 5:3). Dann werden die "zehn Hörner", das heißt alle Herrschermäcbte der Nationen, "Gewalt ... empfangen ... mit dem Tiere", indem der Völkerbund dann tatsächlich ein von der römisch-katholischen Hierarchie beherrschter Faschismusbund oder ein faschistischer Staatenzusammenschluß sein wird" (Seiten 283, 284).
"Die römisch-katholische Hierarchie übt als Führerin der "organisierten Religion" im Völkerbund auf schlaue Weise Macht und Einfluß aus und erwartet sogar noch größere Macht ausüben zu können, was sie zweifellos in sehr naher Zukunft auch tun wird, ungeachtet dessen, wie die Verbindung genannt sein mag" (Seite 276).
Dieses Buch FEINDE ist durch die neuesten Ereignisse jetzt bedeutsamer als früher!"


Auch hier wiederum auffällig, die stark antikatholische Komponente dieser Argumentation, die sich auch in den nachfolgenden Jahren fortsetzte bis ins 1942 erschienene Buch "Die neue Welt" hinein. Erst mit Beginn der Knorr-Ära wurden dann einige (keinesweg "alle") solcher Überspitzungen, allmählich zurückgefahren.

Einer Wurzel dieser antikirchlichen Ressentiments, kann man auch aus einem weiteren Artikel dieser "Trost"-Ausgabe extrahieren. Unter der Überschrift "Zuerst 80 Jahre Zuchthaus, dann Freispruch!" lässt sich Rutherford darin wie folgt interpretieren:


"Anfang 1918 hatten ein paar englische Geistliche in einem Manifest darauf aufmerksam gemacht, daß der Weltkrieg und seine Begleiterscheinungen die Erfüllung der ebengenannten Prophezeiung Jesu über das Ende der Welt seien. In Amerika gab es weder katholische Geistliche noch sonstige Religionisten, die ... auf diese wichtige Prophezeiung hingewiesen hätten. Sie predigten vielmehr ihr abgestandenes Zeug von früher immer weiter und fügten nur hinzu, die Nationen müßten jetzt in den Krieg ziehen, um der Welt "die Demokratie zu sichern".

Ich betonte damals besonders, daß, wenn die Geistlichen dem Herrn Jesus Christus glauben und für ihn einstehen, sie auch seinem Gebot gehorchen und dem Volke sagen müssen, welche Bedeutung jener Krieg hatte, nämlich: daß er das nahe Ende der Organisation Satans und das Herannahen von Harmagedon anzeigte ...

Über meine diesbezüglichen Vorträge waren die Geistlichen sehr erbost. Sie unternahmen in Kanada und in den Vereinigten Staaten eine Schimpfkampagne gegen mich und gegen unsere Gesellschaft. ... schließlich kam in Los Angeles an vier aufeinanderfolgenden Abenden eine solche Diskussion zustande. Ihr Ausgang fachte den Haß der Geistlichkeit gegen mich noch stärker an als alles andere.

1917 traten die Vereinigten Staaten in den Krieg ein. Der Kongreß beschloß das Dienstpflichtgesetz, oder besser das ,,Gesetz über Aushebung nach Auswahl" ("Selective Draft Act"), das Befreiung von der Dienstpflicht für diejenigen vorsah, die aus Gewissensgründen wegen ihrer religiösen Überzeugung nicht am Krieg teilnehmen konnten.

Viele junge Leute fragten mich, was sie tun sollten, und in jedem Falle gab ich denen, die mich um Rat angingen, die Auskunft: "Wenn Sie die Teilnahme am Krieg mit Ihrem Gewissen nicht vereinbaren können, ist in Punkt 3 des ,Selective Draft Act' für Sie vorgesehen, daß Sie ein Gesuch um Befreiung einreichen können. Das sollten Sie tun und Ihre Gründe darlegen, die Aushebungsbehörde wird Ihr Gesuch dann weiterleiten."


Ich bin niemals weitergegangen, als darauf hinzuweisen, daß man sich diese Bestimmung des Kongreßgesetzes zunutze machen könne. Ich habe stets betont, daß jeder Bürger einem Landesgesetz gehorchen solle, solange dieses nicht gegen Gottes Gesetz verstoße
[Hervorhebung redaktionell, nicht von "Trost"].

In vielen Aushebungskomitees saß ein Geistlicher, und die Gesuche jener jungen Leute, die ihren Glauben an Gott und an das Königreich Christi bekannten und erklärten, die Teilnahme am Kriege mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren zu können, ärgerten die Geistlichkeit, so daß der Haß gegen unsere Gesellschaft immer größer wurde.

Dann wurde eine regelrechte Verschwörung aufgedeckt, die darauf abzielte, unser Werk ... zugrunde zu richten, weil die Doppelzüngigkeit und Heuchelei der Geistlichkeit durch die Wahrheit aufgedeckt ...

Um diese Verschwörung durchzuführen, kamen eine große Anzahl Geistliche im Jahre 1917 in Philadelphia zu einer Konferenz zusammen und ernannten dort eine Abordnung, die nach Washington gehen und auf eine Abänderung des "Selective Draft Act" und des Spionagegesetzes dringen mußte.

Die Folge war, daß John Lord O'Brian von Buffalo, damals Beamter des Justizdepartements in Washington, damit beauftragt wurde, einen Abänderungsantrag zum Spionagegesetz auszuarbeiten und im Senat einzubringen. Der Antrag sah für alle Vergehen gegen das Spionagegesetz Aburteilung durch ein Kriegsgericht und Verhängung der Todesstrafe vor. Diese Gesetzesvorlage wurde jedoch nicht angenommen.

Auf Long Island, New York, befand sich damals ein Militärlager unter dem Befehl des Generals Bell, der mich in meinem Büro aufsuchte und sich mehrere Stunden mit mir unterhielt.
Einige Männer, die mit der Watch Tower Bible and Tract Society in Verbindung standen, waren damals zum Militärdienst einberufen worden und befanden sich in dem Lager, das General Bell unterstand. Sie alle hatten aus Gewissensgründen um Befreiung vom Militärdienst ersucht. Bei seiner Unterredung mit mir suchte General Bell, ein wirklicher Diplomat, mich mit allen Überredungskünsten dazu zu bewegen, den jungen Leuten Anweisung zu geben, jeden ihnen zugewiesenen Dienst zu übernehmen.
Ich antwortete dem General im wesentlichen wie folgt: "Jeder muß für sich selbst entscheiden, was er tun will; er selber ist für sich verantwortlich, und nur er; er weiß, was ihm sein Gewissen vorschreibt, und so würde ich sehr unrecht handeln, wenn ich versuchen würde, irgendeinen dieser jungen Männer zur Verletzung seines Gewissens zu bewegen; darum kann ich diesen jungen Leuten nicht sagen, was sie tun müssen."

Der General bestand darauf, von mir einen Brief zu erhalten, den er den jungen Leuten vorlesen könne, und worin ihnen gesagt werde, was sie tun sollten. Das lehnte ich ab. Er meinte dann:
"Also gut, können Sie mir nicht irgendeinen Brief mitgeben?" So schrieb ich schließlich an jene jungen Leute einen Brief, worin ich im wesentlichen sagte: "Jeder von Euch muß für sich selbst entscheiden, ob er aktiven Militärdienst übernehmen will oder nicht. Tut, was Ihr als Eure Pflicht und als recht in den Augen Gottes, des Allmächtigen, erachtet."
Mit diesem Schreiben war der General nicht zufrieden. Im Gegenteil, er war aufgebracht.

Ein paar Tage später suchte ich ihn in Begleitung von W. E. Van Amburgh im Armeelager auf Long Island auf. Bei dieser Gelegenheit erfuhren wir beide im Büro des Generals, wo auch noch sein Adjutant zugegen war, vom General noch, daß die schon erwähnte Abänderungsvorlage zum Spionagegesetz (Aburteilung durch Militärgericht und Todesstrafe) nicht durchgedrückt werden konnte, weil Präsident Wilson persönlich dagegen eingeschritten war.

Der General war damals ziemlich erhitzt. Er hatte vor sich auf dem Pult einen Stoß Akten, tippte mit dem Zeigefinger darauf und sagte erregt, zu mir gewendet: "Dieser Gesetzentwurf ist verworfen worden, weil Präsident Wilson dagegen eingeschritten ist; aber wir wissen, wie wir Sie fassen können, und wir werden Sie fassen'" Ich antwortete nur: "Herr General, Sie wissen, wo ich zu finden bin."

Nachdem Pastor Russell gestorben war, wurden George Fisher und C. J. Woodworth dazu erwählt, das viele, was Pastor Russell über die Offenbarung und über die Prophezeiung Hesekiels geschrieben hatte, zu einem Buche zusammenzutragen, das als "Siebenter Band" mit dem Titel "Das Vollendete Geheimnis" erschien. Diese Arbeit wurde von ihnen ausgeführt. Ich habe gar nichts von dem geschrieben, was in diesem Buche steht. Das einzige, was ich damit zu tun hatte, war, für die Gesellschaft einen Vertrag über Herausgabe dieses Buches zu unterzeichnen. Es kam am 17. Juli 1917 heraus und wurde weit verbreitet.

Im Februar 1918 wurde es auf Veranlassung der Geistlichkeit in Kanada von der Regierung verboten.
Am 13. Februar 1918 wurden die Kontobücher der Watch Tower Bible and Tract Society im Büro der Gesellschaft in Brooklyn, Hicks Str. 17, vom Geheimdienst in Washington beschlagnahmt und zur Prüfung fortgeschafft.

Als die "Tribüne" von Winnipeg in Kanada das Verbot des Buches "Das Vollendete Geheimnis" meldete, schrieb sie: "Die verbotenen Schriften enthalten angeblich aufrührerische und kriegsgegnerische Äußerungen. Ehrwürden Charles G. Patterson, der Pastor der St. Stephanus-Kirche, hatte sich vor einigen Wochen von der Kanzel herab gegen einige Stellen in einer neuen Nummer der .Bibelforscher-Monatsschrift gewendet, worauf sich General-Staatsanwalt Johnson von Ehrwürden Patterson ein Exemplar dieser Schrift beschaffte. Man denkt, daß die Maßnahme des Zensors eine direkte Folge davon ist."

Bevor ich und die andern eingesperrt wurden, sprach ich in einem öffentlichen Vortrag in Atlanta (Staat Georgia) über die Gründe für diese zielbewußten Anstrengungen, uns aus dem Wege zu räumen, und sagte (gemäß Bericht in der "Atlanta Constitution" vom Montag, dem 8. April 1918):
"Da die Geistlichkeit die überzeugende Beweisführung dafür, daß die Welt zu Ende ist und Millionen jetzt auf der Erde Lebenden niemals sterben werden, und daß nach dem Kriege wunderbare Segnungen für das Volk kommen werden, nicht widerlegen kann, hat sie, vom Geist der Eifersucht getrieben, gegen uns eine systematische Verfolgung eingeleitet. Wir sind der Verbreitung von "Hunnen-Propaganda" und der Treulosigkeit gegenüber der Regierung der Vereinigten Staaten angeschuldigt. Solche Anschuldigungen sind schmutzig und gemein und haben nicht einmal den Schein der Wahrheit für sich
...

Wir sind nicht gegen den Krieg. Ich habe mit keinem einzigen Ausspruch die Regierung verunglimpft. Es war stets meine Ansicht, daß die Regierung ermächtigt ist, Krieg zu erklären und die Bürger zum Dienst einzuziehen, und ich bin nur so weit gegangen, juristischen Rat zu erteilen über das Recht von Christen oder Kriegsgegnern aus Gewissensgründen, zu beanspruchen, daß sie vom Dienst befreit werden, oder daß Paragraph
3 des .Selective Draft Act' auf sie angewendet werde."
[Hervorhebung nochmals redaktionell]

Was nun die Biicherbeschlagnahmung betrifft, verbrachte man einige Zeit damit, die beschlagnahmten Bücher oder Papiere durchzusehen; aber es wurde nichts Schädliches gefunden. ... Man griff nur einiges als Vorwand auf, um uns ... zu beschuldigen.

Kurz darauf kam ein Mitglied des Nachrichtendienstes, namens Converse, einmal ums andere in mein Büro, stellte jedesmal ein paar Fragen, ging fort, kam am nächsten Tag wieder und fing dasselbe von vorne an. Converse ließ immer wieder durchblicken, daß die Regierung hinter mir her sei. Ich bin dessen gewiß, daß diese täglichen Besuche den Zweck verfolgten, mich in irgendeiner Falle zu fangen. Sicher wollte man mir Furcht einjagen, um mich zur Flucht zu veranlassen, was stets als ein Schuldbeweis angesehen wird, wenn jemand dies tut, der voraussehen kann, daß er eines Verbrechens angeklagt werden wird.

Als Converse das letzte Mal kam, sagte er: "Die Regierung möchte wissen, wo Sie sich in den nächsten zwei Wochen aufhalten werden." Ich antwortete: "Wenn ich zu Ihnen ins Büro kommen und Ihnen diese Frage stellen würde, dann würden Sie mir sagen, sonstwohin zu gehen, nicht wahr?" Er erwiderte erregt:
"Dann soll ich von Ihnen aus der Regierung sagen, sie sollen zum Teufel gehen?" Ich antwortete: "Das habe ich nicht gesagt; aber wenn Sie meine Worte so drehen wollen, nun gut, dann tun Sie es."
Darauf sagte er zu mir: "Die Regierung möchte Ihre Reiseroute für die nächsten zwei Wochen wissen." Ich antwortete:
"Meine Reiseroute ist im Watchtower veröffentlicht." Er verlangte ein Exemplar, und ich sagte: "Nein, ich kann Ihnen das nicht geben; Sie können eins für fünf Cent bekommen, wenn Sie nach der Hicks Str. 17 hinuntergehen und es kaufen."

Dann sagte ich noch: "Converse, ich bekomme Ihre Besuche hier allmählich satt. Sie haben keinen Grund, zu kommen. Alle Ihre Fragen habe ich beantwortet. Verlassen Sie nun dieses Büro, und lassen Sie sich nie wieder hier blicken, sofern Sie nicht einen Haftbefehl gegen mich haben. Wenn Sie ohne ihn kommen, werde ich Sie hinauswerfen. Hinaus!" Darauf ging er.

Ein paar Tage später war ich planmäßig in Washington, um einen Vortrag über "Die Welt ist zu Ende" zu halten. Ich ging dort ins Raleigh-Hotel, und obwohl niemand gewußt hatte, daß ich dorthin gehen würde, rief mich dort, nachdem ich kaum fünf Minuten im Zimmer gewesen war, jemand an, der mich zu sprechen wünschte. Man war mir also offenbar immer auf dem Fuße gefolgt. Der Mann, der mich angerufen hatte, nannte sich Richter Harris aus Oklahoma. Ich ließ ihn heraufkommen, und nach einer kurzen Unterhaltung gab er mir einige Informationen, die er offenbar von anderswoher bekommen hatte. Der Mann war mir vorher völlig unbekannt gewesen, und ich wüßte nicht, welches Interesse er an mir gehabt haben sollte.

Er sagte: "Man will Sie in einigen Tagen verhaften, und ich möchte Ihnen nur einen diesbezüglichen Wink geben." Ich deutete mir das als einen weiteren Versuch, mich einzuschüchtern und zur Flucht zu veranlassen. Ich ging dann ins Opernhaus, hielt die angekündigte Rede und nahm dann den nächsten Zug nach New York.

Wenige Tage danach erschien in meinem Büro ein Beamter mit einem Haftbefehl gegen mich und sieben oder acht andere, die alle einer Verletzung des Spionagegesetzes angeklagt waren. Die Anklage stützte sich hauptsächlich auf einen Abschnitt aus dem Buche "Das Vollendete Geheimnis", von dem ich nicht einen einzigen Buchstaben geschrieben habe. Dieser Abschnitt lautete:

"Patriotismus (ein engstirniger Haß gegen andere Völker) wird im Neuen Testament nirgendwo ermutigt. Mord in jeder Form wird überall und stets verboten; und dennoch verlangen die Regierungen der Erde unter der Maske des Patriotismus von friedliebenden Menschen, sich selbst und ihre Lieben aufzuopfern, Mitmenschen abzuschlachten und dies als eine von den Gesetzen des Himmels verlangte Pflicht zu begrüßen."

Wir stellten uns dem Gericht, gaben zu Protokoll, uns nicht schuldig zu bekennen, und unser Anwalt legte in seinem Schriftsatz einige weitere rechtliche Punkte zu unserer Verteidigung dar. Richter Howe erklärte kurz: "Ich schlage vor, diesen Männern das volle Maß dessen zu geben, was ihnen zukommt."
Vertreter der Anklage war Assistenz-Bezirksanwalt Butler, ein verbohrter Katholik, und ihm war Richter Oeland als Sonderberater beigegeben. Diese waren zweifellos von den Verschwörern gedungen, wenngleich der Staat die Kosten tragen mußte. Die Verhandlung dauerte mehrere Tage, und während dieser Zeit sah ich oft katholische Priester mit Richter Oeland und dem Assistenz-Bezirksanwalt konferieren und ihnen Ratschläge erteilen.

Der Fall wurde inmitten großer Aufregung verhandelt. Die deutsche Armee war auf dem Vormarsch nach Paris, und die Zeitungen enthielten ausführliche Berichte darüber; in den Straßen vor dem Gerichtsgebäude, wo die Verhandlung stattfand, marschierten Musikkapellen, und die Straßen waren voll Menschen. In dieser Atmosphäre war es allgemein leicht, bei den Menschen gegen uns Stimmung zu machen.

Trotzdem zögerten die Geschworenen mit ihrem Urteil sehr lange, so daß Richter Howe schließlich jemand zu ihnen hineinsandte, mit der Mitteilung, daß ihr Spruch auf "schuldig" lauten müsse, wie einer der Geschworenen uns später sagte. Sie sprachen uns also schuldig, und wir wurden jeder zu 80 Jahren Zuchthaus verurteilt. Kaution wurde abgelehnt, so daß wir sofort in Haft genommen wurden, zuerst im Brooklyner Gefängnis auf der Raymond Straße, dann nach sieben Tagen im Gefängnis von Long Island City, wo wir bis zur Überführung ins Bundes-Zuchthaus verblieben.

Inzwischen stellten unsere Anwälte beim Appellations-Gerichtshof der Vereinigten Staaten einen Antrag auf provisorische Freilassung gegen Kaution, und obwohl dieses Gesuch an Richter Ward adressiert worden war, teilte Oberrichter Martin T. Manton die Erledigung des Gesuches sich selber zu und lehnte ohne jede Angabe von Gründen die Kaution ab.

Als wir im Zuchthaus von Atlanta ankamen, war sofort zu merken, daß die Beamten über uns unterrichtet worden waren. Sie schienen schon alles zu wissen, was uns betraf. ...

Nun zu unserer Verurteilung: An den Zeitungsberichten wird Ihnen auffallen, daß sich die Geistlichkeit gegenseitig beglückwünschte und sagte: "Jetzt sind wir diese pestartige Russellitengesellschaft los."
Sie mußten aber sehr bald wieder andere Töne anschlagen. Nachdem wir von der zweiten Instanz freigesprochen worden waren besuchte ich jede nur irgendwie bedeutende Stadt in den Vereinigten Staaten und ließ in den größten Zeitungen eine ganzseitige Bekanntmachung erscheinen, des Inhalts: "Auf Veranlassung der Geistlichkeit zu 80 Jahren Gefängnis verurteilt. Kommen Sie und hören Sie die Grunde dafür."

Und die Vorträge, die ich dann während zwei Jahren hielt, haben die Geistlichkeit versengt, so daß ihr Zorn seither immer stärker geworden ist.

Wie aus den Gerichtsakten ersichtlich ist, taten Manton und seine katholischen Mitverschworenen alles was sie konnten, um uns im Gefängnis festzuhalten. Ein solches Dokument aus den Akten des Gcrichtsschreibers, datiert vom 12. Juli 1918, lautet:
KREIS-APPELLATIONSGERICHT
DER VEREINIGTEN STAATEN
Zweiter Kreis
Joseph F. Rutherford und Genossen
Gegen
Vereinigte Staaten,
als irrtümlich Angeklagte.
Da bei dem Unterzeichneten, als einem Richter des hiesigen Gerichts, beantragt wurde, das Gericht möge beschließen, daß den Angeklagten die Stellung von Kaution eingeräumt werde, während beiliegende Berufung schwebt, wird noch Erwägung des Antrags hiermit entschieden, daß dieser Antrag abzulehnen sei und hiermit abgelehnt wird.
(gezeichnet) Manton, C.J.

Hierauf richteten unsere Anwälte ein weiteres Gesuch an Pachter Louis D. Brandeis, Richter am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten. Auf seine Anweisung hin erfolgte ein weiteres Gesuch an das Kreis-Appellationsgericht von New York. Nach neun Monaten Einsperrung wurde Kaution angenommen; für jeden mußten 10 000 Dollar gestellt werden.
Diese Verfügung wurde am 21. März 1919 getroffen, und am 29. März 1919 wurden wir aus dem Gefängnis entlassen. Kurz darauf fand die Berufungsverhandlung statt, das Urteil wurde umgestoßen, die Angeklagten freigesprochen, und dann ließ der Bezirksanwalt auf Anweisung des General-Staatsanwaltes die Angelegenheit vollständig fallen, so daß wir als seinerzeitige Angeklagte automatisch wieder sämtliche Bürgerrechte zurückerhielten und nicht als vorbestraft in Sinne des Gesetzes gelten können.

Diesen Ausführungen Richter Rutherfords wäre nur noch hinzuzufügen, daß Richter Manton auch bei der Berufungsverhandlung sein Urteil abzugeben hatte und gegen den Freispruch stimmte. Doch konnte er gegen den Mehrheitsspruch der andern Richter nichts ausrichten. Wäre es nach diesem prominenten Katholiken gegangen, dann würden Richter Rutherford und die ändern noch heute ihrer Freiheit beraubt sein ..."

Dieser durchaus als interessant einzustufende Bericht, zeigte denn auch einige dem Bereich "persönlicher Verletzung" zuortbare Details auf. Rutherford verzieh also das ihm zugestoßene Ungemach nicht. Er sann auf Rache und er übte auch Rache aus!

Natürlich waren auch die USA zur fraglichen Zeit von hochgradiger Kriegspsychose geprägt. Kühl nüchternes Abwägen, wie etwa in Friedenszeiten, war offenbar nicht mehr möglich. Beachtlich erscheint mir auch die Einlassung von Rutherford (in seiner Eigenschaft auch als Rechtsanwalt). Er wolle nur das maximale ausnutzen von Wehrdienst-Befreiungs-Bestimmungen anempfehlen.

Ob man, wie von Rutherford getan, das ihm wiederfahrene Ungemach vorrangig dem Bereich der konkurrierenden Religionen zuordnen kann, würde ich weiterhin mit einem Fragezeichen versehen. Eine solche These verkennt grundsätzlich, dass Kriegen auch immer handfeste ökonomische Interessen, bzw. deren Tangierung, zugrunde liegen.

Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 30. Oktober 2009 07:07
Ein weiterer durchaus beachtlich zu nennender Beitrag der "Trost"-Ausgabe vom 15. 10. 1939, stellt auch das abgehandelte Thema sogenannter "Freimautrerbrief" dar, ein zeitgenössischer "Schlager" der Anti-Bibelforscher-Apologeten, mit Auswirkungen bis in die Gegenwart. Vorab zum Einstieg erst mal eine Zusammenfassung dazu, wie sie schon seit geraumer Zeit vorliegt:

Jüdisch-freimaurerische Finanzierung?
Großes Aufsehen erregte in den zwanziger Jahren ein Prozess in dem es um die Behauptung ging, die Bibelforscher würden durch jüdisch-freimaurerische Gelder finanziert. Viele Gegner der Bibelforscher stürzten sich gierig auf diesen Punkt. Auch die Apologetische Centrale versuchte Klarheit in diesem Wust von Behauptungen zu bekommen. Veranlassung gab, dass sie gerade diesen Punkt betreffend immer wieder mit Anfragen bestürmt wurde. So antwortete sie beispielsweise einem Fragesteller am 18. 9. 1930:
"Da nicht eine ganz zuverlässige Quelle über die Finanzierung anzuführen ist, raten wir Ihnen zu großer Vorsicht in der Öffentlichkeit davon zu sprechen. Wir haben es selbst früher auch getan, sind aber von dieser Taktik abgegangen, weil man eben nicht bis zum letzten die Beweise herbei schaffen kann. Das wir aber trotzdem überzeugt sind, dass finanzielle Zusammenhänge zwischen dem jüdisch-kommunistischen Kapital und den Bibelforschern bestehen, möchten wir Ihnen noch sagen, aber es fehlen wie gesagt die tatsächlichen Unterlagen dafür." [68]

Ein anderer Anfrager wollte wissen, dass es von den Prozeßakten Vervielfältigungen geben sollte und bat um deren Einsichtnahme, sofern sie auch der Apologetischen Centrale vorlegen sollten. Man musste ihn abschlägig bescheiden fügte aber noch hinzu: Wir werden aber versuchen sie zu beschaffen und ihnen dann sobald wie möglich zuschicken. [69]

Was aus diesem Vorhaben wurde, ist aus den Akten nicht ersichtlich. Dieses Antwortschreiben war vom 19. 5. 1931 datiert. Falls es der Apologetischen Centrale danach noch möglich gewesen wäre, neue Erkenntnisse zu gewinnen, hätte sie das sicherlich bekannt gegeben. Aber weder in den Akten noch in den Veröffentlichungen gibt es entsprechende Hinweise.

Die Stimmen, die differenziert und mit Skepsis der Unterstellung einer jüdisch-freimaurerischen Bibelforscherfinanzierung gegenüberstanden, waren in der Regel auf nichtkirchliche Kreise beschränkt. Seitens der proletarischen Freidenker etwa, erklärte Efferoth:

"Außerdem behaupten die Antisemiten - ob mit Recht oder Unrecht sei dahingestellt -, dass das jüdische Bankhaus Hirsch in New York die Dollar-Millionen für die ungeheuerliche Propaganda der 'Bibelforscher' aufbringen, wobei man allerdings, wenn man nicht gerade ein blonder Rassenphantast und Zionistenriecher ist, nicht gerade den Grund einsieht, was einen modernen Bankier veranlassen sollte, in Religion zu spekulieren. Tatsache ist, dass die Traktätchen der 'Bibelforscher' … entweder unentgeltlich oder doch weit unter dem Herstellungspreis an den Mann gebracht werden, so das die unbedingte Notwendigkeit besteht, anzunehmen, dass recht kapitalkräftige Kreise im Interesse der Sekte ziemlich tief in ihren Brustbeutel zu greifen pflegen." [70]

Der Name des "Jüdischen Bankhauses Hirsch in New York" taucht noch in etlichen Veröffentlichungen über die Bibelforscher auf. Beispielsweise behauptet Schlegel: "Diese Spur führt zum Jüdischen Bankhaus Hirsch in New York. Von diesem Bankhaus wird die ganze I.V.E.B. (Internationale Vereinigung Ernster Bibelforscher) mit den reichsten Geldmitteln versorgt." [71]

Wenn man dieser, so ohne jegliche Detailbegründung in den Raum gestellten Behauptung näher auf den Grund geht, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass die (nicht genannte) Quelle dafür in der 2. Auflage des Pamphletes des Antisemiten Fetz, "Der große Volks und Weltbetrug durch die 'Ernsten Bibelforscher'" zu sehen ist. Darin schreibt er: "Und noch geheimnisvoller wird die Frage, wenn man erfährt, dass durch das jüdische Bankhaus Hirsch in New York die ganze IVEB mit den reichsten Geldmitteln versorgt wird (Nornen Nr. 133)." [72]

Fetz, Mitglied des "Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes", sollte noch etliche Nachbeter finden. So wird denn in einer anderen Schrift des gleichen Verbandes die Publizistik von Fetz über alle Maßen gelobt. [73] Es kam in der von Fetz aufgeworfenen Frage der Finanzierung der Bibelforscher noch zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Sie endeten aber aus vielerlei Gründen wie das sprichwörtliche "Hornberger Schießen".

In vollmundigen Thesen plakatierten die Antisemiten, der "Bibelforscherschwindel sei von der jüdischen Hochfinanz bezahlt." [74] Man redete aneinander vorbei, setzte unterschiedliche Schwerpunkte. Jedenfalls ist in keinem dieser Prozesse, sofern sie denn überhaupt bis zum Ende durchgeführt wurden, ein speziell die Finanzierungsfrage betreffendes greifbares Ergebnis nachweisbar. Darauf beriefen sich wieder die Bibelforschergegner, indem sie anführten, die Bibelforscher hätten letztendlich in entscheidenden Momenten gekniffen.

In ihrer Verteidigungsschrift "Wahr oder nicht wahr?" schrieben die Bibelforscher: "Die im 'Wachtturm' genannte 'Hilfe aus Amerika' war eine Unterstützung durch das Brooklyner Bibelhaus in der schlimmsten Zeit der Inflation Deutschlands, die den Kauf eines Grundstückes und einiger Maschinen zum Drucken ermöglichte." [75]

In einer weiteren Verteidigungsschrift namens "Kulturfragen" wird ausgeführt:
"Es sei hier noch mitgeteilt, dass der Abschluss des Jahres 1924 dem Bibelhaus (in Deutschland) als der Zentralstelle eine Unterbilanz von Mark 498 366,06 und des Jahres 1925 eine Unterbilanz von Mark 725 405,69 buchmäßig nachweisbar erbrachte. Diese durch die billige Literatur, Freiliteratur und Tausende veranstalteter religiösen Volksbelehrungsabende entstandenen Fehlbeträge wurden durch freiwillige Beiträge gedeckt." [76]

Somit wurde durch Bibelforscherangaben bestätigt, dass in Deutschland beispielsweise für die Jahre 1924/25 circa 1,2 Millionen Mark mehr von ihrer Organisation ausgegeben wurde, als durch reguläre Eingaben gedeckt wurde. Man versuchte den Eindruck zu erwecken, die zu jenem Zeitpunkt nicht einmal 10 000 deutschen Bibelforscher hätten das Defizit durch Spenden gedeckt. Man wird der Wahrheit näher kommen, wenn man unterstellt, dass der Mammutbetrag dabei von der US-Zentrale der Bibelforscher zugeschossen wurde. Die wiederum veröffentlichte keine Bilanzen ihrer tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben. Damit ist Raum für die Spekulation gegeben, dass es dabei auch Spender gegeben habe, deren Namen man in der Öffentlichkeit lieber nicht nennen wollte. [77]

Es ist aber auch festzuhalten, dass außerhalb der Gerichtlich-juristischen Ebene die Bibelforscher durchaus eindeutig diesen Unterstellungen wiedersprochen haben. Ein Beispiel wird von Stokes zitiert. Unter Bezugnahme auf die Anwürfe von Fetz hatten die Bibelforscher z. B. in etlichen Zeitungen verkündet: "Wir zahlen jedem, der den Beweis bringt, dass die V(ereinigung) E(ernster) B(ibelforscher) jemals Geld oder ähnliches von Juden empfangen hat, eine Belohnung von 10 000 Mark." [78]

Der ausgelobte Betrag wurde nicht eingefordert. Dennoch gab es keine Ruhe in dieser Angelegenheit. Das Lieblingsthemen der Antisemiten, die Behauptung der jüdisch-freimaurerischen Bibelforscherfinanzierung, stützte sich besonders auf den Brief eines amerikanischen Freimaurers der davon sprach, dass die Bibelforscher auf indirektem Wege größere Geldbeträge erhielten. Adressiert war das Schreiben an einen deutschen Freimaurer der seine "Erkenntnisse" in verschiedener Form vermarktet hat. Vollmundig verkündet dieser "Christian Kreuz" (alias Herbert von Bomsdorff-Bergen) seine Grundsatzauffassung: "Christliche Staaten können nur nach christlichen Grundsätzen regiert werden. Das unserem Wesen Fremde darf höchstens Gastrecht genießen, aber niemals bestimmenden Einfluss in den Volksorganismus gewinnen, wie z. B. das Judentum und die politische Weltfreimaurerei." [79]

Ausgehend von seiner These wusste er einen konkreten "Störenfried" zu benennen: "Alle Bewegungen die geeignet sind, den menschlichen Geist zu verwirren, Aberglauben zu verbreiten (siehe die 'Ernsten Bibelforscher') Unfrieden zu stiften werden - indirekt und absolut unauffällig von der Weltfreimaurerei unterstützt." Und er geht noch weiter und erklärt: "Ich konnte den Gedanken nicht los werden, dass hier das internationale Judentum seine unsauberen Hände im Spiel haben müsse. Meine Vermutungen wurden zur Gewissheit. Ich erhielt volle Bestätigung durch Briefe aus Amerika; bereits im Jahre 1911 wird von namhaften Unterstützungen gesprochen, die die 'Ernsten Bibelforscher' durch jüdische Freimaurer direkt oder indirekt erhalten."

Bomsdorff-Bergen zitiert dann den Brief eines amerikanischen Freimaurers vom 27. 12. 1922 der ihm aus Boston, Massachusetts schrieb. [80] Der amerikanische Freimaurer bezog sich auf eine Anfrage von Bomsdorff-Bergen auch bezüglich der Bibelforscher, um darauf zu antworten: "Gewiss sind uns diese Leute nützlich, sogar von sehr großem Nutzen. Wir geben ihnen viel Geld durch eine Anzahl Brüder (die sehr viel Geld gemacht haben, während des Krieges, es tut ihrem dicken Portefeuille nicht weh!) Sie gehören zu den Juden. … Wir haben diese Leute sehr nötig. Sie müssen uns Pioniere sein! Was soll ich ihnen mehr sagen! Sie wissen ja selbst genügend!"

In seinen weiteren Ausführungen setzt sich Bomsdorff-Bergen dann mit den Bibelforschern in den Worten auseinander: "Die 'Ernsten Bibelforscher' halten in allen Städten Vorträge, ein beliebtes Thema ist: 'Satans Reich fällt!' Unter dem Satansreich verstehen sie die heutigen Staaten, die religiösen und wirtschaftlichen Zustände. Die Bibelforscher haben den allein richtigen Glauben, so lassen sie in ihrer rührenden Bescheidenheit durchblicken."
Weiter kommentiert er: "Natürlich wollen die frommen Leute im trüben fischen. Den Hauptfischzug macht aber jene Organisation, deren bewusste und unbewusste Pioniere sie sind. Damit ist nicht gesagt, dass es unter den 'Ernsten Bibelforschern' anständige und ehrliche Leute nicht geben kann."
[81]

Bevor Bomsdorff-Bergen seine Broschüre herausbrachte, hatte er den wesentlichen Sachverhalt schon in der in Olten (Schweiz) erscheinenden katholischen Tageszeitung "Der Morgen" publiziert. [82] Die dort gewählte Artikelüberschrift lautete: "Sind die Ernsten Bibelforscher wirklich so 'harmlos'?" In der redaktionellen Einleitung wird vermerkt: "Wir erhalten von einer durchaus eingeweihten Seite, die wir aber aus besonderen Gründen heute noch nicht nennen können, einen Artikel, der auf obige Frage eine ganz neue Antwort gibt."

Diese Antwort fiel denn auch entsprechend tendenziös aus. Unter Bezugnahme auf das Bibelforscherschlagwort von den "Millionen jetzt Lebender die niemals sterben würden" hieß es dann: "Gewiss, man hat nur vergessen, ein paar Worte einzuschieben: eines natürlichen Todes! Das ist richtig, denn die Machtgier gewisser Staaten und die heimlichen Wühlereien der Weltfreimaurerei, die doch die Triebfeder von allem Unheil sind, werden dafür sorgen, dass die Menschheit von den Kriegsschrecken nicht so bald erlöst wird."

Bomsdorff-Bergen äußert dann weiter: "Zufällig gelangten nun Originalbriefe aus Freimaurerkreisen in unsere Hände, die die 'Harmlosigkeit' der Ernsten Bibelforscher in einem völlig neuen Lichte zeigen. Sie werden darin von kompetenter Seite als die Pioniere der Weltmaurerei bezeichnet, die auch aufs reichlichste durch stets bereite Brüder mit Geldmitteln versorgt werden." Er zitiert dann einen solchen Brief vom 27. 12. 1922 [83] Einleitend heißt es darin: "Ihre zweite Anfrage, die betrifft die Internationale Gesellschaft der Ernsten Bibelforscher." Diese Formulierung verdeutlicht, dass Bomsdorff-Bergen selbst somit der Anstoßgeber der von ihm zitierten Äußerung war.

Er, der ehemalige Freimaurer, sucht sich nun nach dem Vorbilde von Leo Taxil ein katholisches Presseorgan aus, im Bewusstsein dessen, dass man dort für Antifreimaurerisches sicherlich ein offenes Ohr hat. Wenn es gar noch mit Anti-Bibelforscherischem vermengt ist, um so besser. So "streng katholisch", kann Bomsdorff-Bergen jedenfalls nicht gewesen sein; denn einige Jahre später beehrte sich auch eine andere Religionsgemeinschaft noch, einen Artikel aus der Feder von Herbert v. Bomsdorff-Bergen abzudrucken. Auch wenn der sich "Die Religion und der gesunde Menschenverstand" nennende Artikel nichts spezifisches enthält, was man als auf die Bahai-Religionsgemeinschaft zugeschnitten interpretieren muss, so ist es doch sehr die Frage, ob ein "gläubiger Katholik" sich unbedingt ein Presseorgan der Bahai aussucht. [84]

Aber es ist offensichtlich, dass Bomsdorff-Bergen meinte noch mehrere solcher Briefe zur Verfügung zu haben. In seiner Broschüre äußert er dazu: "Meine Vermutungen wurden zur Gewissheit, ich erhielt volle Bestätigung durch Briefe aus Amerika. Bereits im Jahre 1911 wird von namhaften Unterstützungen gesprochen, die die 'Ernsten Bibelforscher' durch jüdische Freimaurer direkt oder indirekt erhalten. Das die politische Weltmaurerei ebenfalls an der 'Arbeit' der 'Ernsten Bibelforscher' interessiert sein müsse, war mir von Anfang an klar.

So verschiedene Punkte, die dem Laien nicht auffallen, sprachen ganz entschieden dafür. Auch in dieser Hinsicht täusche ich mich nicht. Ich erfuhr noch mehr. Ich erhielt Nachricht, dass amerikanische Brüder im Verein mit den 'Ernsten Bibelforschern' vor Kriegsausbruch in Deutschland eine emsige Tätigkeit entfalteten, um das deutsche Volk, dass damals noch an keinen Krieg dachte, jedem Kriegsgedanken abhold zu machen; aber nicht um des Völkerfriedens willen, sondern um Deutschland bequem überrumpeln zu können. Das amerikanische Großkapital, in Sonderheit Freimaurerei und Judenschaft, wussten ganz genau, dass es in Kürze zu einem Krieg in Europa kommen müsse, an dem Amerika sich entscheiden so oder so beteiligen würde. Es kam so. Das Amerika in dem Augenblick eingreifen musste, als die Sache für Frankreich und England sich bedenklich gestaltete, war jedem verständlich, dem das Spiel der internationalen Politik, an dem die Weltfreimaurerei hervorragenden Anteil hat, nicht fremd ist. An der Art von Börsenspekulationen ist auch mancherlei zu erkennen. ... 1919 bestätigten mir Briefe aus England und Amerika, dass man in Freimaurerkreisen ein Interesse an der Arbeit der 'Ernsten Bibelforscher' habe. Ein großes sogar!"
[85]

Bestätigt sah sich Bomsdorff-Bergen auch durch jenen Passus in den Freimaurerbriefen wo man äußerte: "Im nächsten Frühjahr wird ein bedeutender Jurist ... nach Europa kommen. Er war schon mehrere Male in Europa. Mr. Rutherford, der wird Propaganda machen durch Vorträge. Ich habe Gelegenheit jetzt zu einer Bitte an Sie. ... Wollen Sie bitte bemüht sein, dass die Journale der Schweiz keine Artikel bringen, die gegen diese Vorträge gerichtet sind!" [86]

Der weitere Ablauf wird von ihm mit den Worten umrissen: "Anfang Juni erhielt die Redaktion des 'Morgen' einen Einschreibebrief von den Rechtsanwälten der sogenannten 'Ernsten Bibelforscher', der Autor des Artikels solle unter Klageandrohung Widerruf leisten. … Sie klagten aber nicht. Auf Veranlassung des 'Morgen' brachte ich am 16. Juni 1923 einen Artikel, der alles andere als ein Widerruf und nur eine Bekräftigung der erhobenen Anklagen war." [87]

Darin schrieb er: "Ich habe nicht gesagt, dass die 'ernsten Bibelforscher' soweit die Schweizer Gesellschaft in Frage kommt, ein Bündnis mit der Weltfreimaurerei geschlossen hat, auch nicht, dass sie sich von diesem Geheimbund bezahlen lässt. - Es ist sogar möglich, dass die 'ernsten Bibelforscher' den Grund der Freigebigkeit mancher Freunde ihrer Tätigkeit nicht kennen, sie glauben, uneigennützige Freunde zu haben und verteidigen diese." [88]

Die Reaktion darauf wird mit den Worten beschrieben: "Die Bibelforscher schwiegen bis Mitte September, also volle drei Monate. Da erhielt ich wieder einen Einschreibebrief der Rechtsanwälte in welchem nochmals mit Klage gedroht wird. ... Wiederum ließ ich die Frist von acht Tagen, die mir für den Widerruf eingeräumt wurde, verstreichen, und brachte am 3. Oktober 1923 einen Zeitungsartikel, den jeder, selbst mit einem einfachen Denkvermögen Bedachte als eine direkte Herausforderung zur Klage ansehen muss. Man klagte nicht." [89]

In dem genannten Artikel schrieb er: "Am 21. September lassen die 'Ernsten Bibelforscher' die Redaktion des Morgen durch ihren Rechtsanwalt mitteilen, dass sie den in Frage kommenden Brief zu sehen wünschen, im Weigerungsfalle sie Ehrverletzungsklage anstrengen würden. Die Herrschaften haben die Kühnheit, zu behaupten, der Brief könne nicht echt sein. Wir weisen diese dreiste Behauptung mit der Bemerkung zurück, dass wir es gewissen anderen Leuten überlassen, mit unehrlichen Waffen zu kämpfen und sehen allen weiteren Schritten der 'ernsten Bibelforscher' mit der Ruhe entgegen, die ein ehrliches Gewissen als Fundament hat." [90]

Dieses eindeutige Auftreten ließ die Bibelforscherleitung zurückstecken. Sie wagte es nicht gegen Bomsdorff-Bergen gerichtliche Klage zu erheben. Wohl aber klagte sie gegen Kolporteure dieser Behauptungen, von denen sie annehmen konnte, dass sie nicht allzu tief mit der Materie vertraut sind. Immerhin unternahmen sie eine Klage gegen den Verleger der Broschüre, Keller-Zoller, die mit einem Vergleich endete.

Jonak, der diese Vorgänge ausführlich referiert hat, merkt an, dass der eingeschüchterte Keller-Zoller weder vor noch nach dem Vergleich seinen Autor Bomsdorff-Bergen darüber informiert hatte: "Diesen Vergleich schloss der gefügige E. Keller-Zoller, … ohne hierzu die Ermächtigung des Verfassers Christian Kreuz (Bomsdorff-Bergen) eingeholt zu haben. Er verständigte Bomsdorff weder vor noch nach der Vergleichsverhandlung, so das dieser von dem Vergleich nichts wusste und erst nachträglich davon erfuhr. Man verhandelte hinter dem Rücken des Verfassers, um diesen nicht zu Wort kommen zu lassen." [91]

Eine weitere Bibelforscherklage wurde gegen den Arzt Dr. Fehrmann erhoben und erreichte nahezu sensationelles Aufsehen. Da auch bei dieser Klage Bomsdorff-Bergen nicht direkt tangiert ist, war auch in diesem Fall sein Auftreten vor Gericht nicht vorgesehen. Jonak kommentiert:

"Schon während des St. Gallener Prozesses war den Bibelforschern der Name Bomsdorff-Bergens bekannt. Es wäre das einzig richtige gewesen, dass sie ihn, der den Brief im 'Morgen' und in einer Broschüre veröffentlichte und die darin enthaltenen Behauptungen für wahr erklärt hatte, wegen Verleumdungen angeklagt hätten. Sie unterließen dies aber. Sie protestierten sogar gegen seine Vorladung als Zeuge. Und auch als Bomsdorff-Bergen den Brief in der 'Münchener Katholischen Kirchenzeitung' Nr. 19 vom 10. Mai 1925, mit der die Bibelforscher korrespondierten, neuerdings erscheinen ließ und dabei seinen Namen nannte, sahen sie von einem Vorgehen gegen ihn ab." [92]

Publizistisch nahm Bomsdorff-Bergen weiterhin jede sich bietende Gelegenheit wahr, seine These zu bestätigen. So auch in der von Fritz Schlegel herausgegebenen Zeitschrift "Abwehr". Schlegel selbst war ebenfalls als ein dezidierter Bibelforschergegner hervorgetreten, unter anderem durch zwei einschlägige Bücher. [93] In diesem Zusammenhang ist ein beiläufiger Satz in dem "Handbuch der Judenfrage" interessant der besagt: "Natürlich haben sie gelegentlich die Behauptung aufgestellt, der Freimaurerbrief sei eine Fälschung. Aber da trat nun der Empfänger (Herbert von Bomsdorff-Bergen aus Ludwigshafen am Bodensee) selber an die Öffentlichkeit und bewies die Echtheit in der 'Abwehr' Nr. 2 vom August 1925." [94]

Sieht man sich den von Jonak zitierten Artikel der "Münchner Katholischen Kirchenzeitung" näher an, dann kann man bestätigen, dass er in der Aussage eindeutig ist. Einige Passagen daraus: [95] "Der Adressat, Herbert von Bomsdorff-Bergen, ermächtigt uns, seinen Namen zu nennen. ... In dem Protokoll jener Vereinbarung ist die Stelle enthalten, dass ich (Keller-Zoller) zu dem Vergleich nur die Hand biete, weil durch Unterschlagung des sog. Freimaurerbriefes mir die Möglichkeit einer richtigen Beweisführung genommen ist, was für mich den Grund bildet zur Verständigung mit den Ernsten Bibelforschern. Die Ernsten Bibelforscher haben auch die Kosten des gegen mich eingeleiteten Verfahrens übernommen. Die Ernsten Bibelforscher, so konstatiert der Verleger weiter, machten nachher breitspurige Veröffentlichungen, ließen aber jene Protokollstelle mit Absicht stets unerwähnt." [96]

Über eines kann jedoch kein Zweifel sein. Bomsdorff-Bergen wollte zum Ausdruck bringen, dass amerikanische Freimaurerkreise den Bibelforschern beträchtliche Finanzspritzen zukommen ließen, dass die amerikanischen Freimaurer die Bibelforscher als "Zersetzungswerkzeug" dogmatischer Kirchen einschätzten und aus dieser Motivation heraus handelten. Zweierlei wird man dazu sagen können:
Diesen Vorwurf pauschal auf das gesamte amerikanische Freimaurertum zu erheben, dürfte unzulässig sein. Aber man wird auch feststellen können, dass historisch betrachtet, eine Situation der Feindschaft speziell zwischen der katholischen Kirche und der Freimaurerei bestand. So gesehen kann man die Vorwürfe Bomsdorff-Bergens, bezogen auf Teile des amerikanischen Freimaurertums, als durchaus berechtigt akzeptieren.

Zweitens, ist die relative Finanzstärke der frühen Bibelforscherbewegung nicht "nur" durch Mitgliedsbeiträge erklärbar. Dies wird auch dadurch erhärtet, dass die Bibelforscherführung bis in die Gegenwart hinein, keinerlei detaillierte Einblicke in ihren Finanzhaushalt gewährt. Wenn also unterstellt wird, amerikanische Freimaurerkreise, die finanziell dazu in der Lage waren, haben der Bibelforscherbewegung auf indirektem Wege namhafte Spendenbeträge zukommen lassen, dann wird man auch das - bis zum Beweis des Gegenteils - als Gegebenheit zu akzeptieren haben.

Damit ist nicht gesagt, dass es sich um eine "ständige" Subvention handelte. Aber als zumindest zeitweilig (speziell in der Phase der internationalen Ausdehnung der Bibelforscher), ist dieser Vorwurf als berechtigt zu registrieren.

Schon bei Bomsdorff-Bergen klingt es in "Zwischentönen" an. Man kann es aber noch gezielter auf den Punkt bringen. Es geht hierbei nicht um das Selbstverständnis der Bibelforscher. Wohl aber geht es darum, welche Zwecke, politischer Natur jene Förderer verfolgen, die für sich persönlich die Entscheidung getroffen haben, kein Bibelforscher zu werden, die aber andererseits dennoch diese Organisation finanziell förderten. Die Antwort auf diese Frage erhält man, wenn man das politische Gesamtumfeld dabei mit berücksichtigt. Es wurde mal mit den Worten umrissen:

"Auf das Konto der Vereinigten Staaten geht schließlich der erste imperialistische Krieg zur Neuaufteilung der Welt. 1898 nutzte die US-Regierung den … Untergang eines ihrer Kriegsschiffe im Hafen von Havanna dazu, um der finanziell bankrotten und militärisch so gut wie wehrlosen spanischen Monarchie in wenigen Wochen die Reste ihres Kolonialreiches abzunehmen. Puerto Rico annektierte man einfach, die Philippinen wurden nach der blutigen Unterdrückung der nationalen Unabhängigkeitsbewegung in eine Kolonie verwandelt; Kuba wurde formell ein selbständiger Staat. ... 1898 erfolgte auch die Annexion von Hawaii. 1903 inszenierte die US-Regierung, um sich die ausschließliche Kontrolle des Verbindungsweges zwischen Atlantik und Pazifik zu sichern, in Kolumbien eine separatistische Bewegung. Der neuen Republik Panama wurde die Kanalzone buchstäblich abgepresst. Mit der Fertigstellung des Panama-Kanals 1914 verfügten die Vereinigten Staaten dann über eine hervorragende Ausgangsposition für die Expansion sowohl in westlicher (atlantischer) als auch in östlicher (pazifischer) Richtung."

Über die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg recherchierten die Autoren weiter: "Mit dem 1. Weltkrieg gelang den Vereinigten Staaten endgültig der Durchbruch zu einer Weltmachtposition. Während die europäischen Länder allesamt geschwächt aus dem Krieg hervorgingen, vergrößerte sich das nordamerikanische Machtpotential bedeutend. Nur wenig mehr als 1% der Kriegsverluste entfiel auf die USA, ihr Territorium blieb von allen Kriegshandlungen verschont. Ihr ökonomisches Potential wuchs aufgrund der Kriegskonjunktur gewaltig an." [97]

In diese Gesamtsituation ordnen sich auch die Expansionsbestrebungen der Russellorganisation ein. Hatten in früheren Jahrhunderten europäische Kolonisationsbestrebungen in den christlichen Missionen ihre Vorboten, so bestand nun eine ähnliche Situation unter US-amerikanischer Hegemonie. Der politische Gehalt ihrer Lehren, hat denn ja auch noch nachfolgend, einigen Regierungen, namentlich in Deutschland, einiges zu schaffen gemacht. Freie Konkurrenz bis aufs "Messer". Arbeiten zu Dumping"löhnen", dass sind so einige "Errungenschaften" der US-Kolonisatoren, wo die europäischen Konkurrenzkirchen in der Tat nicht "mithalten" können!

Die Vorwürfe von Bomsdorff-Bergen wurden in weitem Umfang kolportiert. Der Bibelforscherbewegung waren sie nicht "angenehm". Zeitweilig versuchte sie auf gerichtlichem Wege einen Stop zu erreichen. Allein es zeigte sich, dass sie in entscheidenden Momenten die Sache auf sich beruhen ließ, bzw. nicht konsequent genug handelte. Auch ein indirektes Eingeständnis.

Wer ist nun Herbert von Bomsdorff-Bergen? Es ist ein Autor, dem es primär nicht um die Bibelforscher geht, der sie eher am Rande behandelte. Den Anstoß für seine Aktivitäten fand er in der Korrespondenz, die er mit amerikanischen Freimaurern pflegte. Bomsdorff-Bergen hatte mit den Freimaurern gebrochen und wollte ihnen daher eins "auswischen". [98]

Neben einigen weiteren Schriften, nicht ganz so dubioser Art, kann man ihn dann 1935 noch als Autor in der Zeitschrift "Der Weltkampf" begegnen. Inzwischen war auch die Freimaurerei in Hitlerdeutschland verboten worden. Bomsdorff-Bergen war es vorbehalten dazu im "Weltkampf" einen Kommentar zu veröffentlichen. [99]

Der Antisemit Jonak, meinte noch ein weiteres "Mosaiksteinchen" zu der heiß diskutierten Finanzierungsfrage der Bibelforscher beitragen zu können. Unter Bezugnahme auf Rutherford's Buch "Trost für die Juden" kommentiert er es mit den Worten: "Besonders interessant ist, dass Rutherford in diesem Buch einen an ihn von Nathan Strauß gerichteten Brief vom 14. August 1925 veröffentlicht. ... Dieser Nathan Strauß ist ein in der Rheinpfalz geborener, nach Amerika ausgewanderter Jude, Teilhaber an großen Warenhäusern und war wiederholt Ehrenpräsident des American Jewish Congresses. Strauß spendet alljährlich größere Summen für zionistische, jüdische und philanthropische Zwecke. So schreibt das 'Jüdische Lexikon.' Er dürfte hernach wohl zu denjenigen zählen, die die Bibelforscher subventionieren, zu den Männern, 'die Gott und seine Sache lieben.'" [100]

St. Galler Bibelforscherprozess
Es wurde schon angedeutet, dass die Bibelforscher im Falle Bomsdorff-Bergen es nicht wagten konsequent zu handeln. Aber die von ihm angestoßene Diskussion lag ihnen nichts desto weniger "schwer im Magen." Bei "passender" Gelegenheit versuchten sie daher ihren Frust auf Nebenkriegsschauplätzen loszuwerden.

Die Sache fing damit an, dass am 21. 1. 1924 von dem Zürcher Theologieprofessor Ludwig Köhler ein öffentlicher Vortrag über die Bibelforscher gehalten wurde. Köhler hatte sich auch dadurch ausgewiesen, dass er gleichfalls im Jahre 1924 eine Schrift veröffentlicht hatte mit dem Titel: "Die Offenbarung des Johannes und ihre heutige Deutung." Auch wenn sie nicht primär im Hinblick auf die Bibelforscher konzipiert war, so konnte jedoch kein Zweifel darüber bestehen, dass er den Endzeitthesen der Bibelforscher - nicht zuletzt aufgrund seiner historischen Kenntnisse, dezidiert kritisch gegenüberstand.

Allerdings war dies eine sachliche Gegnerschaft. [101] Eine Gegnerschaft der Art "mit Schaum vorm Maul" gegen die Bibelforscher zu agitieren, war nicht seine Sache. Letzteres war jedoch für viele zeitgenössische Bibelforschergegner zutreffend. Zu ihnen ist ganz offensichtlich auch der Fritz Schlegel zuzurechnen.

Und so ereiferte sich denn auch Schlegel über Köhler mit den Worten:
"In diesem Vortrage hat der Herr Professor bewiesen, dass er die Bibelforscherlehre entweder nicht kennt oder nicht kennen will, sonst hätte er nicht die Behauptung über die Lippen bringen dürfen, die E(rnsten) B(ibelforscher) seien gar nicht so schlimm, wie sie oft mitunter hingestellt würden. Sonst hätte er den Gottesleugnern und Religionsfeinden als christlich-protestantischer Professor nicht in verschiedenen Dingen wieder Recht geben dürfen. Sonst hätte er es nicht als Verleumdung bezeichnen dürfen, dass man die E. B. mit jüdischem Einflüssen in Verbindung bringe.

Der nämliche Gelehrte hat auch in jenem Vortrag es für nötig gefunden, sich zu äußern, Russell könne nichts schlimmes nachgesagt werden, er sei ein 'rechter Mann' gewesen. Dann darf man also in Zukunft jemand, der öffentlich zum Kirchenaustritt auffordert, zum Kampfe gegen die Geistlichkeit aufreizt, die christlichen Regierungen verlacht nichts nachsagen. Dann ist ein solcher wie jeder untadelige Bürger ein Ehrenmann! Das verstehe, wer das wolle!"
[102]

In jener öffentlichen Veranstaltung trat im Anschluss daran als Diskussionsredner auch der Arzt Dr. Fehrmann auf, der danach auch noch in Leserbriefen an Zeitungsredaktionen Front gegen Köhler machte. Insbesondere erregte es ihn, dass Köhler faktisch dem antisemitischen Pamphlet "Protokolle der Weisen von Zion" und ihrer Ausdeutung auf die Bibelforscher, eine Absage erteilt hatte. Fehrmann, Schlegel und andere waren jedoch gläubige Anhänger jenes Elaborates. Fehrmann war die von Bomsdorff-Bergen angestoßene Finanzierungsdebatte bekannt, die er dann auch selbstredend in sein Statement mit einbaute.

So entstand nun in einer zwischenzeitlich für die Bibelforscherfrage sensibilisierten Öffentlichkeit erneut der Eindruck, es handele sich bei den Bibelforschern um ein (von Juden und Freimaurern) "fremdfinanziertes Gewächs". Die nicht zu übersehende Öffentlichkeitswirksamkeit dieser These lies der Bibelforscherleitung es angezeigt erscheinen, dagegen Stellung zu beziehen.

In einer dazu speziell entworfenen Flugschrift mit dem Titel "Die Antwort der Internationalen Vereinigung Ernster Bibelforscher auf tendenziöse Entstellung ihrer Botschaft und ihrer Absichten" [103] wurde die Unterstellung zurückgewiesen, dass die Bibelforscher von den Juden finanziert würden. Bemerkenswerterweise wird in jener Flugschrift aber nicht auch auf den Vorwurf eingegangen, dass amerikanische Freimaurer indirekt zur Bibelforscherfinanzierung beigetragen hätten! Gerade dies war jedoch die These von Bomsdorff-Bergen! Aber immerhin wird man konzedieren können, dass - soweit Juden der Bibelforscherfinanzierung bezichtigt wurden -, dies von der Bibelforscherleitung eindeutig zurückgewiesen wurde.

In jener Flugschrift konnte man lesen: "Unsere Aufmerksamkeit wurde auf ein im Februar 1922 veröffentlichtes und unter dem Namen Fritz Schlegel herausgegebenes Buch von 250 Seiten gelenkt, dass zahlreiche verleumderische Angaben über die Internationale Vereinigung Ernster Bibelforscher enthält. … Als Beweis seiner leichtfertigen Darlegungen zitieren wir folgende von Schlegel aufgestellte, leere Behauptung:
'Wo haben diese Leute (die Bibelforscher) die Millionensummen der Gelder her? Weil wir die Wahrheit lieben, sind wir der Sache ein klein wenig auf die Spur gegangen, und - wohin führte uns die Spur? Diese Spur führte zum jüdischen Bankhaus Hirsch in New York. Von da aus wird die gesamte I.V.E.B. (Internationale Vereinigung Ernster Bibelforscher) mit den reichsten Geldmitteln versehen.'"


Die Schweizer Bibelforscherleitung kommentierte dazu: "Entweder stützt sich Fritz Schlegel (und die übrigen Verbreiter dieser Verleumdung die deutschvölkischen Antisemitenführer Fritsch, Fetz, Lienhardt und Konsorten) bei dieser Behauptung auf falsche Informationen oder - er lügt mit Vorbedacht. Ist er aber im Besitz irgend eines diesbezüglichen Nachweises, so fordern wir ihn auf, denselben der Öffentlichkeit bekannt zu geben. Für jeden einzelnen Dollar, für den Herr Schlegel den Nachweis zu erbringen vermag, dass er der Internationalen Vereinigung Ernster Bibelforscher aus dem jüdischen Bankhaus Hirsch in New York oder irgend einer jüdischen Bank der Welt zugeflossen ist, zahlen wir irgend einer Wohltätigkeitsanstalt der Schweiz, Deutschlands, Frankreichs oder Österreichs die Summe von je 1000 (tausend) Dollars.

Hier hat nun Fritz Schlegel Gelegenheit, vor aller Welt zu beweisen, dass seine sensationelle Behauptung auf Wahrheit beruht oder er muss durch sein Stillschweigen zugeben, dass er absichtlich verleumdet hat."


Diesen Vorgang kommentiert die Bibelforscherleitung mit den Worten: "Der Öffentlichkeit aber geben wir die Erklärung, dass der Internationalen Vereinigung Ernster Bibelforscher auf der ganzen Erde niemals Geld von Juden zugeflossen ist. … Schlegel ist im letzten Jahre wiederholt in der Presse aufgefordert worden, der Öffentlichkeit den Wahrheitsbeweis für seine sensationelle Behauptung bekannt zu geben. Wir stellen hiermit fest, dass er bis heute auch nicht den Schatten eines Beweises hat erbringen können, sondern mit der heuchlerischen Ausflucht ausgekniffen ist: 'Wir Christen wollen kein Judasgeld!' Damit hat er sich selbst als gewöhnlicher Ehrabschneider gerichtet."

Abgeschlossen wurde diese Stellungnahme mit der Eidlichen Versicherung: "Ich William E. van Amburgh ... (Sekretär und Kassierer der Wachtturm-, Bibel- Traktat-Gesellschaft) erkläre unter Eid, dass, solange ich Kassierer genannter Wachtturm-, Bibel- Traktat-Gesellschaft war, dieser Korporation nicht ein einziger Dollar - weder direkt noch indirekt - von einem Juden, einer jüdischen Bank oder einem jüdischen Unternehmen zugeflossen ist." [104]

Es verdient Beachtung, dass jüdischerseits gleichfalls eindeutig, die Unterstellung einer jüdischen Finanzierung der Bibelforscher zurückgewiesen wurde. Der Rabbiner M. Salomonski schrieb dazu in der jüdischen C(entral) V(ereins) Zeitung: "Und nun setzt noch eine merkwürdige Kampfgemeinschaft gegen uns ein, zu der kirchliche und kirchenfeindliche deutsche Kreise deutschvölkischer Prägung sich treffen. Beiden ist anscheinend auffällig und unerwünscht, dass die Vereinigung Ernster Bibelforscher sich ziemlich abseits von dem großen Kesseltreiben gegen die Juden hält und auf ihre in Palästina schneller erhoffte Bekehrung zum Christentum vertraut. Darin wittern die sonderbaren Verbündeten eine große Gefahr." [105]

Weiter kommentiert er zu dieser Sachlage: "Es sei erwähnt, dass Hans Lienhardt in seiner Broschüre: 'Ein Riesenverbrechen usw.' auch den katholischen Jesuitenorden als ein von jüdischer Seite gespieltes Instrument bei der Durchführung der Bibelforscher-Ideen bezeichnet. Um so verwunderlicher wirkt dann, wenn der katholische Geistliche Fritz Schlegel für sein umfangreiches Buch 'Die Wahrheit über die Ernsten Bibelforscher' das Imprimatur erhalten hat. Denn auch er behauptet, dass wir Juden hinter den Bibelforschern stehen und enthüllt zwar keinerlei Wissenschaft, aber einen bösen Hass, dem die zum segnen berufene Hand das Siegel der Billigung aufdrückte.

'Nur tief erschrocken', um Schlegel zu zitieren, kann man diesen wütenden Hass betrachten, der nicht zu überbietenden Oberflächlichkeit, die ihm und allen anderen judenfeindlichen Gegnern dieser Sekte diktierte. Mit Entrüstung weisen wir Juden den verwerflichen Versuch zurück, unbequeme Irrlehren uns in die Schuhe zu schieben und ihre rein christlichen Verfechter uns aufzuhalsen."
[106]

Auch in Deutschland wurden analog der Schweizer Verteidigungsschrift "Antwort …" ähnliche Verteidigungsschriften seitens der Bibelforscher verbreitet. Sie waren offenbar unabhängig von der Schweizer Schrift konzipiert. Auffallend ist, dass (im Vergleich zur Schweizer Verteidigungsschrift) erheblich zurückhaltender formuliert wird. Die Schlegel'schen Anwürfe werden nicht zitiert. Gleichfalls auch nicht die Eidesstattliche Erklärung des van Amburgh. Und selbst der ausgesetzte Preis für den Nachweis jüdischer Finanzierung, wurde erheblich reduziert. Ist in der Schweizer Erklärung noch davon die Rede, für jeden nachgewiesenen Dollar jüdischer Finanzierung 1000 Dollar zu zahlen, so beschränkt man in der deutschen Verteidigungsschrift dieses Angebot auf lediglich insgesamt 1000,- M.

In der diesbezüglichen Passage wird bei "Gehrhard" ausgeführt: "Noch heute stehen auf dem Amtsgericht in Magdeburg 1000,- M. die ausgesetzt sind als Belohnung für denjenigen, der irgend etwas zum Beweis für diese Verleumdung nachzuweisen vermöchte. Bis heute vermochte niemand, diesen Betrag sich zu verdienen." [107]

An anderer Stelle schreibt der gleiche Verfasser: "Immer wieder publiziert man die Lüge, wir würden von den Juden bezahlt, trotzdem wir immer wieder versicherten, dass dies absolute Unwahrheit ist, weil wir noch nie einen Pfennig vom Judentum erhielten. … Wir sind zu jeder Zeit bereit, jeder deutschen zuständigen Behörde unsere dies beweisenden Bücher vorzulegen, wie auch hier auf dem Amtsgericht in Magdeburg von uns seit langer Zeit 1000 Goldmark deponiert und öffentlich ausgeboten sind, demjenigen zufallend, der auch nur ein Jota Beweismaterial bringt dafür, dass wir vom Judentum bezahlt werden. Niemand vermochte dies bis zur Stunde, dennoch verleumdet die kirchliche Presse aller Schattierungen ohne Ehrgefühl in derselben schamlosen Weise weiter." [108]

Es gab keine Ruhe in dieser Angelegenheit. Bomsdorff-Bergen wagte die Bibelforscherleitung nicht gerichtlich zu belangen. Ihr war sehr wohl bewusst, dass Bomsdorff-Bergen auf vorangegangene Einschüchterungsversuche stets eindeutig reagiert hatte, indem er von seinen Vorwürfen nichts zurück nahm, sie aber stets aufs neue bekräftigte. Die Bibelforscherleitung zog ihm gegenüber "den Schwanz ein" um es mal etwas drastisch zu formulieren.

Aber da war ja noch jener Arzt Dr. Fehrmann, der ebenfalls die Thesen des Bomsdorff-Bergen in seinem Streit mit dem Theologieprofessor Köhler wiederholte. Von einem Mediziner konnte man erwarten, dass er nicht sonderlich tief in der zur Diskussion stehenden Problematik verwurzelt war. Und so trat das ein was mit der drastischen Formulierung von Schlegel so formuliert wurde: "Juden und Bibelforscher waren empört, versteht sich. Letztere reichten Klage ein und 'verpassten' diesmal ausnahmsweise den Termin nicht. Die Gerichtsverhandlung dauerte 1 ½ Tage." [109]

Es fand also nun doch noch eine Gerichtsverhandlung in dieser sensiblen Sache statt. Wie nicht anders zu erwarten, stützten beide Seiten sich dabei auf die Ratschläge ihrer dazu engagierten Rechtsanwälte. Und deren Spezialität ist es, möglichst alle taktischen Möglichkeiten genau auszuloten und entsprechend zur Anwendung zu bringen. So mussten denn die Bibelforscher erfahren, dass ihre Klage von dem Anwalt des Beklagten zugleich auf die formaljuristische Ebene umdirigiert wurde.

Der Anwalt Dr. Duft argumentierte: "Die I.V.E.B. sei keine juristische Person nach geltendem Schweizerischen und St. Gallischem Rechte, da sie keine Mitgliederverzeichnisse führe, keine Beiträge erhebe, keine An- und Abmeldungspflicht kenne usw. Sie auch in unserem Handelsregister nicht eingetragen sei, obgleich sie mehr wirtschaftlichen als ideellen Interessen diene. Das Grundkapital der Vereinigung betrage nach der englischen Handelsregistereintragung ganze 100 Pfund Sterling, und jedes reguläre Mitglied der Vereinigung müsse mindestens einen dieser Anteilscheine besitzen. Es handelt sich demnach um einen ganz kleinen Mìtgliederkreis. Der Kreis der übrigen Angehörigen der I.V.E.B. bilde nicht eine regelrechte Mitgliedschaft, sondern sie werden lediglich als sog. 'Mitarbeiter' betrachtet, ohne Pflichten und Rechte." [110]

Damit waren die Bibelforscher erstmal auf der formaljuristischen Ebene ausmanövriert. Das Gericht war zwar bereit dem Bibelforscherklagevertreter Binkele zu konzedieren, dass er durch die Anwürfe auch persönlich betroffen sei und somit ein Klagerecht habe. Aber der Anwalt Dr. Duft lies nicht locker und argumentierte weiter:
"Das der Beklagte nichts anderes behauptet habe, als was zuvor von anderer Seite bereits Dutzendmal geschrieben wurde, ohne das die I.V.E.B. deshalb zum Kadi gelaufen wäre. Er mache sich nun aber anheischig, auch noch einen direkten Beweis anzutreten und durch einen in Konstanz lebenden Schriftsteller beweisen zu lassen, dass nicht bloß der im 'Morgen' abgedruckte Brief auch authentisch sei, sondern auch die darin enthaltenen Behauptungen der Wahrheit entsprechen." [111]

Die Berichterstattung der "Thurgauer Zeitung" schließt mit der Ausführung: "Das Gericht fand aber, dass der offerierte Zeuge gar nicht notwendig sei. Nachdem die I.V.E.B. jahrelang sich nicht habe dazu aufraffen können, die von Dr. Fehrmann gemachten Behauptungen vorher schon einer gerichtlichen Beurteilung zu unterstellen, obschon sie Binkele und Konsorten doch schon längst bekannt sein müssen, müsse der vom Beklagten anerbotene Beweis auch so als erbracht angenommen werden. Das Gericht wies deshalb die Klage unter Kostenfolge ab und sprach dem Beklagten zudem eine außerordentliche Entschädigung von 450 Fr. zu." [112] Zuzüglich der Gerichtskosten von 150 Franken. [113]

Im Nachgang des St. Galler Urteiles versuchten die Bibelforscher verschiedentlich den Eindruck zu erwecken, als hätten sie gegen dieses Urteil eine Revisionsklage eingereicht. Letztere ging aber für die Bibelforscher gleichfalls negativ aus. Dazu stellte der Rechtsanwalt Dr. Duft in einer Presseerklärung triumphierend fest:
"Nachdem in der bekannten Ehrverletzungsklage der Internationalen Vereinigung Ernster Bibelforscher ... das staatliche gallische Kantonsgericht am 13. März 1925 die Klage zurückgewiesen hatte, ließen sie durch ihre Agenten und die Presse in der Schweiz und fast ganz Europa verkünden, sie hätten diese Angelegenheit an das schweizerische Bundesgericht weiter gezogen. Diese Behauptung widerspricht der Wahrheit. Die Kanzlei des Schweizerischen Bundesgerichtes hat dem Unterzeichneten Anwalte auf Anfrage hin bestätigt, dass die Internationale Vereinigung Ernster Bibelforscher … das Bundesgericht innerhalb der gesetzlichen Frist nicht angerufen haben. … St. Gallen, 13. Juni 1925. Dr. J. Duft, Advokat." [114]

Der St. Galler Bibelforscherprozeß vom November 1924 war so ein Anlass für die Antisemiten um ihren Frust loszuwerden. Charakteristisch dafür ist der Artikel in der "Deutschen Tageszeitung" vom 3. 11. 1924 mit dem Titel: "Die 'ernsten Bibelforscher' und das Judentum", denn die Zeitschrift "Studierstube" für so "bedeutungsvoll" hielt, ihn auch noch nachzudrucken. [115]

Darin konnte man lesen: "Die Propaganda dieser sogenannten 'ernsten Bibelforscher' richtet sich mit fanatischer Schärfe und in brutalster Weise gegen die christlichen Bekenntnisse. ... Dagegen kann sich die Propaganda der 'ernsthaften Bibelforscher' in der Verherrlichung des Judentums und des Zionismus … nicht genug tun. Gleichzeitig wirkt die 'Internationale Vereinigung der ernsten Bibelforscher' im jüdisch-internationalem Sinne staatszerstörend und predigt, dass die heutigen Staaten verschwinden müssen, um einem alt-testamentarisch-paradiesischen 'Friedensreiche der tausend Jahre' Platz zu machen."

Die "Krone" setzt sich jedoch die "Deutsche Tageszeitung" mit den nachfolgenden Auslassungen auf: "Wir möchten dieses bemerkenswerte Urteil (Bibelforscherprozeß St. Gallen) welches hoffentlich dazu hilft, auch bei uns den 'ernsthaft biblischen' Verjudungsagenten endlich etwas mehr auf die hurtigen Finger zu sehen, mit einem notwendigen Hinweis versehen. In einem leider in christlichen Kreisen bisher nicht genügend beachteten jüdischen Buche: 'Die Stadt ohne Juden' von dem Wiener Schreibjuden Hugo Bettauer verfasst, finden sich sehr wertvolle Hinweise auf die Naturgeschichte der 'ernsthaften Bibelforscher.' Dieses Buch ist das wertvollste Zeugnis für die maßlos gewordene Überhebung des nachrevolutionären Judentums. In diesem Buche, der schamlosesten Beschimpfung des christlichen Europas, die sich das zur Vergeltung überreif gewordene Ostjudentum jemals herausgenommen hat."

Die "Deutsche Tageszeitung" behauptet dann: "So wird darin mit Hohngelächter geschildert, wie ein einziger Jude, der sich selbst mit der jüdischen Frechheit rühmt, ein ganzes christliches Land in Verwirrung und Selbstzerfleischung zu stürzen, indem er, nach dem Vorbilde der 'ernsthaften Bibelforscher' einen 'Bund der wahrhaften Christen' gründet, der in Wirklichkeit nur aus ihm, dem zerstörungslüsternen Juden, und einer Anzahl dummer Christen besteht." Soweit die "Deutsche Tageszeitung".

Wenn man sich jedoch den fraglichen Roman einmal selbst ansieht, dann gewinnt man einen ganz anderen Eindruck! [116] Bettauer schildert darin, wie die fiktive Entwicklung in Österreich nach einem faschistischen Sieg und der Ausweisung aller Juden aus Österreich weiter gehen würde:
152
"Um ein Uhr mittags verkündeten Sirenentöne, dass der letzte Zug mit Juden Wien verlassen, um sechs Uhr abends läuteten sämtliche Kirchenglocken zum Zeichen, dass in Österreich kein Jude mehr weilte. In diesem Augenblick begann Wien sein großes Befreiungsfest zu feiern. [117] Sehr bald zeigte es sich, dass alle diese Parteien, die Christlichsozialen wie die Nationalsozialisten, nur darauf aufgebaut waren, dass man den Massen die Juden als bösen Geist, als Wauwau und Prügelknaben darbot. Nun, wo es weder Juden noch Judenstämmlinge in Österreich gab, verfing das nicht mehr, wurde die Parteipolitik noch öder und langweiliger, als sie es vorher gewesen war. Elend, Teuerung, Arbeitslosigkeit wuchsen, und die Führer waren in Verlegenheit, weil sie nicht wussten, wem sie die Schuld daran geben sollten.

Die reichen Leute waren ja jetzt brave Christen, die Ausbeuter und Wucherer auch, dass heißt, man durfte von solchen Menschen gar nicht sprechen, weil man sonst hätte zugeben müssen, dass es christliche Wucherer und Ausbeuter genau so gibt wie jüdische. Früher hatten die Hakenkreuzler mit ihren Plakaten Aufsehen erregt, die Massen aufgehetzt. ... Die Plakate der Hakenkreuzler waren nun so sinnlos geworden, dass sie niemand mehr las."
[118]

Offensichtlich konnten die Antisemiten diese Demaskierung nicht verkraften; sodass sie dazu zu einem Rundumschlag ausholten. Auch wenn die "Deutsche Tageszeitung" eine Antwort auf die Frage, was das ganze denn nun mit den Bibelforschern zu tun hätte, in schlüssiger Weise schuldig geblieben ist. So offenbart es andererseits doch sehr viel über die Seelenverfassung jener, die sich da als "Christen" bezeichneten und nicht in der Lage waren, das Anliegen der Bibelforscher wirklich zu verstehen.

Auch Katholischerseits wurde die Zionsmusbegünstigung der Bibelforscher missdeutet. Ein mit kirchlicher Imprimatur vom 15. 1. 1925 erschienenes Flugblatt warf den Bibelforschern vor: "Nach Ausrottung der christlichen Religion, nach dem Sturz von Kirche und Staat bricht das tausendjährige Reich an, dass ist der Sieg des Judentums, die Herrschaft des Zionismus. Das ist das Ziel der E(rnsten) B(ibelforscher). Darum bezieht es von den Juden seine Gelder, unter anderem von dem jüdischen Bankhaus Hirsch in New York." [119]

Diese "Hirtenworte" beziehen sich des weiteren auf den Bibelforscherprozeß in St. Gallen um daran die These anzuhängen, dass dort der "Nachweis" erbracht worden sei, dass die Bibelforscher "schwere Geldunterstützung aus den Taschen des amerikanisch-freimaurerischen Judentums beziehen." Eine Behauptung, die in dieser kategorischen Form nicht haltbar ist.

Selbst der in seinem Urteil, im Vergleich zu anderen, als bedächtig und kenntnisreich einzuschätzende Dr. Algermissen, fiel auf die Propagandathesen des St. Galler Bibelforscherprozesses herein, da sie eine einfache (man muss aus heutiger Sicht sagen: zu einfache) Erklärung plausibel erscheinen ließen. Zudem fügten sich die "Ergebnisse" dieses Prozesses sehr harmonisch in das bereits seit Jahrzehnten bestehende katholische Weltbild, die Freimaurerei betreffend, ein.

Algermissen schrieb damals: "Die Europäische Zentrale (der Bibelforscher) erhält reichliche Unterstützung von Amerika, eigenartigerweise aber nicht nur von der dortigen Hauptstelle der 'Ernsten Bibelforscher', sondern auch von der jüdisch-amerikanischen Freimaurerei. Ein Prozess, der vor einigen Monaten in St. Gallen in der Schweiz sich abspielte, gab noch interessante Enthüllungen über die intimen Beziehungen zwischen diesen angeblich christlichen Bibelforschern und der widerchristlichen, jüdisch-amerikanischen Freimaurerei. Es stellte sich bei dem Prozess heraus, dass die sogenannten 'Ernsten Bibelforscher' in dem Dienste jüdisch-amerikanischen Freimaurertums stehen und von dort besoldet werden. Damit sollte für jeden denkenden Menschen diese Gesellschaft gerichtet sein, die vorgibt, das Christentum reinigen und veredeln zu wollen, in Wirklichkeit aber im Dienste des ungläubigen Freimaurertums, der stärksten Feindin des Christentums steht." [120]

Ein weiteres übles Beispiel, dieser an Oberflächlichkeiten hängenbleibenden katholischen Apologetik, liefert auch Karrer in seinem 1942 in der Schweiz erschienenen Buch über moderne Sekten. Karrer, der darin völlig unkritisch die Freimaurerbriefaffäre unter Hinweis auf das einschlägige Buch von Jonak wieder aufwärmt [121] versteigt sich dann zu der Behauptung:

"Das Interessanteste kommt erst, wenn wir die geheime politische Ideologie der Sekte ins Auge fassen. Das nun in Erscheinung tretende tausendjährige Reich heißt bei den Bibelforschern nicht zufällig 'Königreich Jehovas'; der altjüdische Name ist für die Sache bezeichnend. [122] Der Höhepunkt aber im Aufstieg der jüdischen Allherrschaft wird bezeichnet durch die große Schlacht von Harmagedon. … Der Name bezeichnet in der altjüdischen Geschichte den Ort einer Niederlage; er hatte deshalb einst für die Juden eine unangenehme Bedeutung und dementsprechend ist er in der Geh. Offenbarung noch als Symbol für die versammelten dämonischen Mächte gebraucht (Geh. Offenbarung 16, 16).

Für die Zeugen Jehovas ist es umgekehrt: da bezeichnet Harmagedon die Vernichtungsschlacht der jüdischen Welt gegenüber der christlichen und den mit ihnen verbundenen Systemen. Unterdessen haben die Gläubigen der Sekte die moralische Vorbereitung auf die Schlacht von Harmagedon zu treffen, d. h. den Hass zu schüren. Im übrigen ist es aus dem Weltmachtsideal der Zeugen Jehovas nur selbstverständlich, dass gegen jede Staatsordnung ähnlich gehetzt wird wie gegen das Christentum."
[123]

Von den vorzitierten Text zugehörigen Anmerkungsnummern sei noch die [91] und die [96] noch zitiert:

[91] Vgl. Jonak, Zeugen S. 43.
Vgl. dazu auch "Der Morgen" (Olten) 16. 4. 1925. Artikel: "Eine skrupellose Unterstellung". In diesem Artikel bestätigt der Verlagsdirektor des "Morgen" den fraglichen Freimaurerbrief seinerzeit selbst in den Händen gehabt zu haben. Er verwahrt sich weiter gegen die Unterstellung, dieses Schreiben in seiner Aussage selbst lächerlich gemacht zu haben, wie dies die Bibelforscher und mit ihnen (in dieser Frage) liierte Presseorgane noch unterstellten. Charakteristisch dabei ist auch der folgende Satz: "Das im 'Morgen' veröffentlichte Schreiben des amerikanischen Freimaurers lag der Redaktion des 'Morgen' im Original vor. Es besteht nicht der geringste Zweifel in der Echtheit dieses handschriftlichen Dokuments. Dasselbe liegt heute nicht, wie der Leitartikler des 'Oltener Tageblattes' lächerlicherweise vermutet, auf der Nuntiatur in Bern, sondern es befindet sich bei den Prozeßakten in St. Gallen, wo die 'Ernsten Bibelforscher' vor kurzem einen Aufsehen erregenden Prozess verloren haben."

[96] Schwartz-Bostunitsch kommentiert unter Hinweis auf die Veröffentlichung von Jonak und der Nichtauffindbarkeit des Originalbriefes, mit der ohne Beweise vorgetragenen Behauptung: "Vermutlich haben sich die 'Ernsten Bibelforscher' auf Schleichwegen seiner doch bemächtigt, um die belastende Urkunde aus der Welt zu schaffen." Vgl.. Schwartz-Bostunitsch, Gregor "Jüdischer Imperialismus", Berlin 1939 S. 631.
Jonak hingegen zitiert Bomsdorff-Bergen mit der Vermutung, dass der Originalbrief den Bibelforschern in der Vergleichsverhandlung übergeben wurde.
Auch die Zeugen Jehovas argumentierten dabei mit Unterstellungen ohne Faktenbeweis. In der Ausgabe des "Trost" vom 15. 9. 1945 S. 15, nahmen sie (nach 1945) in dieser Angelegenheit nochmals Stellung. Ihre These, die Katholiken hätten diesen Brief selbst vernichtet.
Zu dem Vorwurf von Jonak, dass sie Bomsdorff-Bergen merkwürdig geschont haben und ihn nicht in eine direkte gerichtliche Auseinandersetzung verwickelten, nehmen sie bezeichnenderweise nicht Stellung. Dagegen zitieren sie einen Kommentar von Jonak als gleichzeitiges Alibi für ihre entscheidende Inaktivität. Das "Trost" schreibt: "Dagegen betont er (Jonak) nachdem er Gewißheit hat, dass der Originalbief nicht mehr existiert, dass es 'ein in der Rechtswissenschaft anerkannter Grundsatz ist, dass die Unechtheit einer Urkunde von ihrem Angreifer und nicht die Echtheit von ihrem Verteidiger zu beweisen ist."
Der Kommentar des "Trost" dazu betont, dass dieses Dokument sicherlich niemals ohne Quittung den Zeugen Jehovas ausgehändigt worden sei. Weil letzteres aber nicht der Fall ist, unterstellt man, die katholischen Kreise hätten jenen Freimaurerbrief selbst vernichtet. Die wehleidige Klage des "Trost": "Haben sie uns durch ihre Wegschaffung des Briefes die Möglichkeit genommen, nach dem oben von Jonak zitierten Rechtsgrundsatz die Unechtheit zu beweisen." Auch diese Argumentation gleicht dem werfen von Nebelbomben. Verleumdet (aus ihrer Sicht) wurden die Zeugen Jehovas primär durch Bomsdorff-Bergen als Urheber. Alle danach genannten Namen sind lediglich als "Kommentatoren" einzustufen. Aber gerade Bomsdorff-Bergen haben sie eben nicht vor Gericht gezogen!

Wie schon früher ausgeführt, war insbesondere nach dem in der Schweiz erfolgtem Verbot der Rutherford-Broschüre "Faschismus oder Freiheit", das Thema der SPK (die man mit als Drahtzieher outete) wieder für die WTG auf der Tagesordnung. Und so nahm selbige nach jahrelangem Schweigen, in der "Trost"-Ausgabe vom 15. 10. 1939 erstmals ausführlich zum Thema sogenannter Freimaurerbrief Stellung, weil man wähnte, das sei wohl so eine Art "Kassenschlager" der SPK, den es nun zu zerstören gälte.

In den diesbezüglichen "Trost"-Ausführungen liest man unter anderem:


"Im Jahre 1924 hatte dieser Brief in einem Prozeß vor dem Bezirksgericht Zürich beweisen sollen; daß das Werk der Bibelforscher vom Ausland her mit Geldern der Juden und Freimaurer ausgehalten werde. Als es dann an der Zeit gewesen wäre, den Beweis dafür vor Gericht anzutreten, hatten jene Gegner der Bibelforscher den Brief plötzlich "verloren" oder "verlegt".

Der Verlag L. Keller-Zoller, Zürich, der den Brief in einer Broschüre veröffentlicht hatte, mußte diese Veröffentlichung widerrufen.
Im seinerzeitigen Gerichtsprotokoll hieß es: "Dieser Widerruf und die Erklärung erfolgt mit der Begründung, weil Otto Walter, Direktor des gleichnamigen Verlages und des katholischen Zeitungsuntemehmens ,Der Morgen' in Olten, das Original des auf Seite 142-143 der genannten Broschüre publizierten ,Bibelforscher- oder Freimaurerbriefes' unterschlagen und nachher als unauffindbar verlegt angegeben hat, wodurch dem Verlag die Möglichkeit genommen ist, den im vorliegenden Prozesse erforderlichen Beweis antreten zu können."

Dir. Walter bestreitet die Unterschlagung und behauptet, den Brief an Frau L. Keller-Zoller zurückgeschickt zu haben, so daß dann sie ihn unterschlagen haben müßte (obwohl doch gerade sie ihn vor Gericht gebraucht hätte, um nicht in der Tinte zu sitzen!). Mögen sie ihren Streit untereinander ausmachen. Ihr schwindelhafter Freimaurerbrief blieb jedenfalls verschwunden bis auf den heutigen Tag.
Was in diesem Brief behauptet wird, trägt den Stempel der Lüge an sich selbst. Ob er überhaupt je existierte, oder ob er eine Fälschung war oder nicht, macht letzten Endes wenig aus. Auf jeden Fall dient das, was als sein Wortlaut abgedruckt wird, der Lügenverbreitung. Es wäre eine Kleinigkeit, einen Brief zu schreiben, um irgendwelche Märchen auszustreuen.

Angeblich haben sich Brown aus Boston, der als Briefschreiber figuriert und 1926 gestorben sein soll, und der "Briefempfänger" Bomsdorff-Bergen aus Konstanz vom Freimaurertum abgewendet und wohl zum Katholizismus bekehrt. So ähnlich lief schon früher einmal eine Affäre, und das Ende vom Lied war - der Taxilschwindel! Haben die römisch-katholischen Kleriker diese Blamage von 1897 schon vergessen?

Wenn diese Leute hoffen, Jehovas Zeugen würden Zeit, Kraft und Geld darauf verschwenden, sich mit diesem "Freimaurerbrief'-Mummenschanz herumzuschlagen, dann irren sie sich.

Die Tatsachen sind:
In den Kreisen der Zeugen Jehovas gibt es nirgendwo in der Welt Freimaurer.
Jehovas Zeugen bekommen weder von den Juden noch von den Freimaurern finanzielle Unterstützung, noch war dies je der Fall. ...

Obiger Sachverhalt wurde durch die von der Behörde angeordnete Bücherrevision des Herrn Kantonsbuchhalters Emil Jung, Bern, für das zentraleuropäische Büro dieser Gesellschaft in Bern am 13. Nov. 1922 eindeutig festgestellt.
Daß Juden und Freimaurer auch die "Wachtturm"- Zentrale in Brooklyn niemals finanziert haben, ist bei verschiedenen Gelegenheiten in eidesstattlichen Versicherungen des Schatzmeisters der Gesellschaft, W. E. Van Amburgh, niedergelegt worden.
Jeder vorurteilslose Betrachter dessen, was Jehovas Zeugen sagen und tun, weiß von selbst, daß ihr Werk auch keinerlei inneren Zusammenhang mit den Freimaurern hat. ...
Die Zeugen Jehovas machen keine Propaganda, weder für sich noch für die Juden, noch für die Freimaurer oder für sonstwen. ..."
Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 25. November 2009 02:36

Angereichert mit einigem Bildmaterial (welches sich teilweise auch in späteren WTG-Publikationen wiederfindet), bringt "Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 11. 1939, auch einen Bericht über den berühmt-berüchtigten WTG-Kongress 1939 im New Yorker Madison Square Garden

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Man beachte mal bei dem Bild, welches die Ankunft Rutherford's zeigt, wie er da von seinem Adlatus und späteren Nachfolger Knorr, flankiert wird.

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Aus dem Kommentartext von "Trost" seien vielleicht noch die folgenden Passagen zitiert:
"Verschiedene Blätter scheinen mit Bezug auf die Botschaft vom Königreiche Gottes eine Politik der ,,splendid Isolation" befolgen zu wollen, das heißt, sie wollen weder etwas für noch gegen diese Verkündigung veröffentlichen. So auch die Zeitungen des amerikanischen Zeitungskönigs Hearst. Der Redakteur des "Examiner" von Los Angeles, eines Hearst-Blattes, z. B. sagte mit zittrigen Händen, er habe "Anweisung, nichts anzurühren, was mit Richter Rutherford zu tun hat".

In Denver. (USA.) ereignete sich ein Zwischenfall bei Bekanntmachungsumzügen. Es waren schon an mehreren Tagen solche Umzüge störungsfrei verlaufen, als "Hochehrwürden" Hugh L. McMenamin, der römisch-katholische Großmogul jener Stadt, der Polizei den Befehl erteilte, dagegen einzuschreiten, und einige Polizeibeamte waren so dumm oder feige, auf diesen, unberufenen Befehlshaber zu hören. So verhaftete dann die Polizei ein sechsjähriges Kind und zweiundsiebzig andere Teilnehmer an einem Informationsmarsch, mit der Begründung, daß durch die Schilder, die sie herumtragen, die Pferde scheu gemacht werden könnten. In Wirklichkeit ging es nicht um die Pferde (denn diese fraßen auf den grasumsäumten Straßen weiter friedlich aus ihren Futtersäcken), sondern um den "Hochehrwürden" mit seinen Kollegen. ...

Der diensthabende Wachtmeister meinte, aus der ganzen Geschichte werde eine Reklamesensation für die Festgenommenen. Nach zwei Stunden ließ man die Verhafteten wieder frei, und am nächsten Morgen zogen über 200 Zeugen Jehovas zu einem weiteren Informationsmarsch hinaus und wurden von niemand mehr belästigt."

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Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 28. November 2009 03:30
Ihrem Charakter als ausgesprochene Unterklassen-Religion (zumindest in der Rutherford-Ära), unterstreicht "Trost" in seiner Ausgabe vom 15. 11. 1939 wieder einmal nachdrücklich. Schon ein paar "Trost"-Nummern davor, erfuhr man, dass die WTG eine Reihe der ihr Hörigen nach Schanghai (China) beordert habe. Etwa in einem "Von Marseiile nach Schanghai" betitelten Bericht in "Trost" vom 15. 8. 1939.

Selbige lieferten nun verschiedentlich Berichte über die dortigen trostlosen Verhältnisse. Wie gehabt lässt man es beim Beschreiben des "Ist-Zustandes" bewenden. Irgendwelche Aktivitäten (und seien sie noch so gering) zur Hilfe. Nicht seitens der WTG-Religion.

Sie hat nur eines anzubieten: "Opium", "Opium" und nochmals "Opium" - religiöses Opium.
Je trostloser die Verhältnisse, um so größer die Chancen für die WTG zu entsprechenden "Fischzügen". Das bildete offenbar mit eine der Motivationen, dass schon die WTG zu Rutherford's Zeiten in China über den "Brückenkopf Schanghai", Fuss zu fassen suchte.

In genannter "Trost"-Ausgabe kann man beispielsweise als Schilderung der Eindrücke der WTG-Missionare das nachfolgende lesen:


"Wenn das Schiff noch nicht richtig am Kai festgemacht hat, kommen sie schon an Bord gestürmt: Chinesen, eine Welle von mageren gelben Körpern, die sich den Reisenden als Träger anbieten. Ihre monotonen Rufe zittern in der feuchtheißen Luft:
"Kuli?! - Kuli?? - Kuli!"
Mit diesem Schrei preisen sie sich selbst an. "Ku" bedeutet: bitter! "LA" bedeutet: Kraft. "Kuli", das heißt: Bittere Kraft!

Sie stürzen sich auf das Gepäck und zerren es den Reisenden aus den Händen. Neben mir steht ein amerikanischer Geschäftsmann, der sein halbes Leben im Fernen Osten verbrachte - der also mit diesem Leben hier gründlich vertraut ist. Ein Kuli hat seine Koffer ergriffen. Der Amerikaner brüllt ihn an, daß er sich zum Teufel scheren solle. Der Kuli hält die Koffer weiter verzweifelt fest, weil er glaubt, der Fremde werde nachgeben - und weil er Angst hat, ein anderer Kuli könnte ihm seine eroberte Chance wegnehmen.

Da holt der weiße Mann ohne jegliche Aufregung zum Fußtritt aus - und trifft den Kuli am Oberschenkel. Der gelbe Mann taumelt etwas zur Seite. Er gibt keinen Laut von sich, er gibt keine Miene des Unwillens zu erkennen: Er hofft immer noch, er hält weiter die Koffer fest umklammert und lächelt entschuldigend.

Da hebt der fremde weiße Teufel seinen Fuß zum zweiten, stärkeren Tritt - und erst jetzt springt der Kuli zur Seite und gibt seine Chance verloren.
Nun kommt der persönliche Diener des weißen Mannes. Der Diener ist auch Chinese, aber er geht mit verächtlichem Ausdruck durch die Reihen der Kulis, deren schräge, lauernde Blicke ihm folgen. Er ergreift das Gepäck seines Herrn, stößt die im Wege stehenden Kulis rücksichtslos mit den Koffern beiseite, und verläßt erhobenen Hauptes den Kampfplatz: Er ist kein Kuli; er ist ein Mann mit einer festen und sicheren Position. Er ist Boy eines weißen Herrn!

Das ist das erste Bild von Schanghai, wenn man noch nicht einmal den Boden dieser Stadt betreten hat. Und es ist das bleibende Bild, nur in seinen Dimensionen unendlich vergrößert, wenn man in dieser Stadt lebt: Das tierische Dasein der Getretenen - und die brutalste Gewalt und Rücksichtslosigkeit der Tretenden! In keiner Stadt der Welt sind die Gerechtigkeit und die Menschenwürde fremder als in Schanghai. In keiner Stadt ist das Menschenleben billiger und verachteter als hier. Denn eine unerschöpfliche Menschenreserve steht jederzeit zur Verfügung: Chinas 440 Millionen darbende Bewohner! Nirgends sind der Hunger und die Gier nach dem Gelde entsetzlicher als in Schanghai, wo der Tod eines Menschen nur als notwendige Voraussetzung für das Weiterleben der übrigen stoisch hingenommen wird.

Schon draußen am Kai schreien sie wieder, die Scharen der wartenden Rikscha-Kulis mit ihren Wagen. Kuli - ist das erste Wort, das man in China in die Ohren geschrien bekommt. Und das Wort bleibt, pflanzt sich fort, begleitet einen durch ganz China: Kuli - ist China, mit seiner bitter-tragischen Kraft!

Man degradierte den Menschen zum Tier und wies danach mit verabscheuender Geste, mit aller nur aufzubringender Verachtung auf den Kuli: Da, seht China!

Aber wer hat das entsetzliche Wort "Gelbe Pferde" auf die Kulis geprägt? Wer? - Und wer hing den wie Tiere an Seile gespannten, schwerste Lastwagen ziehenden Kulis ein Blechschild auf den Rücken - ein Nummernschild, wie es Trecker, Lastautomobile und Motorcars- sonst nur tragen ?

Wer? - Die Herren der Schlachtschiffe im Schanghaier Hafen! Die Herren der imperialistischen Armeen in den Konzessionen! Die weißen und die gelben Herren der Banken und Industrie, der Handelshäuser und Pressefabriken. Des blutenden Femen Ostens! Hier ließen sie alle Moral fahren, hier wucherten Habgier und Korruption ins Grenzenlose!

Drei schöngeformte chinesische Schriftzeichen sind es: Jin-li-che. (Japanisch: Jin-rik-scha. Der Chinese kann kein R aussprechen und setzt L dafür.) Brutal ist ihre wörtliche Übersetzung: Menschen-Kraft-Wagen! Menschenkraftwagen, das ist: Rikscha!

Es ist ein eckelhaftes Gefühl, Rikscha zu fahren. Aber man muß es erdulden, wie so vieles in Schanghai. Denn Menschenkraft steht an erster Stelle in ganz China. Menschenkraft ist billiger als Motoren- und Maschinenkraft. Den Menschen kann man wegwerfen, wenn er verbraucht ist, und einen neuen nehmen - ohne Unkosten. Es gibt Millionen Menschen! Eine Maschine verursacht Anschaffungskosten, sie muß darum gepflegt und erhalten werden. Sie ist einzig kostbar - nicht der Mensch. Die Straßenbahn fährt nur in wenigen begrenzten Gebieten der fremden Konzessionen. Die Preise für ein Auto-Taxi sind unerschwinglich teuer. Man ist auf die Rikscha angewiesen. Ich fahre Rikscha.

Vor mir, zwischen den Wagenstangen, pendelt der ausgezehrte Körper des Kulis. In der einen Hand hält er ein Tuch, um den gröbsten Schweiß aus Gesicht und Augen wischen zu können. Hat er ein dünnes Hemd oder eine dünne Leinenjacke auf dem Oberkörper, ist das Zeug schon nach kurzer Zeit schweißdurchnäßt. Viele Kulis besitzen aber nicht mal ein Hemd oder einen Kittel, sie laufen mit nacktem Oberkörper. Der geringste Luftzug kann dem durchschwitzten Körper eine Erkältung einbringen. Die Widerstandskraft der Kulis ist durch die dauernde Unterernährung geschwächt:

Eine Erkältung ist oft gleichbedeutend mit Lungenentzündung und Tod. Im monotonen Gleichtrab läuft der Kuli. Seine nackten Fußsohlen klatschen auf dem heißen Asphalt. Der Schweiß durchnäßt die dünne Leinenhose, klebt sie an den Leib fest. Aber aufmerksam, äußerst geschickt und gewandt bugsiert der gelbe Mann sein Gefährt durch alle Verkehrsstrudel. Sicher und vorsichtig - nicht etwa, weil ein Passagier in der Rikscha sitzt und der Kuli befürchtet, es könnte dem Passagier was geschehen. Das billige Leben eines unbekannten Passagiers ist dem Kuli völlig gleichgültig. Er hat andere Sorgen.

Nicht gleichgültig ist ihm dagegen sein kostbarer zweirädriger Wagen mit den paar Kissen und den langen Lenkstangen: Weil es nämlich gar nicht seine Rikscha ist! Die Rikscha gehört nicht ihm und sie wird ihm nie gehören, weil sie für ihn ein Vermögen bedeutet, das er in seinem ganzen Leben nicht erarbeiten kann -, sondern sie gehört einem der riesigen Rikscha-Verleih-Unternehmen, von dem der Kuli sie nur Tag für Tag ausleiht.

Für die Miete hat der Kuli durchschnittlich jeden Tag einen Dollar aufzubringen (Chinesischer Silberdollar == 100 Cents, schwankend in der Währung, ungefähr des amerikanischen Dollars nun.) Der Rikscha-Kuli erreicht aber, wenn er Glück hat und Fahrten bekommt, selten mehr als einen Tagesverdienst von 1.20 bis 1.50 Schanghai-Dollar. Also bleiben dem Kuli täglich 50 Cents für sein Leben!

Darum gibt es in Schanghai keinen Rikscha-Kuli, der ein Bett oder gar eine Wohnstätte hat. Die Rikscha ist das Bett und die Wohnstätte vieler Kulis. In der Rikscha schläft er auf den Straßen, in den Arbeitspausen, oder wenn ein Passagier ihn irgendwo warten läßt. Und in der Rikscha, zwischen den Wagenstangen hängend, stirbt er meistens auch. Und Rikscha-Kulis sterben alle früh: der kräftigste Mann selbst hat nicht die Lunge eines Pferdes. Man rechnet durchschnittlich, daß ein Kuli seinen mörderischen Beruf fünf bis höchstens acht Jahre ausführen kann. Dann ist er erschöpft, dem Tode nahe.

Wehe, wenn dem Kuli durch einen unglücklichen Zufall die Rikscha in Trümmer geht. Dann ist er verloren, ein Verdammter - dem Unternehmer auf Abzahlung verpfändet, ausgeliefert, lebenslänglich verkauft und versklavt. Der Schanghaier Rikscha-Unternehmer kennt kein so rührendes Wort, wie Erbarmen. Der Kuli samt seiner ganzen Familie oder Verwandtschaft ist in einem solchen Augenblick dem Unternehmer verfallen und tributpflichtig. Das ist das Ende. Der Kuli mußte Bürgen bringen, die für ihn und die Rikscha garantieren. An diese Bürgen hält sich der Unternehmer.

Wo soll der Kuli nach einem solchen Unglücksfall neue Bürgen herbekommen? Niemand will mehr für ihn bürgen, solange er in der Schuld des Unternehmers ist. Und selbst, wenn er neue Bürgen bekommen würde, so könnte er mit seinen täglich verdienten zwanzig bis fünfzig Cents diese Schuld nie mehr im Leben loswerden. Die fünfzig Cents bedeuten aber zugleich das Minimum der Lebensexistenz des Kulis. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als die Flucht oder der Selbstmord - oder das langsame Verhungern, wenn er sich nicht einer der vielen Banditenbanden anschließt, die oft von diesen verzweifelten Existenzen ihr Menschenmaterial beziehen.

Aber selbst, wenn es gut geht, wenn dem Kuli und seiner Rikscha nichts geschehen sollte, bilden die wenigen täglichen Cents seiner Verdienstaussichten ein immerwährendes verzweifeltes Problem. Denn in Schanghai gibt es 25 000 Rikscha-Kulis, die jeden Tag einen verbissenen Kampf um ihre bloße Existenz austragen!

Auf der andern Seite bedeutet das: eine tägliche Einnahme von einem Dollar für jede Rikscha für den Wagenverleiher. Das sind täglich 25 000 Dollar, die den Herren der Rikscha-Unternehmen zufließen. Die Kulis müssen ihre täglichen Abgaben zahlen, ob sie was verdient haben oder nicht. Haben sie keine Fahrten bekommen können, müssen sie das Geld leihen. Liefern sie den Wagen nur eine halbe Minute zu spät nach der vereinbarten Zeit ab, werden sie zur Strafe in dunkle feuchte Räume eingesperrt, oder sie bekommen nie mehr eine Rikscha geliehen.

Von einem französischen Unternehmer in der French Concession in Schanghai hörte ich erzählen, daß er die Kulis zur Strafe zwang, Salzwasser zu trinken. Die Unternehmer aber verzeichnen 25000 Dollar Tageseinnahme, gepreßt aus dem tiefsten Elend, aus Schweiß, Blut und Tod der Menschen, die nie ein menschenwürdiges Dasein kannten und zu "Gelben Pferden" degradiert wurden.

Und wer ist der Erfinder der Rikscha?
Die Rikscha wurde von einem Franzosen, der ein gutes Geschäft witterte, aus Japan nach China eingeführt. Aber ihr eigentlicher Erfinder war nicht nur ein weißer Teufel allein - nein, noch dazu ein Europäer und Geistlicher: das ,,christliche" Hirn des englischen Reverend M. B. Bailey hat diesen teuflischen Plan ausgedacht. So kam die Rikscha auf die Welt und nach China - mit vielen anderen zweifelhaften Gaben "christlicher Nächstenliebe" zusammen. Mr. Bailey schuf als erster die den Chinesen vorher völlig unbekannte Rikscha in Tokio. Er gab vor, ein wahrhaft christlicher Mensch zu sein. Die aufrichtig sich für die menschliche Bruderliebe einsetzende Menschheit hat eine große Aufgabe allein darin, das unter dem Deckmantel ihrer Idee von gewissenlosen Heuchlern gestiftete Unglück in aller Welt wieder gutzumachen. Eine unendlich große und schwierige, eine gewaltige - aber wohl die brennendste und ehrenvollste Aufgabe: den Geschlagenen, den Unterdrückten und Verzweifelten zu helfen, ihre menschliche Würde zurückzuerobern!

Vor dreitausend Jahren sandte das geplagte chinesische Volk seine Klage gegen den hohen blauen Himmel: "O wie lange läßt du noch uns im Leid begraben?" Der hohe Himmel erhörte nicht das heiße Flehen. Das Leid wuchs ins Unermeßliche. Dreitausend Jahre lang. Aus der dumpfen Klage wurde ein blutiger Aufschrei, erwuchs ein blutiges, brüllendes China. Millionenfache Klage erhärtete zum glühenden Signal: Der verzweifelte Kampf um die Menschenrechte hat begonnen! Kuli - - wie lange noch, wie lange noch? ..."
Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 12. Dezember 2009 03:06
Der "Kleinkrieg" zwischen der SPK und "Trost" setzt sich auch in der "Trost"-Ausgabe vom 1. 12. 1939 fort. Da hatte also die in St. Gallen erscheinende Zeitung "Ostschweiz" in ihrer Ausgabe vom 17. 10. 1939 eine Meldung der SPK wieder gegeben. Über selbige war - wie man unschwer erraten kann -, "Trost" nicht sonderlich erfreut und meinte diese nun in besagter Ausgabe "kontern" zu müssen. Man liest in "Trost" zu diesem Thema:

Was ist die Aufgabe einer Pressekorrespondenz? Möchten wir fragen. Besteht sie darin, sich selber zu einer Polizeikommissariats-Filiale zu ernennen? Die unschweizerische ,,Schweizerische Presse-Korrespondenz" in St. Gallen jedenfalls kommt sich schon durchaus halbamtlich vor. Man nehme nur folgende Notiz aus der "Ostschweiz,", St. Gallen, vom 17. Oktober 1939 zur Kenntnis:

Freche Propaganda. - Sonntagvormittag erschien zur Zeit des Gottesdienstes im Oberstraßquartier ein Agent der Bibelforscher und bot das Buch "Kreuzzug gegen das Christentum" verfaßt von Franz Zürcher, Redaktor der Bibelforscherzeitung "Trost" in Bern an. Diese im Europa-Verlag in Zürich erschienene Broschüre enthält in ihrem ersten Teil unerhörte Angriffe auf Kirche und Geistlichkeit und kath. Institutionen, welchen die Verantwortung für die Unterdrückung der sog. "Zeugen Jehovas" (Bibelforscher) zugeschrieben wird.

Der zweite Teil befaßt sich in breitester Weise mit der Unterdrückung dieser Gesellschaft in Deutschland. Gegen diese Übertretung der Bestimmungen über das Hausier- und Kolportagewesen ist bereits beim Polizeikommissariat I der Stadt Anzeige erstattet worden. In dieser Sache dienliche Mitteilungen richte man möglichst bald an die Schweiz. Pressekorrespondenz St. Gallen I oder direkt an das Polizeikommissariat. (SPK)


Ob denn die SPK eine "angemessene" Tonlage angeschlagen hatte, mit dieser Meldung, mag man in der Tat kritisch hinterfragen. Indes gilt eine solche Feststellung dann wohl nicht nur in "einer Richtung".

Jedenfalls sucht denn "Trost" seinerseits nicht faul, dass ganze in billige Reklame für sich umzumünzen, etwa wenn es dann noch verkündet:

"Aber allen, die dieses Buch noch nicht kennen, sei es empfohlen. Ein Buch, das eine anrüchige Gesellschaft derart in Harnisch bringt, muß doch lesenswert sein!"

Auch diese "Trost"-Ausgabe liefert wieder Beispiele dafür, dass man selbst keineswegs so "harmlos" ist, wie man sich denn verkaufen möchte; etwa wenn man aus der Feder Rutherford's höchstpersönlich auch die nachfolgenden "Weisheiten" präsentiert bekommt:

"In vergangenen Monaten sind von Jehovas Zeugen Banner umhergetragen worden, auf denen zu lesen war "Religion ist ein Fallstrick und ein Racket" und "Dienet Gott und Christus, dem König". Man ist [in Amerika, England usw.] mit diesen Bannern durch die Straßen marschiert und hat diese Tatsache auf solche Weise bekanntgemacht. Viele Menschen werden ungehalten, wenn sie sehen, daß solche Banner oder Schilder zur Schau stehen....

Diese Banner wurden umhergetragen, um das Volk zu informieren und vor der großen Gefahr zu warnen, die sich aus der Ausübung von Religion ergibt; und sie wiesen darauf hin, daß die einzige Möglichkeit für das Volk, Sicherheit zu finden ...ist ... Gottes Königreich und dessen Herrscher Christus Jesus ist, steht den Interessen derer, die leben möchten, entgegen. Diese Information wird dem Volke gegeben, weil Gott dies geboten und gesagt hat, das Volk müsse von ihm aus gewarnt werden."


Und in einer Fussnote wird der Begriff "Racket" dann noch wie folgt definiert:
"Amerikanischer Ausdruck, der ungefähr die Bedeutung von Gimpelfang hat."

Und weiter "Trost":
"Es ist gut bekannt, daß Religion ein Racket ist, weil sie seit langem schon dazu benutzt wird, dem Volke Geld abzuknöpfen, ihr Geld hergeben, ohne etwas dafür zu bekommen. Das bedeutet sicherlich, Geld unter falschem Vorwand zu erlangen, und das ist eine der schlimmsten Arten von Gimpelfängerei."

Angesichts des heutigen eigenen Finanzgebarens (Extremfall: Immobilien von eigenen Leuten, Lohnmäßig kostenlos erstellen lassen. Fallweise später wieder verscherbeln, wie in Brooklyn), wirkt solches mit "dem Finger auf andere zeigen" mehr als deplatziert.
Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 13. Dezember 2009 04:04

Bis zur Ausgabe vom 15. Oktober 1939 (einschließlich), wurde im "Trost"-Impressum, auch eine WTG-Büro-Anschrift in Polen mit angegeben. Inzwischen hatte die Tagespolitik, mit Ausbruch des zweiten Weltkrieges, neue Sachlagen geschaffen. Einen Kommentar dazu indes gab es vorerst im "Trost" nicht, sieht man von jener Kurzmeldung in "Trost" vom 1. 12. 1939 einmal ab, die da besagte:

"Acht Tage Glockengeläute zum Fall Warschaus
Berlin, 2. Oktober. Die Glocken sämtlicher Kirchen werden eine Woche lang täglich, und zwar von 12 bis 13 Uhr läuten.
"Das Geläute ist", wie in einer amtlichen Mitteilung erklärt wird, "gleichzeitig ein Zeichen des Dankes an die Gefallenen und des Sieges, der durch den Einzug in Warschau seine endgültige Klärung erhalten hat"
Polen war ein katholischer Staat, und die Glocken, die den Sieg über diesen Staat einläuteten, befanden sich auf Kirchengebäuden - auch auf katholischen!"


Eine schon etwas ausführlichere kommentierte Meldung, gab es dann dazu im "Trost" vom 15. 12. 1939; dort war zu lesen:

Ordensverleihung für "Heldentaten in Polen"
Hier sind eine Schar Flieger beisammen, viele deutsche und ein paar slowakische. Es ist kurz nach der Ordensverleihung im schönen slowakischen Kurort Pistyan. Bei den beiden Offizieren im Vordergrund sieht man die neue Auszeichnung über den andern hängen. Wieder einmal ein Kreuzorden, diesmal sogar mit zwei Querbalken. Denn die Kriegsauszeichnung ist von den Führern eines katholischen Landes herausgegeben und verliehen.

Die vollständig katholisch beherrschte Slowakei verleiht Fliegern des Dritten Reiches gerade zur jetzigen Zeit einen Orden? Allerdings. (Und das mag dem katholischen Volk in demokratischen Ländern ein wenig zu denken geben!)

Der verliehene Orden ist keine Lebensrettungsmedaille. Es ist eine Kriegsauszeichnung.
Hat es denn jetzt in der Slowakei Krieg gegeben? Nein, aber in Polen. Das ist jetzt besiegt, zum guten Teil durch "Einsatz der Luftwaffe". Ein höchst wirkungsvoller Einsatz, wie die Leichen von viel tausend polnischen Kindern, Frauen und Greisen bezeugen.

Polen ist allerdings ein katholisches Land. Und für die erwähnten "Heldentaten" im katholischen Bruderstaat verleiht die Slowakei Orden? (Wieder etwas zum Nachdenken für ehrliche Katholiken.)

Sicherlich wird die arme slowakische Geistlichkeit von den deutschen Protektoren hart bedrängt, so daß sie sich gegen derartige Sachen nicht energisch zur Wehr setzen kann?
Weit gefehlt! Unser Bild zeigt ja auch einen gutgenährten, zufrieden lächelnden Mann, dem man den katholischen Priester schon am Gesicht ansieht. Er ist nicht nur Prälat, sondern war Ministerpräsident und ist seit kurzem sogar Präsident der Slowakei. Es ist Herr Tiso.

Die Ordensverleihung an die deutschen und slowakischen Flieger "für Tapferkeit in Polen" erfolgt durch katholischen Prälaten.
(Wieder etwas zum Nachdenken für ehrliche Katholiken.)

Diese sonderbar anmutenden Ehrungen sind übrigens gegenseitig. So meldete das "Deutsche Nachrichtenbüro" am 26. Oktober aus Berlin: "Hitler hat dem slowakischen Ministerpräsidenten Dr. Josef Tiso das Großkreuz des Ordens vom deutschen Adler verliehen." -

Dr. Tiso ist immer noch römisch-katholischer Prälat, also Beamter der "alleinseligmachenden Kirche" und angeblich ordinierter Diener Gottes. Er ist nicht exkommuniziert, nicht einmal gemaßregelt. Was heißt das anders, als: Der Vatikan ist einverstanden?

Wie wenig dieses Zusammengehen zwischen Nazis und Katholiken (o die armen verfolgten Katholiken!) unter Zwang geschieht, zeigt die Tatsache, daß auch unter den Auslandsslowaken für dieses Bündnis Propaganda gemacht wird, und zwar durch katholische Geistliche.

Die "Post Tribüne" von Gary (Ill., USA.) erörterte kürzlich einen solchen Fall. Der neu zu den dortigen Slowaken gekommene katholische Priester entpuppte sich nämlich als fertiger Hitler-Propagandeur, lobte das neudeutsche Regime bis in den Himmel und erklärte seiner Gemeinde, das slowakische Volk sei mit der jetzigen Regelung sehr zufrieden.

Die Zeitung überschrieb ihre Notiz: "Von wem wurde Kochis hierhergeschickt, um Reden zu halten?" Im Artikel selbst lautete ein Abschnitt:
"Wer ist dieser Ehrwürden Kochis, und was bezweckt er hierzulande? Ist er von der unter deutscher Kontrolle stehenden Regierung des Dr. Tiso herübergeschickt worden, um den in Amerika lebenden Slowaken die Schlafmütze über die Augen zu ziehen?" -

Die Schlafmütze über den Augen? Hier in Europa scheint es bei den meisten schon so weit zu sein.


Und dazu war dann noch ein der Presse entnommenes Bild mit beigefügt.

http://www.manfred-gebhard.de/30er20karikatur205.jpg

Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 13. Dezember 2009 04:12

Und nicht vergessen (als ergänzender Kontrast zu dem im vorigem Posting ausgeführten).

Re: Zeitgeschichte vor siebzig Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 14. Dezember 2009 00:12
Es ist offenkundig, dass die schockierende Meldung über die Annexion Polens durch Hitlerdeutschland, der ihr vorangegangene Diktatorenpakt zwischen Deutschland und der Sowjetunion, was dann ja der faktische Beginn des zweiten Weltkrieges war. Das dies alles und noch viel mehr, in der Tat denkenden Menschen die Sorgenfalten in die Stirn trieb.
Es würde in der Tat verwundern, hätten die Zeugen Jehovas selbiges nicht auch als "Wasser für ihre Endzeitmühle" ausgenutzt. Es ist festzustellen, dass man sich diesbezüglich in der Tat nicht zu wundern braucht.

Dennoch muss immer wieder auf's neue betont werden. Das subjektive Empfinden des kleinen Zeugen, in religiösen Ideologismen verstrickt, zu einer objektiven Einschätzung kaum noch in der Lage, und vielfach von Wunschdenken geprägt
(es sei was man will).
Und auf der anderen Seite der Ablauf der Weltgeschichte, welche den Kern des Wunschdenkens eben - nicht - bestätigte. Das ist eben die eigentliche Tragik, die es zusätzlichen "Rattenfängern"
(auch Hitler war solch einer. Aber eben nicht nur er). Die es auch dem Rattenfänger Rutherford ermöglichte, auf dem Leid von Millionen sein "Süppchen" zu kochen, ohne damit diesen Leidtragenden irgendeine echte Hilfe zu bieten.

Die bornierte Gesamthaltung des Wunschdenkens kommt denn auch in der "Trost"-Ausgabe vom 15. 12. 1939 wieder mal mit zum Vorschein, etwa wenn man da auch die markigen Sätze lesen kann:


Hinter "Wällen aus Beton und Eisen", Minenfeldern, Ballonsperren und ähnlichem suchen die Völker heute ein Gefühl der Uneinnehmbarkeit, der Sicherheit zu gewinnen. Die ganze Welt gleicht einer Festung. Die ganze Welt ist aber auch belagert. Allerdings macht sie sich falsche Begriffe über die Art dieser Belagerung. Wenn sie an drohendes Verderben denkt, so denkt sie an den Bolschewismus, oder an den Faschismus, oder an die "gelbe Gefahr", oder einfach an das Heer des feindlichen Nachbarlandes, nur nicht an Gott.

Wenn es sich um die Frage des Gerichts, der göttlichen Abrechnung über Gut oder Böse dreht, halten es die Menschen gewöhnlich mit dem römischen Prokurator Felix und sagen: "Davon reden wir ein andermal." ...

Der Zusammenbruch der bestehenden Weltordnung ist unabwendbar. Ihre Vernichtung ist vom Allmächtigen beschlossen ...

Bekanntlich sagen oder denken viele bei solchen Betrachtungen:
"Schon wieder einmal Weltuntergangs-Katzenjammer! Wie oft war das nicht schon in der Vergangenheit der Fall, und die Erde dreht sich trotzdem weiter so hurtig und sicher wie je, und unter den Menschen wiederholt sich und verklingt und wiederholt sich das alte Lied von Lust und Leid. Es geht alles im gleichen Wechsel weiter, wie in den Zeiten unserer Väter.

Und ihr 'Bibelforscher', hört doch endlich auf mit dem blinden Alarm! 1914 sollte bei euch die Welt schon untergehen, dann 1925, und sie steht immer noch. Ihr redet und redet nur immer, aber es kommt nichts." - ...

Solche Argumente haben schon in früheren Zeiten die Katastrophe nicht abgewendet, sondern schließlich nur noch verheerender gestaltet."


Ob denn zwischen den verschiedenen Diktatursystemen "große" Unterschiede bestehen, mag man in der Tat mehr als bezweifeln. Die "Firmenschilder" erweisen sich zwar als unterschiedlich. Die Substanz indes, erweist sich als verdächtig ähnlich.

Ich darf dann wohl eine persönliche Reminiszenz mit einflechten. Ich hatte das zweifelhafte "Vorrecht", das fein ausgeklügelte Zensursystem der DDR, was wissenschaftliche Literatur anbelangt, auch im Detail "auszukosten".

Man wird es wohl doch nachvollziehen können, dass unsereiner sich für ein Buch, wie etwa das "Zürcher"(Harbeck)-Buch "Kreuzzug gegen das Christentum" durchaus näher interessiert..
Der Haken an der ganzen Sache war nur der. Die Deutsche Staatsbibliothek in Berlin, die selbiges zwar in ihrem Bestand hatte, gewährte dafür keineswegs "freie" Einsichtnahme. Dieses Buch war denn nebst etlichen anderen Sachen, fein säuberlich der dortigen sogenannten "Abteilung für spezielle Forschungsliteratur" zugeordnet.
Dem gewöhnlich Sterblichen war es nahezu unmöglich, dort Zugang zu bekommen. Dazu waren schon allerhand "hochrangige" Genehmigungen (bzw. "Befürwortungen") vonnöten. In einem mehr als nervenaufreibenden Kampf, hatte ich mir dann einiges "abgetrotzt". Und ich kenne sehr wohl jenen Lesesaal der Stabi für die ASF-Abteilung, wo man dann, sofern man diese "heiligen Hallen" überhaupt betreten durfte, einträchtig in den Regalen den "Völkischen Beobachter" oder den "Stürmer" und ähnliches vorfand.

Nicht etwa, dass man darin etwa nach Lust und Laune mal rumblättern durfte. Das wäre einem sehr angekreidet worden (dazu war wiederum wie gehabt, eine Genehmigung erforderlich). Und wenn man denn jene Abteilung weiter nutzen wollte, da war es selbstverordnete Einsicht, nicht über "die Stränge zu schlagen."

Da lernte man denn auch vom sehen so einige andere Benutzer dieses Lesesaales kennen. "Überfüllt" war dieser kleine Lesesaal nie.

Obwohl auch diejenigen, die etwa in der DDR das "Privileg" hatten, mal im "Spiegel" oder ähnliches zu lesen, genau auch in diesen Lesesaal beordert wurden. Auch für sie galt. Sie konnten dann zwar ihren bestellten "Spiegel" lesen (dort). Aber eben nicht in einer Anwandlung von Lust mal im "Völkischen Beobachter" blättern, obwohl selbiger buchstäblich zum Greifen nahe war.
Und zum "Spiegel" wäre noch anzumerken. Zeitweilig wurde der dem Osten zu unbotmäßig. Folge. Auch die Stabi bestellte ihn ab. Wer also nach jenen fehlenden Jahrgängen gezielt fragte (was ich auch mal getan) war gezwungen nach Leipzig zur Deutschen Bücherei zu reisen. In ganz Ost-Berlin gab es jene fehlenden Jahrgänge indes nicht.
Das also als eingeflochtene persönliche Reminiszenz.

Und damit komme ich dann zu dem Ausgangssatz, dass zwischen den unterschiedlichen Diktatursystemen wohl keine wirklichen relevanten Unterschiede bestehen. Egal ob sie nun unter dem Firmenschild "Zeugen Jehovas", oder auch unter dem Firmenschild zeitgenössische katholische Kirche dahersegeln.

Das beide Genannte nicht sonderlich "gut" aufeinander zu sprechen sind, wurde hier schon verschiedentlich dokumentiert.

Und wieder einmal fand "Trost" in seiner Ausgabe vom 15. 12. 1939, einen Anlass, seinem Haßgegner eins "auszuwischen". Das mich das darin ausgesagte auch persönlich berührt, hatte ich versucht mit der eingeflochtenen Reminiszenz zu verdeutlichen.

Nun noch in Auszügen einiges aus dem offerierten "Trost"-Text:


"Strengstens verboten"
Exkommunikation"
Wenn Sie einmal von einer Schrift über biblische Wahrheiten besonders begeistert sind, vielleicht von Richter Rutherfords neuester Broschüre ,,Herrschaft und Friede", und Sie treffen zufällig einen katholischen Priester und sagen sich: "Das müßte der Mann auch lesen", finden aber, daß er es nicht lesen will, so sollten Sie nicht allzu verwundert sein. Vielleicht will er, aber darf nicht?

Zwar mögen Sie denken, dieser Mann, als "Seelenhirte" und ,,geistiger Führer" vieler Leute, dürfe sich doch selbstverständlich mit jeder geistigen, und noch dazu biblischen Frage auseinandersetzen und ohne weiteres alles lesen. Das hatten wir auch gedacht, aber es muß ein Irrtum sein.

Denn im "Christophorus" von Arlesheim, Nummer vom 15. Oktober 1939, steht:

"Die Bande der sogenannten Bibelforscher ist von Zeit zu Zeit immer wieder am Werk, unsaubere Schriften und Bücher zu verteilen und sogar noch Schallplattenvorführungen zu geben. Es ist strengstens verboten, solche Schriften im Hause aufzubewahren und überhaupt zu lesen.

Sogar der Priester muß von seinem. Bischof extra Erlaubnis haben, aus wissenschaftlichen Gründen solche Sachen lesen zu dürfen.

Wie will dann irgendein Christ, der die unsauberen Gedanken ahnungslos liest, ohne Schaden bleiben? Wie im Militär, so muß auch in der Hl. Kirche Gottes Disziplin gehalten werden. Also: die Türe weisen. Strafe der Exkommunikation. Es ist überhaupt interessant, daß in Bern diese Volksverderber eine offizielle Adresse führen dürfen." -


Und dazu kommentiert "Trost" dann:
Also sogar der ,,Seelsorger" darf das, was die Wahrheit aus Gottes Wort enthält, nicht ohne Erlaubnis des Bischofs anrühren. Unmündige "Seelenhirten"!
Wenn ein Diktator römisch-katholischer Religion ein Verbrechen nach dem ändern begeht, wird er trotzdem nicht exkommuniziert. Dagegen droht einem ehrlichen Wahrheitssucher die Exkommunikation schon, wenn er nur ein kleines Heft durchliest. ..."

1939

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