Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Der aufhaltsame Aufstieg des Mister Covington

Über eine "wundersame" Kariere liest man im "Wachtturm" vom 1. 1. 1956:

"Am Nachmittag des 13. Januar 1942 kamen alle Mitglieder der zwei Ausschüsse im Gesellschaftsraum des Bethelheimes in Brooklyn zusammen.

Nathan H. Knorr, der anlässlich der letzten allgemeinen Wahl in Pittsburg zum Vizepräsidenten gewählt worden war, hatte einige Tage vorher die Glieder der Ausschüsse gebeten, Gott unter Gebet und Überlegung ernstlich um Weisheit anzuflehen, damit sie richtig geleitet werden möchten, und dies hatten sie getan. Die gemeinsame Versammlung wurde mit Gebet eröffnet, wobei man besonders bat, Jehova möge Weisheit geben in der Wohl von Dienern nach seinem Willen, die ihn in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise in den Organisationen vertreten sollten Nach gebührender sorgfältiger Erwägung wurden folgende Brüder zu ihren bezüglichen Stellungen ernannt und einstimmig gewählt: Nathan H. Knorr als Präsident und Hayden C. Covington als Vizepräsident der zwei Körperschaften. Später am selben Tag wurden anlässlich einer Zusammenkunft der Bethelfamilie in Brooklyn die Ergebnisse der Wahl vom Sekretär des Direktionsausschusses bekanntgegeben, und dieses löste Begeisterung aus."

Schon eine "Wachtturm"-Ausgabe später (15. 1. 1956) erfährt man von einem "Kariereknick" eines der Genannten:

"Am 24. September 1945 gab H. C. Covington den ferneren Dienst als Direktionsmitglied und Vizepräsident der Watch Tower Bible and Tract Society von Pennsylvania bereitwillig auf. ... An seiner Stelle wurde F. W. Franz zum Vizepräsidenten gewählt."

Noch blieb Covington, weiter Leiter der WTG-Rechtsabteilung. Wenn seine 1945 Abdankung damit verklärt wurde, er sei kein Glied der "Gesalbten" (eine Überlegung die bei seiner Wahl offenbar keine Rolle spielte), dann darf man das getrost dem Bereich von Schutzbehauptungen zuordnen. Der tiefere Grund liegt eher darin, dass die "Chemie" zwischen Knorr und Covington nie so recht stimmte. Als dann noch sachliche Differenzen hinzukamen, war es soweit. Covington zog sich "still und leise" aus den WTG-Diensten zurück. "Still und leise" war sicherlich die WTG-Intention - unstreitig. Praktisch indes klappte es mit dem "still und leise" nicht so recht. Kritikern der WTG fiel da einiges auf. Und sie sprachen es dann auch aus:

Die CV 2 etwa notierte:
"H. C. Covington wird in der Sonderdienerliste 1963 des Jahrbuches 1963 letztmalig genannt, in der des Jahrbuches 1964 nicht mehr."

William Schnell will laut Bericht der CV 20 gewusst haben:

"Unsere Pipeline (Rohrleitung) in das innere Heiligtum der WTG informierte uns über zunehmende Differenzen zwischen Knorr und Covington. 1963 hatten sie in der Tat offenen Streit, des öfteren so laut, daß es vier Flure tiefer gehört wurde. In der Tat, dieser andauernde Streit wurde das Gewürz jeder Mahlzeit im Bethel. Knorr war für den Status quo, den gegenwärtigen Zustand auszunutzen, so sagen unsere Informatoren. Schließlich wurde Covington gezwungen, aufzugeben. Er zog sich auf eine private Rechtspraxis zurück."

Penton charakterisiert Covington mit den Worten:

"Aber er war ein recht stolzer, manchmal arroganter Mann, der libertäre Argumente, die er typischerweise vor Gericht verwendete, mit den höchst autoritären Ansichten, die man sich denken kann, kombinierte, wenn er über die geistige und organisationelle Macht des Direktoriums der Watch Tower Society sprach. Obwohl er eng mit Knorr zusammenarbeitete, gerieten die beiden häufig über verschiedene Themen in Auseinandersetzung und entwickelten eine tiefe Abneigung füreinander. Schließlich waren Überarbeitung und die Spannung Covingtons Ruin, und er war in frühen 1960er Jahren gezwungen, New York als schwerer Alkoholiker zu verlassen. Erst als ihm die Gemeinschaft entzogen und er wieder aufgenommen worden war, sollte er 1979 als guter Zeuge sterben."

Auch Raymond Franz äußerte bezüglich Covington:
"Covington hatte schwer mit dem Alkohol zu kämpfen und mußte noch während seiner Zeit in der Weltzentrale eine Entziehungskur machen. Nach seinem Gemeinschaftsentzug in den 1970er Jahren mußte er sich im Speers Hospital m Dayton (Kentucky) einer weiteren Behandlung unterziehen und meisterte sein Problem dann schließlich. Er wurde wieder aufgenommen und blieb bis zu seinem Tode mit der Versammlung verbunden."

Auf der seinerzeitigen Webseite "Watchtower Observer" gab es ein umfängliches Interview mit Covington, zwei Tage vor seinem Tode aufgenommen, dass auch in deutscher Übersetzung vorliegt. Zu letzterem kann man vergleichen:

Covington

Ihm kann man auch entnehmen, wie der aufhaltsame Aufstieg des 1911 geborenen Covington vonstatten ging. Danach erwarb er sich schon mal seine ersten "Lorbeeren" dergestalt, dass er Zeugen Jehovas verteidigte, welche in den USA, aufgrund der Rutherfor'schen Konfrontationspolitik, mit dem Gesetz in Konflikt kamen. In genanntem Interview liest sich das so:

"Und dann gerieten die Brüder in einen Streit mit der Polizei von San Antonio, und hier kommen wir auf die Sache mit Bruder Heath zu sprechen. Wir hatten Informationsmärsche, und die Polizisten versuchten, uns zu stoppen. Und es wurde notwendig, daß ich ein Gespräch mit dem Bürgermeister der Stadt San Antonio darüber hatte, ob Jehovas Zeugen das Recht haben, Informationsmärsche zu veranstalten und ein Plakat mit sich zu führen, daß die Religion eine Falle und ein Schwindel ist."

Der genannte "Bruder Heath" wird als Sekretär Rutherford's bezeichnet. Durch den eben zitierten San Antonio-Fall lernten die beiden sich schon mal kennen. Covington wurde von ihm eingeladen, an der berühmt-berüchtigten 1939er Madison Square Garden Veranstaltung teilzunehmen. Die aber ging in die Annalen auch dergestalt ein, keinesfalls "friedlich" abgelaufen zu sein. Und nun konnte sich Covington ein zweites mal "bewähren".

In dem Interview liest man dazu:

Als der Mob begann, verließ Bruder Heath die Rednertribüne, weil er für alle Ordner verantwortlich war, und ging in diese Richtung. Und ich ging mit ihm in diese Richtung. Er ging die sich windenden Treppen zum alten Madison Square Garden ... Ich folgte ihm, und wir gingen zusammen. Sie waren wie verrückt am Schreien, das war der gleiche Krach, den man auf der Aufnahme von Government and Peace hören kann. Sie schrieen uns in die Ohren, als wir dort hinaufgingen, um für Recht und Ordnung in dieser religiösen Versammlung zu sorgen. Die Polizisten waren draußen und hielten sich aus der Sache heraus; sie ließen zu, daß diese Leute weitermachten und die Zusammenkunft sprengten oder es zumindest versuchten. Wir gingen hinauf, und wir hatten Stöcke, um die Ordnung aufrechtzuerhalten, und wir versuchten, die Banditen aus dem Weg zu schieben. Und als wir das taten, ergriff einer der Banditen Bruder Heath und verletzte ihn sehr schlimm, körperlich. Und das steht auch in den Publikationen der Gesellschaft. Sie griffen ihn an den Genitalien, als er die Treppe hinaufging, und er schlug dem Banditen mit einem Stock auf den Kopf, um die Menge zu zersprengen, die sich um uns versammelte. Und als er das tat, da kamen die Polizisten auf und stellten Bruder Heath unter Arrest, weil er den Banditen mit dem Stock geschlagen hatte."

Letztere Vorfall hatte dann noch ein gerichtliches Nachspiel, zudem Covington als Zeuge beordert wurde. Seinen Part dabei beschreibt er mit den Worten:

"Doch die Richter urteilten auf der Grundlage meiner Zeugenaussage, die ich zur Unterstützung der Verteidigung von Bruder Heath machte, daß er nicht schuldig war. Sie glaubten, sie dachten, die Zeugenaussage eines Mitgliedes der Anwaltskammer sei glaubwürdiger als die Banditen, die gegen ihn ausgesagt hatten. . . . So wurde Bruder Heath als Ergebnis der Vorkehrung Jehovas freigesprochen -- der Vorkehrung, daß ich da war, um für ihn auszusagen."

Damit war nun endgültig auch Rutherford höchstpersönlich auf Covington aufmerksam geworden. Das "Vitamin B" (B = Bekanntschaft) tat nun seine Wirkung. Nach Covington lief das wie folgt ab:

"Bruder Rutherford bat mich, aber das war nach dem Fall, wo es um den Aufruhr im Madison Square Garden ging, und es war, weil der andere Anwalt, der Moyle hieß, das Handtuch warf und Bruder Rutherford mit der Sache alleine ließ. Ich bekam die Einladung, zu kommen, mit besonderer Zustellung von Rutherford, und ich ging sofort."

In der Tat hatte der vorherige WTG-Rechtberater Moyle "das Handtuch geworfen".

Zu Moyle kann man auch vergleichen: 19392Moyle

Moyle war nicht länger bereit die Rutherford'sche Konfrontationspolitik mitzutragen. In das so entstandene Vakuum konnte sich nun der junge Covington (28 Lenze alt zu der Zeit) etablieren.

Ein Schlaglicht wirft in diesem Interview auch die Angabe von Covington bezüglich seiner Reisetätigkeit:
"Wir fuhren 1. Klasse; Bruder Rutherford sagte einmal zu mir: "Ich möchte, daß ihr immer, wenn ihr verreist, die 1. Klasse nehmt." Und das tat ich, Bruder Heath tat es, Nathan Knorr tat es und Freddy Franz auch, unsere ganze Gruppe tat es.

Sw. Murray: Naja, ihr brauchtet eure Ruhe, und es war komfortabler. Covington: Es ging nicht um Komfort, aber wir hatten das Recht dazu: ein Arbeiter ist seines Lohnes wert."

Diese Tendenz setzte sich auch zu Knorrs Zeiten ungebrochen fort. Ein auch in Deutschland bekannt gewordenes Beispiel dafür, die Loggie von Knorr anläßlich des Nürnberger Kongresses 1955, in einem First Class Hotel.

Dazu kann man auch vergleichen: Frondienst

So kann man natürlich als vorgeblicher Taschengeldempfänger, das eigene Dasein auch erträglich gestalten.

Die nächste Bewährungsprobe des Covington bestand anlässlich des Todes von J. F. Rutherford am 8. 1. 1942. Rutherford selbst hatte die Option geäußert in seinem Domizil "Beth Sarim" in Kalifornien begraben zu werden. Ungeahnte Zeugenströme sollten zu diesem Mausoleum dereinst mal hinpilgern. Covington war es nun beschieden, dass in die Praxis umzusetzen. Allerdings mußte er erfahren, auf Widerstand zu stoßen. Widerstand von Granitharter Konsistenz. In seinem Interview liest man dazu:

"Wir versuchten, ihn draußen auf dem Grundstück von Beth Sarim zu beerdigen. Das war ein großes Grundstück hinter dem Haus, es ging hinunter bis zur Montezuma Road, und dann hatte auch Bruder Heath das große Haus auf der anderen Straßenseite, für dessen Erbauung ihm seine Mutter Geld gegeben hatte. Es würde eine halbe Million oder noch mehr Dollar kosten, das heute noch einmal wieder genauso aufzubauen.

Wir versuchten, ihn auf dem Grundstück zu beerdigen, aber der Rat in San Diego wies uns ab. Sie wollten nicht, daß er irgendwo dort draußen begraben würde; da draußen gab es so viel Feindseligkeit und Haß gegen den Richter. Die Behörden wiesen uns bei jedem erneuten Antrag ab. Dann erhob ich vor Gericht in San Diego Klage, um sie zu zwingen, uns ihn auf dem Grundstück begraben zu lassen. Richter Mundo, Richter am Superior Court, hörte davon und schob uns den Schwarzen Peter zu, er sprang von einer Sache zur anderen, von einer Spitzfindigkeit zu einer anderen. Schließlich sahen wir, Bill, Bonnie und Nathan und alle anderen, die Sache vernünftig an und beschlossen, wir hätten genug darum gekämpft und es sehe so aus, als wolle der Herr, daß wir die Leiche zurück nach Brooklyn brachten und ihn auf Staten Island beerdigten, was wir dann auch taten."

Mehr als ein Viertel Jahr soll es gedauert haben, bis die Rutherford-Leiche dann tatsächlich unter die Erde kam, nachdem die vorherigen Mausoleumspläne sich als gescheitert erwiesen..

Günter Pape schreibt dazu in seinem "Ich klage an" (S. 156) unter Bezugnahme auf eine Studie von Edmond C. Gruss:

"Angesichts des bevorstehenden Ausbruchs des Zweiten Weltkriegs wurde 1939 in San Diego, ca. 2 km von Beth-Sarim entfernt ein zweites Anwesen bebaut, das über großzühe Wohnanlagen und Nebengebäude sowie über einen bombensicheren Bunker verfügte, die ersatzweise als Begräbnisstätte für Rutherford vorgesehen war. Es erhielt den Namen "Beth-Shan", "Haus der Sicherheit" und war für das Überleben eines Katastrophenfalles ausgestattet.

Da Rutherfords Ableben abzusehen war, gründeten Knorr, Franz und Rutherfords Sekretär Heath eine Friedhofs-Gesellschaft und versuchten im Talhang hinter der Villa "Beth-Sarim" eine Begräbnisstätte genehmigt zu bekommen. Sie begannen mit dem Bau einer Krypta, in der Rutherford bestattet werden sollte und zu der dann seine Anhänger pilgern sollten. Allerdings erhielten sie keine Genehmigung für den Friedhof und die Krypta, so daß Rutherford erst fast vier Monate nach seinem Tod nach New York überführt und dort beerdigt wurde."

Letzteres Bild, die Vorderansicht von "Beth-Shan"

Weiteres zu Covington in:

Covington

1956er Rückblick zur Zeugen Jehovas-Geschichte

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