Kommentarserie „Trost" 1938 zusammengefasst

Einige Stichworte in diesem Jahrgang (in Auswahl):

Hope Slipachuk , Radio, Toedtli, Boris, Jonak v. Freyenwald, Hans, Correvon, John, Gesellschaft für Kirche und Papst, Flaggengruß, Spanische Bürgerkrieg, Aspirin, Niemöller, Martin, Luzern, Kanton, Zug, Kanton, Moyle, Olin R., Polen, Antisemitismus, religiöser, Österreich, Reichsjägermeister, Australien, "Kreuzzug gegen das Christentum" (Buch), SPK, Cheektowaga, Metzler, Heinrich, Päpste, Aluminium, Westdeutscher Beobachter (Zeitung), Selleriesaft, Liechtenstein, Connecticut, USA, Nonne Mary Ethel , Deutscher Weg (Zeitung) Polen, Mundelein, Kardinal


Geschrieben von Drahbeck am 30. Januar 2008 07:47:31:

Als Antwort auf: Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren ("Goldenes Zeitalter" 15. 12. 1937) geschrieben von Drahbeck am 30. Dezember 2007 07:23:26:

Nun also war endgültig „Schluss mit lustig", dem ohnehin dem Bereich der Illusion zuortbarem „Goldenen Zeitalter". Sofern denn einzelne in den Klassengesellschaften selbiges wohl erleben, so doch die Klientel der WTG-Zeitschrift „Das Goldenen Zeitalters" zeitgenössisch eher den Unterschichten zuortbar, wohl am allerwenigsten. Und was die in Betracht kommenden Oberschichten anbelangt, so interessieren die sich doch, wenn denn überhaupt, für dieses Blatt am allerletzten.

Es beinhaltete somit durchaus eine gewisse Folgerichtigkeit, dass mit der Ausgabe vom 1. 1. 1938 der vorherige Titel aufgegeben und nunmehr in „Trost" umbenannt wurde.
Grund dass man „Trost" gebrauchen konnte gab es sicherlich vielerlei. Auch diese erste „Trost-Ausgabe kündete davon, indem in ihr auf den dubiosen Fall Hope Slipachuk mit eingegangen wurde, mit berichtet werden musste.

Auf den Fall wurde schon früher eingegangen, und es wäre in der Tat ratsam sich die Details dort nochmals anzusehen.
Siehe
Hope Slipachuk

Man kann nicht umhin den Kopf zu schütteln, vernimmt man, aus Kanada wurde im Jahre 1936 noch ein Schreiben an das Magdeburger WTG-Büro abgesandt, welches in merkwürdiger Form Stalin verherrlicht, als den „Erfüller" der Bibelforscher-Erwartungen. Also einem echten Zeugen Jehovas würde man solch ein Schreiben wohl kaum zutrauen, dieweil völlig seiner Ideenwelt entgegengesetzt. Gleichwohl artete der Fall im Jahre 1937 zur Propgandakomödie aus, und in dieser Ausgabe des „Trost" müht man sich nun umfänglich darum, den Beweis zu erbringen, die Briefschreiberin sei gar keine Zeugin Jehovas.

Eine Schweizer Nazi-Gazette namens „Volksbund" hatte in ihrer Ausgabe vom 15. 6. 1937 das Hope Slipachuk-Thema erneut aufgegriffen. Und damit war dann wohl die Reizschwelle der Schweizer WTG endgültig überschritten, und man ging zum Gegenangriff über.

Diese Schweizer Nazi-Gazette spricht sich ihr eigenes Urteil schon alleine durch den markigen, in der inkriminierten Ausgabe auch lesbaren Satz:
„Wir (d. h. der „Volksbund") sagen dazu: Demokratie ist die Herrschaft des Minderwertigen; wer das nicht begreifen kann, ist selbst minderwertig!"

Insofern ist dieser „Volksbund" schon mal „unten durch".
In ihrer Replik äußert das „Trost" dann dazu unter anderem:

„Eine von der Zentralleitung der Zeugen Jehovas in Bern angestrebte Untersuchung der Briefangelegenheit aus Winnipeg Manitoba, R. R. Nr. l ergab, daß der fragliche Brief tatsächlich geschrieben worden ist, aber nicht von einem Zeugen Jehovas (Bibelforscher), sondern von der Kommunistin Hope-Slipachuk, wohnhaft in Winnipeg, Manitoba, R. R. Nr. L.

Diese Person hat gemäß eigener, unter Zeugen gemachten Aussagen, den fraglichen Brief angeblich an verschiedene Büros der Watch Tower Bible and Tract Society gesandt, so scheinbar auch an das seit 1933 geschlossene Büro in Magdeburg, Deutschland."

Gemäß den weiteren Ausführungen heißt die Briefschreiberin Nelli Slipachuk (alias Hope). Die WTG lies dann den an gleicher Anschrift wohnenden Bruder und Vater dieser „Nelli" dieser im Personenstand als ledig bezeichneten „Nelli" beglaubigte Erklärungen abgeben, keine Zeugen Jehovas zu sein. Letzteres mag zutreffen. Indes der Punkt ist ja der. Nicht der Bruder oder Vater, sondern eben die „Nelli" schrieb diesen ominösen Brief.

Nun muss man unfraglich erwachsene Kinder als eigenverantwortlich bezeichnen und kann nicht ihre näheren Angehörigen haftbar machen.

Da diese „Nelli" in ihrer Vernehmung sich selbst dann als „Kommunistin" tituliert, kann man weiter unterstellen. Auch sie ist keine Zeugin Jehovas. Die Frage bleibt aber doch noch offen. Welche Motivation kann eine in Kanada sich selbst als „Kommunistin" titulierende Frau haben, ein ominöses Schreiben, an mehrere WTG-Zweigbüros; offenbar auch an das vormalige in Magdeburg, abzusenden?

Diese Frage lässt letztendlich auch das „Trost" unbeantwortet. Irgendwie muss doch diese „Nelli" mal was von der Zeugen Jehovas-Religion mitbekommen und offenbar in der „falschen Kehle" untergebracht haben. Trotz allem Aufwand, den „Trost" betrieb, dieses ominöses Schreiben zu widerlegen, blieb letztendlich die Motivation dieser „Nelli" von WTG-Seite ungeklärt.

Eine Erklärung wäre in meiner Sicht letztendlich die. Die WTG betrieb einigen Aufwand, auch Familienangehörige dieser „Nelli" vernehmen und ihre Aussagen protokolliert wieder zu geben. Der Bruder und Vater wurden schon erwähnt. Auffallend aber, sehr auffallend sogar. Nicht die Mutter dieser „Nelli" wurde vernommen. Wenn doch, ist seitens des „Trost" darüber nicht der Bruchteil einer Silbe dokumentiert. Es gibt auch keinerlei Entschuldigung etwa der Art. Die Mutter sei inzwischen verstorben oder ähnliches. Die Mutter dieser „Nelli" wird völlig als „Luft" behandelt, als habe sie keinerlei Bedeutung in dem Falle. Und wahrscheinlich dürfte genau das Gegenteil der Fall sein!

Es ist ersichtlich, dass es der Mutter nicht gelang, ihre Tochter „Nelli" in geordnete Bahnen für den Zeugen Jehovas-Glauben zu gewinnen. Versucht wird sie es sicherlich haben. Das darf man doch wohl unterstellen. Und damit gewinnt ein anderes Dokument an Gewicht. Und zwar ein Leserbrief, welcher auch der deutsche „Wachtturm" im Jahre 1916 veröffentlichte. Nachstehend sei selbiger einmal zitiert:

„Geliebter Bruder in dem Herrn! (gemeint ist C. T. Russell) -
Gnade Dir und Friede von Gott unserm Vater, und dem Herrn Jesu Christo. Ich danke meinen Gott bei all meiner Erinnerung an dich allezeit in jedem meiner Gebete, indem ich für dich das Gebet mit Freuden tue, wegen Deiner Teilnahme an dem Evangelium vom ersten Tage an bis jetzt (Philipper 1,2 -5).
Das Gelübde hat mir viel Segen gebracht, dergleichen der Morgenentschluss, dann fing ich an, auf tägliche Winke vom Herrn aufzupassen. Vorigen Herbst kam für mich ein ganz besonderer. Es wurde im Wachturm empfohlen, jeden Tag so zu leben, als ob es der letzte im Fleische sein könnte. Das erschien mir außerordentlich herrlich und hilfreich, jeden Morgen für mich zu denken. Du würdest heute Abend doch nicht zu einem liebreichen, gnädigen Vater und einen liebevollen Bräutigam nach Hause gehen wollen, wenn du nicht den ganzen Tag über freundlich gütig und liebevoll gewesen wärst. Der Gedanke hat manchen voreiligen Wort und Tun Halt geboten und mein Leben besänftigt.
Als der Vorschlag zur Übung in der Liebe gemacht wurde, freute ich mich, wenn ich wusste, dass auch darin wieder ein Segen für mich liegen würde, was auch der Fall gewesen ist, ein tiefer reicher Segen ist mir zuteil geworden. Das ist mir nicht nur von Tag zu Tag möglich gewesen, in meinen Gedanken freundlicher zu sein, sanfter in meinen Worten und liebreicher in meinem Tun, sondern meine Augen sind mehr und mehr aufgegangen für die grenzenlose Liebe unseres himmlischen Vaters und Seines geliebten Sohnes. An jedem Tage finde ich Ihre Liebe; ich brauche nur Schritt für Schritt zu folgen sowie sie mir jeden Tag einrichten und mit Singen und Liebe füllen.

Ich habe mehr Prüfungen als zuvor, aber sie sind nur verschleierte Segnungen. Ich lerne wertschätzen was der Apostel Paulus „vorübergehende leichte Drangsal" nannte. Das „ewige Gewicht von Herrlichkeit" wird jeden Tag herrlicher, indem ich von der Höhe und Tiefe, Länge und Breite der wunderbaren Liebe Gottes lernte. Es wird mich freuen, nach Hause zu gehen, wie immer mein Vater es für gut findet, aber ich bin nicht mehr ängstlich besorgt, wie das früher der Fall war, denn jeder Tag ist seiner Liebe und Segnungen voll.

Als ein in der Zerstreuung wohnendes Kind Gottes hatte ich das besondere Verlangen, Dir mitzuteilen, welch ein großer Segen mir dennoch nicht vorenthalten blieb, wenn ich im Glauben nur danach ausstreckte und Anspruch darauf erhob. Vor einiger Zeit war es einer lieben Schwester einer Versammlung nicht möglich an der Mittwochabend Gebet- und Erfahrungsstunde teilzunehmen, und so hatte sie allein zu Hause, einer Erfahrungsstunde. Als sie später von ihrer Erfahrung Mitteilung machte, wunderte ich mich ob dieser Segen nicht für alle einsam wohnenden Geschwister bereit liegen würde. Ich dachte an deinen Rat in Band VI betreffes des Gedächtnismahles, dass eine einzelne lebende Person genügend starken Glauben haben sollte, um sich der Verheißung Matthäus 18,20 zu verwirklichen in dem sie zusammen mit dem Herrn die zwei bilden. Er schien mir das das gleiche Prinzip auch hier anwendbar sei und so fing ich die Mittwochabend-Versammlung an und mit wie viel Segen vom Herrn! Sie sind ebenso gut wie die Morgenandacht mit dem „Täglichen Manna" wobei wir eins sind mit dem „Leibe" Jesu Christi in der ganzen Welt!
Ich bin sehr vorsichtig den Mittwochabend zu wählen, weil das Herrn Segen an diesen Tagen in besonderer Weise mit mir ist. Andere vereinzelt lebende Schwestern bezeugen eine gleich segensreiche Erfahrung. Wir hatten bisher so viele feste Speise bekommen und nicht genügend Flüssigkeit.
Der Segen der Gemeinschaft mit dir durch die Seiten des Wachtturms ist beständig mein Teil. Er bringt mir stets „Speise zur rechten Zeit" für welche mein Appetit immer größer wird. Lieber Bruder „der Herr segne dich und behüte dich; der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei Dir gnädig; der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und schenke Dir Frieden!"
Deiner Schwester in dem Gesalbten
Hope Tate-Kanada."

Wieviel Bibelforscher gab es im Jahre 1916 in Kanada. Offenbar noch sehr wenige. Die Briefschreiberin beschreibt sich selbst als in einer Diasporasituation befindlich.

Zwischen 1916 und 1936 liegen immerhin zwei Jahrzehnte. Da kann unfraglich „fiel Wasser den Bach herunterfliessen". Wie gestaltete sich der weitere Lebensweg jener Briefschreiberin aus dem Jahre 1916?

Wäre es wirklich so abwegig, dass sie eine inzwischen erwachsene Tochter hat, welche diesen fragwürdigen Fall auslöste?

Die Recherchen die das „Trost" dazu veröffentlichte müssen als unbefriedigend, ja bewusst irreführend eingeschätzt werden, dieweil der indirekte Zeugen Jehovas-Hintergrund dieser „Nelli" keineswegs ausreichend ausgeleuchtet, im Gegenteil offenbar sogar bewusst verschleiert wurde!

Was den fraglichen „Volksbund" anbelangt, versuchte zwar die WTG den in dieser Sache vor Gericht zu ziehen. Ging nach einem ersten abschlägigen Urteil gar in die Revision; musste letztendlich dennoch registrieren. Es nützt alles nichts. Die Gerichte stellten sich auf den Standpunkt, eine Individual-Ehrverletzung sei durch die Darlegung des „Kanada-Falles", auch wenn sie anrüchigerweise via der Schiene Hitlerdeutschland in die Schweiz gelangt sei, nicht gegeben. Und „Kollektiv-Ehrverletzungen" seien in der Sicht des Gesetzgebers, so kein strafbarer Tatbestand. Also außer Spesen nichts gewesen kann man dazu wohl nur sagen.

Ihren Frust lässt die „Trost"-Redaktion in der Fortsetzung dieses Artikels („Trost" vom 15. 1. 1938) freien Lauf, indem sie zum Abschluss ihrer Ausführungen beklagt:
„Dadurch entsteht die Gefahr, daß Leute von der Sorte eines Toedtli, Fleischhauer, Jonak. Metzler und Konsorten erfahrungsgemäß die Sache auf den Kopf stellen und der Welt verkündigen, Jehovas Zeugen seien vor Gericht unterlegen, wodurch erwiesen sei, daß sie ein Sammelbecken kommunistischer Elemente und daher als staatsgefährlich zu unterdrücken."

Die einzige Chance welche die WTG in der Sache hatte, war nur der publizistische Gegenangriff, was sie dann ja auch (verspätet) noch machte. Die Gerichtskosten, auf die sie sitzen blieb, hätte sie sich eigentlich ersparen können; bei nüchterner Analyse der Sachlage. Aber sie wollte „es eben wissen". Und so bekam sie es eben zu wissen!
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Geschrieben von Drahbeck am 31. Januar 2008 07:14:13:

Als Antwort auf: Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren ("Trost" 1. 1. 1938) geschrieben von Drahbeck am 30. Januar 2008 07:47:31:

Im Bericht über die „Trost"-Ausgabe vom 1. 1. 1938 wurde geschildert, wie sich die WTG in ihrer Auseinandersetzung mit der Zeitung „Volksbund" faktisch eine Niederlage einhandelte. Über eine weitere faktische WTG-Niederlage (wenn auch auf einem anderen Sektor) kann man auch in der „Trost"-Ausgabe vom 15. 1. 1938 lesen.

Bezüglich der Rutherford'schen Rundfunkambitionen notiert diese Ausgabe:
„Es wurden in jener Zeitperiode für die Sendung der Königreichsbotschaft mehr als zwei Millionen Dollar bezahlt".

Sicherlich eine Menge Geld, berücksichtigt man zudem dem Umstand, damals es mit einer ausgesprochenen Unterklassen-Religion zu tun gehabt zu haben. Demgegenüber steht die faktische Unterstellung (wenn auch nicht Dokumentenmäßig belegt). Teile des Großkapitals in den USA haben für diese Radioambitionen (zeitweilig) beachtliche Summen zugeschoßen.

Dazu indes nimmt „Trost" wie zu erwarten, nicht Stellung. Statt dessen verkündet man, den auf die Mentalität der Anhängerschaft zugeschnittenen markigen Satz:
„Das Radio ist etwas, das Gott geschaffen und den Menschen zum Gebrauch überlassen hat. Gott könnte sofort den Gebrauch des Radios verhindern, wenn er wollte; doch er läßt es zu, daß die Menschen durch die Art, wie sie es gebrauchen, sich als seine Gegner offenbaren."

Offenbar muss diese Gegnerschaft wohl beachtlichen Umfang angenommen haben. Wie sonst wäre es erklärbar, dass zur Durchsetzung des vermeintlich „göttlichen Rechts", unter anderem Aktionen wie die gestartet wurden. Zitat:

„Zehn Jahre lang konnte das Radio unter schwierigen Verhältnissen in etwa zur Verkündigung von Gottes Wort der Wahrheit benutzt werden. ... Natürlich steht es in Gottes Macht, sich, wenn er wollte, zur Verkündigung seines Königreiches ausschließlich des Radios zu bedienen. Doch offenbar ist dies nicht seine Absicht.

Die Besitzer und Leiter der Sendestationen sowie die Regierungsbeamten, die sich die Kontrolle über den Rundfunk angemaßt haben, haben ihre Prüfung gehabt. Die meisten von ihnen haben entschiedene Stellung gegen die Botschaft und das Königreich Gottes genommen. Sie stehen also auf der Seite des Feindes Gottes.

Man beachte bitte, wie diese Prüfung durchgeführt wurde und was sie zu Tage förderte. Im Jahre 1927 wurden die Sender der National Broadcasting Companie benützt ... weil der Redner bei dieser Gelegenheit die Wahrheit in deutlicher Sprache verkündigte, hat diese große Korporation seither ihre Sender für das Evangelium des Königreichs verschlossen. ...
Infolge der ungerechten und gewaltsamen Bekämpfung des Verbreitens des Evangeliums vom Königreich über Rundfunk, haben Millionen amerikanischer Bürger mindestens drei Petitionen unterzeichnet, die den Staatsmännern zu Washington präsentiert wurden ...

Eine von 2.416.141 Personen unterzeichnete Petition wurde dem Kongreß im Jahre 1934 überreicht. ... Der Kongreß versprach eine Untersuchung der Sache; dann wurde die Untersuchung schnell abgebrochen und die Petition von Millionen Bürgern ignoriert."

So kann man Niederlagen auch verklären. Nicht Gott sondern der amerikanische Kongress sollte es richten. Schon einmal hatten sich einzelne Kongreß-Abgeordnete für die WTG verwandt, und zwar anlässlich der Inhaftierung von Rutherford und Co, worüber auch der deutsche „Wachtturm" vom Juni 1919 berichtet. Inzwischen war wohl diese Waffe (zumindest zeitweilig) stumpf geworden. Ob Rutherford mit seiner Politik nicht generell überzog, darüber gab man sich allerdings keinerlei Rechenschaft, und genau das ist das tragische an der ganzen Sache!

Worum es bei diesem Wehgeklage in Sachen Radio im eigentlichen ging, macht eine „Trost"-Ausgabe später (1. 2. 1938) deutlich, wenn man darin auch die Mitteilung entnehmen kann:
„Am nächsten 31. Oktober (1937) werden wir alle Kontrakte mit Sendestationen, bei denen wir Geld bezahlen müssen, lösen. Danach werden alle diese Sendungen aufhören. Doch jedem Sender, der bereit ist, das Wachtturm-Programm zum Nutzen des Volkes zu senden, werden wir gern kostenlos ein solches Programm der Königreichsbotschaft zur Verfügung stellen. Mit den allgemeinen Sendungen werden wir aufhören, nicht weil wir kein Geld haben; denn alles Geld und alle Schätze der Erde gehören Jehova, und er kann uns alles geben, wenn es nötig ist, und er wird es tun, wenn es nötig ist. ...

Wir könnten auch weiterhin über Rundfunk sprechen, wenn es uns der Wille Gottes zu sein schiene. Wir stellen unsere Sendungen ein, weil das Radio, wie wir sehen, Gottes Zweck erfüllt hat. Gott führt seine Prüfung durch, und nach einer langen und gerechten Erprobung haben sich die Religionisten und ihre Verbündeten, einschließlich der politischen und kommerziellen Größen, der Besitzer und Leiter vieler Sendestationen und anderer veranlaßt gefühlt; entschieden Stellung gegen Gott, seinen König und sein Königreich zu beziehen."

Wieder einmal ein Beispiel dafür, wie die WTG, faktische Niederlagen, im Nachhinein noch in „Siege" zu verklären, sich bemüht!

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Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 28. Februar 2008 07:16

"Trost" 1. 2. 1938

„Die "Internationale Vereinigung Ernster Bibelforscher", die sich seit 1931 "Zeugen Jehovas" nennen, gehört zu jenen Religionsgemeinschaften, die im Dritten Reich verboten sind. Ihre Mitglieder haben die Verfolgungen mit großem Überzeugungsmut ertragen. Das ist für uns kein Grund, die Lehren dieser Sekte zu bewundern oder die Gefahr der geistigen Verwirrung zu verkennen, die sie glücklicherweise in nicht allzu zahlreichen Köpfen anzurichten vermögen. Wir können unserm Mitarbeiter das Recht der Kritik keinesfalls verwehren. Keinen Zweifel dürfen wir aber darüber aufkommen lassen, daß auch in diesen Fragen der Boden der geistigen Auseinandersetzung nicht verlassen werden darf. Es ist im Gegenteil die Pflicht der demokratischen Schweiz, die Glaubens- und Gewissensfreiheit wie das Vereinsrecht nötigenfalls auch für die "Zeugen Jehovas" und alle ähnlichen Gebilde zu verteidigen."

Diese Sätze stellt die Redaktion der in Zürich (Schweiz) erschienenen Zeitschrift „ABC Unabhängige Sohweizerische Tribüne" einem Artikel über die Zeugen Jehovas voran (erschienen in der Ausgabe vom 9. Dezember 1937).
Eingebettet das ganze in eine Artikelserie über verschiedene Sekten in der Schweiz.
Der Verfasser dieses Artikel wählte als Überschrift zu selbigem den Rutherford-Slogan
„Millionen jetzt Lebender werden nie sterben?"

Allerdings fügt er dazu ein Fragezeichen an, womit schon mal deutlich wird. Ein unkritischer Bejublerbericht ist es wohl nicht.

Man ahnt es schon. Dieser Artikel gelangte auch zur Kenntnisnahme der Redaktion des „Trost". Man ahnt es weiter. Sonderlich angetan ist selbige von diesem Artikel allerdings nicht, was man auch dem Umstand entnehmen kann, dass sie dazu in der „Trost"-Ausgabe vom 1. 2. 1938 eine entsprechende Entgegnung publizierte.

Nun ist dies mit Sicherheit nicht der „erste" Fall, wo sich das „Goldene Zeitalter" („Trost") mit kritischen Artikeln andernorts „herumschlägt". Ein solcher Fall war ja nur einige wenige Ausgaben vorher („Trost" vom 1. 1. 1938) der Fall der Zeitung „Der Volksbund". In diesem Falle hatte „Trost" in seiner Replik sogar den vollen wörtlichen Text der inkriminierten Ausführungen aus dem „Volksbund" wieder gegeben. Würde es auch diesmal so sein? Fehlanzeige - kurze aber klare Antwort dazu.

Das „Trost" sagt zwar, was ihm alles an dem Artikel nicht so recht passt. Indes den eigentlichen Wortlaut des Artikels gibt es seinerseits nicht zur Kenntnis.

Nun denn, seien aus selbigem erst einmal einige wesentliche Passagen vorgestellt. Der Verfasser schreibt:

„Ehrfürchtig betrete ich den Tempel der "Zeugen Jehovas", meiner eigenen Unwissenheit und Vergänglichkeit wohl bewußt. Von einer Weltuntergangsstimmung ist jedoch nichts, rein gar nichts zu bemerken. Meine Nachbarn schwatzen und plaudern, lachen und unterhalten sich, während doch die Erde in jedem Augenblick in Stücke zerfliegen könnte.

Die "Zeugen Jehovas" sind nicht zahlreich, aber sie genügen sich, um sich für das Salz der Erde zu halten. Mit fanatischem Eifer bemühen sich die einzelnen Salzkörner, den ganzen Teig der Menschheit zu durchdringen. Sie müssen in letzter Zeit besondere Anstrengungen unternommen haben, denn sie sind bis in den ungesalzensten Teil der Gesellschaft vorgedrungen, in jenen Teil, wo ich mich aufhalte. Irgend jemand von diesen Leuten hat mir die Zeitschrift "Das goldene Zeitalter" in den Briefkasten gesteckt und mir dadurch verkündet, daß durch einen Ratschluß Gottes fortan für alle ehrlichen und willigen Menschen der "Weltplan" offenbart sei.

Der Herr Redner, der aus dem Bibelhaus von Bern nach Zürich gekommen ist, spricht nicht mystisch und geheimnisvoll, wie ich erwartet hatte. Wie ein akademischer Vortrag ist seine Rede anzuhören. Er analysiert die Weltlage, vergleicht mit Offenbarungen des Alten Testamentes und kommt zum Schluß, das die Zeichen des Himmels gegeben seien. "Die Zelt ist nahe. Gott wird kommen wie ein Räuber in der Nacht. Haltet euch bereit!"

Die nötige Korrektur an Russell's Fehlrechnung hat dann Rutherford, das derzeitige Oberhaupt der "Zeugen Jehovas", vorgenommen. Er hat mit ebenso phantastischen Rechnungskunststückchen das Jahr 1925 errechnet. Als entgegen seiner Behauptung:
„Wir können vertrauensvoll erwarten, daß mit 1925 die Rückkehr Abrahams, Isaaks, Jakobs und der glaubenstreuen Propheten des Alten Bundes eintreten wird", die Erzväter beharrlich ausblieben, half sich der Prophet Rutherford mit dem harmlosen Wörtlein "Bald" über seinen Irrtum hinweg. Es ist seither allgemein an die Stelle des genauen Datums getreten.

Die "Zeugen" haben für die kommende "Regierung des Königreichs" in San Diego (Kalifornien) einen Palast errichtet, der vorläufig, bis zur Erfüllung der Zeit von Herrn Rutherford und seinen Freunden bezogen worden ist.
In diesem Hause läßt sich sicherlich gut leben und das Warten kurzweilig gestalten. Worüber man sich immerhin seine Gedanken machen darf.

Nach kurzem, trockenen Gebet und Gesang wird die Versammlung geschlossen. Die Zuhörer, die den Saal verlassen, scheinen keineswegs durch Seelenmassagen verwöhnt worden zu sein, denn ich kann nichts von Schwärmerei beobachten. Ich habe eher den Eindruck, als unterdrücke jeder seine Gefühle, um nach außen ruhig zu erscheinen. Ist dies die Ruhe vor der "größten Schlacht aller Zeiten?"

Am Ausgang des Saales steht ein Tisch, beladen mit Büchern, die fast ausschließlich Rutherford zum Verfasser haben.
Die "Zeugin" hinter dem Tische empfiehlt mir, die gehörten Worte durch die Lektüre dieser Schriften zu vertiefen.
Doch ich habe genug und antworte unverhohlen mit einem biblischen Gleichnis; Ich kann den Weizen von der Spreu unterscheiden."


Daraufhin sandte die „Trost"-Redaktion der „ABC"-Redaktion eine Erwiderung in der sie den Artikel schon mal als „Oberflächlich" charakterisiert. Dem mag man nicht unbedingt widersprechen. Andererseits ist das ein schillernder und dehnbarer Begriff. Die Konzeption des „ABC" dürfte wohl kaum die eines „hochwissenschaftlichen Blattes"; eher doch mehr in Richtung „Allgemein gehalten" gehen. Und diese Rahmenbedingungen beachtend, ist es wohl eine billige Erbenszählerei sich an einzelnen Redewendungen „aufzuspulen".

So wirft das „Trost" dem Artikelschreiber unter anderem vor:

„Daß er bis auf Pastor Russells Zeitrechnung und dergleichen zurückgreift, läßt erkennen, daß er zwar keine Schriften von, aber Literatur gegen Jehovas Zeugen gelesen und aus dieser das Gerippe für seine Abhandlung gebaut hat."

Und, selbst wenn dem so ist, wird damit diese Argumentation noch nicht widerlegt, wäre dem „Trost" darauf zu antworten.

Das „Heil" sieht man offenbar im Gegenangriff, wofür denn auch das „Trost"-Statement steht:

„Würde die Zeitung wohl im selben Komödiantenstil über Lehren großer Kirchensysteme schreiben? Z. B. über dir offizielle Kirchentheorie, daß ein Großteil der Menschheit nach dem Tode für Zeit und Ewigkeit in einem glühenden Pfuhl geschmort werde, also eine Lehre, bei der wegen ihrer Absurdität und Moralwidrigkeit eine solche Witzreportage viel leichter fallen müßte?"

Auch das muss als Unzulässiges Ablenkungsmanöver charakterisiert werden. Der Artikel behandelt nicht „viele" Religionsgemeinschaften in Zusammenschau, wo solch ein Argument eventuell Platz haben könnte, sondern eben nur eine, konkret benannte. Was diese wiederum an anderen Religionsgemeinschaften kritisiert, kann allenfalls als zweitrangig, nicht jedoch als erstrangig für den Artikelinhalt bewertet werden.

Aber das ist eben typisch für die Zeugen. Ablenken, vom Hauptsachverhalt. Sich „hochspulen" an Nebensächlickeiten. Da hat sich wohl seit 1937 bis zur Gegenwart nichts geändert!

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 29. Februar 2008 06:27

"Trost" 15. 2. 1938

Ohne Zweifel konnte sich die Redaktion des „Trost", in seiner Ausgabe vom 15. 2. 1938 einmal in der Siegerpose wähnen. Insbesondere wegen des darin veröffentlichten Artikels "Neue Enthüllungen in der Boris Toedtli-Affäre".

Aber auch das sei gesagt. Der Fall Toedtli tangiert mich nicht, dergestalt, dass weder die Catholica noch das nazistische Regime zu „verteidigen" wären. Zudem habe ich mich - im Gegensatz zur Catholica - schon umfassend und auch kritisch, mit diesem Toedtli auseinandergesetzt.
Man vergleiche beispielsweise:
Der Fall Toedtli

Auch im 18. Kapitel der „Geschichte der Zeugen Jehovas. Mit Schwerpunkt der deutschen Geschichte" bin ich durchaus umfänglich auf den Fall Toedtli eingegangen. Das wesentliche dort gesagte (ohne die dazugehörigen Anmerkungsnummern) sei noch einmal zitiert.


Anlässlich seines Auftretens in Bern hatte Fleischhauer auch einen sich ihm anbietenden Pressephotographen namens Boris Toedtli engagiert. [104] Toedtli dessen Eltern in der Sowjetunion eine Enteignung ihres Besitzes erlebten, war aufgrund seiner Schweizer Staatsbürgerschaft dorthin zurückgekehrt. Er betätigte sich in etlichen Exilrussischen Zirkeln und fühlte sich allen antikommunistischen Bestrebungen zugetan. Dennoch hatte er Schwierigkeiten wirtschaftlich wieder in der Schweiz Fuß zu fassen. [105]

Er hatte die Hoffnung, seine finanzielle Lage durch die Verbindung zu Fleischhauer und Co. entscheidend verbessern zu können. Er musste erkennen, dass dies im erwarteten Umfang nicht eintraf. Dennoch war er dem Fleischhauer'schen Clan in den Jahren 1935-1937 in vielen Punkten eine Hilfestellung und Unterstützung. Er kannte auch Jonak und stand mit ihm in Korrespondenz. Auch erklärte er sich bereit für die nazistischen Interessen in der Schweiz vor Gericht als Kläger aufzutreten.

Norman Cohn hatte mal die biographischen Aspekte des Toedtli dahingehend zusammengefasst, dass seine Eltern Schweizer waren, die aber viele Jahre ihres Lebens in Russland verbrachten. Toedtli wurde dort 1896 in Kiew geboren (Einfügung: Andere datieren das Geburtsdatum auf 1901). Im Weltkrieg und im anschließenden Bürgerkrieg kämpfte er auf Weißgardistischer Seite und brachte es dort bis zum Offizier. Er wurde von den Bolschewiken gefangengenommen und wäre in der Gefangenschaft beinahe an Typhus gestorben. Unterdessen wurde die Fabrik seines Vaters konfisziert. Der Familie wurde schließlich doch noch die Ausreise in die Schweiz gestattet.

Finanziell konnten sie sich aber nicht mehr erholen. Namentlich traf dies für Boris Toedtli zu, der seinen Eltern und Schwiegereltern finanziell auf der Tasche lag, da seine eigenen beruflichen Versuche sich allesamt als nicht tragfähig erwiesen.

Norman Cohn kommentiert: "Das Bild ist vertraut. Wie so viele Nazis war Toedtli ein Deklassierter mit unerfüllten Ambitionen nach einer bürgerlichen Karriere, und wie so viele 'weiße' Russen sehnte er den Tag herbei, an dem Russland die 'jüdisch-freimaurerische Tyrannei' abschütteln würde. 'Ich bin Antisemit aus persönlicher Erfahrung', sagte er. 'Dies ist die Erklärung für mein ganzes Verhalten. Meine Familie und ich haben in Russland alles und jedes verloren. Schuld daran war vor allem der Jude, nicht etwa das russische Volk.' Mit seinen Frustrationen, seinen Ressentiments, seiner politischen Unbildung war Toedtli in der Tat ein idealer Vorkämpfer für die 'Protokolle'". [106]

Zur Biographie des Toedtli bemerkt Glaus noch: "Das er 1933 Mitglied der 'Nationalsozialistischen Eidgenossen' gewesen, im April 1934 dann der 'Nationalen Front' beigetreten und Kassenwart des Gaues Bern geworden ist. Noch vor Ablauf des Jahres habe er der Partei den Rücken gekehrt, da sie seinen Erwartungen nicht entsprochen hätte. Vor dem Prozess um die 'Protokolle der Weisen von Zion' wäre Tödtli mit Fleischhauers 'Weltdienst', dessen Berner Vertretung er anfangs 1935 übernommen habe, bekannt geworden. Fleischhauer habe Tödtli um Auskunft über alle möglichen Personen, speziell Prozessgegner, Juden und Freimaurer ersucht; die Übermittlung derartiger Nachrichten ins Ausland konnte seit dem Bundesbeschluss zum Schutze der Sicherheit der Eidgenossenschaft vom Juni 1935 strafrechtlich verfolgt werden." [107]

In den wenigen Tagen in denen sich Fleischhauer in der Schweiz aufhielt, hatte er die dortige Justiz mit Klagen und Gegenklagen beschäftigt. [108] Die "Anschlussarbeiten" übernahm dann Toedtli. So hatte Fleischhauer auch Klageanträge gegen führende Bibelforscher erhoben. [109] Wenn auch Fleischhauer aus diesem Klagerennen faktisch ausschied, so sollten die Nazis doch noch einen Triumph bekommen, indem ihr Agent Boris Toedtli für sie die Geschäfte weiterführte. In den Worten Jonaks:

"1936, 28. Mai: Strafanzeige des Boris Toedtli gegen die ernsten Bibelforscher M. C. Harbeck und Franz Zürcher in Bern wegen Zuwiderhandlung gegen das Berner Gesetz über Schundliteratur und Herabwürdigung der Religion. Mit Urteil vom 26. August 1936 wurden die Bibelforscher freigesprochen. Dem dagegen eingebrachten Rekurse gab das Obergericht am 28. Mai 1937 Folge und verurteilte die Angeklagten wegen Herabwürdigung der Religion zu Geldstrafen und Ersatz der Gerichtskosten im Betrage von zusammen 1139 Franken." [110]

In der Ausgabe vom 15. August 1936 der in der Schweiz weiterhin erscheinenden Zeitschrift "Das Goldene Zeitalter" konnte man die Meldung zur Kenntnis nehmen, dass "die Nazis in der Schweiz" einen Prozess gegen Vertreter der Wachtturmgesellschaft anstrengen würden. Weiter wurde diese Notiz mit der Anmerkung präzisiert: "Am 26. August d(ieses) J(ahres) findet in Bern eine Gerichtsverhandlung statt die zum Gegenstand hat, zu prüfen, ob die Literatur der Watch Tower Bible and Tract Society 'Schundliteratur' sei oder nicht." [111]

In der Ausgabe vom 15. September und in Fortsetzung auch in der Ausgabe vom 1. Oktober 1936 des "Goldenen Zeitalters" - also bereits nach dem Prozess - veröffentlichte die Schweizer Zeugenführung umfangreiches Material dazu. [112]

Der Leser erfährt darin, dass der Kläger ein gewisser Boris Toedtli sei, in Personalunion zugleich auch Leiter der Schweizer Vertriebsstelle des deutschen antisemitischen Verlages "Weltdienst". Leiter des "Weltdienstes" sei bekanntermaßen der Oberstleutnant a. D. Ulrich Fleischhauer bekannt durch seine Gutachtertätigkeit während des Berner Prozesses um die "Protokolle der Weisen von Zion".

Bereits unmittelbar nach dem Protokolleprozess, in der Ausgabe vom 15. Juni 1935 des "Weltdienstes" findet sich unter der Überschrift "Der Kampf geht weiter!" ein Spendenaufruf "an unsere Freunde in aller Welt." Weiter wird schon zu diesem Zeitpunkt hinzugefügt: "Zugedachte Spenden sind zu richten an 'World Service' für Boris Toedtli, Bern"

Toedtli trat seit Ende 1936 auch als Herausgeber einer speziell gegen die Zeugen Jehovas gerichteten Periodika namens "SPK - Schweizerische Presse-Korrespondenz" in Erscheinung. Zu ihr bemerkte das "Goldene Zeitalter": "In Erfurt (Deutschland) wird im U. Bodung-Verlag durch den nationalsozialistischen Experten Ulrich Fleischhauer ein sogenannter 'Weltdienst' herausgegeben. Diese Pressekorrespondenz bezweckt unter allen Nationen eine systematische Hetze gegen Juden, Freimaurern und Zeugen Jehovas (Bibelforscher) zu entfachen und so auch gegenseitig sogenannte 'Gutachten' zu konstruieren, die dann gelegentlich als Beweismittel bei Behörden und Gerichtsinstanzen dienen sollen. In der Schweiz wird der Naziexperte Fleischhauer bzw. sein 'Weltdienst' durch Boris Toedtli 'World Service' Bern vertreten. Toedtli zeichnet mit H. Metzler, St. Gallen, als verantwortlicher Redakteur der 'Schweiz. Presse-Korrespondenz' (SPK) in Ergänzung des 'Welt-Dienstes', mit reichlich viel Fehlern, in Maschinenschrift monatlich zweimal herausgegeben, welche von der 1931 in St. Gallen gegründeten 'Gesellschaft für Kirche und Papst' als Eigentum beansprucht wird.

Diesem 'Welt-Dienst' alias SPK dienen als Quellen neben den bestellten nationalsozialistischen Parteiberichten aus aller Welt auch die Schriften ihrer Gesinnungsgenossen wie: Fritz Schlegel, Bomsdorff-Bergen alias Christian Kreuz, Fetz, Dr. Pfaffrath, Pfarrer Gerecke, Dr. Hans Jonak und andere."
[113]

Bereits in einem Schreiben vom 15. 6. 1936 direkt an Fleischhauer in Erfurt schrieb Toedtli: "(Rechtsanwalt) Ruef und ich sind der gleichen Ansicht, dass wir nur dann in unserem Kampfe sicher sein werden, wenn wir eine Zeitung hinter uns haben werden eine schlaue Wochenschrift. Ich habe mit Ihnen bereits über diesen Plan gesprochen ohne eine definitive Antwort zu bekommen, aber ich bin überzeugt, dass wir um jeden Preis ein Blatt haben müssen, sonst können wir nichts erreichen." [114]

In seinem Schreiben vom 1. 11. 1937 an Fleischhauer, zu dem er sich zwischenzeitlich in immer größere (finanziell motivierte) Differenzen befand, erwähnt Toedtli nochmals das SPK-Projekt: "Ich wurde auch vom Papstnuntius empfangen und besprach mit ihm die ganze Angelegenheit. Er gab mir zwei Empfehlungsbriefe. ... Es wäre ratsam, bereits heute ein Mitteilungsblatt für die Presse erscheinen zu lassen und als Herausgabeort Bern zu nennen. Deutschland sollte besser nicht genannt werden, da dis der Unparteilichkeit schaden könnte. Die katholischen Kreise z. B. stehen dem Deutschen Reich ziemlich feindlich gegenüber." [115]

Jonak hatte sein Zeugenbuch als wissenschaftlicher Mitarbeiter des "Weltdienstes" erstellen können. Für ihn kam begünstigend hinzu, dass seitens des Naziregimes ein Interesse daran bestand, den sich seit Herbst 1934 anbahnenden Protokolleprozess propagandistisch zu gewinnen. In dieser Situation wurde die Aufblähung des Mitarbeiterstabes des "Weltdienstes" durch das nazistische Propagandaministerium subventioniert.

Nachdem dieser aktuelle tagespolitische Bezug sich verflüchtigt hatte, wurden einige "Blütenträume" wieder gestutzt. So musste Jonak registrieren, dass trotz seines Aufrufes in den "Nationalsozialistischen Monatsheften", das Lexikonprojekt "Sigilla veri" in der Nazizeit, aus finanziellen Gründen nicht weiter geführt werden konnte.

Toedtli war zum "Weltdienst" in der Hochphase des Protokolleprozesses hinzugestoßen. Auch er musste schon bald erkennen, dass seine finanziellen Erwartungen nicht die gewünschte Erfüllung fanden. Tatsächlich erhielt er von Fleischhauer Geldbeträge und auch Vertriebsrechte des Weltdienstverlages für die Schweiz. Unterm Strich gesehen war das, was dabei finanziell für ihn herauskam, ihm finanziell zu wenig. In seiner Korrespondenz beklagt er sich darüber verschiedentlich. So schrieb er beispielsweise am 5. 7. 1936 an Fleischhauer: "Herr (Rechtsanwalt) Ruef riet mir, ich solle Ihnen schreiben und Sie um Entlohnung meiner Arbeit bitten. Er denkt, dass die deutsche Devisenstelle doch verstehen wird, dass wir in erster Linie für Deutschland kämpfen und daher auch einen Gegendienst beanspruchen dürfen." [116]

Offensichtlich war Toedtlis Enttäuschung, die finanzielle Seite betreffend, so groß, dass er zeitweilig auch an einen Bruch mit Fleischhauer dachte. Die Schreiben des Weltdienst-Mitarbeiters Jonak an Toedtli legen davon Zeugnis ab. So mahnte Jonak am 29. 9. 36 den Toedtli:

"Ich kann Ihren Standpunkt vollauf verstehen, da es sich bei Ihnen um eine Existenzfrage handelt. Sollten Sie aber eine Erklärung veröffentlichen, so möchte ich Ihnen zumindest raten, jede Gehässigkeit zu vermeiden. ... Sehr anerkennen muss ich es, dass Sie von den laufenden Prozessen nicht zurücktreten." [117]

Es ist bezeichnend das in diese Lücke nun die katholische Kirche eintrat. Ohne die Empfehlungsbriefe des päpstlichen Nuntius, wäre das Toedtli'sche SPK-Projekt höchstwahrscheinlich einen frühzeitigen Tod gestorben. So aber konnte es noch etliche Jahre weiter existieren. Nachdem der "deutsche Stern" endgültig gesunken war, stellte auch die SPK im Jahre 1944 ihr Erscheinen ein, obwohl man als Herausgeber eine "Gesellschaft für Kirche und Papst" fungieren ließ. Immerhin, aufmerksame Beobachter wussten, was sie von dieser Konstellation zu halten hatten. In die Nachkriegszeit passte dieses Naziobjekt nicht mehr hinein. Toedtli war schon - als die Nazis sich noch im Zenit ihrer Macht befanden - in der Schweiz aus politischen Gründen zur persona non grata geworden. [118]

Die SPK überlebte den schon Ende der dreißiger Jahre erfolgten Sturz ihres Gründers, indem nahtlos ein gewisser Heinrich Metzler aus St. Gallen die Arbeit fortsetzte. In diesem Zusammenhang ist es aufschlussreich aus dem Brief vom 17. 6. 1936 zu zitieren, den Jonak damals an Toedtli richtete: "Auch der Brief des Herrn Metzler freut mich sehr. Der Herr Oberstleutnant steht mit ihm übrigens schon seit einiger Zeit im Schriftenwechsel und hat ihn schon am 30. Mai auf meine 'Zeugen Jehovas' aufmerksam gemacht. Ich werde ihn nun auch noch persönlich schreiben." [119]

Diese Zeilen belegen also, dass Metzler für das faschistische Deutschland kein "Unbekannter" war, als er definitiv die Redaktion der SPK übernahm. Hinzuzufügen wäre noch der vieldeutige Kommentar, den die Zeugenzeitschrift "Trost" diesem Metzler einmal angedeihen ließ: "Der Schweizerische 'Nationalist' Metzler schreibt in einem Briefe an Toedtli am 25. September 1936: 'Sie verstehen, dass ich erst ab November 'eingetragener' Schweizer bin und vor allem nicht gerne an die Öffentlichkeit treten kann, was ich überhaupt vermeide, weil sonst die 'Forscherarbeit' etwas gehemmt ist." [120]

Wenn Metzler also erst seit November 36 das Schweizer Bürgerrecht besaß, dann fragt man sich was war er vorher? Angesichts der faschistischen Aktivitäten lässt das Raum für einige Spekulationen. Und von der katholischen Kirche ist auch in anderen Zusammenhängen genügend bekannt, dass sie in solchen diffizilen Situationen nach dem Grundsatz zu handeln pflegt: "Die Feinde meiner Feinde - sind auch meine Freunde." Mit anderen Worten, sie hat keine Skrupel, selbst die anrüchigsten Koalitionen einzugehen!

Für ihre Leserschaft zitierte das "Goldene Zeitalter" einmal aus der vorbenannten "Schweizerischen Presse-Korrespondenz" vom 5. November 1936 die folgenden Sätze:
"Der Fall zeigt wieder einmal am Beispiel, dass die Redaktion der Zeitschrift 'Das Goldene Zeitalter' keine Mittel scheut, in ihrem gemeinen Feldzuge gegen Kirche und Religion und das diese Wühlarbeit der genannten Organisation die Aufmerksamkeit der Behörden verdient. Die Aufklärung über die letzten politischen Ziele dieser religiös getarnten Gesellschaft muss fortgesetzt werden und wir möchten bei dieser Gelegenheit nicht versäumen, auf die äußerst wertvolle Arbeit des Ministerialrates Dr. Hans Jonak von Freyenwald, Wien 'Zeugen Jehovas' aufmerksam zu machen. " [121]

Über die Auswirkungen dieser Anti-Zeugen Jehovas-Propaganda musste das "Goldene Zeitalter" konstatieren: "Es ist ein offenes Geheimnis, dass die katholische Hierarchie den Faschismus und Nationalsozialismus als Bundesgenossen hat und dass die Vertreter der hierarchischen Weltanschauung lieber heute als morgen die gewaltsame Unterdrückung jeder freien geistigen Bewegung auch in der Schweiz durchsetzen möchten, und zwar unter dem Deckmantel der Religion, der Ordnung und der Sicherheit vor dem Bolschewismus.

Das ist der wahre Zweck des Protestes und des Verleumdungsfeldzuges der katholischen Aktion gegen die Zeugen Jehovas. Diese Saat des Hasses auf Schweizerboden durch den berüchtigten Judenhasser Fleischhauer, seinen Bundesgenossen Dr. Jonak und die Herren Metzler und Toedtli in etlichen katholischen und frontistischen Presseerzeugnissen hat bereits Früchte getragen, indem (z. B.) In Arbon ein Plakat prangte mit der Aufschrift: 'Schweizervolk, erhebe dich gegen das Lumpenpack Jehovas Zeugen, geborene Bibelforscher.'"
[122]

Diesen vorgenannten Boris Toedtli charakterisierte das "Goldene Zeitalter" mit den Worten: "Wer ist nun dieser Toedtli, der sich in seinen heiligsten Gefühlen verletzt glaubt durch die Schriften und Bilder der Zeugen Jehovas? Dem Eingeweihten gibt schon sein Briefkasten genügend Aufschluss:
U. Bodung Verlag. Schweizerische Presse Korrespondenz. B. Toedtli World Service Welt Dienst.

Wir haben schon erwähnt, dass dem U-Bodung-Verlag der Nationalsozialist Fleischhauer vorsteht; er ist aber auch Chefredakteur des 'Weltdienstes'. Und nun staune der Leser noch: Eigentümer der Schweizerischen Presse-Korespondenz ist die im Jahre 1931 in St. Gallen gegründete Aktion 'Für Kirche und Papst!'

Hie Nationalsozialismus - hie Katholizismus! Wie ist das möglich, wird der erstaunte Leser fragen. Wir können ihm die Antwort darauf geben. Die Beschuldigung, dass die Bibelforscher getarnte Kommunisten seien, dass sie mit den Freimauern und Juden den gewaltsamen Umsturz der christlichen Regierungen erstrebten und auf den Trümmern der Christenheit ein jüdisches Reich errichten wollten wurde zuerst im katholischen Bayern von deutschvölkischen Pfarrern und katholischen
Priestern erhoben."
[123]

An anderer Stelle zitiert das "Goldene Zeitalter" über Toedtli aus einem Gerichtsurteil: "Was einmal die Legitimation des Klägers betrifft, so ist zuzugeben, dass Toedtli, ehemals Mitglied der griechisch-katholischen Kirche, allerdings nicht Mitglied der römisch-katholischen Kirche geworden ist, aber er ist, wie er uns versichert hat, Anhänger dieses Glaubens, eines Glaubens der durch das Bernische Strafgesetz geschützt wird. Toedtli ist also als 'Verletzter' zu betrachten. So die Ansicht des Gerichts betreffs Aktivlegitimation des Klägers (in der Berufungsverhandlung). Wir überlassen es dem
vorurteilsfreien Leser, sich über diesen 'juristischen Scharfsinn' einen Reim zu machen.
" [124]

Ein von Toedtli gegen die Bibelforscher arrangiertes Gerichtsverfahren nahm konkrete Formen an. Vom Gericht wurde dafür als Verhandlungstermin der 28. August 1936 angesetzt. Es erwies sich, dass die Hilfe die dabei Jonak seinem Schützling Toedtli gewährte einen organisatorischen Hintergrund hatte. Die Fäden dazu wurden nicht in Bern, auch nicht in Wien, sondern in Erfurt (Deutschland) gezogen. Dies machte auch das Schreiben deutlich, dass Jonak am 31. 7. 1936 an Toedtli richtete:

"Lieber Herr Toedtli!
Ich kenne mich nicht mehr aus. Am 20. Juli schreiben Sie mir, dass Sie, Oberstleutnant und Herr Ruef am 19. 7. in Freiburg entschieden haben, dass wegen des Bibelforscherprozesses meine Anwesenheit in Bern dringend notwendig sei und dass der Oberstleutnant zugestimmt hat, dass ich für drei Monate kommen soll. Darüber erfuhr ich von keiner Seite bisher etwas und der Oberstleutnant schrieb mir nicht ein Wort darüber, bloß: 'am 26. 8. werden noch keine Zeugen vorgeladen. Das wird erst am 26. 8. von unserer Seite beantragt. Trotzdem aber halte ich es für gut, wenn Du anwesend bist.'

Das widerspricht ganz dem, was Sie mir schrieben: keine Dringlichkeit, nichts von einem längeren Aufenthalt, früheste Anwesenheit am 26.!!
Bitte fragen Sie doch Herrn Ruef, was man über mich in Freiburg festgelegt und teilen Sie es mir mit. Ich komme sonst in eine peinliche Situation. Ich bin durchaus schon verstimmt. Mit herzlichen
Grüßen Ihr Dr. Jonak."
[125]

Bereits in dem Prozess um die vorgeblichen "Protokolle der Weisen von Zion" hatte der nazistische Gutachter Fleischhauer die Bibelforscher "aufgeschreckt", indem er darin bezogen auf sie, einige (aus ihrer Sicht) massive Verleumdungen zum Ausdruck brachte. Die Zeugenführung zitiert dann auch ausführlich noch aus ihrer dem Gericht zugestellten schriftlichen Stellungnahme zu der Anklage des Toedtli; sowie auch einige Pressestimmen dazu. Dabei gelingen ihr durchaus einige beachtenswerte Beobachtungen: "Der Ankläger, Herr Toedtli, beruft sich fast ausschließlich auf die zahlreichen und beleidigenden Äußerungen des Oberstleutnants a.D. Fleischhauer, die zuerst anlässlich der Gerichtsverhandlung über die Zionistischen Protokolle niedergelegt und welche gewöhnlich sofort veröffentlicht und als Propagandamittel gegen die Bibelforscher, resp. Zeugen Jehovas benutzt werden." [126]

An anderer Stelle zitiert sie einen Pressebericht, der über Toedtli berichtet, dass sein Anwalt Ruef, der Gegenseite die Anklage auf "Herabwürdigung der Religion", über das Gericht habe schriftlich zustellen lassen. Als Begründung für dieses Verfahren wird zitiert:
"Da er (Toedtli) in der russischen Revolution sein Gehör verloren habe, was ihn sonderbarerweise aber nicht hinderte, bei den Ausführungen des Gegenverteidigers aufmerksam hinzuhorchen und sich von Zeit zu Zeit Notizen zumachen, während er sich in der übrigen Zeit, wo er nichts hören konnte, mit Abzeichnungen vom Gerichtssekretär und verschiedenen Phantasie-Symbolen die Zeit vertrieb." [127]

Abgesehen von dem polemischen Unterton dieser Reminiszenz, ist es doch bemerkenswert, dass der Kläger, ein Exilrusse und strammer Antikommunist, lediglich über seinen Anwalt agieren ließ. Auch gilt es nochmals festzuhalten, dass der Kläger sich in der Sache fast ausschließlich auf die formal von Fleischhauer zuerst vorgetragenen Argumente stützten.

Eine weitere beachtliche Feststellung gelingt der Zeugenführung mit der Anmerkung:

"Man vergleiche Fleischhauers veröffentlichtes Gutachten mit seiner Vernehmlassung vom 10. Mai 1936 und mit Dr. Jonak von Freyenwalds Buch 'Die Zeugen Jehovas' und beachte die vielen ganz gleichlautenden Paralellstellen, ohne dass der eine den anderen als Verfasser anführt. Dr. Jonak, der von Fleischhauer als Experte gegen die Bibelforscher im Verleumdungsprozess resp. wegen falscher Expertise vorgeschlagen wurde, kam vor etwa zwei Jahren in unser Zweigbüro in Wien, heuchelte Interesse an der Literatur, erwarb sich die Bücher und schrieb dann mit ausdrücklicher Genehmigung des kath. erzbischöflichen Ordinariates von Wien in Verbindung mit Herrn Fleischhauer, die Hetzschrift in welcher immer dieselben, niemals bewiesenen Behauptungen erhoben werden, nämlich, dass die Bibelforscher mit den Juden, Freimaurern und Kommunisten die Zerstörung der christlichen Religion, der christlichen Staaten und überhaupt der ganzen menschlichen Zivilisation durch Krieg, Revolution und andere Gewaltmittel herbeizuführen bezwecken, um dann auf den Trümmern der Christenheit ein jüdisches Nationalreich zu gründen.

Dr. Jonak, der in Wien wohnt, lässt sein Buch vorsichtshalber in Deutschland im Germania-Verlag in Berlin verlegen, während Fleischhauer seine Verleumdungen wohlweislich durch einen Strohmann in Bern vorbringen lässt, während er selber sich hinter der Front versteckt."
[128]

Diese seinerzeitige Analyse der personalen Zusammenhänge, hat sich auch im Lichte neuerer Forschungsergebnisse als zutreffend erwiesen.

Aufhänger jenes von Toedtli angestrengten Prozesses war die These der "Herabwürdigung der Religion" durch die Zeugen Jehovas. Das erwies sich in der Tat als ein für die Zeugenführung kritischer Punkt. Denn ihr seinerzeitiges Haupt J. F. Rutherford pflegte in seinen zahlreichen Schriften eine "undiplomatische" Sprache zu sprechen. Er zögerte nicht "Anklagen" zu formulieren und in vielerlei Gestalt zu variieren. "Freunde" außerhalb seiner Gefolgschaft hat er sich dabei ganz sicher nicht erworben. Die Frage ist aber dabei. Hat er die Grenzen dessen überschritten, was Vertreter anderer Richtungen und Organisationen an Kritik gegebenenfalls klaglos oder auch nicht klaglos, einstecken müssen?

Rutherford lebte in den USA. Im Kontext des dortigen Pluralismus wird man feststellen müssen, dass er für dortige Verhältnisse, vielleicht in dem einen oder anderen Fall die Grenze des zu Tolerierenden hart streifte, dass er sie aber in der Regel nicht überschritt. In Hitlerdeutschland herrschte bekanntlich eine ganz andere politische Situation. Dort war man nicht im Entferntesten bereit in diesen Fragen Konzessionen zu machen.

Das fragliche Gerichtsverfahren spielte sich jedoch in der Schweiz ab. Und deren politische Grundsätze standen denen der USA doch näher als denen Hitlerdeutschlands. Die Frage war also letztendlich. Würde die Schweiz diesem faktisch faschistisch initiierten Versuch der Einflussnahme auf ihre politischen Grundsätze abwehren oder ihr Erliegen?

Bekannt ist das im weiteren Verlauf die mit den Nazis sympathisierenden Schweizer Kreise noch andere "Versuchsballons" dieser Art gestartet haben. Einer davon war ein sogenanntes "Volksbegehren" mit dem Ziele, die Freimaurerei in der Schweiz zu verbieten, was letztendlich auch scheiterte.

Über das Endergebnis dieses Toedtli'schen Prozesses berichtet die "Berner Tagwacht" vom 28. August 1936.[129] "Nach den Schlussreden der Beklagten, die unter anderem aufschlussreiche Einzelheiten über die Verfolgung von Bibelforschern im Dritten Reich gaben - Herr Harbeck hat selbst die Gestapo-Keller kennengelernt - was den Klagevertreter sichtlich nervös macht wurde die Klage abgewiesen.

Es wurde ausgeführt, dass eine scharfe "oft drastische Kritik am 'sogenannten Christentum' feststellbar sei die sich aber in jedem einzelnen Fall direkt auf Bibelworte selbst bezieht und deshalb nicht strafrechtlich verfolgt werden könne, sonst müsste man die Bibel selbst als 'Schundliteratur' verurteilen
Da der Beweis, dass die Zitate und Bilder öffentliches Ärgernis erregt und den Religionsfrieden gestört hätten, nicht erbracht ist, kann von einer Verurteilung nicht die Rede sein, da in einem demokratischen Staat mit Glaubens- , Gewissens- und Pressefreiheit eine starke Kritik zulässig ist. Die Klage von Herrn Toedtli wird deshalb abgewiesen, die Herren Harbeck und Zürcher von der Anklage wegen Vertrieb von Schundliteratur freigesprochen. Die Prozesskosten werden dem Staat überbunden, und der Kläger hat den Beklagten je 150 Fr(anken) an die Verteidigerkosten zu bezahlen.
"

Bemerkenswert ist auch noch die Gegenargumentation, wie sie in der schriftlichen Stellungnahme der Zeugen-Leitung zum Ausdruck kommt: "Weder das religiöse Volk des Kantons Bern, noch die kirchlichen Behörden fühlten sich durch das Lesen der eingeklagten Literatur in ihren religiösen Empfindungen verletzt, sondern fragwürdige, politische Agitatoren sind unsere Kläger, bei denen es sich gar nicht um eine, ihnen persönlich heilige Sache, nämlich um die Religion und das Christentum handelt, sondern um gewöhnliche politische Propaganda und um vorsätzliche Verleumdung des verhassten Gegners; denn nur so lassen sich die gemeinen und hasstriefenden Ausdrücke erklären, wie z. B.
'Finsterlinge, unverschämt, blödsinnig, aufdringlich, unanständige Bibelschändung, teuflisch, schamloser und frecher Lügengeist, religiöser Idiotismus, freche Judasseelen, Teufelsboten, Verbrecher am Volkswohl, skandalöses Treiben, schamloses Verdrehen, Falschmünzerei, Lügengewebe, raffinierteste Nichtswürdigkeit, arbeitet und jubelt in einem Grade der Weltrevolution entgegen, dass man nicht selten an die Ergüsse eines durch Alkoholgenuss blödsinnig gewordenen bolschewistischen Zeitungsredakteurs vor sich zu haben glaubt, Gotteslästerer, Pestboten der asiatischen Mammonsreligion' etc.
"

Dies seien alles Ausdrücke "womit die Klägerschaft uns direkt persönlich durch die Zitate teilweise völkisch-orientierter erfolgsneidischer Pfarrer betitelt. Diese Ausdrücke beweisen, dass weder Fleischhauer noch Toedtli berechtigt oder befugt sind, uns wegen verschiedener Ausdrücke, die bei weitem nicht so scharf sind, auf Grund der Gesetze über Schundliteratur und der Störung des religiösen Friedens zu verklagen. "

Ihre schriftliche Antwort in diesem Gerichtsverfahren schließt die Zeugen-Leitung mit der Anmerkung: "Hätten Herr Fleischhauer und Herr Toedtli nicht eine glänzende Gelegenheit, Dr. Jam, Rosenberg, Julius Streicher oder den Ludendorff-Verlag in Deutschland anzuklagen, da jene doch vor allem nach ihrer Auffassung die Religion und insbesondere die 'Heilige katholische Kirche' herabwürdigen? Wir verweisen ferner auf die vielen in Deutschland erscheinenden Zeitungen, wie 'Flammenzeichen', 'Der Blitz', 'Das Schwarze Korps', 'Durchbruch' sowie auf den geistigen Inhalt der Hitler-Jugend und SA-Lieder.

Wir richten an die Herren Fleischhauer und Toedtli die Frage: 'Sind ihnen diese Bücher und Schriften unbekannt, oder empfinden sie bei der Lektüre dieser gotteslästerlichen Schriften der Bewegung der Deutschen Christen keine Verletzung Ihrer religiösen Empfindungen?' Eine solche Behauptung Ihrerseits wäre Heuchelei."
[130]

In der Gerichtsverhandlung vom 26. August 1936 hatte die Zeugenführung einen faktischen Sieg errungen. Allerdings sollte er sich als Pyrrhussieg erweisen, denn der Rechtsanwalt des formal klagenden Toedtli legte umgehend Berufung ein. [131]

Was "die Glocke geschlagen hat", auch in der Schweiz, wurde schon wenige Tage später deutlich. Für den 4.-7. September hatte die Zeugenführung einen "Mitteleuropäischen Kongress" nach Luzern (Schweiz) einberufen. Am Sonntag den 6. September 1936 ließ, dass Bibelforscherhaupt Rutherford eine von ihm vorbereitete "Resolution" vorlesen und annehmen. Deren Text macht deutlich, dass von "Zurückhaltung" seitens der Zeugen Jehovas, da nicht geredet werden kann.

In deutlicher Tonlage hieß es darin unter anderem: "Wir heben die Tatsache hervor, dass Satan der große Feind all derer ist, die Jehova Gott dienen, und dass er, Satan, sich zu allen Zeiten der Religionsvertreter bedient hat, um die, die Gott in Geist und in der Wahrheit anbeten, zu bekämpfen und zu verfolgen. So erklären auch wir, dass wir Gott mehr gehorchen wollen als den Menschen. Wir rufen alle gutgesinnten Menschen auf, davon Kenntnis zu nehmen, dass Jehovas Zeugen in Deutschland, Österreich und anderswo grausam verfolgt, mit Gefängnis bestraft, und auf teuflische Weise misshandelt und manche von ihnen getötet wurden. Alle diese verruchten Taten werden gegen sie von einer grausamen, heimtückischen und bösen Macht verübt, wozu sie durch jene religiöse Organisation, nämlich die römisch-katholische Hierarchie, welche viele Jahre lang das Volk getäuscht und den heiligen Namen Gottes gelästert hat, veranlasst wird.

Die Hitlerregierung, die von den Jesuiten der römisch-katholischen Hierarchie unterstützt und beeinflusst wird, hat wahren Christen jede Art grausamer Bestrafung auferlegt und fährt fort dies zu tun. ... Es wird beschlossen, je eine Abschrift dieser Resolution an Herrn Hitler und an den Papst in der Vatikanstadt, dem Haupt der römisch-katholischen Hierarchie, zu senden."
[132]

Nach dem verkünden dieser Resolution begannen auch bei den politischen Behörden der Stadt Luzern die Alarmglocken anzuschlagen. In einem Protokoll des Regierungsrates des Kantons Luzern heißt es dazu:

"Anlässlich ihres in Luzern stattfindenden Kongresses hat die Internationale Vereinigung Ernster Bibelforscher für Montag, den 7. September 1936 eine öffentliche Versammlung mit einem Referat von Richter Rutherford angekündigt. Mit Rücksicht auf die bekannte Art heftigster Propaganda war die Leitung des Kongresses seitens der zuständigen Polizeibehörde aufgefordert worden, sich bei der Propaganda jeder Aktion enthalten zu wollen, welche zur Störung des interkonfessionellen Friedens und der öffentlichen Ordnung führen konnte. Dagegen war vom Versammlungsreferenten Richter Rutherford eine solche Erklärung nicht erhältlich." [133]

Daraufhin wurde beschlossen, unter Polizeieinsatz, den für Montag den 7. 9. 1936 geplanten öffentlichen Vortrag von Rutherford zu verbieten und zu unterbinden. Damit war auch in der Schweiz nunmehr ein Präzedenzfall geschaffen, für das auch dort sichtbar werdende Umschlagen der Stimmung gegen die Zeugen Jehovas.

Genüsslich zitieren sogar deutsche Rundfunksender diesen Eklat, wie dies z.B. eine den Zeugen Jehovas zugegangene Hörerzuschrift deutlich macht: "Heute, Dienstag morgen 7. 00 Uhr funkte der deutsche Stuttgarter Sender im Nachrichten-Dienst folgendes: 'In Luzern hielt der Präsident der Internationalen Bibelforscher einen Vortrag. Er wurde verboten, da er unter den Geistern der religiösen Führer Verwirrung stiften würde.'" [134]

Jener verbotene Vortrag konnte aber doch im geschlossenen Kreis, unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt werden. Die Zeugenleitung hat ihn dann auch in ihrer Literatur wörtlich dokumentiert.
Nachstehend einige Sätze daraus, die zeigen, was der Öffentlichkeit da an "Erkenntnissen" vorenthalten wurde:

"Drüben in Deutschland, werden die Zeugen Jehovas aufs grausamste Art misshandelt und verfolgt, nur weil sie darauf bestehen, Gottes Königreich anzukündigen und es sind die Religionisten, die sie verfolgen. Haben Sie schon gehört, dass die Hitler-Regierung die Katholiken verfolgt? Im Gegenteil. Es ist bekannt, dass ein Konkordat abgeschlossen wurde zwischen dem Vatikan und der Hitler-Regierung.

Einige wenige Katholiken sind wohl verhaftet worden, weil sie Devisen geschoben haben und darüber haben die Zeitungen viel Aufhebens gemacht, aber es gibt nicht ein einziges Beispiel dafür, dass angeben könnte, dass jemals ein Katholik aus treue Gott und seinem Worte gegenüber verfolgt wurde. ... Der Teufel geht manchmal über seine Grenzen hinaus. So möchte ich Ihnen, meine lieben Zuhörer, sagen:
Dass, was sich hier heute in diesem Kanton zugetragen hat, geschah auf Veranlassung der römisch-katholischen Hierarchie - Rom diktierte und dadurch kam der Beschluss zustande, das Volk daran zu hindern, diese Versammlung zu besuchen."
[135]

Das war also das Klima das sich in der Schweiz zwischenzeitlich festgesetzt hatte. Als es am 28. Mai 1937 zur Berufungsverhandlung des Boris Toedtli kam, konnten sich die Richter dieser Stimmung auch nicht mehr entziehen. So wurden denn in dieser Berufungsverhandlung die Bibelforscher als schuldig befunden. Zürcher und Harbeck, als verantwortliche Vertreter der Zeugen Jehovas wurden zu einer Buße von je 100 Franken verurteilt, sowie zum tragen der Anwalts-und Gerichtskosten.
Sowie zu einer Entschädigung des Toedtli in Höhe von 500 Franken. Ihre Gesamtkosten, betrugen somit insgesamt 1139 Franken.

Die Zeugen-Führung war über dieses Prozessergebnis nicht sonderlich erfreut. Ihre Zitierung und Kommentierung macht das deutlich. Um das mal zu veranschaulichen. Sie zitiert wie folgt:
"Hierauf geht der Präsident zur Bewertung einzelner Schriften und Bilder über, für deren Verbreitung die beiden Angeschuldigten strafrechtlich verantwortlich seien als Verbreiter und Drucker. Es war erstaunlich, was man zu hören bekam: Es sei allerdings zuzugeben, dass die Schriften biblische Ausdrücke wie das Wort 'Hure' im biblischen Sinne gebrauchten. Dieser Ausdruck werde aber immer und immer wieder verwendet, so dass ein damit verbundener Zweck leicht zu erkennen sei. Es gehe im übrigen nicht an (der Leser staune), dass biblische Wendungen, die vor 2 000 Jahren ein Prophet Hesekiel zur Geißelung der damaligen verdammungswürdigen jüdischen Zustände gebraucht habe, einfach zur Kritik der Missstände der katholischen Kirchen und des Klerus heute benützt werden! Äußerungen, wie 'das Christentum sei hochgezüchtete Heuchelei!' seien dazu angetan, sowohl bei den Katholiken wie bei den Protestanten schweres Ärgernis zu erregen. Diese Kostproben aus der Urteilsbegründung mögen dem Leser zur Genüge zeigen, von welch 'hoher geistiger' Warte aus dieser Prozess beurteilt wurde." [136]

Nach diesem Prozess kam es zu einem publizistischen Schlagabtausch zwischen dem nunmehr als Herausgeber der "Schweizerischen Pressekorrespondenz" fungierenden Heinrich Metzler und dem "Goldenen Zeitalter". [137] Wie kaum anders zu erwarten, führte man Schaugefechte und redete in der Sache kräftig aneinander vorbei.

Beispielsweise hatte das "Goldene Zeitalter" in seiner Ausgabe vom 1. November 1937 seinen Widerpart Toedtli versucht nach Kräften zu demaskieren. Unter der Überschrift: "Die Achse Rom - Berlin" konnte man darin lesen:

"Der Berner päpstliche Nuntius gibt einem Nazi-Agenten Empfehlungsbriefe. Unter Anschrift 'Lieber, sehr geehrter Herr Oberstleutnant' schrieb am 5. Juli 1936 Boris Toedtli, Vertreter des Weltdienst in Bern, Mitglied der Nationalen Front, früher Mitglied des Bundes nationalsozialistischer Eidgenossen, ferner stellvertretender Führer des 'Verbandes der allrussischen Faschisten', Hauptsitz Charbin in der Mandschurei und Ankläger der Zeugen Jehovas wegen 'Herabwürdigung der Religion', an den Vorgesetzten Fleischhauer in Erfurt u. a. folgendes. "

Zitiert werden dann jene Stellen aus der Korrespondenz des Toedtli, in denen er um finanzielle Hilfe nachsucht. Weiter heißt es in dem fraglichen Schreiben:

"Herr (Rechtsanwalt) Ruef bat mich, den Kampf nicht aufzugeben, da wie hier keine zuverlässigen Leute haben, die die Sache übernehmen können. Ich überlasse Ihnen, diese Frage zu entscheiden. Ich habe mir bis jetzt gute Beziehungen bei Katholiken verschafft für die Bibelforschersache. Ich wurde auch vom Papstnuntius empfangen und besprach mit ihm die ganze Angelegenheit. Er gab mir zwei Empfehlungsbriefe nach Zürich und St. Gallen. Mit dem Einverständnis von Ruef werde ich diese Woche hinfahren. Es wäre ratsam, bereits heute ein Mitteilungsblatt für die Presse erscheinen zu lassen, indem wir verschiedenes über die Bibelforscher veröffentlichen. Das Blatt sollte zweiwöchentlich erscheinen und als Herausgabeort Bern nennen. Deutschland sollte besser nicht genannt werden, da dies der Unparteilichkeit schaden könnte." [138]

Als Toedtli diesen Brief schrieb befand er sich noch im Zenit seiner Aktivitäten. Sein Verhältnis zu Fleischhauer erwies sich in der weiteren Zukunft als zunehmend "angeknackst", da Fleischhauer den finanziellen Erwartungen des Toedtli nicht im geforderten Umfang entsprechen konnte. Noch hatte Toedtli seinen Triumph bei der Berufungsverhandlung gegen die Zeugen Jehovas vor sich, aber danach sollte es für ihn steil abwärts gehen.

Nach dem Sturz des Toedtli schrieb die Zeugenführung seinem Nachfolger, dem schon benannten Heinrich Metzler: "Im Besitze Ihres Schreibens vom 20. Oktober 1937, wiedergegeben als 'öffentliche Anfrage' in Ihrer politisch-katholischen 'S. P. K.' Zweifelhafter Herkunft, vom 5. November, möchte ich Ihnen als Vorstandsmitglied der Vereinigung Jehovas Zeugen nachstehend einiges mitteilen, und zwar nicht zu Ihrem Nutzen, sondern um den Lesern des 'Goldenen Zeitalters' die Augen zu öffnen über ihre jesuitischen Umtriebe. Ihr früherer Spießgeselle, der Russlandschweizer Boris Toedtli ist bereits als Naziagent entlarvt worden und er soll ins Ausland geflüchtet sein. Fahren Sie, Herr Metzler, nur fort, anständige Menschen zu beschimpfen und durch aufreizende Anfragen wenn möglich in verderblichen Machenschaften zu verwickeln.

Wir kennen Ihr jesuitisches Spiel. Ihr ehemaliger, von den Schweizer Behörden wegen Spionage verurteilte Kampfgenosse Boris Toedtli besprach den Kampf gegen die Bibelforscher mit dem päpstlichen Nuntius, wie er selber in einem Briefe geschrieben hat und erhielt Empfehlungen für die Vertreter der katholischen Hierarchie.

Oberstleutnant Fleischhauer und sein Agent Toedtli versuchten nach beiden Seiten hin, zum Katholizismus und zum Nationalsozialismus, Wasser zu tragen, und das ist nicht leicht.

Toedtli prahlt mit seinen guten Beziehungen zu den Katholiken, aber nur für den Kampf gegen den Bolschewismus, gegen die Juden und gegen die Bibelforscher. Später soll wohl nach Goebbels und Mussolinis Androhung auch mit den Katholiken abgerechnet werden.

Der nicht getaufte Katholik Toedtli spielte jedenfalls die Rolle des in seinen Gefühlen Verletzten Katholiken, nachdem Dr. Jonak aus Wien ihm die Stellen aus unseren Büchern herausgeschrieben hatte, über die Toedtli als Mittel zum heiligen Zweck verletzt sein wollte. Toedtli gefiel sich in der Rolle des Schweizerischen Kirchengewissens und unterhielt nebenbei ungehörige Beziehungen zum Ausland. Sie Herr Metzler, gefallen sich auch in der Rolle als Hüter der Religion und belieben Ihre Glossen zu machen darüber, dass aufrichtige Christen von unvollkommenen Richtern wegen 'Herabwürdigung der Religion' verurteilt wurden."
[139]

In dem Schlagabtausch zwischen SPK und dem "Goldenen Zeitalter" sollte man vielleicht auch noch auf einen ganz speziellem Höhepunkt zu sprechen kommen. Die SPK war keine "Publikumszeitschrift" im landläufigem Sinne. Ihre vorrangige Zielstellung war es, die verantwortlichen Redaktionen anderer Presseorgane zu erreichen, um auf diesem Wege einen "Multiplikatoreffekt" zu erzielen.

So sind denn auch tatsächlich einige Fälle bekannt geworden, wo andere Presseorgane die SPK nachdruckten. Ein solcher Fall ist auch unter dem Datum vom 13. 2. 1940 überliefert, wo die in Baden (Schweiz) erscheinende Publikation "Aargauer Volksblatt" unter Berufung auf die SPK, eine tendenziöse Meldung verbreitete.

In der Sache handelte es sich um die Referierung und Kommentierung des Falles Hope Slipachuk (über den weiter vorstehend in dieser Studie schon die Grundlinien ausgeführt wurden). Jetzt meinte aber die SPK, via "Aargauer Volksblatt" noch einen weiteren Trumpf in der Hand zu haben. Und zwar kam ihr zugute, dass ein "Renegat" der Zeugen Jehovas, ein gewisser John Correvon, der im Berner Zweigbüro der Zeugen gearbeitet hatte, über gewisse Interna-Kenntnisse verfügte, die er nun der SPK zugänglich machte.

Es zeigte sich im folgenden, dass der sachliche Kern der Correvon'schen Information zutreffend war. Es zeigte sich aber auch, dass deren nunmehrige Veröffentlichung, der Zeugen-Leitung alles andere als "nützlich" war und sie entsprechend gereizt reagierte.

Man muss dabei auch das politische Umfeld in Betracht ziehen. Auch in der Schweiz, war für viele, höchstwahrscheinlich für den allergrößten Teil der Bevölkerung, die Sowjetunion die Inkarnation des Totalitarismus, den man ablehnte und der sich nicht zuletzt in der Behandlung der Religion in der Sowjetunion wiederspiegelte.

Gerade in den dreißiger Jahren erreichte der Terror der Sowjetunion gegen die Religion, erschreckende Höhepunkte. In der relativ freien Berichterstattung der Schweizer Presse wurden diese Vorgänge nicht "verschwiegen", sondern beim Namen benannt. Die Bevölkerung war also in der Regel informiert und es bestand ein großer Konsens in der Ablehnung der sowjetischen Politik.

In dieser Konstellation musste die Correvon'sche Information geradezu wie eine "Bombe" einschlagen. Laut "Aargauer Volksblatt" stellte sich die Sachlage wie folgt dar:
"Nun ist eine neue Tatsache bekannt geworden. Wir sind in den Besitz von Berichten gelangt und geben nun vorläufig aus dem Munde einer Persönlichkeit, die in den Kreisen der Zeugen Jehovas einen guten Namen hat Folgendes bekannt:

Letzten Sommer (1936) ist Herr Direktor Harbeck (Schweizer Zweigbüro der Zeugen Jehovas) nach Moskau gereist, aber dass darf niemand erfahren. Er ist drei Wochen geblieben und hat mit hohen Persönlichkeiten der Regierung und der Gottlosenbewegung Unterhaltungen gehabt. Im Laufe der Verhandlungen hat er versucht klarzustellen, dass die Ziele gemeinschaftlich dieselben wären. Es wurde ihm gesagt, es sei noch zuviel 'religiöses Zeug' in den Wachtturm-Schriften, sie seien aber ausgezeichnet für die Länder, die noch sehr religiös fühlen und denken. Wenn Harbeck seine Mission nicht geglückt war, er wollte in Russland eine Filiale einrichten, so kam er mit einer großen moralischen Hilfe zurück. Die Sowjets hatten seine Bewegung für die religiös denkenden und fühlenden Nationen gutgeheißen."
[140]

Das "Aargauer Volksblatt" vermerkt weiter:
"Was sagt nun aber die Redaktion des 'Trost' dazu? Wie es scheint, ist die Sache sowieso etwas ruchbar geworden. Die Redaktion schreibt am 1. Oktober 1939 auf Seite 7: 'Seine einmalige Reise nach Moskau, die er in Begleitung eines amerikanischen Landsmannes ausführte, hatte den Zweck, die bibelfeindliche Einstellung der Sowjetbehörden dokumentieren zu können. "

Dieser nicht näher verifizierte begleitende amerikanische Landsmann, dürfte dann doch wohl höchstwahrscheinlich aus dem amerikanischen Hauptbüro der Zeugen Jehovas gestammt haben. Diesen "Sondierungsversuch" kommentierte das "Aargauer Volksblatt" dass seinen Bericht mit "Also doch!" betitelt hatte mit den Worten:

"Wir meinen nun aber, die Einstellung der bolschewistischen Machthaber sei durch die blutigen Verfolgungen und all das, was sie auf dem Gewissen haben, schon genügend dokumentiert. Wir wissen jetzt nun ganz genau, wer die Anführer der Bibelforscher (Jehovas Zeugen) sind. Sie sind die Handlanger Moskaus und der Komintern, die Wegbereiter des Bolschewismus in den 'noch religiös denkenden und fühlenden Ländern. '" [141]

Eine abschließende "Abrechnung" mit der "Schweizerischen Pressekorrespondenz" und ihrem Redakteur Metzler veröffentlichte die Zeugen Jehovas-Zeitschrift "Trost" [142] in ihrer Ausgabe vom 15. Juli 1944.[143] Unter der Überschrift "Heinrich Metzler und seine Presseagentur" kann man dort entnehmen, dass bis zum 20. April 1944 insgesamt 68 Folgen erschienen sind. In der Nr. 68 kündigt Metzler an, dass er ein kontinuierliches Weitererscheinen nicht mehr garantieren könne, dass sie in der Zukunft "in zwangloser Folge und entsprechend den sich ergebenden Notwendigkeiten" erscheinen sollen.

Faktisch war dies sein "Schwanengesang". Die politisch-militärische Niederlage des Hitlerregimes zeichnete sich zu diesem Zeitpunkt schon überdeutlich ab. Die katholischen Kreise, die dieses Projekt getragen hatten, machten ihre Vorbereitungen für die Nachkriegszeit. Personen mit starken Nazisympathien konnte man nicht mehr im ersten Glied gebrauchen. Damit war klar, dass auch das Metzler'sche Projekt fallen gelassen wird.

Die Zeugenführung hat, dass auch aufmerksam registriert. Beleg dafür ist auch ihr Kommentar: "Das Metzler und seine Genossen von ihrer Presse-Agentur doch einen größeren Aufschwung und einen glänzenderen Erfolg erwarteten, geht aus einem Schreiben hervor, dass sie kurz nach der Gründung der 'Schweizerischen Pressekorrespondenz' oder 'SPK' an ihre Leser sandten. Es hieß dort u. a.: 'Wir haben in der letzten Zeit zahlreiche Ermunterungen auch von hohen kirchlichen Stellen erhalten und werden deshalb bestrebt sein, diesen Pressedienst immer besser und gediegener auszugestalten.' 'Immer besser und gediegener' wünschte Metzler also seine Presse-Agentur auszubauen. Es scheint aber, dass dies jetzt nicht mehr so notwendig ist, denn offenbar haben Metzlers Pressemeldungen wenig Interesse und Beachtung gefunden. Über Metzler haben wir in 'Trost' schon zu verschiedenen Malen berichtet. Wir möchten hier lediglich _ wiederholen:
Dazu kommt noch, dass Herr Metzler einen merkwürdig regen Verkehr mit Nazis und Faschisten aller Sorten pflegt. So trifft er sich mit dem Faschistenführer Fonjallaz. Er führt eine besonders enge Zusammenarbeit mit dem kürzlich vom Schweizerischen Bundesstrafgericht wegen unerlaubter Handlungen zum Nachteil der Schweiz zu einer längeren Gefängnisstrafe verurteilten Dr. Zander. Er hat aber auch seine Beziehungen über die Grenze gesponnen, verkehrt mit den deutschen Agenten Jonak und Fleischhauer und trifft sich mit diesen.
In seinem Kampfe, den er mit Unterstützung gewisser kirchlicher Kreise gegen Jehovas Zeugen führte, glaubte Metzler oft triumphieren zu können. So stellte er in der Nr. 55 vom 1. Juli 1940 der SPK voreilig die Behauptung auf, dass 'Jehovas Zeugen jetzt aus dem letzten Loch pfeifen.'

In der Ausgabe vom 1. August 1940 rühmte er seine SPK mit den Worten:
'Es war durch die SPK möglich mit einem verhältnismäßig geringem Aufwand, einem starken und mächtigen Gegner empfindliche Niederlagen beizubringen.' Metzler träumte von seinem großen Erfolg, den er unverfroren und siegesgewiss mit den Worten umschrieb: 'Der Kampf aber geht weiter bis zum Endziel: Verbot und Aufhebung der europäischen Zentrale der Zeugen Jehovas (Bibelforscher) in Bern.' So prahlte Metzler vor 4 Jahren. Und heute? - Seine Agentur-Blätter erscheinen nur noch in zwangloser Folge. Wie lange werden sie überhaupt noch erscheinen?"
[144]

Auch andere Gruppen und Personen sahen sich durch Schweizer faschistische Kreise gerichtlich genötigt. Unter ihnen auch C. A. Loosli, der bereits im Berner Protokolleprozess für die jüdische Seite als Gutachter agierte. Loosli hatte dabei auch den Ausspruch getan, dass die Schweizer Nazis, die auch als "Nationale Front" firmeren, sowohl in ideeller als auch materieller Hinsicht von Deutschland ausgehalten würden. Daraufhin wurde Loosli von einer dieser Schweizer Naziorganisationen gerichtlich belangt.

Es war das Glück von Loosli, dass zwischenzeitlich im Sommer 1937, die Schweizer Staatsanwaltschaft ihr Augenmerk näher auf den Toedtli richtete und bei ihm eine Hausdurchsuchung durchführte. Dabei wurde eine umfangreiche Korrespondenz beschlagnahmt, mittels derer der Anwurf von Loosli auch dokumentarisch belegt werden konnte. [145]

Nun mag man fragen: Warum wurde diese Hausdurchsuchung bei Toedtli veranlasst? Die Antwort ist: Das er sich zwischenzeitlich als die Symbolfigur der Schweizer Nazis profiliert hatte. Die "Berner Tagwacht" schrieb über ihn: "In der Zwischenzeit ist Boris Toedtli, der in seiner Person ungefähr alles Vereinigte, was eine frontistische Koryphäe ausmachen konnte - er war Vertreter der Antisemitenzentrale 'Weltdienst' und Bodung-Verlag in Erfurt für die Schweiz; Fleischhauer'schen Mitglied der Nationalen Front und eine Zeitlang auch Gaukassier der Gauleitung Bern, früheres Mitglied des Bundes Nationalsozialistischer Eidgenossen und besaß nicht nur enge Beziehungen zu den übrigen Fronten, sondern war - last not least - auch noch stellvertretender 'Führer' des 'Verbandes allrussischer Faschisten', deren Hauptsitz sich in Charbin befindet. - Dieser Boris Toedtli, (war) hier in Bern bis dahin Akteur oder Zuschauer jedes Fröntler-Prozesses." [146]

Toedtli wurde von der Schweizer Justiz in Abwesenheit zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Er hatte sich dem Gerichtstermin durch die Flucht nach Deutschland entzogen. [147] Zwischenzeitlich hatte Deutschland mit der Sowjetunion den sogenannten "Nichtangriffspakt" abgeschlossen. In dieser politischen Konstellation sah er sich genötigt, im Dezember 1939 in die Schweiz zurückzukehren. Dort musste er seine verhängte Strafe dann doch absitzen. Nach Angabe von Cohn soll er dann innerhalb der Zeitspanne des Zweiten Weltkrieges verstorben sein. [148]

Soweit also das schon früher ausgeführte zum Fall Toedtli.
Insofern habe ich die innere Ruhe um auch auch die „Trost"-Ausführungen in Sachen Toedtli (in der Ausgabe vom 15. 2. 38) kommentarlos zitieren zu können. Ein Urteil zu dem Fall kann sich jeder selbst bilden. Genanntes „Trost" schreibt:


Boris Toedtli ist in der Schweiz erstmals an die Öffentlichkeit getreten als Redaktor der von der "Vereinigung für Kirche und Papst" in St. Gallen seit 1936 herausgegebenen "Schweiz. Pressekorrespondenz" (SPK), wofür er mit H. Metzler, St. Gallen, als verantwortlich zeichnete.
Diese sogenannte Pressekorrespondenz ist allgemein bekannt als eine tendenziöse Hetzschrift gegen JEHOVAS ZEUGEN und deren Verkündigung des Evangeliums vom Reiche Gottes.
Welche Bedeutung der Papst in Rom diesen Bemühungen beimißt, geht aus dem Wortlaut eines Telegrammes hervor, welches in der Nummer der SPK vom 20. Juli 1937 veröffentlicht worden ist, das wie folgt lautet:
"Seine Heiligkeit hat mit Freude die Huldigung der Gesellschaft für Kirche und Papst entgegengenommen und bittet um weitere Entwicklung und erteilt von Herzen seinen Segen.
gez. Kardinal Pacelli."

Boris Toedtli war gleichzeitig Vertreter und Agent des vom Naziagenten Fleischhauer geleiteten, nationalsozialistischen, antisemitischen "Weltdienst" in Erfurt und somit auch Agent des deutschen Propagandaministeriums unter Göbbels und des Büros der Auslandpolitik der deutschen nationalsozialistischen Partei unter Alfred Rosenberg.
Toedtli war ferner Leiter des Spionagebüros v. Potters in Bern, Mitglied der "Nationalen Front" und stellvertretender Führer des Verbandes der "Allrussischen Faschisten" mit Hauptsitz in Charbin, Mandschurei.
Mit Datum vom 15. Juni 1936 schrieb Toedtli folgenden Brief an Oberstleutnant Fleischhauer in Erfurt:
"Bern, den 15. Juni 1936.
Lieber, sehr geehrter Herr Oberstleutnant,
Herr Jonak hat Ihnen natürlich den ,,freundlichen" Brief von Lifschitz an die Anklagekammer über meine Person gezeigt.
Hierbei sende ich Ihnen die Kopie meiner Antwort.
Lifschitz ist natürlich ganz im Recht. Ich bin doch Ihr Agent, wie auch (indirekt) ein Agent des Dritten Reiches. Es ist aber nicht "zum Druck", darum bestreite ich diese Tatsache.
Ich hoffe, daß die Antwort nicht zu mild ist."
Boris Toedtli wurde alsdann in der Folge von Erfurt aus in Verbindung mit der "Vereinigung für Kirche und Papst" in St. Gallen und andern römisch-katholischen Kirchenfürsten beauftragt, einen Prozeß gegen zwei Vertreter der Zeugen Jehovas wegen "Herabwürdigung der Religion" beim Amtsgericht V in Bern einzuleiten, wofür gleichzeitig auch die erforderlichen Mittel bereitgestellt wurden.
Wieder unter der Anschrift "Lieber, sehr geehrter Herr Oberstleutnant" schrieb am 5. Juli 1936 Boris Toedtli an den Vorgesetzten Fleischhauer in Erfurt u. a. folgendes:
"Herr Ruef (Anwalt der eingeklagten Frontisten im Zionistenprozeß. Red.) riet mir, ich soll Ihnen schreiben und Sie um Entlohnung meiner Arbeit bitten. Er denkt, daß die deutsche Devisenstelle doch verstehen wird, daß wir in erster Linie für Deutschland kämpfen und deshalb auch einen Gegendienst beanspruchen dürfen.
Herr Ruef bat mich, den Kampf nicht aufzugeben, da wir hier keine zuverlässigen Leute haben, die die Sache übernehmen könnten.
Ich überlasse es Ihnen, diese Frage zu entscheiden.
Ich habe mir bis jetzt gute Beziehungen bei Katholiken verschafft für die Bibelforschersache.
Ich wurde auch vom Papstnuntius empfangen und besprach mit ihm die ganze Angelegenheit. Er gab mir zwei Empfehlungsbriefe nach Zürich und St. Gallen. Mit dem Einverständnis von Ruef werde ich diese Woche hinfahren.
Es wäre ratsam, bereits heute ein Mitteilungsblatt für die Presse erscheinen zu lassen, indem wir verschiedenes über die Bibelforscher veröffentlichen. Das. Blatt sollte zweiwöchentlich erscheinen und als Herausgabeort Bern nennen. Deutschland sollte besser nicht genannt werden, da dies der Unparteilichkeit schaden könnte. Die katholischen Kreise z. B. stehen dem deutschen Reich ziemlich feindlich gegenüber.
Es würde mich interessieren, was Sie mit Cooper verabredet haben ?
Von meinem Untergebenen in Italien, dem Abt. Führer der russischen Fascisten, habe ich betr. den Umtrieb des W(elt). D(ienst). in italienischer Sprache günstigen Bericht bekommen. Er schreibt, daß er überzeugt ist, daß der W. D. Erfolg haben wird und ist bereit, dem Vertrieb nach Möglichkeit zu helfen."

Die "Gesellschaft für Kirche und Papst" in St. Gallen bemüht sich nun, sich von Toedtli etwas mehr zu distanzieren, nachdem er als ihr Gewährsmann und Werkzeug von der Bundesanwaltschaft in Bern als Agent und Spion des Auslandes entlarvt wurde, jedoch seinen Prozeß gegen JEHOVAS ZEUGEN noch rechtzeitig zugunsten seiner Auftraggeber durch Fürsprech Ruef in Bern zum Abschluß bringen konnte.
Wir verweisen hier auf einen Artikel in Nummer 9 der SPK, Ausgabe vom 5. Dezember 1937, in welchem u. a. folgendes gesagt wird:
"Boris Toedtli hatte gegen die Ernsten Bibelforscher in Bern Strafklage wegen "Herabwürdigung der Religion" eingereicht und suchte verständlicherweise dafür die Unterstützung katholischer Kreise. Er gründete im Sommer 1936 die SPK und gab auf den 1. August 1936 die erste Nummer heraus. Um dem Unternehmen jene Richtung zu geben, die mit dem Ziele und Zwecke der Gesellschaft für Kirche und Papst übereinstimmt, wurde auf Grund ihrer finanziellen Beteiligung die Gesellschaft für Kirche und Papst die Eigentümerin der SPK (Schweizerische Pressekorrespondenz). Boris Toedtli sollte seine Kenntnisse aus Sovietrußland wo er als Auslandschweizer aufgewachsen ist, und auch seine Kenntnisse der russischen Sprache für die Bearbeitung der antikommunistlschen Propaganda weiterhin zur Verfügung stellen. Zudem war vorgesehen, daß er solange Mitredaktor der SPK bleiben soll, bis zur Erledigung seines Strafprozesses, den er am 28. Mai 1937 vor dem Berner Obergericht als Appellationsinstanz gewann unter Buße und Kostenfolge für die beklagten Beamten der Bibelforschergesellschaft Dann schied Toedtli am l. Juni. 1937 aus der Redaktion der SPK aus.
Sein Prozeß und das Urteil des Berner Obergerichtes sind ein ganz wertvolles Präjudiz für spätere Klagen gegen die Bibelforscher. Auch ist im Zusammenhang mit dem Prozeß, dessen Ausgang durch die Presse genügend bekanntgemacht werden konnte, die Bibelforscherfrage wieder in den Mittelpunkt des Interesses gerückt worden, was einem merklichen Fortschritte im Kampfe gegen diese Gesellschaft gleichkommt Eine zuständige katholische Instanz hatte auch am Ausgang des Prozesses regen Anteil genommen und auf ihre Weise das Resultat weiten Kreisen vermittelt In diesem Sinne haben wir die Anstrengungen von Boris Toedtli kräftig unterstützt und damit konnte der Sache mehr gedient werden, als mit Protesterklärungen."
Zu bedauern ist, und diese Ansicht wird auch in Gerichts- und Anwaltskreisen unterstützt, daß sich die Strafkammer des Kantons Bern in dem Prozeß gegen Jehovas Zeugen wegen angeblicher "Herabwürdigung der Religion" durch den Kläger Toedtli täuschen ließ und nicht die Edierung der bei der Bundesanwaltschaft liegenden, bei Boris Toedtli bereits beschlagnahmten 3 Kisten Beweismaterial anbegehrte, wodurch die dunklen Machenschaften des von seinen Hintermännern vorgeschobenen Toedtli ans Tageslicht gerückt worden wären.
Als Ergänzung der Beweismittel, wie sie durch die Veröffentlichungen des "Freien Aargauer" vom 29./30. September, "Nationalzeitung" Nr. 539 vom 19. November und "Bund" Nr. 566 vom 3. Dezember 1937, sowie durch die Akten bei der Bundesanwaltschaft in Bern festgestellt worden sind, diene noch folgender Artikel aus dem "Cesoir", Paris, in der Ausgabe vom 18. Dezember 1937 wie folgt:
"Zwei unterirdische Wege werden aufgedeckt ... welche die Verschwörer benutzten, um in Paris an die richtigen Stellen zu gelangen.
Toedtli, von Potters Stellvertreter, war in Paris, als das Komplott aufgedeckt wurde. Sind gewisse Weiß-Russen auch daran beteiligt!
Bern, 17. Dezember.
Ich sagte Ihnen schon gestern, wer der berühmte Baron Georg Anton von Potters eigentlich ist, den die C. S. A. R. in Sachen Bürgerkrieg um Rat bat. Es scheint, daß er seine Nationalität so oft wechselt wie das Hemd. Der Baron ist ungarischer Herkunft, und bei seiner Verhaftung in Bern war er im Besitz von zwei Reisepässen: von dem einen dieser Pässe kennen wir die Nationalität nicht, und der andere, dem er meistens den Vorzug gab, ist ein diplomatisches Dokument der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Das ist aber nicht alles.
Im Jahre 1933 war der Baron Attache der österreichischen Gesandtschaft in Paris, 1936 Attache der Ungarischen Gesandtschaft in München. In der Zwischenzeit erwarb er die französische Nationalität und war gleichzeitig im Dienst des Büros III B des deutschen Spionagedienstes des Obersten Nicolai. Die Herren Deloncle, Duseigneur, Pozzo di Borgo und ihre Gehilfen hätten wahrlich keinen besseren Ratgeber wählen können!
Toedtli, von Potters Agent.
Ich sagte Ihnen auch schon, daß Baron von Potters in Bern von der Polizei in dem von ihm in der Bundeshauptstadt eingerichteten Spionagebüro verhaftet wurde. Dieses Büro wurde von v. Potters aus der Ferne geleitet. Er hatte, wie dies sechs dort gefundene Kisten zu beweisen scheinen, einen Mann namens Boris Toedtli an die Spitze des Büros gestellt.
Wer ist nun eigentlich dieser Agent von Potters?
Der Berner Polizeirapport gibt uns hierüber genügende Auskunft.
Es wird uns darin bestätigt, daß Boris Petrowitch Toedtli ein Schweizerbürger ist; am 7. Mai 1901 in Kiew in der Ukraine von einem schweizerischen Vater, Peter Toedtli und einer russischen Mutter, Helene Kossth geboren. Dem Polizeikommissar, der die Einvernahme Toedtlis führte, erzählte er einen glänzenden Feuilleton-Roman, dem aber die Tatsachen ganz und gar widersprechen. Seine ganze Kindheit soll er in Kiew verbracht haben, was ja glaubwürdig erscheint. Im Jahre 1917, als er nur 16 Jahre alt war, hat er in den Reihen der Armee des Generals Kornilow gekämpft, dann bei Denikin und schließlich an der Seite Wrangels. Er soll zahlreiche Auszeichnungen erhalten haben und dann schließlich mit 18 Jahren von den weißen Generälen zum Offizier ernannt worden sein.
Im Jahre 1920, als er von den Sowiet-Armeen gefangen genommen wurde, gelang es ihm unter seltsamen, wie auch abenteuerlichen Umständen die Flucht zu ergreifen.
Auf die Frage nach seinem Beruf, gab er zur Antwort, daß er zur gleichen Zeit Photograph und Zahnarzt sei; zwei Berufe, die gewiß sehr gut zueinander passen! Die sechs Kisten mit Dokumenten, die von der Polizei in der Wohnung Toedtlis, an der Gewerbestraße 21 in Bern, gefunden wurden, beweisen, daß er ein ganz anderer Held ist, als er den Anschein zu geben versuchte. Zu allererst war er der Vertrauensmann des Barons von Potters, der für den Obersten Nicolai arbeitete. Dann war er der Agent des berühmten ,,Weltdienstes" von Erfurt, von wo aus die antisemitische und hitlerische Propaganda auf der ganzen Welt geleitet wird. Die Führer dieses Propagrandabüros, Baron von Potters und Oberstleutnant Fleischhauer, sind Agenten des Propagandaministeriums, Herrn Goebbels, und des Büros der Auslandspolitik der deutschen nationalsozialistischen Partei, des Doktors Alfred Rosenberg.

Andere Dokumente, von nicht minderer Bedeutung, offenbaren, daß dieser Agent von Potters, Fleischhauers, Dr. Goebbels und Dr. Rosenbergs auch ein Agent der Gestapo und westeuropäischer Vertreter der "Faschistischen Fan-Russischen Partei", die ihren Sitz in Charbin hat, ist. Neben all diesen verschiedenartigen Funktionen betätigte sich Toedtli als Buchhaltungsrevisor der Gruppen der "Nationalen Front", die aus den extrem rechts orientierten Parteien der Schweiz besteht. Es kommt noch besser: die Weiß-Russen übergaben ihm ein Schriftstück, worin ihm "alle Vollmachten gegeben werden, um mit den deutschen Behörden zu verhandeln".
Das ist Toedtli, der Untergeordnete von v. Potters, dem Ratgeber der C. S. A. R.! Was war nun ein von Potters, der der Vorgesetzte eines solchen Mannes war?!
Ist es nicht eigentümlich, gerade in dem Moment, wo das Komplott der C. S. A. R. aufgedeckt wird, auf Toedtli zu stossen ? Der vielseitige Agent des Barons von Potters wohnte ja auch bei dem Weiß-Russen Stepanov, der in England und in Frankreich wegen staatsfeindlicher Propaganda verurteilt wurde, und dessen Name auch in den in Bern beschlagnahmten Dokumenten figuriert.
Genügen denn diese Hinweise nun eigentlich nicht?

Abdruck eines Ausweises:
Der Vorzeiger dieses - zeitweiliger Vertreter des Oberhauptes der Allrussischen Fascistenpartei in Westeuropa - Herr Boris Petrowitch Toedtli - ist von dem Oberhaupt und von dem Allerhöchsten Rat der genannten Partei (A. F. P.) bevollmächtigt, Ernennungen und Entlassungen von allen Personen (Mitglieder der A. F. P. in Europa), die die verantwortlichen Parteistellungen haben, sowie auch die Änderungen in der Organisation der A. F. P. in Deutschland, nach seinem eigenen Ermessen auszuführen.
Bei den Verhandlungen mit den deutschen Behörden hat er - B. P. Toedtli - Vollmacht, als Vertreter der A. F. P. Oberhaupt der Allrussischen Fascistenpartei und Vorsitzender des Allerhöchsten Rates der A. F. P.
K. Rodzaevsky."

Boris Toedtli hat sich nun einer durch die Bundesanwaltschaft beim Richteramt in Bern eingeleiteten Strafverfolgung durch die rechtzeitige Flucht ins Ausland entzogen.
Der seither allein für die SPK verantwortlich zeichnende Redaktor H. Metzler war bis vor kurzem noch Direktor und Leiter des Zentralsekretariates des "Weltkreuz vom allerheiligsten Sakrament", welche Institution ihren Sitz in London haben soll, da deren Generaldirektion in London wohnt. H. Metzler hatte diesen Posten im Winter 1933 von Marquis Alphonse Trincano in Fribourg, der schweizerischen Hochburg der großen politischen Weltorganisation der römisch-katholischen Hierarchie, deren Sitz im. Vatikan in Rom ist, übernommen. Letzterer soll im Jahre 1926, aus England kommend, dieses religiös getarnte politische Werk in die Schweiz eingeführt haben.
Seine Mitgliederzahl soll bereits auf 18 779 angewachsen sein. Wegen angeblicher Überlastung ist nun H. Metzler von diesem Posten als Zentralsekretär zurückgetreten. An seine Stelle trat unter Protektorat maßgebender Schweizer Bischöfe Herr Alphons Turishauser-Brem in Hörn am Bodensee."
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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 28. März 2008 06:14

"Trost" 1. 3. 1938
Es wurde schon verschiedentlich notiert, dass sich in der frühen Bibelforscherbewegung, eine besondere Affinität für das Heilpraktikertum nachweisen lässt. Gelangte irgendeine neuere Meldung dieser Art zur Kenntnis des „Goldenen Zeitalters" („Trost") konnte man fast sicher sein. Sie wird auch an die dortige Leserschaft weiter gegeben. In der „Trost"-Ausgabe vom 1. 3. 1938 war es wieder mal so weit.

Offenbar konnte sich aber wohl selbst die „Trost"-Redaktion eines gewissen Unglaubens nicht erwehren. Getreu dem Motto: Die Botschaft höre ich wohl. Allein es fehlt der Glaube.

An dem „Trost"-Bericht ist einzig und allein das Schlussvotum relevant, wo die „ungläubigen Thomasse" des „Trost" dies zum Ausdruck bringen. Im Verhältnis zur vorgetragenen (der Presse entnommenen Meldung), sei doch wohl (ihrer Meinung nach) die Homöopathie und verwandtes, „seriöser".

Über letzteres ließe sich allerdings trefflich streiten, was aber an diesem Ort nicht unbedingt geschehen soll.

Lassen wir es also bei einem „neutralen" Bericht bewenden, indem wir einfach nur das mitteilen, was schon „Trost" für offenbar mitteilenswert erachtete:


„Der Wüstensand, ein Heilmittel für Lungenkranke
Die Zeitungen berichten, daß Professor Ernst Gehrcke, Direktor der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin, entdeckt habe, daß in dem Wüstenstaub in Nordafrika, Ägypten und der Sahara ein Heilstoff enthalten sei, der Lungen- und Asthmaleiden heilsam beeinflussen könne. Dieser Heilstoff wird nun in einem großen Berliner Werk auf chemischem Wege hergestellt, und so werden die Wirkungen des natürlichen Klimas erzeugt. In wenigen Wochen soll dieses Heilklima-Institut eröffnet und der im Wüstenstaub entdeckte Heilstoff für die Allgemeinheit nutzbar gemacht werden.

Man war schon im vorigen Jahrhundert auf die Heilwirkungen, die Nordafrika und die Sahara bei Lungenkranken hervorriefen, aufmerksam geworden. Der berühmte Afrikareisende Gustav Nachtigal (1834-1885), der ein schwerkranker Mann war, bevor er seine Entdeckungsreisen antrat, hatte beschlossen, den kleinen Rest seines Lebens in Algier zu verbringen. Er litt an unheilbarer Lungentuberkulose und erwartete zwar keine Heilung, aber doch Linderung seiner Schmerzen. Merkwürdigerweise besserte sich sein Zustand in der heißen Sonne Afrikas von Tag zu Tag, so daß er schon nach kurzer Zeit imstande war, seine berühmten Forschungsreisen, die mit den größten körperlichen Anstrengungen verbunden waren, durchzuführen.

Da auch andere Lungenkranke in Nordafrika und der Sahara Heilwirkungen verspürten, wurde man auf diesen Umstand immer mehr aufmerksam. In immer größeren Scharen suchten Lungen- und Asthmakranke Ägypten und andere Randgebiete der Sahara auf, und stets ließ sich erneut feststellen, daß das Klima der Sahara Heilkräfte enthielt, die man bisher dort nicht vermutet hatte. In der ganzen Welt rühmte man bald die Lungenheilstätten in Ägypten und am Rande der Sahara. Immer mehr priesen die Besucher dieser Gegenden die Heilkräfte, die ihnen dort Genesung von dieser furchtbaren Krankheit verschafft hatten.

Man rühmte die afrikanische Sonne, der man in der Hauptsache die Heilwirkungen zuschrieb. Die Männer der Wissenschaft aber waren ungläubig, da sich herausgestellt hatte, daß Sonnenstrahlung und hohe Temperaturen in Verbindung mit heißer, trockener Luft durchaus noch keine Heilkräfte enthielten. Man stellte außerdem durch die Phototechnik fest, daß die. Sonnenbestrahlung in Ägypten durchaus nicht stärker, sondern sogar etwas schwächer als in Deutschland ist.

Professor Gehrcke fand dann, daß in der Luft Nordafrikas,- Ägyptens und der Sahara ein ganz bestimmter Stoff enthalten ist, freilich nur in sehr geringen Mengen. Und dieser Stoff im Wüstenstaub soll die Heilwirkungen hervorbringen. Professor Gehrcke ließ nun - um seine Entdeckung zu erproben - von lungenkranken Patienten Wüstenstaub einatmen, und bereits nach wenigen Minuten ließen sich überraschende Änderungen nachweisen. Die Kranken bezeugten übereinstimmend, daß sie wesentliche Erleichterungen verspürten. Die Heilwirkung hörte sofort auf, wenn man die Behandlung mit Wüstenstaub aussetzte, begann aber aufs neue, wenn der Patient wieder Wüstenstaub einatmete. Jetzt wiederholte man die Versuche in größerem Umfange und erzielte genau die gleichen Erfolge. Nun fing man an, auch die Luft bekannter europäischer Lungenheilstätten zu untersuchen, z. B. in Davos, und die Ergebnisse rechtfertigten die Vermutung, daß in dieser Luft ebenfalls Staub aus der Sahara enthalten ist.

Es ist Tatsache, daß zu bestimmten Zeiten Staub aus der Sahara in großen Mengen über das Mittelmeer hinweg nach Europa geweht wird und dann in den Alpen niederfällt Professor Gehrcke gelang es dann, diesen Heilstoff in komprimierter Form darzustellen, so daß man nicht mehr genötigt ist, nach den fernen Landen zu reisen. Man kann mittels eines Inhalationsgerätes die unsichtbare Staubwolke in dem Heilklimainstitut in Berlin einatmen und seine erkrankten Lungen und Bronchien dadurch zur Genesung bringen."


Und dieser „Trost"-Bericht endet dann mit der Aussage:
„Ob nun aber durch den Gebrauch dieses Wüstenstaubes bessere Kuren erzielt werden als diejenigen, die schon seit vielen Jahren in der Volksmedizin durch die homöopathischen und biochemischen Mittel, z. B. durch Silicea, durch Ungosulfid, durch Heilerde, Lehmpackungen und dergleichen erzielt worden sind, möchten wir sehr bezweifeln. Immerhin wünschen wir dem neu entdeckten Lungenheilstoff den besten Erfolg!"

Trost" 1. 3. 1938

Zu den von den heutigen Zeugen Jehovas als „Highlights" gehandelten „Trost"-Ausgaben gehört unzweifelhaft auch die vom 15. 2. 1938. Weniger ihren Inhalt betreffend. Mehr und vor allem ihr Titelbild betreffend.

Wiedergegeben wird in dieser Ausgabe auch ein Erlebnisbericht aus dem KZ Esterwegen (eines der frühen Moorlager die auch Wolfgang Langhoff in seinem berühmten Buch „Die Moorsoldaten" schon thematisiert hatte).
„Zu den bekanntesten (dortigen) Schutzhäftlingen gehörten Carl von Ossietzky, Friedrich Ebert jun., Ernst Heilmann, Julius Leber, Bernhard Bästlein, Theodor Neubauer und Werner Finck."
www.diz-emslandlager.de/lager/lager07.htm

Wenn die heutige WTG es gerne so darstellt, als sei ihr Bericht in dieser „Trost"-Ausgabe einer der ersten über die Hitler'schen KZ, so ist ihr zu widersprechen. Langhoff und andere, haben da weit größere „Copyright-Ansprüche". Erinnert sei auch daran, dass schon vor dem „Trost"-Bericht, die vom Hitlerregime nicht gewünschte Auszeichnung des Carl von Ossietzky mit dem Friedensnobelpreis, sein Schicksal ins Rampenlicht stellte, und damit auch das KZ-Esterwegen. Die WTG war also in der diesbezüglichen Berichterstattung ein Nachzügler, keineswegs aber der „erste".

Aber richtig ist, dass solchen Aussagen wie etwa der nachfolgenden in dem „Trost"-Bericht zuzustimmen ist:

„Dem Gefangenen wird fortwährend ein Zustand vollkommener Hoffnungslosigkeit vor Augen gehalten, jeder Anspruch auf Gerechtigkeit wird ihm entzogen, und anderseits versucht man Mitleid zu erregen, indem man den Gefangenen an seine Frau, Kinder, Geschwister, Eltern usw. erinnert."

Bei allem Mitleid auch mit den Zeugen Jehovas-Opfern des Naziregimes, stellt sich dennoch die Frage. Waren sie in diesem Umfange unausweichlich? Oder hat sie nicht die Rutherford-Administration durch ihr unflexibles agieren, zusätzlich verstärkt.

Meines Erachtens sprechen auch solche Sätze in der „Trost"-Ausgabe vom 15. 2. 1938 für die letztere These wie zum Beispiel die:


„Das Zeter- und Mordgeschrei in der katholischen Presse über angebliche Katholikenverfolgungen in Deutschland ist in aller Welt bekannt. Ebenso aber auch die Tatsache, daß ein solches Geschrei zu aller Zeit und bei allen Anlässen auf Befehl der Hierarchie erhoben wurde, wenn sich ihre Pläne und Absichten auf Alleinbeherrschung der Massen nicht schnell genug entwickelten. ...

Das augenblickliche Streitobjekt ist nicht die Ausübung der katholischen Religion in den Kirchengebäuden Deutschlands, sondern die Organisierung der heranwachsenden Jugend....

Und dies (das Schicksal der Zeugen) einzig und allein, weil sie, ihrem biblischen Grundsatz getreu, mit aller Kraft versuchen, sich von einer politischen oder klerikalen Gleichschaltung fernzuhalten. Sie haben sich weder im monarchistischen System noch im marxistischen an irgend einer Wahl oder anderen politischen Aktion beteiligt. Warum sollten sie jetzt von diesem Grundsatz abweichen, nur weil es irgendein sich für sehr wichtig und klug haltender Mensch verlangt? Sie haben niemals irgend jemandem Heil oder Rettung aus individueller oder nationaler Not zugeschrieben, außer ihrem Herrn und Schöpfer Jehova der Heerscharen und seinem geliebten Sohne Jesus Christus.
Warum sollten sie wegen eines gewöhnlichen Regimewechsels diesen erprobten Standpunkt preisgeben? ...
Dies kann nicht der Fall sein, denn seine Vertreter in der Schweiz, in Österreich, in Ungarn, in New-Jersey und vielen anderen Ländern der Erde betreiben die Verfolgung der Zeugen Jehovas in der gleichen Weise wie diejenigen im jetzigen Deutschland...."

Der Bericht in „Trost" vom 15. 2. 1938 erschien noch ohne Namensnennung. In der „Trost"-Ausgabe vom 1. 3. 1938, gab es dann noch eine Fortsetzung dieses Berichtes. Diesmal namentlich gezeichnet mit Arthur Winkler.

Er erwähnt in seinem Bericht auch Heilmann und Leber namentlich, dergestalt, dass er mit ihnen zusammen in der dortigen Baracke 9 untergebracht war, und viel Gelegenheit gehabt hätte sich mit ihnen zu unterhalten.

Der Sadismus der SS-Wachmannschaften kommt auch in der "Trost"-Angabe zum Ausdruck:

"Er (Leber) wurde mit Heilmann eines Tages in den Hundezwinger gesperrt, wo beide zunächst den Auftrag erhielten, sich wie Hunde aufzuführen." Nebst ärgerem.
(Heilmann war in der Weimarer Republikzeit unter anderem Reichtstagsabgeorneter für die SPD
Leber weist eine ähnliche Biographie auf. Die Ehefrau letzteren (Annedore Leber), hat in ihren Büchern nach 1945, schon relativ früh auch das Schicksal von Zeugen Jehovas mit thematisiert; (der Fall Jonathan Stark).

Trost" 1. 3. 1938

Bekanntlich gab es zeitgenössisch auch in den USA Kontroversen um die Zeugen Jehovas.
Letztere entzündeten sich dort besonders an der Frage des Flaggengrußes. In der „Trost"-Ausgabe vom 1. 3. 1938 gibt es dazu eine Rutherford-Stellungnahme, die im nachfolgenden kommentarlos vorgestellt werden soll.


„Der junge Sohn eines Zeugen Jehovas weigerte sich, die amerikanische Flagge zu grüßen. Die Presse wußte viel darüber zu sagen. Von der "Associated Press" wurde ich um eine Erklärung gebeten, die ich hier nun kurz geben möchte.

Die Flagge vertritt die herrschende Macht. Sie schreibt jener Macht Schutz und Heil für das Volk zu. Die Formalität des Flaggengrußes ist eine religiöse Zeremonie, die ein Geschöpf oder ein Ding ehrt und daher im Widerspruch mit dem Gesetz Gottes ist. Eine jede formelle Zeremonie, die im Gegensatz zum Gesetz Gottes steht, gereicht dem betreffenden Geschöpf zum Schaden und verunehrt den Namen Gottes.

Gott gibt denen, die ihm Wohlgefallen, folgenden ausdrücklichen Befehl: "Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Du sollst dir kein geschnitztes Bild machen, noch irgend ein Gleichnis dessen, was oben im Himmel, und was unten auf der Erde, und was in den Wassern unter der Erde ist. Du sollst dich nicht vor ihnen niederbeugen und ihnen nicht dienen" (2. Mose 20: 3-5).

Dieses Gebot gibt Gott den Menschen zu ihrem eigenen Nutzen; denn der Teufel versucht alle Menschen von Gott fortzulenken und ins Verderben zu führen. Der Flaggengruß mag einigen Menschen ganz unwichtig erscheinen. Wenn sich aber jemand geweiht hat, den Willen Gottes zu tun, so hat die Sache eine große Bedeutung für ihn. Indem man eine Flagge grüßt, erhebt man sie zu einem Bilde der Macht, von der man Heil erwartet.

Der Versuch, Kinder zum Flaggengruß zu zwingen, ist grundverkehrt; denn dadurch wird dem Kinde das Bild einer Macht vor Augen geführt, die den allmächtigen Gott verleugnet, von dem allein alles Heil ausgeht. Kein Staat ist befugt, Menschen zu etwas zu zwingen, was ihnen von Gottes Standpunkt aus schadet. Wenn jemand die Flagge zu grüßen wünscht und entsprechend handelt, so ist das seine eigene Angelegenheit, und niemand kann ihm deswegen Vorhaltungen machen. Aber wenn sich jemand geweiht hat, den Willen Gottes zu tun, und sich dann von einer Macht dazu beeinflussen läßt, die Gesetze Gottes zu übertreten, so bringt er sich in eine Gewähr. Wenn man sich auf Menschenmacht verläßt und von dorther sein Heil erwartet, so wird man sicherlich den Schutz Gottes nicht genießen.

Im dritten Kapitel der Prophezeiung Daniels ist gerade ein solcher Fall angeführt und dient als treffliches Beispiel für alle, die Gott lieben. Der König von Babylon machte ein Bild, stellte es auf einem öffentlichen Platz auf und ließ das Volk sich um das Bild versammeln. Es wurde der Befehl erlassen, daß sich beim Ertönen der Nationalhymne alle Menschen niederwerfen und das goldene Bild anbeten sollen; und alle, die das verweigern, würden in einen Feuerofen geworfen. Die Hebräer waren in Babylon in Gefangenschaft. Sie vertrauten auf Gott; und wenn sie sich vor einem von Menschenhänden gemachten Bild niedergebeugt hätten, wären sie Gott gegenüber untreu gewesen. Die Aufstellung des Bildes war ein Mittel der Verschwörung, die gottgetreuen Männer zu verderben. Drei treue Diener Gottes unterließen es, sich dort vor dem Bilde niederzubeugen. Auf die entsprechende Aufforderung gaben sie dem König zur Antwort: 'Wir halten es nicht für nötig, dir in dieser Augelegenheit gehorsam zu sein; und wenn du uns auch in das Feuer wirfst, so vermag uns unser Gott, dem wir dienen, aus dem brennenden Feuerofen zu erretten; und er wird uns aus deiner Hand, o König, erretten. Wir werden deinen Göttern nicht dienen und das goldene Bild nicht anbeten.'
Jene drei Hebräer wurden dann gebunden und in den rotglühenden Feuerofen geworfen. Weil sie aber Gott vertrauten und ihm treu geblieben waren, errettete er sie aus dem Feuerofen, ohne daß ihre Kleider vom Feuer auch nur versengt worden wären.

In gleicher Weise besteht heute von Seiten einer gewissen religiösen Organisation eine Verschwörung, diejenigen zu verderben, die einer ungerechten Vorschrift nicht Gehorsam leisten wollen; und hinter diesen Bestrebungen steckt der Teufel. Die Verschwörer sind auf die hinterlistige Idee verfallen, die Flagge zu hissen und die Kinder zu zwingen, diese zu grüßen. Wenn nun Kinder, die gelehrt worden sind, Gott zu lieben und ihm zu dienen, diese Zeremonie ablehnen, werden sie hart bestraft.
In Deutschland wird den Menschen befohlen, die Flagge zu grüßen mit den Worten "Heil Hitler". Das würde bedeuten, Heil käme von Hitler, was aber eine Gotteslästerung ist, denn alles Heil kommt allein von Gott.

In den Vereinigten Staaten versucht die gleiche religiöse Organisation, welche die Nazi-Partei aufkommen ließ, unter deren Terror Deutschland jetzt steht, das amerikanische Volk zu nötigen, sich entweder ihren Ideen zu fügen oder sonst sich der Bestrafung auszusetzen.
Man lehre die Kinder, Jehova Gott und Christus Jesus zu ehren und ihnen zu dienen, dann werden sie nicht irregehen. Die Weigerung, die Flagge zu grüßen, weil man an Gott und Christus Jesus glaubt und ihnen dient, ist keine Verachtung der Flagge, noch des Landes, sondern der Ausdruck richtiger Ehrerbietung und des Gehorsams gegenüber dem allmächtigen Gott. Jeder einzelne muß sich entscheiden, ob er Gott oder den Menschen gehorchen will.
J. F. R."


Einen quasi als Fortsetzung der Berichterstattung über die Flaggengruß-Kontroverse zu bezeichnenden kommentierten Bericht, kann man auch der „Trost"-Ausgabe vom 15. 6. 1939 entnehmen. Dort ist zu unter anderem zu lesen:

„ ... Trotzdem Kinder von Zeugen Jehovas in den Vereinigten Staaten ihre Glaubenseinwendungen geltend machen, wenn sie sich an solchen Flaggengruß-Zeremonien nicht beteiligen, kommt es manchmal vor, daß sie deswegen von der Schule verwiesen werden. Es ist also die Schulbehörde, die sie vom Schulbesuch abhält.

Dennoch hat man einige Eltern zur Anzeige gebracht, weil sie ihre Kinder vom obligatorischen Schulbesuch ferngehalten hätten. Diese verkehrte Anschuldigung führte natürlich zu Prozessen.

Am 17. Januar 1939 wurde ein solcher Prozeß (gegen Charles und Hilda Sandstrom wegen ihrer Tochter Grace) vom Appelationsgericht des Staates New York zugunsten der Eltern entschieden und damit ein Präzedenzfall für ähnliche Verfahren geschaffen. Von zwei untergeordneten Instanzen waren die Sandstroms vorher verurteilt worden.

Man erwarte aber nicht, daß die Presse und der Rundfunk in Amerika diesen Freispruch bekanntgemacht hätten. In welcher Weise sie darüber berichteten, mag daraus ersehen werden, daß bei einer öffentlichen Versammlung in Columbus (Ohio) von den Anwesenden etwa hundert erklärten, über den Fall gelesen oder gehört, aber den Eindruck gewonnen zu haben, daß eine Verurteilung, kein Freispruch erfolgt sei.

Kein einziger hatte den Presseberichten entnehmen können, daß die Sandstroms freigesprochen wurden. Trotzdem hatte die Presse nicht direkt gelogen. Für gewiefte Zeitungsschreiber ist es eben nicht schwer, einen Bericht so „glänzend" zu gestalten, daß er wie Scheinwerferlicht ins Gesicht des Lesers wirkt, der dann unmöglich den eigentlichen Gegenstand erkennen kann.

In diesem Falle wurde das einfach in der Weise erreicht, daß man nicht, das freisprechende Urteil und seine Begründung, sondern eine für den Prozeßgegenstand ganz unwesentliche Gerichtsäußerung wiedergab. Daß eine solche Berichterstattung ebenso verlogen ist wie die offene Lüge, braucht nicht erst betont zu werden.

Die erwähnte unwesentliche Gerichtsäußerung betraf die Frage, ob der Flaggengruß etwas Glaubenswidriges sein könne.
Die Mehrzahl der Richter verneinte das und meinte, daß der Flaggengruß von den Schulbehörden verlangt werden kann. Wohlgemerkt, diese Frage stand nicht eigentlich zur Debatte, konnte also auch am Urteil nichts ändern.

Zum eigentlichen Prozeßgegenstand erklärte das Gericht deutlich, daß ein gesetzliches Vorgehen höchstens gegen den Lehrer, nicht aber gegen die Eltern möglich sei, weil die Eltern ihr Kind ja nicht von der Schule fernhielten. ..

Sehr interessant ist, was der Bruder des Gouverneurs von New York, Richter Lehman, der die Sandstroms mit freisprach, über den Flaggengrußzwang ausführte. Für Presse und Rundfunk waren diese Worte offenbar zu vernünftig und zu amerikanisch, darum wurden sie totgeschwiegen. Richter Lehman sagte:

"Ich kann in dem Gesetz nichts finden, auf Grund dessen billigerweise verlangt werden könnte, daß jedes Kind an solchen Veranstaltungen teilnehmen müßte, selbst dann, wenn Kinder von ihren Eltern oder Religionslehrern dahingehend belehrt sein sollten, daß es Ungehorsam gegen Gottes Gebot wäre, die Flagge zu grüßen. Einem solchen Kinde auf Grund der Autorität des Gesetzes entweder durch die Gesetzgeber oder durch einen Schulleiter einen staatlichen Befehl zu erteilen, wäre nach meiner Ansicht eine Überschreitung der Grenzen, die den Behörden durch die Verfassung gezogen sind.

Episkopalisten, Methodisten, Presbyterianer und Baptisten, Katholiken und Juden mögen alle darin übereinstimmen, daß der Flaggengruß nicht Ungehorsam gegenüber dem Willen des Schöpfers bedeuten kann; alle staatlichen Richter mögen darin übereinstimmen, daß kein wohlmeinender Mensch gegen einen solchen Gruß etwas Vernünftiges einwenden könne; diesem kleinen Kinde ist jedoch gelehrt worden, etwas anderes zu glauben.

Das Mädchen muß wählen zwischen dem Gehorsam gegenüber dem Gebot des Schulleiters und dem Gehorsam gegenüber dem, was sie, ihrer Belehrung gemäß, als das Gebot Gottes ansieht. Sie hat sich dafür entschieden, dem zu gehorchen, was sie für das Gebot Gottes hält. Der mehrheitlich geäußerten Gerichtsmeinung, daß sie dem Gebot des Schulleiters selbst dann gehorchen müsse, wenn sie davor zittert, sich den gerechten Zorn ihres Schöpfers zuzuziehen und getötet zu werden, ,wenn die Schlacht von Harmagedon kommt', kann ich nicht beipflichten."

Und am Schlüsse seiner Ausführungen sagte dieser hohe Richter in eindringlicher Weise:
,,Der Flaggengruß ist eine Geste der Liebe und der Achtung - schön, wenn hinter dieser Geste wirkliche Liebe und Achtung steht. Wenn ein Kind die Flagge nur mit Widerwillen und Schrecken grüßt, um dem Diktat des eigenen Gewissens zuwider einem Gebot der weltlichen Behörden nachzukommen, wird die Flagge entehrt. Die Flagge, die ,unser aller Herzen teuer ist', sollte nicht mit den Tränen eines kleinen Kindes befleckt werden. Eine solche Befleckung und Entehrung der Flagge war von den Gesetzgebern niemals beabsichtigt und wird von der Verfassung nicht zugelassen."

„Trost" 15. 3. 1938

Der Spanische Bürgerkrieg (mit seiner massiven Einmischung auf beiden Seiten), war unfraglich ein zeitgenössisch hoch bewegendes Ereignis. Nun kann man eine Meinung zu einem Thema auf vielerlei Weise kundtun. Eine davon ist eben auch die, dass in Form der Zitierung das ausgedrückt wird, was man selbst denkt. Andere für sich sprechen lassen, diese „Technologie" war auch dem „Goldenen Zeitalter" („Trost") nicht fremd. In der „Trost"-Ausgabe vom 15. 3. 1938, begegnet man - bezogen auf den Spanischen Bürgerkrieg - solch einem Beispiel. Sicherlich weit entfernt von einer theoretischen „Neutralität", die in der Praxis ohnehin nicht bestand.

Was das „Trost" insbesondere „beflügelte" war der Umstand, dass sein zitiertes Votum auch eine stark antikatholische Komponente enthielt. Wann immer die gegeben, wurde man in der „Trost"-Redaktion besonders „hellhörig". So auch in diesem Fall

Bereits in der Ausgabe vom 1. 3. 1938 (und in Fortsetzung auch der Ausgabe vom 15. 3. 1938) brachte das „Trost" unter der Überschrift: „Warum die Bischöfe hinter Franko stehen", einen umfänglichen Bericht, der laut Untertitel von John McGovern, einem römisch-katholischen Mitglied des englischen Parlaments stammen sollte.

Seine wesentlichen Aussagen seien im nachfolgenden vorgestellt. Man kann sich also durchaus in die Situation jener hineinversetzen, welche zeitgenössisch das „Trost" lasen.

Im Detail wurde ausgeführt:

Durch Berichte über Folterung und Ermordung von Priestern und Nonnen und über das Niederbrennen von Religionsinstituten sind viele Katholiken gegen das spanische Volk eingenommen worden. Bei mir lösten diese Anschuldigungen immer ein unbehagliches Gefühl aus. Ich war nicht darauf eingestellt, so etwas als Wahrheit hinzunehmen, wenn es von Zeitungen berichtet wird, denen vom Standpunkt der Arbeiterklasse aus niemals zu trauen ist. Darum machte ich dem Nationalen Rat der Unabhängigen Arbeiterpartei das Anerbieten, daß ich die Angelegenheit an Ort und Stelle in Spanien untersuchen wolle. Vier Wochen lang bin ich dann in Begleitung eines verläßlichen Übersetzers dort gewesen.

Meine Fahrt war etwa 10 000 Kilometer lang, und ich hatte Unterredungen mit Hunderten von Menschen - mit Bankiers, Lehrern, Ärzten, Rechtsanwälten, Kaufleuten, Gewerkschaftsbeamten, Sozialisten, Soldaten, mit Bauern in ihren Orangenplantagen und Weinbergen und mit gewöhnlichen Leuten in ihren Wohnungen. Ich bin in die tiefsten Tiefen der Armut und des Elends hinabgestiegen, um das Denken und Empfinden dieser Menschen verstehen zu können und die Gründe für ihren Widerstand und ihre Erbitterung kennenzulernen.

Laßt mich die Katholiken in erster Linie daran erinnern, daß, wenn sie den spanischen Arbeitern das Niederbrennen von Kirchen, Erschießen von Bischöfen und Priestern und die Schändung von Nonnen zur Last legen, sie damit ein Volk anklagen, dessen Religion vorherrschend katholisch ist.
In zweiter Linie laßt mich sie daran erinnern, daß der Faschistenführer Franko, der als Verteidiger des Katholizismus gilt, sich der Marokkaner bedient, deren Vertreibung dem katholischen Spanien acht Jahrhunderte kostete. Als Franko diese Truppen einzusetzen begann, war es ihm klar, daß er ein solches Vorgehen durch besondere Propaganda beschönigen müsse, um die katholische Welt auf seine Seite zu bekommen. Er erkannte, daß, wenn er Märchen über besonders gemeine Greueltaten gegen Priester und Nonnen erfände, er daraufhin jedes Verbrechen im Namen der Religion würde begehen dürfen.

Wir wollen uns diesen Krieg, den Franko für Zivilisation und Christentum führt, einmal etwas näher ansehen.
Ich begab mich an die Madrider Front. Von weniger als 300 Meter Entfernung aus sah ich Menschen in blutigem Kampfe. Ich sah, wie man gefangene Marokkaner anbrachte. Ich sah, wie italienische Flieger wehrlose Menschen mit Bomben und Maschinengewehren zerfetzten. In einem Gebiet, dessen Betreten verboten war, besichtigte ich ein siebenstöckiges Wohnhaus, bei dem eine Bombe vom Dach bis in den Keller durchgeschlagen war, eine Bombe im Gewicht von 500 Pfund, vollgestopft mit den todbringendsten Explosivstoffen, die die Wissenschaft erfinden kann. Aus etwa 700 Meter Höhe abgeworfen, hatte diese Bombe die ungeheure Gewalt von mehr als 300 Tonnen und riß 37 Männer, Frauen und Kinder in Stücke. Ich sah ihre Gliedmaßen umherliegen. Ich sah die blutgetränkte Bettwäsche. Ich sah, wie man im Leichenhaus von Kindern nur die Köpfe einsargte.

So sieht der Krieg aus, den Franko für Zivilisation und Christentum führt! Das ist der Franko, für den römisch-katholische Bischöfe und Priester auch in unserm Lande in den Kirchen Geld sammeln - Geld für Bomben und Explosivstoffe, mit denen in Madrid katholische Arbeiter und ihre Kinder in Stücke gefetzt werden!

Während ich in Madrid war, fiel dort auch eine Bombe von anderer Art, italienischer Herkunft. Sie explodierte nicht, enthielt Glycerin - aber weiter keine Explosivstoffe. Von Technikern wurde sie geöffnet, und in ihrem Innern fand man einen Zettel mit der Aufschrift: "Eure italienischen Brüder wollen euch nicht töten." Ich habe Bilder, die ich später hoffe auf der Leinwand zeigen zu können. Darauf sind Kinder zu sehen, die verstümmelt wurden, während sie auf der Straße spielten; Mütter, die von italienischen und deutschen Fliegern mit Maschinengewehren und Bomben niedergemacht wurden, während sie in Reihen anstanden, um ihre Tagesrationen zu empfangen. 139 Kinder kamen ums Leben; ihre Köpfe und ihre Glieder wurden dabei auf die andere Seite der Straße geschleudert.

Bischöfe und Priester in Spanien setzen sich für diese Untaten ein. Dafür habe ich unwiderlegbare Beweise. Hier habe ich die Photographie eines Gewehrs, das einem Marokkaner abgenommen wurde. An diesem Gewehr ist das Zeichen des "Heiligen Herzens" angebracht. Hier ist ein Tornister, der einem Marokkaner abgenommen wurde. Er weist Abbildungen der ,,Heiligen Hostie" auf. Könnte sich die Religion noch mehr prostituieren? In der Nähe von Burgos hielt ein Bischof eine Ansprache an die maurischen Truppen, segnete sie und sagte dabei:
"Für die Teilnahme an diesem Kampfe werdet ihr im Paradies einen besonderen Platz erhalten."

Ich bat den Justizminister in Barcelona, Senor Andre Nin, um die Erlaubnis, Gerichtsverhandlungen beiwohnen zu dürfen. Schon der erste Fall, den ich anhörte, war bezeichnend. Sechs Männer wurden beschuldigt, am 19. Juli, als der faschistische Aufstand ausbrach, im Besitz von Waffen und faschistischen Uniformen gewesen zu sein. Einer von ihnen war krank und wurde ins Hospital zurückgeschickt. Die Sache der andern wurde verhandelt, und ihre Geschichte war einfach und tragisch. Wie sie sagten, gehörten sie der katholisch-faschistischen Jugendorganisation an. Einen Tag vor dem Aufstand schickte man sie in ein bestimmtes Zimmer der Universität, wo sie mit Uniformen und Waffen versehen wurden. Sie erzählten, wie der Priester ihrer Kirchgemeinde sie dazu anhielt, ihre Uniformen und Waffen zu holen. Die Basis der Katholisch-faschistischen Jugendorganisation war das Gelöbnis, keiner Arbeiter-, Gewerkschafts- oder Sozialisten-Organisation anzugehören oder damit auch nur zu sympathisieren.

Sie alle gaben ihr Verbrechen zu. Sie waren der Teilnahme an einem faschistischen Aufstand gegen die ordnungsgemäß gewählte Regierung schuldig. Offenbar waren sie sich der Tatsache bewußt, in Gefahr der Todesstrafe zu stehen. Der eine von ihnen war ein Knabe von 16 Jahren. Er tat mir leid. Sie wurden alle schuldig gesprochen. Der Staatsanwalt forderte die Todesstrafe. Der Gerichtshof setzte sich aus einem Rechtsanwalt als Vorsitzenden und zwölf Männern aus Arbeiterorganisationen zusammen. Sie gingen nicht auf den Antrag auf Todesstrafe ein, sondern verurteilten die Gefangenen zu je 30 Jahren Gefängnis. Jedermann weiß, daß dieses Urteil nur bis zur Beendigung des Kampfes bestehen bleiben, dann aber, wenn die Arbeiterklasse gewinnt und in Sicherheit ist, eine Amnestie folgen wird.

Bei meinem zweiten Gerichtsbesuch waren vier Mönche angeklagt, vom Dache eines kleinen Klosters aus mit einem Maschinengewehr auf Flugzeuge der Regierung geschossen zu haben. Sie gaben zu, daß geschossen worden war, leugneten aber, daß sie es getan hätten. In diesem Kloster befanden sich acht Mönche und ein Priester, der die Leitung hatte. Vier flüchteten. Von den vieren, die verhaftet wurden, suchten drei zu entkommen und leisteten heftigen Widerstand. Der vierte, ein junger Mönch von 25 Jahren, ließ sich ruhig verhaften und sagte: "Ich habe nichts getan. Sie können mich verhören, mein Gewissen ist rein." Sogar der Staatsanwalt ersuchte um Freilassung des jungen Mönchs. Für die ändern drei forderte er die Todesstrafe. Der Gerichtshof zog sich zurück. Nach zehn Minuten wurde das Urteil verkündigt. Drei wurden für schuldig erklärt und zu je dreißig Jahren Gefängnis verurteilt, der eine wurde freigesprochen.

Diese Gerichtsverhandlungen bewiesen mir unumstößlich, daß die "Kirche" [die Anführungsstriche sind hinzugefügt] und die Priester auf der Seite der Faschisten standen. Doch laßt mich weitere Beweise erbringen.

Ich sah viele niedergebrannte und ausgeplünderte Kirchen. Dagegen waren andere, darunter eine große Kathedrale, eine der schönsten der Welt, unberührt. In Valencia und Umgebung waren nur wenige Kirchen niedergebrannt, in Barcelona dagegen viele. Ich beschloß herauszufinden, warum sie niedergebrannt wurden, und sah mir die Firmenschilder in der Nähe einer solchen Kirche an. Da war ein Rechtsanwalt, ein Zahnarzt, ein Kaufmann, ein kleiner Laden, und neben der Schule wohnte der Lehrer. Zu diesen allen will ich gehen und sie fragen: "Können Sie mir sagen, warum diese Kirche niedergebrannt wurde?"

Diese Kirche beherrscht den Runblas, einen der bedeutendsten Boulevards in Barcelona. Sie ragt in der Mitte dieser breiten Straße empor und teilt als Mittelpunkt der Stadt diese nach Süden und Norden. Ein jeder dieser aufs Geratewohl herausgesuchten Männer gab mir auf meine Frage dieselbe Antwort. Sie alle sagten: "Ja, die Kirche war als Faschistenzentrale benutzt worden. Nach Norden und nach Süden zu waren in ihr Maschinengewehre aufgestellt, die von faschistischen Offizieren bedient wurden. Außerdem waren in jeder Öffnung der Kirche Gewehrläufe sichtbar."

Man vergesse nicht: diese Leute, die ich fragte, waren Katholiken. Ein alter Bankier sagte: "Mein Herz blutet wegen der Art und Weise, wie meine Religion für materiellen Gewinn und politische Herrschaft mißbraucht wurde."
In jedem Bezirk, den ich bereiste, hörte ich dieselbe einfache und tragische Geschichte. Nicht ein einziger konnte die Tatsache leugnen, daß die Faschisten die Kirchen als Festungen benutzt hatten. Die Folgen davon waren für die "Kirche" schrecklich.

In Valencia wurde ein Film "Sturm über Mexiko" gezeigt. In einer Szene davon bedrückten Geistliche die Bauern und Arbeiter. Als das auf der Leinwand sichtbar wurde, schienen sich alle Zuschauer wie ein Mann zu erheben und ihre Fäuste zu schütteln. Sie riefen etwas, von dem ich nur das eine Wort "curas" - das heißt "Geistlichkeit" - verstand. Ich fragte dann, was man gerufen hatte, und man sagte mir: "Nieder mit der Geistlichkeit!"

Bei einer der Gerichtsverhandlungen, die ich besuchte, war im Hintergrund ein Gedränge von 400 bis 500 Personen. Wenn das Wort "curas" fiel, räusperten sich alle, als ob sie ausspucken wollten. Man konnte sehen, welcher Ekel über die Geistlichkeit wegen deren Handlungsweise empfunden wurde. Das Volk war nicht gegen die Religion. Viele, mit denen ich sprach, sagten, ihre Religion sei noch so stark wie je, aber sie sei von der Geistlichkeit zugunsten der Großgrundbesitzer und Kapitalisten Spaniens mißbraucht worden.

Trotz alledem schützen die Führer der Arbeiterklasse die Religionsführer vor körperlichem Schaden. Zum Beispiel hatte sich einmal eine Menge von vielleicht 100 000 vor dem Palast des Bischofs von Barcelona angesammelt und forderte sein Leben. Da erschien der Anarchistenführer Durruti, der später vor Madrid den Tod fand, mit nur zwanzig bewaffneten Männern. Er sprach von den Stufen des Palastes aus zu der Menge und sagte: "Laßt uns keine Dummheiten dieser Art machen. Wir haben in den kommenden Tagen andere Aufgaben zu lösen." Er holte den Bischof heraus, setzte ihn in ein Auto und übergab ihn der Regierung von Katalonien, die ihn auf ein italienisches Kriegsschiff brachte. Auf diesem Schiff befanden sich über 500 Priester und Mönche. Hunderte von Nonnen wurden sicher über die Grenze geleitet.

Ein oder zwei Wochen lang meldete die katholische Presse, der Bischof von Barcelona sei erschossen worden. Später berichtete sie, er sei in Rom aufgetaucht Aber darüber, wie die katalonische Regierung den Bischof, die Priester und Nonnen beschützte und ihnen Sicherheit für ihre Person gewährte, schrieb die katholische Presse niemals etwas.

Diesen Schutz genoß der Bischof, trotzdem er im Verein mit dem Bischof von Valencia bei der Parlamentswahl für die gesamte katholische Bevölkerung drei Tage lang Gebete um die Rückkehr der faschistischen Rechte angeordnet hatte. Er bezeichnete es als Verbrechen gegen Gott, wenn sie nicht zurückkäme!

In einer solchen Atmosphäre hat sich in Spanien die Stimmung gegen die "Kirche" gewendet Doch das ist noch nicht das Schlimmste, was hierüber zu sagen ist. Die "Kirche" selbst ist zu einer Einrichtung kapitalistischen Besitzes und kapitalistischer Ausbeutung geworden.

Ich will diese häßliche Geschichte erzählen, wenn sie dem englischen und schottischen Katholiken auch kaum glaublich erscheinen wird; aber sie ist wahr. Und hier möchte ich einfügen: Die Gewerkschaftsbewegung Kataloniens ermächtigte mich zu der Erklärung, daß, wenn die Katholiken unseres Landes diese Aussagen anzweifeln, einer jeden von ihnen ernannten Delegation oder Kommission - wie reaktionär sie auch sein mag - sichere Reise und Geleit zugesagt ist. Eine solche Kommission wird uneingeschränkte Gelegenheit haben, sich von den Tatsachen zu überzeugen, um selbst entscheiden zu können, ob ich die Wahrheit sage oder nicht

Doch nun zu meiner Geschichte. Als die katalonische Regierung und die Gewerkschaften die Industrien übernommen hatten, stellten sie eine vollständige Liste aller früheren Aktionäre auf. Im Jahre 1931 hatte die Republik bestimmt, daß die "Kirche" alle Industriebeteiligungen abstoßen müsse. Man gab ihr zwei Jahre Zeit, ihre Aktien zu veräußern.

Wie kam nun die "Kirche" diesem Gesetz nach? Sie ernannte aus ihren Vertrauten fünf Männer - ich habe ihre Namen -, die Aktien für die "Kirche" zu übernehmen. Das waren nur Strohmänner, Vorgeschobene ohne Kapital. Drei von diesen fünf sind als Faschisten vor das neue Volksgericht gestellt worden. Sie gaben zu, daß von dem ganzen Besitz, der auf ihre Namen lautete, ihnen in Wahrheit kein einziger Pfennig gehörte

Was war alles in ihren Händen? Zu einem beträchtlichen Teil die Aktien der Untergrundbahn, der Straßenbahn, Autobusse, Eisenbahnen, und die meisten Häuser der Elendsviertel von Barcelona. Sie besaßen Land, das Land, das den Bauern so sehr fehlte. Sogar auf einer Versammlung katholischer junger Männer in Glasgow sagte jemand, der von Spanien gekommen war, daß die Armut der Bauern dort schlimmer gewesen sei als sonstwo in der Welt.

Die "Kirche" bezahlte den Bauern pro Tag zwei Peseten. Ich besuchte viele Bauernfamilien, von denen sich eine große Anzahl niemals hatten Fleisch leisten können. Der eine Mann, den ich traf, hatte schon seit fünf Jahren kein Fleisch gegessen. Ich sah die Kinder. Die Geschichte ihrer Armut war in ihren traurigen Gesichtszügen und in ihrer Körperhaltung zu lesen. Ich traf Leute, die einmal zu ihrer Hochzeit neue Kleidung bekommen hatten und diese nun nach fünfzehn oder zwanzig Jahren immer noch trugen. Das Mindeste, was man am Tage für die einfachste Lebenshaltung braucht, sind zehn Peseten und die "Kirche" gab diesen Bauern zwei! Stets wenn um die Besserung der Verhältnisse gekämpft wurde, erklärte man die Führer dieser Bewegung von der Kanzel herab als Mietlinge Moskaus. Mit dem Worte "Kommunismus" ist es der Reaktion stets ein leichtes, Vorurteile zu erregen.

Die "Kirche" besaß aber noch mehr als Verkehrsmittel und Grundbesitz. Sie hatte Aktienmehrheiten von Telephongesellschaften und Banken, im Holzhandel, in Bauunternehmungen, im Maschinenbau, der Filmindustrie, den Kinos, den Theatern, Kaffees, Hotels, den Sportplätzen, sogar für die Hunderennen und die Stierkämpfe. Jedesmal, wenn ein Hund den Hasen jagte, trug das der "Kirche" Gewinn ein. Und jedesmal, wenn ein Stier niedergestochen wurde oder ein Torero sein Blut vergoß, zogen die Jesuiten daraus Nutzen.

Die "Kirche" zog Gewinne aus Bergwerken und aus der Stromversorgung. Man höre, wie es mit der Elektrizität zuging. Eine schwedische Kapitalistengruppe errichtete ein Elektrizitätswerk in Katalonien. Der Strompreis betrug pro Einheit 35 Centimes; aber die im Besitz der "Kirche" befindlichen spanischen Elektrizitätswerke senkten ihren Tarif auf 3 Centimes - sie machten der schwedischen Firma das Bestehen unmöglich. Diese mußte an die Banken verkaufen. Doch da die Banken ebenfalls den Jesuiten gehörten, kam die schwedische Firma dabei nur auf einen verschwindend geringen Teil ihrer Kosten. Ich sagte, daß der frühere Strompreis 35 Centimes, und der neue Preis nur 3 Centimes betrug. Doch als die schwedische Firma liquidiert hatte, stieg der Preis wieder, und zwar nicht auf 35, sondern auf 60 Centimes!

Es gibt auch in Spanien Konzerne ähnlich dem von Woolworth. Sie nennen sich El Sigia und El Aguila. Diese Konzerne sind mächtig; jeder von ihnen hat ungefähr 150 Warenhäuser und arbeitet mit einem Kapital, das in die Millionen geht. Die Aktienmehrheit auch davon war in den Händen der Geistlichkeit.
In Saragossa war ein Kabarett. Seine Erbauung kostete 500 000 Pfund Sterling. Es hieß "Nuevo Mundo" - "Neue Welt". Auch das gehörte der Geistlichkeit. Je weniger man über dieses Kabarett sagt, um so besser ist es! Verstehen Sie nun, warum die "Kirche" in Spanien mit den Faschisten verbündet ist? Die Wahrheit ist, daß diese faschistische Bewegung in der "Kirche" geboren wurde.

Ich besitze Photos (vor dem faschistischen Aufstand aufgenommen), die zeigen, daß die "Kirche" mit den Faschisten im Bunde war. Eins davon zeigt eine Versammlung bewaffneter Faschisten in der Kirche. Ein anderes zeigt Faschisten am Altar, wie sie dem Priester das Tuch zur Bedeckung des Kelches reichen. Sie dienen als Ministranten. Natürlich werden manche fragen: "Wo haben Sie die Bilder her?" Sie stammen aus dem Büro der maßgeblichsten katholischen Zeitung Kataloniens. Ich entnahm sie dem Redaktionsarchiv des "El Correo Catalan".

Aber es gibt in Spanien auch Katholiken, die gegen eine solche Prostituierung der Religion Front machen. Bitte beachten Sie, was diese sagen. Ich führe zuerst den wohlbekannten Schriftsteller Jöse Bergamin an. Er ist ein rühriger Katholik, den aber schon seit Jahren die Neigung der offiziellen katholischen Welt beunruhigte, sich nicht nur vom Volke, sondern auch von der Kultur zu trennen. Er gehörte zu der Gruppe, die sich - um seine eigenen Worte zu gebrauchen - "die Aufgabe gestellt hat" dem spanischen Leben, das in dem Volke und in der reichen, spontan aus dem Volke hervorgehenden Kultur wurzelt, das wahre Christentum zurückzuerobern".

Jose Bergamin sagt: "Vom Volke getrennt, stellte sich die Kirche auf die Seite der Aristokratie, der Neureichen, der Grundbesitzer, der Armee. Ich bekam immer mehr Widerwillen gegen die Verflechtung der katholischen Hierarchie mit den bevorrechteten Klassen, und ihrer Politik. Die Kirche hat eine Stellung eingenommen, die gegen das Volk und antichristlich ist

Die Kirche identifizierte sich mit den blutigen Unterdrückungsmaßnahmen und dem unerhörten Terror von 1934, die sich gegen die Arbeiter und gegen die Liberalen richteten. Als die Bischöfe und Priester den Faschismus öffentlich unterstützten, konnte ein Christ gar nicht anders, als ihr Gegner zu werden und die drei großen geistlichen Falschheiten anzuprangern, die den Faschismus in Spanien unterstützten und die Kultur vernichteten: die offizielle Kirche, die korrupte Aristokratie und Bourgeoisie und das Heer.

In ihrer wahren Rolle als christlich und katholisch ist die Kirche nirgendwo Angriffen ausgesetzt. Aber eine faschistische, eine kriegführende Kirche müssen wir bekämpfen, weil der Faschismus die Verneinung alles Christlichen ist. Er verneint alle menschlichen Werte, für die das Christentum all die Jahrhunderte hindurch gekämpft hat - alles was wir mit Freiheit und Menschenwürde verknüpfen. Wir sind der Kirche treu, wenn wir das Ketzertum des Faschismus aus der Kirche austreiben.

Eine Kirchenverfolgung gibt es nicht. Die Schließung von Kirchen und Klöstern war allgemein eine militärische Maßnahme. Den Priestern war es gelungen, die Klosterfrauen davon zu überzeugen, daß die Sache des Faschismus eine heilige Sache sei, sodaß diese den Faschisten dann die Benutzung ihrer Klöster als Angriffsbasis gestatteten. Kirchengebäude wurden zu Festungen und Arsenalen. Es ist eine harte Wahrheit, aber nichtsdestoweniger die Wahrheit, daß die kirchlichen Zusammenkünfte vor dem faschistischen Aufstand monatelang nicht dem Gebet, sondern der Aufreizung zur Rebellion dienten."

Dann ist da noch Don Angel Ossorio y Gallardo, wahrscheinlich der bedeutendste Jurist der Iberischen Halbinsel. Er ist katholisch und konservativ. Als die Monarchie gestürzt worden war, nannte er sich selbst "einen Monarchisten ohne König". Ihm, als Juristen, wurde die Aufgabe übertragen, eine Konstitution für die Republik auszuarbeiten; doch das Parlament verwarf sie als zu konservativ. Er sagte folgendes:

"Ein Christ kann nicht Faschist sein, weil Christentum mit Bezug auf die menschliche Persönlichkeit die Befreiung des Geistes bedeutet, während Faschismus Verneinung der Freiheit ist, Aufrichtung von Bedrückung, Gewaltherrschaft, und zwar nicht im Interesse der vielen, sondern zum Schutz der Bevorrechteten.

Ein Christ sollte nicht dulden, daß der Name Gottes dazu gebraucht wird, einen rechtmäßig konstituierten Staat anzugreifen, sonst müßte er das Gebot außer acht lassen: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist! Ein Katholik schuldet der Kirche Achtung und Gehorsam, d. h. der Kirche als unsterblicher Verwahrerin der höchsten, reinsten, edelsten Lehre, die die Jahrhunderte gekannt haben, und die nicht verwechselt werden darf mit der klerikalen Degeneration Juwelenbeladener Bischöfe, die Gott in politische Konflikte hineinziehen wollen, ihn bitten, die Linke bei den Wahlen unterliegen zu lassen, und damit Gott zu einem Parteikämpfer erniedrigen und seine Gottheit verlästern. Noch darf die Kirche mit den religiösen Orden verwechselt werden, die Millionen aufhäufen, sei es nun zum persönlichen Gebrauch für ihre Mitglieder oder nicht, noch mit geistlichen oder richtiger weltlichen Personen, die von den Türmen ihrer Tempel herab feuern, womit sie deren heiligen Charakter verleugnen und ihre Vernichtung heraufbeschwören; noch mit Geistlichen, die sich mit Flinten und Maschinengewehren auf das Schlachtfeld begeben und damit zur Schmach für ihr Amt werden, das von ihnen fordert, für den Frieden aller zu beten, und ihnen verbietet, auf jemand zu schießen."

Endlich zitiere ich noch Jüan Garcia Morales, einen Priester, der erklärt, daß er seine Religion nicht verworfen habe und nicht exkommuniziert oder seines Amtes enthoben sei. Er sagt:
"Es ist traurig, daß es in diesem Augenblick ein einfacher Priester sein muß, der an die Katholiken appelliert, wo es doch so viele Bischöfe gibt, die sich aber, obwohl sie den Krieg stets verurteilten, auf die Seite der Mächtigen gestellt haben. Gott legte in unsere Hände Macht, die Führung und die Erziehung. Warum haben die Menschen, trotz dieser uns zur Verfügung stehenden Mittel, die Kirche verlassen? Man schiebe es nicht auf russische Propaganda. Niemand verfügte über bessere Propagandamittel als wir. Wenn das Volk die Kirche floh, dann deshalb, weil es die Verbindung der Kirche mit den Caciques (politischen Größen, die die Herrschaft des Großgrundbesitzes aufrechterhalten) sah. Warum gab es in den Konfessionsschulen zwei Kapellen, eine für die armen Kinder und eine für die reichen?

Wir können nicht anders als zu protestieren, wenn man Millionen von Peseten in den Palästen der Bischöfe findet, während die Armen vor Hunger umkommen, betteln gehen oder die Speisereste in den Baracken zusammensuchen. Ein Kreuz aus zwei Holzstäben, ein abgetragener Rock und ein Ring aus Zinn hätten genügt, um einem Bischof die Ausübung seiner Funktionen zu ermöglichen. Der Haß des Volkes richtet sich nicht gegen Gott, noch gegen die Kirche, er richtet sich gegen ihre ,Diener'."

Dieser Priester schließt mit der dramatischen Aufforderung an seine Bischöfe:
"Ihr verbreitet in ganz Europa das Gerücht, daß der kommunistische und sozialistische Pöbel unser Land geraubt habe, und daß Spanien ein zugrunde gerichtetes Land sei. Das ist eine Lüge. Ihr speit gen Himmel, und euer Gespei fällt auf eure Angesichter zurück."

Ich schließe in der Hoffnung, daß die katholische Presse der Frage nicht ausweichen wird. Ich hoffe, sie wird mir antworten, anstatt zu versuchen, mich zu verleumden. Ich habe mich nicht zu entschuldigen. Nicht ich habe daraus einen politischen Streitfall gemacht; aber da die katholische Welt dies getan hat, muß eine Antwort erfolgen. Schon seit meinem achtzehnten Lebensjahr kämpfe ich gegen klerikale Kanzelherrschaft. Ich erkläre den Katholiken, daß ich bereit bin, die Geistlichkeit zu respektieren, wenn sie sich auf das geistliche und moralische Lehramt beschränkt. Doch wenn sie das Gebiet der Politik betritt, muß sie dieselben Schläge einstecken, die ich gewärtig bin zu empfangen!

Meine Frage an katholische Arbeiter ist folgende: Wollt ihr euch politisch und wirtschaftlich beherrschen lassen? Wollt ihr nicht lieber in politischen und wirtschaftlichen Fragen selbst denken? Die spanischen Arbeiter sind dazu getrieben worden, die "Kirche" in vielen Teilen Spaniens als ihren Feind zu betrachten. Wo die "Kirche" auf der Seite des Volkes geblieben ist, hat sie auch immer Respekt und Ehrfurcht genossen. In den baskischen Provinzen, wo die Priester liberal eingestellt sind, gehen sie ungehindert ihren Pflichten nach. Ihre Kirchen und Klöster blieben unangetastet. Diese Priester werden von dem Volke respektiert, weil sie dem Volke in seinem Kampfe gegen die Tyrannei zur Seite standen.

Überall, wohin ich kam, sagten mir die spanischen Arbeiter: "Gehen Sie in Ihr Land zurück und decken Sie die faschistischen Lügen auf." Ich bitte die Arbeiter dieses Landes, nicht auf die falsche Propaganda der katholischen Presse und der Reaktionäre zu hören. Ich bitte sie, die heldenhaften Arbeiter Spaniens zu unterstützen - Arbeiter wie jene, die am 19. Juli in Barcelona ohne Waffen gegen die Maschinengewehre der Faschisten anrückten und, trotzdem Tausende von ihnen hingeschlachtet wurden, durchhielten - und gewannen. Sie unterdrückten den Faschismus in Barcelona in weniger als achtundvierzig Stunden. Sie sind in Katalonien Herren der Lage. Ich rufe alle Arbeiter Britanniens, von denen viele dieselbe Religion haben wie Spaniens heldenhafte Freiheitskämpfer, auf, sie in ihrem Kampfe zu unterstützen.


Ergänzend; siehe auch
Parsimony.24501

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 28. April 2008 06:59

15.4.38
Das seitens des „Trost" („Goldenes Zeitalter") eine besondere Affinität zur Heilpraktikerszene besteht, wurde schon verschiedentlich festgestellt. Auch diese „Trost"-Ausgabe bietet wieder einen Artikel, welcher in diese Richtung hin tendiert. Der Richtung: Kritik an der Schulmedizin. Die mag im Einzelfall richtig oder falsch sein. Das zu beurteilen maße ich mir als Medizinlaie nicht an. Was den jetzt in Rede stehenden Artikel anbelangt, kann man diesen wohl dem Bereich Warnungen zuordnen. Und wie es scheint, einer berechtigten Warnung. Im Gegensatz zu anderen Medizin-Artikel des GZ/"Trost" offeriert er aber nicht eine windige, vermeintliche „Alternative". Gerade diese vermeintlichen „Alternativen" sind es dann wohl, die der besonderen, kritischen Durchleuchtung bedürfen.

Es sei also lediglich kommentarlos einmal wieder gegeben. Was diese „Trost"-Ausgabe zum Thema meinte diesmal mitteilen zu können.


Aspirin, eine Gefahr für das Herz
Wenige Menschen erkennen, daß das menschliche Leben mehr und mehr durch Herzleiden bedroht wird, und daß das Herzleiden als Gesundheitsproblem von größerer Bedeutung ist als Masern, Diphterie, Scharlach, Krebs oder Tuberkulose. Herzleiden ist seit dem Jahre 1910 von der sechsten an die erste Stelle der todbringenden Krankheiten gerückt

Während der acht Jahre von 1917 bis 1925 ist in den Vereinigten Staaten die Zahl der Todesfälle, bei deren Ursache Herzleiden eine Begleiterscheinung war, um 81 Prozent gestiegen, obwohl die Zahl der Todesfälle im allgemeinen nur um 14 Prozent höher lag. Besondere Berichte des Gesundheitsamtes der Vereinigten Staaten für das Jahr 1928 zeigten, daß von je 100 000 Einwohnern 228 Personen an Herzleiden starben, im Vergleich zu 106 an Nierenleiden. 105 an Krebs und 100 an Lungenentzündung. Diese Zahlen melden jedoch noch nicht die ganze Wahrheit, weil die Zahl der Todesfälle infolge von Herzleiden entschieden im Steigen begriffen ist; sie hat seit Beginn des Jahrhunderts beständig zugenommen.

Alles was ist hat auch eine Ursache. Ungleichheiten, die sich in Geist und Materie zeigen, sind kein Zufall, sondern die Folge von Ursache und Wirkung. Das schnelle Ansteigen der Todesfälle durch Herzleiden innerhalb der letzten zehn Jahre muß die Folge eines schädlichen Einflusses sein, dem sich die Menschen im allgemeinen mehr hingeben. Diese Ursache zu finden und zu entfernen, ist das logische Heilmittel. Jede Annahme, daß die Ursache in den neuzeitlichen Lebensverhältnissen liege, ist unbegründet. Auch kann man sie nicht falscher Ernährungsweise zuschreiben. Aber man kann sie - und wie wir glauben, mit Recht - auf einige schädliche Drogen zurückführen, die in den letzten Jahren mehr und mehr in allgemeinen Gebrauch gekommen sind, ohne daß die Menschen ihre Schädlichkeit kannten, und die skrupellos angepriesen wurden.

Viele Menschen haben sich angewöhnt, als Allheilmittel gegen Schmerzen, die nun einmal das Erbteil alles Fleisches sind, ein schmerzbetäubendes Medikament zu nehmen, das unter dem Namen "Aspirin" bekannt ist. Aspirin ist nichts weiter als Acetylsalycilsäure. Diese gehört zur Klasse der Kohlenteerprodukte oder Ableitungsmittel, wie Acetanylid, Antifebrin, Antipyrtn etc., die alle als herzangreifende Mittel bekannt sind, und die man, wenn überhaupt, mit größter Vorsicht gebrauchen sollte.

Die physiologische Wirkung des Aspirin oder irgendeines Mittels aus dieser Gruppe von Medikamenten ist, die arterische Spannung herabzusetzen und die Zusammenziehbarkeit oder Elastizität der Herzmuskulatur zu schwächen. Bei reichlichem und anhaltendem Genuß von Aspirin werden die Herzmuskeln weich und schlaff, die Herzklappen werden entspannt und verlieren die Kraft, ihre normalen Funktionen auszuüben. Und wenn ein gewisser Grad erreicht ist, fängt das Blut an, bei einem jeden Pulsschlag durch die geschwächten Herzklappen zurückzuströmen, und so findet allmählich und unbemerkt eine Veränderung der Herzklappen statt, die, wenn sie einmal da ist, nie wieder geheilt werden kann, sondern sich stetig verschlimmert, bis der Tod eintritt.

Acetylsalycilsäure oder Aspirin ist ein potentiell, d. h. mittelbar wirkendes, gefährliches Medikament und darum als Hausmittel ganz ungeeignet Es ist eine Gefahr für die Gesundheit und sollte gemieden werden.

Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 29. April 2008 07:49

Zu den „fremden Federn" mit denen sich die heutige WTG zu schmücken beliebt, gehört auch Martin Niemöller. Ob denn das isoliert wiedergegebene Niemöller-Votum aus dem Jahre 1946 wirklich das hergibt, was die WTG in ihm hineinlesen möchte, mag man weiterhin mit einem Fragezeichen versehen.
Siehe dazu auch
Parsimony.17441

Schon zeitgenössisch, als es um Sein oder Nichtsein ging, war der damalige WTG-Kommentar in Sachen Niemöller nicht unbedingt von „der feinen englischen Art". Namentlich im „Trost" vom 1. 4. 1938 wurde ja seitens der WTG der Fall Niemöller kommentiert.
Darauf wurde schon früher im Detail eingegangen in
Bekennende Kirche abgewertet

Einige weitere - abwertende - Worte aus dieser „Trost"-Ausgabe, mögen veranschaulichen, wie man damals diesen Niemöller von WTG-Seite aus einschätzte.


„Wer ist Pastor Niemöller? Er betrat die theologische Laufbahn erst mit 31 Jahren, nach dem Scheitern seiner Offizierskarriere. Im Kriege war er Kommandant eines Unterseebootes, versenkte mehr als ein Dutzend Schiffe, schickte ihre Besatzung in den nassen Tod und erhielt dafür die höchste deutsche Kriegsauszeichnung. Sein Buch "Vom U-Boot zur Kanzel" ist zu zwei Dritteln mit Kriegserinnerungen ausgefüllt, ist von preußischem Militärgeist beseelt, und läßt völlige Mißachtung des göttlichen Gesetzes über die Heiligkeit des Menschenlebens erkennen. Er hat sich auch niemals von seiner kriegerischen Vergangenheit abgewandt; eher weist er auf sie hin, um sich den Naziführern gegenüber "vaterländisch" zu verteidigen.
Es besteht kein Anlaß, sich in persönlicher Weise gegen diesen Pastor zu stellen; und wenn es sich zeigt, daß er eigentlich mehr aus einem altpreußisch-konservativen Geiste heraus, wie er früher z. B. im "Stahlhelm" verkörpert war, Widerstand leistet, daß er also wohl ein Religionskämpfer, aber kein Kämpfer für Gott, kein Kämpfer für echtes Christentum ist, so haben ja deswegen die Nazis noch immer keine Entschuldigung, ihn wegen seiner religiösen Anschauungen zu verfolgen."


Noch einmal wurde Niemöller im „Trost" thematisiert und zwar in dessen Ausgabe vom 15. 1. 1939. Dort wurde allerdings nur ein Pressebericht der „Nationalzeitung" Basel vom 4. 1. 1939 wieder gegeben, in dem zu lesen war:
„Pfarrer Niemöller im Konzentrationslager Sachsenhausen
Die Hoffnung, daß Pfarrer Martin Niemöller auf die Bitte des greisen Generalfeldmarschalls von Mackensen hin auf Weihnachten aus dem Konzentrationslager entlassen werde, hat sich nicht erfüllt...
Über das Leben Niemöllers im Konzentrationslager Sachsenhausen berichtete dem Schweizerischen Evangelischen Pressedienst ein kürzlich entlassener Sträfling folgendes:
Alle Insassen des KZ. wissen, daß sich Pfarrer Niemöller unter ihnen befindet. Die Achtung vor diesem Manne ist allgemein, nicht nur bei den jüdischen Gefangenen, sondern auch bei den Berufsverbrechern, bei den Kommunisten und denjenigen, die unter dem Namen "Arbeitsscheue Elemente" gefangen gehalten werden.
Pfarrer Niemöller ist innerhalb des Lagers vollständig isoliert und wird sehr streng bewacht. Nur einmal im Tag darf er seinen Spaziergang machen, begleitet von zwei bewaffneten SS.-Männern, die dem Totenkopf-Verband ,,Sachsen" angehören. Sie folgen ihm auf Schritt und Tritt und sorgen dafür, daß er mit keinem Lagerinsassen in Berührung kommt.
Solche Versuche wurden gelegentlich gemacht, von einigen Bibelforschern, die als Häftlinge im KZ. sind. Sie wurden mit 25 Stockhieben bestraft.
Der Chef des Lagers, SS.-Oberführer Vierkant, sagte, er werde alle Maßnahmen treffen, um den "Herrn Pfarrer zu erziehen"


Erneut zitiert „Trost" den eben gebrachten Niemöller bezüglichen Text, wortwörtlich in seiner Ausgabe vom 15. 3. 1939. Diesmal allerdings unter Berufung auf ein anderes Presseorgan, und zwar „Der Deutsche in Polen" vom 15. 1. 1939. Der Unterschied besteht wohl darin, dass letztere Zeitung noch einen zusätzlichen Nachsatz anhängt, den die „Nationalzeitung" wohl so nicht gebracht hatte. Jedenfalls geht der Text laut „Trost" vom 15. 3. 1939 wie folgt weiter:

„Der Chef des Lagers, SS-Oberführer Vierkant, sagte, er werde alle Maßnahmen treffen, um den "Herrn Pfarrer zu erziehen". Das Konzentrationslager Sachsenhausen sei kein Sanatorium, sondern ein Krematorium.
Niemöller übersieht jede Gemeinheit und Provokation der Bewachung. Er bat darum, die Leichen der im Lager Verstorbenen einsegnen zu dürfen. Dieser Wunsch wurde auf Anweisung des Chefs der gesamten Konzentrationslager im Dritten Reich, Obergruppenführer Eicke, abgeschlagen. Jeder Kontakt Niemöllers mit anderen im Lager befindlichen Geistlichen ist unmöglich.
Am 10. Dezember mußte Niemöller auf seinem Gang sehen, wie einer der kriminellen Häftlinge im Gewand eines Geistlichen auf einem Faß stand und unter dem Gelächter der Wachmannschaft die Kirche verspottete. Pfarrer Niemöller ging vorbei, ohne ein Wort zu sagen. Hinter ihm die zwei SS-Posten mit Karabinern."


In der „Trost"-Ausgabe vom 1. 1. 1940 kommt selbiges erneut auf Niemöller, mit ähnlicher Tendenz zu sprechen. Der Fall Niemöller wurde somit von der zeitgenössischen WTG als Präzedenzfall eingeschätzt.

Nach 1945 hingegen, dass vereinzelte Niemöller-Votum aus dem Jahre 1946 und danach nie mehr von Niemöller inhaltlich wiederholt.
Trotzdem glaubte auch die WTG das Recht zu haben, Niemöller für sich vereinnahmen zu können. Ein fragwürdiges Recht, wie mir scheint.


Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 30. April 2008 04:26

Im 1987er Jahrbuch der Zeugen kann man unter anderem die Sätze lesen:
„Im Kanton Luzern verbot man das Buch Licht, Band 1, wegen gewisser Bilder, die es enthielt. In Freiburg, einem anderen katholischen Kanton, wurden einige Verkündiger vor Gericht beschuldigt, durch die Verbreitung des Buches Befreiung übermäßige Kritik an der katholischen Kirche geübt zu haben; wir verloren den Fall. Im Kanton Graubünden wurde die Verbreitung irgendwelcher unserer Publikationen verboten, während man im katholischen Kanton Zug die 'friedenstörende' Tätigkeit der Zeugen Jehovas ganz und gar untersagte. Danach verordnete die Luzerner Kantonsregierung dasselbe. ...

DAS ZIEL DES FEINDES: VOLLSTÄNDIGES VERBOT
"Es ist höchste Zeit, der Tätigkeit der Bibelforscher alias Zeugen Jehovas ein Ende zu setzen. Diese Äußerung erschien häufig, besonders aber in der katholischen Presse. Die Tatsache, daß Jehovas Zeugen im nationalsozialistischen Deutschland verboten waren, ermutigte unsere Feinde in der Schweiz, das gleiche Ziel anzustreben. ...
Ein einflußreiches Mittel war die Schweizerische Pressekorrespondenz, ein monatlich erscheinendes Informationsblatt, das allen Behörden und Zeitungsredaktionen zugestellt wurde. Es stand in enger Verbindung zu der 'Gesellschaft für Kirche und Papst', die 1931 in St. Gallen gegründet worden war. Dieses Blatt war sehr bemüht, Jehovas Zeugen als eine höchst verdächtige und staatsfeindliche Organisation, die die Idee einer jüdischen Weltregierung unterstützt, erscheinen zu lassen.

Auf die Unterbindung unseres Werkes und das Verbot unserer Schriften hinarbeitend, schrieb das Blatt: "Diese trübe Flut, die alle Länder Europas von Bern aus überschwemmt, überbindet uns Katholiken in der Schweiz die Verpflichtung, hier selbst dafür zu sorgen, daß diese Zentrale ausgehoben wird. Wir dürfen es nicht dulden, daß dieses unser herrliches Land als Ausgangspunkt für eine bolschewistische Wühlarbeit in den europäischen Staaten mißbraucht wird."


Dann kommt das Jahrbuch auf die Aktivitäten des Herrn Toedtli zu sprechen (dessen Wirken auch hier schon früher beschrieben und kommentiert wurden) und äußert weiter:
„Die von Herrn Toedtli vorgebrachten Anklagen stützten sich auf eine lange Abhandlung eines Herrn Fleischhauer, Mitglied der Nationalen Front und Leiter des antijüdischen und nationalsozialistischen Propagandazentrums in Erfurt (Deutschland)."

Hier ist das Jahrbuch schon ungenau. Genannte „Nationale Front" war eine Schweizer Organisation, sehr faschistisch-lastiger Art. Ohne Frage. Aber der Reichsdeutsche Fleischhauer, war deshalb noch lange nicht formelles Mitglied oder „Ehrenmitglied".
Ist dieser Aspekt in seiner Gewichtung auch unter „ferner liefen" einortbar, bleibt dennoch der Umstand bestehen, dass es um die Genauigkeit der WTG-Schreiber nicht zum besten bestellt ist.

Eine aus WTG-Sicht wenig erfreuliche Pressemeldung erschien am 15. 11. 1937 in der Schweizer Zeitung „Zuger Nachrichten"
Unter der Überschrift „Die Bibelforscher stänkern" war da zu lesen, dass sie
„am letzten Freitag eine allerdings schwach besuchte Versammlung im Gasthaus 'Eisenbahn' abhielten, wo bekanntlich allerhand Leute ihre manchmal recht bedenklichen Versammlungen halten können. In dieser Versammlung der Bibelforscher wurde in unflätiger Weise auf Kirche und Papst losgezogen, so daß der Tatbestand der Störung des konfessionellen Friedens und der gemeinsten Beleidigung feststeht. Es wird wohl dafür gesorgt werden von zuständiger Seite, daß eine weitere Versammlung, die am 22. November vorgesehen ist, nicht mehr stattfinden kann."

Das angesichts einer solchen Pressemeldung der WTG schlimmes schwante, kann man sich gut vorstellen. Letzteres trat dann auch (einstweilen) ein.
In der Form einer anderen Verlautbarung, und zwar im „Amtsblatt des Kanton Zug" vom 20. November 1937, (S. 940) wurde selbiges wie folgt formuliert:


„2014. Regierungsratsbeschluß betr. die Tätigkeit der sog. ernsten Bibelforscher.
Der Regierunsrat.
In Anbetracht der den Religionsfrieden störenden Tätigkeit der sog. Ernsten Bibelforscher, gestützt auf Art. 50 der Bundesverfassung und § 47 Lit. b. der Kantonsverfassung, verfügt:
1. Den sog. Ernsten Bibelforschern ("Jehovas Zeugen" und ähnlichen Vereinigungen) wird die Propagandatätigkeit im Kanton Zug, insbesondere der Vertrieb von Drucksachen und die Veranstaltung von Vorträgen, verboten.
2. Widerhandlungen werden nach Maßgabe des §§ 44 des Strafgesetzes durch den Strafrichter geahndet. Die Polizeiorgane sind angewiesen, die Drucksachen zu beschlagnahmen.
3. Die weitergehenden Strafandrohungen des Strafgesetzes hinsichtlich Hausfriedensbruch, Störung des Religionsfriedens etc. werden vorbehalten.
4. Dieser Beschluß tritt an Stelle des Regierungsratsbeschlusses vom 14. Februar 1925 und ist im Amtsblatt zu veröffentlichen.
Zug, den 17. November 1937
Der Landamann
C. Staub
Der Landschreiber: Dr. Zumbach"


Wie man unschwer erkennen kann, war nun wieder einmal der Zeitpunkt gekommen, wo die WTG ihre Alarmglocken auf höchste Stufe umschalten musste. Es war vorauszusehen. Sie würde das juristisch bekämpfen, was dann auch eintrat.

Über die Folgewirkung mussten dann die gleichen schon genannten „Zuger Nachrichten" in ihrer Ausgabe vom 14. 2. 1938 unter der Überschrift:
„Das Bundesgericht schützt die hetzerischen 'Bibelforscher'" wie folgt berichten:

„Aufhebung eines Zugerischen Verbotes.
Der Regierungsrat des Kanton Zug hatte am 17. November 1937 jede gottesdienstliche Tätigkeit der Zeugen Jehovas (früher Bibelforscher genannt) und ähnlicher Vereinigungen, insbesondere den Vertrieb von Drucksachen biblischen Inhaltes und die Veranstaltung von Vorträgen verboten und dieses Verbot im Amtsblatt des Kanton Zug veröffentlichen lassen. Am 30. April 1937 hatte das Bundesgericht ein gleiches Verbot des Regierungsrates des Kanton Luzern vom 10. September 1936, weil verfassungswidrig, einstimmig aufgehoben. Das Bundesgericht hatte sich nun auch mit einer Beschwerde der Zeugen Jehovas gegen das Verbot im Kanton Zug zu befassen. Ein Polizeirapport vom 13. November 1937, auf den der Regierungsrat des Kanton Zug sein am 17. November 1937 erlassenes Verbot stützte, bezog sich auf einen öffentlichen Vortrag, der von den Zeugen Jehovas Freitag, den 12. November 1937 in der „Eisenbahn" in Zug veranstaltet worden war. Der Vortragsabend verlief ruhig, aber unter hetzerischer Angriffen auf die kathol. Religion. Es sei durchwegs denkbar, daß auch im vorliegenden Falle der Regierungsrat des Kanton Zug über die Zeugen Jehovas falsch informiert worden sei.

(Anhand verschiedener, die anerkannten Konfessionen s c h w e r beleidigender Flugblätter der Bibelforscher ist jedoch die absolute Gefährlichkeit und die Gesetzwidrigkeit der Bibelforscher klar ersichtlich. Red.)

Die Staatsrechtliche Abteilung des Bundesgerichtes hieß nun am 4. Februar 1938 die Beschwerde der Zeugen Jehovas gegen den Regierungsrat des Kantons Zug auf, und hob dessen eingangs genannten Beschluß auf."


Wer den Schaden hat, braucht dann wohl auch für den Spott nicht mehr Sorge tragen. Das war dann wohl auch in diesem Falle so. In einem beispielsweise überschriebenen Artikel:
„Vorläufig kein klerikales Glaubensmonopol" schrieb etwa „Die Arbeit. Sozialdemokratisches Tagblatt fürs Zürcher Oberland" am 14. 2. 1938 unter anderem:

„ ... Der Polizeirapport vom 13. November 1937 entsprach auch nicht dem wirklichen Inhalt des Vortrages. Die Zeugen Jehovas betonten in ihrer staatsrechtlichen Beschwerde unter anderen, daß sie das Gefühl nicht los würden, daß nach all den Verfolgungen, besonders in Deutschland, aber auch in anderen Staaten wie in Sowjetrußland, Japan usw. nun auch in der Schweiz Tendenzen eindrängen, die darauf gerichtet seien, die Zeugen Jehovas mit allen Mitteln zu unterdrücken. ..."

Ähnlich äußerte sich auch die „Berner Tagwacht" in ihrer Ausgabe vom 12. 2. 1938, die da titelte:
„Eine Niederlage des Kantons Zug"
Letztere schrieb den Zugern dann noch ins „Stammbuch":

„Auch katholische Kantone müssen sich daran gewöhnen, daß in der Schweiz noch die Glaubens- und Gewissensfreiheit besteht und auch in den schwärzesten Winkeln zu respektieren ist."

Fazit: Letztendlich hatte sich die katholisch-faschistische Koalition eine Niederlage eingehandelt. Noch war bei den Demokraten der Schweiz, dass Gefühl, wenn die Demokratie in Gefahr ist, noch nicht völlig erstorben!

Nun braucht man sich nicht zu wundern, dass auch das „Trost" dieses Thema aufnehmen würde. So geschehen in seiner Ausgabe vom 15. 4. 1938.

Als Details wird unter anderem mitgeteilt. Ursprünglich sollte WTG-Funktionär Franz Zürcher den in Rede stehenden Vortrag halten. Durch seine Erkrankung wurde kurzfristig ein anderer Redner dafür engagiert.
Der genannte Polizeirapport charakterisiert die anwesende Zuhörerschaft als „ausschliesslich aus den untern Arbeiterklassen rekrutiert".

Die WTG indes bestreitet, dass der angefertigte Polizeirapport, den Vortrag wirklich Wahrheitsgetreu wiedergegeben habe.
Die „Erbsenzählerei", wer denn mit seiner Interpretation des Ablaufes dieser Veranstaltung recht hätte, offenbart sich dann auch in solchen Sätzen wie die nachfolgenden im „Trost"-Bericht:


„Eine fernere grobe Unrichtigkeit im Polizeibericht stellt auch die Stelle dar, wo es heißt:
"Gegen den Schluß seiner Ausführungen verurteilte der Referent noch einmal die römisch-katholische Hierarchie und den Faschismus, welche beide die größten Feinde der wahren Lehre Gottes und die größten Verleumder Gottes seien... "
In Wirklichkeit sprach der Referent hier von der Verfolgung der Zeugen Jehovas und gab dabei seiner Auffassung Ausdruck, daß die römisch-katholische Hierarchie und der Faschismus die verschworensten Feinde und Verleumder der Zeugen Jehovas seien. Der Referent sagte aber nicht, wie es im Polizeibericht heißt, daß sie die größten Feinde der wahren Lehre Gottes und die größten Verleumder Gottes seien."


Weiter bemängelt die WTG:
„Wenn nun noch der Polizeirapport abschließend den Vortrag nach seinem Erachten mehr als eine Schmährede auf die römisch-katholische Kirche, als eine Religionspredigt bezeichnet, so ist das eine durchaus unzutreffende und unzulässige subjektive Behauptung des beauftragten Polizeikorporals. Ebenso die weiteren Ausführungen in den Schlußabschnitten des Polizeirapportes, die, wie bereits gezeigt, auf einem verdrehten, den tatsächlichen Ausführungen in keiner Weise entsprechenden Text beruhen. Man sieht aus alledem nur die Tendenz heraus, gegen eine Kritik, die begreiflicherweise demjenigen, der etwas anderes glaubt, nicht gefällt, mit Gewaltmitteln einzuschreiten."

Wie auch immer diese Kontroversen beurteilt werden. Da steht wohl Aussage gegen Aussage, ist ja letztendlich zweitrangig, da ja die WTG vor Gericht ihre Sicht der Dinge durchsetzen konnte. Viel entlarvender ist meines Erachtens die in der gleichen „Trost"-Ausgabe vom 15. 4. 1938 abgedruckte Rubrik
„Ihre Fragen von J. F. Rutherford beantwortet".

Vielleicht hätte die Zugerische Regierung sich nicht so sehr für einen einzelnen (zudem noch unbedeutenden Vortrag in einem unbedeutenden Gasthof) interessieren sollen, sondern vielmehr für solche Rutherford-Aussagen wie die nachfolgenden. Dann wäre sie wohl an ihrem Ziel Schmähkritik nachweisen zu können, näher herangekommen.

Rutherford, nun wahrlich nicht mit einem unbedeutenden Referenten in einem unbedeutenden Gasthofe vergleichbar, äußerte sich darin auch wie folgt:


„Die römisch-katholische Organisation hat sich hinter Lügen verschanzt, und durch Betrug und Überlistung betreibt sie den größten Racket [Gimpelfang] aller Zeiten. Sie prahlt damit, daß ,die Pforten der Hölle die römisch-katholische Kirche nie überwinden' würden; aber im prophetischen Worte Gottes steht über dieses Werkzeug Satans, die römisch-katholische Religionsorganisation, folgendes geschrieben: "Denn ihr sprechet: Wir haben einen Bund mit dem Tode geschlossen und einen Vertrag mit dem Scheol gemacht: wenn die überflutende Geißel hindurchfährt, wird sie an uns nicht kommen; denn wir haben die Lüge zu unserer Zuflucht gemacht und in der Falschheit uns geborgen. Und ich werde das Recht zur Richtschnur machen, und die Gerechtigkeit zum Senkblei. Und der Hagel wird hinwegraffen die Zuflucht der Lüge, und die Wasser werden den Bergungsort wegschwemmen. Und euer Bund mit dem Tode wird zunichte werden, und euer Vertrag mit dem Scheol nicht bestehen: wenn die überflutende Geißel hindurchfährt, so werdet ihr von derselben zertreten werden" ...

Daher wird die römisch-katholische Kirche, statt ,aus diesem ungeheuren Aufruhr glänzender hervorzugehen', überhaupt nicht aus ihm hervorgehen, sondern für immer und ewig verschwinden, denn ihr Ende ist gekommen. Alle solche, die zu dieser Religionsorganisation halten und sie unterstützen, werden ebenso ins Verderben gehen; und es wird eine ausgedehntere Verwüstung geben als je etwas, das sich auf der Erde zugetragen hat."


Man vergleiche dazu auch die Berichterstattung innerhalb der Serie „Im Zeitspiegel" zum 14. 2. 1938.

http://forum.mysnip.de/read.php?27094,627,714#msg-714

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 25. Mai 2008 05:16
Ob den das zeigen mit dem Finger auf die Konkurrenzreligionen, wie es die zeitgenössischen Zeugen Jehovas so gerne taten, immer wirklich sachgerecht war, scheint auch so eine Frage zu sein, bei der man durchaus zu unterschiedlichen Meinungen gelangen kann.
Jedenfalls lieferte die „Trost"-Ausgabe vom 1. 5. 1938 wieder mal solch ein Beispiel. Unter der Überschrift: „Die einstige Stellung der Kirche zur Geographie", konnte man darin lesen:

„Was der Ausbreitung und Annahme des wahren Christentums unter den gebildeten Menschen am meisten schadete und auch heute noch von größtem Nachteil ist, das war die furchtbare Angst der herrschenden Kirche vor dem bahnbrechenden und lichtbringenden Fortschritt der Wissenschaft.
Dies zeigte sich am deutlichsten in der Stellung der Kirche zur Geographie und Astronomie sowie zur gesamten Naturkunde während des sogenannten "finsteren Mittelalters." Es ist geradezu unglaublich, wie ein System, das sich die "alleinwahre und unfehlbare Kirche" zu nennen beliebt, solche geistlichen Fehlgriffe und Verirrungen hat begehen können, und, allen diesen Verfehlungen zum Trotz, heute immer noch den Anspruch auf "Unfehlbarkeit und Wahrheit" erhebt. ...
Es hat unzählige Opfer kosten und viel unschuldiges Blut fließen müssen, bis sich die Kirche von der für sie "ketzerischen" oder "teuflischen Lehre" von der Kugelgestalt der Erde überzeugen ließ. Die mutigen Forscher und Förderer solch einer "verderblichen Lehre" wurden vom kirchlichen Fanatismus aufs fürchterlichste verfolgt, gemartert und getötet. -
So z. B. Hypatia, die letzte Vertreterin griechischer Philosophie an der Hochschule zu Alexandrien, die von den unter Anführung der bornierten Priester und Bischöfe verblendeten Volksmassen aufs grausamste ermordet wurde; sie hatte den Mut, die Kugelgestalt der Erde zu lehren. ...

Ein gewisser Kirchenlehrer Lactantius soll sich dermaßen über die Lehre von der Kugelgestalt der Erde entrüstet haben, daß er sich zu schreiben gezwungen fühlte: "Ist es möglich, daß Menschen so sinnlos sind oder sein können, zu glauben, daß Saaten und Bäume auf der anderen Seite der Erde herabhängen und daß die Menschen ihre Füße höher haben als ihre Köpfe, mit ändern Worten, daß sie auf der ändern Seite der Erde auf dem Kopfe stehen sollen?!" ... usw.

Selbst der sonst so hochgelehrte und wissenschaftlich fortgeschrittene hl. Augustmus soll die Frage über die Kugelgestalt der Erde dahin beantwortet haben: - "Es sei unmöglich, daß es auf der entgegengesetzten Seite der Erde noch Erdbewohner geben könnte, da in der Hl. Schrift unter den Abkömmlingen Adams keine derartige Menschenrasse erwähnt sei." ... usw.

Nach Ottmanns "Die Eroberung des Erdballs" sollen andere Kirchenväter und hohe Geistliche erklärt haben, daß, wenn man wirklich annehmen wollte, daß auf der ändern Seite der Erde noch Menschen wohnen sollten, dies auch bedinge, daß Christus die Menschen aus den Banden der Gottlosigkeit des Heidentums erlöst haben müsse. Er hätte daher zu ihnen gehen und dort ebenso wie auf dieser Erdenseite dieselben Leiden durchmachen und am Kreuze sterben müssen, von alledem sei aber kein Wort in der Hl. Schrift erwähnt, somit sei diese Möglichkeit ausgeschlossen und folglich gäbe es auf der entgegengesetzten Seite der Erde keine Menschen." - usw.

Hieraus können wir klar ersehen, wie einseitig und kurzsichtig die Kirche in der Beurteilung der Dinge auf Erden war, d. h. wie sehr sie sich in ihrer geographischen Auffassung irrte.
Goethe sagt zwar:- "Es irrt der Mensch, solang' er strebt." Und kein toleranter oder einsichtsvoller, vom Geiste wahrer göttlicher Liebe getragener Mensch würde der Kirche dieses menschliche Irren übelnehmen, zumal sie sich ja später, wie ... schon gesagt, allmählich eines Besseren belehren ließ. Allein, da sie ihre offenbare Kurzsichtigkeit oder Unweisheit unter einem despotischen Regime zu verbergen wußte und diejenigen aufs grausamste verfolgen ließ, die in Wahrheit und Wirklichkeit die Träger des Lichtes und Förderer des Fortschritts waren, gibt es für sie keine Entschuldigung, sondern ihre Verfehlungen müssen vor aller Welt gebrandmarkt werden, weil sie auch heute in unserer Zeit wieder, zwar mit anderen, feineren Mitteln, die Wahrheit zu unterdrücken und die Träger derselben, wie ehemals, zu vernichten sucht!

Die verkehrte Ansicht der Kirche in bezug auf die Gestalt der Erde bestand darin, daß sie dieselbe als eine Scheibe lehrte, über welcher sich der Himmel oder das Firmament als ätherischer Ozean befinden sollte. Den Mittelpunkt der Erde verlegte man törichterweise nach Jerusalem, und die äußerste Zentrale soll die Stätte von Golgatha gewesen sein, woselbst sich auch der Baum der Erkenntnis befunden hätte und später, unter ihm, in unfaßbarer Tiefe, die "Hölle", in welche Luzifer von Gott geschleudert worden sei. - Schließlich schrieb man kirchlicherseits der Erde wieder eine viereckige Gestalt zu, weil man sie am Vorbilde der Stiftshütte Moses in der Wüste verglich oder auch am Opfertisch der Stiftshütte, den Moses im Auftrage Gottes als Bild der Welt im kleinen hätte bauen müssen.

Der flache Opfertisch sollte beweisen, daß die Erde flach sei und zwar doppelt so lang als breit nach dem Verhältnis des Tisches; die vier Ecken des Tisches bezeichneten die vier Jahreszeiten, die zwölf Brote die zwölf Monate, die Hohlkehle des Tisches symbolisiere den Ozean, der die Erde umgebe. " usw. usw.

Diese geradezu phantastische kirchliche Ansicht über die Form der Erde wurde bis ins einzelne von einem gewissen Kosmas, einem römisch-kath. Mönch im 6. Jahrhundert, topographisch dargestellt und ausgebildet und trotz ihrer absoluten Verkehrtheit von Tausenden und aber Tausenden gutgesinnter Menschen, die sich christlich-katholisch nannten, geglaubt oder als göttliche Wahrheit angenommen! -
Von der Sonne nahmen Kosmas und seine Nachfolger z. B. an, daß sie abends hinter einem hohen Berge im Norden verschwinde und morgens wieder im Osten hinter ihm hervorkomme. Andere glaubten, sie versinke im Westen in eine Erdspalte, die den Eingang in die Hölle bilde, und der Widerschein des Feuers in der Hölle gebe der Sonne ihren roten Schein, der sich auch noch lange am Horizonte spiegele. Wieder andere Kirchenväter stellten sich sogar die Erde, und dies ebenfalls wieder in Anlehnung an verschiedene, von ihnen völlig mißverstandene Bibelstellen, als einen hohen Berg vor, der umgeben ist vom Meer, aus dessen Tiefen sich die prächtigen Mauern erheben, auf denen das Gewölbe des Himmels oder Firmamentes ruhe, das mittels einer Kette oder einem Strick durch Gottes Hand in drehender Bewegung gehalten würde.

Selbst in späteren Zeiten soll die Zahl der bedeutenderen Kirchenlehrer sehr klein gewesen sein, die trotz aller päpstlichen Verbote, Bullen und Bannsprüche an die Kugelgestalt der Erde glaubten und also lehrten.

"Und sie dreht sich doch!" soll ein namhafter röm.-kath. Gelehrter trotz wütendster Drohungen des Papstes gesagt haben. Und wirklich "dreht sie sich", unsere teure Erde! Und wir freuen uns heute, daß wir es erkennen und verstehen dürfen! ..."


Wenn die WTG sich in dieser Angelegenheit als „überlegen" wähnt, dann darf man das allenfalls der „Gnade der späten Geburt" zuschreiben. Jedoch keineswegs einer grundsätzlich anderen Geisteshaltung!
Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 31. Mai 2008 01:12
Bereits in der "Trost"-Ausgabe vom 1. 5. 1938, wurde mit der Publizierung eines zweiteiligen Artikels "Rechtsberatung für Verkündiger; von Olin R. Moyle" begonnen. Letzterer von 1935-39 WTG-Rechtberater, also in einer Zeit, in welcher auch in den USA, die Konflikte eskalierten. Lässt man diesen Artikel unvoreingenommen auf sich einwirken, kommt man nicht umhin, auch Moyle (zu dieser Zeit) den WTG-Falken zuzurechnen. Unfraglich lag er damit auf der Linie dessen, was sein Herr und Meister Rutherford wünschte, und betätigte sich als dessen Sprachrohr.

Symptomatisch auch die darin enthaltene "Empfehlung", verhängte Geldstrafen nicht zu bezahlen, auch dann nicht, wenn diese Haltung einer selbstverordneten Straferhöhung gleichkommt, dieweil die Ersatzmaßnahmen für nicht bezahlte Geldstrafen, in der Regel als gravierend höher eingeschätzt werden müssen.

Auch sein in diesem Artikel geprägter Slogan, man wolle keine "Lispelheiligen" mehr sein, offenbart die Geisteshaltung des kalten Kriegers. Dennoch geschehen im Leben - so auch in diesem Falle - manchmal "merkwürdige" Dinge. Aus einem Saulus, kann schon mal in Folge ein Paulus werden. So muss man doch wohl auch den Fall Moyle einschätzen, denn rund ein Jahr später, befand er sich nicht mehr in WTG-Diensten.

Mehr noch: Er bewirkte eine "Erschütterung" dergestalt, dass selbst, widerwillig, der "Wachtturm" sich genötigt sah, auf den nunmehrigen Schismatiker Moyle zu sprechen zu kommen. "Zu sprechen" ist da wohl eher der unpassende Ausdruck. Denn das, was der "Wachtturm" dazu mitteilte, waren nur Worthülsen, die den Kern des Konfliktes sorgfältig verschleierten.

Auch Moyle selber, war anfänglich, nach der nun eingetretenen Zäsur in seinem Leben, nicht sonderlich "gesprächig". Das aber änderte sich noch dergestalt, dass er es auf sich nahm, den unterbliebenen "Dialog" mit der WTG doch noch zu erzwingen. Allerdings auf einer anderen Plattform. Der Plattform der Gerichtssäle. Und was man da so zu hören bekam, hat die anfängliche "Sprachlosigkeit" durchaus noch in ein anderes Licht getaucht.


Pape etwa notierte:
"Worüber hatte Moyle im einzelnen Beschwerde geführt? Kein einziges Argument Moyles wurde veröffentlicht, als man den obersten Rechtsvertreter der Zeugen Jehovas davonjagte. Keiner von den Anhängern wusste, was in der Führung in Brooklyn eigentlich los war. Man wusste nur soviel, dass Moyle zu viel gewusst hatte."
Horowitz etwa schrieb zu diesem Fall:
"Weil die Sache in den Wachtturm-Zeitschriften vom 15. Oktober und 15. November 1939 veröffentlicht wurde, reichte Moyle Klage auf $100.000 Schadensersatz ein. Am 27. Mai 1943 sprach eine Jury Moyle $30.000 zu, die in der Berufung auf $15.000 und die Gerichtskosten reduziert wurden. Die Wachtturm-Organisation zahlte. "

Weiter notierte Horowitz in Auswertung des Falles Moyle:
"Es war auch bekannt, daß Rutherford eine Vorliebe für Whisky und Frauen hatte, wenn es auch sorgfältig 'bemäntelt' wurde. Unabhängig von der Frage, ob ein Lebensstil mit solchen Vorlieben moralisch oder unmoralisch ist, steht es dem Führer einer christlichen Religionsgemeinschaft wohl nicht sehr gut an, solch ein Vorbild abzugeben; und viele seiner Anhänger hätten es auch nie für möglich gehalten ..."

Penton etwa äußert noch ergänzend:
"Von Bedeutung ist auch ein Bericht des Psychologen Dr. Carl Thornton und seiner Frau. Danach war es in der Familie Thornton eine wohlbekannte Tatsache, daß Carl Thorntons Tante, die in der Mitschrift des Gerichtsverfahrens Moyle gegen Franz et al. fälschlich als Verna Peal bezeichnet wird, sowohl in der Wachtturm-Weltzentrale in Brooklyn als auch im Beth Sarim, dem Haus der Fürsten in San Diego, Kalifornien, Rutherfords Geliebte war. Angeblich war sie zwar Rutherfords Diätassistentin und Krankenschwester, doch nach den Worten der Thorntons war sie 'in jeder Hinsicht wie eine Frau für ihn'.

... Auch wenn Moyle ein Abstinenzler war, kann man ihn wohl kaum einer überkritischen Haltung gegenüber den Trinkgewohnheiten seiner Mitbrüder beschuldigen, und er lag ganz richtig mit seiner Einschätzung der selbstgerechten, cholerischen Handlungen und Frühstückstischtiraden des Richters. Überdies wollte er einfach das berichtigen, was ihm als Beispiel für unchristliches Verhalten erschien, und betonen, daß Rutherford die unmittelbare Verantwortung dafür trug, die Verhältnisse zum Besseren zu wenden, die zu seinem Rücktritt und Protest geführt hatten. Doch Rutherford, der manchmal Probleme damit hatte, seine eigene Position von der Jehovas oder Jesu Christi zu unterscheiden, betrachtete Moyles Brief als nichts weniger denn als Abtrünnigkeit."


Auf diese Kontroversen wurde schon früher eingegangen. Für weiteres siehe:
Lispelheilige und Moyle

Auch die Fortsetzung des Artikels in der „Trost"-Ausgabe vom 15. 5. 1938 enthält durchaus einige interessante Aspekte. Da kommt dann Moyle unter anderem auf die Rutherford-Kreation zu sprechen, die Bevölkerung auch mittels Lautsprecherwagen zu traktieren. Als Rechtsanwalt ist Moyle sich bewusst, dass damit - faktisch - sehr wohl die Grenze offener Belästigung erreicht wird. Und das solche Fälle in der nachherigen gerichtlichen Bewertung, keineswegs zugunsten der WTG entschieden werden. Also versucht er zu einem gewissen Maß von Vorsicht zu raten; wofür dann auch die Sätze stehen:

„Wer als Kämpfer ein Rauhbein ist und sich mit andern herumschlagen und herumstreiten möchte, wenn er nur im geringsten gereizt wird, der ist dort fehl am Platze. Dafür werden umsichtige Brüder mit gesundem Urteil benötigt.

In vielen, vielleicht in den meisten Gruppen gibt es Brüder, die darauf versessen sind, mit der Tonausrüstung in die streng katholischen Gebiete zu gehen und die gepfeffertsten Vorträge abzuspielen, um die Leute dort in Aufregung zu versetzen und in ein Scharmützel zu verwickeln. Sie werfen den Gruppendienern sogar Mangel an Mut vor, wenn diese die Verwendung der Tonwagen für diesen Zweck untersagen. ...

Manche Brüder sind in fast krankhafter Weise darauf versessen, in die dichtbevölkertsten katholischen Gebiete hineinzuplatzen und den Leuten die Vorträge aufzudrängen. Das heißt nicht, den Geist eines gesunden Sinnes zu gebrauchen. Es erregt Pöbelinstinkte und führt oft zu ernsthaften Schädigungen und Nachteilen.

Benutzt die "scharfen Platten", wenn die Verhältnisse dafür reif sind und günstig liegen. Wenn du eine Anzahl Vortrage abgespielt hast, und unter den Zuhörern befinden sich mehrere, bei denen das anspricht, dann kann man ihnen über die "Fegefeuer"-Erpressung und den "Sündenvergebungs"-Gimpelfang Bescheid sagen

In einer Pennsylvanischen Stadt stellte einer seine Tonanlage auf und sammelte Zuhörer für seine Schallplattenvorträge um sich. Da kam ein "Heiliger Vater" herübergesprungen und sagte ihm, er solle abstellen. Der Bruder weigerte sich. Der "Vater" tobte und drohte, aber die Menge lachte ihn aus, und er zog geschlagen ab.

Dann. legte der Bruder den Vortrag "Väter" auf. An dieser Stelle war ein solches Zeugnis sehr angebracht. Wenn du die Freunde der "Hure" über ihre Untaten informieren möchtest, so meide ärmere Viertel; denn dort beginnen die Gewaltakte des Pöbels, und das zu regeln ist sehr schwierig."

Weiter sieht er sich auch genötigt, mit den Folgewirkungen der Flaggengrußkontroversen auseinander zu setzen. Dazu äußert er unter anderem:

„Ein wenig Erfolg haben sie mit ihrem boshaften Programm gehabt. Ungefähr zweihundert Kinder sind von öffentlichen Schulen verwiesen worden. Viele davon wurden geschlagen, gewürgt und gequält. Eltern wurden gerichtlich verfolgt, bestraft und erwerbslos gemacht. Man versuchte Kinder in Erziehungsanstalten zu schicken; weitere, noch straffere Gesetzesvorlagen über Flaggengruß wurden eingebracht und sonstige Teufeleien ...

Sollten Kinder die öffentlichen Schulen besuchen? Manche sind zu dem Schluß gekommen, die öffentlichen Schulen stünden so stark unterm Einfluß des Teufels, daß es nicht genug Sicherheit biete, die Kinder dorthin zu schicken. Das ist jedoch nicht ratsam. ...

Wenn die Zeit kommt, die Kinder auf andere Weise zu unterrichten als in den öffentlichen Schulen, wird der Herr die passenden Bildungsmöglichkeiten schaffen. Natürlich stimmen manche der in den öffentlichen Schulen gelehrten Dinge mit der Heiligen Schrift nicht überein. Unterrichtet eure Kinder zu Hause über die Wahrheit ...

Weil so viele Kinder von öffentlichen Schulen verwiesen wurden, sind in unserm Lande an ein paar Orten Königreichsschulen eröffnet worden. Viele haben schriftlich den Wunsch ausgedrückt, überall möchten Königreichsschulen eingerichtet werden. Das scheint jedoch nicht tunlich zu sein.

Solche Schulen sind kostspielig und verschlingen viel Zeit, Mühe und Kraft; und es ist offenbar noch nicht an der Zeit, sich ganz auf diese Sache zu verlegen. Die bereits eröffneten Schulen sollen den Kindern zugute kommen, die von den öffentlichen Schulen verwiesen wurden; sie sollen die Eltern davor schützen, wegen Verletzung der Schulzwangs-Bestimmungen verhaftet und eingesperrt zu werden, und sie sollen die Kinder davor bewahren, in Erziehungsanstalten gesteckt zu werden. Wenn noch Gelegenheit vorhanden ist, eure Kinder in öffentliche Schulen zu schicken, dann ist das der richtige Platz für sie."

Bemerkenswert auch die Reaktionen aus der Praxis über die Moyle berichtet:
„Die Besorgung privaten Schulunterrichts sollte nicht den Eltern der betreffenden Kinder allein aufgebürdet werden, sondern die Ortsgruppe sollte dabei behilflich sein und sie loyal unterstützen. Wenn das Projekt von der Ortsgruppe nicht allein bewältigt werden kann, sollte die Division [ein Bezirk von Gruppen] die Verantwortung auf sich nehmen. An einer Stelle wurden mehrere Kinder aus der öffentlichen Schule verwiesen, und die Mutter wandte sich um Unterstützung an die Ortsgruppe; aber diese gab ihr die frostige Antwort, sie solle ihre Kinder wieder in die öffentliche Schule schicken. Das war unmenschlich und selbstsüchtig. Anderswo hatten Ortsgruppen die schweren Lasten für Privatschulen ohne rechte Hilfe von Seiten der Division zu tragen."

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 25. Juni 2008 04:32

„Das Werkzeug, womit Satan die Menschen am hinterlistigsten betrogen hat, ist die Religion, weil sie den Schein des Guten hat; sie bewirkte aber großes Übel für die Menschen. Es gibt viele Religionen, aber alle sind sie trügerisch; alle offenbaren sich als Werkzeuge des Feindes, Satan, und gereichen somit den Menschen zum Schaden.

Das Buch "Feinde" erbringt nun den vollen Beweis, daß ein großes, von Rom ausgehendes Religionssystem das Mittel gewesen ist, wodurch Lug und Trug verübt und unsagbares Leid über die Menschen gebracht wurde. Dieses Religionssystem bedient sich des größten Gimpelfangs den je Menschen verübt haben ..."


Das ist so ein Reklametext, den man für das damals neu herausgekommene Rutherford-Buch „Feinde" in der „Trost"-Ausgabe vom 1. 6. 1938 lesen konnte.

Wie man unschwer erraten kann, dürfte jene darin namentlich genannte Kirche, ob dieser Ausführungen, wohl kaum sonderlich „erfreut" gewesen sein.

Nun kommt es wohl auch auf die Rahmenbedingungen an. Die pluralistischen USA und das stark katholisch dominierte Polen, sind da durchaus als zwei „linke Schuh" bezeichenbar, die nicht zueinander passen.
Jedenfalls unterhielt die WTG zur fraglichen Zeit auch in Polen ein eigenes Büro, und suchte nach Kräften ihr Werk auch dort voranzutreiben.

Nicht das Buch „Feinde" (das gab es wohl zur fraglichen Zeit noch nicht in polnischer Sprache), wohl aber eine andere Rutherford-Broschüre namens „Schlüssel des Himmels" (in Deutsch bereits 1932 erschienen), wurde zu jener Zeit in Polen vor den Kadi gezerrt, worüber eben auch die „Trost"-Ausgabe vom 1. 6. 1938 berichtet.

Es kann kein Zweifel darüber bestehen. Der Inhalt der inkriminierten Broschüre, kann in freiheitlichen Gesellschaften nur so bewertet werden. Einfach zur Tagesordnung übergehen, und das war es dann wohl.

Offenbar nicht so in Polen, was dann ja nicht gerade für die dortigen politischen Rahmenbedingungen sprach. Wer an solch einer Broschüre Anstoß nimmt, offenbart, dass er doch wohl eine bemerkenswertige „Dünnhäutigkeit" aufweist. Genau diese Sachlage bestand in Polen.

Es ist ja wohl Dogma der katholischen Kirche zu wähnen, in Kontinuitätslinie zu einem „Petrus" mit dessen vermeintlich übergebenen „Schlüssel des Himmels" zu stehen.

Es ist also schon der Titel jener Broschüre, welche da ans „katholische Eingemachte" rührt. Weniger ihr Inhalt. Andere Rutherford-Schriften, wie etwa das genannte Buch „Feinde" oder auch „Religion" pflegten da eine weitaus schärfere Tonlage anzuschlagen.

Immerhin kann man in der inkriminierten Broschüre auch solche Sätze vorfinden wie die:

„Aus demselben Beweggrunde hat Satan die Menschen seit vielen Jahrhunderten gelehrt, daß alle Stürme, das Ungeziefer und anderes Unheil darum über das Volk käme, weil es seine Kirchen nicht genügend mit Geld unterstütze und ihnen nicht ergeben sei; deshalb hätte es sich Gottes Mißfallen zugezogen und sende er ihm diese Heimsuchungen.
Viele Leute sind dadurch veranlaßt worden, Gott zu fluchen und sich von ihm loszusagen. ...
Satan beliebt, das Volk durch das "organisierte Christentum" zu täuschen und irrezuführen. Als Jesus wegen der Schlüssel des Reiches der Himmel zu Petrus sprach, sagte er auch: "Was irgend du" auf der Erde binden wirst, wird in den Himmeln gebunden sein, und was irgend du auf der Erde lösen wirst, wird im Himmel gelöst sein." Man hat fälschlicherweise behauptet, dadurch wäre gewissen Männern in der Kirche Vollmacht gegeben, Sünden zu vergeben. Eine solche Behauptung ist durchaus verkehrt ..."


Kraft ihrer Wassersuppe wähnte sich die katholische Kirche in Polen, via des von ihr bemühten Staatsanwaltes, diesbezüglich beleidigt und verlangte nun gerichtliche Genugtuung.

Ein solches Anliegen allerdings kann man wohl nur als gegen den ein solches Gerichtsverfahren Anstrengenden sprechend, bezeichnen. Immerhin hatte das für den Presserechtlich verantwortlichen Wilhelm Scheider in Polen, durchaus Konsequenzen. Laut einem Fortsetzungsbericht im „Trost" vom 15. 6. 1938, wurde er in erster Gerichtsinstanz zu 1 Jahr und 2 Monaten Gefängnis verurteilt.

Nicht nur die genannte Broschüre wurde in dem Verfahren einer gerichtlichen Beurteilung unterzogen. Weitaus gravierender waren da auch etliche Ausgaben des „Goldenen Zeitalters". Namentlich genannt, als besonderer „Stein des Anstoßes", erwies sich dabei besonders eine Karikatur im „Goldenen Zeitalter" vom 15. 11. 1936, betitelt „'Gefängniswärter' geben den Rat, Bücher zu verbrennen." (Auch in der Rutherford-Broschüre aus dem Jahre 1934 „Seine Werke" bereits abgebildet. Nunmehr aber im „Goldenen Zeitalter" erneut reproduziert.


Man darf es wohl so einschätzen (angesichts der schon skizzierten „polnischen Dünnhäutigkeit"), dass diese Karikatur wohl insbesondere der Tropfen war, der das „Fass zum überlaufen brachte"

Der genannte Prozess fand am 18. 10. 1937 statt. Dem Vernehmen nach konnte Scheider noch eine Revisionsverhandlung erwirken, in der er am 27. 1. 1938 freigesprochen wurde. Die aber kann nur als „Galgenfrist" bewertet werden. Schon im März 1938 wurde das WTG-Zweigbüro in Lodz geschlossen und die Organisation für verboten erklärt.

Der Staat Polen (vor der Annexion durch Hitlerdeutschland) war ein durchaus rabiat antisemitischer Staat. Besonders unrühmlich in die Geschichte eingegangen, sind da beispielsweise die Geschehnisse im Umfeld um Herschel Grynszpan. Letzterer ein Anschlag auf einen Nazidiplomaten ausübend (aus der Motivation der Rache), diente den Nazis als Vorwand für ihren Pogrom der berüchtigten sogenannten „Reichskristallnacht".
Siehe beispielsweise:
http://de.wikipedia.org/wiki/Herschel_Grynszpan

Die Motivation des Grynszpan war wesentlich dadurch mitbestimmt worden, dass jüdische Angehörige von ihm, im Niemandsland zwischen Deutschland und Polen, äußerst unmenschlichen Behandlungen unterworfen wurden, für die es ihm in der Folge, nach Rache gelüstete.

Insofern ist man überhaupt nicht verwundert, wenn in dem hier referierten Gerichtsverfahren die Zeugen Jehovas betreffend, auch ausgesprochen antisemitische Aspekte mit zum tragen kamen. Das makabre daran ist lediglich der Umstand, dass der WTG-Angeklagte Scheider, da zu seiner Verteidigung, sich als ganz offener (religiöser) Antisemit entpuppte. Scheider seinerseits gab damit nur die zeitgenössische WTG-Haltung zum Thema wieder.

Die diesbezüglichen Eckpunkte wurden nicht von Scheider entworfen. (der war nur der „Papagei" der sie wiederkaute). Entwerfer der Konzeption war unfraglich Rutherford und Co.

Jedenfalls kommt in einem weiteren „Trost"-Bericht („Trost" vom 1. 7. 1938) den „Scheider-Prozess" in Polen betreffend, diese antisemitische Komponente sehr wohl zum Ausdruck.
Genanntes „Trost" schreibt dazu:


„Polemisiert der Angeklagte in seiner Berufung zuerst mit der Behauptung des Gerichts
I. Instanz, die Angriffe richteten sich nur gegen die christlichen Bekenntnisse, nicht aber gegen die mosaische Religion.
Der Angeklagte meint, er sei während der Gerichtsverhandlung in bezug auf seine Einstellung zur jüdischen Religion gar nicht befragt worden. Wenn eine solche Äußerung von Ihm jedoch gewünscht wird, wolle er gern den biblischen Standpunkt hierüber darlegen.

Die Schrift nenne die Juden ein hartnäckiges Volk, das schon mehrmals völlige Ausrottung verdient hätte.
"Ich habe dieses Volk gesehen, und siehe, es ist ein hartnäckiges Volk; und nun laß mich, daß mein Zorn wider sie entbrenne und ich sie vernichte" (2. Mose 32:9-10).
"Ihr seid ein hartnäckiges Volk; zöge ich nur einen Augenblick in deiner Mitte hinauf, so würde ich dich vernichten" (2. Mose 33:5).
"Aber sie, nämlich unsere Väter, waren übermütig, und sie verhärteten Ihren Nacken und hörten nicht auf deine Gebote. Und sie weigerten sich zu gehorchen und gedachten nicht deiner Wunder, welche du an ihnen getan hattest" (Nehemia 9:16,17).

Wegen dieser schändlichen Handlungsweise des judischen Volkes wurde von allen heiligen Propheten Gottes dessen gänzliche Vernichtung vorausgesagt. ..."


Die Vokabel „verdient" ist zwar im Original nicht hervorgehoben. Gleichwohl Ausdruck eindeutigen religiös motivierten, Antisemitismus. Und dann vergesse man nicht die politischen Rahmenbedingungen. Das vermeintliche „verdient" war zur gleichen Zeit Staatspolitik sowohl in Hitlerdeutschland als auch in Polen.

Solche Aussagen ordnen sich ein in jenem Kontext beispielsweise, wenn der Hitler-Regierung, via der berüchtigten Berlin-Wilmersdorfer Erklärung, im dortigen Abschnitt „Juden", in vermeintlicher Zitierung biblischer Aussagen, zu Protokoll gegeben wurde:


„Ihr (die Juden) seid aus dem Vater dem Teufel".
Es fällt schwer zu erkennen, dass an eben jener Passage, die Nazis etwas „auszusetzen" gehabt hätten. Wenn auch die Berlin-Wilmersorfer „Erklärung", in Gesamtheit, bei den Nazis nicht wohlwollend aufgenommen wurde. Dann lag das aber mit Sicherheit nicht, an der eben zitierten Passage.
Und dann gab es im Abschnitt „Juden" der Berlin-Wilmersdorfer „Erklärung" als Zugabe noch jenes berüchtigte Bonmot, von dem man mit Sicherheit sagen kann. Es lässt sich in der Bibel nicht nachweisen. Ergo ist es auf dem ureigensten WTG-Mist gewachsen. Auch bei diesem Bonmot kann man sich nur schwer vorstellen, dass die Nazis an ihm etwas „auszusetzen" gehabt hätten, wenn sie da via WTG belehrt wurden:

„daß es in bezug auf die Stadt New York ein Sprichwort gibt, das heißt: 'Den Juden gehört die Stadt, die irischen Katholiken beherrschen sie, und die Amerikaner müssen zahlen."

Von WTG-Seite wird die Zahl der Zeugen Jehovas (Stand von 1939) in Polen, damals mit 1039 beziffert. Diese verhältnismäßig gering erscheinende Zahl ist auch dem Umstand zuzuschreiben, dass es in der Bibelforscher-Geschichte in Polen diverse schismatische Ereignisse gab. Noch heute existieren in Polen Zeitschriften aus dieser Gründungswurzel etwa „Na Strazy" und die zeitweise auch eine gewisse Bedeutung besitzende „Swit"

Das 1994er ZJ-Jahrbuch kam nicht umhin auf diese Umstände auch einzugehen. Dort liest sich das etwa so:


„Bruder Kasprzykowski hatte nach dem Ersten Weltkrieg für die Brüder zwar wertvolle Dienste geleistet, doch später wurde der Stolz für ihn zu einem Hindernis. ... wurde er ein ausgesprochener Gegner seiner früheren Brüder. Als Der Wachtturm immer deutlicher die Verantwortung jedes einzelnen betonte, sich am Predigen der guten Botschaft zu beteiligen, fand er bei denen Anklang, die nichts weiter tun wollten, als zuzuhören.

Eine Zeitlang gab sich die Warschauer Versammlung den Anschein der Einheit, indem weiterhin alle zusammenkamen. Aber in Wirklichkeit war sie stark gespalten. Beim Gedächtnismahl 1925 spitzte sich die Lage zu. Von den ungefähr 300 Brüdern blieben nur 30 der Gesellschaft gegenüber loyal.

Schon bald wurden andere Versammlungen in Mitleidenschaft gezogen. Von etwa 150 Personen in Lodz kamen nur 3 Brüder und 6 Schwestern weiterhin zusammen, um Gottes Wort mit Hilfe der Wachtturm-Publikationen zu studieren.

Doch die Probleme waren noch nicht überwunden. Im ganzen Land gab es Personen, deren Beweggrund, Gott zu dienen, stark von dem Glauben beeinflußt war, sie würden ihre himmlische Belohnung spätestens 1925 erhalten. Viele von ihnen wurden geistig schwach oder fielen vom Glauben ab, als das Jahr vorüber war. Während dieser Zeit versuchten verschiedene gegnerische Gruppen zielstrebig, die Versammlungen unter ihre Kontrolle zu bringen oder sie wenigstens zu schwächen Drei dieser Gruppen von Gegnern bestehen heute noch."

Swit

Na Strazy

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 28. Juni 2008 06:48
Das Jahr 1938 ist in die Geschichte unter anderem auch durch die Annexion von Österreich durch Hitlerdeutschland eingegangen. Es verwundert nun überhaupt nicht, dass selbiges auch für „Trost" zum Thema wurde. Allein der dabei zutage tretende Akzent ist beachtlich. Die Interessen der katholischen Kirche waren doch Hitler bei seiner Politik „Schnurzpiepe".

Nun mag sich die katholische Kirche, auch in dieser „Bewährungsprobe", alles andere als mit Ruhm bekleckert haben. Indem aber ihr taktieren überbetont wird, liefert „Trost" meines Erachtens wieder einmal ein Zerrbild.

Nachstehend einige Auszüge aus dem „Trost"-Bericht vom 15. 6. 1938:


Eine Kirche verrät ihre Gläubigen
Eine neue Etappe im religiös-politischen Kreuzzug der Neuzeit ist durchschritten. Die Hakenkreuzler haben die Krukenkreuzritter Österreichs ihrem Heerbann einverleibt. In den Zeitungen wurde diese Umwälzung der zweiten Märzwoche als österreichische Tragödie bezeichnet, und ein Trauerspiel ist das wirklich, was sich dort zuträgt. Ein Trauerspiel nicht deswegen, weil dieses Land jetzt die Freiheit verloren hätte - denn es besaß auch zuvor keine Freiheit, hatte also keine zu verlieren -, sondern deswegen, weil das arme österreichische Volk, das bisher mit Geißeln gezüchtigt wurde, nun mit Skorpionen gezüchtigt werden wird.

Aber auch in anderer Beziehung handelt es sich um ein Trauerspiel, das ein abschreckendes Bild geistiger Versumpfung gerade jener Religionsmacht darbietet, die in Österreich die herrschende ist. ...

Dem römisch-katholischen Klerus blieb es vorbehalten, in der Tragödie Österreich die traurigste und erbärmlichste Rolle zu spielen. Man wird das besser verstehen, wenn hier die kurze Lebensgeschichte des katholischen Ständestaates Österreich etwas aufgefrischt wird.

Es war im Februar 1934, als sich in ganz Österreich freiheitsliebende Menschen mit der Waffe in der Hand der aufstrebenden katholischen Diktatur zu erwehren suchten. Sie kämpften für ihre verfassungsmäßigen Rechte, mußten jedoch der ganz brutal durchgreifenden Militärgewalt unterliegen. In Wien und anderswo floß das Blut Hunderter aus dem Volke. Über diese Leichen hinweg errichtete der Vatikan durch seine politischen Treuhänder den "Ständestaat Österreich".

Zu wiederholten Malen und in aller Öffentlichkeit erklärten die führenden Männer dieses Staates, ihr Volk genau nach den Richtlinien der päpstlichen Enzyklika "Quadragesimo anno" organisieren zu wollen. Von vatikanischen Vertrauensmännern wurde eine neue Verfassung ausgearbeitet und mit den Worten eingeleitet: "Gott hat dem österreichischen Volke diese Verfassung gegeben." Der Papst schickte Glückwunschtelegramme, erteilte Österreich seinen ganz besonderen Segen und erklärte: "Nunmehr ist das österreichische Volk aufs engste mit dem Apostolischen Stuhl verbunden."
Daß die Presse-, Vereins-, Versammlungs-, Rede- und Glaubensfreiheit in einem solchen papistischen Staate sozusagen ausgeschaltet waren, bedarf gar keiner besonderen Erwähnung.

Die Nazi-Herren Deutschlands suchten nun in Österreich politischen Einfluß zu gewinnen, um den Anschluß vorzubereiten. Immer mehr verstärkte sich die Agitation von deutscher Seite aus. Mitte 1934 kam es zu einem Naziputsch in Wien, wobei der Bundeskanzler Dollfuß ermordet wurde. Man feierte ihn hernach als Märtyrer des katholisch-österreichischen Unabhängigkeitsgedankens, der von der Kanzel herab und in Hirtenbriefen der Bischöfe immer intensiver gepredigt wurde.

Als der von den Nationalsozialisten ermordete Kanzler Dollfuß aufgebahrt war, sprach, wie wir der Basler "Nationalzeitung" entnehmen, Kardinal Innitzer folgenden Treueschwur an seiner Bahre:
"Laßt uns in dieser schmerzerfüllten Stunde unserem toten Kanzler Dollfuß für sein großes Werk der Erneuerung Österreichs auf christlicher Grundlage tiefbewegten Dank aussprechen. Unser Dank sei die Treue zu seinem Werk, die Treue bis in den Tod. Und unser Schwur in dieser Stunde, den wir dem Toten leisten, ist das heilige Gelöbnis, zu keinem Zeitpunkt, und sei der Kampf ein noch so harter, von dem Wege abzuweichen, den unser Kanzler Dollfuß dem christlichen Volke Österreichs aufzeichnete und für den er nun sein Leben geopfert hat. Das Blut des Kanzlers ist aber nicht umsonst geflossen, wenn dieses Blutopfer es vermag, unser Volk mehr denn je zusammenstehen zu lassen im Kampfe für ein freies und christliches Österreich und die Kräfte unseres so schwergeprüften Volkes zu vertausendfachen im Kampf gegen jene, die es zu zerstören trachten. Möge der Tod unseres heißgeliebten Kanzlers Dollfuß das Beispiel und das Unterpfand einer besseren Zukunft sein! Wir alle schwören es in dieser Stunde, daß wir keine heiligere Aufgabe zu erfüllen wissen, als das Vermächtnis dieses großen Toten bis zum letzten Atemzuge zu bewahren, für ein freies und christliches Österreich zu kämpfen, wozu uns dieser Opfertod die Kraft geben wird und Gott der Allmächtige!" (Zitiert nach "Der Deutsche in Polen" vom 24. April 1938.)

Der Vatikan hatte so durch seine religiös-politischen Mittelsmänner die Sache der Selbständigkeit des katholischen Österreich zu seiner eigenen gemacht. Die Politiker, die dafür eintraten, taten es gleichsam als Dienst gegenüber ihrer Kirche.

Gerade unter Hinweis auf diese österreichische Politik sagten manche: "Wie kann bloß jemand behaupten, zwischen Nazismus und Katholizismus bestünde eine Interessengemeinschaft! Sieht man in Österreich nicht deutlich, daß das die erbittertsten, unversöhnlichsten Gegner sind? Hat nicht der österreichische Klerus all die ,neuheidnischen' Nazi-Ideen als für alle Zeiten mit dem Katholizismus unvereinbar erklärt?"

Nun, die Zeit kam - im Februar dieses Jahres -, wo der Druck von Seiten Deutschlands den Bundeskanzler Schuschnigg zu einer Begegnung mit Hitler in Berchtesgaden zwang. Man gelangte zu einer Übereinkunft. Worin diese bestand, ist ungewiß; denn daß die Presse hierüber richtig informiert wurde, also das Richtige schreiben konnte, ist durchaus nicht sicher.

Die erste öffentliche Auswirkung dieser Konferenz
war zur Hauptsache, daß ein Führer der österreichischen Nazis den gerade in einer solchen Lage äußerst wichtigen Posten des Innenministers bekam. Das sah schon nach versteckter Gleichschaltung mit Deutschland aus. Aber kurz darauf hielt Schuschnigg eine Rede mit dem Grundton: "Bis hierher und nicht weiter; Österreich bleibt Österreich."

Überraschend schnell wurde eine Abstimmung über die Unabhängigkeitsfrage angesetzt; und seitens der "Vaterländischen Front", die nichts anderes war als das politische Sammelbecken aller Unterstützer der hinter den Kulissen herrschenden katholischen Kirche, setzte eine mächtige Wahlkampagne für ein unabhängiges katholisches Österreich ein. Für alle Beschauer sah es so aus, als ob sich nun ein gigantischer, konsequent durchgeführter Kampf zwischen dem sogenannt "neuheidnischen" Nazismus und dem politischen Austro-Katholizismus entspinnen würde.

Was aber geschah anstatt dessen? Im Verlauf weniger Stunden, zwischen Nachmittag und Mitternacht, brach der ganze katholische Widerstand zusammen. Ja, was noch mehr ist: in wenigen Stunden wurden aus den Bischöfen und andern "unerschütterlichen Verfechtern eines freien katholischen Österreichs" begeisterte Nazis!

Bei aller üblichen Nachsicht und Zurückhaltung den großkirchlichen Angelegenheiten gegenüber konnten viele Zeitungsschreiber doch nicht umhin, ihr Erstaunen auszudrücken über die geistlichen Herren, die sich wandlungsfähiger zeigten als jedes Chamäleon. Die eine Zeitung schrieb:
"Und Seipel, Dollfuß, Schuschnigg, spielten sie alle nur Theater?" "Paris Soir" vermerkte: »Der Kardinal-Erzbischof Innitzer liegt vor den Siegern auf den Knien. Er hat sich sehr unpopulär gemacht dadurch, daß er Herrn Schuschnigg so prompt fallen ließ und sich Adolf Hitler, gegen den er noch wenige Tage vorher von der Kanzel herab losdonnerte, so schnell unterwarf."

Eine weitere Meldung aus Wien, datiert vom 15. März, besagte:
"Gelegentlich eines Besuchs beim Führer gab Mgr. Innitzer, der Kardinal-Erzbischof von Wien, seiner Freude über die Vereinigung Österreichs mit Deutschland Ausdruck und erklärte, daß die österreichischen Katholiken sich aktiv an der deutschen Aufbauarbeit beteiligen wollen.

Der Führer erwiderte dem Kardinal, daß die Kirche ihre Treue gegenüber dem Staat nicht zu bereuen haben werde. Nach Beendigung seiner Konferenz mit dem Führer gab Kardinal Innitzer einen Hirtenbrief heraus, in dem im wesentlichen gesagt wird: Die Priester und die Gläubigen müssen einstehen für den großdeutschen Staat und den Führer, dessen Kampf gegen den Bolschewismus und für die Macht, die Ehre und die Einheit Deutschlands dem Willen der Vorsehung entspricht. Der Kardinal ersucht die Leiter der christlichen Jugendverbände, die Eingliederung dieser Organisation in die Staatsjugend zu fördern. Betitelt ist dieser Hirtenbrief mit 'Treueid der Kirche gegenüber dem deutschen Volk'."

Zu der von Hitler arrangierten Wahlkomödie wurde in allen Kirchen Österreichs ein gemeinsamer Hirtenbrief der Bischöfe verlesen, worin dem früher so arg verschrieenen Nationalsozialismus wegen all seinen Bestrebungen und seinen Errungenschaften höchstes Lob gezollt und ferner darauf verwiesen wird, daß sich natürlich alle gläubigen Katholiken bei dieser Abstimmung für Hitler und für den Nationalsozialismus erklären sollen.

In der Vorbemerkung dazu heißt es, die Bischöfe hätten diese Treuekundgebung für den Nazismus in vollem Vertrauen abgeben können, weil Bürkel, der österreichische Bevollmächtigte Hitlers, ihnen die Aufrichtigkeit seiner Politik gezeigt und erklärt habe, daß von nun an allgemein der Grundsatz gelten werde: "Gebt Gott was Gottes ist und dem Kaiser was des Kaisers ist."

Wie schnell man doch handelseins geworden war!

Den Papstpolitikern gemäß hätte Gott selbst den österreichischen Ständestaat gegründet; denn ihrer Erklärung nach soll er "die Verfassung gegeben" haben. Da muß man fragen: Ist das, was der Gott der Hierarchie tut, nur vier Jahre lang lebensfähig? Ihr Gott ist ganz gewiß nicht der Allmächtige!

Der Papst erteilte 1934 dem neuen österreichischen Staat seinen ganz besonderen Segen. Haben die "besonderen Segnungen" des Papstes eine so vernichtende Wirkung, daß sie zu derart blitzschnellen Zusammenbrüchen führen, wie das beim österreichischen Staat der Fall war? Es scheint, daß, wer sich ins Unheil stürzen will, sich nur vom Papst segnen lassen braucht.

Die öffentlichen Vorgänge, die mit dem Anschluß Österreichs an Deutschland zu tun haben, sind allgemein aus den Tageszeitungen bekannt. Aber ob und inwieweit das Ganze nur ein abgekartetes Spiel war zwischen Hitler und dem Vatikan, das heißt inwieweit scheinbare Gegner nur auf der diplomatischen Bühne, zur Täuschung der Öffentlichheit, als Gegner schauspielerten, das bleibt den Mutmaßungen der einzelnen überlassen. Hier genüge es, einige öffentlich bekannte Tatsachen etwas zu beleuchten:

Tatsache ist, daß die österreichische Politik der letzten Jahre vom Vatikan inspiriert war. Die Forderung, Österreichs Unabhängigkeit als katholischen Ständestaat um jeden Preis zu verteidigen, ging von der römisch-katholischen Hierarchie aus. Also hätte diese Geistlichkeit als der Hauptgegner des Anschlusses gelten und nach trotzdem erfolgtem Anschluß von den siegreichen Nazis eigentlich so behandelt werden sollen, wie das die Nazis sonst bei ihren politischen Gegnern gewohnt sind, nämlich: sie vollständig zu zerschmettern, sie zu foltern und eventuell in Gefängnissen und Konzentrationslagern lebendig zu begraben. Nun bestätigen zwar die Berichte aus Österreich, daß man dort kaum mehr weiß, wo die ungezählten Tausende Verhafteter alle untergebracht werden sollen. Aber hat schon jemand etwas von Massenverhaftungen katholischer Priester gehört? Woher kommt plötzlich diese Protektion?

Von den Politikern, die sich für die Unabhängigkeit Österreichs eingesetzt hatten, sind verschiedene jetzt ums Leben gekommen, haben "Selbstmord" verübt, sind verhaftet worden oder mußten ins Ausland flüchten. Was aber widerfuhr den eigentlich führenden, man kann fast sagen, den allein verantwortlichen Politikern, der hohen römisch-katholischen Geistlichkeit? Keinem von ihnen ist auch nur ein Haar gekrümmt worden. Sie hetzen stets nur andere für sich in den Tod.

Eine weitere Tatsache, die nachdenklich stimmt, ist, daß Hitler noch auf seinem Wege nach Wien, in Linz, sofort dem Gesandten Franz von Papen die ihm lange versagt gebliebene Mitgliedschaft in der Nationalsozialistischen Partei verlieh und ihn "in Anerkennung seiner verdienstvollen Mitarbeit" mit der Goldenen Verdienst-Medaille auszeichnete. Herr von Papen ist jener eifrige Laien-Katholik, der von jeher die Mittlerrolle zwischen Vatikan und Nationalsozialismus spielte.

Welche "verdienstvolle Mitarbeit" hätte er vor dem Anschluß an seinem Wirkungsort Wien geleistet, wenn es nicht vorher schon, noch ehe die Welt die vollendeten Tatsachen in schöner Theaterumrahmung vorgesetzt bekam, zu fixen Abmachungen zwischen Nazismus imd Katholizismus gekommen wäre? Von Papens Sekretär wurde Mitte Mai als Leiche aus der Donau gezogen. Die Basler "Nationalzeitung" vom 20. 5. 38 bespricht dies als offenbaren politischen Fememord. Dieser Sekretär, von Ketteler, sei ein zu unzuverlässiger Mitwisser alles dessen gewesen, was vorher hinter den Kulissen Wien-Berlin gespielt worden ist.

Wer heute noch jede Interessengemeinschaft Katholizismus-Nazismus leugnet, sollte sich durch die Tatsachen bald eines Bessern belehren lassen. Weltliche und geistliche Diktaturen legen nach italienischem Muster ihre Kräfte sogar in internationalem Ausmaße immer enger zusammen, um das noch nicht Eroberte leichter unterjochen zu können.

Kurz nach erfolgtem Anschluß schrieb der Berliner "Angriff" des Herrn Göbbels: "Unser Kontinent strebt zu seinem ehemaligen Zustand zurück, wo das heilige deutsch-römische Reich die Stütze des Friedens und der Beschützer der westlichen Kultur war . . . Das Gesetz, wonach sich das neue Europa bilden wird, sowie seine Grundlagen sind schon zu erkennen. Das neue Europa wird auf zwei Pfeilern ruhen: dem italienischen Süden und dem deutschen Norden."

Und darüber die "segnende" Hand des Papstes?
Eine andere Seite der Angelegenheit
Als sich im Februar 1934 die katholische Diktatur in Österreich auf blutige Weise durchgesetzt hatte, geschah das zwar nicht so, daß der Kardinal-Erzbischof von Wien als Papstlegat die Staatsführung ganz offen auf seinen Namen übernommen hätte. Diese blieb in "Laien"-Händen. Aber wirklich maßgebend war von da ab die hohe "Geistlichkeit". Sie bildete die Macht hinter dem Throne, und jedermann in Österreich wußte das.

Nun, auch in ändern Ländern ist der römische Klerus in irgendeiner Form die Macht hinter dem Throne. Doch das wird ängstlich verschleiert soweit es nur geht. Die Gründe dafür sind einleuchtend. Sie bestehen darin, daß es äußerst riskant ist, die Verantwortung für politische und soziale Führerschaft in aller Öffentlichkeit zu tragen, besonders heute, wo sich die unlösbaren Probleme nur so aufeinander türmen, wo also die Wahrscheinlichkeit eines schnellen Fehlschlags größer ist als je zuvor. Wenn ein politisches Experiment, für das der Klerus vor allem Volke offen die Verantwortung trägt, schief geht, dann sitzt er in der Tinte. Deswegen ist es schon besser für ihn, in einem solchen Falle die Verantwortung auf politische Strohmänner abwälzen zu können.

In Österreich war das sehr schwierig; denn es ging nicht mehr zu verschleiern, daß das Bischofskollegium im Staate mehr zu sagen hatte als sonst jemand. Das war allgemein viel zu gut bekannt. Das österreichische Volk hatte von den Kanzeln herab gehört und aus den Einführungsworten der neuen Verfassung ersehen, daß alles Leben im "katholischen Ständestaat" vom Geist der römischen Kirche durchdrungen sein sollte, und es erwartete natürlich, daß, wenn die Kirche selbst mit starker Hand den christlichen Grundsätzen der Gerechtigkeit und der Nächstenliebe Geltung verschaffe, man auch etwas davon spüren werde. Aber man spürte nichts, absolut nichts.

Dieser nach päpstlichen Richtlinien geschaffene Staat war alles andere als ein Paradies. Er gab dem Mann aus dem Volke in materieller Hinsicht nicht mehr, ließ ihm dagegen kulturell viel weniger als er früher, unter der Demokratie, gehabt hatte. Und deswegen grollten die Massen - mit Recht - ihren Bischöfen. Sehr viele gute Katholiken, die früher keinen Anlaß zur Kritik an ihrer geistlichen Obrigkeit gesehen hatten, wurden zu argen "Kritikastern". Weil die Kirche politisch zu stark exponiert war, politisch zu offen die Verantwortung trug, deswegen mehrte sich die Feindschaft im Volke gegen sie. Haben sich die Vatikan-Politiker da vielleicht gesagt, daß es besser sei, Österreich an den Nazismus zu verschachern, auf diese Weise den deutschen Protestantismus noch stärker zu verwässern und, soweit es sie selbst betrifft, in eine gedecktere Stellung zu gehen?

Ganz gleich, wie dieses politische Vorspiel auch ausgesehen haben mag, zeigt sich doch in den Ereignissen selbst wieder einmal ganz deutlich die Grundsatzlosigkeit dieser geschäftemachenden Religionskaste. ...

Wer da einwendet, daß das dem Bolschewismus gegenüber doch nicht zuträfe, dem ist nur zu antworten: auch im Lande des Bolschewismus hat sie seinerzeit eifrig versucht, mit diesem gottlosen Staate anzubändeln. Daß sie als Antwort auf ihr Liebeswerben damals einen Fußtritt bekam, steigert ihren moralischen Wert durchaus nicht. Warum sie jetzt gegen Rußland loszetert, statt es zu umschmeicheln, ist leicht feststellbar: dort hat sie nichts zu gewinnen, keinen "Lohn" zu erwarten. Aber sie hat dort auch nichts zu verlieren; und da sie also keinerlei Geschäftsrücksichten nehmen braucht, kam sie auf die Idee, sogar aus dieser Abfuhr noch Kapital zu schlagen, mit dem zugkräftigen Schlagwort "Kampf dem Kommunismus" die alten Liebhaber noch stärker an sich zu binden und neue zu erobern.

Solange die Kirche Roms mit Moskau wegen des Erbes der griechisch-katholischen Kirche in Unterhandlungen stand, ließ sie das laute Geschrei über die "kommunistische Weltgefahr" hübsch bleiben; und es wäre überhaupt unterblieben, wenn das russische Volk römisch-katholisch gewesen wäre; denn dann hätte das Papsttum viel einzubüßen gehabt und zweifellos auch der kommunistischen Staatseinrichtung gegenüber "Treuekundgebungen" veranstaltet. ..."

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Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 28. Juli 2008 08:27

Ohne Quellenangabe bringt die „Trost"-Ausgabe vom 1. 7. 1938 auch ein Zitat, dass man wohl so einschätzen muss.
Entnommen aus einer kommunistischen Tageszeitung; mutmaßlicherweise entstanden zu Zeiten der Weimarer Republik in Deutschland.

Jedenfalls sind mir von kommunistischer Seite zu Zeiten der Weimarer Republik, bislang keine Broschüren oder gar Bücher bekannt, welche sich mit dem Zeugen Jehovas-Thema beschäftigten. Die bekannten Broschüren (oder auch dünne Bücher) zum Thema aus der Ecke des linken Flügels des Freidenkertums in der Weimarer Republik.
Man vergleiche als ein Beispiel dazu
Himmel Fimmel

stimmen jedenfalls nicht inhaltlich überein, mit jenem Zitat, das „Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 7. 1938 bringt.
Es bleibt für mich wirklich nur die Einschätzung übrig. Dabei muss es sich um einen Artikel in einer kommunistischen Tageszeitung gehandelt haben, denn eine höhere Qualität (etwa in Broschürenform), war den Kommunisten das Bibelforscher-Thema nicht im entferntesten wert.

„Trost" bringt dieses Zitat natürlich nicht, weil es das so „doll finden" würde, oder sich gar mit ihm identifizierte. In „Trost"-Sicht ist das da ausgesagte nur eine „Verleumdung", geeignet als „abschreckendes" Beispiel allenfalls seiner Leserschaft mal vorgestellt zu werden.

Nun schließe ich mich den Tagespolitischen Akzenten dieser Ausführung auch so nicht an. Gleichwohl mag es als relativ rares Dokument aus der kommunistischen Ecke, zur Frühzeit der Bibelforscher-Bewegung einmal dokumentiert werden.
Es steht jedem frei, sich sein eigenes Urteil dazu zu bilden.

„Trost" zitiert den fraglichen Text wie folgt:

"Die Bibelforscher sind eine der größten amerikanischen Sekten. Ihre soziale Aufgabe besteht darin, die elementare Unzufriedenheit der Arbeitermassen in eine für die Bourgeoisie ganz unschädliche mystische Einstellung überzuleiten. Der Arbeiter soll davon überzeugt werden, daß die Lösung der ihn bedrückenden Probleme in der Bibel zu finden ist, die angeblich über alles schreibt, was ist, was war und was sein wird.

Anstatt sich mit den brennenden politischen Angelegenheiten zu befassen, muß man nur die Bibel lesen und die ihr entnommenen Texte besprechen...
Die Köpfe der aktiven Bibelforscher sind so dicht mit Bibelstellen vollgepfropft und es entsteht in ihnen solch ein biblisches Durcheinander, daß sie gegenüber jeglichen sozialen Gedanken geradezu verpanzert sind. Um ihre Mitglieder vor den verderblichen Einflüssen des Klassenkampfes zu bewahren und sich die Gunst der herrschenden Elemente zu sichern, schmücken die Bibelforscher ihre Schriften mit den abscheulichsten, der Bourgeoisie-Presse entnommenen Äußerungen über die Arbeiterbewegung und Ihre Organisationen."

Seit Mitte 1923 war nun das WTG-Büro in Magdeburg.
Eine erste 1924 in Magdeburg durchgeführte „Hauptversammlung" lief ab, ohne dass seitens der Presse sonderlich von ihr Notiz genommen wurde. Indes ist sie den dort Anwesenden, sehr wohl in bleibender Erinnerung geblieben. Noch wirkten die Folgewirkungen der Inflation massiv nach. Und da war das schon ein gewisses „Event" was im „Wachtturm 1924 S. 157 wie folgt beschrieben wird:

„Hatten wir noch eine ganz besondere Freude. Bruder Rutherford hatte den Wunsch, für ein jedes auf der Hauptversammlung anwesenden lieben Geschwister einen kleinen Imbiss zu bereiten. Er hatte Vorsorge getroffen, das jedem Bruder und jeder Schwester ein paar warme Würstchen, zwei Brötchen und eine Flasche Wasser gratis ausgehändigt wurde."

Auch bei dem Zeitzeugen William Schnell (sein Buch „Dreissig Jahre Sklave des Wachtturms") spiegelt sich dieses Ereignis wieder. Der „Wachtturm" schrieb zwar von Würstchen mit Brötchen. Schnell hingegen will wissen, es seien Würstchen mit Kartoffelsalat gewesen.
Nun muss man Schnell zugute halten, er schrieb aus der Erinnerung, und noch dazu Jahrzehnte später. Da können sich schon Irrtümer einschleichen. Man sollte also die Frage war es nun Kartoffelsalat oder eben nur Brötchen als Beilage, dabei nicht überbewerten. Jedenfalls brachte Schnell den gleichen Aspekt wie folgt zu Papier:


„Ich war für die gesamten Transportfragen verantwortlich. Der inzwischen bartlose deutsche Direktor (Balzereit) sagte mir, ich solle versuchen, möglichst viel Geld zu machen, damit wir nicht nur die Unkosten bestreiten, sondern auch dem Judge einen guten Finanzbericht vorlegen könnten. Wir organisierten vierzehn Sonderzüge aus allen Teilen Deutschlands. Wir entwickelten für die Teilnehmer einen kleinen Zelluloidanstecker, in den eine weiße Karte eingeschoben wurde, auf der mit Schreibmaschine der Herkunftsort stand. Jedes Stück kostete uns etwa drei Pfennige, und ich verkaufte sie für fünfzig. Allein diese Transaktion ergab eine ganz nette Summe zur Auffüllung der Schatzkammer der Gesellschaft.

Auf dieser Tagung wurde ein Meisterstück der Gleichschaltung durchgeführt Der Judge brachte den 15 000 versammelten Bibelforschern die Idee des weltumspannenden Zeugen- Feldzuges bei - zumindest versuchte er es -, verbunden mit einem neuen Bauprogramm, sowie die Idee, über ihre aufgewendete Zeit und über die abgesetzten Bücher der Gesellschaft Bericht zu erstatten.

So väterlich war die Haltung der Wachtturm-Gesellschaft gegenüber den Bibelforschern geworden, daß der Judge - als Höhepunkt und als ein Zeichen des Wohlwollens gegenüber der Masse - geruhte, eines der Wunder Jesu nachzuahmen. Großmütig speiste er bei der letzten Sitzung einen jeden der 15 000 Teilnehmer mit einem Würstchen, einem Brötchen und etwas Kartoffelsalat! Der Eindruck, daß er wirklich ein großer Wohltäter sei, wurde durch diesen letzten Akt nachdrücklich unterstrichen. Ihr Ergebnis hatte sich so sehr dem Gedächtnis der Teilnehmer eingeprägt, daß ich noch nach Jahren auf meinen Reisen durch alle Teile Deutschlands feststellen mußte: Von allen Dingen, die sich auf jener Riesen- Tagung ereigneten - Verlust der Persönlichkeit, Verlust des Rechts auf freiwillige Versammlung, Verlust der Freiheit, Zwang zur Berichtsabgabe -, entsannen sich die meisten Teilnehmer nur noch der geschenkten Wurst und des Kartoffelsalats! Wahrlich, ein geschickter Judge!"

Auch die von Schnell gemachten Einschätzungen zur Finanzsituation sollte man nicht übersehen. Letztendlich hatten die aktiven Teilnehmer dieser Veranstaltung, sich dieses „Geschenk" mehr oder weniger auch selbst bezahlt (eben nur auf indirektem Wege).

Ein Jahr später - 1925 - gab es wieder eine Hauptversammlung in Magdeburg. Diesmal aber nahm sehr wohl die Presse von ihr Notiz. Ein Bericht, welchem die sozialdemokratische Zeitung „Vorwärts" in ihrer Ausgabe vom 3. 6. 1925 abdruckte, wird - etwas gekürzt - auch im „Wachtturm" vom 1. 9. 1925 wieder gegeben.
Er sei nachstehend noch dokumentiert:


Bei den Bibelforschern
Die Bewegung der Bibelforscher hat, wie viele andere religiöse Bewegungen, in der Nachkriegszeit, einen ungeheuren Aufschwung genommen. Viele Menschen, die sich in den politischen, wirtschaftlichen und geistigen Wirren unserer Gegenwart nicht mehr zurechtfanden, suchen Trost und Erlösung in der Religion. Die Kirche die in diesen Wirrnissen und politischen Geschehen immer Partei nahm, sich sogar auf die Seite derer stellte, die aus der allgemeinen Not ihre Vorteile zogen, konnte den religionsbedürftigen Massen nicht geben, was sie brauchten.

Da wurden aus kleinen Sekten große Massenbewegungen, die die ganze Welt umspannten. Eine der größten ist die der internationalen Bibelforscher. Sie stehen mit der evangelischen Kirche in Feindschaft, weil sie das Pfaffentum und den Dienst der Kirche für die herrschenden Klassen nicht gutheißen. Und die Herren von der Kirche sind auf die Bibelforscher auch nicht gut zu sprechen, dann in ihnen offenbart sich eine fühlbare Konkurrenz.

Man muß den Opfermut dieser bewundern, die aus ganz Deutschland, selbst aus den entlegensten Ecken unter vielen Entbehrungen nach Magdeburg kamen. Es sind zumeist Leute aus den proletarischen Bevölkerungskreisen, die naturgemäß die Not ihrer Zeit am stärksten zu spüren bekamen, und sich an den Andachten und Feierlichkeiten an den Pfingsttagen in Magdeburg aufbauen wollten.

Ob man ihren Glauben an die Prophezeiungen aus der Bibel folgen muss, ist eine andere Frage. Als Sozialisten kämpfen wir auch um das Ziel der Herrschaft der Gerechtigkeit und Wahrheit in der Welt. Als solche wissen wir aber auch, dass die kapitalistische Gesellschaftsordnung mit ihrer Klassenschichtung nicht geändert werden wird, durch die Aufrichtung des „Reiches Jesu". Nur einige folgerichtige wirtschaftliche Entwicklung zum Sozialismus bringt Gerechtigkeit und Wahrheit in der Welt.

Die herrschende Ungerechtigkeit wird hervorgerufen durch die wirtschaftliche Herrschaft der einen Klasse über die andere, des Kapitalisten- und Unternehmertum über die arbeitenden Menschen der ganzen Welt. Selbstsucht und Habgier der einen erzeugen Not und Entbehrungen der anderen. Nicht ein Glaube an den Erlöser schafft diese Dinge aus der Welt, sondern eine Beseitigung ihrer Ursachen trägt dazu bei. Die Sozialisten wollen mit Hilfe der Wissenschaft, der Technik und der großen geistigen Fähigkeiten der Menschheit die Wirtschaft so organisieren und gestalten, dass dem menschlichen Egoismus die Möglichkeit zur Betätigung genommen wird. Dieser Erfolg kann nicht erzielt werden allein durch den Glauben, dazu gehört auch Kampf und zwar Kampf im Angriff. Den lehnen die Bibelforscher ab, weil sie durch den Glauben an die kommende Regierung Jesu daran gehindert werden."


Dieser Bericht endet dann mit der vom „Wachtturm" nicht mehr zitierten Passage:
„Darum war die Versammlung am ersten Pfingstfeiertag in der Halle Stadt und Land auch keine Versammlung, wie sie die Arbeiterschaft kennt. Es war mehr eine Andacht, eine Stunde der Besinnung für Menschen, die diese notwendig haben. Mittel der Technik wurden allerdings in den Dienst der Sache gestellt. Die Halle war vollständig gefüllt, und die Redner sprachen über einen Lautsprecher. Musik und Massengesang gaben den Rahmen und eine weihevolle Stimmung. Die Halle selbst war mit Fahnen und Girlanden dekoriert."

Auch die „Leipziger Neuesten Nachrichten" veröffentlichten ein Foto dazu. Der Vergleich ergibt. Es ist eindeutig identisch mit jenem Foto, welches auch die Magdeburger Ausgabe des „Goldenen Zeitalters" in seiner Ausgabe vom 15. 7. 1925 publizierte

http://www.manfred-gebhard.de LNN25.jpg/

Das GZ veröffentlichte noch ein weiteres Foto mit der Bildunterschrift: „Abfahrt des Präsidenten der V.E.B." Kann man in selbigem auch Details nicht sonderlich gut erkennen, so verdeutlicht es zumindest den Personenkult, der da zeitgenössisch um Rutherford betrieben wurde!

http://www.manfred-gebhard.de/GZM.15725.jpg

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 30. Juli 2008 05:20
Zeitgenössisch (mit Sicherheit für das Jahr 1938) muss man auch die Zeugen Jehovas in die Rubrik „religiöse Antisemiten" einstufen.
Ein übles Dokument dazu ist auch jener in „Trost" vom 15. 7. 1938 publizierte Artikel „Die Juden in Palästina", der da mit den provokativen Sätzen endet:

„Die Juden sind ein lebendiges Bild dafür, wie furchtbar es ist, den Segen Jehovas nicht zu besitzen ..."

Provokativ besonders auch deshalb, weil die im Artikel im abwertendem Tone mit genannte „religiöse Sentimentalität" von ihnen früher selbst praktiziert wurde, wovon auch solche WTG-Schriften wie „Die nahe Wiederherstellung Israels"
oder
„Trost für die Juden" künden.
Und nun in jenen Jahren, wo es für die Juden um Sein oder Nichtsein ging, auch von seiten der WTG der „Dolchstoß" in ihren Rücken. Nachstehend der Artikel „Die Juden in Palästina" im vollem (ungekürztem) Wortlaut



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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 31. Juli 2008 00:47
Wahrscheinlich ist die „Basellandschaftliche Zeitung" wohl als katholisch orientiert zu bezeichnen. Jedenfalls war der Umstand zu registrieren, dass sie in ihrer Ausgabe vom 6. 5. 1938 in einem „Die ernsten Bibelforscher" betitelten Beitrag, auf selbige nicht sonderlich gut zu sprechen ist. Das brisante an diesen Ausführungen ist in der Tat, dass aus ihren Schlussausführungen, eine Aufforderung zu Tätlichkeiten heraus gelesen werden kann. Das entging selbstredend dem „Trost" nicht, und prompt wurde denn auch in der „Trost"-Ausgabe vom 15. 7. 1938 - unter ausdrücklicher Androhung juristischer Konsequenzen - der Redakteur dieser Zeitung vom „Trost" „angezählt". Das es mit der Sachkenntnis des Autors in der „Basellandschaftlichen Zeitung" nicht zum besten bestellt war, macht er (unter anderem) auch dadurch deutlich, dass er den Amerikaner Rutherford, zum „Engländer" befördert. Das aber wiederum ist jetzt hier nicht das Thema.

Man versäumte es auch nicht, ihm unter „die Nase zu reiben", dass eine andere Zeitung (die „Soluthurner Zeitung") in ihrer Ausgabe vom 6. 5. 1938, offenbar auf einen ähnlichen Sachverhalt einging, sich jedoch nicht zu Aufforderung zu Tätlichkeiten hinreißen lies.

Letzterem wäre dann auch zuzustimmen.
Jedoch weder der inkriminierte Bericht aus der „Basellandschaftlichen Zeitung" noch jener aus der „Solothurner Zeitung", wurden im „Trost" näher vorgestellt. Man lässt es also dabei bewenden, die Zeugen Jehovas - wieder einmal - sich in der Rolle der „verfolgten Unschuld vom Lande" zu wähnen.

Beide Presseberichte seien daher im nachfolgenden kommentarlos einmal vorgestellt.


Basellandschaftliche Zeitung
Tagblatt von Baselland
Liestal
Freitag, 6. Mai 1938
"Die Ernsten Bibelforscher"
Im Birseck hausieren an Sonntag-Vormittagen wieder die sog. "Zeugen Jehovas" und predigen unseren Frauen, während die Männer im Hauptgottesdienst sind, das "nahe" Weltgericht Gottes. Die Vergewaltigung Abessiniens und neuerdings Oesterreichs, der Bruderkrieg in Spanien usw. seien große und sichere Zeichen der nahenden Trübsals und sie, die "Ernsten Bibelforscher" seien, in "Gehorsam gegen Gottes Gebot" dazu berufen, der Menschheit die "Wahrheit" zu bringen und das Volk zu warnen.

Die Sekte der "Ernsten Bibelforscher" hat neuerdings ein Zweigbureau in Bern eröffnet. Sie stellt ein betrübendes Zerrbild der Lehren des Christentums dar, eis handelt sich um eine unsympatische, unbelehrbare, aufdringliche, kirchen- und priesterfeindliche Sekte, deren religiöser Eifer in blindem Fanatismus ausartet. Von einer sozial-caritativen Betätigung ist gar keine Rede. Sie besuchen mit besonderer Vorliebe die Katholiken und suchen sie mit gehässigen Auslassungen gegen den katholischen Glauben und gegen unsere Priesterschaft in ihrem Glauben wankend zu machen. Ihre Frechheit, wie sie aufdringlich in die Häuser eindringen und den Leuten ihre Broschüren (neu "Heilung"), ihre Zeitschrift "Trost" und das neueste Produkt des fanatischen Engländers Rutherfords "Feinde" anzubringen suchen, ist beispiellos.

Wir möchten unsere Katholiken auffordern, diesen aufdringlichen Leuten energisch die Tür zu weisen und wenn wie, was nicht selten vorkommt, frech werden, mit dem Stock abzufertigen. Auf eine andere Art wird man mit dieser Bande nicht fertig.


Solothurner Zeitung
6. Mai 1938
Dornach
Sektierer und Toleranz. (Korr.)
Letzten Sonntag machten sich in Dornach einige "ernste Bibelforscher", die sich "Zeugen Jehovas" nennen, dadurch nicht besonders angenehm bemerkbar, daß sie am Vormittag die Privathäuser absuchten, um ihre bekannten Broschüren an den Mann zu bringen, in denen sie an den "offiziellen" Konfessionen ziemlich unverblümt Kritik üben. Von einer Belästigung sonnte aber insofern kaum die Rede sein, als diese sonderbaren Heiligen ihre Traktätlein gratis abgaben, ohne irgendwelche Bezahlung oder freiwillige Beiträge entgegenzunehmen.

Sie wurden von einer größeren Zahl junger Burschen verfolgt, welche versuchten, ihnen ihre Handtaschen zu entreißen, wogegen sie sich aber energisch zur Wehre setzten, indem sie erklärten, sie würden sich nur einer polizeilichen Kontrolle unterziehen. Ihr Gottesdienst bestehe eben in der Verteilung der Broschüren in die Privathäuser. - Die jungen Leute, die sie hinderten, sollen zum wesentlichen Teil dem katholischen Jünglingsverein angehören. So wenig erwünscht jene religiösen Schwärmer auch sein mögen, so wenig ist bei ihrer Bekämpfung Gewaltanwendung am Platze, denn diese war noch nie ein schlüssiger Beweis dafür, daß man eine bessere religiöse Anschauung vertrete. Solange kein Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen vorliegt, wird man sie eben gewähren lassen müssen, und liegen Verfehlungen vor, so geht der Weg zum Recht nicht über die Selbsthilfe der Gegner, sondern dafür sind die staatlichen Organe da, die zum Rechten sehen werden.
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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 25. August 2008 03:39

Im „Trost" vom 1. 8. 1938 gelesen:
Ein Däne, Dr. Boje Benzon, berichtet in der konservativen Kopenhagener Zeitung "Berlingske Tidende" über den Empfang in Görings Schloß Karinhall am Werbellinsee, das den Nazifeldmarschall in seiner Rolle als Reichsjägermeister zeigt:

"Wir betraten zunächst eine Vorhalle, in der wir schönste römische Sarkophage und mehrere herrliche Bilder von Lukas Cranach vorfanden. In dem mächtigen Festsaal, der sich durch das ganze Schloß erstreckt, stand Göring, auf einen Schreibtisch gestützt. Er war in einem Sportkostüm, das man wegen seiner Originalität nicht genug bewundern konnte. Es bestand aus langen, grünen Wildlederstiefeln, deren Vorderteil bis über die Knie hinausreichte und aus einer dunkelgrünen, ärmellosen Lederjacke mit Knöpfen aus silbergefaßten Eckzähnen von Edelhirschen, die Göring selbst erlegt hatte. Dazu trug er beigefarbene wildlederne Beinkleider, ein weißes Hemd mit außergewöhnlich großem Kragen und sehr weiten Ärmeln, die sich an den Handgelenken verengten, um den Hals einen engen, schottisch-karierten Schlips, den eine mächtige Goldnadel hielt. In einem goldgewirkten Gürtel saß in einer goldenen Scheide ein goldenes Jagdmesser. Als Dekoration saß an der linken Seite das Abzeichen der deutschen Jagdgesellschaft: ein Edelhirsch mit einem Hakenkreuz zwischen dem Geweih. Der Edelhirsch war aus Gold, das Hakenkreuz aus Brillanten, die blitzten und funkelten, sobald der Reichsjägermeister sich bewegte.

Auf dem Wege zum Speisesaal passierten wir mehrere Gemächer und Säle, alle in verschiedenstem Stil, u. a. einen Saal mit einem Springbrunnen mitten auf dem Fußboden in byzantinischem Stil und einen Wikingersaal in vollkommen nordischem Stil. Der Speisesaal war im Stil Louis XV. gehalten mit einer ganzen Reihe französischer Fenster, die auf eine große Terrasse mündeten, von der man die herrlichste Aussicht über den See hatte.

Hinter jedem Stuhl stand ein Diener in Jagdtracht des 18. Jahrhunderts: lange, weiße Stiefel, grüne Sammetfräcke, Spitzenjabots und Spitzenmanschetten, aber merkwürdigerweise ohne Perücken.
Auf meine diesbezügliche Frage antwortete mir mein Nachbar, der gut informiert war, daß die Dienerschaft nie Perücken während der Jagden trage, weil man ja riskieren müsse, daß die Perücken in den Zweigen hängen bleiben.

Es wurde ein Jagdlunch serviert, bestehend aus Kaviar, Suppe, grünen Spargeln, Rehrücken und Dessert. Vor jedem Gedeck standen vier Weingläser, die nacheinander mit so köstlichen Weinen gefüllt wurden, wie ich sie ähnlich nie vorher getrunken hatte. Die Gläser und das Eß-Serviee trugen das Göringsche Wappen gemalt und eingraviert: eine gepanzerte Faust, die um einen Eisenring greift. Nach Tisch wurden Kaffee und Liköre im Wikingersaal serviert.

Göring unterhielt sich lebhaft mit den Gästen. Später schlug er eine Besichtigung des Schlosses vor und führte uns durch eine Unzahl von Gemächern. Namentlich fiel mir sein privater Gymnastiksaal auf mit allen modernen Gymnastikapparaten. So sah man ein elektrisches Reitpferd, Rudermaschinen, Boxbälle, Höhensonnen usw. Außerdem waren eine Miniaturschießbahn und eine Kegelbahn vorhanden.

Zum Schluß führte uns Göring bis unter das Dach. - Der ungeheure Fußboden des riesigen Raumes war von einer künstlichen Berglandschaft bedeckt, durch die die prachtvollste elektrische Kindereisenbahn eilte. Göring erzählte uns lächelnd, daß er hier auf die Jagd gehe, wenn es regne. Er bewegte einige Hebel und sofort eilten in sausender Fahrt Lokomotiven und Eisenbahnzüge aus den Remisen und belebten die Berglandschaft. Über und unter der Eisenbahn waren Autobahnen, auf denen sich Automobile bewegten und als Schlußeffekt überflog ein Flugmaschinenmodell an einer Schnur das Terrain.

Wir schrieben uns, so schließt Dr. Benzon seinen
Bericht, zum Abschied in das Gästebuch ein und empfingen jeder als Erinnerung an den Besuch ein Jagdmesser mit Görings Wappen ..." -

Fragen wir nicht, aus welchen staatlichen Museen die Seltenheiten im Schloß des Herrn Göring stammen. Fragen wir nicht, was diese Lustburg Karinhall der Staatskasse an Millionen kostete. Lernen wir nur diese Sorte Volksgemeinschaft verstehen: das Leben der Führer in Palästen bei Sekt und Kaviar - den Eintopf, den Ersatz, Hunger und Elend für das Volk.
(„Pariser Tageszeitung" v. 16. IV. 1938)


Nachbemerkung:
Bei der „Pariser Tageszeitung" handelt es sich um eine Anti-Nazistische Exilzeitung.
Offenbar handelt es sich um die Nummer 662 dieses Blattes. Dort auf Seite 2 ist dieser Artikel abgedruckt.
Nachstehend mal ein Screenshot selbigen.





Auch ansonsten brauchte sich das GZ über die Publizistik der „Pariser Tageszeitung" sicherlich nicht zu beschweren. Ein Beispiel dafür ist auch jene Meldung aus Hitlerdeutschland, die auch in das „Zürcher"-Harbeck-Buch mit eingegangen war (dort S. 107) der ein Bericht der „Pariser Tageszeitung" vom 16. 3. 1937 zugrunde lag.

Der Vergleich ergibt, dass „Zürcher"-Harbeck-Buch zitiert gekürzt, ohne diese Kürzungen (hier ausgewiesen in [...]) , als solche kenntlich zu machen.
In dem Bericht war zu lesen::

"Fünf Jahre Gefängnis für Bibelforschung
Berlin, 14. März. -
Aus Königsberg wird gemeldet:
Die ostpreußischen Polizeibehörden haben in Königsberg eine Bibelforscherzentrale ausgehoben und ein ganzes Schriftlager beschlagnahmt. 320 Zentner verbotener Druckschriften lagen hier,


[außerdem fanden sich Koffer mit Grammophonen und Platten]

postfertig. Man nimmt an, jetzt das gesamte Lager
der Bibelforscherzentrale entdeckt zu haben


[deren illegale Schriften trotz strenger Überwachung durch die Polizei immer wieder in verschiedenen Ostpreußischen Städten auftauchten].

Das beschlagnahmte Beweismaterial führte zur Bestrafung zweier „Hauptagenten" der Sekte zu je 5 Jahren Gefängnis."
(Pariser Tageszeitung v. 16. IIL 1937)
[Nr. 278 S. 2)

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 29. August 2008 06:12

Nach der Annexion Österreichs war offenbar die Tschechoslowakei das nächste Opfer auf Hitlers „Speiseplan". Das „Trost", auch das englischsprachige „Consolation" brachten dazu entsprechende Karikaturen.
http://www.manfred-gebhard.de/30er20karikatur208.jpg
http://www.manfred-gebhard.de/Conso7.gif

Immerhin ist der Umstand zu registrieren, dass „Trost" in seiner Ausgabe vom 15. 8. 1938 auch auf die sich anbahnende Tschechoslowakei-Entwicklung einging. Man las zu diesem Thema dort:

Das Wort "Sudeten" bezeichnet ein Gebirgssystem ... zwischen Schlesien und Böhmen im nördlichen Teil der Tschechoslowakei ... Der Name dieses Gebirgszuges wurde zur Kennzeichnung des Hauptteiles der dreieinhalb Millionen Menschen deutscher Zunge innerhalb der Tschechoslowakischen Republik gewählt. Seit vielen Jahrhunderten leben in diesem Gebiet Deutsche und Tschechen miteinander und unterstanden der ehemaligen österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie. Der Ausgang des Weltkrieges brachte bekanntlich den Tschechen und Slowaken ihren eigenen Staat, wodurch natürlich die Rollen in einem für die Deutschen etwas ungünstigen Sinne vertauscht wurden, indem das ehemalige "Staatsvolk" zur "Minderheit" herabsank und die ehemalige "Minderheit" zum "Staatsvolk" avancierte. Freilich haben diese politischen Begriffe für die breiten Schichten des Landes weit weniger praktische Bedeutung als für die religiösen und politischen Gimpelfänger, deren Hauptberuf die Verhetzung der Völker bildet, um sich unter allerlei, fadenscheinigen Vorwänden an den öffentlichen Trog des Volkes vorzuarbeiten. Sie erwählten diesen "Beruf", weil sie offenbar unfähig sind, ihren Lebensunterhalt durch ehrliche und dem Volke nutzbringende Arbeit zu verdienen.

Seit der Einverleibung Österreichs in das III. Reich wendet sich die Aufmerksamkeit der Welt in erhöhtem Maße den Auseinandersetzungen zwischen der Prager Regierung und der Sudetendeutschen Partei und deren Sekundanten in Paris, London und Berlin zu. Hitlers Anspruch auf die Deutschen in aller Welt und das Gleichschaltungsfieber seiner Partei haben die Staatslenker in Europa mit stärkstem Mißtrauen für den Bestand des Weltfriedens erfüllt. Man darf sich darüber ja auch nicht wundern; genügte doch im Falle Österreich das Telegramm eines einzigen Mannes zur Erteilung des Marschbefehles an die deutsche Armee.

Das Streitobjekt im vorliegenden Falle ist weniger materieller Art als in früheren politischen Konflikten, da es sich nicht in erster Linie um Gebietseroberung, um Verschiebung der Grenzen u.s.w. handelt. Diesmal handelt es sich vielmehr am stärksten um den Zusammenstoß zweier einander diametral entgegengesetzten ideologischen Welten.

Die Armeen der faschistisch-katholisch-nationalsozialistischen Front haben mit der sudetendeutschen Forderung auf totale Beherrschung der dreieinhalb Millionen Menschen in den deutschen Gebieten der Tschechoslowakei der demokratischen Welt den Fehdehandschuh hingeworfen, und diese scheint bereit, ihn aufzuheben.

Es hieße wahrlich den Geist der Herausforderer verkennen, im vorliegenden Streit mehr als ein provisorisches Kompromiß zu erwarten - eine befristete Atempause -, und dies augenscheinlich deshalb, weil gegenwärtig die Zeit zugunsten der Diktatoren zu arbeiten scheint in der Stärkung ihrer Schlagkraft. Die Gegensätze der beiden Weltanschauungen sind zu kraß, um ein dauerndes friedliches Nebeneinander zu gewährleisten. Will die Demokratie den geforderten Preis für die weitere Erhaltung des Weltfriedens nicht bezahlen: Verzicht auf die Sudetendeutschen schlechthin -, so wird sie letzten Endes gezwungen sein, ihre Gesetze in den umstrittenen Gebieten mit Waffengewalt zur Geltung zu bringen; und von da bis zur telegraphischen Anforderung der Unterstützung, wie im Falle Österreich, ist nur ein kleiner Schritt.

Als kleines Vorgefecht für die bevorstehende allgemeine Auseinandersetzung kann der nachstehend geschilderte Zwischenfall betrachtet werden:

"Neuheidentum auch schon bei uns?", fragt die tschechiche Zeitung "Närodni politika" vom 19. Mai 1938, und berichtet dann weiter wie folgt:
"Die religiöse Gesellschaft der Internationalen Bibelforscher- Vereinigung (jetzt: Zeugen Jehovas) veranstaltete in der Gemeinde S a a r a im Karbitzer Bezirk eine Versammlung, welche ordentlich gemeldet und von der Behörde bewilligt war. Die Reproduktion des Vortrages erfolgte mittels Schallplatten. Der ortsansässige Henleinist [d.h. Nationalsozialist] Wagner verbot die Abhaltung des Vortrages, da dieser angeblich ,die Gefühle aller ordentlichen Deutschen verletzen' würde. Sie würden daher solche Redereien in ihrem Orte nicht dulden. Nachdem seinem Verbot nicht gehorcht wurde, ersuchte er den henleinistischen Gemeindevorsteher, die weitere Veranstaltung des Vertrages durch ausschalten des elektrischen Stromes im Transformator zu verhindern. Der Gemeindevorsteher Franz Nickel entsprach seinem Ansuchen, und infolge Ausschaltens des Stromverteilers war die ganze Gemeinde ohne elektrischen Strom. Von diesem Mißbrauch der Amtsgewalt durch den Gemeindevorsteher wurde der Gendarmerie Anzeige erstattet, welche sofort die Wiedereinschaltung des Stromes anordnete und gegen den Gemeindevorsteher und seinen Sohn die Strafanzeige wegen Einschränkung der persönlichen Freiheit und Mißbrauch der Amtsgewalt erstattete".

Bekanntlich werden "die Gefühle" der großen und kleinen Diktatoren mit allem "verletzt", das nicht ihrem Parteiprogramm und ihrem Mythos entspricht; und ebenso wie sie bisher alle Deutschen durch Terror und brutale Gewaltanwendung gleichzuschalten suchten, so werden sie zur bestimmten Zeit mit den gleichen Mitteln und Methoden ganze Völker und Nationen zu knebeln und zu unterjochen suchen.

Zunächst mußten Abessinien, Spanien, China und Österreich dran glauben, und diese nicht unbedeutenden Erfolge ermutigen sie zweifellos, auf dem eingeschlagenen Wege fortzuschreiten. Jehovas Zeugen werden ihre persönlichen Rechte auf Glaubens- und Gewissensfreiheit, auf Rede- und Versammlungsfreiheit nicht mit fleischlichen Waffen verteidigen; sie werden nicht "Böses mit Bösem vergelten", werden aber auch auf keinen Fall von ihrem Gottesdienst abstehen. ...

Wenn sich der Präsident der Tschechoslowakischen Republik der loyalen Unterstützung größter Weltmächte erfreut, so werden in diesem Falle einmal die höchsten Ziele und Ideale der Menschen verteidigt. ...

Ein Sprichwort der Menschen sagt:
"Es kann der Beste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt. ..."

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 30. August 2008 07:18
Etwa 1720 Zeugen Jehovas erstatteten im doch sicherlich nicht als „klein" bezeichenbaren Australien, im Jahre 1938, als Verkündiger für die WTG, selbiger ihren Bericht. Diese Zahl stieg dann bis 1948 auf eine Durchschnittszahl von 3503 an.

1995 wurde offenbar die relative „Spitze des Berges" dort erreicht, mit einer Durchschnittsverkündigerzahl von 59.474, was einem Verhältnis von 1 zu 294 zur übrigen Bevölkerung entsprach. Durchaus im Ländervergleich gesehen, einer der besseren Werte für die WTG. Aber die rund 60.000 erwiesen sich auch in späteren Jahren als faktische Stagnationszahl, welche nicht mehr nennenswert überschritten wurde. Mit dem Unterschied allerdings, dass ihr Verhältnis zur übrigen Bevölkerung (2007: 1 zu 332) zunehmend abflacht.

Da muss man in der Tat die genannte Zahl von 1938 anders bewerten, denn nur ein Jahr früher (1937) waren es nur 1054 dortige Verkündiger. Dieser beachtliche Zuwachs innerhalb Jahresfrist, war für Rutherford offenbar Anlass genug, eigens selbst einmal nach Australien zu reisen.

„Ein Triumph der Wahrheit in Australien", titelt daher hoch angetan, das „Trost" in seiner Ausgabe vom 15. 8. 1938. Indes sieht man sich diesen Bericht etwas näher an, wäre wohl eher eine Überschrift wie „Reise mit Hindernissen" angemessener gewesen.

Wie auch immer. „Trost" berichtet::
Am 30. März 1938 verließ Rutherford, nebst Begleitung von Los Angeles aus mit dem Dampfer „Mariposa", die heimatlichen Gefilde, mit dem Ziel Australien. Wie schon der Volksmund zu berichten weiss, kann eine „Seefahrt lustig und schön" sein. Das wollte wohl auch Rutherford wieder mal auskosten. Allerdings war das mit dem „schön" wohl nicht so recht nach Rutherford's Geschmack; musste er doch rückblickend konstatieren. Die Schiffsbesatzung sei stark katholisch dominiert. Und wenn das so ist, dann versteht, wie man weis, Rutherford keinen Spass mehr.

So schreibt das „Trost" etwa:

„Wie man sagt, sind über 90 Prozent der Besatzung dieses Schiffes katholisch. Auch das Zahlmeisterbüro steht ganz unterm Einfluß der Priester. Es gab an Zeitungen die lügnerische Meldung, mehrere Passagiere hätten sich beschwert, weil sie telefonisch ersucht worden wären, in Richter Rutherfords Kabine zu kommen und seine Bibelerklärungen anzuhören.

Richter Rutherfords Reisegesellschaft wurden auf diesem Schiff alle möglichen Unannehmlichkeiten bereitet, da sie sich offen als Zeugen Jehovas zu erkennen gaben. Auch auf der Rückfahrt war das so, besonders nachdem sie die in Sydney gefaßte Resolution unter den Fahrgästen und dem Personal verteilt hatten.

Während der Fahrt nach Australien verrichteten auf der "Mariposa" drei bis vier katholische Priester jeden Tag ihre religiösen Zeremonien ... Jeden Tag brachte die Schiffszeitung eine Notiz über stattfindende "Heilige Messen". Geistliche andrer Kirchen waren überhaupt nicht zu sehen und wären auch nicht geduldet worden. Man hatte früher schon, von andern kirchlichen Richtungen, den Versuch gemacht, auf dieses Schiff Literatur zu bringen und sie zu verteilen, aber die Schiffsoffiziere ließen sie über Bord werfen.

Das ist kein Wunder, wenn man hört, daß die katholischen Priester die Schiffsmannschaft unausgesetzt bearbeiten und auch die Stewards gegen Nichtkatholiken aufhetzen."


Die Klage welche Rutherford zu führen hatte, las sich in dem „Trost"-Bericht weiter wie folgt:
„Der nächste Tag, der 4. April, brachte eine Überraschung auf hoher See. Richter Rutherford erhielt ein Radiogramm des Inhalts, daß von katholisch-faschistischen Elementen in Australien alles versucht werde, zu verhindern, daß er dort an Land gehen dürfe, und daß durch diese Umtriebe auch die Benutzung der für den öffentlichen Vortrag ordnungsgemäß gemieteten und auch schon bezahlten Stadthalle von Sydney in Frage gestellt sei.

Von jenem Tage an begannen die meisten Zeitungen der australischen Millionenstadt Sydney einen Lügenfeldzug gegen Richter Rutherford. Aller mögliche Unsinn wurde in die Blätter lanciert, und man braucht nicht erst Scotland Yard zu bemühen, um herauszufinden, wer hinter dieser Zeitungsmache stand. Die Verweigerung der Stadthalle wurde damit begründet, daß sich am gleichen Tage in Sydney die Frontkämpfer träfen, die Aufruhr verursachen könnten, weil Richter Rutherford während des Weltkrieges gegen die Beteiligung Amerikas am Kriege gesprochen hätte. Doch sei erwähnt, daß sich nicht alle Blätter an diesem Kesseltreiben beteiligten. ...

Und während so der Kampf im Gange war, durchfurchte die "Mariposa" mit Richter Rutherford an Bord den Stillen Ozean. Aber auch auf diesem Schiff war Kampf. An alle Personen auf der "Mariposa" wurde am 12. und 13. April, vor der Ankunft in Neuseeland, folgendes gedrucktes Schreiben verteilt:

Bitte um Aufmerksamkeit
Richter Rutherford, der auf diesem Schiff nach Sydney, Australien, fährt, erhielt vom DAILY TELEGRAPH in Sydney folgendes Telegramm:
BEHOERDEN VERWEIGERN BENUTZUNG STADTHALLE SYDNEY UND ANDERER SAELE FUER IHREN KONGRESS. LANDESRUNDFUNK VERHINDERT DURCH POSTMINISTERS WEIGERUNG LANDESLEITUNGEN FREIZUGEBEN.
WAS ERWIDERN SIE HIERAUF. WERDEN SIE ALS LETZTEN AUSWEG IM FREIEN SPRECHEN.
(gezeichnet) DAILY TELEGRAPH SYDNEY.

Dem Ansuchen des DAILY TELEGRAPH entsprechend antwortete Richter Rutherford telegraphisch wie folgt:
FASCHISTEN UND ROEMISCH-KATHOLISCHE HIERARCHIE VERBINDEN SICH ZUR MACHTUEBERNAHME UM ALLE NATIONEN DURCH DIKTATOREN ZU BEHERRSCHEN. HINTERLISTIG UND UNRECHTMAESSIG BEEINFLUSSEN SIE STAATSBEAMTE IHNEN ZU HELFEN DAS VOLK UEBER TATSACHEN UNWISSEND ZU HALTEN. JETZT GROESSTE KRISE ALLER ZEITEN UND AUSGANG IN GOTTES BIBEL- PROPHEZEIUNG DEUTLICH VORHERGESAGT. JETZT UNERLAESSLICH FUERS VOLK DIE WAHRHEIT ZU HOEREN. MENSCHEN GUTEN WILLENS SIND BEGIERIG DIE WAHRHEIT ZU HOEREN. WERDE GERN IM FREIEN SPRECHEN UM MENSCHEN GELEGENHEIT ZU VERSCHAFFEN. FEINDE DER GERECHTIGKEIT KOENNEN NICHT VERHINDERN DASS JEHOVAS BOTSCHAFT DAS VOLK ERREICHE. IHRE ZEITUNG LEISTET AUSTRALISCHEN BUERGERN AUSGEZEICHNETE DIENSTE.
(gezeichnet) RUTHERFORD


Wenn denn die zeitgenössischen Gegner Rutherford's geglaubt haben sollten, durch Verweigerung der Vermietung, selbigem Schaden zuzufügen, so erwies sich das wohl als klassischer „Schuss in den eigenen Ofen".

Dafür steht dann auch der euphorische Bericht im „Trost":

„Aber sie wurden schnell getröstet durch den Hinweis, daß Jehova dies gewiß deshalb zugelassen habe, weil die Stadthalle mit ihren weniger als 5000 Sitzplätzen für den öffentlichen Vortrag sowieso zu klein gewesen wäre. An Stelle davon war das Sportfeld von Sydney gemietet worden, und dort hielt Richter Rutherford dann am 24. April vor mehr als 25.000 Menschen seinen öffentlichen Vortrag "Warnung". Was hätte man bei dieser Menschenmasse mit der kleinen Stadthalle anfangen können?"

Rutherford's Art zu reagieren, war offenbar auch nicht vom Typus „feine englische Art". Dafür spricht beispielsweise der Passus:
„Dieses Stimmungsbild schüchterte die Strolche ein, sodaß sie still blieben. Einer der katholischen Sendlinge wollte am Schluß noch zu Wort kommen und rief:
"Richter, ich möchte Sie einiges fragen", aber der Redner, fertigte ihn ab mit den Worten: "Gehen Sie Ihren Priester fragen."


Beachtlich auch die Passage:
„Unter diesen 25.000 Menschen befanden sich viele Kriegsteilnehmer. Eine ähnliche Entschließung wurde von 4.000 Menschen gefaßt, zu denen Richter Rutherford auf der Rückfahrt in Auckland, Neuseeland, einer Stadt von 220.000 Einwohnern, sprach. Durch Handaufheben stellte man dort fest, daß über 80 Prozent der dortigen Zeugen Jehovas im Kriege gewesen waren. Richter Rutherford hatte völlig recht, als er öffentlich erklärte: "Warum sollten die Kriegsteilnehmer gegen mich sein? Sie haben gekämpft, um der Welt die Demokratie zu sichern, und müssen nach ihrer Heimkehr feststellen, daß alle Nationen unter Diktatur geraten. Das ist es, was ich ihnen gesagt habe."

Schwer tat sich Rutherford allerdings mit der australischen Presse:
„In drei Aprilwochen erschienen in den Tageszeitungen Sydneys mehr als 70 Artikel über Richter Rutherfords Besuch.

Diese Dispute äußern sich dann in solchen Äußerungen wie:
„Die eine Zeitung meldete in fetter Schlagzeile "Anhänger Rutherfords reden von Blutvergießen", und erklärte darunter in unauffälliger Schrift:
"Die Zeugen Jehovas sind gewillt, auch ihr Lebensblut dahinzugehen."
Ein Reporter der "Labour Daily" hatte am 23. April geschrieben:
"Richter Rutherford kam in einem gepanzerten Auto mit kugelsicheren Scheiben an." Als er wegen dieser Lüge zur Rede gestellt wurde, erwiderte er: "Nun, ich mußte doch etwas schreiben. ...
Kurz vor seiner Abreise wurde Richter Rutherford von Zeitungsreportern aufgesucht, wobei sich folgende, hier genau wiedergegebene Unterhaltung entspann:
Frage eines Reporters:
Haben Sie eine Abschiedsbotschaft für das australische Volk?
Richter Rutherfords Antwort:
Warum sollte ich Ihnen eine Botschaft auftragen? Sie würden sie doch nicht veröffentlichen.
Reporter:
Doch, wir werden etwas über Ihren Besuch schreiben.
Antwort:
Dieses Land hier ist sehr schön, hat ein ausgezeichnetes Klima, einige sehr freundliche Menschen und einige von der andern Art. Was die Zeitungen betrifft, so fühlen diese sich nicht gedrängt, die Wahrheit zu sagen. Wenn es ihnen mehr paßt, eine Lüge zu erzählen, dann werden sie nicht die Wahrheit sagen. Diese Zeitungen gehören mit zu der Bande, die das Volk zu täuschen sucht, denn sie halten die Wahrheit vom Volke fern und veröffentlichen an Stelle davon Lügen. Zeitungsschriftleiter wissen sehr gut, daß die Faschisten, die Nazis und die römisch-katholische Hierarchie zusammengehen, um die Macht über die Nationen der Erde zu erraffen und durch Diktatoren zu herrschen. Ich habe das immer und immer wieder klargestellt und Tatsachenbeweise dafür geliefert; aber die Zeitungen weigern sich, das zu veröffentlichen. Dadurch, daß sie sich weigern, diese Wahrheiten zu veröffentlichen, zeigen sie sich als Verräter an ihrem Land und Volk. Sie spielen ihr Volk in die Hände der schlimmsten Feinde des Landes.

Sagen Sie ihnen, daß ich sie als Verräter bezeichnet habe, die nicht den Mut haben, die Wahrheit zu sagen. Ihr Jungens werdet verstehen, daß ich das nicht sage, um euch weh zu tun. Ihr zieht los, bringt eure Geschichten zusammen und schickt sie ein, und dann streicht der Mann, der in seinem Drehstuhl lehnt, mit dem Rotstift darin herum und veröffentlicht nichts, was die Wahrheit ist. Ich weiß nicht, womit ich euch vergleichen soll. Auf euch paßt nichts besser, als daß ihr wie Zuhälter seid, die ein Bordell versorgen.

Die Reporter:
Nun, wir müssen doch leben.
Antwort:
Das mag stimmen, aber ich würde mich schämen, eine solch feige, verräterische Bande zu vertreten. Eher würde ich einen Blechschnabel aufsetzen und mit den Hühnern picken, als solche Arbeit verrichten."


Man vergleiche zum Thema auch:

Romanismus

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 25. September 2008 04:34
Bereits in der „Trost"-Ausgabe vom 15. 8. 1938 wurde erstmals die Werbetrommel gerührt, für das theoretisch von dem WTG-Funktionär Franz Zürcher (praktisch jedoch von dem mit amerikanischer Staatsangehörigkeit in der Schweiz agierenden WTG-Funktionär M. C. Harbeck) geschriebene Buch „Kreuzzug gegen das Christentum".

Offenbar wurden dazu Schweizer Presseorganen in größerem Umfange Rezensionsexemplare zur Verfügung gestellt. Nun pfeifen es die Spatzen von den Dächern, dass man in Schweizer Redaktionsstuben, zeitgenössisch wohl kaum besondere Sympathie für die innenpolitischen Verhältnisse in Hitlerdeutschland hatte. Insofern wurden da mit dieser „Zürcher"-Dokumentation „offene Türen eingerannt". Und über das Ergebnis - eben jene Rezensionen in Schweizer Presseorganen, brauchte sich die WTG auch nicht sonderlich zu beklagen.

In der „Trost"-Ausgabe vom 1. 9. 1938 wird dann der Bericht über solche Rezensionen fortgesetzt. Allerdings wurden von der „Trost"-Redaktion dabei durchaus in ihrer Wiedergabe, redaktionelle Kürzungen vorgenommen. Selbiges Recht muss man selbstredend jeder Redaktion zubilligen. Man kann solche Kürzungen auch durchaus unterschiedlich werten. Einmal als Beschränkung auf das Wesentliche. Zum anderen aber auch - fallweise - Ausmerzung der als besonders unangenehm empfundener Passagen.

Eine Entscheidung, welche Motivation da vorlag, sei in der Tat nicht getroffen. Es kann auch der nicht seltene Fall des „sowohl als auch sein". Die Frage mag somit unbeantwortet bleiben.
Insbesondere ist die Situation diese Rezensionen betreffend, mit dem späteren Detlef G.-Buch, durchaus teilweise vergleichbar.
Die Zeugen Jehovas waren Opfer des Naziregimes. Darüber gibt es nichts zu diskutieren. Der Hauptschuldige ist in diesem Falle jenes Regime.

Nun werfe ich G. einen Detailaspekt im Vergleich etwa zur Studie von Michael H. Kater vor. Kater arbeitet auch heraus. Sowohl Naziregime als auch Zeugen Jehovas, sind in ihrem innersten Wesen totalitär. Dieser Totalitarismus äußerst sich zwar auf unterschiedlichen Ebenen und in unterschiedlicher Intensität. Aber, er besteht Grundsätzlich. G. nun seinerseits, kehrt diesen Totalitarismus, geblendet durch die Opfersituation, unter den Teppich; spricht ihn nicht in der nötigen Deutlichkeit an. Das ist die Parallele, die ich zwischen damaligen Rezensionen zum „Zürcher"-Buch und der G.-Studie sehen würde.

Nachstehend dann noch einige der vom „Trost" vorgestellten Rezensionen.
Soweit mit vertretbarem Aufwand ermittelbar, wurden diejenigen Passagen, welche des „Trost" jeweils wegließ, durch in [Klammern] setzen, veranschaulicht.


Nationalzeitung, Basel, 4. Juli 1938:
[Ueber das Schicksal der Juden, der Katholiken, der Bekenntniskirche im Dritten Reich ist schon viel geschrieben worden und man kann die politischen Gründe für die Auseinandersetzung der um ihre Macht besorgten nationalsozialistischen Instanzen mit diesen für sie gefährlichen Gemeinschaften mehr oder weniger verstehen, wenn man auch über die Art und Weise, wie diese Auseinandersetzung sich abspielt, den Kopf schüttelt.]

Unerklärlich bleibt aber die Verfolgung der „Zeugen Jehovas", die vor allem deshalb stattfindet, weil ihre Anhänger den Hitlergruß grundsätzlich verweigern. In den „Moorsoldaten" Langhoffs ist eine der erschütterndsten Stellen die Erzählung jenes „Bibelforschers", dem im Konzentrationaslager der Hitlergruß eingebleut wird. Ab und zu erscheint in der Tagespresse eine Meldung über die Verhaftung von Bibelforschern. Aber eine zusammenhängende Darstellung hat bis jetzt gefehlt. Diese Lücke füllt ein soeben im Europa-Verlag Zürich erschienenes Buch „Kreuzzug gegen das Christentum" in 12 Kapiteln auf 214 Seiten haben hier die „Zeugen Jehovas", von denen 6000 zur Zeit noch in deutschen Gefängnissen und Konzentrationslagern für ihre Ueberzeugung leiden müssen, alles zusammengetragen, was sie in den letzten 5 Jahren haben erdulden müssen. Es sind erschütternde Berichte.

[Wir begegnen auch in diesem Buche dem berüchtigten Boris Toedtli und dem Obersten Fleischhauer aus Erfurt, der überall, warum nicht auch bei den „Bibelforschern", Juden und Freimaurer wittert. Seine dummdreisten Behauptungen werden untersucht und überzeugend widerlegt.
Auch wer mit der aus Amerika stammenden Sekte nicht das Geringste gemein hat und namentlich, wie wir, ihre Katholikenfeindliche Einstellung mißbilligt, wird dieses zeitgemäße Dokument mit Interesse lesen.]

Es läßt ahnen, wie eine spätere Generation einmal über unsere heutigen Zustände und Ereignisse urteilen wird."

„Volksrecht", Zürich 3. August 1938

[Moderne Christenverfolgung
Die Juden sind zwar im Verhältnis nur ein kleines machtloses Häuflein, aber politische Perversität hat sie durch Hetze zum tückischen Feind gestempelt, zum Feind, der in seiner Hexenküche den Bolschewismus zusammenbraut, so wie im Mittelalter der Teufel sich der Hexen bediente, um die Seelen harmloser Christen zu fressen.
In Deutschland gibt eine verhältnismäßig kleine Sekte, die sogenannten ernsten Bibelforscher (Zeugen Jehovas, 1884 in Amerika gegründet), die in Erwartung der Aufrichtung des „Königreiches Christi" sich einem besonderen religiösen Eifer der Deutung der Bibel hingeben, fromm belehrende Schriften und Traktate verbreiten und sich bewußt seit je von der Politik fernhalten. Sie sind Gegner der Gewalt und sie hätten, weltfremd, wie sie sind, dem Dritten Reich sicher nichts in den Weg gelegt, hätte man sie in ihren engen kleinen Zirkeln unter sich gelassen, wie dies die Republik und vorher schon die Monarchie getan hat. Aber das totalitäre Regime wollte auch die Unterwerfung dieser harmlosen Schwärmer und die Tatsache, daß die Bibelforscher unter Berufung auf die Heilige Schrift die Verleugnung ihres Glaubens ablehnten, weckte den Haß des Systems.]

Wir erleben im Herzen Europas eine Christenverfolgung, gerissen-demagogisch, um die Zweckreligion an die Stelle der echten zu setzen. Im Europa-Verlag in Zürich ist dieser Tage ein Buch erschienen: "Kreuzzug gegen das Christentum," eine Dokumentensammlung von Franz Zürcher, das in der Literatur über den Terror des Dritten Reiches eine Lücke ausfüllt und denen, die an eine Milderung des Schreckensregimentes der Gestapo glauben, den Star sticht

[Sechstausend Bibelforscher sind in Hitlerdeutschland in Gefängnissen, Zuchthäusern und Konzentrationslagern. Wie ist eine solche Verfolgungswut gegen Sektierer zu erklären? Alles, was an Schikanen, Haß, Rachsucht im Dritten Reich gegen die „Gegner" verübt wird, richtet sich auch gegen die Bibelforscher, gegen unpolitische Menschen, die nie zu einer Wahl gehen. Aber im Dritten Reich ist die Politik eine Mahlmaschine, die mitleidlos jeden erfaßt]

Männer, Frauen, Greise. Betzusammenkünfte (selbst im Familienkreise) sind Grund genug, die Rachejustiz in Gang zu setzen. Lange Untersuchungshaft und Folterungen dienen zur Erpressung von Geständnissen, die an die Hexenprozesse erinnern. Mehrjährige Gefängnis- und Zuchthausstrafen sind an der Tagesordnung, doch kommt es häufig genug vor, daß der Gefangene den Angehörigen als "Selbstmörder" zurückgegeben wird. Symbol solcher "Justiz" sind die Marterpfähle in den Konzentrationslagern, und die Feder sträubt sich, die Schilderungen dieser Infernos wiederzugeben. Die Geständnismühlen werden immer raffinierter, und um die physische und geistige Widerstandskraft zu brechen, bedient sie sich heute selbst der Injektion. Der Gefangene wird bis zur Selbstbezichtigung oder Preisgabe der Namen seiner Glaubensgenossen "behandelt". Die Rohheit der Inquisitoren ist unvorstellbar, erschreckend die gotteslästerliche Gemeinheit. Man höhnt die Opfer, indem man sie während der Mißhandlung fragt, ob sie immer noch ihren Jehova höher stellen als den Führer, und sie begleiten die Auspeitschung mit dem variierten Heine (!)-Zitat: "Jehova, ich künde dir ewig Hohn, es lebe der König von Babylon!"

Man vergleiche die In diesem Buche geschilderte Christenverfolgung mit den Phrasen über die Errettung der Religion in Deutschland vor dem Weltbolschewismus!
Ein besonders schlimmes Kapitel ist die Wegnahme der Kinder und die Kindesmißhandlung. Der Staat, der prahlt, die Familie wieder zur gesunden Zelle gemacht zu haben, dokumentiert in Entscheidungen des Vormundschaftsgerichts, daß ein Kind moralisch hochstehend und dennoch als verwahrlost bezeichnet werden kann, wenn es politisch unzuverlässig ist, soll heißen, wenn es das vierte Gebot ernst nimmt, Vater und Mutter zu ehren, oder wenn es Gott höher stellt, als einen zum Gott emporgehobenen Führer.
Das Buch besteht nur aus kurzen, sachlichen Tatsachenberichten, aber diese sind so erschütternd, daß die Lektüre beinahe zur körperlichen Pein wird. Dennoch sollte diese Dokumentensammlung in viele Hände kommen, denn in dieser Zeit der Verirrung und Verwirrung, in der so viele Auch-Christen Gott und Christus längst verraten haben, ist es erhebend, zu sehen, wie diese Bibelforscher ihren Glauben beispielhaft mutig bekennen. Übermenschliches erdulden, ja oft genug um ihres Glaubens willen den Tod erleiden.

Freiwirtschaftliche Zeitung, Bern, 3. August 1938

[Büchertisch]
Franz Zürcher: Kreuzzug gegen das Christentum. Europa-Verlag, Zürich
In dem sehr schönen, volkstümlichen Buch "Der französische Protestantismus" hat Joseph Chambon, ein Abkömmling der Hugenotten, die Verfolgungen der französischen Protestanten in Frankreich ergreifend geschildert. (Chr. Kaiser Verlag. München.) Bei der Lektüre von Zürchers Buch mußte ich unwillkürlich immer wieder an jenes andere Buch denken. Zürcher schildert die Leiden der "Zeugen Jehovas" (Internationale Bibelforscher) im Dritten Reich. Wie Heinrich II. oder Ludwig XIV. die Hugenotten systematisch auszurotten versuchten, so führen Hitlers Folterknechte einen Vernichtungs-Feldzug gegen die Bibelforscher. Wie bei den Hugenotten aber schon die Kinder angesichts aller drohenden Schrecken standhaft ihren Glauben bekannten, so stehen hier auch schon die Kinder für ihren Glauben ein, recken den Arm nicht zum Sklavengruß und sind nicht zu bewegen. Heil Hitler zu rufen.

Und wie endlich die französischen Gerichte immer wieder die Unbescholtenheit und Rechtschaffenheit der Verfolgten anerkennen müssen, freilich nur, um sie nachher erst recht schwer zu verurteilen, so auch die deutschen Gerichte. So gibt z. B. ein Amtsgericht über eine zirka 13jährige Schülerin folgendes Gutachten ab:

"Abgesehen von dieser Verweigerung des deutschen Grußes wird ihre Führung in der Schule als tadellos bezeichnet; sie ist geistig über dem Durchschnitt entwickelt und steht mit ihren Leistungen an der Spitze der Klasse. Sie zeichnet sich durch Fleiß, Aufmerksamkeit und Strebsamkeit in der Schule aus. Sie besitzt reiche Phantasie und eine besondere Gabe für bildhaftes Gestalten. Auch die äußere Erscheinung des Kindes ist in höchstem Maße sympatisch. Sie ist mit besonderer Sorgfalt gekleidet und macht einen außerordentlich ruhigen und zuvorkommenden Eindruck."

Das hindert aber nicht, daß das Kind als eine Gefahr für die Schulzucht und die Volksgemeinschaft bezeichnet wird und staatliche Maßnahmen getroffen werden.
Arme Volksgemeinschaft, die durch ein so schwaches Kind bereits bedroht ist!
Nur in einem gleichen die Hugenottenverfolgungen den Christenverfolungen im Dritten Reich nicht. Die französischen Könige sind zu ihren Untaten gestanden. Sie haben ihre Opfer öffentlich gefoltert und hingerichtet Als Heinrich II. in Paris einzog, gab es neben einer Sakramentsprozession und einem Festessen zur Erhöhung der Feierlichkeit auch eine Parade von Galgen und Scheiterhaufen mit Hugenotten als Opfern. Hitlers Schinderknechte feiern aber ihre Orgien im Geheimen Die Nazi-Regierung leugnet alle ihre Untaten. Die feigen Sadisten werden bleich, sobald sie fürchten müssen, daß Ihre Taten ans Tageslicht gezerrt werden konnten.

So z. B. jener Dortmunder Kriminalbeamte Theiß, der sich durch besondere Bestialität auszeichnete. In einer Gerichtsverhandlung wagt der Anwalt der angeklagten Zeugen Jehovas Theiß zu fragen, ob er sich nicht einer strafbaren Handlung den Angeklagten gegenüber schuldig gemacht habe. "Darauf wandte sich dieser blaß und sehr erregt an den Herrn Staatsanwalt und erklärt: „Ich stelle mich unter Ihren Schutz, ich bin Ihr Mitarbeiter!'" Worauf natürlich der Staatsanwalt den Verteidiger sofort veranlaßte, seine Frage zurückzuziehen. Denn alle diese Grausamkeiten geschehen mit Willen und Wissen der Regierung, einschließlich Hitlers, an den z, B. deutsche und ausländische Bibelforscher unzählige Eingaben gerichtet haben, natürlich ohne je nur einer Antwort gewürdigt zu werden.

Gewiß haben die Bibelforscher eine krause Lehre. Sie kommt auch in dieser Schrift da und dort zum Vorschein. Aber in ihrer konsequenten und standhaften Ablehnung der Staatsvergötzung, in Ihrer Treue zu Gott, muten sie direkt urchristlich an. Sie schielen nicht, wie selbst ein Flügel der Bekenntniskirche, immer wieder nach den "nationalen Belangen". Sie haben bei Hitlers Machtergreifung den Rausch, der auch die Kirche erfaßt hatte, nicht mitgemacht. Sie sind zu keiner Abstimmung angetreten. Sie sind dafür aber auch mit einer Grausamkeit verfolgt worden wie keine anderen Bekenner des Namens Christi. Das Buch bietet eine Fülle von Material. Schandtat reiht sich an Schandtat. Greuelnachrichten, die einem die Haare zu Berge steigen lassen. Leider nicht Greuelmärchen. Wäre die moralische Verlotterung in unserer Zeit nicht so furchtbar, so müßte dieses eine Buch genügen zu einer totalen moralischen Isolation des Dritten Reiches durch alle ändern Länder. Leider wird es aber auch weiterhin Schweizer geben, die ein Buch wie das vorliegende nicht zu lesen begehren, oder die, wenn sie es lesen, finden, Ordnung müsse sein, und diesen Bibelforschem sei ganz recht geschehen.

Wie wenig das Buch der Sensation und der Hetze dient, beweist unter anderem, daß immer wieder darauf hingewiesen wird, wie da und dort anständige Deutsche sich empören, sobald sie Zeugen der Geschehnisse werden. Auch die Verfolger werden ritterlich behandelt
Um so größer aber ist das Gewicht des Buches. Ich rechne es zu den allerbesten Materialsammlungen über das Dritte Reich.

„Der öffentliche Dienst", Zürich 29. 7. 1938

(Siehe zu letzterem auch die Serie „Im Zeitspiegel" Eintrag vom 29. 7. 2008

Zu den erschütterndsten Szenen in Langhoff "Moorsoldaten" gehört die Geschichte eines "Ernsten Bibelforschers", der im Konzentrationslager Lichtenburg trotz allen viehischen Mißbandlungen nicht "Heil Hitler" sagen wollte. Die Ernsten Bibelforscher oder "Zeugen Jehovas". wie sie sich auch nennen, verweigern den "deutschen Gruß", weil nach Apostelgesch. 4:12 alles Heil nur von Christus kommen kann. Die Sekte wurde im Jahre 1884 in den Vereinigten Staaten von Amerika gegründet, ist dort stark verbreitet und hat in vielen europäischen Ländern, auch in Deutschland, Anhänger gewonnen. Der Zweck der Bibelforscher ist die Ergründung der Weisheiten der Bibel durch gemeinschaftliches Lesen, sie vertreiben Bibeln und religiöse Traktätchen. glauben an das bevorstehende Jüngste Gericht und nehmen die christliche Lehre, daß man Gott mehr gehorchen soll als den Menschen, blutig ernst.
Nach einem Entscheide des badischen Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Juni 1932 stehen sie auf dem Boden des Christentums, und auch der von Papen eingesetzte Magdeburger Polizeipräsident Freiherr von Nordenflycht hat ihnen am 14. September 1932 bescheinigt, daß sie sich ausschließlich mit biblisch-religiösen Fragen beschäftigen. Die Basler Theologen Prof. Dr. Barth und Dr. Staehelin bezeichnen sie in einem Gutachten vom 2. Februar 1937 als besonders an den biblischen Weissagungen interessierte Richtung, die der Botschaft vom Reiche Gottes dienen will und durchaus unpolitisch ist. Die Beschuldigung, als ob sie mit den Kommunisten etwas zu tun hätten, könne nur auf einem unfreiwilligen oder auch absichtlichen Mißverständnis beruhen.
Dagegen hatte der bayrische, inzwischen mit seinem Sportflugzeug abgestürzte, Nazivolksschullehrer und spätere Kultusminister Schemm den Zeugen Jehovas in einer ihrer Versammlungen in München angedroht:
"Wenn wir an der Macht sind, wird mit euch kurzer Prozeß gemacht!" Bekanntlich sind solche Ehrenwörter die einzigen, die von den Nationalsozialisten gehalten wurden, und so haben sie auch seit 1933 die Bibelforscher aufs grausamste verfolgt. Gegen 6000 Mitglieder dieser kleinen Sekte, halten in den Gefängnissen, Zuchthäusern und Konzentrationslagern dem nationalsozialistischen Terror stand und bekennen ihren Glauben. Eine Dokumentensammliung über ihre unsäglichen Leiden gibt, zum Teil mit Lichtbildern, Franz Zürcher soeben unter dem Titel "Kreuzzug gegen das Christentum" im Europa-Verlag, Zürich, heraus. Die schmucklosen Berichte der offensichtlich einfachen, harmlosen und tiefgläubigen Männer und Frauen sind eine der furchtbarsten Anklagen, die gegen die von Dämonen besessenen Herrscher des Dritten Reiches erhoben worden ist.

Sie würde noch stärker wirken, wenn der Verfasser darauf verzichtet hätte, sie mit einer Polemik gegen die vielen und mächtigen Feinde der "Bibelforscher" zu verquicken.
Die Organisationen der ,,Zeugen Jehovas" wurden in Deutschland im Juni 1933 aufgelöst, ihre Bücher und Schriften verbrannt, ihr Vermögen eingezogen, ihre Anhänger in die Kerker geworfen oder in die Konzentrationslager verschleppt Die Verweigerung des Hitlergrußes durch sie wurde mit Entlassung, auch nach 33jähriger Dienstzeit, bestraft. Die Invalidenrenten, ja die Kriegsbeachädigtenrenten, wurden ihnen genommen und höhnisch erklärte man ihnen, sie sollten sich von Jehova zu essen geben lassen. Man wollte sie zwingen, anzuerkennen, daß Hitler von Gott gesandt sei. Und ihre Henkersknechte schrien ihnen das Heinegedicht zu: "Jehova, dir biet ich auf ewig Hohn, ich bin der König von Babylon!"
Viele wurden vor Gericht gestellt, Hunderte und aber Hunderte zu Gefängnisstrafen bis zu 5 Jahren verurteilt. Die Berichte aus den Konzentrationslagern - der Menschheit ganzer Jammer faßt einen an. Mißhandlungen mit Gummiknütteln und Hundepeitschen, Fingerspitzen in Waschmangeln gedreht, Frauen mit Kleinkindern als Geiseln für entflohene Männer, Mädchen und Frauen mit Stöcken auf das Gesäß geschlagen, Marterpfähle mit durchgeschlagenen Nägeln, Mord, Mord, Mord bis in die jüngste Zeit!
Und die Regierungsstellen wissen alles, untergeordnete Beamte berufen sich höhnisch auf ihren Befehl! Bei der Beerdigung der Opfer wird ihren Angehörigen nicht einmal ein lautes Vaterunser zu beten gestattet.
Dieselbe Niedertracht auf dem Gebiete der "freien Stadt Danzig"!
Mißhandlungen, Dienstentlassungen wegen Verweigerung des Hitlergrüßen, und die Beamten dieses unter Aufsicht des Völkerbundes stehenden "Freistaates" liefern Danziger Bibelforscher sogar den deutschen Behörden aus! Proteste an den Völkerbund verhallen ungehört. Europa schließt die Augen und verstopft die Ohren. Eine Schande, daß auch der gute Name der Schweiz durch einen Ihrer Mitbürger, den jetzigen Danziger Völkerbundskommisar, aufs Spiel gesetzt wird!
Das Buch wendet sich an alle Menschen, die guten Willens sind. Der Verfasser meint wohl, das gäbe es noch. Aber, müßten nicht sonst die Steine schreien? Menschen guten Willens!
In der Innerschweiz hat man den "Zeugen Jehovas". mit dem aus Hitler-Deutschland bezogenen Ammenmärchen, sie seien Kommunisten, ihre Aufklärungsversammlungen über den Hakenkreuzzug gegen das Christentum verboten. Beneidet der Katholizismus die Bibelforscher etwa um ihre Blutzeugen oder ist es der alte Ketzerhaß, daß Laien sich erdreisten, die Bibel ohne päpstliche Autorität auszulegen?
Überflüssigerweise distanziert sich auch der Verlag von den biblischen Auseinandersetzungen in diesem Buch. Er muß doch ein Empfinden dafür haben, daß es eine Ehre ist, todesmutigen Menschen zu dienen, die um ihres Glaubens und um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden! Hätten die europäischen Staatsmänner und Parteiführer auch nur ein Quentchen dieses Mutes der Zeugen Jehovas gezeigt, der Welt wären die himmelschreienden Verbrechen der Dämonen unserer Zeit erspart geblieben.

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 27. September 2008 04:48

Dem zeitgenössischen „Lieblingsfeind" des „Trost", dem katholischen Unternehmen
S(chweizerische)P(resse)K(orrespondenz) (faktisch mit der späteren CV in der DDR vergleichbar), widmet „Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 9. 1938 einen sich gar über zwei Druckseiten erstreckenden Artikel. Das ist schon als außergewöhnlich zu bezeichnen. Ansonsten ist es doch eher bei den Zeugen Jehovas Usus, auf ihre Gegner nicht direkt publizistisch einzugehen.

Da könnte dann wohl selbst das DDR-Blatt „Christliche Verantwortung", welches es auf erheblich mehr Ausgaben als die SPK brachte, „vor Neid erblassen".

Wenn also diese ungeschriebene Zeugen Jehovas-Regel in diesem Falle so massiv durchbrochen wurde, dann kann man das nur so deuten, dass die WTG meinte, ihr Lieblingsfeind habe sich eine besonders krasse Blöße gegeben, die man sich nicht entgehen lassen wolle. Oder, und - besagter Lieblingsfeind geht der WTG dermaßen „auf die Nerven und an die Nieren", dass jede Chance zum zurückgeschlagen genutzt wird. Also auch in diesem Falle wäre das eine Art negativer Reverenz an den Gegner.

Schon einleitend bescheinigt „Trost" in seinem „Die 'Gesellschaft für Kirche und Papst' als 'laue Katholiken'" überschriebenen Artikel, der SPK, sie sei ein „Schmierblättchen". Sicherlich eine Vokabel, welche wohl kaum als „Liebeserklärung" mißzuverstehen sein dürfte.

Weiter Originaltext „Trost":

Die SPK gibt „bekannt, daß alles was sie für ihr Schmierblättchen einnimmt, in einen "Fonds zum Kampf gegen die Bibelforscher" fließt. Sie spezialisiert sich also immer mehr auf dieses Gebiet und träumt von "großen Aktionen"...

Weiter meint „Trost" dem Gegner bescheinigen zu können (müssen):
„Wollte sich "Trost" um jedes Gekläff der SPK kümmern, dann müßte es ihr in jeder Nummer beträchtlichen Raum opfern; denn diese "Korrespondenz" enthält kaum noch etwas anderes als das "Geheul der Hirten" über das "Verwüsten ihrer Weiden" ...

Besonders die SPK mit ihrem erschreckend niedrigen Niveau ist der Beachtung nicht wert und könnte überhaupt sich selbst überlassen bleiben, wäre sie nicht so darauf versessen, auch andere Zeitungen zum Mitheulen zu bringen. Ab l. August beliefert sie, laut Mitteilung vom 18. VII., sogar "sämtliche katholischen Blätter der Schweiz gratis".
So sollen doch wenigstens diese Blätter wissen, mit welch "wahrheitsgetreuen Berichten" (SPK vom 18. VII.) sie bedient werden!"


Also Schlußfolgerung, der Multiplikatoreffekt jener SPK machte der WTG einige Sorgen.
Im konkreten Fall drehte sich wohl der „Streit um des Kaisers Bart" darum, dass besagte SPK einen „Trost"-Artikel aus seiner Ausgabe vom 15. 6. 1938 zitierte, und damit die Behauptung verband, „dass sei eine Fälschung".

„Trost" das im Gegenzug nun seinerseits diesen Vorwurf mit Entschiedenheit zurückweist, und darauf besteht. Was wir gebracht haben, sei eben keine Fälschung.
Dazu wird dann eine Gerichtlich beglaubigte Übersetzung des inkriminierten Artikels bemüht; eben um die SPK-Behauptung, „Trost" hätte eine Fälschung publiziert, zu widerlegen.

Die „Trost"-Ausführungen enden dann mit der Aussage:

„Nun kann die SPK-Redaktion wieder eine Nachtsitzung der GESELLSCHAFT FÜR KIRCHE UND PAPST einberufen, denn diesmal ist es schwieriger. Diesmal darf das Dementi nicht bloß im unmaßgeblichen Brief eines Konsistorialrates bestehen. Das wäre für eine amtliche Feststellung wirklich zu wenig. ... Allen, die für die Wahrheit Christi statt für den Papst kämpfen, kann das egal sein. Doch sei durch dieses Beispiel festgestellt, daß die vornehmen Ausdrücke der SPK, wie "krasse Schwindelmeldung", "Lügenmaske herunter" etc., nicht auf dem ehrlichen Berichterstatter - der Zeitschrift TROST - sitzen bleiben, sondern auf die GESELLSCHAFT FÜR KIRCHE UND PAPST IN ST. GALLEN zurückfallen. Zeitungen, die immer aus erster Quelle falsch informiert sein möchten, mögen aus der SPK abdrucken."

Wenn dem so ist, wie es „Trost" in vorstehender Replik dargestellt hat, dann kann man nicht umhin kommen zu konstatieren. Der SPK ist da ein mehr als „handwerklicher Fehler" unterlaufen. Sie hat ihrem Gegner selbst Argumente zu Desavoierung frei Haus geliefert. Der Punktsieg in diesem Falle geht eindeutig zu Gunsten des „Trost'es" aus.

Ich habe schon früher die Vokabel geprägt, dass in meiner Sicht - etliche - zeitgenössische kirchliche Gegner der Zeugen Jehovas, als „drittklassig" zu bezeichnen sind. Die SPK dabei durchaus mit eingeschlossen.

Diese Drittklassigen Gossenschreiber ereifern sich über Dinge, welche das Papier in der Tat nicht wert sind.
Zur Vervollständigung der Dokumentation mag im nachfolgenden noch jener inkriminierte Artikel aus dem „Trost" kommentarlos zitiert werden, der für die SPK in diesem Falle offenbar Anlass war sich aufs „Glatteis" zu begeben und dort auch prompt auszurutschen.

In der „Trost"-Ausgabe vom 15. 6. 1938 konnte man unter der Überschrift „Eines Jesuiten Meinung über Christus" das nachfolgende lesen:


Ein jugoslawisches Blatt, betitelt "Der Bote vom heiligen Herzen Jesu", brachte in seiner Nr. 2 vom Jahre 1935 einen Artikel, in dem ein Vergleich zwischen Jesus Christus und dem Papst gezogen wird. Diese Zeitschrift wird von Jesuiten herausgegeben, die ihren Lesern versichern, das Blatt habe die magische Kraft, denen, die es lesen, den Himmel zu öffnen. In besagtem Artikel lesen wir unter anderem:

"Christus hatte nur 12 Apostel, aber der Papst hat 70 Kardinale. Christus hatte nur eine kleine Anzahl von Gläubigen zu betreuen, wie Lazarus, Nikodemus und ein paar fromme Frauen, während sich der Papst um mehr als 400 000 000 Katholiken zu kümmern hat. Das Gebot des ewigen Vaters gestattete Christus nur, den Juden in Palästina zu predigen, während sieh die Missionen des Papstes über die ganze Erde erstrecken. Nach drei Jahren öffentlicher Tätigkeit hatte Jesus nur eine so kleine Zahl aus den Juden gewonnen, daß er schließlich ganz einsam sterben mußte, weil sogar die Apostel ihn verlassen hatten. Dagegen hat Papst Pius XL in seiner zehnjährigen Herrschaft über 6 000 000 Heiden für die Kirche Christi gewonnen. Christus konnte nur Johannes den Täufer und einen der beiden Übeltäter heilig sprechen. Aber die Päpste füllten - Gott sei Dank - die Seiten unseres Kalenders mit Tausenden und aber Tausenden von glorreichen göttlichen Heiligen. Christus durfte, nach dem Willen des ewigen Vaters, nur drei Jahre auf der Erde bleiben, während Papst Pius XI. - Gott sei Dank - bereits viermal drei Jahre herrscht.

Das Gebot des ewigen Vaters gestattete Christus nicht, Huldigungen von Abordnungen aus Heidenländem entgegenzunehmen, aber der Papst empfängt die Huldigung aller Staaten, und diese schicken sogar ihre Repräsentanten und Gesandten zu ihm. Christus ernannte nur die 11 Apostel zu Bischöfen (Judas wurde nicht zum Bischof ernannt); aber jeder Papst, auch wenn er nur wenige Monate herrschte, hatte Gelegenheit, eine weit größere Anzahl von Dienern Gottes in die Welt hinauszusenden. Der Papst hat - Gott sei Dank - einen Palast! Wo sollte er sonst die vielen Mitarbeiter unterbringen, die ihm bei der Ausbreitung des Königreiches Christi helfen? Der Papst braucht auch - Gott sei Dank - nicht barfuß zu gehen. Welche Schande wäre es für uns 400 000 000 Katholiken, wenn wir unserm Papst nicht die besten Schuhe kaufen könnten! Gott sei Dank hat der Papst auch ein Auto! Warum sollte er kein Auto haben, wenn sich in Amerika doch jeder Arbeiter eins leisten kann? Wenn möglich, werden wir ihm auch ein Flugzeug kaufen. Gott sei Dank, Gott sei Lob und Dank, daß der Papst in vielen unwesentlichen Dingen anders ist als Christus!

Das beweist doch, daß die Kirche Christi nicht mehr ein kleines, kahles Bäumchen, sondern ein großer und mächtiger Baum ist. Darin zeigt sich, daß der Papst wahrhaft der Jünger Christi ist. Darum muß man ihm gehorchen. Und wir werden ihm gehorchen und ihn lieben! Denn er ist der zweite Christus auf Erden."


Erneut sah "Trost" in seiner Ausgabe vom 15. 3. 1939 die Gelegenheit der SPK eins auszuwischen, was dann auch prompt wahrgenommen wurde.
In seiner Ausgabe vom 15. 10. 1938 hatte "Trost" einen "Unmündige 'Seelenhirten'" überschriebenen Artikel gebracht, der im nachfolgenden zuerst einmal dokumentiert sei.


Unmündige "Seelenhirten"
In der Stadt
Cheektowago, [Redaktionelle Einfügung. Von "Trost" selbst verwandte falsche Schreibform des inkriminierten Namens, wie noch weiter auszuführen sein wird] bei Buffalo in den Vereinigten Staaten, lebt ein "Ehrwürden" Stanislaus Kroczek, Pfarrer einer römisch-katholischen Kirche. In dieser Stadt wurde auf die Anzeige eines Pfarrkindes des Herrn Kroczek Joseph Banisek verhaftet. Eine Anzahl seiner Herde haben eine ziemlich feindselige Haltung gegen die Verbreitung der Bibelwahrheiten eingenommen, und man kann vermuten, daß der Pfarrer damit etwas zu tun hat. Als Baniseks Fall zur Verhandlung kam, erhielt Herr Kroczek eine Vorladung, in Sachen des Angeklagten als Zeuge zu erscheinen. Der Priester fürchtete, in Verlegenheit gebracht zu werden, und so entspann sich folgende Unterhaltung:

Verteidiger: Ist Herr Stanislaus Kroczek im Gerichtssaal?
Er möchte nach vorn kommen in den Zeugenstand.
Kroczek: Ich möchte in dieser Sache nicht als Zeuge aussagen.
Verteidiger: Haben Sie einen Grund, weshalb Sie nicht als Zeuge aussagen wollen?
Kroczek: Ich sollte meinen Bischof um Erlaubnis fragen.
Verteidiger: Ich möchte Ihnen nur ein paar Fragen vorlegen.
Kroczek: Ich werde meinen Bischof fragen, ob er mir gestattet, auszusagen oder nicht. Ich muß den Bischof erst sprechen.
Verteidiger: Meinen Sie damit, daß Sie sich die Erlaubnis Ihres Bischofs verschaffen müssen, um vor Gericht auszusagen, wenn Sie vorgeladen worden sind ?
Kroczek: Ja, ich muß meinen Bischof erst sprechen.
Verteidiger (zum Gericht): Möchten Sie, Euer Gnaden, diesen Herrn über seine Pflichten belehren?
Richter: Ich kann nicht einsehen, warum er nicht ein paar Fragen beantworten sollte.
Kroczek: Nein. Weil ich durchaus in allem meinem Bischof gehorsam bin. Ich habe hierüber nichts zu sagen. Wenn der Bischof es gestattet, werde ich es tun. Ich muß meinen Bischof aufsuchen.
Verteidiger: Sie sind vorgeladen worden. Verstehen wir richtig, daß Sie die Zeugenaussage verweigern ?
Kroczek: Ich verweigere die Zeugenaussage.
Verteidiger (zum Gericht): Möchte der Gerichtshof diesen Zeugen über seine Verantwortlichkeit bei der Verweigerung der Zeugenaussage aufklären?
Richter: Nach dem Gesetz ist er verpflichtet, auszusagen.
Kroczek: Ich verweigere die Aussage. Ich muß erst meinen Bischof sprechen.
Verteidiger: Ich denke, daß dieser Mann eine eigenwillige Haltung einnimmt. Es scheint jedoch, daß er befangen wäre, wenn er seine Zeugenaussagen später machen würde. Deshalb werden wir nicht beantragen, daß er wegen ungebührlichen Verhaltens vor Gericht belangt werde. Wir verzichten auf das Recht, ihn zu verhören.

Hierauf wischte sich "Ehrwürden" Stanislaus Kroczek die Schweißbäche von seiner glänzenden Stirn, stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und verschwand. Er war auf einem warmen Platz gewesen, aber einem noch heißeren entgangen. Von jenem Tag an bis heute konnten Jehovas Zeugen in Cheektowago ohne Behinderung das Evangelium predigen.
Es sind jetzt Hundstage für die 'heiligen Hirten', aber das ist noch nichts im Vergleich zu denen, wo die Kardinalwürden, Bistümer, Episkopate und heiligen Orden mitsamt ihren politischen und kommerziellen Verbündeten in Rauch aufgehen werden. Jeder wahre Christ sieht dieser glücklichen Zeit entgegen."


Laut "Trost" vom 15. 3. 1939, hatte die SPK nun den vorzitierten Artikel auch ihrer Leserschaft vorgestellt. Dazu aber dann noch ein redaktionelles Nachwort angehängt. Und an diesem Nachwort entzündet sich nun der Disput. Laut "Trost" soll die SPK in diesem Nachwort geäußert haben:

"Soweit der Artikel der Bibelforscherzeitung! Nun was ist daran wahr? Nicht ein Wort, es handelt sich wieder um eine der bekannten Schwindelmeldungen der Bibelforscher. Der Name der Stadt Cheektowago existiert überhaupt nicht (in Andrees großem Handatlas, Verlag Velhagen und Klasing, welcher jede Ortschaft über 500 Einwohner enthält, und im großen Herder, welcher jede Ortschaft über 1000 Einwohner enthält, nicht zu finden).
Der Name des angeblichen Priesters und des angeblichen Angeklagten ist ebenso komplett erfunden. Sie nennen sich ,Jehovas Zeugen', aber zu unrecht, sie sollten sich 'Zeugen der Lüge' nennen."


Nun, wäre dazu zu sagen. Gibt man in die Suchfunktion von Google den Begriff „Cheektowago" ein, bekommt man etwa 400 Treffer geliefert. Will man indes diese Suche auf Deutschsprachige Treffer einschränken, belehrt Google einem, dass es in der gewünschten Sprache keine Treffer gibt (Stand vom August 2008). Gibt man dasselbe Wort mit dem Buchstaben „a" am Ende ein, also „Cheektowaga", wird man mit über 1,8 Millionen Treffern „erschlagen". Schon die Frage. Wie ist nun die richtige Schreibweise im Deutschen zeigt, dass da durchaus Missverständnisse entstehen können. Auch „Trost" selbst verwendet beide Schreibformen, ohne eine dabei als ausdrücklich falsche Schreibform zu kennzeichnen. Damit wäre schon mal ausgesagt, dass Missverständnisse durchaus im Rahmen des möglichen liegen.

Laut „Trost" handelt es sich dabei um eine Stadt in der Grafschaft Erle, Staat New York, USA.
Und um seinem Gegner in diesem Punkte in die Kniee zu zwingen, bildet es dann noch (unter anderem) das Rathaus von Cheektowaga ab. Da haben dann in der Tat die „Trost"-Leser einen Wissensvorsprung. Andere Schweizer Bürger werden wohl nie sich für die Architektur des Rathauses von Cheektowaga interessiert haben.

Seine Ironie bringt dann „Trost" etwa in solchen Sätzen zum Ausdruck:

„Oder sie mögen sich, um sich schnell zurechtzufinden, den dreifarbigen, 70x100 cm großen Stadtplan "Wagner's Complete Map of Buffalo. Published by the A. C. Wagner Co., Buffalo" schicken lassen, auf dem auch die Nachbarstadt Cheektowaga mit allen ihren Straßen deutlich genug eingezeichnet ist. Ein Originalexemplar des Stadtplans liegt im Berner Redaktionsbüro von TROST für alle Wißbegierigen zur Einsichtnahme aus."

Man hat also erneut festzustellen. Wiederum ist der SPK ein „handwerklicher Fehler" unterlaufen. Ob jener Fehler indes so relevant ist, dass er es rechtfertigt sich über drei Druckseiten von „Trost" darüber auszubreiten, kann man allerdings durchaus unterschiedlich sehen. In meiner Sicht ereifert sich „Trost" dabei über eine Mücke.
„Trost" muss selber zugeben, dass keine andere Schweizer Zeitung jene Cheektowaga-Meldung der SPK ihrerseits übernommen hat. Das die ganze Sache dennoch eine gewisse Publizistik erfuhr, geht eindeutig zu lasten von „Trost". Wenn man glaubt dem Gegner nur mit Argumenten solcher Art madig machen zu können, dann „muss man es wohl sehr nötig haben!"

Dieses „sehr nötig haben", unterstreicht „Trost" dann noch einmal in seiner Ausgabe vom 15. 5. 1939. Es reichte „Trost" also nicht aus, den Fall Cheektowaga bereits umfänglich gekontert zu haben. Nein, man „legt erneut bei diesem Thema" nach. Als Vehikel dazu dient ein an den Redakteur der SPK per Einschreiben gerichtetes Schreiben, dass (damit selbiger wohl nicht sagen könne er habe es „nicht" erhalten) ausdrücklich noch in dieser „Trost"-Ausgabe abgedruckt wird. Also in den Status eines Offenen Briefes versetzt wird. Es versteht sich für „Trost" als Ehrensache, wenn man schon mit einem verhaßten Gegner korrespondiert, dass man ihm dann auch seinerseits diesen Hass von „Trost" deutlich zu spüren gibt. Besagter Herr wurde in diesem Einschreibe-Brief unter anderem wie folgt „belehrt":


„EINSCHREIBEN
Bern, den 22. März 1939.
Herrn Heinrich Metzler,
Redaktor der SPK,
Grenzstraße 2,
S t. G a l l e n.
Ihre "Schweizerische" Pressekorrespondenz vom 5. Dezember 1938 (Nr. 49) nahm gegen einen Artikel betitelt "Unmündige Seelenhirten", den wir in Nr. 386 unserer Zeitschrift "Trost" veröffentlichten, Stellung und behauptete, der Name der Stadt Cheektowa
[Einfügung: man beachte hierbei die von „Trost" selbst verwandte falsche Schreibform!] existiere nicht und die Namen des angeblichen Priesters und des angeblichen Angeschuldigten seien ebenso komplett erfunden.
Wir bewiesen in "Trost" Nr. 396 einwandfrei deren Existenz und stellten fest, daß Ihre "Schweizerische Pressekorrespondenz" wieder einmal gelogen hatte.
Wir bezichtigen hiermit noch einmal, damit Sie es ja nicht vergessen, Ihr Blatt ausdrücklich der Lüge.
Wenn man der Lüge bezichtigt wird und in Wirklichkeit nicht gelogen hat, so steht einem der Weg der Strafklage offen.
Das alles wissen Sie sehr gut. - Oder hat etwa die "Schweizerische" Pressekorrespondenz das Licht eines Strafverfahrens zu scheuen?"


Dazu wäre schon mal zu sagen, hier versucht „Trost" nicht ungeschickt die Beweislast umzukehren. Wo - in welchem Gesetzesparapraphen - steht geschrieben, dass die SPK nun genötigt wäre, gegen „Trost" gerichtlich zu klagen? Die publizistische Widerlegung durch „Trost" seiner Falschbehauptung hat man ja wohl zur Kenntnis genommen. Wenn sich die SPK zu diesem Thema nun als „gebranntes Kind" in Schweigen hüllt, dann kann man das zwar rügen. Aber eine Zwangsläufigkeit daraus nun noch eine Justizkomödie zu gestalten, bestand keineswegs. Wenn die SPK nun zu dieser ihrer Niederlage schweigt, dann hat das auch „Trost" hinzunehmen. Es sei denn nach der „Trost"-Berichtigung würde die SPK dieses Thema erneut aufnehmen und erneut eine Falschbehauptung damit verbinden. Genau letzteres ist doch wohl nicht der Fall. Jedenfalls berichtet „Trost" nichts dazu.

Aber es ist schon klar. „Trost" möchte - so es denn ginge - den Fall Cheektowaga ausnützen, um der SPK insgesamt eins „auszuwischen". Das machen dann auch prompt die nachfolgenden Ausführungen in diesem Schreiben deutlich, wo wie zu erwarten, auch die Namen Toedtli und Fleischhauer mit auftauchen.

Nun muss „Trost" kein „Freund" weder von Toedtli noch von Fleischhauer sein, was es mit Sicherheit auch nicht ist. Jedoch reicht der belegte Fall Cheektowaga keineswegs aus, um daraus einen Generalangriff auf die SPK ableiten zu können. Darum müht sich zwar „Trost". Dennoch hat man festzustellen. Es ist eine stumpfe Waffe.

Genau so stumpf wie jenes in dieser „Trost"-Ausgabe mit abgedruckte Schreiben, datiert vom 14. 4. 1939, und adressiert an die Polizeidirektion in St. Gallen (eben dort wo der SPK-Redakteur wohnte), worin sich „Trost" darum müht, selbigen möglichst ein Staatsanwaltliches Verfahren aufzuhalsen. Das kann man zwar versuchen. Indes offenbart die Detailargumentation in diesem „Trost"-Schreiben, dass für die Juristen in der Polizeidirektion St. Gallen, sich nur die Schussfolgerung aus diesem Schreiben ergeben konnte: Gewogen und für zu leicht befunden!

Zu den verbrieften Rechten in der Schweiz gehört auch die Pressefreiheit. Mag man der SPK - zu Recht - katholisch-faschistische Wurzeln nachsagen, so bewegte sie sich dennoch innerhalb des Rahmens der durch die Pressefreiheit abgesteckt ist. Ihre Niederlage im Fall Cheektowaga ändert nichts grundsätzliches daran.

„Trost" wähnte nun einen besonders „genialen" Schachzug bei ihrem Schreiben an die Polizeidirektion St. Gallen zu unternehmen. Es berief sich dabei auf ein anonymes Flugblatt, welches „Trost" bereits in seiner Ausgabe vom 15. 2. 1939, seinen Lesern in vollem Wortlaut vorgestellt hat. Es bemängelt. Dieses Flugblatt enthielt nicht die auch in der Schweiz vorgeschriebenen Impressums-Angaben. Der Schachzug von „Trost" in seinem Denunziations-Schreiben an die Polizeidirektion St. Gallen bestand nun in der angedeuteten Unterstellung; Metzler könnte ja auch der Verfasser dieses anonymen Flugblattes sein, und in der Aufforderung an die Polizeidirektion St. Gallen, sie möge bitte in amtlicher Eigenschaft dieser Unterstellung nachgehen.

Zu erst also der Text, dieses anonymen Flugblattes, so wie ihn „Trost" in der Ausgabe vom 15. 2. 1939 vorgestellt hatte.
Dort war als von „Trost" inkriminierter Text zu lesen:


Der Text des Flugblattes lautet:
"Warnung! Daß .Millionen Menschen nicht sterben', machen Sie uns zwar nicht leicht glauben, Herr Rutherford & Cie. aus Amerika! Aber die Einsicht könnte uns Schweizern allmählich dämmern, daß entschlossene Landesverteidigung auch Ihnen und Ihren Anhängern (den sog. ,Zeugen Jehovas' oder 'ernsten (!) Bibelforschern') gegenüber absolutes Gebot der Stunde ist. Solange nämlich, als Ihre finanzkräftigen Agenten zwar behaupten, Künder des Friedensreiches zu sein, gleichzeitig aber den von Rechts wegen gewährleisteten konfessionellen Frieden aufs gemeinste stören, und solange sie zwar behaupten, Künder der Wahrheit zu sein, gleichzeitig aber die christlich gesinnten Schweizerbürger, Protestanten wie Katholiken, zur Zielscheibe niederträchtigster Verleumdungen machen, in Wort, Schrift und Bild! Schuster bleib bei deinem Leisten! Herr Rutherford bleiben Sie in Amerika!"-


Wenn man den Umstand unberücksichtigt lässt, dass jenes Flugblatt nicht die in der Schweiz vorgeschriebenen Impressums-Angaben enthielt, bewegte es sich inhaltlich sehr wohl im Bereich des Zulässigen. Man kann also allenfalls das fehlende Impressum rügen. Ob dieser dürre Tatbestand jedoch zu weitergehenden Ambitionen ausreicht, wie sie das „Trost" offenbar vorschwebten, ist doch sehr die Frage.

Jedenfalls sah sich nun die Polizeidirektion St. Gallen genötigt, sich mit dem Denunziations-Schreiben der Zeugen Jehovas auseinander zu setzen; und desweiteren, dem Denunzianten dazu auch ein offizielles Antwortschreiben zukommen zu lassen.
Diese Antwort druckt dann „Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 6. 1939 selbst ab.
Die Zeugen Jehovas-Denunziation wird darin von der Polizeidirektion St. Gallen wie folgt beantwortet:


"St. Gallen, den 22. April 1939.
An die Vereinigung
JEHOVAS ZEUGEN,
Bern, Allmendstr. 39
Ihre Klage vom 14. April 1939 gegen Metzler Heinrich, Zahntechniker, Grenzstraße 2, nicht 21, wegen Verletzung von Art. 193 StrGB ist uns überwiesen worden. Wir haben Metzler bereits verhört. Nach seiner Aussage ist das incr. Druckerzeugnis 'Warnung' nicht in hier, sondern in der Druckerei der Sylvania in Neuenkireh, Luzern, erstellt worden. Neuenkirch muß daher gemäß einem andern Entscheide des Bezirksgerichtes St. Gallen vom 1. Oktober 1937 auch als Erscheinungsort angesehen werden. Es ist uns daher nicht möglich, das Strafverfahren gegen Metzler weiterzuführen.
Wir ersuchen Sie, davon Kenntnis zu nehmen.
Der Polizeikommisär I:
Hochachtungsvoll
gez.: Forer."


Haben die Zeugen Jehovas nun mit dem vorstehend geschilderten Vorstoss ihr Ziel erreicht? Das wird man wohl kaum sagen können.
Immerhin registriert „Trost", dass in dieser Antwort auch der Begriff „Sylvania" mit vorkommt. Aha, so deren Reaktion. Die „kennen wir doch bereits". Und, selbst wenn sie die schon „kannten", ändert das überhaupt nichts an der für die Zeugen Jehovas misslichen Sachlage.

Bezüglich der „Sylvania" (oder andere Schreibweise „Silvania") zitiert man dann aus dem „Zürcher"-Harbeck-Buch „Kreuzzug gegen das Christentum" den nachfolgenden vermeintlichen „Trumpf. In besagtem Buch war über besagte „Silvania" bereits zu lesen:


„So werden in der Schweiz Riesenanstrengungen gemacht, das Werk der Gegenreformation fortzusetzen. Die Papstorganisation. hat dazu viele Hilfsmittel, z. B. den Preßverband "Silvania", der eine Art katholisches Propagandaministerium für die Schweiz ist und in vielen Schweizer Zeitungen offen als klerikal-faschistischer Stoßtrupp der Katholischen Aktion bezeichnet wurde. Durch diesen Verband kommen katholische Propagandabroschüren in Auflagen von 100 000 bis 250 000 Stück gratis zur Verteilung, worüber es in der "Silvania" vom Februar 1937 heißt: "Langsam soll sie (die Silvania) durch zielbewußte, der Psychologie der Massen entsprechende Arbeit in diese christliches und katholisches Denken und Fühlen einimpfen."

Was man darunter zu verstehen hat, ist daraus ersichtlich, daß die "Silvania" zu ihrem Schutzpatron den "heiligen" Karl Borromäus erwählt hat. Dieser hat im 16. Jahrhundert als Kardinal- und Erzbischof von Mailand die Gegenreformation in Oberitalien und der Schweiz organisiert, die Jesuiten und Kapuziner in die Schweiz geschickt, mit der Schweiz durch Errichtung der Luzerner Nuntiatur wieder diplomatische Beziehungen angeknüpft und die Inquisition wüten lassen, wo er nur konnte, vor allem in Mailand und dem damals bündnerischen Veltlin.
Diesen Inquisitionsheiligen mag der römische Redaktor der "Silvania" vor Augen gehabt haben, als er schrieb: "Katholischer Schweizer, wir dürfen keinen Schritt zurückweichen ..."


Nun ist es nachzuvollziehen, dass die Zeugen Jehovas über diese „Silvania" nicht sonderlich angetan sind. Deren „Bauchschmerzen" in allen Ehren, ändert das jedoch nichts an dem Umstand, das selbige auf der „juristischen Schiene" völlig bedeutungslos sind!

Eines hat „Trost" aber mit diesen Vorgängen unzweifelhaft unter Beweis gestellt. Mit seiner künstlichen Aufbauschung des Falles Cheektowaga. Das es das wohl sehr, sehr nötig hatte. Und das die SPK ihnen sehr an die Nieren ging. Nicht wegen Cheektowaga. Das war nur der gesucht und gefundene Anlass!


In der „Trost"-Ausgabe vom 15. 7. 1939 gab es dann noch einen „Nachschlag" in Sachen SPK. Laut „Trost" hatte dann die SPK der Redaktion, des "Trost" datiert vom 19. 5. 1939, einen Brief zugehen lassen, auf den, Zitat „Trost" „einzugehen kaum der Mühe wert ist." Trotzdem nahm sich aber „Trost" diese Mühe, und dass nicht nur im „stillen Kämmerlein der eigenen Redaktionsstuben", sondern auch für jedermann lesbar in der genannten Ausgabe ihrer Zeitschrift.

Nun, wenn Kontrahenten solcher Art miteinander „Briefaustausch" pflegen, dann kann man es schon so erahnen, worum es sich denn handeln würde. Eben darum, dem Gegner möglichst eine Unterlassungs-Erklärung oder ähnliches abzutrotzen. So auch in diesem Fall. Ob die SPK dabei besonders „gute Karten" für ihr Anliegen hatte, kann man in der Tat in Zweifel ziehen. Und diese Zweifel findet man dann auch prompt in der „Trost"-Replik wieder gespiegelt. Mit rechthaberischen Leuten zu streiten, mag in der Tat mehr als schwierig sein. So war es denn auch in diesem Falle.

Nur, das eben das rechthaberische Getue ziemlich gleichmäßig auf beiden Seiten verteilt war. Jedenfalls scheint wohl keiner der beiden Kontrahenten je etwas von dem Spruch gehört zu haben, dass der Klügere nachgibt. Stur streitet man um Banalitäten, hinter denen dann letztendlich die eigentlich entscheidenden Fragen bis zur Unkenntlichkeit verschwinden.

Das „Trost" sich in Sachen Cheektowaga auf der Siegerseite wusste, ist bereits ausgeführt worden. Nur misslich für „Trost". Die SPK will diesen Sieg immer noch nicht anerkennen und bringt das erneut in diesem genannten Schreiben zum Ausdruck. Das ist dann natürlich für „Trost" das gefundene Fressen um in seiner Replik dazu zu kontern:


„Wenn irgendeine Sache gründlich bewiesen worden ist, dann diese. Trotz Gerichtsprotokollen erklärt die SPK weiter, die Geschichte um den Priester Kroczek sei erfunden. Die ausdrückliche Bezichtigung, daß die SPK lügt, halten wir darum aufrecht und bemerken nochmals, wie in TROST N. 400, Seite 13, daß dem Herrn Metzler ja daraufhin der Weg der Strafklage offen steht."

Tja wie das nun mal so mit erklärten Gegnern ist. Der Widerpart macht selten das, was der Gegner sich wünscht. So auch in diesem Fall. Sollte „Trost" gehofft haben, nun wird Metzler in Sachen Cheektowaga bei Gericht Klage einreichen, um so „Trost" die Genugtuung verschaffen zu können, so zusätzlich als „strahlender Sieger" dastehen zu können. So ging dieser „fromme Wunsch" allerdings nicht auf.

Im Umkehrschluß ergibt sich dann wohl auch, dass besagter Herr Metzler wohl nicht ganz so „unterbelichtet" war, wie ihn „Trost" sich gewünscht hätte. Den Metzler schlug nun einen völlig anderen Weg ein, wo „Trost" selbst seine zur Schau getragene Siegesgewissheit in Sachen Cheektowaga (zumindest fürs erste) überhaupt nichts nützte. Und die Verstimmung die sich da in der „Trost"-Redaktion breit machte, äußert sich dann beispielsweise in den Sätzen:


„ hat sich nun die "Gesellschaft für Kirche und Papst" in St Gallen durch Ihren würdigen Präsidenten Metzler mit Schreiben vom 8. Mai 1939 an ihren Glaubensgenossen, Herrn Bundesrat Motta, Vorsteher des eidgenössischen politischen Departements, gewandt und ihn gebeten, sich der Zeugen Jehovas etwas mehr anzunehmen.
Herr Bundesrat Motta hat mit Schreiben vom 10. Mai durch seinen Beauftragten den Herrn Metzler wissen lassen, daß er das Schreiben der "Gesellschaft für Kirche und Papst" an die Bundesanwaltschaft zur Erledigung weitergeleitet habe."


Der sich diesbezüglich bei „Trost" breit machenden Verstimmung, kann man erneut in der „Trost"-Ausgabe vom 1. 10. 1939 begegnen, wenn dort derselbe Fakt wiederholt wird, diesmal in die Worte gekleidet:

„Am 8. Mai 1939 war es, als ein Herr Heinrich Metzler, als Präsident der "Gesellschaft für Kirche und Papst, St. Gallen", in einem Schreiben an das Eidgenössische Politische Departement, an Herrn Bundesrat Motta persönlich gerichtet, um Maßnahmen gegen Jehovas Zeugen und ein Verbot ihrer Schriften ersuchte.

Derselbe Heinrich Metzler war es, der schon zwei Tage danach in einem Antwortschreiben des Eidgenössischen Politischen Departements mit "Sehr geehrter Herr Präsident" tituliert wurde und im Auftrag des Herrn Bundesrates Motta mitgeteilt bekam, daß sein .Schreiben an die Bundesanwaltschaft weitergeleitet worden sei.
Mit welchen Kommentaren die Weiterleitung erfolgte, das weiß die Bundesanwaltschaft am besten."


Nun lag wohl zur Zeit dieser „Trost"-Berichterstattung noch keinerlei Endergebnis des von Metzler vorgenommenen Schachzuges vor. Es ist ja durchaus denkbar (aber eben nicht im voraus gewiss), dass auch die Bundesanwaltschaft sagt. Der Metzler'sche Vorstoss sei nicht ausreichend fundiert. Dann landet der ganze Fall „zu den Akten" und das war es dann. Jedenfalls hatte „Trost" in diesem Falle keineswegs das gleiche Maß an Siegesgewissheit, ersichtlich auch daran, dass es nun prompt wieder die Namen Toedtli und Fleischhauer aufwärmt, um Metzler zu desavouieren. Nun mögen genannte Namen durchaus Desavouierungskraft haben. Dennoch gilt dann immer noch.
„Ein rechter Schuh ist ein rechter Schuh.
Und ein linker Schuh eben ein linker Schuh".

Und Aufgabe der Bundesanwaltschaft ist es, sich im konkreten Fall mit einem der beiden „Schuhe" zu befassen, aber eben nicht mit beiden zugleich. Letzteres hätte „Trost" natürlich liebend gerne gesehen. Aber auch „Trost" muss mit dem Umstand leben, dass es seinerseits der Bundesanwaltschaft keineswegs die eigenen gewünschten Bedingungen diktieren kann! Und so kann man schon im Vorgriff auf die weitere Geschichte berichten.

Die SPK überlebte diese „Trost"-Attacke. Sie lebte noch weiter bis ins Jahr 1944. Und als ihr dann doch wohl das „Lebenslicht" ausging, so deshalb, weil sie nicht mehr in die politische Landschaft zu jener Zeit passte. Nicht aber, weil „Trost" es so gewollt hatte! Sie feierte anlässlich der „Wachtturm"-Einstellung in der Schweiz dann gar noch den vermeintlichen Sieg, sagen zu können, zitiert nach „Trost" vom 1. 10. 1939;

"Wir glauben jetzt aber, daß es nicht mehr so lange gehen wird, bis die 'Zeugen Jehovas' in der Schweiz aus dem letzten Loch pfeifen."

Mag diese Einschätzung auch nicht objektiven Kriterien standhalten, so zeigt sie doch zumindest. Noch war die Stunde der SPK keineswegs „abgelaufen".

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 29. September 2008 03:46
Heutzutage können einige Leute, persönlich durchaus keine Zeugen Jehovas, sich nicht genug daran tun, das Loblied der Zeugen Jehovas zu singen. Leute, die laut ihrer Vita auch den Universitäts-Studiengang Theologie mit belegt hatten, neben anderen dominierenden Parallel-Studiengängen. Heute also nicht beruflich etwa als Pfarrer tätig sind. Aber Fallweise durchaus die Option dazu gehabt hätten.
Jene Leute indes blenden in ihrem publizistisch verbreiteten Meinungskodex aus, wie es denn um Ihresgleichen zu Zeiten des Naziregimes bestellt war. Das jene Kirchen für die Klientel der Zeugen Jehovas damals (und nicht selten auch noch heute) in keiner Beziehung eine akzeptable „Alternative" sein konnte.

In der Ausgabe des „Trost" vom 15. 9. 1938 wird (unter anderem) mal wieder ein solch exemplarisches Beispiel vorgestellt. Es sei mal nachstehend zitiert:


Das Streben um eine Reform des Christentums im Geiste des Hakenkreuzes ist in Deutschland sehr stark. In Mecklenburg benutzen schon einige Hunderte evangelische Gemeinden das neue "Glaubensevangelium", welches von 2 evangelischen Pastoren, dem "nationalen Bedürfnis in Deutschland" entsprechend, ausgearbeitet wurde. Dieses Glaubensbekenntnis beginnt mit den Worten:

"Ich glaube an den ewigen Gott, der sich im Schöpfungswerke und der Geschichte der Nationen erneuert. Ich glaube nicht an Jehova, den nationalen Gott der Juden. Ich glaube an Jesus Christus, den großen Kämpfer, welchen die Juden kreuzigten. Ich glaube nicht an den jüdischen Messias, den Sohn Jehovas. Ich glaube an ein alleiniges deutsches Vaterland, die Offenbarung Gottes. Ich glaube nicht daran, daß die Juden ein auserwähltes Volk sind. Wir glauben an unsere heilige Mutter, welches die deutsche Heimat ist. Ich glaube nicht an den römischen Papst, nicht an den evangelischen Papst, das ist an die evangelischen Bischöfe. Wir glauben mit allen unseren Kräften und von ganzer Seele an unseren alleinigen Führer Adolf Hitler, an seinen endgültigen Sieg, an seinen Triumph für das Wohl unserer Mutter Heimat nach dem Willen und Segen Gottes."


Wenn auch dem Bereich der offensichtlichen Polemik zuzuordnen, dennoch ein gewisses Maß an dem offenbarend, wie denn die zeitgenössischen Zeugen Jehovas „so zu ticken" pflegten, ist auch das nachfolgende im „Trost" vom 15. 9. 1938 gelesene.
Unter der Überschrift „Aus dem kirchlichen Lager" wird da ausgeführt:


"Herr Richter, kann ich meinen Titel beanspruchen?"
Es steht geschrieben: "Alle ihre Werke tun sie, um von Menschen gesehen zu werden, ... und lieben es, ... Rabbi, Rabbi! genannt zu werden" (Matth. 23:5-7).
So sprach Jesus von Nazareth über die religiösen Gockelhähne seiner Tage. Sie liebten die Selbstverherrlichung. Sie ergötzten sich daran, hervorragende Stellungen in den öffentlichen Angelegenheiten innezuhaben, und ließen alle Leute weit und breit wissen, daß sie "Rabbi, Rabbi!" Genannt werden sollten.

So ist es auch heute. Die Geistlichkeit hat sich eine Reihe von Titeln zugelegt und erworben. Sie lieben es, "Eminenz", "Seine Heiligkeit", "Hochwürden", "Ehrwürden" usw. genannt zu werden. Sie lehnen es ab, sich - wie jede andere männliche Person - mit Herr ansprechen zu lassen.


TROST gibt hier einige Beispiele für die unmäßige Eitelkeit und Ehrsucht solcher Berufsreligionisten.
Betrachten wir zunächst einmal einen Fall am Stadtgericht von Cheektowaga, einer Vorstadt von Buffalo, N. Y.
Es wird ein Fall gegen einen Zeugen Jehovas (Joseph Banasik) verhandelt. Paul C. Hoffmann, Geistlicher der Reformierten Lutherischen Kirche, ist unter Strafandrohung im Versäumnisfalle als Zeuge für den Angeklagten vorgeladen.
Der Verteidiger ruft: "Ist Herr Hoffmann im Verhandlungssaal?"
Eine schwarzgekleidete Person erhebt sich von seinem Platz vorn im Gerichtssaal und sagt: "Ich weiß nicht, ob ich die gewünschte Person bin; mein Name ist Ehrwürden Paul C. Hoffmann."

Als "Muster Nr. 2" sei der Fall des Herrn H. E. Peters erwähnt. Dieser Pastor der Universalistenkirche in Floral Park, N. Y., wurde als Sachverständiger im Prozeß "Bevölkerung des Staates New York" gegen William E. Johnson, einem der Zeugen Jehovas, vorgeladen.

Der Verteidiger fragt: "Ist Herr Peters im Gerichtssaal?"
Wieder erhebt sich eine schwarzgekleidete Person von ihrem Platz im Gerichtssaal, begibt sich zum Zeugenstand und erklärt in Beantwortung der Frage des Anwalts:
"Mein Name ist Ehrwürden H. E. Peters."
Und in demselben Fall von Floral Park erscheint nun "Muster Nr. 3" in der 'gnädigen' Person des schwarzgekleideten John P. Skelly, Hilfspastor der römisch-katholischen Kirche "Unserer Frau zum Siege", Flora Park.
Wir geben auszugsweise einen Bericht über seine Zeugenaussagen wieder, die er in Beantwortung der Fragen des Verteidigers gemacht hat:
F.: Ihr Name und Ihre Adresse?
A.: Ehrwürden John P. Skelly, Laurel Parkweg 2.
F.: Was ist Ihr Beruf, Mr. Skelly?
A.: Vater Skelly - (sich an den Gerichtshof wendend)
Herr Richter, kann ich meinen Titel beanspruchen?
F.: Wie wäre es, wenn wir Sie Doktor nennen?
A.: Nein, Herr, mein Titel ist Vater.
F.: Sie wünschen nicht, mit Herr angesprochen zu werden?
A.: Nein, Herr. - Herr Richter, kann ich meinen Titel beanspruchen ?
F.: Sie sind natürlich nicht mein Vater - -

Der Richter (unterbrechend): "Vor Gericht können wir keine Titel anerkennen. Darauf muß verzichtet werden. Der Anwalt hat vielleicht religiöse Bedenken, und er ist zu seiner Stellungnahme aus religiösen Gründen berechtigt. Gemäß der Verfassung können wir ihn nicht zwingen, eine bestimmte Religion anzuerkennen. Es ist überhaupt nicht notwendig, sich mit einer Anrede an den Zeugen zu wenden; legen Sie ihm einfach die Fragen vor." -


Und das kommentiert dann „Trost":
„Wie wahr ist es doch, was Jesus sagte, daß diese selbsternannten "Ehrwürden" von ihrer eigenen Wichtigkeit voll und ganz eingenommen sind und nur sich selbst zu erhöhen suchen. Pathetisch und kindisch schreien sie nach Lob und Anerkennung von Seiten ihrer Mitmenschen. Selbst wenn sie von ihren Mitmenschen mit der üblichen Achtung und Höflichkeit angesprochen werden, sind sie unzufrieden, verlangen mehr und jammern kindisch: "Herr Richter, kann ich meinen Titel beanspruchen?"

Aber wenn sie im öffentlichen Interesse einmal 'laut rufen sollten' (Jes. 58: l), oder 'bellen' wie ein treuer Wachthund, um vor herannahender Gefahr zu warnen, damit die Menschen guten Willens sich nach der Situation richten können (Hes. 3:17-21), dann bleiben diese Titelliebhaber still wie das Grab, so stumm, wie sie sehr passend in der Heiligen Schrift in Jes. 56:10-12 dargestellt sind."


„Passend" ergänzt diese Ausgabe des „Trost" das ganze noch mit einem geschichtlichen Rückblick. Bereits in der Magdeburger Ausgabe des „Goldenen Zeitalters" vom 1. 9. 1923
gab es eine ähnliche Auflistung)

Aus dem Leben der Päpste
Folgende Auszüge aus der Geschichte der Päpste zeigen, daß die römisch-katholische Hierarchie, diese religiös-politische Organisation, lieber keinen Anspruch auf Heiligkeit erheben sollte.

Gregor I. (590-604) schrieb an Phocas, als dieser den Kaiser Mauritius ermordet und selbst den Thron bestiegen hatte:
"Der Allmächtige hat dich erwählt und auf den Thron gesetzt; darum frohlocket, ihr Himmel, und die Erde möge hüpfen vor Freude!"
Einem Mörder gegenüber klingt das sehr kollegial.

Sabinianua (604-606) brachte während einer Hungersnot Brotkom beiseite und erhöhte den Preis in unerhörter Weise.

Honorius I. (625-638) wurde trotz päpstlicher "Unfehlbarkeit" offiziell verurteilt, weil er offiziell Ketzerei gelehrt habe. (Es wäre interessant, dies erklärt zu bekommen.)

Sergius I. (687-701) erkaufte sich die Papstwürde, indem er die St.-Peters-Kleinodien verpfändete. Außerdem wurde er des Ehebruchs beschuldigt

Konstantin I. (708-715) veranlaßte den römischen Kaiser Justinian, dem Erzbischof von Ravenna die Zunge herauszuschneiden und ihn zu blenden, weil dieser dem Papst ungehorsam gewesen wäre.

Stephan III. (768-772) hat einem Laienpapst, an dessen Stelle er den päpstlichen Thron bestieg, die Augen ausgestochen.

Paschalis I. (817-824) ließ zwei ehrbaren Priestern, die seine Laster aufgedeckt hatten, die Zungen und die Augen ausreißen und sie dann enthaupten.

Eugenius II. (824-827) erfand das unmenschliche "Gottesurteil" mittels kalten Wassers.

Johann VIII. (872-882) wurde zuerst von einem Kardinal vergiftet, und als das Gift nicht wirkte, schlug ihm dieser mit einem Hammer den Schädel ein. Dafür kann Johann nichts, doch ist es bezeichnend dafür, mit welcher Sorte Menschen er Umgang hatte.

Stephan VII. (896-897) ließ den Leichnam des Papstes Formosus wieder ausgraben, verstümmeln und in den Tiber werfen. Er selbst wurde von einem Kardinal erwürgt

Christophorus (903-904) setzte Leo V. nach dessen Wahl kurzerhand ab und ließ ihn nach 40 Tagen im Gefängnis sterben. Auch er wurde von seinem Nachfolger ermordet

Sergius III. (904-911), der Christophorus ermordete, hatte mehrere Kinder mit seiner Mätresse Marosia.

Johann X. (915-928) wurde von Marosia ermordet
So eine Königin!

Leo VI. (928-929) wurde ebenfalls von Marosia ermordet
Eine nette Dame.

Johann XI. (931-935) war ein Sohn der Marosia und des Papstes Sergius III. Er wurde von einem der Kardinale vergiftet

Johann XII. (956-964) war berühmt wegen Notzucht, Simonie, Verstümmelung und Entmannung seiner Rivalen. Er wurde beim Ehebruch ermordet.

Benedikt VI. (972-973) wurde von einem der Kardinale vergiftet.

Bonifazius VII. (984-985) wurde 974 nach der Ermordung Benedikts VI., die er veranlaßt hatte, gewählt, mußte aber bald für 11 Jahre fliehen. 984 kehrte er zurück und setzte sich nach der Ermordung Johanns XIV. wieder auf den Papstthron. Auch er wurde wahrscheinlich ermordet

Gregor V. (996-999) ließ seinem Gegenpapst Johann die Augen ausstechen, die Nase abschneiden und die Zunge herausreißen.

Benedikt IX. (1033-1045) wurde im Alter von 12 Jahren "intercedente thesaurorum pecuniae" zum Papst gewählt. Die Papstwürde wurde ihm von seinen reichen Eltern gekauft Er dankte ab, um ein adeliges Mädchen zu heiraten.

Gregor VI. (1045-1046) kaufte die Papstwürde von Benedikt IX. Während seiner Herrschaft bekannten auf einem Konzil zu Lyon der Erzbischof und 45 Bischöfe, kirchliche Ämter gekauft und verkauft zu haben (Simonie).

Gregor VII. (1073-1085) setzte das sogenannte "Zölibat" für die Priesterschaft ein und zwang verheiratete Geistliche, ihre Frauen zu entlassen und sie und ihre Kinder zu enterben.

Lucius II. (1144-1145) wurde in den Straßen Roms gesteinigt, weil er mit Gewalt unerträgliche Zustände aufrechterhalten wollte.

Adrian IV. (1154-1159) ließ Arnold von Brescia lebendig verbrennen, weil er gegen die päpstliche Lasterhaftigkeit gepredigt hatte.

Alexander III. (1159-1181) befahl einen Kreuzzug gegen alle "Ketzer".

Innozenz III. (1198-1216) ließ in England Krieg führen und veranlaßte auch den erbarmungslosen Kreuzzug gegen die Albigenser in Südfrankreich.

Gregor IX. (1227-1241) setzte in aller Form die Inquisition ein, exkommunizierte Könige und erregte Nationen zum Aufruhr. Er machte eine Verschwörung zur Ermordung des deutschen Kaisers Friedrich II., stürzte Deutschland und Italien in einen schrecklichen Krieg, organisierte einen Kreuzzug gegen Friedrichs Nachfolger Konrad und gewährte allen Ablaß, die die Waffe nahmen. Er bot demjenigen Ablaß und Geld an, der Philipp den Schönen von Frankreich ermorden würde.

Johann XXII. (1316-1334) wurde durch den Verkauf von Ablässen ungeheuer reich; er ließ mehr als 1000 "Ketzer" verbrennen.

Urban VI. (1378-1389) überschwemmte im Kampf mit seinem Rivalen Klemens VII. Europa mit Blut und folterte seine Gefangenen auf die teuflischste Weise. Bauern, Frauen sowohl wie Männer, wurden in Massen hingerichtet. Er leitete
persönlich die Folterung und langsame Ermordung vieler seiner Opfer. Er ließ Wölfe in die Zelle eines Kardinals, steckte einen ändern bis an den Hals in ungelöschten Kalk und ließ Menschen in Säcke mit Schlangen einnähen und sie dann ins Meer werfen.

Johann XXIII. (1410- abgesetzt 1415) wurde vom Konzil zu Konstanz des Mordes und der Blutschande für schuldig befunden. Sein Sekretär schilderte ihn als ein Ungeheuer von Geiz, Ehrsucht, Gewalttätigkeit und Grausamkeit. Er war ein Seeräuber, vergiftete den Papst Alexander V., um auf den päpstlichen Stuhl zu kommen, dann vergiftete er den Arzt, durch den er Alexander hatte umbringen lassen, erpreßte Geld durch Folterungen, vergiftete den König Ladislaus, vergewaltigte Hunderte von Nonnen und folterte die Opfer seines Hasses auf das grausamste.

Martin V. (1417-1431) hielt ein großartiges Autodafe ab. Eines seiner Opfer war Johann Hus. Er begann einen Kreuzzug gegen die Hussiten und die Anhänger des Hieronymus von Böhmen. Seinem Legaten in Deutschland schrieb er:
"Schlage mit deinem Schwerte, und wenn dein Arm die Schuldigen [die Protestanten] nicht erreichen kann, benütze Gift."
Und an Wladislaus von Polen: "Wende deine Streitkräfte gegen Böhmen, brenne und morde und mache alles zur Wüste."

Alexander VI. (1492-1503) hatte sieben anerkannte Bastarde und viele Mätressen. Er suchte bei einer Sitzung neun Kardinale zu vergiften; doch ein dummer Diener reichte ihm das falsche Glas, und er trank das Gift selbst.

Das sind nur einige Berichte aus der langen Liste - und dieses System lebt noch.

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 30. September 2008 06:21
Zu den spezifischen „Copyright-Ansprüchen" der Zeugen Jehovas, gehört offenbar auch ihr zeitgenössischer
Kampf gegen das Aluminium-Geschirr  
In der „Trost"-Ausgabe vom 15. 9. 1938 gibt es wieder mal einen diesbezüglichen Artikel dazu. Er sei im nachfolgenden vorgestellt:


Die Aluminiumgefahr
Seit einer Reihe von Jahren führen in den Vereinigten Staaten einige wahrhaft menschenfreundliche Ärzte einen anhaltenden und tapferen Kampf gegen einen die menschliche Gesundheit bedrohenden Feind, an dessen Gefährlichkeit man leider immer noch nicht glauben will, und dem darum viele arglos einen Platz in ihrem Hause einräumen. Dieser Feind ist das Aluminiumgeschirr.

Auch in anderen Ländern hat sich hier und da eine Stimme erhoben, die auf die Schädlichkeit des Aluminiums als Kochgeschirr hinwies; aber solche Stimmen waren nur schwach, und sie wurden immer wieder von den marktschreierischen Anpreisungen "vollkommen unschädlicher" Waren der großen Aluminiumtrusts übertönt.

In Amerika sind es besonders zwei Männer, die sich in dieser Richtung um das Wohl ihrer Mitmenschen verdient gemacht haben. Es sind Dr. med. C. T. Betts in Toledo und H. J. Force in Scranton, ein Chemiker von Weltruf.
Ab und zu erscheinen in der Presse Notizen von rätselhaften Vergiftungserscheinungen. Die chemische Untersuchung von Resten der von den Opfern genossenen Speisen führte oft zu dem Ergebnis, daß gewisse Metallteilchen aufgelöst darin gefunden wurden; aber die Presse hat trotz alledem niemals eine warnende Stimme gegen den Gebrauch von Aluminiumgeschirr erhoben. Wie sollte sie auch? "Wes Brot ich ess', des Lied ich sing'", sagt ein deutsches Sprichwort.


Nur das "GOLDENE ZEITALTER" (jetzt "Trost") hat besonders in seiner englischen Ausgabe immer und immer wieder auf diese Gefahr hingewiesen [Hervorgebung redaktionell. Nicht im Original] und Artikel der beiden oben genannten Wissenschafter gebracht, die in schlagender Weise besonders auf die Krebsgefahr hinwiesen, die durch das sich beim Kochen oder Stehenlassen von Speisen lösende Aluminium besteht. Seitdem gehen der Redaktion des englischen "Trost" ständig Briefe zu, die die Richtigkeit der wissenschaftlichen Darlegungen von Dr. Betts und Dr. Force bestätigen, und die wir gern zum Nutzen unserer Leser der deutschen Übersetzung veröffentlichen.

Ein Leser aus Florida schreibt:
"Einem jungen Mann von dreißig Jahren in meiner Nachbarschaft wurde gesagt, daß das Zigarettenrauchen seiner Gesundheit schädlich sei. Darum kaufte er sich eine Pfeife mit einem Aluminiummundstück. Als ich mich einige Monate darauf nach dieser Familie erkundigte, sagte mir eine Dame: ,0h, wissen Sie nicht, daß der Sohn so schreckliche Geschwüre am Mund und auf der Zunge hat? Man befürchtet, daß es Krebs sei'. Nach neunzehn Monaten starb dieser junge Mann. Seine Lippen, seine Zunge und sein Kehlkopf waren vom Krebs angefressen."

In einem Briefe aus Tennessee heißt es:
"Zu Weihnachten bekamen wir von lieben Freunden ein Paket mit selbstbereiteten Gelees und Marmeladen. Wir kamen nicht auf den Gedanken, daß diese in einem Aluminiumkessel gekocht worden sein könnten; und ich aß eines Tages nachmittags um 4 Uhr ziemlich viel von einer Blaubeermarmelade. Um 6 Uhr wurde ich krank, und ich begann Gegenmaßnahmen gegen Aluminiumvergiftung zu treffen. Trotzdem mußte ich in der Nacht um 2 Uhr den Arzt holen lassen, der mir eine doppelte Dosis Morphium einspritzte, was mich gesundheitlich vollends ruinierte."

Eine Leserin aus Idaho schreibt, daß ihr Gatte jahrelang von einem Magenleiden geplagt war, das ihm viel Beschwerden machte. Da erhielten sie den Besuch einer Dame, die, ohne von dem Magenleiden des Hausherrn Kenntnis zu haben, fragte, ob er nicht Magenbeschwerden hätte. Als sie hörte, daß dies tatsächlich der Fall sei, sagte sie:
"Ich dachte es mir, da Sie lauter Aluminiumgeschirr haben."
Sie erzählte, wie seit dem Jahre 1900 die Krebskrankheit immer mehr zugenommen habe, und was sie über die Schädlichkeit des Aluminiums gelesen hatte. Sofort ersetzte die Familie ihr Aluminiumgeschirr durch anderes, und die Gattin des Kranken, die nun ebenfalls "Trost" liest, schreibt: "Es ist nun bald ein Jahr seitdem vergangen, und ich bin so dankbar, berichten zu können, daß sich meines Mannes Leiden außerordentlich gebessert hat. Er nimmt fast keine Medizin mehr und hat nur noch ganz selten Magenbeschwerden."

Interessant sind auch folgende Nachrichten Dr. Betts, die im englischen "Trost" veröffentlicht wurden:

"Die Pelton u. Grane-Gesellschaft ist in Amerika die größte Fabrik für Sterilisationsapparate. Vor einigen Jahren wurde ihnen geraten, ihre Sterilisationsapparate aus Aluminium herzustellen, weil damit die ärztlichen und zahnärztlichen Instrumente am besten steril zu halten wären. Sie verkauften diese Apparate von 100 Dollar an. Ich erinnere mich, daß sie einen wahren Reklamefeldzug unternahmen, um diese neuen Apparate zu verkaufen, die einfach 'vollkommen' sein sollten. Aber ach, sehr bald stellte es sich heraus, daß nicht nur die Instrumente angegriffen wurden, sondern die Apparate alles verdarben, was in sie hineinkam, und so wurden sie bald wieder abgeschafft. Natürlich wurde nichts gegen Aluminium gesagt, aber die Pelton u. Grane-Gesellschaft verwendete es nie mehr zu diesem Zweck.

Unsere größte chemische Fabrik ist die Walding, Kinnan u. Marvin-Gesellschaft. Sie suchten ein Material zu finden, aus dem man nichtätzende Spatel zur Herstellung von Medikamenten anfertigen könnte. Man versuchte es mit Aluminiumspateln. Aber es zeigte sich, daß diese in so gut wie allen Behältern, in die man sie legte, chemisch beeinflußt wurden. So kamen sie wieder außer Gebrauch. Färbereien versuchten Aluminiumkufen für ihre Zwecke zu verwenden. Aber die Färber fanden bald, daß sie in Aluminiumkufen nicht dasselbe Farbresultat erreichten wie in Emailgefäßen. Darum auf Farbstoffpäckchen die Warnung, keine Aluminiumgefäße zum Färben zu benutzen.
Es gibt heute keine Chemiker in Amerika mehr, die Aluminiumgefäße zu irgendwelchen wissenschaftlichen Zwecken benutzen."

Interessant ist auch eine Notiz aus "The Courier Mail" in Brisbane, Australien. Sie lautet:
"Im Oktober 1934 gingen dem Staatssekretär durch die Australische Eisenbahner-Gewerkschaft Klagen einer Schippkolonne in Richmond, Nord-Queensland, zu, daß dort ein sehr großer Teil der Leute schlimme Hände bekommen habe, was sie dem metallenen T-Stück an ihren Schaufeln zuschreiben. Das Aussehen dieser T-Stücke ließ darauf schließen, daß sie ein gutes Teil Blei enthielten, und man fürchtete, daß sich die Leute bei wunden Händen dadurch Vergiftungen zuziehen könnten. Auf Ansuchen der Gewerkschaft wurde eine Analyse des Metalls der T-Stücke gemacht, bei der sich herausstellte, daß es zu 92,16 Prozent aus Aluminium bestand. Darauf wurde beschlossen, im Bahnbetrieb keine Schaufelgriffe aus Aluminium mehr anzuschaffen."

Leser des englischen "Trost" haben auch den Versuch gemacht, Hunden und Hühnern Futter zu geben, das in Aluminiumgefäßen gekocht und einen ganzen Tag lang darin stehengelassen wurde. Ein Hund hungerte lieber drei Tage, als das Futter zu berühren, und die Hühner tranken nicht einmal Wasser, das in einem Aluminiumgefäß gestanden hatte. Auch die Neger Zentral-Afrikas werden, von ihrem natürlichen Instinkt geleitet, niemals Speisen berühren, die in Aluminiumgeschirr bereitet worden sind.

Wir lassen zuletzt noch die Klage eines Junggesellen aus Kalifornien folgen, der sich durch Genuß von in Aluminiumgeschirr bereiteten Speisen ein schweres Magenleiden zugezogen hat.
"Was kann man tun? Wenn man gezwungen ist, außerhalb zu essen und zu trinken, wie kann man da wissen, in was für Gefäßen die Speisen bereitet sind ? Auch im Krankenhaus, in dem
ich lag, habe ich bemerkt, daß nur Aluminiumgeschirr verwendet wurde. Ich gab dem Leiter des Krankenhauses und einigen Ärzten und Schwestern ein paar Artikel über die Schädlichkeit des Aluminiums zu lesen. Aber sie lachten mich aus. Ich wünschte nur, recht viele Menschen könnten das "Golden Age" lesen. Sie wissen nicht, was sie damit gewinnen würden. ...


Bereits in der „Trost"-Ausgabe vom 15. 5. 1938, gab es einen ähnlichen Artikel, in dem zu lesen war;
Warnung vor Aluminiumgeschirr
Aluminium ist ein Element, so wie Eisen, Blei oder Gold Elemente sind. Mit andern Worten: es ist keine Zusammensetzung verschiedenartiger Stoffe. Viele Aluminiumgeschirre bestehen aus fast reinem Aluminium. Die Frage ist nun: Wieso können diese Geschirre der Gesundheit schaden, wenn sie zum Kochen der Speisen benutzt werden ?

Vom chemischen Standpunkt aus ähneln sich Aluminium und Blei in vielen Beziehungen. Man reibe seine Finger an Aluminium, und man wird finden, daß sie schwarz werden, ganz genau so wie bei Blei. In einigen Arzneimittel-Lehrbüchern steht, daß die Wirkungen von Aluminium und Blei auf lebende Organismen fast die gleichen sind.

Manche Leute erklären, schon seit Jahren Aluminiumkochgeschirr zu benutzen, ohne vergiftet worden zu sein. Nun, es hat ja auch "schon Fälle gegeben, wo Leute in selbstmörderischer Absicht große Dosen Gift eingenommen haben und trotzdem nicht gestorben sind. Deswegen waren diese Gifte trotzdem Gift.

Arsenik, Quecksilber, Karbolsäure, Aluminium, Blei, Strychnin etc. haben in der Chemie als Gifte zu gelten. Viele Menschen sind magen- oder leberleidend und haben Hautkrankheiten; und es ist erwiesen, daß sich solche Leiden gebessert haben, nachdem man aufhörte, Aluminiumgeschirr in der Küche zu benutzen. Tatsächlich sind diese Fälle so zahlreich, daß sie Beachtung verdienen.

Damit wird keineswegs behauptet, daß ein jeder, der Aluminiumgeschirr benutzt, vergiftet sein muß. Aber er steht in Gefahr, es zu werden.
Bei allen Aluminiumgeschirren löst sich beim Kochen etwas Aluminium auf. Wieviel, das hängt von dem Wasser ab, das zum Kochen benutzt wird. Viele bevorzugen Aluminiumgeschirr, weil die Speisen darin nicht so leicht anbrennen wie in ändern Töpfen. Der Grund dafür ist eben das sich lösende Aluminium. Bei diesem Prozeß bildet sich Wasserstoffgas, das die Speisen vom Topfboden abstößt. Dasselbe gilt für Aluminiumbackformen. Salz und Backpulver bewirken ein vermehrtes Auflösen von Aluminium. Man kann sich leicht selbst davon überzeugen, wenn man in einem sauber gescheuerten Aluminiumtopf ein Liter frisches Wasser mit einem Teelöffel Salz und einem Teelöffel Backpulver eine Stunde lang kocht, indem man das verdampfende Wasser wieder ersetzt. Dann nehme man den Topf vom Feuer, lasse ihn zwei bis drei Stunden stehen und gieße darauf das Wasser in ein Glasgefäß. Man wird dann ein milchiges Aussehen beobachten können, das durch das Aluminium-Hydroxyd verursacht wird. In etwa einem Tage wird sich das setzen, und das Wasser wird wieder klar werden.

Da der Kampf gegen das Aluminiumgeschirr fast ausschließlich von Amerika aus geführt wird, hat man schon den Einwand gebracht, daß das Aluminiumgeschirr in den Vereinigten Staaten vielleicht kein so gutes Fabrikat wäre wie in ändern Ländern. Dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Selbst angenommen es wäre so, könnte dann höchstens von einer Milderung der Gefahr, nicht aber von ihrer völligen Beseitigung gesprochen werden.

Übrigens haben sich auch in ändern Ländern mutige Ärzte gegen das Alumi- nium zu Kochzwecken ausgesprochen.
Z. B. Dr. med. Leo Spira von Wien gab in einer Broschüre über chronische Vergiftungen durch Aluminium und seine Legierungen (in London erschienen) die Ergebnisse seiner zehnjährigen Beobachtungen bekannt und bewies, daß viele Fälle chronischer Vergiftung von dem Gebrauch von Aluminiumgeschirr herrühren. Nach deutschen medizinischen Schriften treten Krankheiten in Erscheinung, die bisher auf dem europäischen Kontinent unbekannt waren. Dr. van Halla berichtet 25 Fälle von Darm- und Hautkrankheiten, bei denen keine ärztliche Behandlung half, die aber geheilt wurden, nachdem man das Aluminiumgeschirr durch anderes Kochgeschirr ersetzt hatte. Die Krebskrankheit hat in Österreich in dem Maße zugenommen, wie das Aluminiumgesehirr in Mode kam.

Dr. med. R. M. Le Hunte Cooper in London hat eine Broschüre von 32 Seiten, betitelt: „Die Gefahr des Nahrungsmittelverderbs durch Aluminium" geschrieben, in der er erklärt, so viele Fälle von Aluminiumvergiftungeni zu kennen, daß er kaum wisse, welche er anführen solle. Er schildert viele Fälle in seiner Broschüre, bei denen alle ärztliche Behandlung versagte, wo aber die Patienten schnell genasen, nachdem man aufhörte, in Aluminiumgeschirr zu kochen. Er erwähnt Kopfschmerzen, Entzündung der Rachenhöhle und des Halses, Rheumatismus, Neuritis, Darmkrankheiten, Krebs, Hautkrankheiten etc., alles Krankheitsfälle, bei denen Besserung eintrat, nachdem man das Aluminiumgeschirr abschaffte. Aluminium-Backpulver, das in den Vereinigten Staaten allgemein in Gebrauch ist, ist in England, Deutschland, Frankreich und vielen anderen Ländern verboten. Das ist ein Beweis dafür, daß man die Schädlichkeit des Aluminiums kennt!


Als Kommentar zu dieser Angstmacherei sei auf den andernorts innerhalb dieser GZ-Serie eingestehenden Satz verwiesen:

Es ist mit einer Aluminiumvergiftung ungefähr dasselbe, wie mit Heuschnupfen oder Heufieber.Menschen mit sehr empfindlichen Atmungsorganen können nicht an einer Wiese mit gewissen verblühenden Blüten vorübergehen, ohne Gefahr zu laufen, dass das Einatmen der Pollen ihnen Heufieber verursacht. Es ist absurd, ... wenn deshalb ein gesunder Mensch behauptet, das Einatmen dieser Pollen sei absolut gefahrlos, weil es ihm selbst nichts schadet. Ebenso kann ein gesunder Mensch, der alles gut verdauen kann, einem schwächeren Menschen nicht einreden, dass der Gcnuss von in Aluminiumgeschirr gekochten Speisen ungefährlich sei.

Oder auch der Satz:

eine Person in der Familie durch Aluminium angegriffen wird, während andere Glieder der Familie anscheinend unberührt blieben

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 27. Oktober 2008 05:45

Gewisse Nuancierungen gab es auch innerhalb der Gleichgeschalteten Nazipresse. Etwa mühte sich die „Frankfurter Zeitung" in begrenztem Umfange ein gewisses liberales Mäntelchen zur Schau zu stellen.
So ist hingegen die Nazigazette „Westdeutscher Beobachter" (in Köln erscheinend) grundlegend anders einzuschätzen. Da wurde schon eher (in Nazisicht) „Fraktur geredet". Dies offenbart sich auch an ihren Zeugen Jehovas bezüglichen Artikeln.

Schon in einem solchen aus dem Jahre 1935
Pauline hatte Pech
springt einem der Zynismus der dortigen Berichterstattung ins Auge.
Zwei Zeugen Jehovas-Artikel aus diesem Blatt aus dem Jahre 1938, sind besonders bekannt geworden. Der eine von ihnen („Westdeutscher Beobachter" vom 21. 8. 1938) veranlaßte auch das „Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 10. 1938, zu einer gar dreiseitigen Entgegnung.

Auf einen weiteren Artikel vom 5. 8. 1938 wurde schon früher eingegangen. Siehe:
http://forum.mysnip.de/read.php?27094,7773,10705#msg-10705
Eintrag vom 5. 8. 2008.

.(Vorbemerkung: Textzitierung zu Dokumentationszwecken ohne inhaltliche Identifizierung)

"Westdeutscher Beobachter" 21 August 1938
P. E. Rings
Die „Ernsten Bibelforscher" Sendboten des jüdischen Bolschewismus
Die Anhänger der Sekte dürfen die Gesetze der Staates nur insofern achten, als sie den Geboten Jehovas nicht entgegenstehen. Ihre Losung heißt hier: „Wir haben uns unseren Gott Jehova verschworen und dürfen ihm nicht untreu werden, wir sind in dieser Welt aber nicht von dieser Welt".
Danach versündigt sich ein „Zeuge Jehovas", wenn er Soldat wird. Jede Gegenwehr gegen einen Feind lehnen sie ab. In zahlreichen Prozessen sind männliche Anhänger der Gemeinschaft in ihrem Fanatismus so weit gegangen zu erklären, sie würden nicht einmal durch Tötung eines Lüstlings die Vergewaltigung ihrer Frauen und Töchtern verhindern, „denn wenn Jehova eine solche zulasse, dann müsse sein Wille auch geschehen."

Erschreckt stellt man hier eine geistige Verwirrung fest, deren Urheber nur niederträchtige Verbrechernaturen sein können und deren Verbreiter rücksichtslos ausgemerzt werden müssen, im Interesse aller geistig gesunden Menschen. Selbstverständlich richtete sich der Kampf der „ernsten Bibelforscher" in allererster Linie gegen die autoritären Staaten und hier wieder besonders gegen den Nationalsozialismus. In vielen Tausenden, in allen Weltsprachen erscheinenden Broschüren, in Millionen von Traktätchen und Flugblättern wird gegen das nationalsozialistische Deutschland schmutzige Lügenpropaganda gemacht.

Die Maske ist gefallen
Hier aber in dieser Propaganda, lassen die „ernsten Bibelforscher" nun ganz die Maske fallen. Sie zeigen die jüdisch-bolschewistische Fratze in ihren widerlichsten Verzerrungen und schrecken vor nichts zurück. Das „Dritte Reich" wird in Bildern als blutdürstiges Raubtier dargestellt und in Spottversen wird ihm der Untergang in der eigenen Blutgier vorausgesagt.

Mit allen Mitteln wird auch immer wieder versucht, deutsche Menschen für die Zwecke der „Bibelforscher" zu werben. Dass diese über kurz oder lang der strafenden Gerechtigkeit verfallen, ist den Drahtziehern gleich. Dass in der übrigen jeder Staat, der seinen Bestand sichern will, allein einer Notwehrforderung genügt, wenn er rücksichtslos gegen die „ernsten Bibelforscher" und die ihnen verfallenen vorgeht, wird klar, wenn man weiß, wie diese ihre Anhänger in allen Dingen gegen die Staatsautorität aufhetzen.

Nicht nur, dass sie bereits gesagt, zur Heeresdienst-Verweigerung auffordern, auch jede Tätigkeit in der Rüstungsindustrie oder im Arbeitsdienst wird als Sünde wider den Geist Jehovas bezeichnet. Sie gehen sogar so weit, von den ihnen verfallenen auch eine Ablehnung jeglichen Einsatzes im Luftschutz zu verlangen, „weil die Abwendung einer Gefahr ein Auflehnen gegen den willen Jehovas darstelle". Außerdem wird jegliches nationales Denken als eine Versündigung gegenüber Jehova hingestellt.

Ein „Zeuge Jehovas" darf keine Nationalhymnen singen. Er darf sich nicht an öffentlichen Kundgebungen staatlicher Art beteiligen und erst recht nicht den deutschen Gruß ausbringen. Selbstverständlich muss er seine Kinder allen Organisation fern halten, die eine Lenkung der Jugend im staatspolitischen und völkischen Sinne zum Ziel haben.

Der Pferdefuß
Wenn man dies alles betrachtet, wenn man weiter weiß, dass die „ernsten Bibelforscher" engste Beziehungen zu den Organisationen des Weltjudentums und nach Moskau unterhalten, dann erkennt man klar und eindeutig, dass es sich bei ihrem Treiben keineswegs um eine besonders krasse Art von religösen Wahnsinn handelt, sondern dass wir hier eine religiös getarnte Stoßtrupporganisation des jüdischen Bolschewismus vor uns haben. Und wenn wir die Erfahrung machten, dass die „ernsten Bibelforscher" nach dem 30. Januar 1933 die Auffangorganisation für alle unbelehrbaren und böswillige Elemente aus den verbotenen marxistischen Parteien wurden, die ihre staatsfeindliche Tätigkeit fortzusetzen gedachten, ja wenn wir immer wieder erleben, dass auch diejenigen, die heute noch wegen Beteiligung an den Umtrieben der Bibelforscher gefasst werden, nichts anderes sind als die letzten versprengten aus diesen Lagern, so steht diese Tatsache nicht einzig da.

Unlängst wurden wieder in Ungarn Kuriere der „ernsten Bibelforscher" abgefangen, die die Verbindung zwischen der ungarischen Organisation der Sekte und Moskau aufrecht erhielten. Das ungarischer Regierungsblatt „Usti ujay" (Budapest) berichtet darüber.
In letzter Zeit wurden von der ungarischen Polizei verschiedene Botengänger abgefangen, die nach Moskau Klage zu bringen hatten, dass nicht nur die ungarische Polizei ihre Propagandaarbeit erschwere, sondern dass das ungarische Volk sehr religiös und von den kommunistischen Lehren nichts wissen wolle. Die Moskauer Zentrale arbeitete darauf ein neues System aus, um das ungarische Volk zu revolutionieren, ohne dabei seiner religiösen Gefühlen zu verletzen. Das neue System erhieltt den englischen Namen „Watch Tower", das ist „Wachtturm" und beruht darauf, daß die kommunistischen Lehren nicht von Mordocai-Marx ableitet, sondern von der Bibel. Später wurde festgestellt dass die „internationale Bibelforscher Vereinigung" im ganzen Lande staats- und sicherheitsgefährliche Denkschriften dieser Richtung verbreitete" soweit das ungarischer Blatt.

Die Schlussfolgerung
Aus all dem geht hervor, dass die „ernsten Bibelforscher" ein politisches Machtinstrument gegen die national regierten Staaten und damit vor allem gegen Deutschland darstellen, ein Instrument, die dessen Klaviatur dem jüdischen Bolschewismus nach Belieben zur Verfügung steht. Die Verfolgung der „ernsten Bibelforscher" ist keine Verfolgung einer religiösen Gemeinschaft, keine Verhinderung ungestörter Religionsausübung, sondern der lebensnotwendige Kampf gegen einen gefährlichen Staats und Menschheitsfeind. Denn die Duldung dieser Sekte käme einer Selbstaufgabe und damit der Auslieferung an den jüdischen Vernichtungswillen, organisatorisch zusammengefasst in der kommunistischen Internationale, gleich.

Wenn daher ein deutsches Gericht in einer Urteilsbegründung gegen die „ernsten Bibelforscher" sagt:
„In letzter Zeit mehren sich die Fälle, das Bibelforscher nach Verbüßung langwieriger Gefängnisstrafen in der Freiheit sofort wieder straffällig werden. An Stelle der Gefängnisstrafen müsste in Anbetracht der Gefährlichkeit dieser Sekte, bei Rückfälligkeit eine Zuchthausstrafe, eventuell lebenslängliches Zuchthaus treten können", so unterschreiben wir diese Forderung. Auch hier sprechen wir mit einem deutschen Richter:

„Bei der Strafzumessung darf dem einzelnen Täter nicht zugute gehalten werden, wenn er keine Kenntnis von dem Inhalt der Schriften der „Bibelforscher" aus der Verbotszeit gehabt. Fast jeder einzelne „Bibelforscher" der sich vor Gericht zu verantworten hat, ist in Wahrheit auch ohne Kenntnis der Schriften aus der Verbotszeit seinen ganzen Wesen nach von der Irrlehre zum Staatsfeind und meist Unverbesserlichen, gemacht worden. Und diesen Staatsfeind gilt es zu treffen.

Noch ist in der Angelegenheit der „ernsten Bibelforscher" das letzte Wort nicht gesprochen. Immer wieder verstricken sich Menschen in ihren Netzen, und müssen dann am Ende in schwerer Buße sühnen, dass sie sich von gewissenlosen Verbrechern missbrauchen ließen, obgleich es wahrhaftig an Aufklärung nicht gefehlt hat. Dieser Aufklärung sollen auch diese Ausführungen dienen. Denn wenn wir auch um der Nation willen, keine Nachsicht üben dürfen, mit jenen, die sich gegen unseres Volkes Interessen und Sicherheit vergingen, so sind wir doch glücklich über jeden deutschen Volksgenossen, den unsere Aufklärungsarbeit rechtzeitig zu warnen vermochte. Diese Aufklärung kann nicht intensiv genug betrieben werden, angesichts der hinterlistigen Mittel mit denen die Verderber auf Seelenfang ausgehen.


(Zu diesem Text dann noch die beigefügten Bildtexte)
Diese Anführerköpfe der „Bibelforscher" illustrieren am besten das Bestreben dieser Gesellschaft, das Untermenschentum im Interesse des jüdischen Bolschewismus zu organisieren. So will man an die Stelle einer völkischen und sittlichen Weltordnung das Chaos einer Bastardrasse mit jüdischen Spitze setzen.

Illustration aus einer Zeitschrift der „ernsten Bibelforscher" in der der ganz abgrundtiefe Haß dieser Gesellschaft gegen den Nationalsozialismus zum Ausdruck kommt
Das Dritte Reich
Einem wilden Raubtier gleich
Tückisch furchterweckend,
schleicht es durch seinen Machtbereich
Seine Opfer erschreckend.
Doch die grenzenlose Gier,
alles zu verschlingen
wird dieses grauenhafte Tier
ins Verderben bringen.

Eine Auslese aus der Hetzliteratur mit der die „Zeugen Jehovas" die Welt überschwemmen. Mit ihrer Hilfe verbreiten sie das Gift des religiösen Wahns, weil auf solchen Nährboden die jüdischen Weltherrschaftspläne am ehesten reifen.


Soweit es die in vorstehendem Text mit genannte Raubtier-Karikatur betrifft ist offenbar jene im „Goldenen Zeitalter" vom 15. 12. 1936 veröffentlichte gemeint.

Unter der Überschrift „Lebenslängliches Zuchthaus für Jehovas Zeugen" geht nun die genannte „Trost"-Ausgabe auf einen der zitierten Artikel näher ein.

Einleitend wird ausgeführt:

„Also schon in der fetten Überschrift wieder die alte Verleumdung, Jehovas Zeugen hätten etwas mit Kommunismus zu tun. Der Mann, der die betreffende Zeitung an die Redaktion von TROST einschickte, schrieb dazu am Rande: "Bitte einen Beweis, wo ernste und enge Beziehungen mit Moskau bestehen!"

Und als Kommentar dazu mein „Trost":
„Doch die reichsdeutschen Propaganda-Schreiberlinge fühlen gar kein Bedürfnis, neben der Lüge auch noch "Beweise" vorzubringen. Sie meinen, daß die nackte Lüge auch genügen und ausrichten werde, wozu sie gesandt ist."

Man verweist dazu auf das „Zürcher"(Harbeck)-Buch „Kreuzzug gegen das Christentum" mit einer darin wiedergegebenen „von 1900 reichsdeutschen Bibelforscher-Ortsgruppen Mitte 1933 dahingehend abgegebenen eidesstattliche Versicherung." eben nichts mit den Kommunisten zu tun zu haben.

Ähnlich weist man die bezüglich Ungarn gemachten Unterstellungen zurück.

Zu den Bildbeilagen des „Westdeutschen Beobachters" äußert man:

„In dem Artikel des "Westdeutschen Beobachters" werden auch Photos von 15 Männern und Frauen in Arbeiterkleidung, manche von den Männern unrasiert, als "Anführerköpfe der Bibelforscher" veröffentlicht. Es sind einfache, hier in Bern nicht bekannte Menschen. "Anführer" ist kein einziger darunter. Daß die abgebildeten Männer und Frauen nicht vornehm aussehen, tut nichts. Wenn man die führenden Männer des Dritten Reiches in Arbeiterkleidung steckte, sich eine Woche lang nicht rasieren ließ und sie noch dazu nach ihrer Methode quälte, würde keiner von ihnen vornehm aussehen."

Weiter kritisiert „Trost":
„Da wird auf der einen Seite gesagt, daß die Bibelforscher die fleischlichen Israeliten als von Gott verworfen bezeichnen (und das ist richtig), und auf der ändern Seite erklärt, die Bibelforscher arbeiteten auf das jüdische Weltreich hin. Wie paßt das zusammen?"

Zu den Verteidigungsargumenten des „Trost" gehört dann auch dieses:
„Das alles ist unwahr. Richter Rutherford war zur Zeit des Weltkrieges schon über das militärdienstpflichtige Alter hinaus, hätte also gar nicht wegen Dienstverweigerung verurteilt werden können."

Da muss ich dann allerdings eine kritische Rückfrage dergestalt stellen, ob denn da der „Trost"-Redaktion nicht einiges durcheinander gekommen ist

Ich habe mich persönlich in den Zeitschriften-Lesesaal der (respektive ASF-Lesesaal) der Deutschen Staatsbibliothek zu Ost-Zeiten hingesetzt und mit den Artikel selbst auch angesehen, und (vorstehend) zitiert.
Indes die vom „Trost" unterstellte Rutherford-Replik dort so nicht entdeckt. Gleichwohl soll dieser Aspekt nicht überbetont werden.

Jedenfalls meint genannte „Trost"-Ausgabe Rutherford wie folgt weiter verteidigen zu sollen:

„Richter Rutherfords Verurteilung im Weltkriege erfolgte nach einem amerikanischen Spionagegesetz. Er wurde also quasi wegen Spionage zugunsten Deutschlands angeklagt. Das müßte die deutschen Schmierfinken zum Schweigen bringen, auch dann, wenn sie keine Gelegenheit hätten, der Sache auf den Grund zu gehen und dadurch festzustellen, daß die ganze Anklage eine einzige Lüge war. Sie müßten sich bei all ihrer Unwissenheit sagen: Entweder hat Rutherford für Deutschland gearbeitet, dann wäre er ja unser Mann; oder er hat nicht für Deutschland gearbeitet, dann hat sich die amerikanische Justiz eben einmal geirrt, genau so, wie das bei unserer deutschen Justiz auch zur Genüge vorkommt."

Es kann kein Zweifel darüber bestehen. Der zitierte Nazi-Artikel erfüllt nicht objektive Kriterien. Er ist lediglich Ausdruck von Parteilichkeit und zeigt bestenfalls, wo den Nazis „der Schuh drückte" und wie sie darauf reagierten.

Er offenbart zugleich, was die eigentliche „Stärke" der Zeugen Jehovas in den zeitgeschichtlichen Auseinandersetzungen war, was ihnen im eigentlichen „Kraft" gab. Das war ihr eschatologisches Sendungsbewusstsein, von der die damals aktiv Handelnden unfraglich erfüllt waren. Und das Terrorregime der Nazis bestätigte sie (zusätzlich) in dieser Geisteshaltung.

In dem Moment, wo jedoch diese eschatologische Überzeugungsstärke nicht mehr tragfähig ist, befindet sich diese Organisation in der ähnlichen Lage wie weiland Simson laut dem Bibelbericht (Richter Kap. 16).
Das weis die WTG auch nur zu gut, und deshalb wendet sie auch alles an, um diese Geisteshaltung auch (künstlich) zu konservieren, bis in die Gegenwart hinein.

Am Rande vermerkt sei noch der Umstand. Der vom „Trost" inkriminiert vorgestellte Artikel des „Westdeutschen Beobachters" wurde zwar massiv kritisiert. Indes zu einem Volltext-Abdruck zur eigenen Urteilsbildung, konnte sich auch das „Trost" nicht durchringen.

Nachtrag:
Was die angesprochene Rutherford-Passage anbelangt, lässt sich selbige wie folgt aufklären.
Es gab noch einen dritten einschlägigen Artikel im „Westdeutschen Beobachter", zwar in derselben Ausgabe, aber doch einer variierten Thematik gewidmet. „Trost" reflektierte das nun in „einem Abwasch", ohne zwischen diesen unterschiedlichen Artikeln zu differenzieren.
Der Text dieses Artikels sei nachstehend noch (kommentarlos) vorgestellt Jedenfalls kommt in diesem Artikel auch das nazistische Glaubensdogma „Protokolle der Weisen von Zion" mit zum Vortrag. Ohne diese Verschwörungstheoretische Grundlage wäre eine Erklärung des Nazismus indes schwierig.

Dieses nazistische Dogma indes erweist sich eindeutig als reif für den Mülleimer. Das bedauerliche ist nur, dass es auch heute noch Nachbeter dieses Dogmas gibt. Man muss ihnen auf den Kopf zusagen, was für Ahnväter sie denn haben. Eben auch die Nazis!
Gell Herr Robin de Ruiter und Co! Aus dem gleichen Verlag, der noch heute dieses antisemitische Giftpamphlet hochjubelt, und seine dazugehörige Amtskirche schweigt dazu!

Jetzt noch der angekündigte Artikeltext:
(Vorbemerkung: Textzitierung zu Dokumentationszwecken ohne inhaltliche Identifizierung)

P.E. Rings
Die ernsten Bibelforscher
Sendboten des jüdischen Bolschewismus
Nationales Denken ist für sie eine „Versündigung gegen Jehova"
Auf Antrag des Ehemannes wurde eine Beamtenehe geschieden, weil die Frau auch nach dem Verbot der „ernsten Bibelforscher" nicht abließ, deren Ziele zu verfolgen. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass es einem Staatsbeamten nicht zugemutet werden könne, eine Gemeinschaft aufrechterhalten, deren einer Teil sich staatsfeindlich betätigen.
Einem Arbeiter wurde die Erziehungsgewalt über seine Tochter entzogen, weil er völlig den Anschauungen der „ernsten Bibelforscher" verfallen war und zu befürchten stand, dass sein Einfluss in dieser Hinsicht, das Wohl des Kindes außerordentlich gefährde.

Wir haben mir zwei Entscheidungen, aus einer großen Anzahl von Urteilen gleicher oder ähnlicher Art wiedergegeben, die immer wieder den Schlusspunkt unter traurige Kapitel menschlicher und völkischer Verirrung unter dem Einfluss der Lehren einer Sekte setzen, die vorgibt, Gott und der Idee eines reinen Christentums zu dienen, und deren Agenten doch weiter nichts sind als raffiniert getarnte Sendboten des jüdischen Bolschewismus

„Präsident" Rutherford
Viele Volksgenossen werden sich aus der Zeit vor der Machtübernahme an jene aufdringlichen Hausierer beiderlei Geschlechtes erinnern, die immer wieder vor den Türen erschienen und sich unter mancherlei Vorwänden, bei denen meist religiöse Momente in den Vordergrund geschoben wurden, in die Wohnungen einzudringen versuchten. Das waren die Abgesandten der „ernsten Bibelforscher", der Zeugen Jehovas wie sie sich selbst nennen, die darauf ausgingen, die Bücher und Traktätchen ihres geschäftstüchtigen Herrn und Meisters Rutherford umzusetzen und damit ihr Gift in deutsche Familien zu tragen. Rutherford, der amerikanischer Bürger ist, nennt sich, unter Berufung auf die alttestamentliche Bezeichnung für die Vertreter des Judengottes Jehova auf Erden „Richter".

In dem wirklichen Beruf eines Richters konnte er in sofern Einblick nehmen, als er von einem amerikanischen Gericht zweimal zu längeren Gefängnisstrafen verurteilt wurde.
Das erste Mal stand er wegen gewinnsüchtiger Urkundenfälschung zur Aburteilung. Im zweiten Falle musste sich die Justiz mit ihm beschäftigen, weil er nach Satzungen der von ihm geleiteten Organisation, den Heeresdienst während des Weltkrieges verweigert hatte.

Also wahrlich der richtige Mann, die „Vorbereitung auf das bevorstehende tausendjährige Reich Jehovas unter jüdischer Herrschaft" anzubahnen. Ein würdiger Gegenstand abergläubischer Verehrung von Menschen, die auf den Leim seiner abgefeimten Schwindellehre krochen und an ihr für ihr Leben unglücklich werden.

Die Juden im Vordergrund
Im übrigen kann man über die Person Rutherfords kaum noch wundern, wenn man weiß, welches Weltbild die „ernsten Bibelforscher" ihren Jüngern vorgaukeln. Sie, die die Anhänger aller Glaubensrichtungen, ganz gleich ob katholisch, protestantisch, mohammedanisch usw. Als Scheinchristen verurteilen, haben dennoch mit einer andern dogmatischen Richtung eines gemein. Alle Menschen sind gleich. Rasse, Sprache, Kultur und Volkstum sind unwesentlich. Wesentlich ist nur, dass sie im Sinne der „ernsten Bibelforscher" wohlgefällig leben.
Dieses Leben aber hat der Vorbereitung der Menschheit auf das jüdische Weltreich zu gelten, dass nach dem Willen Jehovas kommen wird. Zwar haben die Juden, die einmal von Jehova zu Herren über die Menschheit ausersehen waren, diesem Gott schmählich enttäuscht, aber in der Lehre der „ernsten Bibelforscher" ist das entstanden, was an Stelle der verworfenen fleischlichen Israeliten die geistigen Aufgaben, die ihnen einst zugedacht, zu übernehmen hat. Unsichtbar über die ganze Erde verbreitet, haben sie sich unentwegt einzusetzen für die Vorbereitung der blutigen Auseinandersetzungen zwischen Christus und seinen Heerscharen und jenen Menschen aller Nationen, die dem Königreich Jehovas entgegenstünden. Nach gewonnener Schlacht aber würde dieses Reich errichtet von einem Ende der Erde bis zum andern. Und als Statthalter würden eingesetzt die treuen und vom Tode wieder erweckten jüdischen Propheten Abraham, Isaak Jakob und usw.

Mittel zum Zweck
Fürwahr eine „liebliche" Zukunftsmusik die hier die „ernsten Bibelforscher" ertönen lassen, von der nur die ganz Dummen nicht erkennen, dass sie von den Posaunen von Jericho herrührt, und dass ihre Textierung aus den Geist der „Weisen von Zion" kommt. Außerdem braucht man sich nur einmal die Mittel näher zu betrachten mit denen „ernsten Bibelforscher" ihr Ziel zu erreichen suchen.


Hinweis: Es werden grundsätzlich nicht „nur" nazistische Voten zum Zeugen Jehovas-Thema vorgestellt. Selbstredend kommt auch die „Gegenseite" dann zu Wort, wenn relevanter Anlass dafür vorhanden. Das Kriterium ist also allein die Relevanz.
In der Referierung des „Trost" vom 15. 11. 1938 wird dann noch solch ein Text der „Gegenseite" im vollem Wortlaut (ungekürzt) vorgestellt werden.

Im weiterem Sinne, sogar (begrenzt) „passend" zur nazistischen Unterstellung, welche da die Zeugen Jehovas in die kommunistische Ecke stellten, eignet sich sogar eine Notiz, welche in dergleichen Ausgabe des „Trost" lesbar ist. Sie lautet wie folgt:


Der Kommunismus als Popanz in Amerika
Die römisch-katholische Hierarchie strebt mit aller Macht danach, die ganze Welt unter ihr Kommando zu bekommen. Sie bemüht sich jetzt besonders um die Vereinigten Staaten und bedient sich dabei des "kommunistischen Problems", damit ihr die Völker der Erde in Dankbarkeit für ihre Errettung von diesem schrecklichen Ungeheuer zu Füßen fallen sollen. Es ist zum Lachen. Die Gesamtzahl der Wähler in dem kommunistischsten Bezirk der Vereinigten Staaten betrug bei der letzten Wahl 2 750 000, wovon die Kommunisten 31 987 Stimmen erhielten, also etwas mehr als ein Prozent. Es ist als ob man ein Kind nehmen und über das Dach eines Hauses werfen wollte,

Tatsächlich erhielten die Kommunisten bei der letzten Wahl von den fast 50 000 000 Stimmen nur 51855. Kann da jemand erklären, warum die römisch-katholische Hierarchie in jeder Stadt und jedem Dorf, in jeder Zeitung und auf alle Art und Weise die Welt mit dem kommunistischen Popanz zu schrecken sucht? Das ist alles blauer Dunst, alles Heuchelei, der Versuch, die ganze Welt unter die Füße und unter die Herrschaft dieser lieblichen Nachfolger der Apostel (?) zu bekommen, die in Mexiko und Spanien so wundervolle Arbeit geleistet haben. Von den Kolumbusrittern ist das Schlagwort vom "Weltwelten Kampf gegen die Roten" geprägt worden; und mit den "Roten" meinen sie jede Organisation, die die römisch-katholische Hierarchie für eine gesetzlose Organisation hält und ihr darum widersteht. Doch zu seiner bestimmten Zeit wird Jehova einen "weltweiten Kampf gegen die Roten" In Szene setzen, gegen die wahren "Roten", die die Welt mit Streit, Kummer, Furcht, Haß und Unruhe erfüllt haben. Er braucht das nicht erst zu planen. Es ist bereits in seinem Worte verkündigt. Wenn dieser Kampf beendigt ist, wird die Welt von der Hierarchie und allen mit Ihr verbundenen Übeln, einschließlich der Kolumbusritter, für Immer und ewig befreit sein.

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 30. Oktober 2008 04:37
Ihrer überbetonten Sympathie für die „Heilpraktikerszene" und ihrer überbetonten Skepsis gegenüber der Schulmedizin, lässt „Trost" in seiner Ausgabe vom 15. 10. 1938 wieder einmal freien Lauf, wenn man darin folgende „wunderbare" Geschichte lesen kann:

„Selleriesaft gegen Epilepsie
T. D. Bück, ein eifriger und treuer Zeuge Jehovas in Massachusetts, schrieb uns folgendes, was für alle, die an Epilepsie leiden, von großem Interesse sein dürfte:
Fast vierzig Jahre lang war ich ein Opfer der Epilepsie und mußte beständig Medizin nehmen. Während der letzten zwölf Jahre habe ich täglich 3-4 1/2 Gram Phenobarbital genommen.

Jetzt nehme ich seit sieben Wochen jeden Morgen, eine halbe Stunde vor dem Frühstück, einen halben Liter Selleriesaft; und ich beabsichtige, dies noch weitere sieben Wochen zu tun, und hoffe dann für immer von meinem Leiden geheilt zu sein. Wenn Ich sagen wollte, es gehe mir besser, so wäre das viel zu wenig gesagt; denn ich fühle mich wie ein neuer Mensch.
Ich habe jede Woche immer weniger von der Medizin genommen, und seit zwei Wochen überhaupt keine mehr. Dafür benutzte ich den (ungebleichten) Sellerie, zu dem eine Saftpresse in jedem Reformhaus erhältlich ist.
Weißen Zucker esse ich nicht mehr, dafür Honig, trinke keinen Kaffee oder Tee mehr, sondern heißes Wasser, und habe die Fleischkost fast ganz aufgegeben. Dafür genieße ich viel rohes Gemüse, Salat, Karotten, Kraut (fein gehobelt) mit Mayonnaise, Radieschen etc. und viel Obst und Nüsse."


Entweder hatte die „Trost"-Redaktion die Übersicht verloren, was sie alles schon publiziert hatte. Oder aber, sie hielt diesen Bericht für so überaus bedeutsam, um ihn erneut (wortwörtlich) zu wiederholen. Jedenfalls ist der Umstand zu registrieren, dass sich diese Story, in der „Trost"-Ausgabe vom 1. 12. 1938, erneut vorfindet.

„Passend" macht den das „Trost" in der Ausgabe vom 15. 10. 1938, erneut Reklame für eine seiner „Errungenschaften" - die „Weintraubenkur"

Das liest sich dann so:

Weintraubenkur gegen Krebs
Der Redaktion von TROST ging folgendes Schreiben zu:
"Ich erlaube mir, Sie aufmerksam zu machen, daß in Ihrer Nummer vom November 1930 ein wunderbarer Artikel war von einer Traubenkur für Krebskranke. Ich habe dieses Blatt schon vielen Kranken zum Lesen gegeben. Solche, die diese Kur genau gemacht haben, haben wunderbare Erfolge erzielt bei Magen- und Unterleibskrebs, wo alle Arzte die Hoffnung aufgaben. Mit diesen Zeilen wollte Ich Sie nur höflichst bitten, im Interesse der vielen Kranken diesen Artikel in nächster Zeit zu wiederholen. Es wäre jetzt die günstigste Zeit für eine Kur.
Mit aller Hochachtung zeichnet
Frau M.W.-SL, Br."

Viele ähnliche Zuschriften bestätigten schon nach Erscheinen jenes Artikels, welch erstaunliche Heilwirkung eine Traubenkur bei Erkrankung an Krebs hat. Der Patient ernährt sich dabei vier bis sechs Wochen lang mit täglich etwa einem halben Liter frisch ausgepreßtem Traubensaft. In manchen Fällen genießt man auch noch andere Fruchtsäfte, trinkt daneben viel frisches Wasser und macht täglich ein warmes Klistier. Von sachkundiger Seite sollte kontrolliert werden, ob sich die Lebenskraft des Patienten nicht zu stark vermindert, da eine solche Kur naturgemäß mit Gewichtsabnahme verbunden ist.

Wie von allen Seiten bestätigt wird, schafft jedoch die Rückkehr zu reichhaltigerer Kost, nach erfolgter Ausheilung, sehr schnell einen Gewichtsausgleich.
Der erwähnte Artikel wird in der nächsten Ausgabe von TROST nochmals abgedruckt.


Siehe hierzu auch:
Weintraubenkur

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 26. November 2008 04:13
49 berichterstattende Zeugen Jehovas weist das 2008er ZJ-Jahrbuch für den europäischen Kleinstaat Liechtenstein (zwischen der Schweiz und Österreich gelegen) aus. Was etwa einem Verhältnis von 1 zu 709 zur übrigen Bevölkerung entspricht. Eine Angabe in der Wikipedia von 35 ZJ wäre demzufolge Korrekturbedürftig. Die dürfte etwa dem Stand von 1970 entsprochen haben. Sowohl Währungsmäßig als auch Konsularvertretungsmäßig weitgehend mit der Schweiz verbunden, stellte sich gleichwohl nach der Annexion Österreichs durch Hitlerdeutschland die Frage. Wie geht es weiter. Machen die Nazis an der Grenze Österreichs Halt?

Diese Befürchtungen kommen auch in einem Liechtenstein gewidmeten Artikel in der „Trost"-Ausgabe vom 1. 11. 1938 zum Ausdruck. In dem „Ein Land ohne Militär" überschriebenen Artikel war unter anderem zu lesen:


„Zwischen Vorarlberg und der Schweiz liegt ein Land, das keine Wehrpflicht kennt, ja überhaupt kein Militär unterhält. Es ist das 157 qkm große Fürstentum Liechtenstein. Rekordinhaber nach unten, insofern als es der Bevölkerungszahl nach mit seinen knapp 11000 Einwohnern den kleinsten aller europäischen Kleinstaaten bildet.

Liechtenstein ist 1866 nicht mit in den Deutschen Bund eingetreten, und davon hatte es fünfzig Jahre später den Vorteil, daß es auch nicht mit in den Weltkrieg eintreten brauchte. So klein das Land ist, hat es doch was es braucht ... weniger Menschen und weniger Sorgen. Es hat keinen Grund, die großen Staaten zu beneiden. Irdische Größe ist nicht etwas, was sich automatisch selbst beschützt, sondern verlangt fortwährend hohen Unterhalts-Tribut. ...

Auf dem andern Ufer ist Schweizerboden. Liechtenstein ist eine erbliche Monarchie. Sein Herrscherhaus jedoch besteht aus früheren österreichischen Untertanen, die also heute Reichsangehörige geworden sein dürften. Ihre Stammburg Liechtenstein haben sie bei Mödling in Niederösterreich, die Hofhaltung in Wien; vorübergehend sind sie sogar im eigenen Lande auf Schloß Vaduz anzutreffen. Bei dieser Sachlage ist es nicht verwunderlich, daß nach dem Anschluß Österreichs an Deutschland Gerüchte auftauchten, Liechtenstein könnte bei dieser Gelegenheit gleich mit angeschlossen werden.

Im Augenblick erfreut es sich noch seiner Selbständigkeit - mit Einschränkungen. Damit soll nicht auf die Zoll- und Münzunion mit der Schweiz oder auf die ausländische Verwaltung der Eisenbahnstrecke vom Arlberg her angespielt werden, sondern auf das geistige Selbstbestimmungsrecht der Einwohner dieses Ländchens. Mit dieser Sache hat es in dem rein katholischen Liechtenstein seine liebe Not.

Die ungefähr dreißig Zeugen Jehovas, die im Jahre 1935 in einem Autobus dorthin fuhren, um den Liechtensteinern etwas von der Botschaft der Bibel zu sagen, werden sich noch gut besinnen, wie der Regierungschef, ein Pfarrer, in der vollen Autorität seines Amtes dagegen einschritt und gleich noch 50 Franken Geldstrafe pro Kopf zugunsten des Staatssäckels herausschinden wollte. Daß er schließlich nur 50 Franken insgesamt erhielt, macht zwar einen großen Unterschied aus im Profit für seine pfarrherrliche Regierung, aber nur einen kleinen Unterschied mit Bezug auf die Tatsache, daß man auch in diesem Ländchen die Evangeliumsverkündigung wie eine Übeltat behandeln und den Menschen das Recht nehmen möchte, Gottes Botschaft zu hören und dann selbst zu entscheiden. ...."


In dem Buch von Josy Doyon „Hirten ohne Erbarmen" gibt es auch noch eine Lichtenstein bezügliche Episode. Und zwar diese;

„Zu meiner Freude traf ich auf einer der grossen Kreisversammlungen wieder mit Hedwig zusammen. Nachdem sie zwei Jahre lang Pionierdienst geleistet hatte, war sie in die Gilead-Schule für Missionare gerufen worden. ... Da es die Aufgabe der Kreisdiener ist, diese Begünstigten auszuwählen und der Gesellschaft vorzuschlagen, gelangt nur an dieses begehrte Ziel, wer einen unentwegten Eifer und bedingungslose Unterwerfung an den Tag legt.

Als Hedwig eingeladen wurde, nach Amerika zu reisen, hatte mir die Frau des Kreisdieners gesagt:

„Hedwig wird es wahrscheinlich schwer haben in der Gilead-Schule, denn sie ist noch ein bisschen zu eigenmächtig. In der Schule wird absolute Ergebenheit ... gefordert. Die Schüler müssen sich dort als demütig erweisen und sich vollständig anpassen können. Hedwig wird das lernen müssen."

Sie hatte es bestimmt gelernt, denn als ich sie hinter dem Tisch sitzend antraf, wo sie Plastikhüllen an die Kongressteilnehmer verkaufte, machte sie einen äusserst sanftmütigen Eindruck.

„Wo hat man dich jetzt als Missionarin hingeschickt?"
fragte ich gespannt.
«An die Grenze von Liechtenstein», gab sie etwas bedrückt Auskunft. Und auf meine Frage, wie es ihr dort gefalle, meinte sie:
«Ich habe es ein bisschen streng und aufregend dazu. Es ist nämlich in Liechtenstein verboten, mit den Schriften der Gesellschaft von Haus zu Haus zu gehen.

Nun muss ich als Hausiererin alle Tage von der Schweiz aus die Grenze passieren. Die Literatur muss ich unter der Hausiererware im Korb verstecken und das ist natürlich riskant. Aber bis jetzt haben mich die Grenzbeamten immer ungeschoren durchgelassen. Sie kennen mich bereits und sind überzeugt, dass ich eine Hausiererin bin.

An den Haustüren muss ich natürlich enorm aufpassen.
Erst biete ich etwas von der Ware an und muss dabei auskundschaften, welche Gesinnung die Leute haben.
Wenn es günstig ist, dann gebe ich ihnen Zeugnis und die Literatur.»

«O du Armes», sagte ich bedauernd, «da ergeht es dir ja beinahe wie den Zeugen hinter dem Eisernen Vorhang. Nur dass du nicht nach Sibirien verfrachtet wirst, wenn sie dich einmal erwischen!»
Hedwig erwies sich weiterhin als sehr tapfer. Sie diente der Wachtturmgesellschaft einige Jahre an der Grenze Liechtensteins, bis sie einen Herzinfarkt erlitt und aufhören musste...."

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 27. November 2008 06:57
Unter der Überschrift
„Massenverhaftungen von Zeugen Jehovas in Hamburg"
liest man im „Trost" vom 15. 11. 1938:

„Nach Berichten, die wir erst kürzlich erhielten, fanden vom 1. bis zum 13. April 1938 vor dem Hanseatischen Sondergericht in Hamburg Verhandlungen gegen 39 Mitglieder der Internationalen Bibelforscher-Vereinigung statt, die des Hochverrats angeklagt waren.
Sie waren die ersten von insgesamt etwa 200 Personen, die wegen derselben Anklage vor Gericht kommen.
Den Angeklagten wurde zur Last gelegt, während der Jahre 1934 bis 1937 die seit 1933 in ganz Deutschland aufgelöste Organisation der Zeugen Jehovas aufrechterhalten und in Deutschland verbotene Druckschriften hergestellt, verbreitet und gekauft zu haben.

Trotzdem schon 1933 eine große Anzahl von Mitgliedern dieser Organisation eingekerkert und in Konzentrationslager gesteckt wurden und die Verfolgungen seitdem unausgesetzt andauerten, hat sich die Tätigkeit der Zeugen Jehovas in Hamburg besonders seit dem Herbst 1936 sehr bemerkbar gemacht. In allen Teilen der Stadt wurden Bücher und Broschüren, sowie Exemplare der Zeitschrift DER WACHTTURM in großen Mengen verbreitet. Die Beklagten wurden beschuldigt, eine umfassende und gut funktionierende Organisation aufrechterhalten zu haben.

In der Urteilsbegründung des Gerichts wurde erklärt, diese Menschen seien keineswegs als harmlose Religionsfanatiker, sondern als gefährliche Staatsfeinde zu betrachten.
Ihre staatsfeindliche Einstellung sei vor allen Dingen daraus ersichtlich, daß sie sich einmütig weigern, ihr Vaterland mit der Waffe in der Hand zu verteidigen; daß sie sich weigern, irgendwelche Arbeit in der Rüstungsindustrie zu leisten; daß sie die Machthaber des Staates Vertreter Satans nennen und jeder staatlichen Organisation die Unterstützung versagen.

Die bis jetzt zu größeren Strafen Verurteilten sind:
Max Grote, 56 Jahre alt, 4 Jahre Gefängnis;
H. Fritz, 47 Jahre alt, 3 ½ Jahre Gefängnis;
F. Hell, 44 Jahre alt, 3 Jahre Gefängnis;
W. Hey, 31 Jahre alt, 3 Jahre Gefängnis;
Dora Golly, 50 Jahre alt, 3 ½ Jahre Gefängnis;
0. Jahnke, 44 Jahre alt, 2 ½ Jahre Gefängnis;
W. Lehmbecher, 34 Jahre alt, 2 ½ Jahre Gefängnis.
Die übrigen erhielten Gefängnisstrafen von 3 Monaten bis zu zwei Jahren.

Angesichts der Tatsache, daß 99,08 Prozent des deutschen Volkes für Hitler und seine Politik gestimmt haben, erscheint es unglaublich, daß eine verhältnismäßig so unbedeutende. Gott dienende Organisation wie die Bibelforscher Hunderte in ihrer verbotenen Organisation zusammengeschlossen und es ermöglicht haben soll, zahlreiche Zeitschriften und Broschüren in allen Teilen der Stadt und ihrer Umgebung zu verbreiten.
(Übersetzt aus dem schwedischen
Social-Demokraten", Stockholm.)


Was den im Text mit genannten Max Grote anbelangt sei noch aus dem einschlägigen Buch von Detlef Garbe zitiert.
Danach konnte die Gestapo nach der Verhaftung von Grote, auch zwei Tage später schon, die Bezirksdienerin Christiansen erwischen.
Bei der Verhaftung des Grote konnte die Gestapo in seiner Wohnung auch ein Notizbuch vorfinden dass die Namen der Leiter von 22 der insgesamt 24 Stadteilgruppen in Hamburg enthielt. Das wiederum ermöglichte der Gestapo den weiteren Dominoeffekt. Inklusive der Aushebung eines Bücherlagers mit WTG-Schrifttum (vor 1933 gedruckte Sachen, die aber in mengenmäßig großer Zahl noch vorhanden waren).
Grote selber ist dann im Jahre 1940 in der Haft ums Leben gekommen.


Vielleicht thematisch noch eine Danzig bezügliche Meldung aus dem „Trost" vom 15. 7. 1939 (just zu einem Zeitpunkt, wo Danzig - theoretisch - noch eine „Freie Stadt" war).

„Aus Danzig
32 Bibelforscher verurteilt
Zwei Angeklagte erhielten Höchststrafen. -
Das Ergebnis der gestrigen Verhandlung.
Die Verhandlung gegen 37 Ernste Bibelforscher wegen verbotener Vereinsbetätigung nahm unter starker Anteilnahme des Publikums im Schwurgerichtssaal folgenden Verlauf:
Nach eingehender Beratung verkündete der Vorsitzende, Landgerichtsrat Prohl, folgendes Urteil:
Die Angeklagten Otto Peters, Adolf Hardtke, Erna Schaefer, Franz Grohnert und Berta Hein werden auf Kosten der Staatskasse freigesprochen. Die übrigen 32 Angeklagten werden wegen verbotener Vereinsbetätigung (Vergehen gegen S 19 Art. l der Verordnung vom 30.6.1933) verurteilt, und zwar Helene Hopp zu einem Jahre und sechs Monaten Gefängnis, Marta Malencke zu einem Jahr und drei Monaten Gefängnis, Marie Lindenau zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis, Marie Schmeil zu zwei Jahren Gefängnis, Paul Mohring zu zwei Jahren Gefängnis, Karl Goyke zu drei Jahren Gefängnis, Paul Schaefer zu drei Jahren Gefängnis, Emil Hein zu einem Jahr Gefängnis, Walter Zinser zu einem Jahr und neun Monaten Gefängnis, Maria Eckermann zu einem Jahr Gefängnis, Kurt Grabowski zu einem Jahr Gefängnis und Max Neubert ebenfalls zu einem Jahr Gefängnis. Drei weitere Personen erhalten je neun Monate Gefängnis, vier Personen je sechs Monate Gefängnis und die übrigen Angeklagten Gefängnisstrafen von sechs Wochen bis zu vier Monaten. Die Polizeihaft wurde den Angeklagten bis zu drei Wochen auf die Strafe angerechnet.

In der Urteilsbegründung führte der Vorsitzende u. a. aus: Die größte Schuld habe ohne Zweifel Paul Schaefer auf sich geladen, der als Haupt der Ernsten Bibelforschergesellschaft in Danzig anzusehen ist. Er hat nicht nur den Vertrieb der illegalen Druckschriften geleitet, sondern auch Geldüberweisungen an die Frau des in Ostpreußen verurteilten Leiters der Bibelforschervereinigung Ostpreußens, Raabe, nach Memel getätigt. Im Monat wurden 50 bis 60 Gulden nach Memel überwiesen. Goyke sei ebenfalls mit der Höchststrafe von drei Jahren belegt worden. Bei ihm wurde strafverschärfend berücksichtigt, daß er bereits zweimal und darunter einmal mit einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis wegen seiner Tätigkeit als Bibelforscher bestraft worden ist. Er hat Kindern Unterricht erteilt und versucht, ihnen den Irrglauben der Ernsten Bibelforscher mitzuteilen. Die Angeklagten nahmen zum überwiegenden Teil ihre Strafen an.
"Danziger Neueste Nachrichten" vom 27. 6. 39.


Am Rande vermerkt. In ihrem Buch „Die gerettete Freude"
kommt Frau Hermine Schmidt auf die mit erwähnte Frau Malencke (andere Schreibweise: Malenke) zu sprechen, als einer für sie wesentlichen Stütze unter den widrigen KZ-Bedingungen.

Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 28. November 2008 05:56

Der faschistische Reichskirchenminister Kerrl - darüber sind sich Historiker weitgehend einig - war im Machtgefüge des Naziregimes ein verhältnismäßig machtloser Mann. Das tatsächliche „Sagen" hatten andere; nicht er. Gleichwohl kann man ihn als eine Art „Schaufensterpuppe" in Kirchenfragen ansprechen.
Die Dissenze in der Nazihierarchie kamen diesbezüglich markant in einer Notiz von Goebbels zum Vorschein, der da rekapitulierte;

„Kerrl will die Kirche konservieren, wir wollen sie liquidieren,"
http://www.bautz.de/bbkl/k/Kerrl.shtml

Es ist durchaus legitim, wenn zeitgenössisch registriert wurde. Was gibt denn dieser Mann so für „Ergüsse" von sich. Auch dem „Trost" muss man konzedieren, dass es registrierte, wenn der Herr Kerrl da „was zum besten gab", und dass es sich die Freiheit nahm, diese Aussagen aus seiner Sicht zu kommentieren. Ein solcher Fall lag offenbar in der „Trost"-Ausgabe vom 15. 11. 1938 vor. Unter der Überschrift „Der Januskopf des Nationalsozialismus" wurde dort (auszugsweise zitiert) das nachfolgende berichtet und kommentiert:

„Der Bericht eines süddeutschen Korrespondenten in der "Thurgauer Arbeiterzeitung" vom 20. Nov. 1937 spricht ... für sich selbst:
"Am 13, und 14. November fand in Weingarten (bei Stuttgart) der Oberschwabentag der NSDAP statt, an dem 10 000 schwäbische Naziamtswalter und geschlossene Formationen der Hitlerjugend teilnahmen. Die ganze Tagung stand im Zeichen einer wüsten Hetze gegen die christlichen Religionsbekenntnisse, die ihren Höhepunkt in der Rede des Reichsstatthalters Murr fand. Natürlich fehlte dabei die ebenso feige wie freche Behauptung nicht, es werde niemand um seines Glaubens willen verfolgt. Das sei - erklärte Murr - eine bewußte Fälschung der Tatsachen. Zynisch fuhr er dann jedoch fort:

"Wohl aber scheint manchen Menschen das Gefühl, verfolgt zu werden, recht angenehm zu sein, weil sie den Wunsch in sich tragen, mit der Märtyrerkrone geziert Mitleid zu heischen. Aber sie täuschen sich, wenn sie glauben, daß diese Methoden verfangen. Wir lassen jedem seinen Glauben, allein wir können nicht dulden, daß irgendwelche (!) Grundsätze verkündet werden, die nun einmal in diametralem Gegensatz zum nationalsozialistischen Staat und seiner Weltanschauung stehen. Man kann von uns nicht verlangen, an Anschauungen festzuhalten, die die Geschichte als falsch erwiesen hat. . . Was will es schon heißen, wenn gewisse Anschauungen den 1500 oder 2000 Jahre alten Konfessionen Ewigkeitsbestand zusprechen wollen, angesichts der Tatsache, daß das deutsche Volk bis in die fernste Urzeit zurückreicht und nicht etwa erst durch das Christentum zu jenem moralischen Hochstand gelangte, den ihm der Schöpfer von Anbeginn mitgegeben hat."

Der Widerspruch in dieser Rede ist offensichtlich und typisch für das gesamte Nazi-System. Man spricht von Glaubens- und Gewissensfreiheit und meint damit in Wirklichkeit die Freiheit, Nazi zu werden. Man spricht und behauptet, es werde niemand um seines Glaubens willen verfolgt, und kann die vor aller Welt offenkundige Tatsache nicht bestreiten, daß mehr als 6000 Zeugen Jehovas um ihres Glaubens willen in Konzentrationslagern und Gefängnissen stecken, wobei bereits viele - wie einwandfreie Berichte von Glaubensgenossen bestätigen - zu Tode gemartert wurden.

Man behauptet im Reichstag, man stehe auf dem Boden des wahren Christentums, in Wirklichkeit aber macht man ein Verbrechen daraus, in der Bibel zu lesen oder biblische Literatur zu besitzen oder zu verbreiten. Mit anderen Worten: Man redet von Christentum und meint in Wirklichkeit die Ideologie des Nationalsozialismus.

Man ruft und brüllt in Chören auf Straßen und Plätzen: "Deutschland erwache!"
In Wirklichkeit berauscht man das deutsche Volk und schläfert es ein gegenüber seinen wahren und wichtigsten Bedürfnissen und Interessen, um es für den eigenen Götzenkult gefügig zu machen. Man spricht von Gott und meint in Wirklichkeit den "Führer".

So berichten z. B. die "Danziger Neueste Nachrichten", vom 24. Nov. 1937 über eine Kundgebung des Reichskirchenministers K e r r l in Fulda:
" ... und stellte unter Hinweis auf die alleinige Gültigkeit des nationalsozialistischen Parteiprogramms folgendes fest: ,Der Nationalsozialismus ist eine religiöse Bewegung, die die Bindung an Gott und die göttliche Ordnung nicht nur durchaus anerkennt, sondern durchlebt. Wir halten es für eine Pflicht, dem Deutschen die religiöse Freiheit unter allen Umständen zu gewährleisten. Es ist das persönliche Recht des einzelnen, sich die Religionsgemeinschaft selbst auszusuchen. Die n. -s.- Regierung hat die Pflicht, dafür zu sorgen, daß ein politischer Mißbrauch der Religion unter allen Umständen vermieden wird...

Staat und Bewegung denken im übrigen nicht daran, sich in den Streit der Kirchen und Bekenntnisse über Dogmen einzulassen. Sie vertreten vielmehr ein positives Christentum..."

Bis hierher könnte man meinen, einen wirklich bibelgläubigen Christen vor sich zu haben, dessen Ausführungen zu billigen und zu unterstreichen sind. Aber nun kommt das andere Gesicht zum Vorschein:
"Wie kommt man nun", so fuhr Reichsminister Kerrl fort, "dazu, zu behaupten, der n.-s. Staat und die n.-s. Partei seien antikirchlich, antichristlich oder antireligiös eingestellt? Der Minister stellte eindeutig fest, daß der n.-s. Staat sowohl wie die n.-s. Partei sich mit keiner einzelnen Religionsgemeinschaft gleichsetzt. . . In diesem Staat könne allerdings nur der Staat selbst herrschen und nur einer führen. Ihm in völliger Disziplin und Unterordnung zu folgen, sei die Aufgabe aller. . .

Auch hier wiederum steht der "Januskopf" mit seinen beiden Fratzen in aller Deutlichkeit vor uns. Wieder spricht man von "positivem Christentum", das Berge versetzte, und meint in Wirklichkeit den n.-s. Staat, die n.-s. Partei und als Bibel die n.-s. Parteiprogramme. Wieder, plädiert man von Glaubensfreiheit, aber in der bestimmten Erwartung, daß man dem Einen bedingungslos folge; von Religionsunterricht, aber ohne Kinder, da die Erziehung der Jugend der n.-s. Staat selbst besorgen will. Man verurteilt und bekämpft politisierende Religion, um andererseits offen zuzugeben, daß man eine eigene "nationalsozialistische Kirchenpolitik" besitze, die allein maßgebend sein könne.

In der Tat, die N.S.- Führer schätzen das deutsche Volk als sehr schwachsinnig ein, wenn sie glauben, diesem Volke wirklich ein X für ein U vormachen zu können. Man hat das deutsche Volk politisch und wirtschaftlich unter Kuratell gestellt, und nun ist man dabei, es mit Hilfe des Kirchenministeriums, der n.-s. Kirchenpolitik und des n.-s. Parteiprogrammes auch in geistiger Hinsicht in Banden und Fesseln zu schlagen in einer Weise, die in der Weltgeschichte einzigartig ist.

Sie ahmen es nur den katholischen und protestantischen Religionen nach, wenn sie sich heuchlerischerweise der Namen "Gott", "Jesus Christus" und "positives Christentum" in selbstsüchtiger Absicht zur Erreichung ihres vorgesteckten Zieles bedienen: Totale und absolute Gleichschaltung des gesamten Volkes nach dem Parteiprogramm. Diese Methode des Teufels aber ist nicht neu ...

Zum Schluß bedarf die Behauptung des Ministers Kerrl, "auch Christus habe einen unerhörten Kampf gegen das Judentum geführt, das ihn auch deshalb ans Kreuz geschlagen habe", einer Richtigstellung; denn diese Behauptung ist nicht mehr und nicht weniger als eine brutale Vergewaltigung des biblischen Berichtes und ist bezeichnend für die Gesamteinstellung des Reichsministers.
Die Speisung der Fünftausend an einem Bergabhang, die vielen wunderbaren Heilungen, die Berichte über die Bergpredigt des Herrn, über Jesus als Kinderfreund, über den Umgang des Herrn mit seinen Jüngern und über den triumphalen Einzug in Jerusalem sind einwandfreie Beweise für die Liebe und das Wohlwollen des Herrn Jesus Christus zum Jüdischen Volke. Sein Kampf galt lediglich den religiösen Götzendienern unter dem jüdischen Volke, die - wie die Nazi - den Namen Gottes zum Schein und zur Täuschung des Volkes im Munde führten, deren Herzen aber weit von Gott entfernt waren. ...

Es kann und darf nicht angehen., daß man das Wort Gottes unwidersprochen und ungestraft zur Unterstützung der widersinnigen, unvernünftigen "Rassentheorie", sowie der grausamen Propaganda des Antisemitismus heranzieht, Gottes Wort der Wahrheit, hat eine weit ehrenvollere Aufgabe auf Erden zu erfüllen, die zu begreifen sehr wahrscheinlich einem Nazi nicht gegeben ist. Wahres, positives Christentum kann nicht als Privilegium einer einzelnen Nation beansprucht werden, wie auch Christus Jesus nicht speziell für die Deutschen starb und Jehova Gott die Erde nicht lediglich der Deutschen wegen erschuf. ...

Weil die Zeugen Jehovas nicht der verkehrten, unbiblischen Auffassung von einem "nationalen" Christentum beipflichten, sondern dem Willen Gottes gemäß mit ihrer Brüderschaft in. allen Nationen, Zungen und Sprachen innig verbunden sind, darum glaubt man im Dritten Reiche, sie unter die Internationale des Kommunismus einreihen zu können. Dabei ist man so inkonsequent, daß man die Internationalität der römisch-katholischen Hierarchie gänzlich übersieht, weil man sie dort ganz einfach nicht sehen will, und weil dieses heuchlerische Religionssystem vom gleichen Geiste wie der Nazismus beherrscht ist. Beide huldigen dem Prinzip der Anwendung der Brachialgewalt, wann und wo immer es ihren Systemen förderlich zu sein scheint. ..."


Durchaus symptomatisch zu nennen ist auch ein in dieser „Trost"-Ausgabe mit abgebildetes Pressephoto.

Im dazugehörigem Bildtext liest man:
„Die Nazis zwingen jüdische Einwohner von Wien, die Bürgersteige des Rings mit Seife zu reinigen"
Zutreffend zu dieser pathologischen Politik der Nazis stellt „Trost" in einem ergänzenden Artikel unter anderem fest:
„Das nebenstehende Bild aus Wien illustriert nicht im geringsten, mit welcher Grausamkeit in diesem Kampfe vorgegangen wird. Denn das hier Abgebildete geschah im Lichte der Öffentlichkeit, und dabei müssen immer Grenzen eingehalten werden, um vor der Kulturwelt die Fassade zu wahren. Bilder aus dem Konzentrationslager Dachau wären weit aufschlußreicher.

Aber auch bei diesem Photo fragt man sich, wie sich darunter als Begleittext wohl jene Erklärung ausnehmen würde, die Kardinal Innitzer aus Wien und seine katholischen Bischofskollegen in ihrem Wahlaufruf vom März 1938 abgaben:

"Wir anerkennen freudig die großen Verdienste der Nationalsozialistischen Bewegung auf völkischem Gebiet und begleiten dieses Wirken für die Zukunft mit unseren Segenswünschen.

Wenn sich diese Bischöfe auch über den Teufel ähnlich diplomatisch ausdrücken und an ihm rühmen würden, wie tatkräftig und zielbewußt er ans Werk gehe, sich aber im übrigen über alle seine unangenehmen Eigenschaften ausschwiegen, dann läge das ganz auf der gleichen Linie. ...

Den Judenhaß zu schüren, dient in den Totalstaaten als politisches Manöver. Da hat man doch wenigstens immer einen Sündenbock zur Hand. Geht irgend etwas schief, schreit der "Stürmer" sofort: "Die Juden sind unser Unglück!", und damit ist dann alles ,,erklärt".

Solche Erklärungen sind zwar zu bequem, um wahr zu sein; aber Demagogie macht es sich immer bequem."


Damit wäre dann vielleicht (wieder einmal) auch eine „Eselsbrücke" gebaut, um zur katholischen Kirche überzuleiten. Zwar in einem völlig anderen Kontext, bekommt sie auch in dieser „Trost-Ausgabe ihr „Fett weg" (Details dann morgen).

Anzumerken wäre noch, dass auch Herr Wrobel in einem Aufsatz in „Religion Staat Gesellschaft" (Heft 1/2003) Teile des Vorzitierten aus dem „Trost" ebenfalls zitiert.
Wrobel meint anmerken zu sollen. Diese Stellungnahme sei ja vor der berüchtigten „Reichskristallnacht" verfasst worden. Und er zitiert weiter den Detlef Gatbe in dem Kontext mit der sinngemäßen Aussage; dass die etablierten Kirchen es in Sachen Antisemitismus den Nazis gleichtäten.
Insbesondere die „Trost"-Polemik gegen Kerrl sei in der Lesart von Wrobel für seine Organisation, die er vertritt „entlastend".

Nun stimme ich zwar Wrobel dergestalt zu, dass die etablierten Kirchen sich in dieser Geschichtsphase alles andere als denn mit „Ruhm" bekleckert hätten.
Nicht zustimmen hingegen tue ich ihm bezüglich seiner Überbewertung der Polemik gegen Kerrl.

Meines Erachtens besteht ein Kernsatz der „Trost"-Ausführungen in der Aussage;

„Weil die Zeugen Jehovas nicht der verkehrten, unbiblischen Auffassung von einem "nationalen" Christentum beipflichten."
Das war es was die Zeugen zeitgenössisch umtrieb. Nicht jedoch wie es das Naziregime mit den Juden hielt. Wurde man im Einzelfall mit den Folgewirkungen der nazistischen Judenpolitik konfrontiert, gab es vielleicht individuelle Hilfe für die Bedrängten. Einige solcher Beispiele nennt Wrobel namentlich. Das bekannteteste der spätere Talkmaster Hans Rosenthal.

Diese Individualhilfe ändert nichts an dem Umstand, dass auch bei den Zeugen religiöser Antisemitismus verbreitet war. Der selbst einen KZ-Kommandanten (Höß) zu dem Erstaunensausruf veranlasste. Die Bibelforscher (Zeugen Jehovas) würden ja auch meinen, die Juden müssten „zu Recht" leiden, dieweil sie ja Jesus gekreuzigt hätten (respektive in der WTG-Lesart gepfählt).

Religiöser Antisemitismus ist allerdings nicht zwangsläufig mit Rassenantisemitismus in der Ausformung identisch. Wozu Rassenantisemitismus fähig war; siehe das Bild weiter oben; der grundsätzlichen Entrechtung der Menschenwürde.
Die "Feinheit" des religiösen Antisemitismus schon seit den Papsttagen, die ihn ja auch praktizierten, besteht eben darin, selber nicht die "Drecksarbeit" zu machen. Das sollen dann "andere" erledigen.
Und erledigen "andere" das, besteht der eigene Part in der klammheimlichen laut oder leise geäußerten "Freude" nach dem Motto "Geschieht ihnen ja recht". Das muss man auch hinzufügen.

Aber die zitierte zeitgenössische Polemik gegen Kerrl nun im Nachhinein zum „Persilschein" für die WTG-Organisation aufzubauschen. Dazu ist mein Kommentar:
Gewogen und für zu leicht befunden!

Das Votum des Rudolf Höss

Miese Propaganda mit der faschistischen Reichskristallnacht

Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 29. November 2008 05:36
Anlass für seine Berichterstattung war offensichtlich für „Trost" vom 15. 11. 1938 ein Buch von Rene Fülöp-Miller mit dem Titel „Macht und Geheimnis der Jesuiten", dass zwar schon im Jahre 1929 erstmals erschien. Aber nun offenbar verspätet, auch zur Kenntnisnahme der „Trost"-Redaktion gelangte und sie von ihm dergestalt beeindruckt war, um auch ihrer Leserschaft einen speziellen Auszug daraus vorzustellen. Das also, was da „Trost" auf der Grundlage dieses Buches mitteilte, sei im nachfolgenden (kommentarlos) noch etwas näher vorgestellt.

Die Jesuiten in Schweden
Ein geschichtlicher Rückblick
In dem Buch "Macht und Geheimnis der Jesuiten" von Rene Fülöp-Miller (Th. Knaur Nachf. Verlag, Berlin), das eine eher jesuitenfreundliche Darstellung der Geschichte dieses Ordens gibt, ist auch folgender lehrreicher Abschnitt über die diplomatische Schleicherei und Wühlarbeit enthalten, die von den Jesuiten kurz nach der Reformierung Schwedens in diesem Lande geleistet wurde:

... Das Königreich Schweden schien bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts für den Katholizismus verloren, hatte sich doch die Bevölkerung dieses Landes fast einmütig zum Luthertum bekannt. Da übernahm es eine getreue Tochter der römischen Kirche, das zu bewirken, was allen päpstlichen Legaten bisher mißlungen war: Die polnische Prinzessin Katharina Jagellon vermählte sich mit dem Schwedenkönig Johann dem Dritten und brachte ihren verliebten Gatten bald dahin, daß er in seinem protestantischen Glauben wankend wurde und mit Eifer zuhörte, wenn Katharina ihm von den Mysterien der alleinseligmachenden Kirche erzählte.

Im Jahre 1574 erklärte sich König Johann unter dem Einfluß seiner Gattin zu Verhandlungen mit der Kurie bereit, die auf eine Wiedervereinigung Schwedens mit der katholischen Kirche hinzielen sollten. Da jedoch die Bevölkerung nach wie vor streng protestantisch gesinnt war und jede offene Katholisierung einstweilen noch mit größter Energie abgewehrt hätte, empfahl König Johann dem Papst die Entsendung von Unterhändlern, die sich in keiner Weise als Katholiken zu erkennen geben sollten. Sogleich machte sich der gewandte polnische Jesuit Stanislaus Warsewicz in der Tracht eines eleganten Hofmannes auf den Weg nach Stockholm. Niemand vermutete in ihm, der so ganz weltlich ungezwungen auftrat, einen Abgesandten der Kurie, und so konnte er, ohne den geringsten Verdacht zu erregen, seine Verhandlungen mit dem König beginnen.

Zwei Monate später war Johann der Dritte schon soweit gewonnen, daß er sich bereit erklärte, in den schwedischen Kirchen die katholische Liturgie einzuführen. Da tauchte eines Tages in Stockholm ein protestantischer Theologieprofessor namens Lorenz Nicolai auf und begann aufsehenerregende Predigten und Vorträge über die Lehren Luthers zu halten. Der König ernannte den gelehrten Mann sogleich zum Professor an dem neugegründeten Stockholmer Seminar und empfahl allen protestantischen Pfarrern und Pfarramtskandidaten auf das wärmste den Besuch seiner Kurse. Er selbst erschien mit seinem ganzen Hofstaat bei den Vorlesungen des Professors und folgte dessen Ausführungen mit der größten Aufmerksamkeit.

Nachdem Nicolai der Reihe nach alle Sätze der lutherischen Glaubenslehre zur allgemeinen Bewunderung erörtert hatte, schlug er allmählich kritische Töne an und begann sich mit den Einwänden zu beschäftigen, die gegen diese oder jene protestantische Auffassung erhoben werden könnten. Von Vortrag zu Vertrag nahmen diese Einwände einen immer breiteren Raum ein und gewannen mehr und mehr an überzeugender Kraft, so daß viele Zuhörer schließlich gar nicht mehr wußten, woran sie eigentlich seien; es hatte zuletzt fast den Anschein, als sei der ganze Protestantismus verfehlt, während die Wahrheit allein in den Lehren der katholischen Kirche gefunden werden könne.

Zuletzt brachte der sonderbare Theologieprofessor eine Reihe von Auszügen aus den Schriften Luthers vor, aus denen er eine zwingende Widerlegung des ganzen protestantischen Lehrgebäudes ableitete.
Jetzt erhob sich sogar König Johann ärgerlich von seinem Sitz und begann eine Disputation mit Nicolai, in deren Verlauf er den Protestantismus eifrig verteidigte und in heftigen Worten gegen den Papst loszog. Doch die Gegenargumente des Professors klangen um so viel gelehrter, richtiger und überzeugender, daß zuletzt der König selbst seine Niederlage bekennen mußte.

Das Publikum jubelte Nicolai zu und war sich des Umstandes gar nicht bewußt, daß die Lehre, die der König zu verteidigen versucht hatte, der protestantische Glaube Schwedens gewesen war, während der Professor nichts anderes entwickelt hatte als die Anschauungen des verruchten "Papismus".
Diese ganze Stockholmer Disputation war ein Meisterwerk jesuitischer Regie gewesen, denn jener angebliche Protestant Nicolai war in Wirklichkeit ein Jesuit, und seine Kontroverse mit dem König ein genau abgekartetes Spiel. Johann der Dritte und Nicolai hatten vorher jedes Argument und jede Wendung der Diskussion miteinander beraten, und sie hatten in vollem Einvernehmen dafür gesorgt, daß die Gründe des Königs für die protestantische Sache schwächlich und ungeschickt wirken sollten, während Nicolais Bekämpfung des Protestantismus jeden Zuhörer überzeugen mußte.

Durch diese theologische Theatervorstellung sollte der Glaube des Auditoriums an die alleinige Wahrheit des Protestantismus erschüttert und damit der Wiedereinführung der katholischen Religion der Weg geebnet werden.
In der Tat strömten die Lehramtskandidaten jetzt in Scharen jenem Professor Nicolai zu, der ihren König in offener Diskussion geschlagen hatte, und bald konnte dieser einige neubekehrte schwedische Jesuitenschüler an das Deutsche Kolleg der Gesellschaft Jesu nach Rom entsenden.
Damit war die Aufgabe Nicolais aber auch beendet, denn jetzt war das Werk der Bekehrung Schwedens in ein neues Stadium getreten und erforderte daher auch einen anderen Mann zu seiner Durchführung.

Hierfür hatte die Kurie den Jesuitenpater Antonio Possevino bestimmt, den größten Diplomaten des Ordens und einen der geschicktesten Unterhändler des siebzehnten Jahrhunderts überhaupt. Als Edelmann verkleidet, den Degen an der Seite, den Zweispitz unter dem Arm, erschien Possevino in Stockholm. Bei Hof und gegenüber allen Behörden gab er sich als Gesandten des deutschen Kaisers aus, und niemand außer dem König wußte, daß er ein Mitglied der Gesellschaft Jesu sei.

Seine Aufgabe war es, mit vorsichtigem Takt die letzten Schwierigkeiten zu überwinden, die der Gewinnung Schwedens für die römische Kirche noch gegenüberstanden. König Johann hatte dem Papst bereits seine grundsätzliche Bereitwilligkeit zum Übertritt bekanntgegeben; hatte aber einige Bedingungen liturgischer Art gestellt; ohne die Aufhebung des Zöllibats, ohne die Spendung des Abendmahls in beiderlei Gestalt und die Feier des Gottesdienstes in der Landessprache würden, wie der König meinte, die Schweden nicht für die katholische Kirche zu gewinnen sein.

Possevino sollte nun im Auftrag des Papstes dahin wirken, daß König Johann zum Katholizismus übertrete, auch ohne daß die Kurie seine Bedingungen bewilligte; denn auf so weitgehende Konzessionen wollte man sich in Rom unter gar keinen Umständen einlassen.

Der jesuitische Diplomat unterließ nichts, was auf Johann Eindruck machen konnte. Einmal überreichte er ihm einen Brief Philipps des Zweiten von Spanien, in welchem dieser den Schwedenkönig in den schmeichelhaftesten Worten zu seinem Übertritt beglückwünschte und ihm zur Bestreitung der mit dem Religionswechsel des Landes verbundenen Auslagen eine Kassa-Anweisung auf 200 000 Zechinen anbot; ein anderes Mal wieder sprach Possevino mit flammenden Worten von den Greueln der höllischen Verdammnis, denen jeder Ketzer entgegengehe...

Possevino hätte auch die letzten Widerstände des Königs am Ende sicher zu überwinden vermocht, dadurch Schweden von neuem katholisch gemacht und so dem Protestantismus in Europa seine kräftigste Stütze genommen, wenn nicht dieses ursprünglich von einer Frau angeregte große Werk jetzt an einer anderen Frau gescheitert wäre.

Katharina Jagellon, die brave Gattin Johanns des Dritten, hatte ihren Gemahl der römischen Kirche zugeführt, hatte die Bekehrung Schwedens zum Katholizismus angebahnt und schließlich einen Tronerben geboren, der alsbald den Händen jesuitischer Erzieher anvertraut wurde. So glaubte sie, nunmehr ruhig in den Himmel eingehen zu können. Nach ihrem Tode aber zog die Protestantin Gunnila Büke in das eheliche Gemach des verwitweten Königs ein, und diese ließ als gute Lutheranerin nicht einmal den Honigmond verstreichen, ohne ihrerseits an die Erfüllung ihrer religiösen Pflichten zu schreiten.

Denn zu jener Zeit, da glaubenseifrige katholische Prinzessinnen ihrer Religion die größten politischen Erfolge verschafften, wurden auch die protestantischen Prinzessinnen organisiert und angewiesen, ihrerseits hohe und höchste Kirchenpolitik zu treiben.

König Johann der Dritte war, gleich vielen Fürsten vor und nach ihm, vom Schlafzimmer aus leicht zu beeinflussen, und so verdarb Gunnila Bilke binnen kurzem alles, was Katharina Jagelion für Rom erreicht hatte. Jetzt mußte sich der kluge, weltmännisch gewandte Pater Warsewicz, verfolgt von den Agenten der neuen Königin, eilends aus Schweden zurückziehen, und auch der vortreffliche Professor Nicolai war genötigt, sich ein anderes Land für seine Lutherexegese zu suchen, denn am theologischen Seminar zu Stockholm lehrten jetzt wieder zuverlässig gesinnungstreue Protestanten.

Nur in einem Punkte schien die Katholikin Katharina auch über das Grab hinaus ihrer Nachfolgerin überlegen geblieben zu sein: Sie hatte dem Lande einen Thronfolger geboren und hatte dafür gesorgt, daß dieser, der Erbe der schwedischen und der polnischen Krone, von Jesuiten erzogen und mit einer österreichischen Prinzessin verheiratet, der römischen Kirche nie untreu werden würde.

Aber die Protestanten konnten mit Gunnila Bilkes Arbeit ebenfalls zufrieden sein, denn wenn die jetzige Königin auch an der Thronfolge nichts ändern konnte, so sorgte sie doch dafür, daß der lutherische Geist in Schweden übermächtig werden, und daß demnach ihr Stiefsohn bei einem Versuch zur Katholisierung des Landes auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen sollte.

Gleich nach dem Tode König Johanns wurde eine Reichsversammlung einberufen, auf der die Adeligen, die Ritter, die Geistlichen, die Landvögte und die Bürgermeister eine antipapistische Erklärung abfaßten, die der Thronfolger Sigismund vor seiner Krönung unterzeichnen sollte.

Sigismund, der mittlerweile bereits König von Polen geworden war, verwarf jedoch diese Forderung, erschien vielmehr an der Spitze einer polnischen Armee, begleitet von zahlreichen Jesuiten und einem päpstlichen Legaten, in Schweden, um dort die öffentliche Einführung der katholischen Religion mit Waffengewalt zu erzwingen. Die Schweden aber setzten sich zur Wehr, besiegten, das Heer Sigismunds und krönten den Herzog Karl von Södermannland zum König. Die Reichsstände bestätigten in einer Versammlung zu Upsala die Augsburgische Konfession als alleiniges Glaubensbekenntnis des Reiches, beseitigten alle "papistischen" Zeremonien, die zu den Zeiten Possevinos in den Gottesdienst eingeführt worden waren, und setzten mehrere der katholischen Gesinnung verdächtige Geistliche ab.

Damit waren für alle Zeit alle katholischen Hoffnungen auf Schweden vernichtet, ja dieses Reich sollte wenige Jahrzehnte später unter Gustav Adolf zum stärksten Bollwerk der Protestanten im Kampfe gegen Rom werden. Erst als Gustav Adolfs Tochter Christine zur Regierung gelangte, fanden die Jesuiten wieder eine Gelegenheit, nach Stockholm zurückzukehren und dort eine erfolgreiche Wirksamkeit zu entfalten.


Nachtrag
Alois Payer kommentiert auf seiner Webseite:
„Heute hat die alten Funktionen des Jesuitenordens längst das OPUS DEI übernommen. Die heutigen Jesuiten sind bestenfalls Papiertiger."

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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 27. Dezember 2008 06:26
„Trost" jubelt in seiner Ausgabe vom 1. 12. 1938:
„Der amerikanische Staat Connecticut war auf dem besten Wege, die Grundsätze der Religions-, Rede- und Pressefreiheit fahren zu lassen. Die Magistratsbeamten handelten unter dem Einfluß der Religionisten. Innerhalb kurzer Zeit wurden 134 Zeugen Jehovas in mehreren Orten polizeigerichtlich verurteilt. Die katholischen Priester, die Kolumbusritter, irische Polizisten und die "Herrlichen der Herde" machten vereinte Anstrengungen, das Buch FEINDE und die Broschüre HEILUNG unter Verbot zu bekommen.

Gegen alle 134 Urteile wurde Berufung eingelegt Von diesen wurden 128 Fälle in Hartford County verhandelt, wo ein Staatsanwalt, namens Hugh M. Alcorn in dem Rufe nicht zu übertreffender Ehrlichkeit, Lauterkeit und Furchtlosigkeit steht. In allen 128 Fällen wurde von dieser Instanz ein Freispruch gefällt Unter den Freigesprochenen befand sich auch ein Bezirksdiener der Zeugen Jehovas, der in erster Instanz zu 25 Dollar verurteilt worden war, weil er an Staatsbeamte ein Aufklärungsschreiben gesandt hatte.
Obwohl während der letzten Monate in diesem Staate 212 Zeugen Jehovas verhaftet wurden, hat bisher doch kein einziger von ihnen Strafe bezahlt oder auch nur eine einzige Nacht im Gefängnis gesessen."


Nun wenn dem so ist, stellt dieser Bericht zugleich auch ein Dokument für die zeitgenössische Aggressivität der Zeugen Jehovas dar, wovon allein schon der Buchtitel „Feinde" kündet.
Diktaturen, wie Hitlerdeutschland, machten mit den Zeugen Jehovas „kurzen Prozess". Wie man sieht, bestand selbst in den USA eine (zumindest ähnliche) Gemengelage, unter allerdings grundsätzlich anderen politischen Rahmenbedingungen.
Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 28. Dezember 2008 06:51
„Viele Zeitungen, Schriftsteller, Juristen, auch ehemalige Priester und andere haben sich anerkennend über das Buch "Vergessene Frauen" ausgesprochen, und es wird die Leser dieser Zeitschrift auch interessieren, zu erfahren, daß Richter Rutherford der Verfasserin dieses Büchleins persönlich geschrieben und ihr seine Wertschätzung ausgedrückt hat"

Diesen Satz kann man zum Schluss eines Artikels in der „Trost"-Ausgabe vom 1. 12. 1938 über genanntes Buch lesen.

Wenn also „Trost" es schon als ratsam erachtete, seiner Leserschaft mitzuteilen, dass selbst Rutherford von diesem Buch sich beeindruckt zeigt, dann horcht man schon auf. Zwar erschien das entsprechende Buch nur in Englisch: was dann um so mehr Grund sein soll, sich einmal das näher anzusehen, was „Trost" dazu zu berichten weis.

Sorry, dass mit dem nur Englisch vorliegend muss wohl noch korrigiert werden. 1938 wohl schon; aber schon 1940 sollte eine andere Sachlage bestehen.
Im Katalog der Deutschen Bücherei ist dieses Buch unter dem Titel „Ein Blick in die Nonnenklöster: Frauen hinter Klostermauern. Einzig autorisierte Übersetzung aus dem Englisch des amerikanischen Originals von Mary Ethel" ausgewiesen.

Wo erschienen? Man ahnt es fast schon: Im Ludendorff-Verlag in dessen Serie „Laufender Schriftenbezug 9 Heft 4.

Dieser Verlag ist indes als einer der militantesten, antiklerikalen Verlage zur Nazizeit bekannt. Auch die Zeugen Jehovas fanden in seinen Veröffentlichungen keinerlei „Gnade". Eine direkt nur das Thema Zeugen Jehovas behandelnde Veröffentlichung gab es dort nicht. Aber mit Sicherheit in einigen Veröffentlichungen dieses Verlages, beiläufige Erwähnungen selbiger. Etwa ihre tendenziöse Erwähnung in „Die Judenmacht. Ihr Wesen und Ende" 1939 in diesem Verlag erschienen (dort auf den Seiten 181 - 183).

Nun hatte Rutherford mit Sicherheit keinen Einfluss darauf, dass just der Ludendorff-Verlag noch eine deutsche Übersetzung jenes von ihm gelobten Buches veranstaltete. Aber erwähnen darf man es schon, welche Kreise sich da gleichfalls „angesprochen" fühlten.
Kehren wir also zurück zu dem was „Trost" über dieses Buch berichtet.

Man liest unter der Überschrift „Vergessene Frauen" in dieser „Trost"-Ausgabe:

„Die in den Vereinigten Staaten wohnhafte ehemalige Nonne Mary Ethel hat auf Grund ihrer siebenjährigen Erfahrungen, die sie als Nonne in Manchester (England), Marseiile (Frankreich) und Mandalay (Birma) machte, ein aufschlußreiches Buch mit obigem Titel geschrieben („Forgotten Women"; Englisch).

Auch aus diesem Buche ist deutlich zu ersehen, daß sich das von der Vatikanstadt aus geleitete System bis auf den heutigen Tag die denkbar größte Verunehrung Gottes hat zuschulden kommen lassen, entblödet es sich doch nicht, seine eigenen Priester selbst über den großen Gott zu stellen. Schwester Mary Ethel führt auf Seite 85 ihres Buches einige Worte des großen römisch-katholischen Theologen Liguori an, die denen eingeprägt wurden, die bestimmt waren, Sklaven der römisch-katholischen Hierarchie zu werden.

Das Zitat lautet:
„Wenn du also einen solchen; Befehl von einem derer empfängst, die an Gottes Stelle stehen, sollst du ihm mit demselben Eifer gehorchen, als wenn der Befehl von Gott selbst käme. Einige Lehrer des religiösen Lebens stellen den Priester und den Oberen [des Klosters] höher als Gott
Der selige Ägidius pflegte zu sagen, daß es verdienstvoller sei, aus Liebe zu Gott Menschen zu gehorchen, als Gott selbst zu gehorchen."

Schwester Mary Ethel sagt nicht direkt, wie sie dazu gekommen ist, das freiwillige Sklaventum unter der Hierarchie aufzugeben, aber man kann es sich ungefähr denken, wenn man auf Seite 113 ihres Büchleins das folgende liest:

„Durch einen Schlitz in der Binde, die mir die katholische Kirche um die Augen gelegt hatte, erkannte ich, daß die zerlumpten Anhänger Siwas, Wischnus und Brahmas an den Ufern des heiligen Ganges schon vor uns Weihwasser, Weihrauch, geweihte Asche, heilige Schafe, Rinder, Zeichen etc. gehabt haben, und daß sie Amulette, Knochen, Klingeln und Bilder haben, die in beiden Fällen gesegnet werden von anmaßenden Gottesleugnern im Priestergewand, bei denen der Raum, den gewöhnlich die Sittlichkeit einnimmt, leer bleibt. Auch hier warf das Fegefeuer schon lange bevor es in Rom einen Papst gab hohe Dividenden ab."

Schwester Mary Ethel gingen die Augen auch noch in bezug auf eine andere Tatsache auf. Sie erkannte, daß das römisch-katholische System ein großes Geldgeschäft ist, das für sich nicht nur die Körper und Seelen ihrer Sklaven beansprucht, sondern auch alles was sie besitzen oder sich beschaffen können. Wir lesen auf Seite 18:

„In Wahrheit werden die Mädchen von den Klöstern angeworben, weil die Kirche von Rom unbegrenzte Scharen von almosenempfangenden Arbeitern braucht, damit die Milliarden, die sie in ,Wohltätigkeitseinrichtungen', wie Schulen, Krankenhäuser, Waisenhäuser, Wäschereien etc. angelegt hat, sich auch gut rentieren."

Dann folgt eine Schilderung, wie manche Priester die Kinder gegen ihre Eltern beeinflussen:
„Die Kirche Roms wünscht die Eltern zum Teufel, wenn sie eine Gelegenheit sieht, einen weiteren Sklaven für ihre Tretmühle zu bekommen. Der Priester hat in der Beichte dem Mädchen gehörig eingeprägt, daß es in dieser Sache nicht auf seine Eltern zu hören brauche. Wenn diese Einwendungen erheben, hat das Kind einfach davonzulaufen, ohne etwas zu sagen" (Seite 65).

"Wenn ein Mädchen anfängt zur Beichte zu gehen, also gewöhnlich im Alter von sieben Jahren, beginnt der Priester zuzureden, zu bitten, zu drängen, immer dringender und dringender, bis das Mädchen endlich nach einigen Jahren davon überzeugt ist, daß es von Gott berufen sei und sich entscheiden müsse. Kann es sich weigern, eine Braut des Herrn zu werden? Gott zurückweisen? Es will nicht ins Kloster gehen, schämt sich aber, dem Priester das zu sagen. Es steht zwischen dem Teufel und dem tiefen blauen Meer. Endlich sieht die durch die ständigen Anspielungen der religiösen Werber mürbe gemachte 'Auserkorene' keinen Ausweg mehr und gibt nach. Der geistliche Jäger hat sie in ein Kloster getrieben" (Seite 21).

"Auch wenn ein Mädchen einem Priester sagt, daß es ,von Natur aus einen Widerwillen' gegen das Klosterleben hat, ändert das nichts an der Sache. Solange katholische Krankenhäuser unbezahlte Pflegerinnen, katholische Schulen unbezahlte Lehrerinnen und katholische Wäschereien unbezahlte Wäscherinnen brauchen, solange noch Bettler als Handlanger für die Kirche gebraucht werden, solange wird auch der geistliche Jäger nach unbezahlten Hilfskräften suchen und 'Berufungen' anbieten, anstatt die 'vergessenen Frauen', die ihre Arbeit tun, ordentlich zu bezahlen" (Seite 26).

Die römisch-katholische Kirche verkündet wohl, daß jede Nonne das Kloster wieder verlassen kann, wenn sie will; doch Schwester Mary Ethel hat andere Erfahrungen gemacht. Sie schreibt über diesen Punkt:

"Wenn es einem Mädchen nicht freigestellt ist, an seine Eltern zu schreiben, ohne daß der Brief durch die Zensur geht; wenn es nicht seinen eigenen Namen tragen darf; wenn es nicht mit seinen sogenannten Schwestern sprechen darf, außer zu bestimmten Zeiten und auch dann nur unter strenger Aufsicht; wenn es den Schlafraum nicht ohne Erlaubnis der Aufseherin verlassen darf; wenn es keine Freundschaften im Kloster schließen darf - steht es ihm dann frei, das Kloster zu verlassen?" (Seite 98).

"Das Herz tut mir weh, wenn ich daran denke, wie vor Jahren eines Tages ein neuangekommenes Mädchen aufstand und unserer Novizen-Lehrmeisterin, Mutter Xavier, erklärte, sie würde kein Wort von dem wegnehmen, was sie an ihre Eltern geschrieben habe, und im übrigen wolle sie mit dem nächsten Schiff wieder nach Hause fahren. Damit begehrte sie ja schließlich nichts anderes, als was sie den erhaltenen früheren Zusicherungen nach jederzeit tun könne.

Noch heute steht mir der pfiffige Gesichtsausdruck der Novizen-Lehrmeisterin vor Augen. Das Geld des Mädchens war bei der Mutter Oberin; sein Koffer war verschlossen, und den Schlüssel hatte Mutter Xavier. Der Novize stand es in einem angeblich freien Kloster nicht einmal frei, an ihren eigenen Koffer zu gehen. Die Lumpen, die sie trug, gehörten nicht ihr, sondern waren Eigentum der Gemeinschaft. - Wer gibt der Kirche Roms das Recht, in der Post herumzupfuschen?" (Seite 95).

"Ehe eine Schwester oder Nonne, welche die drei Gelübde abgelegt und den schwarzen Schleier genommen hat, der das Zeichen ihrer Ehe mit Jesus Christus ist, ein Kloster verlassen kann, muß sie sich erst einen ,Säkularisierungs-Indult', das heißt eine Erlaubnis des Papstes, in die Welt zurückzukehren, beschaffen" (Seite 106).

"Wenn ein Mädchen nach Monaten, vielleicht auch Jahren des Wartens freigelassen wird, bekommt sie die Kleider zurück, die sie mitbrachte, und die so verwahrt wurden, daß sie gen Himmel stinken, nicht nach Heiligkeit, sondern nach Moder. Ohne daß sie ihren bisherigen 'Schwestern' Lebewohl sagen darf, wird sie in die Klosterkutsche gesteckt und auf Umwegen zu einem Schiff oder einem Bahnhof gefahren. Sie gilt als Deserteur aus den Reihen der Krieger Gottes, als Kind des Teufels" (Seite 105).

Schwester Mary Ethel, die unter den Ungerechtigkeiten, denen sie ausgesetzt war, schmerzlich gelitten hat, macht einige Vorschläge zur Verbesserung des Systems. Sie findet, es müßte gesetzlich verboten sein, daß Knaben oder Mädchen unter 18 Jahren in ein Kloster aufgenommen werden und unter 21 Jahren die Gelübde ablegen. Die Behörden müßten stets über die genaue Anzahl der Insassen eines Klosters unterrichtet sein, und zwar an Hand von beglaubigten Listen, aus denen die bürgerlichen Namen und die Namen und Adressen der Eltern dieser Insassen ersichtlich sind. Schwester Mary Ethel meint, die Klosterinsassen dürften kein Wahlrecht haben, da sie auf ihr Bürgerrecht praktisch genommen verzichtet hätten; ferner sollten sie ihre Ordenstracht nur auf dem Klostergrundstück tragen dürfen und verpflichtet sein, für sich Testamente aufzustellen, die den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Weiterhin sollten sie unter regelmäßige Gesundheitskontrolle gestellt werden, und ihre Totenscheine sollten sowohl von einem katholischen wie von einem nichtkatholischen Arzt unterzeichnet sein. ...

Das Buch ist sehr interessant, und jeder Punkt ist belegt durch Bezugnahmen auf maßgebende katholische Werke. Viele Zeitungen, Schriftsteller, Juristen, auch ehemalige Priester und andere haben sich anerkennend über das Buch "Vergessene Frauen" ausgesprochen, und es wird die Leser dieser Zeitschrift auch interessieren, zu erfahren, daß Richter Rutherford der Verfasserin dieses Büchleins persönlich geschrieben und ihr seine Wertschätzung ausgedrückt hat."


Da mag man - angesichts der Alltagspraxis der Zeugen Jehovas - als abschließenden Kommentar nur eines noch sagen. Da hat der Bock den Gärtner entdeckt!
Ob denn die von Rutherford vertretene Organisation da als „gerechtfertigt" dasteht, erscheint mehr als zweifelhaft!
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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren

geschrieben von: Drahbeck
Datum: 30. Dezember 2008 03:38
Unter der Überschrift; „Ein Kardinal besucht Rom" berichtet und kommentiert „Trost" in seiner Ausgabe vom 15. 12. 1938:
„ ... Was will dieser amerikanische Kardinal eigentlich bei seinen faschistenfreundlichen Kollegen in Rom? Die Agentur Havas meldete am 7. November 1938 aus der Vatikanstadt in Verbindung mit diesem Besuch folgendes:

"Kardinalstaatssekretär Pacelli hatte eine lange Unterredung mit dem Erzbischof von Chikago, Kardinal Mundelein, dessen Reise nach Rom das Gerücht aufkommen ließ, daß die seit dem Jahre 1870 abgebrochenen Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und dem Vatikan wieder aufgenommen würden. Dieses Gerücht wird in den Kreisen der hohen Geistlichkeit zwar als verfrüht, doch nicht als völlig unbegründet betrachtet, da die Atmosphäre zwischen dem Weißen Haus und dem Vatikan tatsächlich herzlicher geworden ist."

Der Herr Kardinal wird also Bericht erstatten, ob "die öffentliche Meinung in den Vereinigten Staaten dem Plan einer Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen mit dem Vatikan geneigt gemacht worden ist".

Wenn es so weit wäre, hat Präsident Roosevelt schon vor Jahren gesagt, dann werde dieser Staatsakt erfolgen. In Vorbereitung hierauf läßt die Hierarchie in Washington schon einen riesigen Palast erbauen. Wohl hat das Papsttum in den Vereinigten Staaten auch jetzt volle Marktfreiheit für seine Ware. Aber ihm genügt offenbar nicht die freie Konkurrenz mit den andern Religionssystemen, es strebt nach Meistbegünstigung. Zu diesem Zwecke sind noch einige Widerstände zu beseitigen, und vor allem muß man Mittel und Wege suchen, die gefährliche Verkündigung der biblischen Wahrheit zu unterbinden.

Das ist Herrn Mundelein in seinem Lande noch nicht gelungen, während einige seiner europäischen Kollegen in dieser Beziehung mehr Glück hatten. Ein Erfahrungsaustausch an Ort und Stelle im alten Europa dürfte sich also lohnen. Man liest z. B. in "Dem Deutschen Weg" (Polen), Nummer vom 29. Mai 1938, als Zuschrift eines römisch-katholischen Priesters aus der Diözese Berlin:

"Es gibt jetzt ein Land in der Welt, in dem die sogenannten ,Ernsten Bibelforscher' verboten sind. Das ist Deutschland! Die Auflösung der Sekte, die in Deutschland damals bereits festen Fuß gefaßt hatte, erfolgte nicht unter Brüning, obwohl die katholische Kirche in der Brüningschen Zeit darauf drängte. Der allerkatholischste Reichskanzler Brüning antwortete aber, daß er kein Gesetz hätte, das ihn ermächtigte, die Sekte der ,Ernsten Bibelforscher' aufzulösen.
Als Adolf Hitler an" die Macht gekommen war und das deutsche Episkopat seine Bitte wiederholte, sagte Hitler:
,Diese sogenannten 'Ernsten Bibelforscher' sind Unruhestifter; sie stören das harmonische Zusammenleben unter den Deutschen; ich betrachte sie als Kurpfuscher; ich dulde nicht, daß die deutschen Katholiken durch diesen amerikanischen .Richter" Rutherford auf eine derartige Weise beschmutzt werden; ich löse die 'Ernsten Bibelforscher' in Deutschland auf; ihr Vermögen stelle ich der Volkswohlfahrt zur Verfügung; ich lasse ihre sämtlichen Schriften beschlagnahmen.' - Bravo!

Dem amerikanischen Episkopat, auch Kardinal Mundelein, gelingt es indessen nicht, in den Vereinigten Staaten die Bücher Rutherfords, in denen die katholische Kirche verleumdet wird, vom Büchermarkt zu entfernen!"

Das klingt wie ein an den Kardinal gerichteter Aufruf zur Tat. Schließlich wird Herr Mundelein als biederer amerikanischer "Demokrat" in sein Land zurückkehren und nun besser Bescheid wissen, wie man die Demokratie am unauffälligsten abmurkst. Wenn man dann in der Zeitung lesen wird, daß die diplomatischen Beziehungen zwischen dem Vatikan und den Vereinigten Staaten aufgenommen wurden, möge man wissen, daß der Jüngling Amerika den Lockungen der alten Verführerin Rom erlegen ist. ...

Unter dem amerikanischen Volke ist der Faschismus verpönt, und so dürften die Landsleute des Kardinals von Chikago wenig Vergnügen daran finden, ihn so würdevoll die faschistische Ehrengarde abschreiten zu sehen. Wie aber könnten die Faschisten seine Feinde sein, wenn sie doch Bundesgenossen des Papstes sind? Hätte dieser Kardinal in seinem Lande, wo jeder frei reden kann, die grausame Entrechtung der Menschen durch den Faschismus jemals an den Pranger gestellt, so wären ihm niemals solche Faschistenehren zuteil geworden. Aber er tat es nicht. Er schwieg zu allen Gewalttaten der Schwarzhemden, genau so wie seine Kollegen zu allem Unrecht schwiegen und erst dann ein Zetergeschrei erheben, wenn sie die eigene Macht und die eigene Ehre angegriffen fühlen.

In Chikago hat Herr Mundelein allerdings einige Male gegen den Nazismus gesprochen. Mit den Nazis hat sich der Vatikan eben nicht so gut arrangieren können wie mit den Faschisten, zum großen Leidwesen der hohen römischen Geistlichkeit, die ja so gern bereit wäre, zu allen Greueltaten der Nazis stillschweigend Ja und Amen zu sagen, wenn bei einer Zusammenarbeit mit den Tyrannen nur der Nutzen für die eigene Religionsinstitution gewährleistet wäre.

Sehr treffend schrieb die Basler "Nationalzeitung" am l. 4. 37 über das Verhältnis zwischen der römischen Hierarchie und den Diktaturen:
"Man vergesse nicht, daß die evangelische und die katholische Kirche die Diktatur als Regierungsform nie bekämpft hat. Im Gegenteil: muß man daran erinnern, daß evangelische Pfarrer lange vor Hitlers Machtergreifung Hakenkreuzfahnen segneten, daß die katholische Kirche nie gegen die Verfolgungen der politischen Gegner und gewisse heute abgestellte Auswüchse des Nationalsozialismus, die in der ganzen Welt verurteilt wurden, protestiert hat, daß der Papst sich mit Mussolini sehr gut verträgt und den General Franco finanziell und moralisch unterstützt? Wenn also bisher keine restlose Einigung zwischen Hitler und dem Vatikan zustande kam, so liegt das daran, daß nicht etwa der Vatikan, sondern Hitler nicht will."

In ähnlichem Sinne traf die Katholiken-Zeitung "Neue Berner Nachrichten" am 11. August 1938 folgende Feststellungen :
"Über die politische Ordnung beansprucht die Kirche keine direkte Führungsgewalt [demnach aber eine indirekte; Red. TR.]. Auch der neueste Papstbrief hält sich klar auf dieser Linie. Er warnt die Katholiken vor einer verspäteten Festlegung auf den Liberalismus und rät einzig zu einem vorsichtigen Vorgehen, ehe man zur Verurteilung der einen (der faschistisch-absolutistischen) oder der anderen (der liberalen) Regierungsform schreitet' ..."

Wenn also heute ein paar Katholiken, vielleicht durch antiklerikale Aktionen in Deutschland veranlaßt, die Meinung aussprechen, es sei wohl doch besser, wenn sich die "Kirche" fest an die Demokratien anschlösse, sagt ihnen der Papst, das wäre eine "verspätete Festlegung". Natürlich ist es verspätet; denn die Hierarchie hat sich dem Faschismus in den Ländern, wo er besteht, schon mit Haut und Haar verschrieben.

Die genannte katholische Zeitung schreibt weiter über den politischen Kuhhandel der katholischen "Kirche":
"Unter Berufung auf das Gemeinwohl stimmte das deutsche Zentrum [Katholikenpartei; Red. TR.] im März 1933 dem Ermächtigungsgesetz an den Nationalsozialismus [wodurch Hitler unbeschränkte Gewalt übertragen wurde; Red. TR.] zu. Unter Berufung auf das Gemeinwohl hat man im März 1938 in Österreich Hitler anerkannt. Unter Berufung auf das Gemeinwohl betrieb und betreibt man die voreilige und doch wohl kaum zu verantwortende Gleichschaltung des sudetendeutschen Katholizismus. Es ist schon so, wie ein geistreicher Kritiker überspitzt sagte:
'Das Gemeinwohl ist für den politischen Katholizismus die Hintertüre, mit der er jede vollendete Tatsache legalisiert und den Anschluß an sie sucht.' ... Die Katholiken haben ... ihr Heil in der Anpassung - erst an den Liberalismus, neuestens an den Faschismus - gesucht." ...


Da vorstehend (unkommentiert) die parteiische Meinung der zeitgenössischen Zeugen Jehovas über diesen katholischen Kardinal aus den USA wiedergegeben wurde, sei ebenfalls unkommentiert noch zitiert, was katholische Kreise über selbigem glauben entlastend ausführen zu können.

So hat auch der Erzbischof von Chicago, Kardinal George Mundelein auf der vierteljährlichen Diözesankonferenz in der Holy-Name-Cathedral am 18. Mai 1937 vor über fünfhundert Geistlichen auf die Vorkommnisse in Deutschland aufmerksam gemacht. In seiner Predigt vergleicht er die Propaganda der deutschen Regierung mit der Propaganda des letzten Krieges. Und schließlich kommt er auch auf die Enzyklika des Papstes zu sprechen und sagte:
„Schließlich kam am Palmsonntag die päpstliche Enzyklika, die die bislang drastischste Herausforderung an die Nazis darstellte. . . . . . Vielleicht werden sie fragen, wie es kommt, daß eine Nation von 60 Millionen Menschen, intelligenten Menschen, sich in Furcht und einem widerlichen Diensteifer einem Ausländer unterwirft, einem österreichischen Tapezierer, und zwar einem - wie man mir erzählt hat - recht armseligen dazu und einigen Verbündeten wie Göbbels und Göring, die jede Bewegung im Leben der Menschen diktieren. Niemals zuvor war die Kirche in Deutschland so hilflos wie heute. . . . . . Heute ist die Kirche ohne Stimme. Wenn die Bischöfe sprechen, werden ihre Worte ertränkt von dem Lärm der riesigen staatlichen Propagandamaschine. . .."

Als Hitler im Mai 1938 Italien besuchte stand auf der 1. Seite des Osservatore Romano der des Papstes gegen die „Irrlehren des Rassismus". Als Mussolini die Rassengesetze 1938 in Italien einführen wollte hielt Pius XI. drei große Reden, die Mussolini zu Wutanfällen erregten. Er betonte, dass die Menschheitsfamilie aus einer Rasse besteht, dem Menschen. Das ist für den Papst der wahre Rassismus. Er las in einer Audienz ein Gebet vor in dem stand: „Der Antisemitismus ist eine abstoßende Bewegung, an der wir Christen keinen Anteil haben können …Wir sind im geistlichen Sinne Semiten."
Eine Predigt des Kardinal Mundelein von Chicago wurde ungekürzt in der kirchlichen Zeitschrift der Erzdiözese Chicago vom 21. Mai 1937 veröffentlicht. Natürlich hat die deutsche Presse sofort darauf reagiert."


www.leuninger.de/sozial/artike4.htm

Eine andere Quelle notiert zu den „Folgewirkungen" der Mundelein-Rede noch, dass selbige auch in Htlerdeutschland in organisierter Form Verbreitung fand.

Am 18. Mai 1937 hatte der Chicagoer Kardinal George William Mundelein Hitler despektierlich als `dahergelaufenen österreichischen Tapezierer und einen schlechten noch dazu' sowie Goebbels als `verschrobenen Propagandaminister' bezeichnet.
Letzterer reagierte nach Bekanntwerden der Rede Mundeleins in der Weltpresse am 28. Mai
1937 mit der sogenannten Brandrede in der Berliner Deutschlandhalle. Auf infame Weise verunglimpfte er den deutschen Klerus.

Man revanchierte sich mit einem Offenen Brief an Propagandaminister Goebbels der unter dem Pseudonym »Michael Germanicus« bekannt geworden ist, der unter den gegebenen Verhältnissen eine hohe Verbreitung gehabt haben soll. Katholische Kreise meinen weiter einschätzen zu können, dass er zu den in Hitlerdeutschland am meisten verbreiteten Flugblättern während der nationalsozialistischen Herrschaft zählten, die schlagartig Verbreitung fanden.


Wähnt also die WTG mit ihren Protestaktionen hervorgetreten zu sein, muss sie sich sagen lassen. Auch andere konnten das; machten es vielleicht sogar etwas professioneller.

Es sei der Gestapo trotz intensiver Fahndung nicht gelungen, die Urheber der Flugschrift auszumachen. Auch die Presse in Mitteleuropa wies auf diesen anonymen offenen Protestbrief mehrmals hin und druckten ihn teilweise sogar im Wortlaut ab.

Und als Beleg für letztere These sei aus den Naziakten (Lageberichte) noch wie folgt zitiert:

„Im Jahre 1937 wurden im ganzen Reichsgebiet im größten Maßstabe Hetzschriften hochverräterischen Inhalts offensichtlich von konfessioneller Seite verbreitet. Die Hersteller und Verbreiter konnten zunächst nicht ermittelt werden. Es handelt sich bei den Schriften um einen "Offenen Brief" an den Herrn Reichsminister Dr. Goebbels mit der Überschrift "Michael Germanikus", einen weiteren Brief ähnlichen Inhalts mit der Unterschrift "Teutonikus", die Rede Mundeleins (Originaltext), die Rede des Kardinals Faulhaber "Flammenzeichen rauchen" (enthält eine Rechtfertigung des damals festgenommenen Paters Ruppert Mayer), die Enzyklika des Papstes "Über die Lage der Katholischen Kirche in Deutschland, die Predigt des Bischofs von Trier (Über die Schulabstimmung im Saargebiet) und andere mehr.
Seit Februar 1938 gelang es der Staatspolizeistelle Frankfurt am Main in ihrem Bezirk und in dem der Staatspolizeistelle Darmstadt bis heute 73 Personen namentlich zu ermitteln, die an der Herstellung und Verbreitung der vorgenannten Schriften beteiligt waren....


Dann sei noch als Detailaspekt zitiert, was seinerzeit schon unter Bezugnahme des von dem Herrn B... herausgegebenen Kirchengeschichtlichen Buches „Die Kirchen und das Dritte Reich" Band 3, den Mundelein betreffenden Aspekt notiert wurde;

„Am Rande notiert. Der Bibelforscher-Häuptling Rutherford, polemisierte in einigen seiner Schriften gegen den amerikanischen Präsidenten Roosevelt und gegen den katholischen Kardinal Mundelein in den USA. In der Bildbeilage findet man auch ein Foto der beiden, wie sie sich da gegenseitig so anlächeln.
Mit seiner antikatholischen Aversion indes, muss man rückfragen, ob Rutherford den Mundelin wirklich "sachgerecht" beurteilte. Da ergeben sich in der Tat einige Zweifel, etwa wenn man bei B... (S. 799) liest:


"Mehr als alle anderen Proteste, die infolge der Enzyklika (Mit brennender Sorge) aus dem Ausland gegen die Unterdrückung der Kirchen erhoben wurden, erregte eine nichtöffentliche Rede des Chicagoer Kardinals George William Mundelein vom 18. Mai 1937 die NS-Gesellschaft. Der leitende Geistliche hatte nämlich nicht nur Kritik an den unredlichen Sittlichkeitsprozessen in Deutschland geübt, die ein Werk des 'unehrlichen' Propagandaministers seien, sondern er hatte den Hitler Mythos selbst angegriffen.

'Ihr werdet vielleicht fragen', sprach er seine Zuhörer an, 'wie eine Nation von 60 Millionen Menschen, intelligenten Menschen, sich in Furcht und Knechtschaft einem Ausländer unterwerfen kann, einem österreichischen Tapezierer und - wie mir gesagt wird - einem schlechten dazu."

Rutherford kritisiert nun besagtem Mundelein dahingehend, dass er zu denen gehöre, die die Bibelforscher-Religion am liebsten auch in den USA verboten wissen wollten, diese ihre Zielstellung "aber nicht hinbekommen" haben.

Da mag man nur sagen, angesichts der Einschätzung Hitlers durch diesen Kardinal. Er hatte offenbar einen scharfen Blick!
Und er wusste wohl auch Rutherford sachgerecht zu bewerten!

1938

Kommentarserie1937

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