Einige Stichworte in diesem Jahrgang (in Auswahl):
Hope Slipachuk , Radio, Toedtli, Boris, Jonak v. Freyenwald, Hans, Correvon, John, Gesellschaft für Kirche und Papst, Flaggengruß, Spanische Bürgerkrieg, Aspirin, Niemöller, Martin, Luzern, Kanton, Zug, Kanton, Moyle, Olin R., Polen, Antisemitismus, religiöser, Österreich, Reichsjägermeister, Australien, "Kreuzzug gegen das Christentum" (Buch), SPK, Cheektowaga, Metzler, Heinrich, Päpste, Aluminium, Westdeutscher Beobachter (Zeitung), Selleriesaft, Liechtenstein, Connecticut, USA, Nonne Mary Ethel , Deutscher Weg (Zeitung) Polen, Mundelein, Kardinal
Geschrieben von Drahbeck am 30. Januar 2008 07:47:31:
Als Antwort auf: Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren ("Goldenes Zeitalter" 15. 12. 1937) geschrieben von Drahbeck am 30. Dezember 2007 07:23:26:
Nun also war endgültig „Schluss mit lustig", dem ohnehin dem Bereich der Illusion zuortbarem „Goldenen Zeitalter". Sofern denn einzelne in den Klassengesellschaften selbiges wohl erleben, so doch die Klientel der WTG-Zeitschrift „Das Goldenen Zeitalters" zeitgenössisch eher den Unterschichten zuortbar, wohl am allerwenigsten. Und was die in Betracht kommenden Oberschichten anbelangt, so interessieren die sich doch, wenn denn überhaupt, für dieses Blatt am allerletzten.
Es beinhaltete somit durchaus eine gewisse Folgerichtigkeit, dass mit der
Ausgabe vom 1. 1. 1938 der vorherige Titel aufgegeben und nunmehr in „Trost"
umbenannt wurde.
Grund dass man „Trost" gebrauchen konnte gab es sicherlich vielerlei. Auch diese
erste „Trost-Ausgabe kündete davon, indem in ihr auf den dubiosen Fall Hope
Slipachuk mit eingegangen wurde, mit berichtet werden musste.
Auf den Fall wurde schon früher eingegangen, und es wäre in der Tat ratsam
sich die Details dort nochmals anzusehen.
Siehe
Hope Slipachuk
Man kann nicht umhin den Kopf zu schütteln, vernimmt man, aus Kanada wurde im Jahre 1936 noch ein Schreiben an das Magdeburger WTG-Büro abgesandt, welches in merkwürdiger Form Stalin verherrlicht, als den „Erfüller" der Bibelforscher-Erwartungen. Also einem echten Zeugen Jehovas würde man solch ein Schreiben wohl kaum zutrauen, dieweil völlig seiner Ideenwelt entgegengesetzt. Gleichwohl artete der Fall im Jahre 1937 zur Propgandakomödie aus, und in dieser Ausgabe des „Trost" müht man sich nun umfänglich darum, den Beweis zu erbringen, die Briefschreiberin sei gar keine Zeugin Jehovas.
Eine Schweizer Nazi-Gazette namens „Volksbund" hatte in ihrer Ausgabe vom 15. 6. 1937 das Hope Slipachuk-Thema erneut aufgegriffen. Und damit war dann wohl die Reizschwelle der Schweizer WTG endgültig überschritten, und man ging zum Gegenangriff über.
Diese Schweizer Nazi-Gazette spricht sich ihr eigenes Urteil schon alleine
durch den markigen, in der inkriminierten Ausgabe auch lesbaren Satz:
„Wir (d. h. der „Volksbund") sagen dazu: Demokratie ist die Herrschaft des
Minderwertigen; wer das nicht begreifen kann, ist selbst minderwertig!"
Insofern ist dieser „Volksbund" schon mal „unten durch".
In ihrer Replik äußert das „Trost" dann dazu unter anderem:
„Eine von der Zentralleitung der Zeugen Jehovas in Bern angestrebte Untersuchung der Briefangelegenheit aus Winnipeg Manitoba, R. R. Nr. l ergab, daß der fragliche Brief tatsächlich geschrieben worden ist, aber nicht von einem Zeugen Jehovas (Bibelforscher), sondern von der Kommunistin Hope-Slipachuk, wohnhaft in Winnipeg, Manitoba, R. R. Nr. L.
Diese Person hat gemäß eigener, unter Zeugen gemachten Aussagen, den fraglichen Brief angeblich an verschiedene Büros der Watch Tower Bible and Tract Society gesandt, so scheinbar auch an das seit 1933 geschlossene Büro in Magdeburg, Deutschland."
Gemäß den weiteren Ausführungen heißt die Briefschreiberin Nelli Slipachuk (alias Hope). Die WTG lies dann den an gleicher Anschrift wohnenden Bruder und Vater dieser „Nelli" dieser im Personenstand als ledig bezeichneten „Nelli" beglaubigte Erklärungen abgeben, keine Zeugen Jehovas zu sein. Letzteres mag zutreffen. Indes der Punkt ist ja der. Nicht der Bruder oder Vater, sondern eben die „Nelli" schrieb diesen ominösen Brief.
Nun muss man unfraglich erwachsene Kinder als eigenverantwortlich bezeichnen und kann nicht ihre näheren Angehörigen haftbar machen.
Da diese „Nelli" in ihrer Vernehmung sich selbst dann als „Kommunistin" tituliert, kann man weiter unterstellen. Auch sie ist keine Zeugin Jehovas. Die Frage bleibt aber doch noch offen. Welche Motivation kann eine in Kanada sich selbst als „Kommunistin" titulierende Frau haben, ein ominöses Schreiben, an mehrere WTG-Zweigbüros; offenbar auch an das vormalige in Magdeburg, abzusenden?
Diese Frage lässt letztendlich auch das „Trost" unbeantwortet. Irgendwie muss doch diese „Nelli" mal was von der Zeugen Jehovas-Religion mitbekommen und offenbar in der „falschen Kehle" untergebracht haben. Trotz allem Aufwand, den „Trost" betrieb, dieses ominöses Schreiben zu widerlegen, blieb letztendlich die Motivation dieser „Nelli" von WTG-Seite ungeklärt.
Eine Erklärung wäre in meiner Sicht letztendlich die. Die WTG betrieb einigen Aufwand, auch Familienangehörige dieser „Nelli" vernehmen und ihre Aussagen protokolliert wieder zu geben. Der Bruder und Vater wurden schon erwähnt. Auffallend aber, sehr auffallend sogar. Nicht die Mutter dieser „Nelli" wurde vernommen. Wenn doch, ist seitens des „Trost" darüber nicht der Bruchteil einer Silbe dokumentiert. Es gibt auch keinerlei Entschuldigung etwa der Art. Die Mutter sei inzwischen verstorben oder ähnliches. Die Mutter dieser „Nelli" wird völlig als „Luft" behandelt, als habe sie keinerlei Bedeutung in dem Falle. Und wahrscheinlich dürfte genau das Gegenteil der Fall sein!
Es ist ersichtlich, dass es der Mutter nicht gelang, ihre Tochter „Nelli" in geordnete Bahnen für den Zeugen Jehovas-Glauben zu gewinnen. Versucht wird sie es sicherlich haben. Das darf man doch wohl unterstellen. Und damit gewinnt ein anderes Dokument an Gewicht. Und zwar ein Leserbrief, welcher auch der deutsche „Wachtturm" im Jahre 1916 veröffentlichte. Nachstehend sei selbiger einmal zitiert:
„Geliebter Bruder in dem Herrn! (gemeint ist C. T. Russell) -
Gnade Dir und Friede von Gott unserm Vater, und dem Herrn Jesu Christo. Ich
danke meinen Gott bei all meiner Erinnerung an dich allezeit in jedem meiner
Gebete, indem ich für dich das Gebet mit Freuden tue, wegen Deiner Teilnahme an
dem Evangelium vom ersten Tage an bis jetzt (Philipper 1,2 -5).
Das Gelübde hat mir viel Segen gebracht, dergleichen der Morgenentschluss, dann
fing ich an, auf tägliche Winke vom Herrn aufzupassen. Vorigen Herbst kam für
mich ein ganz besonderer. Es wurde im Wachturm empfohlen, jeden Tag so zu leben,
als ob es der letzte im Fleische sein könnte. Das erschien mir außerordentlich
herrlich und hilfreich, jeden Morgen für mich zu denken. Du würdest heute Abend
doch nicht zu einem liebreichen, gnädigen Vater und einen liebevollen Bräutigam
nach Hause gehen wollen, wenn du nicht den ganzen Tag über freundlich gütig und
liebevoll gewesen wärst. Der Gedanke hat manchen voreiligen Wort und Tun Halt
geboten und mein Leben besänftigt.
Als der Vorschlag zur Übung in der Liebe gemacht wurde, freute ich mich, wenn
ich wusste, dass auch darin wieder ein Segen für mich liegen würde, was auch der
Fall gewesen ist, ein tiefer reicher Segen ist mir zuteil geworden. Das ist mir
nicht nur von Tag zu Tag möglich gewesen, in meinen Gedanken freundlicher zu
sein, sanfter in meinen Worten und liebreicher in meinem Tun, sondern meine
Augen sind mehr und mehr aufgegangen für die grenzenlose Liebe unseres
himmlischen Vaters und Seines geliebten Sohnes. An jedem Tage finde ich Ihre
Liebe; ich brauche nur Schritt für Schritt zu folgen sowie sie mir jeden Tag
einrichten und mit Singen und Liebe füllen.
Ich habe mehr Prüfungen als zuvor, aber sie sind nur verschleierte Segnungen. Ich lerne wertschätzen was der Apostel Paulus „vorübergehende leichte Drangsal" nannte. Das „ewige Gewicht von Herrlichkeit" wird jeden Tag herrlicher, indem ich von der Höhe und Tiefe, Länge und Breite der wunderbaren Liebe Gottes lernte. Es wird mich freuen, nach Hause zu gehen, wie immer mein Vater es für gut findet, aber ich bin nicht mehr ängstlich besorgt, wie das früher der Fall war, denn jeder Tag ist seiner Liebe und Segnungen voll.
Als ein in der Zerstreuung wohnendes Kind Gottes hatte ich das besondere
Verlangen, Dir mitzuteilen, welch ein großer Segen mir dennoch nicht
vorenthalten blieb, wenn ich im Glauben nur danach ausstreckte und Anspruch
darauf erhob. Vor einiger Zeit war es einer lieben Schwester einer Versammlung
nicht möglich an der Mittwochabend Gebet- und Erfahrungsstunde teilzunehmen, und
so hatte sie allein zu Hause, einer Erfahrungsstunde. Als sie später von ihrer
Erfahrung Mitteilung machte, wunderte ich mich ob dieser Segen nicht für alle
einsam wohnenden Geschwister bereit liegen würde. Ich dachte an deinen Rat in
Band VI betreffes des Gedächtnismahles, dass eine einzelne lebende Person
genügend starken Glauben haben sollte, um sich der Verheißung Matthäus 18,20 zu
verwirklichen in dem sie zusammen mit dem Herrn die zwei bilden. Er schien mir
das das gleiche Prinzip auch hier anwendbar sei und so fing ich die
Mittwochabend-Versammlung an und mit wie viel Segen vom Herrn! Sie sind ebenso
gut wie die Morgenandacht mit dem „Täglichen Manna" wobei wir eins sind mit dem
„Leibe" Jesu Christi in der ganzen Welt!
Ich bin sehr vorsichtig den Mittwochabend zu wählen, weil das Herrn Segen an
diesen Tagen in besonderer Weise mit mir ist. Andere vereinzelt lebende
Schwestern bezeugen eine gleich segensreiche Erfahrung. Wir hatten bisher so
viele feste Speise bekommen und nicht genügend Flüssigkeit.
Der Segen der Gemeinschaft mit dir durch die Seiten des Wachtturms ist beständig
mein Teil. Er bringt mir stets „Speise zur rechten Zeit" für welche mein Appetit
immer größer wird. Lieber Bruder „der Herr segne dich und behüte dich; der Herr
lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei Dir gnädig; der Herr erhebe sein
Angesicht auf dich und schenke Dir Frieden!"
Deiner Schwester in dem Gesalbten
Hope Tate-Kanada."
Wieviel Bibelforscher gab es im Jahre 1916 in Kanada. Offenbar noch sehr wenige. Die Briefschreiberin beschreibt sich selbst als in einer Diasporasituation befindlich.
Zwischen 1916 und 1936 liegen immerhin zwei Jahrzehnte. Da kann unfraglich „fiel Wasser den Bach herunterfliessen". Wie gestaltete sich der weitere Lebensweg jener Briefschreiberin aus dem Jahre 1916?
Wäre es wirklich so abwegig, dass sie eine inzwischen erwachsene Tochter hat, welche diesen fragwürdigen Fall auslöste?
Die Recherchen die das „Trost" dazu veröffentlichte müssen als unbefriedigend, ja bewusst irreführend eingeschätzt werden, dieweil der indirekte Zeugen Jehovas-Hintergrund dieser „Nelli" keineswegs ausreichend ausgeleuchtet, im Gegenteil offenbar sogar bewusst verschleiert wurde!
Was den fraglichen „Volksbund" anbelangt, versuchte zwar die WTG den in dieser Sache vor Gericht zu ziehen. Ging nach einem ersten abschlägigen Urteil gar in die Revision; musste letztendlich dennoch registrieren. Es nützt alles nichts. Die Gerichte stellten sich auf den Standpunkt, eine Individual-Ehrverletzung sei durch die Darlegung des „Kanada-Falles", auch wenn sie anrüchigerweise via der Schiene Hitlerdeutschland in die Schweiz gelangt sei, nicht gegeben. Und „Kollektiv-Ehrverletzungen" seien in der Sicht des Gesetzgebers, so kein strafbarer Tatbestand. Also außer Spesen nichts gewesen kann man dazu wohl nur sagen.
Ihren Frust lässt die „Trost"-Redaktion in der Fortsetzung dieses Artikels
(„Trost" vom 15. 1. 1938) freien Lauf, indem sie zum Abschluss ihrer
Ausführungen beklagt:
„Dadurch entsteht die Gefahr, daß Leute von der Sorte eines Toedtli,
Fleischhauer, Jonak. Metzler und Konsorten erfahrungsgemäß die Sache auf den
Kopf stellen und der Welt verkündigen, Jehovas Zeugen seien vor Gericht
unterlegen, wodurch erwiesen sei, daß sie ein Sammelbecken kommunistischer
Elemente und daher als staatsgefährlich zu unterdrücken."
Die einzige Chance welche die WTG in der Sache hatte, war nur der
publizistische Gegenangriff, was sie dann ja auch (verspätet) noch machte. Die
Gerichtskosten, auf die sie sitzen blieb, hätte sie sich eigentlich ersparen
können; bei nüchterner Analyse der Sachlage. Aber sie wollte „es eben wissen".
Und so bekam sie es eben zu wissen!
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Geschrieben von Drahbeck am 31. Januar 2008 07:14:13:
Als Antwort auf: Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren ("Trost" 1. 1. 1938) geschrieben von Drahbeck am 30. Januar 2008 07:47:31:
Im Bericht über die „Trost"-Ausgabe vom 1. 1. 1938 wurde geschildert, wie sich die WTG in ihrer Auseinandersetzung mit der Zeitung „Volksbund" faktisch eine Niederlage einhandelte. Über eine weitere faktische WTG-Niederlage (wenn auch auf einem anderen Sektor) kann man auch in der „Trost"-Ausgabe vom 15. 1. 1938 lesen.
Bezüglich der Rutherford'schen Rundfunkambitionen notiert diese Ausgabe:
„Es wurden in jener Zeitperiode für die Sendung der Königreichsbotschaft mehr
als zwei Millionen Dollar bezahlt".
Sicherlich eine Menge Geld, berücksichtigt man zudem dem Umstand, damals es mit einer ausgesprochenen Unterklassen-Religion zu tun gehabt zu haben. Demgegenüber steht die faktische Unterstellung (wenn auch nicht Dokumentenmäßig belegt). Teile des Großkapitals in den USA haben für diese Radioambitionen (zeitweilig) beachtliche Summen zugeschoßen.
Dazu indes nimmt „Trost" wie zu erwarten, nicht Stellung. Statt dessen
verkündet man, den auf die Mentalität der Anhängerschaft zugeschnittenen
markigen Satz:
„Das Radio ist etwas, das Gott geschaffen und den Menschen zum Gebrauch
überlassen hat. Gott könnte sofort den Gebrauch des Radios verhindern, wenn er
wollte; doch er läßt es zu, daß die Menschen durch die Art, wie sie es
gebrauchen, sich als seine Gegner offenbaren."
Offenbar muss diese Gegnerschaft wohl beachtlichen Umfang angenommen haben. Wie sonst wäre es erklärbar, dass zur Durchsetzung des vermeintlich „göttlichen Rechts", unter anderem Aktionen wie die gestartet wurden. Zitat:
„Zehn Jahre lang konnte das Radio unter schwierigen Verhältnissen in etwa zur Verkündigung von Gottes Wort der Wahrheit benutzt werden. ... Natürlich steht es in Gottes Macht, sich, wenn er wollte, zur Verkündigung seines Königreiches ausschließlich des Radios zu bedienen. Doch offenbar ist dies nicht seine Absicht.
Die Besitzer und Leiter der Sendestationen sowie die Regierungsbeamten, die sich die Kontrolle über den Rundfunk angemaßt haben, haben ihre Prüfung gehabt. Die meisten von ihnen haben entschiedene Stellung gegen die Botschaft und das Königreich Gottes genommen. Sie stehen also auf der Seite des Feindes Gottes.
Man beachte bitte, wie diese Prüfung durchgeführt wurde und was sie zu Tage
förderte. Im Jahre 1927 wurden die Sender der National Broadcasting Companie
benützt ... weil der Redner bei dieser Gelegenheit die Wahrheit in deutlicher
Sprache verkündigte, hat diese große Korporation seither ihre Sender für das
Evangelium des Königreichs verschlossen. ...
Infolge der ungerechten und gewaltsamen Bekämpfung des Verbreitens des
Evangeliums vom Königreich über Rundfunk, haben Millionen amerikanischer Bürger
mindestens drei Petitionen unterzeichnet, die den Staatsmännern zu Washington
präsentiert wurden ...
Eine von 2.416.141 Personen unterzeichnete Petition wurde dem Kongreß im Jahre 1934 überreicht. ... Der Kongreß versprach eine Untersuchung der Sache; dann wurde die Untersuchung schnell abgebrochen und die Petition von Millionen Bürgern ignoriert."
So kann man Niederlagen auch verklären. Nicht Gott sondern der amerikanische Kongress sollte es richten. Schon einmal hatten sich einzelne Kongreß-Abgeordnete für die WTG verwandt, und zwar anlässlich der Inhaftierung von Rutherford und Co, worüber auch der deutsche „Wachtturm" vom Juni 1919 berichtet. Inzwischen war wohl diese Waffe (zumindest zeitweilig) stumpf geworden. Ob Rutherford mit seiner Politik nicht generell überzog, darüber gab man sich allerdings keinerlei Rechenschaft, und genau das ist das tragische an der ganzen Sache!
Worum es bei diesem Wehgeklage in Sachen Radio im eigentlichen ging, macht
eine „Trost"-Ausgabe später (1. 2. 1938) deutlich, wenn man darin auch die
Mitteilung entnehmen kann:
„Am nächsten 31. Oktober (1937) werden wir alle Kontrakte mit Sendestationen,
bei denen wir Geld bezahlen müssen, lösen. Danach werden alle diese Sendungen
aufhören. Doch jedem Sender, der bereit ist, das Wachtturm-Programm zum Nutzen
des Volkes zu senden, werden wir gern kostenlos ein solches Programm der
Königreichsbotschaft zur Verfügung stellen. Mit den allgemeinen Sendungen werden
wir aufhören, nicht weil wir kein Geld haben; denn alles Geld und alle Schätze
der Erde gehören Jehova, und er kann uns alles geben, wenn es nötig ist, und er
wird es tun, wenn es nötig ist. ...
Wir könnten auch weiterhin über Rundfunk sprechen, wenn es uns der Wille Gottes zu sein schiene. Wir stellen unsere Sendungen ein, weil das Radio, wie wir sehen, Gottes Zweck erfüllt hat. Gott führt seine Prüfung durch, und nach einer langen und gerechten Erprobung haben sich die Religionisten und ihre Verbündeten, einschließlich der politischen und kommerziellen Größen, der Besitzer und Leiter vieler Sendestationen und anderer veranlaßt gefühlt; entschieden Stellung gegen Gott, seinen König und sein Königreich zu beziehen."
Wieder einmal ein Beispiel dafür, wie die WTG, faktische Niederlagen, im Nachhinein noch in „Siege" zu verklären, sich bemüht!
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"Trost" 1. 2. 1938
„Die "Internationale Vereinigung Ernster Bibelforscher", die sich seit 1931
"Zeugen Jehovas" nennen, gehört zu jenen Religionsgemeinschaften, die im Dritten
Reich verboten sind. Ihre Mitglieder haben die Verfolgungen mit großem
Überzeugungsmut ertragen. Das ist für uns kein Grund, die Lehren dieser Sekte zu
bewundern oder die Gefahr der geistigen Verwirrung zu verkennen, die sie
glücklicherweise in nicht allzu zahlreichen Köpfen anzurichten vermögen. Wir
können unserm Mitarbeiter das Recht der Kritik keinesfalls verwehren. Keinen
Zweifel dürfen wir aber darüber aufkommen lassen, daß auch in diesen Fragen der
Boden der geistigen Auseinandersetzung nicht verlassen werden darf. Es ist im
Gegenteil die Pflicht der demokratischen Schweiz, die Glaubens- und
Gewissensfreiheit wie das Vereinsrecht nötigenfalls auch für die "Zeugen
Jehovas" und alle ähnlichen Gebilde zu verteidigen."
Diese Sätze stellt die Redaktion der in Zürich (Schweiz) erschienenen
Zeitschrift „ABC Unabhängige Sohweizerische Tribüne" einem Artikel über die
Zeugen Jehovas voran (erschienen in der Ausgabe vom 9. Dezember 1937).
Eingebettet das ganze in eine Artikelserie über verschiedene Sekten in der
Schweiz.
Der Verfasser dieses Artikel wählte als Überschrift zu selbigem den
Rutherford-Slogan
„Millionen jetzt Lebender werden nie sterben?"
Allerdings fügt er dazu ein Fragezeichen an, womit schon mal deutlich wird. Ein
unkritischer Bejublerbericht ist es wohl nicht.
Man ahnt es schon. Dieser Artikel gelangte auch zur Kenntnisnahme der Redaktion
des „Trost". Man ahnt es weiter. Sonderlich angetan ist selbige von diesem
Artikel allerdings nicht, was man auch dem Umstand entnehmen kann, dass sie dazu
in der „Trost"-Ausgabe vom 1. 2. 1938 eine entsprechende Entgegnung publizierte.
Nun ist dies mit Sicherheit nicht der „erste" Fall, wo sich das „Goldene
Zeitalter" („Trost") mit kritischen Artikeln andernorts „herumschlägt". Ein
solcher Fall war ja nur einige wenige Ausgaben vorher („Trost" vom 1. 1. 1938)
der Fall der Zeitung „Der Volksbund". In diesem Falle hatte „Trost" in seiner
Replik sogar den vollen wörtlichen Text der inkriminierten Ausführungen aus dem
„Volksbund" wieder gegeben. Würde es auch diesmal so sein? Fehlanzeige - kurze
aber klare Antwort dazu.
Das „Trost" sagt zwar, was ihm alles an dem Artikel nicht so recht passt. Indes
den eigentlichen Wortlaut des Artikels gibt es seinerseits nicht zur Kenntnis.
Nun denn, seien aus selbigem erst einmal einige wesentliche Passagen
vorgestellt. Der Verfasser schreibt:
„Ehrfürchtig betrete ich den Tempel der "Zeugen Jehovas", meiner eigenen
Unwissenheit und Vergänglichkeit wohl bewußt. Von einer Weltuntergangsstimmung
ist jedoch nichts, rein gar nichts zu bemerken. Meine Nachbarn schwatzen und
plaudern, lachen und unterhalten sich, während doch die Erde in jedem Augenblick
in Stücke zerfliegen könnte.
Die "Zeugen Jehovas" sind nicht zahlreich, aber sie genügen sich, um sich für
das Salz der Erde zu halten. Mit fanatischem Eifer bemühen sich die einzelnen
Salzkörner, den ganzen Teig der Menschheit zu durchdringen. Sie müssen in
letzter Zeit besondere Anstrengungen unternommen haben, denn sie sind bis in den
ungesalzensten Teil der Gesellschaft vorgedrungen, in jenen Teil, wo ich mich
aufhalte. Irgend jemand von diesen Leuten hat mir die Zeitschrift "Das goldene
Zeitalter" in den Briefkasten gesteckt und mir dadurch verkündet, daß durch
einen Ratschluß Gottes fortan für alle ehrlichen und willigen Menschen der
"Weltplan" offenbart sei.
Der Herr Redner, der aus dem Bibelhaus von Bern nach Zürich gekommen ist,
spricht nicht mystisch und geheimnisvoll, wie ich erwartet hatte. Wie ein
akademischer Vortrag ist seine Rede anzuhören. Er analysiert die Weltlage,
vergleicht mit Offenbarungen des Alten Testamentes und kommt zum Schluß, das die
Zeichen des Himmels gegeben seien. "Die Zelt ist nahe. Gott wird kommen wie ein
Räuber in der Nacht. Haltet euch bereit!"
Die nötige Korrektur an Russell's Fehlrechnung hat dann Rutherford, das
derzeitige Oberhaupt der "Zeugen Jehovas", vorgenommen. Er hat mit ebenso
phantastischen Rechnungskunststückchen das Jahr 1925 errechnet. Als entgegen
seiner Behauptung:
„Wir können vertrauensvoll erwarten, daß mit 1925 die Rückkehr Abrahams, Isaaks,
Jakobs und der glaubenstreuen Propheten des Alten Bundes eintreten wird", die
Erzväter beharrlich ausblieben, half sich der Prophet Rutherford mit dem
harmlosen Wörtlein "Bald" über seinen Irrtum hinweg. Es ist seither allgemein an
die Stelle des genauen Datums getreten.
Die "Zeugen" haben für die kommende "Regierung des Königreichs" in San Diego
(Kalifornien) einen Palast errichtet, der vorläufig, bis zur Erfüllung der Zeit
von Herrn Rutherford und seinen Freunden bezogen worden ist.
In diesem Hause läßt sich sicherlich gut leben und das Warten kurzweilig
gestalten. Worüber man sich immerhin seine Gedanken machen darf.
Nach kurzem, trockenen Gebet und Gesang wird die Versammlung geschlossen. Die
Zuhörer, die den Saal verlassen, scheinen keineswegs durch Seelenmassagen
verwöhnt worden zu sein, denn ich kann nichts von Schwärmerei beobachten. Ich
habe eher den Eindruck, als unterdrücke jeder seine Gefühle, um nach außen ruhig
zu erscheinen. Ist dies die Ruhe vor der "größten Schlacht aller Zeiten?"
Am Ausgang des Saales steht ein Tisch, beladen mit Büchern, die fast
ausschließlich Rutherford zum Verfasser haben.
Die "Zeugin" hinter dem Tische empfiehlt mir, die gehörten Worte durch die
Lektüre dieser Schriften zu vertiefen.
Doch ich habe genug und antworte unverhohlen mit einem biblischen Gleichnis; Ich
kann den Weizen von der Spreu unterscheiden."
Daraufhin sandte die „Trost"-Redaktion der „ABC"-Redaktion eine Erwiderung
in der sie den Artikel schon mal als „Oberflächlich" charakterisiert. Dem mag
man nicht unbedingt widersprechen. Andererseits ist das ein schillernder und
dehnbarer Begriff. Die Konzeption des „ABC" dürfte wohl kaum die eines
„hochwissenschaftlichen Blattes"; eher doch mehr in Richtung „Allgemein
gehalten" gehen. Und diese Rahmenbedingungen beachtend, ist es wohl eine billige
Erbenszählerei sich an einzelnen Redewendungen „aufzuspulen".
So wirft das „Trost" dem Artikelschreiber unter anderem vor:
„Daß er bis auf Pastor Russells Zeitrechnung und dergleichen zurückgreift,
läßt erkennen, daß er zwar keine Schriften von, aber Literatur gegen Jehovas
Zeugen gelesen und aus dieser das Gerippe für seine Abhandlung gebaut hat."
Und, selbst wenn dem so ist, wird damit diese Argumentation noch nicht
widerlegt, wäre dem „Trost" darauf zu antworten.
Das „Heil" sieht man offenbar im Gegenangriff, wofür denn auch das „Trost"-Statement
steht:
„Würde die Zeitung wohl im selben Komödiantenstil über Lehren großer
Kirchensysteme schreiben? Z. B. über dir offizielle Kirchentheorie, daß ein
Großteil der Menschheit nach dem Tode für Zeit und Ewigkeit in einem glühenden
Pfuhl geschmort werde, also eine Lehre, bei der wegen ihrer Absurdität und
Moralwidrigkeit eine solche Witzreportage viel leichter fallen müßte?"
Auch das muss als Unzulässiges Ablenkungsmanöver charakterisiert werden.
Der Artikel behandelt nicht „viele" Religionsgemeinschaften in Zusammenschau, wo
solch ein Argument eventuell Platz haben könnte, sondern eben nur eine, konkret
benannte. Was diese wiederum an anderen Religionsgemeinschaften kritisiert, kann
allenfalls als zweitrangig, nicht jedoch als erstrangig für den Artikelinhalt
bewertet werden.
Aber das ist eben typisch für die Zeugen. Ablenken, vom Hauptsachverhalt. Sich „hochspulen"
an Nebensächlickeiten. Da hat sich wohl seit 1937 bis zur Gegenwart nichts
geändert!
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"Trost" 15. 2. 1938
Ohne Zweifel konnte sich die Redaktion des „Trost", in seiner Ausgabe vom
15. 2. 1938 einmal in der Siegerpose wähnen. Insbesondere wegen des darin
veröffentlichten Artikels "Neue Enthüllungen in der Boris Toedtli-Affäre".
Aber auch das sei gesagt. Der Fall Toedtli tangiert mich nicht, dergestalt, dass
weder die Catholica noch das nazistische Regime zu „verteidigen" wären. Zudem
habe ich mich - im Gegensatz zur Catholica - schon umfassend und auch kritisch,
mit diesem Toedtli auseinandergesetzt.
Man vergleiche beispielsweise:
Der Fall Toedtli
Auch im 18. Kapitel der „Geschichte der Zeugen Jehovas. Mit Schwerpunkt der
deutschen Geschichte" bin ich durchaus umfänglich auf den Fall Toedtli
eingegangen. Das wesentliche dort gesagte (ohne die dazugehörigen
Anmerkungsnummern) sei noch einmal zitiert.
Anlässlich seines Auftretens in Bern hatte Fleischhauer auch einen sich ihm
anbietenden Pressephotographen namens Boris Toedtli engagiert. [104] Toedtli
dessen Eltern in der Sowjetunion eine Enteignung ihres Besitzes erlebten, war
aufgrund seiner Schweizer Staatsbürgerschaft dorthin zurückgekehrt. Er betätigte
sich in etlichen Exilrussischen Zirkeln und fühlte sich allen
antikommunistischen Bestrebungen zugetan. Dennoch hatte er Schwierigkeiten
wirtschaftlich wieder in der Schweiz Fuß zu fassen. [105]
Er hatte die Hoffnung, seine finanzielle Lage durch die Verbindung zu
Fleischhauer und Co. entscheidend verbessern zu können. Er musste erkennen, dass
dies im erwarteten Umfang nicht eintraf. Dennoch war er dem Fleischhauer'schen
Clan in den Jahren 1935-1937 in vielen Punkten eine Hilfestellung und
Unterstützung. Er kannte auch Jonak und stand mit ihm in Korrespondenz. Auch
erklärte er sich bereit für die nazistischen Interessen in der Schweiz vor
Gericht als Kläger aufzutreten.
Norman Cohn hatte mal die biographischen Aspekte des Toedtli dahingehend
zusammengefasst, dass seine Eltern Schweizer waren, die aber viele Jahre ihres
Lebens in Russland verbrachten. Toedtli wurde dort 1896 in Kiew geboren
(Einfügung: Andere datieren das Geburtsdatum auf 1901). Im Weltkrieg und im
anschließenden Bürgerkrieg kämpfte er auf Weißgardistischer Seite und brachte es
dort bis zum Offizier. Er wurde von den Bolschewiken gefangengenommen und wäre
in der Gefangenschaft beinahe an Typhus gestorben. Unterdessen wurde die Fabrik
seines Vaters konfisziert. Der Familie wurde schließlich doch noch die Ausreise
in die Schweiz gestattet.
Finanziell konnten sie sich aber nicht mehr erholen. Namentlich traf dies für
Boris Toedtli zu, der seinen Eltern und Schwiegereltern finanziell auf der
Tasche lag, da seine eigenen beruflichen Versuche sich allesamt als nicht
tragfähig erwiesen.
Norman Cohn kommentiert: "Das Bild ist vertraut. Wie so viele Nazis war
Toedtli ein Deklassierter mit unerfüllten Ambitionen nach einer bürgerlichen
Karriere, und wie so viele 'weiße' Russen sehnte er den Tag herbei, an dem
Russland die 'jüdisch-freimaurerische Tyrannei' abschütteln würde. 'Ich bin
Antisemit aus persönlicher Erfahrung', sagte er. 'Dies ist die Erklärung für
mein ganzes Verhalten. Meine Familie und ich haben in Russland alles und jedes
verloren. Schuld daran war vor allem der Jude, nicht etwa das russische Volk.'
Mit seinen Frustrationen, seinen Ressentiments, seiner politischen Unbildung war
Toedtli in der Tat ein idealer Vorkämpfer für die 'Protokolle'". [106]
Zur Biographie des Toedtli bemerkt Glaus noch: "Das er 1933 Mitglied der
'Nationalsozialistischen Eidgenossen' gewesen, im April 1934 dann der
'Nationalen Front' beigetreten und Kassenwart des Gaues Bern geworden ist. Noch
vor Ablauf des Jahres habe er der Partei den Rücken gekehrt, da sie seinen
Erwartungen nicht entsprochen hätte. Vor dem Prozess um die 'Protokolle der
Weisen von Zion' wäre Tödtli mit Fleischhauers 'Weltdienst', dessen Berner
Vertretung er anfangs 1935 übernommen habe, bekannt geworden. Fleischhauer habe
Tödtli um Auskunft über alle möglichen Personen, speziell Prozessgegner, Juden
und Freimaurer ersucht; die Übermittlung derartiger Nachrichten ins Ausland
konnte seit dem Bundesbeschluss zum Schutze der Sicherheit der Eidgenossenschaft
vom Juni 1935 strafrechtlich verfolgt werden." [107]
In den wenigen Tagen in denen sich Fleischhauer in der Schweiz aufhielt, hatte
er die dortige Justiz mit Klagen und Gegenklagen beschäftigt. [108] Die
"Anschlussarbeiten" übernahm dann Toedtli. So hatte Fleischhauer auch
Klageanträge gegen führende Bibelforscher erhoben. [109] Wenn auch Fleischhauer
aus diesem Klagerennen faktisch ausschied, so sollten die Nazis doch noch einen
Triumph bekommen, indem ihr Agent Boris Toedtli für sie die Geschäfte
weiterführte. In den Worten Jonaks:
"1936, 28. Mai: Strafanzeige des Boris Toedtli gegen die ernsten
Bibelforscher M. C. Harbeck und Franz Zürcher in Bern wegen Zuwiderhandlung
gegen das Berner Gesetz über Schundliteratur und Herabwürdigung der Religion.
Mit Urteil vom 26. August 1936 wurden die Bibelforscher freigesprochen. Dem
dagegen eingebrachten Rekurse gab das Obergericht am 28. Mai 1937 Folge und
verurteilte die Angeklagten wegen Herabwürdigung der Religion zu Geldstrafen und
Ersatz der Gerichtskosten im Betrage von zusammen 1139 Franken." [110]
In der Ausgabe vom 15. August 1936 der in der Schweiz weiterhin erscheinenden
Zeitschrift "Das Goldene Zeitalter" konnte man die Meldung zur Kenntnis nehmen,
dass "die Nazis in der Schweiz" einen Prozess gegen Vertreter der
Wachtturmgesellschaft anstrengen würden. Weiter wurde diese Notiz mit der
Anmerkung präzisiert: "Am 26. August d(ieses) J(ahres) findet in Bern eine
Gerichtsverhandlung statt die zum Gegenstand hat, zu prüfen, ob die Literatur
der Watch Tower Bible and Tract Society 'Schundliteratur' sei oder nicht."
[111]
In der Ausgabe vom 15. September und in Fortsetzung auch in der Ausgabe vom 1.
Oktober 1936 des "Goldenen Zeitalters" - also bereits nach dem Prozess -
veröffentlichte die Schweizer Zeugenführung umfangreiches Material dazu. [112]
Der Leser erfährt darin, dass der Kläger ein gewisser Boris Toedtli sei, in
Personalunion zugleich auch Leiter der Schweizer Vertriebsstelle des deutschen
antisemitischen Verlages "Weltdienst". Leiter des "Weltdienstes" sei
bekanntermaßen der Oberstleutnant a. D. Ulrich Fleischhauer bekannt durch seine
Gutachtertätigkeit während des Berner Prozesses um die "Protokolle der Weisen
von Zion".
Bereits unmittelbar nach dem Protokolleprozess, in der Ausgabe vom 15. Juni 1935
des "Weltdienstes" findet sich unter der Überschrift "Der Kampf geht weiter!"
ein Spendenaufruf "an unsere Freunde in aller Welt." Weiter wird schon zu diesem
Zeitpunkt hinzugefügt: "Zugedachte Spenden sind zu richten an 'World Service'
für Boris Toedtli, Bern"
Toedtli trat seit Ende 1936 auch als Herausgeber einer speziell gegen die Zeugen
Jehovas gerichteten Periodika namens "SPK - Schweizerische Presse-Korrespondenz"
in Erscheinung. Zu ihr bemerkte das "Goldene Zeitalter": "In Erfurt
(Deutschland) wird im U. Bodung-Verlag durch den nationalsozialistischen
Experten Ulrich Fleischhauer ein sogenannter 'Weltdienst' herausgegeben. Diese
Pressekorrespondenz bezweckt unter allen Nationen eine systematische Hetze gegen
Juden, Freimaurern und Zeugen Jehovas (Bibelforscher) zu entfachen und so auch
gegenseitig sogenannte 'Gutachten' zu konstruieren, die dann gelegentlich als
Beweismittel bei Behörden und Gerichtsinstanzen dienen sollen. In der Schweiz
wird der Naziexperte Fleischhauer bzw. sein 'Weltdienst' durch Boris Toedtli
'World Service' Bern vertreten. Toedtli zeichnet mit H. Metzler, St. Gallen, als
verantwortlicher Redakteur der 'Schweiz. Presse-Korrespondenz' (SPK) in
Ergänzung des 'Welt-Dienstes', mit reichlich viel Fehlern, in Maschinenschrift
monatlich zweimal herausgegeben, welche von der 1931 in St. Gallen gegründeten
'Gesellschaft für Kirche und Papst' als Eigentum beansprucht wird.
Diesem 'Welt-Dienst' alias SPK dienen als Quellen neben den bestellten
nationalsozialistischen Parteiberichten aus aller Welt auch die Schriften ihrer
Gesinnungsgenossen wie: Fritz Schlegel, Bomsdorff-Bergen alias Christian Kreuz,
Fetz, Dr. Pfaffrath, Pfarrer Gerecke, Dr. Hans Jonak und andere." [113]
Bereits in einem Schreiben vom 15. 6. 1936 direkt an Fleischhauer in Erfurt
schrieb Toedtli: "(Rechtsanwalt) Ruef und ich sind der gleichen Ansicht, dass
wir nur dann in unserem Kampfe sicher sein werden, wenn wir eine Zeitung hinter
uns haben werden eine schlaue Wochenschrift. Ich habe mit Ihnen bereits über
diesen Plan gesprochen ohne eine definitive Antwort zu bekommen, aber ich bin
überzeugt, dass wir um jeden Preis ein Blatt haben müssen, sonst können wir
nichts erreichen." [114]
In seinem Schreiben vom 1. 11. 1937 an Fleischhauer, zu dem er sich
zwischenzeitlich in immer größere (finanziell motivierte) Differenzen befand,
erwähnt Toedtli nochmals das SPK-Projekt: "Ich wurde auch vom Papstnuntius
empfangen und besprach mit ihm die ganze Angelegenheit. Er gab mir zwei
Empfehlungsbriefe. ... Es wäre ratsam, bereits heute ein Mitteilungsblatt für
die Presse erscheinen zu lassen und als Herausgabeort Bern zu nennen.
Deutschland sollte besser nicht genannt werden, da dis der Unparteilichkeit
schaden könnte. Die katholischen Kreise z. B. stehen dem Deutschen Reich
ziemlich feindlich gegenüber." [115]
Jonak hatte sein Zeugenbuch als wissenschaftlicher Mitarbeiter des
"Weltdienstes" erstellen können. Für ihn kam begünstigend hinzu, dass seitens
des Naziregimes ein Interesse daran bestand, den sich seit Herbst 1934
anbahnenden Protokolleprozess propagandistisch zu gewinnen. In dieser Situation
wurde die Aufblähung des Mitarbeiterstabes des "Weltdienstes" durch das
nazistische Propagandaministerium subventioniert.
Nachdem dieser aktuelle tagespolitische Bezug sich verflüchtigt hatte, wurden
einige "Blütenträume" wieder gestutzt. So musste Jonak registrieren, dass trotz
seines Aufrufes in den "Nationalsozialistischen Monatsheften", das
Lexikonprojekt "Sigilla veri" in der Nazizeit, aus finanziellen Gründen nicht
weiter geführt werden konnte.
Toedtli war zum "Weltdienst" in der Hochphase des Protokolleprozesses
hinzugestoßen. Auch er musste schon bald erkennen, dass seine finanziellen
Erwartungen nicht die gewünschte Erfüllung fanden. Tatsächlich erhielt er von
Fleischhauer Geldbeträge und auch Vertriebsrechte des Weltdienstverlages für die
Schweiz. Unterm Strich gesehen war das, was dabei finanziell für ihn herauskam,
ihm finanziell zu wenig. In seiner Korrespondenz beklagt er sich darüber
verschiedentlich. So schrieb er beispielsweise am 5. 7. 1936 an Fleischhauer:
"Herr (Rechtsanwalt) Ruef riet mir, ich solle Ihnen schreiben und Sie um
Entlohnung meiner Arbeit bitten. Er denkt, dass die deutsche Devisenstelle doch
verstehen wird, dass wir in erster Linie für Deutschland kämpfen und daher auch
einen Gegendienst beanspruchen dürfen." [116]
Offensichtlich war Toedtlis Enttäuschung, die finanzielle Seite betreffend, so
groß, dass er zeitweilig auch an einen Bruch mit Fleischhauer dachte. Die
Schreiben des Weltdienst-Mitarbeiters Jonak an Toedtli legen davon Zeugnis ab.
So mahnte Jonak am 29. 9. 36 den Toedtli:
"Ich kann Ihren Standpunkt vollauf verstehen, da es sich bei Ihnen um eine
Existenzfrage handelt. Sollten Sie aber eine Erklärung veröffentlichen, so
möchte ich Ihnen zumindest raten, jede Gehässigkeit zu vermeiden. ... Sehr
anerkennen muss ich es, dass Sie von den laufenden Prozessen nicht
zurücktreten." [117]
Es ist bezeichnend das in diese Lücke nun die katholische Kirche eintrat. Ohne
die Empfehlungsbriefe des päpstlichen Nuntius, wäre das Toedtli'sche SPK-Projekt
höchstwahrscheinlich einen frühzeitigen Tod gestorben. So aber konnte es noch
etliche Jahre weiter existieren. Nachdem der "deutsche Stern" endgültig gesunken
war, stellte auch die SPK im Jahre 1944 ihr Erscheinen ein, obwohl man als
Herausgeber eine "Gesellschaft für Kirche und Papst" fungieren ließ. Immerhin,
aufmerksame Beobachter wussten, was sie von dieser Konstellation zu halten
hatten. In die Nachkriegszeit passte dieses Naziobjekt nicht mehr hinein.
Toedtli war schon - als die Nazis sich noch im Zenit ihrer Macht befanden - in
der Schweiz aus politischen Gründen zur persona non grata geworden. [118]
Die SPK überlebte den schon Ende der dreißiger Jahre erfolgten Sturz ihres
Gründers, indem nahtlos ein gewisser Heinrich Metzler aus St. Gallen die Arbeit
fortsetzte. In diesem Zusammenhang ist es aufschlussreich aus dem Brief vom 17.
6. 1936 zu zitieren, den Jonak damals an Toedtli richtete: "Auch der Brief
des Herrn Metzler freut mich sehr. Der Herr Oberstleutnant steht mit ihm
übrigens schon seit einiger Zeit im Schriftenwechsel und hat ihn schon am 30.
Mai auf meine 'Zeugen Jehovas' aufmerksam gemacht. Ich werde ihn nun auch noch
persönlich schreiben." [119]
Diese Zeilen belegen also, dass Metzler für das faschistische Deutschland kein
"Unbekannter" war, als er definitiv die Redaktion der SPK übernahm. Hinzuzufügen
wäre noch der vieldeutige Kommentar, den die Zeugenzeitschrift "Trost" diesem
Metzler einmal angedeihen ließ: "Der Schweizerische 'Nationalist' Metzler
schreibt in einem Briefe an Toedtli am 25. September 1936: 'Sie verstehen, dass
ich erst ab November 'eingetragener' Schweizer bin und vor allem nicht gerne an
die Öffentlichkeit treten kann, was ich überhaupt vermeide, weil sonst die
'Forscherarbeit' etwas gehemmt ist." [120]
Wenn Metzler also erst seit November 36 das Schweizer Bürgerrecht besaß, dann
fragt man sich was war er vorher? Angesichts der faschistischen Aktivitäten
lässt das Raum für einige Spekulationen. Und von der katholischen Kirche ist
auch in anderen Zusammenhängen genügend bekannt, dass sie in solchen diffizilen
Situationen nach dem Grundsatz zu handeln pflegt: "Die Feinde meiner Feinde -
sind auch meine Freunde." Mit anderen Worten, sie hat keine Skrupel, selbst die
anrüchigsten Koalitionen einzugehen!
Für ihre Leserschaft zitierte das "Goldene Zeitalter" einmal aus der
vorbenannten "Schweizerischen Presse-Korrespondenz" vom 5. November 1936 die
folgenden Sätze:
"Der Fall zeigt wieder einmal am Beispiel, dass die Redaktion der Zeitschrift
'Das Goldene Zeitalter' keine Mittel scheut, in ihrem gemeinen Feldzuge gegen
Kirche und Religion und das diese Wühlarbeit der genannten Organisation die
Aufmerksamkeit der Behörden verdient. Die Aufklärung über die letzten
politischen Ziele dieser religiös getarnten Gesellschaft muss fortgesetzt werden
und wir möchten bei dieser Gelegenheit nicht versäumen, auf die äußerst
wertvolle Arbeit des Ministerialrates Dr. Hans Jonak von Freyenwald, Wien
'Zeugen Jehovas' aufmerksam zu machen. " [121]
Über die Auswirkungen dieser Anti-Zeugen Jehovas-Propaganda musste das "Goldene
Zeitalter" konstatieren: "Es ist ein offenes Geheimnis, dass die katholische
Hierarchie den Faschismus und Nationalsozialismus als Bundesgenossen hat und
dass die Vertreter der hierarchischen Weltanschauung lieber heute als morgen die
gewaltsame Unterdrückung jeder freien geistigen Bewegung auch in der Schweiz
durchsetzen möchten, und zwar unter dem Deckmantel der Religion, der Ordnung und
der Sicherheit vor dem Bolschewismus.
Das ist der wahre Zweck des Protestes und des Verleumdungsfeldzuges der
katholischen Aktion gegen die Zeugen Jehovas. Diese Saat des Hasses auf
Schweizerboden durch den berüchtigten Judenhasser Fleischhauer, seinen
Bundesgenossen Dr. Jonak und die Herren Metzler und Toedtli in etlichen
katholischen und frontistischen Presseerzeugnissen hat bereits Früchte getragen,
indem (z. B.) In Arbon ein Plakat prangte mit der Aufschrift: 'Schweizervolk,
erhebe dich gegen das Lumpenpack Jehovas Zeugen, geborene Bibelforscher.'"
[122]
Diesen vorgenannten Boris Toedtli charakterisierte das "Goldene Zeitalter" mit
den Worten: "Wer ist nun dieser Toedtli, der sich in seinen heiligsten
Gefühlen verletzt glaubt durch die Schriften und Bilder der Zeugen Jehovas? Dem
Eingeweihten gibt schon sein Briefkasten genügend Aufschluss:
U. Bodung Verlag. Schweizerische Presse Korrespondenz. B. Toedtli World Service
Welt Dienst.
Wir haben schon erwähnt, dass dem U-Bodung-Verlag der Nationalsozialist
Fleischhauer vorsteht; er ist aber auch Chefredakteur des 'Weltdienstes'. Und
nun staune der Leser noch: Eigentümer der Schweizerischen Presse-Korespondenz
ist die im Jahre 1931 in St. Gallen gegründete Aktion 'Für Kirche und Papst!'
Hie Nationalsozialismus - hie Katholizismus! Wie ist das möglich, wird der
erstaunte Leser fragen. Wir können ihm die Antwort darauf geben. Die
Beschuldigung, dass die Bibelforscher getarnte Kommunisten seien, dass sie mit
den Freimauern und Juden den gewaltsamen Umsturz der christlichen Regierungen
erstrebten und auf den Trümmern der Christenheit ein jüdisches Reich errichten
wollten wurde zuerst im katholischen Bayern von deutschvölkischen Pfarrern und
katholischen
Priestern erhoben." [123]
An anderer Stelle zitiert das "Goldene Zeitalter" über Toedtli aus einem
Gerichtsurteil: "Was einmal die Legitimation des Klägers betrifft, so ist
zuzugeben, dass Toedtli, ehemals Mitglied der griechisch-katholischen Kirche,
allerdings nicht Mitglied der römisch-katholischen Kirche geworden ist, aber er
ist, wie er uns versichert hat, Anhänger dieses Glaubens, eines Glaubens der
durch das Bernische Strafgesetz geschützt wird. Toedtli ist also als
'Verletzter' zu betrachten. So die Ansicht des Gerichts betreffs
Aktivlegitimation des Klägers (in der Berufungsverhandlung). Wir überlassen es
dem
vorurteilsfreien Leser, sich über diesen 'juristischen Scharfsinn' einen Reim zu
machen. " [124]
Ein von Toedtli gegen die Bibelforscher arrangiertes Gerichtsverfahren nahm
konkrete Formen an. Vom Gericht wurde dafür als Verhandlungstermin der 28.
August 1936 angesetzt. Es erwies sich, dass die Hilfe die dabei Jonak seinem
Schützling Toedtli gewährte einen organisatorischen Hintergrund hatte. Die Fäden
dazu wurden nicht in Bern, auch nicht in Wien, sondern in Erfurt (Deutschland)
gezogen. Dies machte auch das Schreiben deutlich, dass Jonak am 31. 7. 1936 an
Toedtli richtete:
"Lieber Herr Toedtli!
Ich kenne mich nicht mehr aus. Am 20. Juli schreiben Sie mir, dass Sie,
Oberstleutnant und Herr Ruef am 19. 7. in Freiburg entschieden haben, dass wegen
des Bibelforscherprozesses meine Anwesenheit in Bern dringend notwendig sei und
dass der Oberstleutnant zugestimmt hat, dass ich für drei Monate kommen soll.
Darüber erfuhr ich von keiner Seite bisher etwas und der Oberstleutnant schrieb
mir nicht ein Wort darüber, bloß: 'am 26. 8. werden noch keine Zeugen
vorgeladen. Das wird erst am 26. 8. von unserer Seite beantragt. Trotzdem aber
halte ich es für gut, wenn Du anwesend bist.'
Das widerspricht ganz dem, was Sie mir schrieben: keine Dringlichkeit, nichts
von einem längeren Aufenthalt, früheste Anwesenheit am 26.!!
Bitte fragen Sie doch Herrn Ruef, was man über mich in Freiburg festgelegt und
teilen Sie es mir mit. Ich komme sonst in eine peinliche Situation. Ich bin
durchaus schon verstimmt. Mit herzlichen
Grüßen Ihr Dr. Jonak." [125]
Bereits in dem Prozess um die vorgeblichen "Protokolle der Weisen von Zion"
hatte der nazistische Gutachter Fleischhauer die Bibelforscher "aufgeschreckt",
indem er darin bezogen auf sie, einige (aus ihrer Sicht) massive Verleumdungen
zum Ausdruck brachte. Die Zeugenführung zitiert dann auch ausführlich noch aus
ihrer dem Gericht zugestellten schriftlichen Stellungnahme zu der Anklage des
Toedtli; sowie auch einige Pressestimmen dazu. Dabei gelingen ihr durchaus
einige beachtenswerte Beobachtungen: "Der Ankläger, Herr Toedtli, beruft sich
fast ausschließlich auf die zahlreichen und beleidigenden Äußerungen des
Oberstleutnants a.D. Fleischhauer, die zuerst anlässlich der Gerichtsverhandlung
über die Zionistischen Protokolle niedergelegt und welche gewöhnlich sofort
veröffentlicht und als Propagandamittel gegen die Bibelforscher, resp. Zeugen
Jehovas benutzt werden." [126]
An anderer Stelle zitiert sie einen Pressebericht, der über Toedtli berichtet,
dass sein Anwalt Ruef, der Gegenseite die Anklage auf "Herabwürdigung der
Religion", über das Gericht habe schriftlich zustellen lassen. Als Begründung
für dieses Verfahren wird zitiert:
"Da er (Toedtli) in der russischen Revolution sein Gehör verloren habe, was
ihn sonderbarerweise aber nicht hinderte, bei den Ausführungen des
Gegenverteidigers aufmerksam hinzuhorchen und sich von Zeit zu Zeit Notizen
zumachen, während er sich in der übrigen Zeit, wo er nichts hören konnte, mit
Abzeichnungen vom Gerichtssekretär und verschiedenen Phantasie-Symbolen die Zeit
vertrieb." [127]
Abgesehen von dem polemischen Unterton dieser Reminiszenz, ist es doch
bemerkenswert, dass der Kläger, ein Exilrusse und strammer Antikommunist,
lediglich über seinen Anwalt agieren ließ. Auch gilt es nochmals festzuhalten,
dass der Kläger sich in der Sache fast ausschließlich auf die formal von
Fleischhauer zuerst vorgetragenen Argumente stützten.
Eine weitere beachtliche Feststellung gelingt der Zeugenführung mit der
Anmerkung:
"Man vergleiche Fleischhauers veröffentlichtes Gutachten mit seiner
Vernehmlassung vom 10. Mai 1936 und mit Dr. Jonak von Freyenwalds Buch 'Die
Zeugen Jehovas' und beachte die vielen ganz gleichlautenden Paralellstellen,
ohne dass der eine den anderen als Verfasser anführt. Dr. Jonak, der von
Fleischhauer als Experte gegen die Bibelforscher im Verleumdungsprozess resp.
wegen falscher Expertise vorgeschlagen wurde, kam vor etwa zwei Jahren in unser
Zweigbüro in Wien, heuchelte Interesse an der Literatur, erwarb sich die Bücher
und schrieb dann mit ausdrücklicher Genehmigung des kath. erzbischöflichen
Ordinariates von Wien in Verbindung mit Herrn Fleischhauer, die Hetzschrift in
welcher immer dieselben, niemals bewiesenen Behauptungen erhoben werden,
nämlich, dass die Bibelforscher mit den Juden, Freimaurern und Kommunisten die
Zerstörung der christlichen Religion, der christlichen Staaten und überhaupt der
ganzen menschlichen Zivilisation durch Krieg, Revolution und andere Gewaltmittel
herbeizuführen bezwecken, um dann auf den Trümmern der Christenheit ein
jüdisches Nationalreich zu gründen.
Dr. Jonak, der in Wien wohnt, lässt sein Buch vorsichtshalber in Deutschland im
Germania-Verlag in Berlin verlegen, während Fleischhauer seine Verleumdungen
wohlweislich durch einen Strohmann in Bern vorbringen lässt, während er selber
sich hinter der Front versteckt." [128]
Diese seinerzeitige Analyse der personalen Zusammenhänge, hat sich auch im
Lichte neuerer Forschungsergebnisse als zutreffend erwiesen.
Aufhänger jenes von Toedtli angestrengten Prozesses war die These der
"Herabwürdigung der Religion" durch die Zeugen Jehovas. Das erwies sich in der
Tat als ein für die Zeugenführung kritischer Punkt. Denn ihr seinerzeitiges
Haupt J. F. Rutherford pflegte in seinen zahlreichen Schriften eine
"undiplomatische" Sprache zu sprechen. Er zögerte nicht "Anklagen" zu
formulieren und in vielerlei Gestalt zu variieren. "Freunde" außerhalb seiner
Gefolgschaft hat er sich dabei ganz sicher nicht erworben. Die Frage ist aber
dabei. Hat er die Grenzen dessen überschritten, was Vertreter anderer Richtungen
und Organisationen an Kritik gegebenenfalls klaglos oder auch nicht klaglos,
einstecken müssen?
Rutherford lebte in den USA. Im Kontext des dortigen Pluralismus wird man
feststellen müssen, dass er für dortige Verhältnisse, vielleicht in dem einen
oder anderen Fall die Grenze des zu Tolerierenden hart streifte, dass er sie
aber in der Regel nicht überschritt. In Hitlerdeutschland herrschte bekanntlich
eine ganz andere politische Situation. Dort war man nicht im Entferntesten
bereit in diesen Fragen Konzessionen zu machen.
Das fragliche Gerichtsverfahren spielte sich jedoch in der Schweiz ab. Und deren
politische Grundsätze standen denen der USA doch näher als denen
Hitlerdeutschlands. Die Frage war also letztendlich. Würde die Schweiz diesem
faktisch faschistisch initiierten Versuch der Einflussnahme auf ihre politischen
Grundsätze abwehren oder ihr Erliegen?
Bekannt ist das im weiteren Verlauf die mit den Nazis sympathisierenden
Schweizer Kreise noch andere "Versuchsballons" dieser Art gestartet haben. Einer
davon war ein sogenanntes "Volksbegehren" mit dem Ziele, die Freimaurerei in der
Schweiz zu verbieten, was letztendlich auch scheiterte.
Über das Endergebnis dieses Toedtli'schen Prozesses berichtet die "Berner
Tagwacht" vom 28. August 1936.[129] "Nach den Schlussreden der Beklagten, die
unter anderem aufschlussreiche Einzelheiten über die Verfolgung von
Bibelforschern im Dritten Reich gaben - Herr Harbeck hat selbst die
Gestapo-Keller kennengelernt - was den Klagevertreter sichtlich nervös macht
wurde die Klage abgewiesen.
Es wurde ausgeführt, dass eine scharfe "oft drastische Kritik am 'sogenannten
Christentum' feststellbar sei die sich aber in jedem einzelnen Fall direkt auf
Bibelworte selbst bezieht und deshalb nicht strafrechtlich verfolgt werden
könne, sonst müsste man die Bibel selbst als 'Schundliteratur' verurteilen
Da der Beweis, dass die Zitate und Bilder öffentliches Ärgernis erregt und den
Religionsfrieden gestört hätten, nicht erbracht ist, kann von einer Verurteilung
nicht die Rede sein, da in einem demokratischen Staat mit Glaubens- , Gewissens-
und Pressefreiheit eine starke Kritik zulässig ist. Die Klage von Herrn Toedtli
wird deshalb abgewiesen, die Herren Harbeck und Zürcher von der Anklage wegen
Vertrieb von Schundliteratur freigesprochen. Die Prozesskosten werden dem Staat
überbunden, und der Kläger hat den Beklagten je 150 Fr(anken) an die
Verteidigerkosten zu bezahlen. "
Bemerkenswert ist auch noch die Gegenargumentation, wie sie in der schriftlichen
Stellungnahme der Zeugen-Leitung zum Ausdruck kommt: "Weder das religiöse
Volk des Kantons Bern, noch die kirchlichen Behörden fühlten sich durch das
Lesen der eingeklagten Literatur in ihren religiösen Empfindungen verletzt,
sondern fragwürdige, politische Agitatoren sind unsere Kläger, bei denen es sich
gar nicht um eine, ihnen persönlich heilige Sache, nämlich um die Religion und
das Christentum handelt, sondern um gewöhnliche politische Propaganda und um
vorsätzliche Verleumdung des verhassten Gegners; denn nur so lassen sich die
gemeinen und hasstriefenden Ausdrücke erklären, wie z. B.
'Finsterlinge, unverschämt, blödsinnig, aufdringlich, unanständige
Bibelschändung, teuflisch, schamloser und frecher Lügengeist, religiöser
Idiotismus, freche Judasseelen, Teufelsboten, Verbrecher am Volkswohl,
skandalöses Treiben, schamloses Verdrehen, Falschmünzerei, Lügengewebe,
raffinierteste Nichtswürdigkeit, arbeitet und jubelt in einem Grade der
Weltrevolution entgegen, dass man nicht selten an die Ergüsse eines durch
Alkoholgenuss blödsinnig gewordenen bolschewistischen Zeitungsredakteurs vor
sich zu haben glaubt, Gotteslästerer, Pestboten der asiatischen Mammonsreligion'
etc. "
Dies seien alles Ausdrücke "womit die Klägerschaft uns direkt persönlich
durch die Zitate teilweise völkisch-orientierter erfolgsneidischer Pfarrer
betitelt. Diese Ausdrücke beweisen, dass weder Fleischhauer noch Toedtli
berechtigt oder befugt sind, uns wegen verschiedener Ausdrücke, die bei weitem
nicht so scharf sind, auf Grund der Gesetze über Schundliteratur und der Störung
des religiösen Friedens zu verklagen. "
Ihre schriftliche Antwort in diesem Gerichtsverfahren schließt die
Zeugen-Leitung mit der Anmerkung: "Hätten Herr Fleischhauer und Herr Toedtli
nicht eine glänzende Gelegenheit, Dr. Jam, Rosenberg, Julius Streicher oder den
Ludendorff-Verlag in Deutschland anzuklagen, da jene doch vor allem nach ihrer
Auffassung die Religion und insbesondere die 'Heilige katholische Kirche'
herabwürdigen? Wir verweisen ferner auf die vielen in Deutschland erscheinenden
Zeitungen, wie 'Flammenzeichen', 'Der Blitz', 'Das Schwarze Korps', 'Durchbruch'
sowie auf den geistigen Inhalt der Hitler-Jugend und SA-Lieder.
Wir richten an die Herren Fleischhauer und Toedtli die Frage: 'Sind ihnen diese
Bücher und Schriften unbekannt, oder empfinden sie bei der Lektüre dieser
gotteslästerlichen Schriften der Bewegung der Deutschen Christen keine
Verletzung Ihrer religiösen Empfindungen?' Eine solche Behauptung Ihrerseits
wäre Heuchelei." [130]
In der Gerichtsverhandlung vom 26. August 1936 hatte die Zeugenführung einen
faktischen Sieg errungen. Allerdings sollte er sich als Pyrrhussieg erweisen,
denn der Rechtsanwalt des formal klagenden Toedtli legte umgehend Berufung ein.
[131]
Was "die Glocke geschlagen hat", auch in der Schweiz, wurde schon wenige Tage
später deutlich. Für den 4.-7. September hatte die Zeugenführung einen
"Mitteleuropäischen Kongress" nach Luzern (Schweiz) einberufen. Am Sonntag den
6. September 1936 ließ, dass Bibelforscherhaupt Rutherford eine von ihm
vorbereitete "Resolution" vorlesen und annehmen. Deren Text macht deutlich, dass
von "Zurückhaltung" seitens der Zeugen Jehovas, da nicht geredet werden kann.
In deutlicher Tonlage hieß es darin unter anderem: "Wir heben die Tatsache
hervor, dass Satan der große Feind all derer ist, die Jehova Gott dienen, und
dass er, Satan, sich zu allen Zeiten der Religionsvertreter bedient hat, um die,
die Gott in Geist und in der Wahrheit anbeten, zu bekämpfen und zu verfolgen. So
erklären auch wir, dass wir Gott mehr gehorchen wollen als den Menschen. Wir
rufen alle gutgesinnten Menschen auf, davon Kenntnis zu nehmen, dass Jehovas
Zeugen in Deutschland, Österreich und anderswo grausam verfolgt, mit Gefängnis
bestraft, und auf teuflische Weise misshandelt und manche von ihnen getötet
wurden. Alle diese verruchten Taten werden gegen sie von einer grausamen,
heimtückischen und bösen Macht verübt, wozu sie durch jene religiöse
Organisation, nämlich die römisch-katholische Hierarchie, welche viele Jahre
lang das Volk getäuscht und den heiligen Namen Gottes gelästert hat, veranlasst
wird.
Die Hitlerregierung, die von den Jesuiten der römisch-katholischen Hierarchie
unterstützt und beeinflusst wird, hat wahren Christen jede Art grausamer
Bestrafung auferlegt und fährt fort dies zu tun. ... Es wird beschlossen, je
eine Abschrift dieser Resolution an Herrn Hitler und an den Papst in der
Vatikanstadt, dem Haupt der römisch-katholischen Hierarchie, zu senden."
[132]
Nach dem verkünden dieser Resolution begannen auch bei den politischen Behörden
der Stadt Luzern die Alarmglocken anzuschlagen. In einem Protokoll des
Regierungsrates des Kantons Luzern heißt es dazu:
"Anlässlich ihres in Luzern stattfindenden Kongresses hat die Internationale
Vereinigung Ernster Bibelforscher für Montag, den 7. September 1936 eine
öffentliche Versammlung mit einem Referat von Richter Rutherford angekündigt.
Mit Rücksicht auf die bekannte Art heftigster Propaganda war die Leitung des
Kongresses seitens der zuständigen Polizeibehörde aufgefordert worden, sich bei
der Propaganda jeder Aktion enthalten zu wollen, welche zur Störung des
interkonfessionellen Friedens und der öffentlichen Ordnung führen konnte.
Dagegen war vom Versammlungsreferenten Richter Rutherford eine solche Erklärung
nicht erhältlich." [133]
Daraufhin wurde beschlossen, unter Polizeieinsatz, den für Montag den 7. 9. 1936
geplanten öffentlichen Vortrag von Rutherford zu verbieten und zu unterbinden.
Damit war auch in der Schweiz nunmehr ein Präzedenzfall geschaffen, für das auch
dort sichtbar werdende Umschlagen der Stimmung gegen die Zeugen Jehovas.
Genüsslich zitieren sogar deutsche Rundfunksender diesen Eklat, wie dies z.B.
eine den Zeugen Jehovas zugegangene Hörerzuschrift deutlich macht: "Heute,
Dienstag morgen 7. 00 Uhr funkte der deutsche Stuttgarter Sender im
Nachrichten-Dienst folgendes: 'In Luzern hielt der Präsident der Internationalen
Bibelforscher einen Vortrag. Er wurde verboten, da er unter den Geistern der
religiösen Führer Verwirrung stiften würde.'" [134]
Jener verbotene Vortrag konnte aber doch im geschlossenen Kreis, unter
Ausschluss der Öffentlichkeit durchgeführt werden. Die Zeugenleitung hat ihn
dann auch in ihrer Literatur wörtlich dokumentiert.
Nachstehend einige Sätze daraus, die zeigen, was der Öffentlichkeit da an
"Erkenntnissen" vorenthalten wurde:
"Drüben in Deutschland, werden die Zeugen Jehovas aufs grausamste Art
misshandelt und verfolgt, nur weil sie darauf bestehen, Gottes Königreich
anzukündigen und es sind die Religionisten, die sie verfolgen. Haben Sie schon
gehört, dass die Hitler-Regierung die Katholiken verfolgt? Im Gegenteil. Es ist
bekannt, dass ein Konkordat abgeschlossen wurde zwischen dem Vatikan und der
Hitler-Regierung.
Einige wenige Katholiken sind wohl verhaftet worden, weil sie Devisen geschoben
haben und darüber haben die Zeitungen viel Aufhebens gemacht, aber es gibt nicht
ein einziges Beispiel dafür, dass angeben könnte, dass jemals ein Katholik aus
treue Gott und seinem Worte gegenüber verfolgt wurde. ... Der Teufel geht
manchmal über seine Grenzen hinaus. So möchte ich Ihnen, meine lieben Zuhörer,
sagen:
Dass, was sich hier heute in diesem Kanton zugetragen hat, geschah auf
Veranlassung der römisch-katholischen Hierarchie - Rom diktierte und dadurch kam
der Beschluss zustande, das Volk daran zu hindern, diese Versammlung zu
besuchen." [135]
Das war also das Klima das sich in der Schweiz zwischenzeitlich festgesetzt
hatte. Als es am 28. Mai 1937 zur Berufungsverhandlung des Boris Toedtli kam,
konnten sich die Richter dieser Stimmung auch nicht mehr entziehen. So wurden
denn in dieser Berufungsverhandlung die Bibelforscher als schuldig befunden.
Zürcher und Harbeck, als verantwortliche Vertreter der Zeugen Jehovas wurden zu
einer Buße von je 100 Franken verurteilt, sowie zum tragen der Anwalts-und
Gerichtskosten.
Sowie zu einer Entschädigung des Toedtli in Höhe von 500 Franken. Ihre
Gesamtkosten, betrugen somit insgesamt 1139 Franken.
Die Zeugen-Führung war über dieses Prozessergebnis nicht sonderlich erfreut.
Ihre Zitierung und Kommentierung macht das deutlich. Um das mal zu
veranschaulichen. Sie zitiert wie folgt:
"Hierauf geht der Präsident zur Bewertung einzelner Schriften und Bilder
über, für deren Verbreitung die beiden Angeschuldigten strafrechtlich
verantwortlich seien als Verbreiter und Drucker. Es war erstaunlich, was man zu
hören bekam: Es sei allerdings zuzugeben, dass die Schriften biblische Ausdrücke
wie das Wort 'Hure' im biblischen Sinne gebrauchten. Dieser Ausdruck werde aber
immer und immer wieder verwendet, so dass ein damit verbundener Zweck leicht zu
erkennen sei. Es gehe im übrigen nicht an (der Leser staune), dass biblische
Wendungen, die vor 2 000 Jahren ein Prophet Hesekiel zur Geißelung der damaligen
verdammungswürdigen jüdischen Zustände gebraucht habe, einfach zur Kritik der
Missstände der katholischen Kirchen und des Klerus heute benützt werden!
Äußerungen, wie 'das Christentum sei hochgezüchtete Heuchelei!' seien dazu
angetan, sowohl bei den Katholiken wie bei den Protestanten schweres Ärgernis zu
erregen. Diese Kostproben aus der Urteilsbegründung mögen dem Leser zur Genüge
zeigen, von welch 'hoher geistiger' Warte aus dieser Prozess beurteilt wurde."
[136]
Nach diesem Prozess kam es zu einem publizistischen Schlagabtausch zwischen dem
nunmehr als Herausgeber der "Schweizerischen Pressekorrespondenz" fungierenden
Heinrich Metzler und dem "Goldenen Zeitalter". [137] Wie kaum anders zu
erwarten, führte man Schaugefechte und redete in der Sache kräftig aneinander
vorbei.
Beispielsweise hatte das "Goldene Zeitalter" in seiner Ausgabe vom 1. November
1937 seinen Widerpart Toedtli versucht nach Kräften zu demaskieren. Unter der
Überschrift: "Die Achse Rom - Berlin" konnte man darin lesen:
"Der Berner päpstliche Nuntius gibt einem Nazi-Agenten Empfehlungsbriefe.
Unter Anschrift 'Lieber, sehr geehrter Herr Oberstleutnant' schrieb am 5. Juli
1936 Boris Toedtli, Vertreter des Weltdienst in Bern, Mitglied der Nationalen
Front, früher Mitglied des Bundes nationalsozialistischer Eidgenossen, ferner
stellvertretender Führer des 'Verbandes der allrussischen Faschisten', Hauptsitz
Charbin in der Mandschurei und Ankläger der Zeugen Jehovas wegen 'Herabwürdigung
der Religion', an den Vorgesetzten Fleischhauer in Erfurt u. a. folgendes. "
Zitiert werden dann jene Stellen aus der Korrespondenz des Toedtli, in denen er
um finanzielle Hilfe nachsucht. Weiter heißt es in dem fraglichen Schreiben:
"Herr (Rechtsanwalt) Ruef bat mich, den Kampf nicht aufzugeben, da wie hier
keine zuverlässigen Leute haben, die die Sache übernehmen können. Ich überlasse
Ihnen, diese Frage zu entscheiden. Ich habe mir bis jetzt gute Beziehungen bei
Katholiken verschafft für die Bibelforschersache. Ich wurde auch vom
Papstnuntius empfangen und besprach mit ihm die ganze Angelegenheit. Er gab mir
zwei Empfehlungsbriefe nach Zürich und St. Gallen. Mit dem Einverständnis von
Ruef werde ich diese Woche hinfahren. Es wäre ratsam, bereits heute ein
Mitteilungsblatt für die Presse erscheinen zu lassen, indem wir verschiedenes
über die Bibelforscher veröffentlichen. Das Blatt sollte zweiwöchentlich
erscheinen und als Herausgabeort Bern nennen. Deutschland sollte besser nicht
genannt werden, da dies der Unparteilichkeit schaden könnte." [138]
Als Toedtli diesen Brief schrieb befand er sich noch im Zenit seiner
Aktivitäten. Sein Verhältnis zu Fleischhauer erwies sich in der weiteren Zukunft
als zunehmend "angeknackst", da Fleischhauer den finanziellen Erwartungen des
Toedtli nicht im geforderten Umfang entsprechen konnte. Noch hatte Toedtli
seinen Triumph bei der Berufungsverhandlung gegen die Zeugen Jehovas vor sich,
aber danach sollte es für ihn steil abwärts gehen.
Nach dem Sturz des Toedtli schrieb die Zeugenführung seinem Nachfolger, dem
schon benannten Heinrich Metzler: "Im Besitze Ihres Schreibens vom 20.
Oktober 1937, wiedergegeben als 'öffentliche Anfrage' in Ihrer
politisch-katholischen 'S. P. K.' Zweifelhafter Herkunft, vom 5. November,
möchte ich Ihnen als Vorstandsmitglied der Vereinigung Jehovas Zeugen
nachstehend einiges mitteilen, und zwar nicht zu Ihrem Nutzen, sondern um den
Lesern des 'Goldenen Zeitalters' die Augen zu öffnen über ihre jesuitischen
Umtriebe. Ihr früherer Spießgeselle, der Russlandschweizer Boris Toedtli ist
bereits als Naziagent entlarvt worden und er soll ins Ausland geflüchtet sein.
Fahren Sie, Herr Metzler, nur fort, anständige Menschen zu beschimpfen und durch
aufreizende Anfragen wenn möglich in verderblichen Machenschaften zu verwickeln.
Wir kennen Ihr jesuitisches Spiel. Ihr ehemaliger, von den Schweizer Behörden
wegen Spionage verurteilte Kampfgenosse Boris Toedtli besprach den Kampf gegen
die Bibelforscher mit dem päpstlichen Nuntius, wie er selber in einem Briefe
geschrieben hat und erhielt Empfehlungen für die Vertreter der katholischen
Hierarchie.
Oberstleutnant Fleischhauer und sein Agent Toedtli versuchten nach beiden Seiten
hin, zum Katholizismus und zum Nationalsozialismus, Wasser zu tragen, und das
ist nicht leicht.
Toedtli prahlt mit seinen guten Beziehungen zu den Katholiken, aber nur für den
Kampf gegen den Bolschewismus, gegen die Juden und gegen die Bibelforscher.
Später soll wohl nach Goebbels und Mussolinis Androhung auch mit den Katholiken
abgerechnet werden.
Der nicht getaufte Katholik Toedtli spielte jedenfalls die Rolle des in seinen
Gefühlen Verletzten Katholiken, nachdem Dr. Jonak aus Wien ihm die Stellen aus
unseren Büchern herausgeschrieben hatte, über die Toedtli als Mittel zum
heiligen Zweck verletzt sein wollte. Toedtli gefiel sich in der Rolle des
Schweizerischen Kirchengewissens und unterhielt nebenbei ungehörige Beziehungen
zum Ausland. Sie Herr Metzler, gefallen sich auch in der Rolle als Hüter der
Religion und belieben Ihre Glossen zu machen darüber, dass aufrichtige Christen
von unvollkommenen Richtern wegen 'Herabwürdigung der Religion' verurteilt
wurden." [139]
In dem Schlagabtausch zwischen SPK und dem "Goldenen Zeitalter" sollte man
vielleicht auch noch auf einen ganz speziellem Höhepunkt zu sprechen kommen. Die
SPK war keine "Publikumszeitschrift" im landläufigem Sinne. Ihre vorrangige
Zielstellung war es, die verantwortlichen Redaktionen anderer Presseorgane zu
erreichen, um auf diesem Wege einen "Multiplikatoreffekt" zu erzielen.
So sind denn auch tatsächlich einige Fälle bekannt geworden, wo andere
Presseorgane die SPK nachdruckten. Ein solcher Fall ist auch unter dem Datum vom
13. 2. 1940 überliefert, wo die in Baden (Schweiz) erscheinende Publikation
"Aargauer Volksblatt" unter Berufung auf die SPK, eine tendenziöse Meldung
verbreitete.
In der Sache handelte es sich um die Referierung und Kommentierung des Falles
Hope Slipachuk (über den weiter vorstehend in dieser Studie schon die
Grundlinien ausgeführt wurden). Jetzt meinte aber die SPK, via "Aargauer
Volksblatt" noch einen weiteren Trumpf in der Hand zu haben. Und zwar kam ihr
zugute, dass ein "Renegat" der Zeugen Jehovas, ein gewisser John Correvon, der
im Berner Zweigbüro der Zeugen gearbeitet hatte, über gewisse Interna-Kenntnisse
verfügte, die er nun der SPK zugänglich machte.
Es zeigte sich im folgenden, dass der sachliche Kern der Correvon'schen
Information zutreffend war. Es zeigte sich aber auch, dass deren nunmehrige
Veröffentlichung, der Zeugen-Leitung alles andere als "nützlich" war und sie
entsprechend gereizt reagierte.
Man muss dabei auch das politische Umfeld in Betracht ziehen. Auch in der
Schweiz, war für viele, höchstwahrscheinlich für den allergrößten Teil der
Bevölkerung, die Sowjetunion die Inkarnation des Totalitarismus, den man
ablehnte und der sich nicht zuletzt in der Behandlung der Religion in der
Sowjetunion wiederspiegelte.
Gerade in den dreißiger Jahren erreichte der Terror der Sowjetunion gegen die
Religion, erschreckende Höhepunkte. In der relativ freien Berichterstattung der
Schweizer Presse wurden diese Vorgänge nicht "verschwiegen", sondern beim Namen
benannt. Die Bevölkerung war also in der Regel informiert und es bestand ein
großer Konsens in der Ablehnung der sowjetischen Politik.
In dieser Konstellation musste die Correvon'sche Information geradezu wie eine
"Bombe" einschlagen. Laut "Aargauer Volksblatt" stellte sich die Sachlage wie
folgt dar:
"Nun ist eine neue Tatsache bekannt geworden. Wir sind in den Besitz von
Berichten gelangt und geben nun vorläufig aus dem Munde einer Persönlichkeit,
die in den Kreisen der Zeugen Jehovas einen guten Namen hat Folgendes bekannt:
Letzten Sommer (1936) ist Herr Direktor Harbeck (Schweizer Zweigbüro der Zeugen
Jehovas) nach Moskau gereist, aber dass darf niemand erfahren. Er ist drei
Wochen geblieben und hat mit hohen Persönlichkeiten der Regierung und der
Gottlosenbewegung Unterhaltungen gehabt. Im Laufe der Verhandlungen hat er
versucht klarzustellen, dass die Ziele gemeinschaftlich dieselben wären. Es
wurde ihm gesagt, es sei noch zuviel 'religiöses Zeug' in den
Wachtturm-Schriften, sie seien aber ausgezeichnet für die Länder, die noch sehr
religiös fühlen und denken. Wenn Harbeck seine Mission nicht geglückt war, er
wollte in Russland eine Filiale einrichten, so kam er mit einer großen
moralischen Hilfe zurück. Die Sowjets hatten seine Bewegung für die religiös
denkenden und fühlenden Nationen gutgeheißen." [140]
Das "Aargauer Volksblatt" vermerkt weiter:
"Was sagt nun aber die Redaktion des 'Trost' dazu? Wie es scheint, ist die
Sache sowieso etwas ruchbar geworden. Die Redaktion schreibt am 1. Oktober 1939
auf Seite 7: 'Seine einmalige Reise nach Moskau, die er in Begleitung eines
amerikanischen Landsmannes ausführte, hatte den Zweck, die bibelfeindliche
Einstellung der Sowjetbehörden dokumentieren zu können. "
Dieser nicht näher verifizierte begleitende amerikanische Landsmann, dürfte dann
doch wohl höchstwahrscheinlich aus dem amerikanischen Hauptbüro der Zeugen
Jehovas gestammt haben. Diesen "Sondierungsversuch" kommentierte das "Aargauer
Volksblatt" dass seinen Bericht mit "Also doch!" betitelt hatte mit den Worten:
"Wir meinen nun aber, die Einstellung der bolschewistischen Machthaber sei
durch die blutigen Verfolgungen und all das, was sie auf dem Gewissen haben,
schon genügend dokumentiert. Wir wissen jetzt nun ganz genau, wer die Anführer
der Bibelforscher (Jehovas Zeugen) sind. Sie sind die Handlanger Moskaus und der
Komintern, die Wegbereiter des Bolschewismus in den 'noch religiös denkenden und
fühlenden Ländern. '" [141]
Eine abschließende "Abrechnung" mit der "Schweizerischen Pressekorrespondenz"
und ihrem Redakteur Metzler veröffentlichte die Zeugen Jehovas-Zeitschrift
"Trost" [142] in ihrer Ausgabe vom 15. Juli 1944.[143] Unter der Überschrift
"Heinrich Metzler und seine Presseagentur" kann man dort entnehmen, dass bis zum
20. April 1944 insgesamt 68 Folgen erschienen sind. In der Nr. 68 kündigt
Metzler an, dass er ein kontinuierliches Weitererscheinen nicht mehr garantieren
könne, dass sie in der Zukunft "in zwangloser Folge und entsprechend den sich
ergebenden Notwendigkeiten" erscheinen sollen.
Faktisch war dies sein "Schwanengesang". Die politisch-militärische Niederlage
des Hitlerregimes zeichnete sich zu diesem Zeitpunkt schon überdeutlich ab. Die
katholischen Kreise, die dieses Projekt getragen hatten, machten ihre
Vorbereitungen für die Nachkriegszeit. Personen mit starken Nazisympathien
konnte man nicht mehr im ersten Glied gebrauchen. Damit war klar, dass auch das
Metzler'sche Projekt fallen gelassen wird.
Die Zeugenführung hat, dass auch aufmerksam registriert. Beleg dafür ist auch
ihr Kommentar: "Das Metzler und seine Genossen von ihrer Presse-Agentur doch
einen größeren Aufschwung und einen glänzenderen Erfolg erwarteten, geht aus
einem Schreiben hervor, dass sie kurz nach der Gründung der 'Schweizerischen
Pressekorrespondenz' oder 'SPK' an ihre Leser sandten. Es hieß dort u. a.: 'Wir
haben in der letzten Zeit zahlreiche Ermunterungen auch von hohen kirchlichen
Stellen erhalten und werden deshalb bestrebt sein, diesen Pressedienst immer
besser und gediegener auszugestalten.' 'Immer besser und gediegener' wünschte
Metzler also seine Presse-Agentur auszubauen. Es scheint aber, dass dies jetzt
nicht mehr so notwendig ist, denn offenbar haben Metzlers Pressemeldungen wenig
Interesse und Beachtung gefunden. Über Metzler haben wir in 'Trost' schon zu
verschiedenen Malen berichtet. Wir möchten hier lediglich _ wiederholen:
Dazu kommt noch, dass Herr Metzler einen merkwürdig regen Verkehr mit Nazis und
Faschisten aller Sorten pflegt. So trifft er sich mit dem Faschistenführer
Fonjallaz. Er führt eine besonders enge Zusammenarbeit mit dem kürzlich vom
Schweizerischen Bundesstrafgericht wegen unerlaubter Handlungen zum Nachteil der
Schweiz zu einer längeren Gefängnisstrafe verurteilten Dr. Zander. Er hat aber
auch seine Beziehungen über die Grenze gesponnen, verkehrt mit den deutschen
Agenten Jonak und Fleischhauer und trifft sich mit diesen.
In seinem Kampfe, den er mit Unterstützung gewisser kirchlicher Kreise gegen
Jehovas Zeugen führte, glaubte Metzler oft triumphieren zu können. So stellte er
in der Nr. 55 vom 1. Juli 1940 der SPK voreilig die Behauptung auf, dass
'Jehovas Zeugen jetzt aus dem letzten Loch pfeifen.'
In der Ausgabe vom 1. August 1940 rühmte er seine SPK mit den Worten:
'Es war durch die SPK möglich mit einem verhältnismäßig geringem Aufwand, einem
starken und mächtigen Gegner empfindliche Niederlagen beizubringen.' Metzler
träumte von seinem großen Erfolg, den er unverfroren und siegesgewiss mit den
Worten umschrieb: 'Der Kampf aber geht weiter bis zum Endziel: Verbot und
Aufhebung der europäischen Zentrale der Zeugen Jehovas (Bibelforscher) in Bern.'
So prahlte Metzler vor 4 Jahren. Und heute? - Seine Agentur-Blätter erscheinen
nur noch in zwangloser Folge. Wie lange werden sie überhaupt noch erscheinen?"
[144]
Auch andere Gruppen und Personen sahen sich durch Schweizer faschistische Kreise
gerichtlich genötigt. Unter ihnen auch C. A. Loosli, der bereits im Berner
Protokolleprozess für die jüdische Seite als Gutachter agierte. Loosli hatte
dabei auch den Ausspruch getan, dass die Schweizer Nazis, die auch als
"Nationale Front" firmeren, sowohl in ideeller als auch materieller Hinsicht von
Deutschland ausgehalten würden. Daraufhin wurde Loosli von einer dieser
Schweizer Naziorganisationen gerichtlich belangt.
Es war das Glück von Loosli, dass zwischenzeitlich im Sommer 1937, die Schweizer
Staatsanwaltschaft ihr Augenmerk näher auf den Toedtli richtete und bei ihm eine
Hausdurchsuchung durchführte. Dabei wurde eine umfangreiche Korrespondenz
beschlagnahmt, mittels derer der Anwurf von Loosli auch dokumentarisch belegt
werden konnte. [145]
Nun mag man fragen: Warum wurde diese Hausdurchsuchung bei Toedtli veranlasst?
Die Antwort ist: Das er sich zwischenzeitlich als die Symbolfigur der Schweizer
Nazis profiliert hatte. Die "Berner Tagwacht" schrieb über ihn: "In der
Zwischenzeit ist Boris Toedtli, der in seiner Person ungefähr alles Vereinigte,
was eine frontistische Koryphäe ausmachen konnte - er war Vertreter der
Antisemitenzentrale 'Weltdienst' und Bodung-Verlag in Erfurt für die Schweiz;
Fleischhauer'schen Mitglied der Nationalen Front und eine Zeitlang auch
Gaukassier der Gauleitung Bern, früheres Mitglied des Bundes
Nationalsozialistischer Eidgenossen und besaß nicht nur enge Beziehungen zu den
übrigen Fronten, sondern war - last not least - auch noch stellvertretender
'Führer' des 'Verbandes allrussischer Faschisten', deren Hauptsitz sich in
Charbin befindet. - Dieser Boris Toedtli, (war) hier in Bern bis dahin Akteur
oder Zuschauer jedes Fröntler-Prozesses." [146]
Toedtli wurde von der Schweizer Justiz in Abwesenheit zu drei Monaten Gefängnis
verurteilt. Er hatte sich dem Gerichtstermin durch die Flucht nach Deutschland
entzogen. [147] Zwischenzeitlich hatte Deutschland mit der Sowjetunion den
sogenannten "Nichtangriffspakt" abgeschlossen. In dieser politischen
Konstellation sah er sich genötigt, im Dezember 1939 in die Schweiz
zurückzukehren. Dort musste er seine verhängte Strafe dann doch absitzen. Nach
Angabe von Cohn soll er dann innerhalb der Zeitspanne des Zweiten Weltkrieges
verstorben sein. [148]
Soweit also das schon früher ausgeführte zum Fall Toedtli.
Insofern habe ich die innere Ruhe um auch auch die „Trost"-Ausführungen in
Sachen Toedtli (in der Ausgabe vom 15. 2. 38) kommentarlos zitieren zu können.
Ein Urteil zu dem Fall kann sich jeder selbst bilden. Genanntes „Trost"
schreibt:
Boris Toedtli ist in der Schweiz erstmals an die Öffentlichkeit getreten als
Redaktor der von der "Vereinigung für Kirche und Papst" in St. Gallen seit 1936
herausgegebenen "Schweiz. Pressekorrespondenz" (SPK), wofür er mit H. Metzler,
St. Gallen, als verantwortlich zeichnete.
Diese sogenannte Pressekorrespondenz ist allgemein bekannt als eine tendenziöse
Hetzschrift gegen JEHOVAS ZEUGEN und deren Verkündigung des Evangeliums vom
Reiche Gottes.
Welche Bedeutung der Papst in Rom diesen Bemühungen beimißt, geht aus dem
Wortlaut eines Telegrammes hervor, welches in der Nummer der SPK vom 20. Juli
1937 veröffentlicht worden ist, das wie folgt lautet:
"Seine Heiligkeit hat mit Freude die Huldigung der Gesellschaft für Kirche und
Papst entgegengenommen und bittet um weitere Entwicklung und erteilt von Herzen
seinen Segen.
gez. Kardinal Pacelli."
Boris Toedtli war gleichzeitig Vertreter und Agent des vom Naziagenten
Fleischhauer geleiteten, nationalsozialistischen, antisemitischen "Weltdienst"
in Erfurt und somit auch Agent des deutschen Propagandaministeriums unter
Göbbels und des Büros der Auslandpolitik der deutschen nationalsozialistischen
Partei unter Alfred Rosenberg.
Toedtli war ferner Leiter des Spionagebüros v. Potters in Bern, Mitglied der
"Nationalen Front" und stellvertretender Führer des Verbandes der "Allrussischen
Faschisten" mit Hauptsitz in Charbin, Mandschurei.
Mit Datum vom 15. Juni 1936 schrieb Toedtli folgenden Brief an Oberstleutnant
Fleischhauer in Erfurt:
"Bern, den 15. Juni 1936.
Lieber, sehr geehrter Herr Oberstleutnant,
Herr Jonak hat Ihnen natürlich den ,,freundlichen" Brief von Lifschitz an die
Anklagekammer über meine Person gezeigt.
Hierbei sende ich Ihnen die Kopie meiner Antwort.
Lifschitz ist natürlich ganz im Recht. Ich bin doch Ihr Agent, wie auch
(indirekt) ein Agent des Dritten Reiches. Es ist aber nicht "zum Druck", darum
bestreite ich diese Tatsache.
Ich hoffe, daß die Antwort nicht zu mild ist."
Boris Toedtli wurde alsdann in der Folge von Erfurt aus in Verbindung mit der
"Vereinigung für Kirche und Papst" in St. Gallen und andern römisch-katholischen
Kirchenfürsten beauftragt, einen Prozeß gegen zwei Vertreter der Zeugen Jehovas
wegen "Herabwürdigung der Religion" beim Amtsgericht V in Bern einzuleiten,
wofür gleichzeitig auch die erforderlichen Mittel bereitgestellt wurden.
Wieder unter der Anschrift "Lieber, sehr geehrter Herr Oberstleutnant" schrieb
am 5. Juli 1936 Boris Toedtli an den Vorgesetzten Fleischhauer in Erfurt u. a.
folgendes:
"Herr Ruef (Anwalt der eingeklagten Frontisten im Zionistenprozeß. Red.) riet
mir, ich soll Ihnen schreiben und Sie um Entlohnung meiner Arbeit bitten. Er
denkt, daß die deutsche Devisenstelle doch verstehen wird, daß wir in erster
Linie für Deutschland kämpfen und deshalb auch einen Gegendienst beanspruchen
dürfen.
Herr Ruef bat mich, den Kampf nicht aufzugeben, da wir hier keine zuverlässigen
Leute haben, die die Sache übernehmen könnten.
Ich überlasse es Ihnen, diese Frage zu entscheiden.
Ich habe mir bis jetzt gute Beziehungen bei Katholiken verschafft für die
Bibelforschersache.
Ich wurde auch vom Papstnuntius empfangen und besprach mit ihm die ganze
Angelegenheit. Er gab mir zwei Empfehlungsbriefe nach Zürich und St. Gallen. Mit
dem Einverständnis von Ruef werde ich diese Woche hinfahren.
Es wäre ratsam, bereits heute ein Mitteilungsblatt für die Presse erscheinen zu
lassen, indem wir verschiedenes über die Bibelforscher veröffentlichen. Das.
Blatt sollte zweiwöchentlich erscheinen und als Herausgabeort Bern nennen.
Deutschland sollte besser nicht genannt werden, da dies der Unparteilichkeit
schaden könnte. Die katholischen Kreise z. B. stehen dem deutschen Reich
ziemlich feindlich gegenüber.
Es würde mich interessieren, was Sie mit Cooper verabredet haben ?
Von meinem Untergebenen in Italien, dem Abt. Führer der russischen Fascisten,
habe ich betr. den Umtrieb des W(elt). D(ienst). in italienischer Sprache
günstigen Bericht bekommen. Er schreibt, daß er überzeugt ist, daß der W. D.
Erfolg haben wird und ist bereit, dem Vertrieb nach Möglichkeit zu helfen."
Die "Gesellschaft für Kirche und Papst" in St. Gallen bemüht sich nun, sich von
Toedtli etwas mehr zu distanzieren, nachdem er als ihr Gewährsmann und Werkzeug
von der Bundesanwaltschaft in Bern als Agent und Spion des Auslandes entlarvt
wurde, jedoch seinen Prozeß gegen JEHOVAS ZEUGEN noch rechtzeitig zugunsten
seiner Auftraggeber durch Fürsprech Ruef in Bern zum Abschluß bringen konnte.
Wir verweisen hier auf einen Artikel in Nummer 9 der SPK, Ausgabe vom 5.
Dezember 1937, in welchem u. a. folgendes gesagt wird:
"Boris Toedtli hatte gegen die Ernsten Bibelforscher in Bern Strafklage wegen
"Herabwürdigung der Religion" eingereicht und suchte verständlicherweise dafür
die Unterstützung katholischer Kreise. Er gründete im Sommer 1936 die SPK und
gab auf den 1. August 1936 die erste Nummer heraus. Um dem Unternehmen jene
Richtung zu geben, die mit dem Ziele und Zwecke der Gesellschaft für Kirche und
Papst übereinstimmt, wurde auf Grund ihrer finanziellen Beteiligung die
Gesellschaft für Kirche und Papst die Eigentümerin der SPK (Schweizerische
Pressekorrespondenz). Boris Toedtli sollte seine Kenntnisse aus Sovietrußland wo
er als Auslandschweizer aufgewachsen ist, und auch seine Kenntnisse der
russischen Sprache für die Bearbeitung der antikommunistlschen Propaganda
weiterhin zur Verfügung stellen. Zudem war vorgesehen, daß er solange
Mitredaktor der SPK bleiben soll, bis zur Erledigung seines Strafprozesses, den
er am 28. Mai 1937 vor dem Berner Obergericht als Appellationsinstanz gewann
unter Buße und Kostenfolge für die beklagten Beamten der
Bibelforschergesellschaft Dann schied Toedtli am l. Juni. 1937 aus der Redaktion
der SPK aus.
Sein Prozeß und das Urteil des Berner Obergerichtes sind ein ganz wertvolles
Präjudiz für spätere Klagen gegen die Bibelforscher. Auch ist im Zusammenhang
mit dem Prozeß, dessen Ausgang durch die Presse genügend bekanntgemacht werden
konnte, die Bibelforscherfrage wieder in den Mittelpunkt des Interesses gerückt
worden, was einem merklichen Fortschritte im Kampfe gegen diese Gesellschaft
gleichkommt Eine zuständige katholische Instanz hatte auch am Ausgang des
Prozesses regen Anteil genommen und auf ihre Weise das Resultat weiten Kreisen
vermittelt In diesem Sinne haben wir die Anstrengungen von Boris Toedtli kräftig
unterstützt und damit konnte der Sache mehr gedient werden, als mit
Protesterklärungen."
Zu bedauern ist, und diese Ansicht wird auch in Gerichts- und Anwaltskreisen
unterstützt, daß sich die Strafkammer des Kantons Bern in dem Prozeß gegen
Jehovas Zeugen wegen angeblicher "Herabwürdigung der Religion" durch den Kläger
Toedtli täuschen ließ und nicht die Edierung der bei der Bundesanwaltschaft
liegenden, bei Boris Toedtli bereits beschlagnahmten 3 Kisten Beweismaterial
anbegehrte, wodurch die dunklen Machenschaften des von seinen Hintermännern
vorgeschobenen Toedtli ans Tageslicht gerückt worden wären.
Als Ergänzung der Beweismittel, wie sie durch die Veröffentlichungen des "Freien
Aargauer" vom 29./30. September, "Nationalzeitung" Nr. 539 vom 19. November und
"Bund" Nr. 566 vom 3. Dezember 1937, sowie durch die Akten bei der
Bundesanwaltschaft in Bern festgestellt worden sind, diene noch folgender
Artikel aus dem "Cesoir", Paris, in der Ausgabe vom 18. Dezember 1937 wie folgt:
"Zwei unterirdische Wege werden aufgedeckt ... welche die Verschwörer benutzten,
um in Paris an die richtigen Stellen zu gelangen.
Toedtli, von Potters Stellvertreter, war in Paris, als das Komplott aufgedeckt
wurde. Sind gewisse Weiß-Russen auch daran beteiligt!
Bern, 17. Dezember.
Ich sagte Ihnen schon gestern, wer der berühmte Baron Georg Anton von Potters
eigentlich ist, den die C. S. A. R. in Sachen Bürgerkrieg um Rat bat. Es
scheint, daß er seine Nationalität so oft wechselt wie das Hemd. Der Baron ist
ungarischer Herkunft, und bei seiner Verhaftung in Bern war er im Besitz von
zwei Reisepässen: von dem einen dieser Pässe kennen wir die Nationalität nicht,
und der andere, dem er meistens den Vorzug gab, ist ein diplomatisches Dokument
der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Das ist aber nicht alles.
Im Jahre 1933 war der Baron Attache der österreichischen Gesandtschaft in Paris,
1936 Attache der Ungarischen Gesandtschaft in München. In der Zwischenzeit
erwarb er die französische Nationalität und war gleichzeitig im Dienst des Büros
III B des deutschen Spionagedienstes des Obersten Nicolai. Die Herren Deloncle,
Duseigneur, Pozzo di Borgo und ihre Gehilfen hätten wahrlich keinen besseren
Ratgeber wählen können!
Toedtli, von Potters Agent.
Ich sagte Ihnen auch schon, daß Baron von Potters in Bern von der Polizei in dem
von ihm in der Bundeshauptstadt eingerichteten Spionagebüro verhaftet wurde.
Dieses Büro wurde von v. Potters aus der Ferne geleitet. Er hatte, wie dies
sechs dort gefundene Kisten zu beweisen scheinen, einen Mann namens Boris
Toedtli an die Spitze des Büros gestellt.
Wer ist nun eigentlich dieser Agent von Potters?
Der Berner Polizeirapport gibt uns hierüber genügende Auskunft.
Es wird uns darin bestätigt, daß Boris Petrowitch Toedtli ein Schweizerbürger
ist; am 7. Mai 1901 in Kiew in der Ukraine von einem schweizerischen Vater,
Peter Toedtli und einer russischen Mutter, Helene Kossth geboren. Dem
Polizeikommissar, der die Einvernahme Toedtlis führte, erzählte er einen
glänzenden Feuilleton-Roman, dem aber die Tatsachen ganz und gar widersprechen.
Seine ganze Kindheit soll er in Kiew verbracht haben, was ja glaubwürdig
erscheint. Im Jahre 1917, als er nur 16 Jahre alt war, hat er in den Reihen der
Armee des Generals Kornilow gekämpft, dann bei Denikin und schließlich an der
Seite Wrangels. Er soll zahlreiche Auszeichnungen erhalten haben und dann
schließlich mit 18 Jahren von den weißen Generälen zum Offizier ernannt worden
sein.
Im Jahre 1920, als er von den Sowiet-Armeen gefangen genommen wurde, gelang es
ihm unter seltsamen, wie auch abenteuerlichen Umständen die Flucht zu ergreifen.
Auf die Frage nach seinem Beruf, gab er zur Antwort, daß er zur gleichen Zeit
Photograph und Zahnarzt sei; zwei Berufe, die gewiß sehr gut zueinander passen!
Die sechs Kisten mit Dokumenten, die von der Polizei in der Wohnung Toedtlis, an
der Gewerbestraße 21 in Bern, gefunden wurden, beweisen, daß er ein ganz anderer
Held ist, als er den Anschein zu geben versuchte. Zu allererst war er der
Vertrauensmann des Barons von Potters, der für den Obersten Nicolai arbeitete.
Dann war er der Agent des berühmten ,,Weltdienstes" von Erfurt, von wo aus die
antisemitische und hitlerische Propaganda auf der ganzen Welt geleitet wird. Die
Führer dieses Propagrandabüros, Baron von Potters und Oberstleutnant
Fleischhauer, sind Agenten des Propagandaministeriums, Herrn Goebbels, und des
Büros der Auslandspolitik der deutschen nationalsozialistischen Partei, des
Doktors Alfred Rosenberg.
Andere Dokumente, von nicht minderer Bedeutung, offenbaren, daß dieser Agent von
Potters, Fleischhauers, Dr. Goebbels und Dr. Rosenbergs auch ein Agent der
Gestapo und westeuropäischer Vertreter der "Faschistischen Fan-Russischen
Partei", die ihren Sitz in Charbin hat, ist. Neben all diesen verschiedenartigen
Funktionen betätigte sich Toedtli als Buchhaltungsrevisor der Gruppen der
"Nationalen Front", die aus den extrem rechts orientierten Parteien der Schweiz
besteht. Es kommt noch besser: die Weiß-Russen übergaben ihm ein Schriftstück,
worin ihm "alle Vollmachten gegeben werden, um mit den deutschen Behörden zu
verhandeln".
Das ist Toedtli, der Untergeordnete von v. Potters, dem Ratgeber der C. S. A.
R.! Was war nun ein von Potters, der der Vorgesetzte eines solchen Mannes war?!
Ist es nicht eigentümlich, gerade in dem Moment, wo das Komplott der C. S. A. R.
aufgedeckt wird, auf Toedtli zu stossen ? Der vielseitige Agent des Barons von
Potters wohnte ja auch bei dem Weiß-Russen Stepanov, der in England und in
Frankreich wegen staatsfeindlicher Propaganda verurteilt wurde, und dessen Name
auch in den in Bern beschlagnahmten Dokumenten figuriert.
Genügen denn diese Hinweise nun eigentlich nicht?
Abdruck eines Ausweises:
Der Vorzeiger dieses - zeitweiliger Vertreter des Oberhauptes der Allrussischen
Fascistenpartei in Westeuropa - Herr Boris Petrowitch Toedtli - ist von dem
Oberhaupt und von dem Allerhöchsten Rat der genannten Partei (A. F. P.)
bevollmächtigt, Ernennungen und Entlassungen von allen Personen (Mitglieder der
A. F. P. in Europa), die die verantwortlichen Parteistellungen haben, sowie auch
die Änderungen in der Organisation der A. F. P. in Deutschland, nach seinem
eigenen Ermessen auszuführen.
Bei den Verhandlungen mit den deutschen Behörden hat er - B. P. Toedtli -
Vollmacht, als Vertreter der A. F. P. Oberhaupt der Allrussischen
Fascistenpartei und Vorsitzender des Allerhöchsten Rates der A. F. P.
K. Rodzaevsky."
Boris Toedtli hat sich nun einer durch die Bundesanwaltschaft beim Richteramt in
Bern eingeleiteten Strafverfolgung durch die rechtzeitige Flucht ins Ausland
entzogen.
Der seither allein für die SPK verantwortlich zeichnende Redaktor H. Metzler war
bis vor kurzem noch Direktor und Leiter des Zentralsekretariates des "Weltkreuz
vom allerheiligsten Sakrament", welche Institution ihren Sitz in London haben
soll, da deren Generaldirektion in London wohnt. H. Metzler hatte diesen Posten
im Winter 1933 von Marquis Alphonse Trincano in Fribourg, der schweizerischen
Hochburg der großen politischen Weltorganisation der römisch-katholischen
Hierarchie, deren Sitz im. Vatikan in Rom ist, übernommen. Letzterer soll im
Jahre 1926, aus England kommend, dieses religiös getarnte politische Werk in die
Schweiz eingeführt haben.
Seine Mitgliederzahl soll bereits auf 18 779 angewachsen sein. Wegen angeblicher
Überlastung ist nun H. Metzler von diesem Posten als Zentralsekretär
zurückgetreten. An seine Stelle trat unter Protektorat maßgebender Schweizer
Bischöfe Herr Alphons Turishauser-Brem in Hörn am Bodensee."
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"Trost" 1. 3. 1938
Es wurde schon verschiedentlich notiert, dass sich in der frühen
Bibelforscherbewegung, eine besondere Affinität für das Heilpraktikertum
nachweisen lässt. Gelangte irgendeine neuere Meldung dieser Art zur Kenntnis des
„Goldenen Zeitalters" („Trost") konnte man fast sicher sein. Sie wird auch an
die dortige Leserschaft weiter gegeben. In der „Trost"-Ausgabe vom 1. 3. 1938
war es wieder mal so weit.
Offenbar konnte sich aber wohl selbst die „Trost"-Redaktion eines gewissen
Unglaubens nicht erwehren. Getreu dem Motto: Die Botschaft höre ich wohl. Allein
es fehlt der Glaube.
An dem „Trost"-Bericht ist einzig und allein das Schlussvotum relevant, wo die
„ungläubigen Thomasse" des „Trost" dies zum Ausdruck bringen. Im Verhältnis zur
vorgetragenen (der Presse entnommenen Meldung), sei doch wohl (ihrer Meinung
nach) die Homöopathie und verwandtes, „seriöser".
Über letzteres ließe sich allerdings trefflich streiten, was aber an diesem Ort
nicht unbedingt geschehen soll.
Lassen wir es also bei einem „neutralen" Bericht bewenden, indem wir einfach nur
das mitteilen, was schon „Trost" für offenbar mitteilenswert erachtete:
„Der Wüstensand, ein Heilmittel für Lungenkranke
Die Zeitungen berichten, daß Professor Ernst Gehrcke, Direktor der
Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Berlin, entdeckt habe, daß in dem
Wüstenstaub in Nordafrika, Ägypten und der Sahara ein Heilstoff enthalten sei,
der Lungen- und Asthmaleiden heilsam beeinflussen könne. Dieser Heilstoff wird
nun in einem großen Berliner Werk auf chemischem Wege hergestellt, und so werden
die Wirkungen des natürlichen Klimas erzeugt. In wenigen Wochen soll dieses
Heilklima-Institut eröffnet und der im Wüstenstaub entdeckte Heilstoff für die
Allgemeinheit nutzbar gemacht werden.
Man war schon im vorigen Jahrhundert auf die Heilwirkungen, die Nordafrika und
die Sahara bei Lungenkranken hervorriefen, aufmerksam geworden. Der berühmte
Afrikareisende Gustav Nachtigal (1834-1885), der ein schwerkranker Mann war,
bevor er seine Entdeckungsreisen antrat, hatte beschlossen, den kleinen Rest
seines Lebens in Algier zu verbringen. Er litt an unheilbarer Lungentuberkulose
und erwartete zwar keine Heilung, aber doch Linderung seiner Schmerzen.
Merkwürdigerweise besserte sich sein Zustand in der heißen Sonne Afrikas von Tag
zu Tag, so daß er schon nach kurzer Zeit imstande war, seine berühmten
Forschungsreisen, die mit den größten körperlichen Anstrengungen verbunden
waren, durchzuführen.
Da auch andere Lungenkranke in Nordafrika und der Sahara Heilwirkungen
verspürten, wurde man auf diesen Umstand immer mehr aufmerksam. In immer
größeren Scharen suchten Lungen- und Asthmakranke Ägypten und andere Randgebiete
der Sahara auf, und stets ließ sich erneut feststellen, daß das Klima der Sahara
Heilkräfte enthielt, die man bisher dort nicht vermutet hatte. In der ganzen
Welt rühmte man bald die Lungenheilstätten in Ägypten und am Rande der Sahara.
Immer mehr priesen die Besucher dieser Gegenden die Heilkräfte, die ihnen dort
Genesung von dieser furchtbaren Krankheit verschafft hatten.
Man rühmte die afrikanische Sonne, der man in der Hauptsache die Heilwirkungen
zuschrieb. Die Männer der Wissenschaft aber waren ungläubig, da sich
herausgestellt hatte, daß Sonnenstrahlung und hohe Temperaturen in Verbindung
mit heißer, trockener Luft durchaus noch keine Heilkräfte enthielten. Man
stellte außerdem durch die Phototechnik fest, daß die. Sonnenbestrahlung in
Ägypten durchaus nicht stärker, sondern sogar etwas schwächer als in Deutschland
ist.
Professor Gehrcke fand dann, daß in der Luft Nordafrikas,- Ägyptens und der
Sahara ein ganz bestimmter Stoff enthalten ist, freilich nur in sehr geringen
Mengen. Und dieser Stoff im Wüstenstaub soll die Heilwirkungen hervorbringen.
Professor Gehrcke ließ nun - um seine Entdeckung zu erproben - von lungenkranken
Patienten Wüstenstaub einatmen, und bereits nach wenigen Minuten ließen sich
überraschende Änderungen nachweisen. Die Kranken bezeugten übereinstimmend, daß
sie wesentliche Erleichterungen verspürten. Die Heilwirkung hörte sofort auf,
wenn man die Behandlung mit Wüstenstaub aussetzte, begann aber aufs neue, wenn
der Patient wieder Wüstenstaub einatmete. Jetzt wiederholte man die Versuche in
größerem Umfange und erzielte genau die gleichen Erfolge. Nun fing man an, auch
die Luft bekannter europäischer Lungenheilstätten zu untersuchen, z. B. in
Davos, und die Ergebnisse rechtfertigten die Vermutung, daß in dieser Luft
ebenfalls Staub aus der Sahara enthalten ist.
Es ist Tatsache, daß zu bestimmten Zeiten Staub aus der Sahara in großen Mengen
über das Mittelmeer hinweg nach Europa geweht wird und dann in den Alpen
niederfällt Professor Gehrcke gelang es dann, diesen Heilstoff in komprimierter
Form darzustellen, so daß man nicht mehr genötigt ist, nach den fernen Landen zu
reisen. Man kann mittels eines Inhalationsgerätes die unsichtbare Staubwolke in
dem Heilklimainstitut in Berlin einatmen und seine erkrankten Lungen und
Bronchien dadurch zur Genesung bringen."
Und dieser „Trost"-Bericht endet dann mit der Aussage:
„Ob nun aber durch den Gebrauch dieses Wüstenstaubes bessere Kuren erzielt
werden als diejenigen, die schon seit vielen Jahren in der Volksmedizin durch
die homöopathischen und biochemischen Mittel, z. B. durch Silicea, durch
Ungosulfid, durch Heilerde, Lehmpackungen und dergleichen erzielt worden sind,
möchten wir sehr bezweifeln. Immerhin wünschen wir dem neu entdeckten
Lungenheilstoff den besten Erfolg!"
Trost" 1. 3. 1938
Zu den von den heutigen Zeugen Jehovas als „Highlights" gehandelten „Trost"-Ausgaben
gehört unzweifelhaft auch die vom 15. 2. 1938. Weniger ihren Inhalt betreffend.
Mehr und vor allem ihr Titelbild betreffend.
Wiedergegeben wird in dieser Ausgabe auch ein Erlebnisbericht aus dem KZ
Esterwegen (eines der frühen Moorlager die auch Wolfgang Langhoff in seinem
berühmten Buch „Die Moorsoldaten" schon thematisiert hatte).
„Zu den bekanntesten (dortigen) Schutzhäftlingen gehörten Carl von Ossietzky,
Friedrich Ebert jun., Ernst Heilmann, Julius Leber, Bernhard Bästlein, Theodor
Neubauer und Werner Finck."
www.diz-emslandlager.de/lager/lager07.htm
Wenn die heutige WTG es gerne so darstellt, als sei ihr Bericht in dieser „Trost"-Ausgabe
einer der ersten über die Hitler'schen KZ, so ist ihr zu widersprechen. Langhoff
und andere, haben da weit größere „Copyright-Ansprüche". Erinnert sei auch
daran, dass schon vor dem „Trost"-Bericht, die vom Hitlerregime nicht gewünschte
Auszeichnung des Carl von Ossietzky mit dem Friedensnobelpreis, sein Schicksal
ins Rampenlicht stellte, und damit auch das KZ-Esterwegen. Die WTG war also in
der diesbezüglichen Berichterstattung ein Nachzügler, keineswegs aber der
„erste".
Aber richtig ist, dass solchen Aussagen wie etwa der nachfolgenden in dem „Trost"-Bericht
zuzustimmen ist:
„Dem Gefangenen wird fortwährend ein Zustand vollkommener Hoffnungslosigkeit
vor Augen gehalten, jeder Anspruch auf Gerechtigkeit wird ihm entzogen, und
anderseits versucht man Mitleid zu erregen, indem man den Gefangenen an seine
Frau, Kinder, Geschwister, Eltern usw. erinnert."
Bei allem Mitleid auch mit den Zeugen Jehovas-Opfern des Naziregimes,
stellt sich dennoch die Frage. Waren sie in diesem Umfange unausweichlich? Oder
hat sie nicht die Rutherford-Administration durch ihr unflexibles agieren,
zusätzlich verstärkt.
Meines Erachtens sprechen auch solche Sätze in der „Trost"-Ausgabe vom 15. 2.
1938 für die letztere These wie zum Beispiel die:
„Das Zeter- und Mordgeschrei in der katholischen Presse über angebliche
Katholikenverfolgungen in Deutschland ist in aller Welt bekannt. Ebenso aber
auch die Tatsache, daß ein solches Geschrei zu aller Zeit und bei allen Anlässen
auf Befehl der Hierarchie erhoben wurde, wenn sich ihre Pläne und Absichten auf
Alleinbeherrschung der Massen nicht schnell genug entwickelten. ...
Das augenblickliche Streitobjekt ist nicht die Ausübung der katholischen
Religion in den Kirchengebäuden Deutschlands, sondern die Organisierung der
heranwachsenden Jugend....
Und dies (das Schicksal der Zeugen) einzig und allein, weil sie, ihrem
biblischen Grundsatz getreu, mit aller Kraft versuchen, sich von einer
politischen oder klerikalen Gleichschaltung fernzuhalten. Sie haben sich weder
im monarchistischen System noch im marxistischen an irgend einer Wahl oder
anderen politischen Aktion beteiligt. Warum sollten sie jetzt von diesem
Grundsatz abweichen, nur weil es irgendein sich für sehr wichtig und klug
haltender Mensch verlangt? Sie haben niemals irgend jemandem Heil oder Rettung
aus individueller oder nationaler Not zugeschrieben, außer ihrem Herrn und
Schöpfer Jehova der Heerscharen und seinem geliebten Sohne Jesus Christus.
Warum sollten sie wegen eines gewöhnlichen Regimewechsels diesen erprobten
Standpunkt preisgeben? ...
Dies kann nicht der Fall sein, denn seine Vertreter in der Schweiz, in
Österreich, in Ungarn, in New-Jersey und vielen anderen Ländern der Erde
betreiben die Verfolgung der Zeugen Jehovas in der gleichen Weise wie diejenigen
im jetzigen Deutschland...."
Der Bericht in „Trost" vom 15. 2. 1938 erschien noch ohne Namensnennung. In
der „Trost"-Ausgabe vom 1. 3. 1938, gab es dann noch eine Fortsetzung dieses
Berichtes. Diesmal namentlich gezeichnet mit Arthur Winkler.
Er erwähnt in seinem Bericht auch Heilmann und Leber namentlich, dergestalt,
dass er mit ihnen zusammen in der dortigen Baracke 9 untergebracht war, und viel
Gelegenheit gehabt hätte sich mit ihnen zu unterhalten.
Der Sadismus der SS-Wachmannschaften kommt auch in der "Trost"-Angabe zum
Ausdruck:
"Er (Leber) wurde mit Heilmann eines Tages in den Hundezwinger gesperrt, wo
beide zunächst den Auftrag erhielten, sich wie Hunde aufzuführen." Nebst
ärgerem.
(Heilmann war in der Weimarer Republikzeit unter anderem Reichtstagsabgeorneter
für die SPD
Leber weist eine ähnliche Biographie auf. Die Ehefrau letzteren (Annedore
Leber), hat in ihren Büchern nach 1945, schon relativ früh auch das Schicksal
von Zeugen Jehovas mit thematisiert; (der Fall Jonathan Stark).
Trost" 1. 3. 1938
Bekanntlich gab es zeitgenössisch auch in den USA Kontroversen um die
Zeugen Jehovas.
Letztere entzündeten sich dort besonders an der Frage des Flaggengrußes. In der
„Trost"-Ausgabe vom 1. 3. 1938 gibt es dazu eine Rutherford-Stellungnahme, die
im nachfolgenden kommentarlos vorgestellt werden soll.
„Der junge Sohn eines Zeugen Jehovas weigerte sich, die amerikanische Flagge
zu grüßen. Die Presse wußte viel darüber zu sagen. Von der "Associated Press"
wurde ich um eine Erklärung gebeten, die ich hier nun kurz geben möchte.
Die Flagge vertritt die herrschende Macht. Sie schreibt jener Macht Schutz und
Heil für das Volk zu. Die Formalität des Flaggengrußes ist eine religiöse
Zeremonie, die ein Geschöpf oder ein Ding ehrt und daher im Widerspruch mit dem
Gesetz Gottes ist. Eine jede formelle Zeremonie, die im Gegensatz zum Gesetz
Gottes steht, gereicht dem betreffenden Geschöpf zum Schaden und verunehrt den
Namen Gottes.
Gott gibt denen, die ihm Wohlgefallen, folgenden ausdrücklichen Befehl: "Du
sollst keine anderen Götter haben neben mir. Du sollst dir kein geschnitztes
Bild machen, noch irgend ein Gleichnis dessen, was oben im Himmel, und was unten
auf der Erde, und was in den Wassern unter der Erde ist. Du sollst dich nicht
vor ihnen niederbeugen und ihnen nicht dienen" (2. Mose 20: 3-5).
Dieses Gebot gibt Gott den Menschen zu ihrem eigenen Nutzen; denn der Teufel
versucht alle Menschen von Gott fortzulenken und ins Verderben zu führen. Der
Flaggengruß mag einigen Menschen ganz unwichtig erscheinen. Wenn sich aber
jemand geweiht hat, den Willen Gottes zu tun, so hat die Sache eine große
Bedeutung für ihn. Indem man eine Flagge grüßt, erhebt man sie zu einem Bilde
der Macht, von der man Heil erwartet.
Der Versuch, Kinder zum Flaggengruß zu zwingen, ist grundverkehrt; denn dadurch
wird dem Kinde das Bild einer Macht vor Augen geführt, die den allmächtigen Gott
verleugnet, von dem allein alles Heil ausgeht. Kein Staat ist befugt, Menschen
zu etwas zu zwingen, was ihnen von Gottes Standpunkt aus schadet. Wenn jemand
die Flagge zu grüßen wünscht und entsprechend handelt, so ist das seine eigene
Angelegenheit, und niemand kann ihm deswegen Vorhaltungen machen. Aber wenn sich
jemand geweiht hat, den Willen Gottes zu tun, und sich dann von einer Macht dazu
beeinflussen läßt, die Gesetze Gottes zu übertreten, so bringt er sich in eine
Gewähr. Wenn man sich auf Menschenmacht verläßt und von dorther sein Heil
erwartet, so wird man sicherlich den Schutz Gottes nicht genießen.
Im dritten Kapitel der Prophezeiung Daniels ist gerade ein solcher Fall
angeführt und dient als treffliches Beispiel für alle, die Gott lieben. Der
König von Babylon machte ein Bild, stellte es auf einem öffentlichen Platz auf
und ließ das Volk sich um das Bild versammeln. Es wurde der Befehl erlassen, daß
sich beim Ertönen der Nationalhymne alle Menschen niederwerfen und das goldene
Bild anbeten sollen; und alle, die das verweigern, würden in einen Feuerofen
geworfen. Die Hebräer waren in Babylon in Gefangenschaft. Sie vertrauten auf
Gott; und wenn sie sich vor einem von Menschenhänden gemachten Bild
niedergebeugt hätten, wären sie Gott gegenüber untreu gewesen. Die Aufstellung
des Bildes war ein Mittel der Verschwörung, die gottgetreuen Männer zu
verderben. Drei treue Diener Gottes unterließen es, sich dort vor dem Bilde
niederzubeugen. Auf die entsprechende Aufforderung gaben sie dem König zur
Antwort: 'Wir halten es nicht für nötig, dir in dieser Augelegenheit gehorsam zu
sein; und wenn du uns auch in das Feuer wirfst, so vermag uns unser Gott, dem
wir dienen, aus dem brennenden Feuerofen zu erretten; und er wird uns aus deiner
Hand, o König, erretten. Wir werden deinen Göttern nicht dienen und das goldene
Bild nicht anbeten.'
Jene drei Hebräer wurden dann gebunden und in den rotglühenden Feuerofen
geworfen. Weil sie aber Gott vertrauten und ihm treu geblieben waren, errettete
er sie aus dem Feuerofen, ohne daß ihre Kleider vom Feuer auch nur versengt
worden wären.
In gleicher Weise besteht heute von Seiten einer gewissen religiösen
Organisation eine Verschwörung, diejenigen zu verderben, die einer ungerechten
Vorschrift nicht Gehorsam leisten wollen; und hinter diesen Bestrebungen steckt
der Teufel. Die Verschwörer sind auf die hinterlistige Idee verfallen, die
Flagge zu hissen und die Kinder zu zwingen, diese zu grüßen. Wenn nun Kinder,
die gelehrt worden sind, Gott zu lieben und ihm zu dienen, diese Zeremonie
ablehnen, werden sie hart bestraft.
In Deutschland wird den Menschen befohlen, die Flagge zu grüßen mit den Worten
"Heil Hitler". Das würde bedeuten, Heil käme von Hitler, was aber eine
Gotteslästerung ist, denn alles Heil kommt allein von Gott.
In den Vereinigten Staaten versucht die gleiche religiöse Organisation, welche
die Nazi-Partei aufkommen ließ, unter deren Terror Deutschland jetzt steht, das
amerikanische Volk zu nötigen, sich entweder ihren Ideen zu fügen oder sonst
sich der Bestrafung auszusetzen.
Man lehre die Kinder, Jehova Gott und Christus Jesus zu ehren und ihnen zu
dienen, dann werden sie nicht irregehen. Die Weigerung, die Flagge zu grüßen,
weil man an Gott und Christus Jesus glaubt und ihnen dient, ist keine Verachtung
der Flagge, noch des Landes, sondern der Ausdruck richtiger Ehrerbietung und des
Gehorsams gegenüber dem allmächtigen Gott. Jeder einzelne muß sich entscheiden,
ob er Gott oder den Menschen gehorchen will.
J. F. R."
Einen quasi als Fortsetzung der Berichterstattung über die
Flaggengruß-Kontroverse zu bezeichnenden kommentierten Bericht, kann man auch
der „Trost"-Ausgabe vom 15. 6. 1939 entnehmen. Dort ist zu unter anderem zu
lesen:
„ ... Trotzdem Kinder von Zeugen Jehovas in den Vereinigten Staaten ihre
Glaubenseinwendungen geltend machen, wenn sie sich an solchen
Flaggengruß-Zeremonien nicht beteiligen, kommt es manchmal vor, daß sie deswegen
von der Schule verwiesen werden. Es ist also die Schulbehörde, die sie vom
Schulbesuch abhält.
Dennoch hat man einige Eltern zur Anzeige gebracht, weil sie ihre Kinder vom
obligatorischen Schulbesuch ferngehalten hätten. Diese verkehrte Anschuldigung
führte natürlich zu Prozessen.
Am 17. Januar 1939 wurde ein solcher Prozeß (gegen Charles und Hilda Sandstrom
wegen ihrer Tochter Grace) vom Appelationsgericht des Staates New York zugunsten
der Eltern entschieden und damit ein Präzedenzfall für ähnliche Verfahren
geschaffen. Von zwei untergeordneten Instanzen waren die Sandstroms vorher
verurteilt worden.
Man erwarte aber nicht, daß die Presse und der Rundfunk in Amerika diesen
Freispruch bekanntgemacht hätten. In welcher Weise sie darüber berichteten, mag
daraus ersehen werden, daß bei einer öffentlichen Versammlung in Columbus (Ohio)
von den Anwesenden etwa hundert erklärten, über den Fall gelesen oder gehört,
aber den Eindruck gewonnen zu haben, daß eine Verurteilung, kein Freispruch
erfolgt sei.
Kein einziger hatte den Presseberichten entnehmen können, daß die Sandstroms
freigesprochen wurden. Trotzdem hatte die Presse nicht direkt gelogen. Für
gewiefte Zeitungsschreiber ist es eben nicht schwer, einen Bericht so „glänzend"
zu gestalten, daß er wie Scheinwerferlicht ins Gesicht des Lesers wirkt, der
dann unmöglich den eigentlichen Gegenstand erkennen kann.
In diesem Falle wurde das einfach in der Weise erreicht, daß man nicht, das
freisprechende Urteil und seine Begründung, sondern eine für den
Prozeßgegenstand ganz unwesentliche Gerichtsäußerung wiedergab. Daß eine solche
Berichterstattung ebenso verlogen ist wie die offene Lüge, braucht nicht erst
betont zu werden.
Die erwähnte unwesentliche Gerichtsäußerung betraf die Frage, ob der Flaggengruß
etwas Glaubenswidriges sein könne.
Die Mehrzahl der Richter verneinte das und meinte, daß der Flaggengruß von den
Schulbehörden verlangt werden kann. Wohlgemerkt, diese Frage stand nicht
eigentlich zur Debatte, konnte also auch am Urteil nichts ändern.
Zum eigentlichen Prozeßgegenstand erklärte das Gericht deutlich, daß ein
gesetzliches Vorgehen höchstens gegen den Lehrer, nicht aber gegen die Eltern
möglich sei, weil die Eltern ihr Kind ja nicht von der Schule fernhielten. ..
Sehr interessant ist, was der Bruder des Gouverneurs von New York, Richter
Lehman, der die Sandstroms mit freisprach, über den Flaggengrußzwang ausführte.
Für Presse und Rundfunk waren diese Worte offenbar zu vernünftig und zu
amerikanisch, darum wurden sie totgeschwiegen. Richter Lehman sagte:
"Ich kann in dem Gesetz nichts finden, auf Grund dessen billigerweise verlangt
werden könnte, daß jedes Kind an solchen Veranstaltungen teilnehmen müßte,
selbst dann, wenn Kinder von ihren Eltern oder Religionslehrern dahingehend
belehrt sein sollten, daß es Ungehorsam gegen Gottes Gebot wäre, die Flagge zu
grüßen. Einem solchen Kinde auf Grund der Autorität des Gesetzes entweder durch
die Gesetzgeber oder durch einen Schulleiter einen staatlichen Befehl zu
erteilen, wäre nach meiner Ansicht eine Überschreitung der Grenzen, die den
Behörden durch die Verfassung gezogen sind.
Episkopalisten, Methodisten, Presbyterianer und Baptisten, Katholiken und Juden
mögen alle darin übereinstimmen, daß der Flaggengruß nicht Ungehorsam gegenüber
dem Willen des Schöpfers bedeuten kann; alle staatlichen Richter mögen darin
übereinstimmen, daß kein wohlmeinender Mensch gegen einen solchen Gruß etwas
Vernünftiges einwenden könne; diesem kleinen Kinde ist jedoch gelehrt worden,
etwas anderes zu glauben.
Das Mädchen muß wählen zwischen dem Gehorsam gegenüber dem Gebot des
Schulleiters und dem Gehorsam gegenüber dem, was sie, ihrer Belehrung gemäß, als
das Gebot Gottes ansieht. Sie hat sich dafür entschieden, dem zu gehorchen, was
sie für das Gebot Gottes hält. Der mehrheitlich geäußerten Gerichtsmeinung, daß
sie dem Gebot des Schulleiters selbst dann gehorchen müsse, wenn sie davor
zittert, sich den gerechten Zorn ihres Schöpfers zuzuziehen und getötet zu
werden, ,wenn die Schlacht von Harmagedon kommt', kann ich nicht beipflichten."
Und am Schlüsse seiner Ausführungen sagte dieser hohe Richter in eindringlicher
Weise:
,,Der Flaggengruß ist eine Geste der Liebe und der Achtung - schön, wenn hinter
dieser Geste wirkliche Liebe und Achtung steht. Wenn ein Kind die Flagge nur mit
Widerwillen und Schrecken grüßt, um dem Diktat des eigenen Gewissens zuwider
einem Gebot der weltlichen Behörden nachzukommen, wird die Flagge entehrt. Die
Flagge, die ,unser aller Herzen teuer ist', sollte nicht mit den Tränen eines
kleinen Kindes befleckt werden. Eine solche Befleckung und Entehrung der Flagge
war von den Gesetzgebern niemals beabsichtigt und wird von der Verfassung nicht
zugelassen."
„Trost" 15. 3. 1938
Der Spanische Bürgerkrieg (mit seiner massiven Einmischung auf beiden
Seiten), war unfraglich ein zeitgenössisch hoch bewegendes Ereignis. Nun kann
man eine Meinung zu einem Thema auf vielerlei Weise kundtun. Eine davon ist eben
auch die, dass in Form der Zitierung das ausgedrückt wird, was man selbst denkt.
Andere für sich sprechen lassen, diese „Technologie" war auch dem „Goldenen
Zeitalter" („Trost") nicht fremd. In der „Trost"-Ausgabe vom 15. 3. 1938,
begegnet man - bezogen auf den Spanischen Bürgerkrieg - solch einem Beispiel.
Sicherlich weit entfernt von einer theoretischen „Neutralität", die in der
Praxis ohnehin nicht bestand.
Was das „Trost" insbesondere „beflügelte" war der Umstand, dass sein zitiertes
Votum auch eine stark antikatholische Komponente enthielt. Wann immer die
gegeben, wurde man in der „Trost"-Redaktion besonders „hellhörig". So auch in
diesem Fall
Bereits in der Ausgabe vom 1. 3. 1938 (und in Fortsetzung auch der Ausgabe vom
15. 3. 1938) brachte das „Trost" unter der Überschrift: „Warum die Bischöfe
hinter Franko stehen", einen umfänglichen Bericht, der laut Untertitel von John
McGovern, einem römisch-katholischen Mitglied des englischen Parlaments stammen
sollte.
Seine wesentlichen Aussagen seien im nachfolgenden vorgestellt. Man kann sich
also durchaus in die Situation jener hineinversetzen, welche zeitgenössisch das
„Trost" lasen.
Im Detail wurde ausgeführt:
Durch Berichte über Folterung und Ermordung von Priestern und Nonnen und über
das Niederbrennen von Religionsinstituten sind viele Katholiken gegen das
spanische Volk eingenommen worden. Bei mir lösten diese Anschuldigungen immer
ein unbehagliches Gefühl aus. Ich war nicht darauf eingestellt, so etwas als
Wahrheit hinzunehmen, wenn es von Zeitungen berichtet wird, denen vom Standpunkt
der Arbeiterklasse aus niemals zu trauen ist. Darum machte ich dem Nationalen
Rat der Unabhängigen Arbeiterpartei das Anerbieten, daß ich die Angelegenheit an
Ort und Stelle in Spanien untersuchen wolle. Vier Wochen lang bin ich dann in
Begleitung eines verläßlichen Übersetzers dort gewesen.
Meine Fahrt war etwa 10 000 Kilometer lang, und ich hatte Unterredungen mit
Hunderten von Menschen - mit Bankiers, Lehrern, Ärzten, Rechtsanwälten,
Kaufleuten, Gewerkschaftsbeamten, Sozialisten, Soldaten, mit Bauern in ihren
Orangenplantagen und Weinbergen und mit gewöhnlichen Leuten in ihren Wohnungen.
Ich bin in die tiefsten Tiefen der Armut und des Elends hinabgestiegen, um das
Denken und Empfinden dieser Menschen verstehen zu können und die Gründe für
ihren Widerstand und ihre Erbitterung kennenzulernen.
Laßt mich die Katholiken in erster Linie daran erinnern, daß, wenn sie den
spanischen Arbeitern das Niederbrennen von Kirchen, Erschießen von Bischöfen und
Priestern und die Schändung von Nonnen zur Last legen, sie damit ein Volk
anklagen, dessen Religion vorherrschend katholisch ist.
In zweiter Linie laßt mich sie daran erinnern, daß der Faschistenführer Franko,
der als Verteidiger des Katholizismus gilt, sich der Marokkaner bedient, deren
Vertreibung dem katholischen Spanien acht Jahrhunderte kostete. Als Franko diese
Truppen einzusetzen begann, war es ihm klar, daß er ein solches Vorgehen durch
besondere Propaganda beschönigen müsse, um die katholische Welt auf seine Seite
zu bekommen. Er erkannte, daß, wenn er Märchen über besonders gemeine
Greueltaten gegen Priester und Nonnen erfände, er daraufhin jedes Verbrechen im
Namen der Religion würde begehen dürfen.
Wir wollen uns diesen Krieg, den Franko für Zivilisation und Christentum führt,
einmal etwas näher ansehen.
Ich begab mich an die Madrider Front. Von weniger als 300 Meter Entfernung aus
sah ich Menschen in blutigem Kampfe. Ich sah, wie man gefangene Marokkaner
anbrachte. Ich sah, wie italienische Flieger wehrlose Menschen mit Bomben und
Maschinengewehren zerfetzten. In einem Gebiet, dessen Betreten verboten war,
besichtigte ich ein siebenstöckiges Wohnhaus, bei dem eine Bombe vom Dach bis in
den Keller durchgeschlagen war, eine Bombe im Gewicht von 500 Pfund,
vollgestopft mit den todbringendsten Explosivstoffen, die die Wissenschaft
erfinden kann. Aus etwa 700 Meter Höhe abgeworfen, hatte diese Bombe die
ungeheure Gewalt von mehr als 300 Tonnen und riß 37 Männer, Frauen und Kinder in
Stücke. Ich sah ihre Gliedmaßen umherliegen. Ich sah die blutgetränkte
Bettwäsche. Ich sah, wie man im Leichenhaus von Kindern nur die Köpfe einsargte.
So sieht der Krieg aus, den Franko für Zivilisation und Christentum führt! Das
ist der Franko, für den römisch-katholische Bischöfe und Priester auch in unserm
Lande in den Kirchen Geld sammeln - Geld für Bomben und Explosivstoffe, mit
denen in Madrid katholische Arbeiter und ihre Kinder in Stücke gefetzt werden!
Während ich in Madrid war, fiel dort auch eine Bombe von anderer Art,
italienischer Herkunft. Sie explodierte nicht, enthielt Glycerin - aber weiter
keine Explosivstoffe. Von Technikern wurde sie geöffnet, und in ihrem Innern
fand man einen Zettel mit der Aufschrift: "Eure italienischen Brüder wollen euch
nicht töten." Ich habe Bilder, die ich später hoffe auf der Leinwand zeigen zu
können. Darauf sind Kinder zu sehen, die verstümmelt wurden, während sie auf der
Straße spielten; Mütter, die von italienischen und deutschen Fliegern mit
Maschinengewehren und Bomben niedergemacht wurden, während sie in Reihen
anstanden, um ihre Tagesrationen zu empfangen. 139 Kinder kamen ums Leben; ihre
Köpfe und ihre Glieder wurden dabei auf die andere Seite der Straße
geschleudert.
Bischöfe und Priester in Spanien setzen sich für diese Untaten ein. Dafür habe
ich unwiderlegbare Beweise. Hier habe ich die Photographie eines Gewehrs, das
einem Marokkaner abgenommen wurde. An diesem Gewehr ist das Zeichen des
"Heiligen Herzens" angebracht. Hier ist ein Tornister, der einem Marokkaner
abgenommen wurde. Er weist Abbildungen der ,,Heiligen Hostie" auf. Könnte sich
die Religion noch mehr prostituieren? In der Nähe von Burgos hielt ein Bischof
eine Ansprache an die maurischen Truppen, segnete sie und sagte dabei:
"Für die Teilnahme an diesem Kampfe werdet ihr im Paradies einen besonderen
Platz erhalten."
Ich bat den Justizminister in Barcelona, Senor Andre Nin, um die Erlaubnis,
Gerichtsverhandlungen beiwohnen zu dürfen. Schon der erste Fall, den ich
anhörte, war bezeichnend. Sechs Männer wurden beschuldigt, am 19. Juli, als der
faschistische Aufstand ausbrach, im Besitz von Waffen und faschistischen
Uniformen gewesen zu sein. Einer von ihnen war krank und wurde ins Hospital
zurückgeschickt. Die Sache der andern wurde verhandelt, und ihre Geschichte war
einfach und tragisch. Wie sie sagten, gehörten sie der katholisch-faschistischen
Jugendorganisation an. Einen Tag vor dem Aufstand schickte man sie in ein
bestimmtes Zimmer der Universität, wo sie mit Uniformen und Waffen versehen
wurden. Sie erzählten, wie der Priester ihrer Kirchgemeinde sie dazu anhielt,
ihre Uniformen und Waffen zu holen. Die Basis der Katholisch-faschistischen
Jugendorganisation war das Gelöbnis, keiner Arbeiter-, Gewerkschafts- oder
Sozialisten-Organisation anzugehören oder damit auch nur zu sympathisieren.
Sie alle gaben ihr Verbrechen zu. Sie waren der Teilnahme an einem
faschistischen Aufstand gegen die ordnungsgemäß gewählte Regierung schuldig.
Offenbar waren sie sich der Tatsache bewußt, in Gefahr der Todesstrafe zu
stehen. Der eine von ihnen war ein Knabe von 16 Jahren. Er tat mir leid. Sie
wurden alle schuldig gesprochen. Der Staatsanwalt forderte die Todesstrafe. Der
Gerichtshof setzte sich aus einem Rechtsanwalt als Vorsitzenden und zwölf
Männern aus Arbeiterorganisationen zusammen. Sie gingen nicht auf den Antrag auf
Todesstrafe ein, sondern verurteilten die Gefangenen zu je 30 Jahren Gefängnis.
Jedermann weiß, daß dieses Urteil nur bis zur Beendigung des Kampfes bestehen
bleiben, dann aber, wenn die Arbeiterklasse gewinnt und in Sicherheit ist, eine
Amnestie folgen wird.
Bei meinem zweiten Gerichtsbesuch waren vier Mönche angeklagt, vom Dache eines
kleinen Klosters aus mit einem Maschinengewehr auf Flugzeuge der Regierung
geschossen zu haben. Sie gaben zu, daß geschossen worden war, leugneten aber,
daß sie es getan hätten. In diesem Kloster befanden sich acht Mönche und ein
Priester, der die Leitung hatte. Vier flüchteten. Von den vieren, die verhaftet
wurden, suchten drei zu entkommen und leisteten heftigen Widerstand. Der vierte,
ein junger Mönch von 25 Jahren, ließ sich ruhig verhaften und sagte: "Ich habe
nichts getan. Sie können mich verhören, mein Gewissen ist rein." Sogar der
Staatsanwalt ersuchte um Freilassung des jungen Mönchs. Für die ändern drei
forderte er die Todesstrafe. Der Gerichtshof zog sich zurück. Nach zehn Minuten
wurde das Urteil verkündigt. Drei wurden für schuldig erklärt und zu je dreißig
Jahren Gefängnis verurteilt, der eine wurde freigesprochen.
Diese Gerichtsverhandlungen bewiesen mir unumstößlich, daß die "Kirche" [die
Anführungsstriche sind hinzugefügt] und die Priester auf der Seite der
Faschisten standen. Doch laßt mich weitere Beweise erbringen.
Ich sah viele niedergebrannte und ausgeplünderte Kirchen. Dagegen waren andere,
darunter eine große Kathedrale, eine der schönsten der Welt, unberührt. In
Valencia und Umgebung waren nur wenige Kirchen niedergebrannt, in Barcelona
dagegen viele. Ich beschloß herauszufinden, warum sie niedergebrannt wurden, und
sah mir die Firmenschilder in der Nähe einer solchen Kirche an. Da war ein
Rechtsanwalt, ein Zahnarzt, ein Kaufmann, ein kleiner Laden, und neben der
Schule wohnte der Lehrer. Zu diesen allen will ich gehen und sie fragen: "Können
Sie mir sagen, warum diese Kirche niedergebrannt wurde?"
Diese Kirche beherrscht den Runblas, einen der bedeutendsten Boulevards in
Barcelona. Sie ragt in der Mitte dieser breiten Straße empor und teilt als
Mittelpunkt der Stadt diese nach Süden und Norden. Ein jeder dieser aufs
Geratewohl herausgesuchten Männer gab mir auf meine Frage dieselbe Antwort. Sie
alle sagten: "Ja, die Kirche war als Faschistenzentrale benutzt worden. Nach
Norden und nach Süden zu waren in ihr Maschinengewehre aufgestellt, die von
faschistischen Offizieren bedient wurden. Außerdem waren in jeder Öffnung der
Kirche Gewehrläufe sichtbar."
Man vergesse nicht: diese Leute, die ich fragte, waren Katholiken. Ein alter
Bankier sagte: "Mein Herz blutet wegen der Art und Weise, wie meine Religion für
materiellen Gewinn und politische Herrschaft mißbraucht wurde."
In jedem Bezirk, den ich bereiste, hörte ich dieselbe einfache und tragische
Geschichte. Nicht ein einziger konnte die Tatsache leugnen, daß die Faschisten
die Kirchen als Festungen benutzt hatten. Die Folgen davon waren für die
"Kirche" schrecklich.
In Valencia wurde ein Film "Sturm über Mexiko" gezeigt. In einer Szene davon
bedrückten Geistliche die Bauern und Arbeiter. Als das auf der Leinwand sichtbar
wurde, schienen sich alle Zuschauer wie ein Mann zu erheben und ihre Fäuste zu
schütteln. Sie riefen etwas, von dem ich nur das eine Wort "curas" - das heißt
"Geistlichkeit" - verstand. Ich fragte dann, was man gerufen hatte, und man
sagte mir: "Nieder mit der Geistlichkeit!"
Bei einer der Gerichtsverhandlungen, die ich besuchte, war im Hintergrund ein
Gedränge von 400 bis 500 Personen. Wenn das Wort "curas" fiel, räusperten sich
alle, als ob sie ausspucken wollten. Man konnte sehen, welcher Ekel über die
Geistlichkeit wegen deren Handlungsweise empfunden wurde. Das Volk war nicht
gegen die Religion. Viele, mit denen ich sprach, sagten, ihre Religion sei noch
so stark wie je, aber sie sei von der Geistlichkeit zugunsten der
Großgrundbesitzer und Kapitalisten Spaniens mißbraucht worden.
Trotz alledem schützen die Führer der Arbeiterklasse die Religionsführer vor
körperlichem Schaden. Zum Beispiel hatte sich einmal eine Menge von vielleicht
100 000 vor dem Palast des Bischofs von Barcelona angesammelt und forderte sein
Leben. Da erschien der Anarchistenführer Durruti, der später vor Madrid den Tod
fand, mit nur zwanzig bewaffneten Männern. Er sprach von den Stufen des Palastes
aus zu der Menge und sagte: "Laßt uns keine Dummheiten dieser Art machen. Wir
haben in den kommenden Tagen andere Aufgaben zu lösen." Er holte den Bischof
heraus, setzte ihn in ein Auto und übergab ihn der Regierung von Katalonien, die
ihn auf ein italienisches Kriegsschiff brachte. Auf diesem Schiff befanden sich
über 500 Priester und Mönche. Hunderte von Nonnen wurden sicher über die Grenze
geleitet.
Ein oder zwei Wochen lang meldete die katholische Presse, der Bischof von
Barcelona sei erschossen worden. Später berichtete sie, er sei in Rom
aufgetaucht Aber darüber, wie die katalonische Regierung den Bischof, die
Priester und Nonnen beschützte und ihnen Sicherheit für ihre Person gewährte,
schrieb die katholische Presse niemals etwas.
Diesen Schutz genoß der Bischof, trotzdem er im Verein mit dem Bischof von
Valencia bei der Parlamentswahl für die gesamte katholische Bevölkerung drei
Tage lang Gebete um die Rückkehr der faschistischen Rechte angeordnet hatte. Er
bezeichnete es als Verbrechen gegen Gott, wenn sie nicht zurückkäme!
In einer solchen Atmosphäre hat sich in Spanien die Stimmung gegen die "Kirche"
gewendet Doch das ist noch nicht das Schlimmste, was hierüber zu sagen ist. Die
"Kirche" selbst ist zu einer Einrichtung kapitalistischen Besitzes und
kapitalistischer Ausbeutung geworden.
Ich will diese häßliche Geschichte erzählen, wenn sie dem englischen und
schottischen Katholiken auch kaum glaublich erscheinen wird; aber sie ist wahr.
Und hier möchte ich einfügen: Die Gewerkschaftsbewegung Kataloniens ermächtigte
mich zu der Erklärung, daß, wenn die Katholiken unseres Landes diese Aussagen
anzweifeln, einer jeden von ihnen ernannten Delegation oder Kommission - wie
reaktionär sie auch sein mag - sichere Reise und Geleit zugesagt ist. Eine
solche Kommission wird uneingeschränkte Gelegenheit haben, sich von den
Tatsachen zu überzeugen, um selbst entscheiden zu können, ob ich die Wahrheit
sage oder nicht
Doch nun zu meiner Geschichte. Als die katalonische Regierung und die
Gewerkschaften die Industrien übernommen hatten, stellten sie eine vollständige
Liste aller früheren Aktionäre auf. Im Jahre 1931 hatte die Republik bestimmt,
daß die "Kirche" alle Industriebeteiligungen abstoßen müsse. Man gab ihr zwei
Jahre Zeit, ihre Aktien zu veräußern.
Wie kam nun die "Kirche" diesem Gesetz nach? Sie ernannte aus ihren Vertrauten
fünf Männer - ich habe ihre Namen -, die Aktien für die "Kirche" zu übernehmen.
Das waren nur Strohmänner, Vorgeschobene ohne Kapital. Drei von diesen fünf sind
als Faschisten vor das neue Volksgericht gestellt worden. Sie gaben zu, daß von
dem ganzen Besitz, der auf ihre Namen lautete, ihnen in Wahrheit kein einziger
Pfennig gehörte
Was war alles in ihren Händen? Zu einem beträchtlichen Teil die Aktien der
Untergrundbahn, der Straßenbahn, Autobusse, Eisenbahnen, und die meisten Häuser
der Elendsviertel von Barcelona. Sie besaßen Land, das Land, das den Bauern so
sehr fehlte. Sogar auf einer Versammlung katholischer junger Männer in Glasgow
sagte jemand, der von Spanien gekommen war, daß die Armut der Bauern dort
schlimmer gewesen sei als sonstwo in der Welt.
Die "Kirche" bezahlte den Bauern pro Tag zwei Peseten. Ich besuchte viele
Bauernfamilien, von denen sich eine große Anzahl niemals hatten Fleisch leisten
können. Der eine Mann, den ich traf, hatte schon seit fünf Jahren kein Fleisch
gegessen. Ich sah die Kinder. Die Geschichte ihrer Armut war in ihren traurigen
Gesichtszügen und in ihrer Körperhaltung zu lesen. Ich traf Leute, die einmal zu
ihrer Hochzeit neue Kleidung bekommen hatten und diese nun nach fünfzehn oder
zwanzig Jahren immer noch trugen. Das Mindeste, was man am Tage für die
einfachste Lebenshaltung braucht, sind zehn Peseten und die "Kirche" gab diesen
Bauern zwei! Stets wenn um die Besserung der Verhältnisse gekämpft wurde,
erklärte man die Führer dieser Bewegung von der Kanzel herab als Mietlinge
Moskaus. Mit dem Worte "Kommunismus" ist es der Reaktion stets ein leichtes,
Vorurteile zu erregen.
Die "Kirche" besaß aber noch mehr als Verkehrsmittel und Grundbesitz. Sie hatte
Aktienmehrheiten von Telephongesellschaften und Banken, im Holzhandel, in
Bauunternehmungen, im Maschinenbau, der Filmindustrie, den Kinos, den Theatern,
Kaffees, Hotels, den Sportplätzen, sogar für die Hunderennen und die
Stierkämpfe. Jedesmal, wenn ein Hund den Hasen jagte, trug das der "Kirche"
Gewinn ein. Und jedesmal, wenn ein Stier niedergestochen wurde oder ein Torero
sein Blut vergoß, zogen die Jesuiten daraus Nutzen.
Die "Kirche" zog Gewinne aus Bergwerken und aus der Stromversorgung. Man höre,
wie es mit der Elektrizität zuging. Eine schwedische Kapitalistengruppe
errichtete ein Elektrizitätswerk in Katalonien. Der Strompreis betrug pro
Einheit 35 Centimes; aber die im Besitz der "Kirche" befindlichen spanischen
Elektrizitätswerke senkten ihren Tarif auf 3 Centimes - sie machten der
schwedischen Firma das Bestehen unmöglich. Diese mußte an die Banken verkaufen.
Doch da die Banken ebenfalls den Jesuiten gehörten, kam die schwedische Firma
dabei nur auf einen verschwindend geringen Teil ihrer Kosten. Ich sagte, daß der
frühere Strompreis 35 Centimes, und der neue Preis nur 3 Centimes betrug. Doch
als die schwedische Firma liquidiert hatte, stieg der Preis wieder, und zwar
nicht auf 35, sondern auf 60 Centimes!
Es gibt auch in Spanien Konzerne ähnlich dem von Woolworth. Sie nennen sich El
Sigia und El Aguila. Diese Konzerne sind mächtig; jeder von ihnen hat ungefähr
150 Warenhäuser und arbeitet mit einem Kapital, das in die Millionen geht. Die
Aktienmehrheit auch davon war in den Händen der Geistlichkeit.
In Saragossa war ein Kabarett. Seine Erbauung kostete 500 000 Pfund Sterling. Es
hieß "Nuevo Mundo" - "Neue Welt". Auch das gehörte der Geistlichkeit. Je weniger
man über dieses Kabarett sagt, um so besser ist es! Verstehen Sie nun, warum die
"Kirche" in Spanien mit den Faschisten verbündet ist? Die Wahrheit ist, daß
diese faschistische Bewegung in der "Kirche" geboren wurde.
Ich besitze Photos (vor dem faschistischen Aufstand aufgenommen), die zeigen,
daß die "Kirche" mit den Faschisten im Bunde war. Eins davon zeigt eine
Versammlung bewaffneter Faschisten in der Kirche. Ein anderes zeigt Faschisten
am Altar, wie sie dem Priester das Tuch zur Bedeckung des Kelches reichen. Sie
dienen als Ministranten. Natürlich werden manche fragen: "Wo haben Sie die
Bilder her?" Sie stammen aus dem Büro der maßgeblichsten katholischen Zeitung
Kataloniens. Ich entnahm sie dem Redaktionsarchiv des "El Correo Catalan".
Aber es gibt in Spanien auch Katholiken, die gegen eine solche Prostituierung
der Religion Front machen. Bitte beachten Sie, was diese sagen. Ich führe zuerst
den wohlbekannten Schriftsteller Jöse Bergamin an. Er ist ein rühriger Katholik,
den aber schon seit Jahren die Neigung der offiziellen katholischen Welt
beunruhigte, sich nicht nur vom Volke, sondern auch von der Kultur zu trennen.
Er gehörte zu der Gruppe, die sich - um seine eigenen Worte zu gebrauchen - "die
Aufgabe gestellt hat" dem spanischen Leben, das in dem Volke und in der reichen,
spontan aus dem Volke hervorgehenden Kultur wurzelt, das wahre Christentum
zurückzuerobern".
Jose Bergamin sagt: "Vom Volke getrennt, stellte sich die Kirche auf die Seite
der Aristokratie, der Neureichen, der Grundbesitzer, der Armee. Ich bekam immer
mehr Widerwillen gegen die Verflechtung der katholischen Hierarchie mit den
bevorrechteten Klassen, und ihrer Politik. Die Kirche hat eine Stellung
eingenommen, die gegen das Volk und antichristlich ist
Die Kirche identifizierte sich mit den blutigen Unterdrückungsmaßnahmen und dem
unerhörten Terror von 1934, die sich gegen die Arbeiter und gegen die Liberalen
richteten. Als die Bischöfe und Priester den Faschismus öffentlich
unterstützten, konnte ein Christ gar nicht anders, als ihr Gegner zu werden und
die drei großen geistlichen Falschheiten anzuprangern, die den Faschismus in
Spanien unterstützten und die Kultur vernichteten: die offizielle Kirche, die
korrupte Aristokratie und Bourgeoisie und das Heer.
In ihrer wahren Rolle als christlich und katholisch ist die Kirche nirgendwo
Angriffen ausgesetzt. Aber eine faschistische, eine kriegführende Kirche müssen
wir bekämpfen, weil der Faschismus die Verneinung alles Christlichen ist. Er
verneint alle menschlichen Werte, für die das Christentum all die Jahrhunderte
hindurch gekämpft hat - alles was wir mit Freiheit und Menschenwürde verknüpfen.
Wir sind der Kirche treu, wenn wir das Ketzertum des Faschismus aus der Kirche
austreiben.
Eine Kirchenverfolgung gibt es nicht. Die Schließung von Kirchen und Klöstern
war allgemein eine militärische Maßnahme. Den Priestern war es gelungen, die
Klosterfrauen davon zu überzeugen, daß die Sache des Faschismus eine heilige
Sache sei, sodaß diese den Faschisten dann die Benutzung ihrer Klöster als
Angriffsbasis gestatteten. Kirchengebäude wurden zu Festungen und Arsenalen. Es
ist eine harte Wahrheit, aber nichtsdestoweniger die Wahrheit, daß die
kirchlichen Zusammenkünfte vor dem faschistischen Aufstand monatelang nicht dem
Gebet, sondern der Aufreizung zur Rebellion dienten."
Dann ist da noch Don Angel Ossorio y Gallardo, wahrscheinlich der bedeutendste
Jurist der Iberischen Halbinsel. Er ist katholisch und konservativ. Als die
Monarchie gestürzt worden war, nannte er sich selbst "einen Monarchisten ohne
König". Ihm, als Juristen, wurde die Aufgabe übertragen, eine Konstitution für
die Republik auszuarbeiten; doch das Parlament verwarf sie als zu konservativ.
Er sagte folgendes:
"Ein Christ kann nicht Faschist sein, weil Christentum mit Bezug auf die
menschliche Persönlichkeit die Befreiung des Geistes bedeutet, während
Faschismus Verneinung der Freiheit ist, Aufrichtung von Bedrückung,
Gewaltherrschaft, und zwar nicht im Interesse der vielen, sondern zum Schutz der
Bevorrechteten.
Ein Christ sollte nicht dulden, daß der Name Gottes dazu gebraucht wird, einen
rechtmäßig konstituierten Staat anzugreifen, sonst müßte er das Gebot außer acht
lassen: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist! Ein Katholik schuldet der Kirche
Achtung und Gehorsam, d. h. der Kirche als unsterblicher Verwahrerin der
höchsten, reinsten, edelsten Lehre, die die Jahrhunderte gekannt haben, und die
nicht verwechselt werden darf mit der klerikalen Degeneration Juwelenbeladener
Bischöfe, die Gott in politische Konflikte hineinziehen wollen, ihn bitten, die
Linke bei den Wahlen unterliegen zu lassen, und damit Gott zu einem
Parteikämpfer erniedrigen und seine Gottheit verlästern. Noch darf die Kirche
mit den religiösen Orden verwechselt werden, die Millionen aufhäufen, sei es nun
zum persönlichen Gebrauch für ihre Mitglieder oder nicht, noch mit geistlichen
oder richtiger weltlichen Personen, die von den Türmen ihrer Tempel herab
feuern, womit sie deren heiligen Charakter verleugnen und ihre Vernichtung
heraufbeschwören; noch mit Geistlichen, die sich mit Flinten und
Maschinengewehren auf das Schlachtfeld begeben und damit zur Schmach für ihr Amt
werden, das von ihnen fordert, für den Frieden aller zu beten, und ihnen
verbietet, auf jemand zu schießen."
Endlich zitiere ich noch Jüan Garcia Morales, einen Priester, der erklärt, daß
er seine Religion nicht verworfen habe und nicht exkommuniziert oder seines
Amtes enthoben sei. Er sagt:
"Es ist traurig, daß es in diesem Augenblick ein einfacher Priester sein muß,
der an die Katholiken appelliert, wo es doch so viele Bischöfe gibt, die sich
aber, obwohl sie den Krieg stets verurteilten, auf die Seite der Mächtigen
gestellt haben. Gott legte in unsere Hände Macht, die Führung und die Erziehung.
Warum haben die Menschen, trotz dieser uns zur Verfügung stehenden Mittel, die
Kirche verlassen? Man schiebe es nicht auf russische Propaganda. Niemand
verfügte über bessere Propagandamittel als wir. Wenn das Volk die Kirche floh,
dann deshalb, weil es die Verbindung der Kirche mit den Caciques (politischen
Größen, die die Herrschaft des Großgrundbesitzes aufrechterhalten) sah. Warum
gab es in den Konfessionsschulen zwei Kapellen, eine für die armen Kinder und
eine für die reichen?
Wir können nicht anders als zu protestieren, wenn man Millionen von Peseten in
den Palästen der Bischöfe findet, während die Armen vor Hunger umkommen, betteln
gehen oder die Speisereste in den Baracken zusammensuchen. Ein Kreuz aus zwei
Holzstäben, ein abgetragener Rock und ein Ring aus Zinn hätten genügt, um einem
Bischof die Ausübung seiner Funktionen zu ermöglichen. Der Haß des Volkes
richtet sich nicht gegen Gott, noch gegen die Kirche, er richtet sich gegen ihre
,Diener'."
Dieser Priester schließt mit der dramatischen Aufforderung an seine Bischöfe:
"Ihr verbreitet in ganz Europa das Gerücht, daß der kommunistische und
sozialistische Pöbel unser Land geraubt habe, und daß Spanien ein zugrunde
gerichtetes Land sei. Das ist eine Lüge. Ihr speit gen Himmel, und euer Gespei
fällt auf eure Angesichter zurück."
Ich schließe in der Hoffnung, daß die katholische Presse der Frage nicht
ausweichen wird. Ich hoffe, sie wird mir antworten, anstatt zu versuchen, mich
zu verleumden. Ich habe mich nicht zu entschuldigen. Nicht ich habe daraus einen
politischen Streitfall gemacht; aber da die katholische Welt dies getan hat, muß
eine Antwort erfolgen. Schon seit meinem achtzehnten Lebensjahr kämpfe ich gegen
klerikale Kanzelherrschaft. Ich erkläre den Katholiken, daß ich bereit bin, die
Geistlichkeit zu respektieren, wenn sie sich auf das geistliche und moralische
Lehramt beschränkt. Doch wenn sie das Gebiet der Politik betritt, muß sie
dieselben Schläge einstecken, die ich gewärtig bin zu empfangen!
Meine Frage an katholische Arbeiter ist folgende: Wollt ihr euch politisch und
wirtschaftlich beherrschen lassen? Wollt ihr nicht lieber in politischen und
wirtschaftlichen Fragen selbst denken? Die spanischen Arbeiter sind dazu
getrieben worden, die "Kirche" in vielen Teilen Spaniens als ihren Feind zu
betrachten. Wo die "Kirche" auf der Seite des Volkes geblieben ist, hat sie auch
immer Respekt und Ehrfurcht genossen. In den baskischen Provinzen, wo die
Priester liberal eingestellt sind, gehen sie ungehindert ihren Pflichten nach.
Ihre Kirchen und Klöster blieben unangetastet. Diese Priester werden von dem
Volke respektiert, weil sie dem Volke in seinem Kampfe gegen die Tyrannei zur
Seite standen.
Überall, wohin ich kam, sagten mir die spanischen Arbeiter: "Gehen Sie in Ihr
Land zurück und decken Sie die faschistischen Lügen auf." Ich bitte die Arbeiter
dieses Landes, nicht auf die falsche Propaganda der katholischen Presse und der
Reaktionäre zu hören. Ich bitte sie, die heldenhaften Arbeiter Spaniens zu
unterstützen - Arbeiter wie jene, die am 19. Juli in Barcelona ohne Waffen gegen
die Maschinengewehre der Faschisten anrückten und, trotzdem Tausende von ihnen
hingeschlachtet wurden, durchhielten - und gewannen. Sie unterdrückten den
Faschismus in Barcelona in weniger als achtundvierzig Stunden. Sie sind in
Katalonien Herren der Lage. Ich rufe alle Arbeiter Britanniens, von denen viele
dieselbe Religion haben wie Spaniens heldenhafte Freiheitskämpfer, auf, sie in
ihrem Kampfe zu unterstützen.
Ergänzend; siehe auch
Parsimony.24501
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15.4.38
Das seitens des „Trost" („Goldenes Zeitalter") eine besondere Affinität zur
Heilpraktikerszene besteht, wurde schon verschiedentlich festgestellt. Auch
diese „Trost"-Ausgabe bietet wieder einen Artikel, welcher in diese Richtung hin
tendiert. Der Richtung: Kritik an der Schulmedizin. Die mag im Einzelfall
richtig oder falsch sein. Das zu beurteilen maße ich mir als Medizinlaie nicht
an. Was den jetzt in Rede stehenden Artikel anbelangt, kann man diesen wohl dem
Bereich Warnungen zuordnen. Und wie es scheint, einer berechtigten Warnung. Im
Gegensatz zu anderen Medizin-Artikel des GZ/"Trost" offeriert er aber nicht eine
windige, vermeintliche „Alternative". Gerade diese vermeintlichen „Alternativen"
sind es dann wohl, die der besonderen, kritischen Durchleuchtung bedürfen.
Es sei also lediglich kommentarlos einmal wieder gegeben. Was diese „Trost"-Ausgabe
zum Thema meinte diesmal mitteilen zu können.
Aspirin, eine Gefahr für das Herz
Wenige Menschen erkennen, daß das menschliche Leben mehr und mehr durch
Herzleiden bedroht wird, und daß das Herzleiden als Gesundheitsproblem von
größerer Bedeutung ist als Masern, Diphterie, Scharlach, Krebs oder Tuberkulose.
Herzleiden ist seit dem Jahre 1910 von der sechsten an die erste Stelle der
todbringenden Krankheiten gerückt
Während der acht Jahre von 1917 bis 1925 ist in den Vereinigten Staaten die Zahl
der Todesfälle, bei deren Ursache Herzleiden eine Begleiterscheinung war, um 81
Prozent gestiegen, obwohl die Zahl der Todesfälle im allgemeinen nur um 14
Prozent höher lag. Besondere Berichte des Gesundheitsamtes der Vereinigten
Staaten für das Jahr 1928 zeigten, daß von je 100 000 Einwohnern 228 Personen an
Herzleiden starben, im Vergleich zu 106 an Nierenleiden. 105 an Krebs und 100 an
Lungenentzündung. Diese Zahlen melden jedoch noch nicht die ganze Wahrheit, weil
die Zahl der Todesfälle infolge von Herzleiden entschieden im Steigen begriffen
ist; sie hat seit Beginn des Jahrhunderts beständig zugenommen.
Alles was ist hat auch eine Ursache. Ungleichheiten, die sich in Geist und
Materie zeigen, sind kein Zufall, sondern die Folge von Ursache und Wirkung. Das
schnelle Ansteigen der Todesfälle durch Herzleiden innerhalb der letzten zehn
Jahre muß die Folge eines schädlichen Einflusses sein, dem sich die Menschen im
allgemeinen mehr hingeben. Diese Ursache zu finden und zu entfernen, ist das
logische Heilmittel. Jede Annahme, daß die Ursache in den neuzeitlichen
Lebensverhältnissen liege, ist unbegründet. Auch kann man sie nicht falscher
Ernährungsweise zuschreiben. Aber man kann sie - und wie wir glauben, mit Recht
- auf einige schädliche Drogen zurückführen, die in den letzten Jahren mehr und
mehr in allgemeinen Gebrauch gekommen sind, ohne daß die Menschen ihre
Schädlichkeit kannten, und die skrupellos angepriesen wurden.
Viele Menschen haben sich angewöhnt, als Allheilmittel gegen Schmerzen, die nun
einmal das Erbteil alles Fleisches sind, ein schmerzbetäubendes Medikament zu
nehmen, das unter dem Namen "Aspirin" bekannt ist. Aspirin ist nichts weiter als
Acetylsalycilsäure. Diese gehört zur Klasse der Kohlenteerprodukte oder
Ableitungsmittel, wie Acetanylid, Antifebrin, Antipyrtn etc., die alle als
herzangreifende Mittel bekannt sind, und die man, wenn überhaupt, mit größter
Vorsicht gebrauchen sollte.
Die physiologische Wirkung des Aspirin oder irgendeines Mittels aus dieser
Gruppe von Medikamenten ist, die arterische Spannung herabzusetzen und die
Zusammenziehbarkeit oder Elastizität der Herzmuskulatur zu schwächen. Bei
reichlichem und anhaltendem Genuß von Aspirin werden die Herzmuskeln weich und
schlaff, die Herzklappen werden entspannt und verlieren die Kraft, ihre normalen
Funktionen auszuüben. Und wenn ein gewisser Grad erreicht ist, fängt das Blut
an, bei einem jeden Pulsschlag durch die geschwächten Herzklappen
zurückzuströmen, und so findet allmählich und unbemerkt eine Veränderung der
Herzklappen statt, die, wenn sie einmal da ist, nie wieder geheilt werden kann,
sondern sich stetig verschlimmert, bis der Tod eintritt.
Acetylsalycilsäure oder Aspirin ist ein potentiell, d. h. mittelbar wirkendes,
gefährliches Medikament und darum als Hausmittel ganz ungeeignet Es ist eine
Gefahr für die Gesundheit und sollte gemieden werden.
Zu den „fremden Federn" mit denen sich die heutige WTG zu schmücken
beliebt, gehört auch Martin Niemöller. Ob denn das isoliert wiedergegebene
Niemöller-Votum aus dem Jahre 1946 wirklich das hergibt, was die WTG in ihm
hineinlesen möchte, mag man weiterhin mit einem Fragezeichen versehen.
Siehe dazu auch
Parsimony.17441
Schon zeitgenössisch, als es um Sein oder Nichtsein ging, war der damalige
WTG-Kommentar in Sachen Niemöller nicht unbedingt von „der feinen englischen
Art". Namentlich im „Trost" vom 1. 4. 1938 wurde ja seitens der WTG der Fall
Niemöller kommentiert.
Darauf wurde schon früher im Detail eingegangen in
Bekennende Kirche
abgewertet
Einige weitere - abwertende - Worte aus dieser „Trost"-Ausgabe, mögen
veranschaulichen, wie man damals diesen Niemöller von WTG-Seite aus einschätzte.
„Wer ist Pastor Niemöller? Er betrat die theologische Laufbahn erst mit 31
Jahren, nach dem Scheitern seiner Offizierskarriere. Im Kriege war er Kommandant
eines Unterseebootes, versenkte mehr als ein Dutzend Schiffe, schickte ihre
Besatzung in den nassen Tod und erhielt dafür die höchste deutsche
Kriegsauszeichnung. Sein Buch "Vom U-Boot zur Kanzel" ist zu zwei Dritteln mit
Kriegserinnerungen ausgefüllt, ist von preußischem Militärgeist beseelt, und
läßt völlige Mißachtung des göttlichen Gesetzes über die Heiligkeit des
Menschenlebens erkennen. Er hat sich auch niemals von seiner kriegerischen
Vergangenheit abgewandt; eher weist er auf sie hin, um sich den Naziführern
gegenüber "vaterländisch" zu verteidigen.
Es besteht kein Anlaß, sich in persönlicher Weise gegen diesen Pastor zu
stellen; und wenn es sich zeigt, daß er eigentlich mehr aus einem
altpreußisch-konservativen Geiste heraus, wie er früher z. B. im "Stahlhelm"
verkörpert war, Widerstand leistet, daß er also wohl ein Religionskämpfer, aber
kein Kämpfer für Gott, kein Kämpfer für echtes Christentum ist, so haben ja
deswegen die Nazis noch immer keine Entschuldigung, ihn wegen seiner religiösen
Anschauungen zu verfolgen."
Noch einmal wurde Niemöller im „Trost" thematisiert und zwar in dessen
Ausgabe vom 15. 1. 1939. Dort wurde allerdings nur ein Pressebericht der
„Nationalzeitung" Basel vom 4. 1. 1939 wieder gegeben, in dem zu lesen war:
„Pfarrer Niemöller im Konzentrationslager Sachsenhausen
Die Hoffnung, daß Pfarrer Martin Niemöller auf die Bitte des greisen
Generalfeldmarschalls von Mackensen hin auf Weihnachten aus dem
Konzentrationslager entlassen werde, hat sich nicht erfüllt...
Über das Leben Niemöllers im Konzentrationslager Sachsenhausen berichtete dem
Schweizerischen Evangelischen Pressedienst ein kürzlich entlassener Sträfling
folgendes:
Alle Insassen des KZ. wissen, daß sich Pfarrer Niemöller unter ihnen befindet.
Die Achtung vor diesem Manne ist allgemein, nicht nur bei den jüdischen
Gefangenen, sondern auch bei den Berufsverbrechern, bei den Kommunisten und
denjenigen, die unter dem Namen "Arbeitsscheue Elemente" gefangen gehalten
werden.
Pfarrer Niemöller ist innerhalb des Lagers vollständig isoliert und wird sehr
streng bewacht. Nur einmal im Tag darf er seinen Spaziergang machen, begleitet
von zwei bewaffneten SS.-Männern, die dem Totenkopf-Verband ,,Sachsen"
angehören. Sie folgen ihm auf Schritt und Tritt und sorgen dafür, daß er mit
keinem Lagerinsassen in Berührung kommt.
Solche Versuche wurden gelegentlich gemacht, von einigen Bibelforschern, die als
Häftlinge im KZ. sind. Sie wurden mit 25 Stockhieben bestraft.
Der Chef des Lagers, SS.-Oberführer Vierkant, sagte, er werde alle Maßnahmen
treffen, um den "Herrn Pfarrer zu erziehen"
Erneut zitiert „Trost" den eben gebrachten Niemöller bezüglichen Text,
wortwörtlich in seiner Ausgabe vom 15. 3. 1939. Diesmal allerdings unter
Berufung auf ein anderes Presseorgan, und zwar „Der Deutsche in Polen" vom 15.
1. 1939. Der Unterschied besteht wohl darin, dass letztere Zeitung noch einen
zusätzlichen Nachsatz anhängt, den die „Nationalzeitung" wohl so nicht gebracht
hatte. Jedenfalls geht der Text laut „Trost" vom 15. 3. 1939 wie folgt weiter:
„Der Chef des Lagers, SS-Oberführer Vierkant, sagte, er werde alle Maßnahmen
treffen, um den "Herrn Pfarrer zu erziehen". Das Konzentrationslager
Sachsenhausen sei kein Sanatorium, sondern ein Krematorium.
Niemöller übersieht jede Gemeinheit und Provokation der Bewachung. Er bat darum,
die Leichen der im Lager Verstorbenen einsegnen zu dürfen. Dieser Wunsch wurde
auf Anweisung des Chefs der gesamten Konzentrationslager im Dritten Reich,
Obergruppenführer Eicke, abgeschlagen. Jeder Kontakt Niemöllers mit anderen im
Lager befindlichen Geistlichen ist unmöglich.
Am 10. Dezember mußte Niemöller auf seinem Gang sehen, wie einer der kriminellen
Häftlinge im Gewand eines Geistlichen auf einem Faß stand und unter dem
Gelächter der Wachmannschaft die Kirche verspottete. Pfarrer Niemöller ging
vorbei, ohne ein Wort zu sagen. Hinter ihm die zwei SS-Posten mit Karabinern."
In der „Trost"-Ausgabe vom 1. 1. 1940 kommt selbiges erneut auf Niemöller,
mit ähnlicher Tendenz zu sprechen. Der Fall Niemöller wurde somit von der
zeitgenössischen WTG als Präzedenzfall eingeschätzt.
Nach 1945 hingegen, dass vereinzelte Niemöller-Votum aus dem Jahre 1946 und
danach nie mehr von Niemöller inhaltlich wiederholt.
Trotzdem glaubte auch die WTG das Recht zu haben, Niemöller für sich
vereinnahmen zu können. Ein fragwürdiges Recht, wie mir scheint.
Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
Im 1987er Jahrbuch der Zeugen kann man unter anderem die Sätze lesen:
„Im Kanton Luzern verbot man das Buch Licht, Band 1, wegen gewisser Bilder,
die es enthielt. In Freiburg, einem anderen katholischen Kanton, wurden einige
Verkündiger vor Gericht beschuldigt, durch die Verbreitung des Buches Befreiung
übermäßige Kritik an der katholischen Kirche geübt zu haben; wir verloren den
Fall. Im Kanton Graubünden wurde die Verbreitung irgendwelcher unserer
Publikationen verboten, während man im katholischen Kanton Zug die 'friedenstörende'
Tätigkeit der Zeugen Jehovas ganz und gar untersagte. Danach verordnete die
Luzerner Kantonsregierung dasselbe. ...
DAS ZIEL DES FEINDES: VOLLSTÄNDIGES VERBOT
"Es ist höchste Zeit, der Tätigkeit der Bibelforscher alias Zeugen Jehovas ein
Ende zu setzen. Diese Äußerung erschien häufig, besonders aber in der
katholischen Presse. Die Tatsache, daß Jehovas Zeugen im nationalsozialistischen
Deutschland verboten waren, ermutigte unsere Feinde in der Schweiz, das gleiche
Ziel anzustreben. ...
Ein einflußreiches Mittel war die Schweizerische Pressekorrespondenz, ein
monatlich erscheinendes Informationsblatt, das allen Behörden und
Zeitungsredaktionen zugestellt wurde. Es stand in enger Verbindung zu der
'Gesellschaft für Kirche und Papst', die 1931 in St. Gallen gegründet worden
war. Dieses Blatt war sehr bemüht, Jehovas Zeugen als eine höchst verdächtige
und staatsfeindliche Organisation, die die Idee einer jüdischen Weltregierung
unterstützt, erscheinen zu lassen.
Auf die Unterbindung unseres Werkes und das Verbot unserer Schriften
hinarbeitend, schrieb das Blatt: "Diese trübe Flut, die alle Länder Europas von
Bern aus überschwemmt, überbindet uns Katholiken in der Schweiz die
Verpflichtung, hier selbst dafür zu sorgen, daß diese Zentrale ausgehoben wird.
Wir dürfen es nicht dulden, daß dieses unser herrliches Land als Ausgangspunkt
für eine bolschewistische Wühlarbeit in den europäischen Staaten mißbraucht
wird."
Dann kommt das Jahrbuch auf die Aktivitäten des Herrn Toedtli zu sprechen
(dessen Wirken auch hier schon früher beschrieben und kommentiert wurden) und
äußert weiter:
„Die von Herrn Toedtli vorgebrachten Anklagen stützten sich auf eine lange
Abhandlung eines Herrn Fleischhauer, Mitglied der Nationalen Front und Leiter
des antijüdischen und nationalsozialistischen Propagandazentrums in Erfurt
(Deutschland)."
Hier ist das Jahrbuch schon ungenau. Genannte „Nationale Front" war eine
Schweizer Organisation, sehr faschistisch-lastiger Art. Ohne Frage. Aber der
Reichsdeutsche Fleischhauer, war deshalb noch lange nicht formelles Mitglied
oder „Ehrenmitglied".
Ist dieser Aspekt in seiner Gewichtung auch unter „ferner liefen" einortbar,
bleibt dennoch der Umstand bestehen, dass es um die Genauigkeit der
WTG-Schreiber nicht zum besten bestellt ist.
Eine aus WTG-Sicht wenig erfreuliche Pressemeldung erschien am 15. 11. 1937 in
der Schweizer Zeitung „Zuger Nachrichten"
Unter der Überschrift „Die Bibelforscher stänkern" war da zu lesen, dass sie
„am letzten Freitag eine allerdings schwach besuchte Versammlung im Gasthaus
'Eisenbahn' abhielten, wo bekanntlich allerhand Leute ihre manchmal recht
bedenklichen Versammlungen halten können. In dieser Versammlung der
Bibelforscher wurde in unflätiger Weise auf Kirche und Papst losgezogen, so daß
der Tatbestand der Störung des konfessionellen Friedens und der gemeinsten
Beleidigung feststeht. Es wird wohl dafür gesorgt werden von zuständiger Seite,
daß eine weitere Versammlung, die am 22. November vorgesehen ist, nicht mehr
stattfinden kann."
Das angesichts einer solchen Pressemeldung der WTG schlimmes schwante, kann
man sich gut vorstellen. Letzteres trat dann auch (einstweilen) ein.
In der Form einer anderen Verlautbarung, und zwar im „Amtsblatt des Kanton Zug"
vom 20. November 1937, (S. 940) wurde selbiges wie folgt formuliert:
„2014. Regierungsratsbeschluß betr. die Tätigkeit der sog. ernsten
Bibelforscher.
Der Regierunsrat.
In Anbetracht der den Religionsfrieden störenden Tätigkeit der sog. Ernsten
Bibelforscher, gestützt auf Art. 50 der Bundesverfassung und § 47 Lit. b. der
Kantonsverfassung, verfügt:
1. Den sog. Ernsten Bibelforschern ("Jehovas Zeugen" und ähnlichen
Vereinigungen) wird die Propagandatätigkeit im Kanton Zug, insbesondere der
Vertrieb von Drucksachen und die Veranstaltung von Vorträgen, verboten.
2. Widerhandlungen werden nach Maßgabe des §§ 44 des Strafgesetzes durch den
Strafrichter geahndet. Die Polizeiorgane sind angewiesen, die Drucksachen zu
beschlagnahmen.
3. Die weitergehenden Strafandrohungen des Strafgesetzes hinsichtlich
Hausfriedensbruch, Störung des Religionsfriedens etc. werden vorbehalten.
4. Dieser Beschluß tritt an Stelle des Regierungsratsbeschlusses vom 14. Februar
1925 und ist im Amtsblatt zu veröffentlichen.
Zug, den 17. November 1937
Der Landamann
C. Staub
Der Landschreiber: Dr. Zumbach"
Wie man unschwer erkennen kann, war nun wieder einmal der Zeitpunkt
gekommen, wo die WTG ihre Alarmglocken auf höchste Stufe umschalten musste. Es
war vorauszusehen. Sie würde das juristisch bekämpfen, was dann auch eintrat.
Über die Folgewirkung mussten dann die gleichen schon genannten „Zuger
Nachrichten" in ihrer Ausgabe vom 14. 2. 1938 unter der Überschrift:
„Das Bundesgericht schützt die hetzerischen 'Bibelforscher'" wie folgt
berichten:
„Aufhebung eines Zugerischen Verbotes.
Der Regierungsrat des Kanton Zug hatte am 17. November 1937 jede
gottesdienstliche Tätigkeit der Zeugen Jehovas (früher Bibelforscher genannt)
und ähnlicher Vereinigungen, insbesondere den Vertrieb von Drucksachen
biblischen Inhaltes und die Veranstaltung von Vorträgen verboten und dieses
Verbot im Amtsblatt des Kanton Zug veröffentlichen lassen. Am 30. April 1937
hatte das Bundesgericht ein gleiches Verbot des Regierungsrates des Kanton
Luzern vom 10. September 1936, weil verfassungswidrig, einstimmig aufgehoben.
Das Bundesgericht hatte sich nun auch mit einer Beschwerde der Zeugen Jehovas
gegen das Verbot im Kanton Zug zu befassen. Ein Polizeirapport vom 13. November
1937, auf den der Regierungsrat des Kanton Zug sein am 17. November 1937
erlassenes Verbot stützte, bezog sich auf einen öffentlichen Vortrag, der von
den Zeugen Jehovas Freitag, den 12. November 1937 in der „Eisenbahn" in Zug
veranstaltet worden war. Der Vortragsabend verlief ruhig, aber unter
hetzerischer Angriffen auf die kathol. Religion. Es sei durchwegs denkbar, daß
auch im vorliegenden Falle der Regierungsrat des Kanton Zug über die Zeugen
Jehovas falsch informiert worden sei.
(Anhand verschiedener, die anerkannten Konfessionen s c h w e r beleidigender
Flugblätter der Bibelforscher ist jedoch die absolute Gefährlichkeit und die
Gesetzwidrigkeit der Bibelforscher klar ersichtlich. Red.)
Die Staatsrechtliche Abteilung des Bundesgerichtes hieß nun am 4. Februar 1938
die Beschwerde der Zeugen Jehovas gegen den Regierungsrat des Kantons Zug auf,
und hob dessen eingangs genannten Beschluß auf."
Wer den Schaden hat, braucht dann wohl auch für den Spott nicht mehr Sorge
tragen. Das war dann wohl auch in diesem Falle so. In einem beispielsweise
überschriebenen Artikel:
„Vorläufig kein klerikales Glaubensmonopol" schrieb etwa „Die Arbeit.
Sozialdemokratisches Tagblatt fürs Zürcher Oberland" am 14. 2. 1938 unter
anderem:
„ ... Der Polizeirapport vom 13. November 1937 entsprach auch nicht dem
wirklichen Inhalt des Vortrages. Die Zeugen Jehovas betonten in ihrer
staatsrechtlichen Beschwerde unter anderen, daß sie das Gefühl nicht los würden,
daß nach all den Verfolgungen, besonders in Deutschland, aber auch in anderen
Staaten wie in Sowjetrußland, Japan usw. nun auch in der Schweiz Tendenzen
eindrängen, die darauf gerichtet seien, die Zeugen Jehovas mit allen Mitteln zu
unterdrücken. ..."
Ähnlich äußerte sich auch die „Berner Tagwacht" in ihrer Ausgabe vom 12. 2.
1938, die da titelte:
„Eine Niederlage des Kantons Zug"
Letztere schrieb den Zugern dann noch ins „Stammbuch":
„Auch katholische Kantone müssen sich daran gewöhnen, daß in der Schweiz noch
die Glaubens- und Gewissensfreiheit besteht und auch in den schwärzesten Winkeln
zu respektieren ist."
Fazit: Letztendlich hatte sich die katholisch-faschistische Koalition eine
Niederlage eingehandelt. Noch war bei den Demokraten der Schweiz, dass Gefühl,
wenn die Demokratie in Gefahr ist, noch nicht völlig erstorben!
Nun braucht man sich nicht zu wundern, dass auch das „Trost" dieses Thema
aufnehmen würde. So geschehen in seiner Ausgabe vom 15. 4. 1938.
Als Details wird unter anderem mitgeteilt. Ursprünglich sollte WTG-Funktionär
Franz Zürcher den in Rede stehenden Vortrag halten. Durch seine Erkrankung wurde
kurzfristig ein anderer Redner dafür engagiert.
Der genannte Polizeirapport charakterisiert die anwesende Zuhörerschaft als „ausschliesslich
aus den untern Arbeiterklassen rekrutiert".
Die WTG indes bestreitet, dass der angefertigte Polizeirapport, den Vortrag
wirklich Wahrheitsgetreu wiedergegeben habe.
Die „Erbsenzählerei", wer denn mit seiner Interpretation des Ablaufes dieser
Veranstaltung recht hätte, offenbart sich dann auch in solchen Sätzen wie die
nachfolgenden im „Trost"-Bericht:
„Eine fernere grobe Unrichtigkeit im Polizeibericht stellt auch die Stelle
dar, wo es heißt:
"Gegen den Schluß seiner Ausführungen verurteilte der Referent noch einmal die
römisch-katholische Hierarchie und den Faschismus, welche beide die größten
Feinde der wahren Lehre Gottes und die größten Verleumder Gottes seien... "
In Wirklichkeit sprach der Referent hier von der Verfolgung der Zeugen Jehovas
und gab dabei seiner Auffassung Ausdruck, daß die römisch-katholische Hierarchie
und der Faschismus die verschworensten Feinde und Verleumder der Zeugen Jehovas
seien. Der Referent sagte aber nicht, wie es im Polizeibericht heißt, daß sie
die größten Feinde der wahren Lehre Gottes und die größten Verleumder Gottes
seien."
Weiter bemängelt die WTG:
„Wenn nun noch der Polizeirapport abschließend den Vortrag nach seinem
Erachten mehr als eine Schmährede auf die römisch-katholische Kirche, als eine
Religionspredigt bezeichnet, so ist das eine durchaus unzutreffende und
unzulässige subjektive Behauptung des beauftragten Polizeikorporals. Ebenso die
weiteren Ausführungen in den Schlußabschnitten des Polizeirapportes, die, wie
bereits gezeigt, auf einem verdrehten, den tatsächlichen Ausführungen in keiner
Weise entsprechenden Text beruhen. Man sieht aus alledem nur die Tendenz heraus,
gegen eine Kritik, die begreiflicherweise demjenigen, der etwas anderes glaubt,
nicht gefällt, mit Gewaltmitteln einzuschreiten."
Wie auch immer diese Kontroversen beurteilt werden. Da steht wohl Aussage
gegen Aussage, ist ja letztendlich zweitrangig, da ja die WTG vor Gericht ihre
Sicht der Dinge durchsetzen konnte. Viel entlarvender ist meines Erachtens die
in der gleichen „Trost"-Ausgabe vom 15. 4. 1938 abgedruckte Rubrik
„Ihre Fragen von J. F. Rutherford beantwortet".
Vielleicht hätte die Zugerische Regierung sich nicht so sehr für einen einzelnen
(zudem noch unbedeutenden Vortrag in einem unbedeutenden Gasthof) interessieren
sollen, sondern vielmehr für solche Rutherford-Aussagen wie die nachfolgenden.
Dann wäre sie wohl an ihrem Ziel Schmähkritik nachweisen zu können, näher
herangekommen.
Rutherford, nun wahrlich nicht mit einem unbedeutenden Referenten in einem
unbedeutenden Gasthofe vergleichbar, äußerte sich darin auch wie folgt:
„Die römisch-katholische Organisation hat sich hinter Lügen verschanzt, und
durch Betrug und Überlistung betreibt sie den größten Racket [Gimpelfang] aller
Zeiten. Sie prahlt damit, daß ,die Pforten der Hölle die römisch-katholische
Kirche nie überwinden' würden; aber im prophetischen Worte Gottes steht über
dieses Werkzeug Satans, die römisch-katholische Religionsorganisation, folgendes
geschrieben: "Denn ihr sprechet: Wir haben einen Bund mit dem Tode geschlossen
und einen Vertrag mit dem Scheol gemacht: wenn die überflutende Geißel
hindurchfährt, wird sie an uns nicht kommen; denn wir haben die Lüge zu unserer
Zuflucht gemacht und in der Falschheit uns geborgen. Und ich werde das Recht zur
Richtschnur machen, und die Gerechtigkeit zum Senkblei. Und der Hagel wird
hinwegraffen die Zuflucht der Lüge, und die Wasser werden den Bergungsort
wegschwemmen. Und euer Bund mit dem Tode wird zunichte werden, und euer Vertrag
mit dem Scheol nicht bestehen: wenn die überflutende Geißel hindurchfährt, so
werdet ihr von derselben zertreten werden" ...
Daher wird die römisch-katholische Kirche, statt ,aus diesem ungeheuren Aufruhr
glänzender hervorzugehen', überhaupt nicht aus ihm hervorgehen, sondern für
immer und ewig verschwinden, denn ihr Ende ist gekommen. Alle solche, die zu
dieser Religionsorganisation halten und sie unterstützen, werden ebenso ins
Verderben gehen; und es wird eine ausgedehntere Verwüstung geben als je etwas,
das sich auf der Erde zugetragen hat."
Man vergleiche dazu auch die Berichterstattung innerhalb der Serie „Im
Zeitspiegel" zum 14. 2. 1938.
http://forum.mysnip.de/read.php?27094,627,714#msg-714
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„Das Werkzeug, womit Satan die Menschen am hinterlistigsten
betrogen hat, ist die Religion, weil sie den Schein des Guten hat; sie
bewirkte aber großes Übel für die Menschen. Es gibt viele Religionen, aber
alle sind sie trügerisch; alle offenbaren sich als Werkzeuge des Feindes,
Satan, und gereichen somit den Menschen zum Schaden.
Das Buch "Feinde" erbringt nun den vollen Beweis, daß ein großes, von Rom
ausgehendes Religionssystem das Mittel gewesen ist, wodurch Lug und Trug
verübt und unsagbares Leid über die Menschen gebracht wurde. Dieses
Religionssystem bedient sich des größten Gimpelfangs den je Menschen verübt
haben ..."
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Ohne Quellenangabe bringt die „Trost"-Ausgabe vom 1. 7.
1938 auch ein Zitat, dass man wohl so einschätzen muss.
Entnommen aus einer kommunistischen Tageszeitung; mutmaßlicherweise entstanden
zu Zeiten der Weimarer Republik in Deutschland.
Jedenfalls sind mir von kommunistischer Seite zu Zeiten der Weimarer Republik,
bislang keine Broschüren oder gar Bücher bekannt, welche sich mit dem Zeugen
Jehovas-Thema beschäftigten. Die bekannten Broschüren (oder auch dünne Bücher)
zum Thema aus der Ecke des linken Flügels des Freidenkertums in der Weimarer
Republik.
Man vergleiche als ein Beispiel dazu
Himmel Fimmel
stimmen jedenfalls nicht inhaltlich überein, mit jenem Zitat, das „Trost"
in seiner Ausgabe vom 1. 7. 1938 bringt.
Es bleibt für mich wirklich nur die Einschätzung übrig. Dabei muss es sich um
einen Artikel in einer kommunistischen Tageszeitung gehandelt haben, denn eine
höhere Qualität (etwa in Broschürenform), war den Kommunisten das
Bibelforscher-Thema nicht im entferntesten wert.
„Trost" bringt dieses Zitat natürlich nicht, weil es das so „doll finden"
würde, oder sich gar mit ihm identifizierte. In „Trost"-Sicht ist das da
ausgesagte nur eine „Verleumdung", geeignet als „abschreckendes" Beispiel
allenfalls seiner Leserschaft mal vorgestellt zu werden.
Nun schließe ich mich den Tagespolitischen Akzenten dieser Ausführung auch so
nicht an. Gleichwohl mag es als relativ rares Dokument aus der kommunistischen
Ecke, zur Frühzeit der Bibelforscher-Bewegung einmal dokumentiert werden.
Es steht jedem frei, sich sein eigenes Urteil dazu zu bilden.
„Trost" zitiert den fraglichen Text wie folgt:
"Die Bibelforscher sind eine der größten
amerikanischen Sekten. Ihre soziale Aufgabe besteht darin, die elementare
Unzufriedenheit der Arbeitermassen in eine für die Bourgeoisie ganz
unschädliche mystische Einstellung überzuleiten. Der Arbeiter soll davon
überzeugt werden, daß die Lösung der ihn bedrückenden Probleme in der Bibel zu
finden ist, die angeblich über alles schreibt, was ist, was war und was sein
wird.
Anstatt sich mit den brennenden politischen Angelegenheiten zu befassen, muß
man nur die Bibel lesen und die ihr entnommenen Texte besprechen...
Die Köpfe der aktiven Bibelforscher sind so dicht mit Bibelstellen
vollgepfropft und es entsteht in ihnen solch ein biblisches Durcheinander, daß
sie gegenüber jeglichen sozialen Gedanken geradezu verpanzert sind. Um ihre
Mitglieder vor den verderblichen Einflüssen des Klassenkampfes zu bewahren und
sich die Gunst der herrschenden Elemente zu sichern, schmücken die
Bibelforscher ihre Schriften mit den abscheulichsten, der Bourgeoisie-Presse
entnommenen Äußerungen über die Arbeiterbewegung und Ihre Organisationen."
Seit Mitte 1923 war nun das WTG-Büro in Magdeburg.
Eine erste 1924 in Magdeburg durchgeführte „Hauptversammlung" lief ab, ohne
dass seitens der Presse sonderlich von ihr Notiz genommen wurde. Indes ist sie
den dort Anwesenden, sehr wohl in bleibender Erinnerung geblieben. Noch
wirkten die Folgewirkungen der Inflation massiv nach. Und da war das schon ein
gewisses „Event" was im „Wachtturm 1924 S. 157 wie folgt beschrieben wird:
„Hatten wir noch eine ganz besondere
Freude. Bruder Rutherford hatte den Wunsch, für ein jedes auf der
Hauptversammlung anwesenden lieben Geschwister einen kleinen Imbiss zu
bereiten. Er hatte Vorsorge getroffen, das jedem Bruder und jeder Schwester
ein paar warme Würstchen, zwei Brötchen und eine Flasche Wasser gratis
ausgehändigt wurde."
Auch bei dem Zeitzeugen William Schnell (sein Buch „Dreissig Jahre Sklave
des Wachtturms") spiegelt sich dieses Ereignis wieder. Der „Wachtturm" schrieb
zwar von Würstchen mit Brötchen. Schnell hingegen will wissen, es seien
Würstchen mit Kartoffelsalat gewesen.
Nun muss man Schnell zugute halten, er schrieb aus der Erinnerung, und noch
dazu Jahrzehnte später. Da können sich schon Irrtümer einschleichen. Man
sollte also die Frage war es nun Kartoffelsalat oder eben nur Brötchen als
Beilage, dabei nicht überbewerten. Jedenfalls brachte Schnell den gleichen
Aspekt wie folgt zu Papier:
„Ich war für die gesamten Transportfragen
verantwortlich. Der inzwischen bartlose deutsche Direktor (Balzereit) sagte
mir, ich solle versuchen, möglichst viel Geld zu machen, damit wir nicht nur
die Unkosten bestreiten, sondern auch dem Judge einen guten Finanzbericht
vorlegen könnten. Wir organisierten vierzehn Sonderzüge aus allen Teilen
Deutschlands. Wir entwickelten für die Teilnehmer einen kleinen
Zelluloidanstecker, in den eine weiße Karte eingeschoben wurde, auf der mit
Schreibmaschine der Herkunftsort stand. Jedes Stück kostete uns etwa drei
Pfennige, und ich verkaufte sie für fünfzig. Allein diese Transaktion ergab
eine ganz nette Summe zur Auffüllung der Schatzkammer der Gesellschaft.
Auf dieser Tagung wurde ein Meisterstück der Gleichschaltung durchgeführt Der
Judge brachte den 15 000 versammelten Bibelforschern die Idee des
weltumspannenden Zeugen- Feldzuges bei - zumindest versuchte er es -,
verbunden mit einem neuen Bauprogramm, sowie die Idee, über ihre aufgewendete
Zeit und über die abgesetzten Bücher der Gesellschaft Bericht zu erstatten.
So väterlich war die Haltung der Wachtturm-Gesellschaft gegenüber den
Bibelforschern geworden, daß der Judge - als Höhepunkt und als ein Zeichen des
Wohlwollens gegenüber der Masse - geruhte, eines der Wunder Jesu nachzuahmen.
Großmütig speiste er bei der letzten Sitzung einen jeden der 15 000 Teilnehmer
mit einem Würstchen, einem Brötchen und etwas Kartoffelsalat! Der Eindruck,
daß er wirklich ein großer Wohltäter sei, wurde durch diesen letzten Akt
nachdrücklich unterstrichen. Ihr Ergebnis hatte sich so sehr dem Gedächtnis
der Teilnehmer eingeprägt, daß ich noch nach Jahren auf meinen Reisen durch
alle Teile Deutschlands feststellen mußte: Von allen Dingen, die sich auf
jener Riesen- Tagung ereigneten - Verlust der Persönlichkeit, Verlust des
Rechts auf freiwillige Versammlung, Verlust der Freiheit, Zwang zur
Berichtsabgabe -, entsannen sich die meisten Teilnehmer nur noch der
geschenkten Wurst und des Kartoffelsalats! Wahrlich, ein geschickter Judge!"
Auch die von Schnell gemachten Einschätzungen zur Finanzsituation sollte
man nicht übersehen. Letztendlich hatten die aktiven Teilnehmer dieser
Veranstaltung, sich dieses „Geschenk" mehr oder weniger auch selbst bezahlt
(eben nur auf indirektem Wege).
Ein Jahr später - 1925 - gab es wieder eine Hauptversammlung in Magdeburg.
Diesmal aber nahm sehr wohl die Presse von ihr Notiz. Ein Bericht, welchem die
sozialdemokratische Zeitung „Vorwärts" in ihrer Ausgabe vom 3. 6. 1925
abdruckte, wird - etwas gekürzt - auch im „Wachtturm" vom 1. 9. 1925 wieder
gegeben.
Er sei nachstehend noch dokumentiert:
Bei den Bibelforschern
Die Bewegung der Bibelforscher hat, wie viele andere religiöse Bewegungen, in
der Nachkriegszeit, einen ungeheuren Aufschwung genommen. Viele Menschen, die
sich in den politischen, wirtschaftlichen und geistigen Wirren unserer
Gegenwart nicht mehr zurechtfanden, suchen Trost und Erlösung in der Religion.
Die Kirche die in diesen Wirrnissen und politischen Geschehen immer Partei
nahm, sich sogar auf die Seite derer stellte, die aus der allgemeinen Not ihre
Vorteile zogen, konnte den religionsbedürftigen Massen nicht geben, was sie
brauchten.
Da wurden aus kleinen Sekten große Massenbewegungen, die die ganze Welt
umspannten. Eine der größten ist die der internationalen Bibelforscher. Sie
stehen mit der evangelischen Kirche in Feindschaft, weil sie das Pfaffentum
und den Dienst der Kirche für die herrschenden Klassen nicht gutheißen. Und
die Herren von der Kirche sind auf die Bibelforscher auch nicht gut zu
sprechen, dann in ihnen offenbart sich eine fühlbare Konkurrenz.
Man muß den Opfermut dieser bewundern, die aus ganz Deutschland, selbst aus
den entlegensten Ecken unter vielen Entbehrungen nach Magdeburg kamen. Es sind
zumeist Leute aus den proletarischen Bevölkerungskreisen, die naturgemäß die
Not ihrer Zeit am stärksten zu spüren bekamen, und sich an den Andachten und
Feierlichkeiten an den Pfingsttagen in Magdeburg aufbauen wollten.
Ob man ihren Glauben an die Prophezeiungen aus der Bibel folgen muss, ist eine
andere Frage. Als Sozialisten kämpfen wir auch um das Ziel der Herrschaft der
Gerechtigkeit und Wahrheit in der Welt. Als solche wissen wir aber auch, dass
die kapitalistische Gesellschaftsordnung mit ihrer Klassenschichtung nicht
geändert werden wird, durch die Aufrichtung des „Reiches Jesu". Nur einige
folgerichtige wirtschaftliche Entwicklung zum Sozialismus bringt Gerechtigkeit
und Wahrheit in der Welt.
Die herrschende Ungerechtigkeit wird hervorgerufen durch die wirtschaftliche
Herrschaft der einen Klasse über die andere, des Kapitalisten- und
Unternehmertum über die arbeitenden Menschen der ganzen Welt. Selbstsucht und
Habgier der einen erzeugen Not und Entbehrungen der anderen. Nicht ein Glaube
an den Erlöser schafft diese Dinge aus der Welt, sondern eine Beseitigung
ihrer Ursachen trägt dazu bei. Die Sozialisten wollen mit Hilfe der
Wissenschaft, der Technik und der großen geistigen Fähigkeiten der Menschheit
die Wirtschaft so organisieren und gestalten, dass dem menschlichen Egoismus
die Möglichkeit zur Betätigung genommen wird. Dieser Erfolg kann nicht erzielt
werden allein durch den Glauben, dazu gehört auch Kampf und zwar Kampf im
Angriff. Den lehnen die Bibelforscher ab, weil sie durch den Glauben an die
kommende Regierung Jesu daran gehindert werden."
Dieser Bericht endet dann mit der vom „Wachtturm" nicht mehr zitierten
Passage:
„Darum war die Versammlung am ersten
Pfingstfeiertag in der Halle Stadt und Land auch keine Versammlung, wie sie
die Arbeiterschaft kennt. Es war mehr eine Andacht, eine Stunde der Besinnung
für Menschen, die diese notwendig haben. Mittel der Technik wurden allerdings
in den Dienst der Sache gestellt. Die Halle war vollständig gefüllt, und die
Redner sprachen über einen Lautsprecher. Musik und Massengesang gaben den
Rahmen und eine weihevolle Stimmung. Die Halle selbst war mit Fahnen und
Girlanden dekoriert."
Auch die „Leipziger Neuesten Nachrichten" veröffentlichten ein Foto dazu.
Der Vergleich ergibt. Es ist eindeutig identisch mit jenem Foto, welches auch
die Magdeburger Ausgabe des „Goldenen Zeitalters" in seiner Ausgabe vom 15. 7.
1925 publizierte
Das GZ veröffentlichte noch ein weiteres Foto mit der Bildunterschrift: „Abfahrt des Präsidenten der V.E.B." Kann man in selbigem auch Details nicht sonderlich gut erkennen, so verdeutlicht es zumindest den Personenkult, der da zeitgenössisch um Rutherford betrieben wurde!
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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
Im „Trost" vom 1. 8. 1938 gelesen:
Ein Däne, Dr. Boje Benzon, berichtet in
der konservativen Kopenhagener Zeitung "Berlingske Tidende" über den Empfang
in Görings Schloß Karinhall am Werbellinsee, das den Nazifeldmarschall in
seiner Rolle als Reichsjägermeister zeigt:
"Wir betraten zunächst eine Vorhalle, in der wir schönste römische Sarkophage
und mehrere herrliche Bilder von Lukas Cranach vorfanden. In dem mächtigen
Festsaal, der sich durch das ganze Schloß erstreckt, stand Göring, auf einen
Schreibtisch gestützt. Er war in einem Sportkostüm, das man wegen seiner
Originalität nicht genug bewundern konnte. Es bestand aus langen, grünen
Wildlederstiefeln, deren Vorderteil bis über die Knie hinausreichte und aus
einer dunkelgrünen, ärmellosen Lederjacke mit Knöpfen aus silbergefaßten
Eckzähnen von Edelhirschen, die Göring selbst erlegt hatte. Dazu trug er
beigefarbene wildlederne Beinkleider, ein weißes Hemd mit außergewöhnlich
großem Kragen und sehr weiten Ärmeln, die sich an den Handgelenken verengten,
um den Hals einen engen, schottisch-karierten Schlips, den eine mächtige
Goldnadel hielt. In einem goldgewirkten Gürtel saß in einer goldenen Scheide
ein goldenes Jagdmesser. Als Dekoration saß an der linken Seite das Abzeichen
der deutschen Jagdgesellschaft: ein Edelhirsch mit einem Hakenkreuz zwischen
dem Geweih. Der Edelhirsch war aus Gold, das Hakenkreuz aus Brillanten, die
blitzten und funkelten, sobald der Reichsjägermeister sich bewegte.
Auf dem Wege zum Speisesaal passierten wir mehrere Gemächer und Säle, alle in
verschiedenstem Stil, u. a. einen Saal mit einem Springbrunnen mitten auf dem
Fußboden in byzantinischem Stil und einen Wikingersaal in vollkommen
nordischem Stil. Der Speisesaal war im Stil Louis XV. gehalten mit einer
ganzen Reihe französischer Fenster, die auf eine große Terrasse mündeten, von
der man die herrlichste Aussicht über den See hatte.
Hinter jedem Stuhl stand ein Diener in Jagdtracht des 18. Jahrhunderts: lange,
weiße Stiefel, grüne Sammetfräcke, Spitzenjabots und Spitzenmanschetten, aber
merkwürdigerweise ohne Perücken.
Auf meine diesbezügliche Frage antwortete mir mein Nachbar, der gut informiert
war, daß die Dienerschaft nie Perücken während der Jagden trage, weil man ja
riskieren müsse, daß die Perücken in den Zweigen hängen bleiben.
Es wurde ein Jagdlunch serviert, bestehend aus Kaviar, Suppe, grünen Spargeln,
Rehrücken und Dessert. Vor jedem Gedeck standen vier Weingläser, die
nacheinander mit so köstlichen Weinen gefüllt wurden, wie ich sie ähnlich nie
vorher getrunken hatte. Die Gläser und das Eß-Serviee trugen das Göringsche
Wappen gemalt und eingraviert: eine gepanzerte Faust, die um einen Eisenring
greift. Nach Tisch wurden Kaffee und Liköre im Wikingersaal serviert.
Göring unterhielt sich lebhaft mit den Gästen. Später schlug er eine
Besichtigung des Schlosses vor und führte uns durch eine Unzahl von Gemächern.
Namentlich fiel mir sein privater Gymnastiksaal auf mit allen modernen
Gymnastikapparaten. So sah man ein elektrisches Reitpferd, Rudermaschinen,
Boxbälle, Höhensonnen usw. Außerdem waren eine Miniaturschießbahn und eine
Kegelbahn vorhanden.
Zum Schluß führte uns Göring bis unter das Dach. - Der ungeheure Fußboden des
riesigen Raumes war von einer künstlichen Berglandschaft bedeckt, durch die
die prachtvollste elektrische Kindereisenbahn eilte. Göring erzählte uns
lächelnd, daß er hier auf die Jagd gehe, wenn es regne. Er bewegte einige
Hebel und sofort eilten in sausender Fahrt Lokomotiven und Eisenbahnzüge aus
den Remisen und belebten die Berglandschaft. Über und unter der Eisenbahn
waren Autobahnen, auf denen sich Automobile bewegten und als Schlußeffekt
überflog ein Flugmaschinenmodell an einer Schnur das Terrain.
Wir schrieben uns, so schließt Dr. Benzon seinen
Bericht, zum Abschied in das Gästebuch ein und empfingen jeder als Erinnerung
an den Besuch ein Jagdmesser mit Görings Wappen ..." -
Fragen wir nicht, aus welchen staatlichen Museen die Seltenheiten im Schloß
des Herrn Göring stammen. Fragen wir nicht, was diese Lustburg Karinhall der
Staatskasse an Millionen kostete. Lernen wir nur diese Sorte Volksgemeinschaft
verstehen: das Leben der Führer in Palästen bei Sekt und Kaviar - den Eintopf,
den Ersatz, Hunger und Elend für das Volk.
(„Pariser Tageszeitung" v. 16. IV. 1938)
Nachbemerkung:
Bei der „Pariser Tageszeitung" handelt es sich um eine Anti-Nazistische
Exilzeitung.
Offenbar handelt es sich um die Nummer 662 dieses Blattes. Dort auf Seite 2
ist dieser Artikel abgedruckt.
Nachstehend mal ein Screenshot selbigen.
Auch ansonsten brauchte sich das GZ über die Publizistik der „Pariser
Tageszeitung" sicherlich nicht zu beschweren. Ein Beispiel dafür ist auch jene
Meldung aus Hitlerdeutschland, die auch in das „Zürcher"-Harbeck-Buch mit
eingegangen war (dort S. 107) der ein Bericht der „Pariser Tageszeitung" vom
16. 3. 1937 zugrunde lag.
Der Vergleich ergibt, dass „Zürcher"-Harbeck-Buch zitiert gekürzt, ohne diese
Kürzungen (hier ausgewiesen in [...]) , als solche kenntlich zu machen.
In dem Bericht war zu lesen::
"Fünf Jahre Gefängnis für Bibelforschung
Berlin, 14. März. -
Aus Königsberg wird gemeldet:
Die ostpreußischen Polizeibehörden haben in Königsberg eine
Bibelforscherzentrale ausgehoben und ein ganzes Schriftlager beschlagnahmt.
320 Zentner verbotener Druckschriften lagen hier,
[außerdem fanden sich Koffer mit Grammophonen und Platten]
postfertig. Man nimmt an, jetzt das
gesamte Lager
der Bibelforscherzentrale entdeckt zu haben
[deren illegale Schriften trotz strenger Überwachung durch die Polizei immer
wieder in verschiedenen Ostpreußischen Städten auftauchten].
Das beschlagnahmte Beweismaterial führte
zur Bestrafung zweier „Hauptagenten" der Sekte zu je 5 Jahren Gefängnis."
(Pariser Tageszeitung v. 16. IIL 1937) [Nr. 278 S. 2)
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Nach der Annexion Österreichs war offenbar die Tschechoslowakei das
nächste Opfer auf Hitlers „Speiseplan". Das „Trost", auch das englischsprachige
„Consolation" brachten dazu entsprechende Karikaturen.
Immerhin ist der Umstand zu registrieren, dass „Trost" in
seiner Ausgabe vom 15. 8. 1938 auch auf die sich anbahnende
Tschechoslowakei-Entwicklung einging. Man las zu diesem Thema dort:
Das Wort "Sudeten" bezeichnet ein
Gebirgssystem ... zwischen Schlesien und Böhmen im nördlichen Teil der
Tschechoslowakei ... Der Name dieses Gebirgszuges wurde zur Kennzeichnung des
Hauptteiles der dreieinhalb Millionen Menschen deutscher Zunge innerhalb der
Tschechoslowakischen Republik gewählt. Seit vielen Jahrhunderten leben in
diesem Gebiet Deutsche und Tschechen miteinander und unterstanden der
ehemaligen österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie. Der Ausgang des
Weltkrieges brachte bekanntlich den Tschechen und Slowaken ihren eigenen
Staat, wodurch natürlich die Rollen in einem für die Deutschen etwas
ungünstigen Sinne vertauscht wurden, indem das ehemalige "Staatsvolk" zur
"Minderheit" herabsank und die ehemalige "Minderheit" zum "Staatsvolk"
avancierte. Freilich haben diese politischen Begriffe für die breiten
Schichten des Landes weit weniger praktische Bedeutung als für die religiösen
und politischen Gimpelfänger, deren Hauptberuf die Verhetzung der Völker
bildet, um sich unter allerlei, fadenscheinigen Vorwänden an den öffentlichen
Trog des Volkes vorzuarbeiten. Sie erwählten diesen "Beruf", weil sie offenbar
unfähig sind, ihren Lebensunterhalt durch ehrliche und dem Volke nutzbringende
Arbeit zu verdienen.
Seit der Einverleibung Österreichs in das III. Reich wendet sich die
Aufmerksamkeit der Welt in erhöhtem Maße den Auseinandersetzungen zwischen der
Prager Regierung und der Sudetendeutschen Partei und deren Sekundanten in
Paris, London und Berlin zu. Hitlers Anspruch auf die Deutschen in aller Welt
und das Gleichschaltungsfieber seiner Partei haben die Staatslenker in Europa
mit stärkstem Mißtrauen für den Bestand des Weltfriedens erfüllt. Man darf
sich darüber ja auch nicht wundern; genügte doch im Falle Österreich das
Telegramm eines einzigen Mannes zur Erteilung des Marschbefehles an die
deutsche Armee.
Das Streitobjekt im vorliegenden Falle ist weniger materieller Art als in
früheren politischen Konflikten, da es sich nicht in erster Linie um
Gebietseroberung, um Verschiebung der Grenzen u.s.w. handelt. Diesmal handelt
es sich vielmehr am stärksten um den Zusammenstoß zweier einander diametral
entgegengesetzten ideologischen Welten.
Die Armeen der faschistisch-katholisch-nationalsozialistischen Front haben mit
der sudetendeutschen Forderung auf totale Beherrschung der dreieinhalb
Millionen Menschen in den deutschen Gebieten der Tschechoslowakei der
demokratischen Welt den Fehdehandschuh hingeworfen, und diese scheint bereit,
ihn aufzuheben.
Es hieße wahrlich den Geist der Herausforderer verkennen, im vorliegenden
Streit mehr als ein provisorisches Kompromiß zu erwarten - eine befristete
Atempause -, und dies augenscheinlich deshalb, weil gegenwärtig die Zeit
zugunsten der Diktatoren zu arbeiten scheint in der Stärkung ihrer
Schlagkraft. Die Gegensätze der beiden Weltanschauungen sind zu kraß, um ein
dauerndes friedliches Nebeneinander zu gewährleisten. Will die Demokratie den
geforderten Preis für die weitere Erhaltung des Weltfriedens nicht bezahlen:
Verzicht auf die Sudetendeutschen schlechthin -, so wird sie letzten Endes
gezwungen sein, ihre Gesetze in den umstrittenen Gebieten mit Waffengewalt zur
Geltung zu bringen; und von da bis zur telegraphischen Anforderung der
Unterstützung, wie im Falle Österreich, ist nur ein kleiner Schritt.
Als kleines Vorgefecht für die bevorstehende allgemeine Auseinandersetzung
kann der nachstehend geschilderte Zwischenfall betrachtet werden:
"Neuheidentum auch schon bei uns?", fragt die tschechiche Zeitung "Närodni
politika" vom 19. Mai 1938, und berichtet dann weiter wie folgt:
"Die religiöse Gesellschaft der Internationalen Bibelforscher- Vereinigung
(jetzt: Zeugen Jehovas) veranstaltete in der Gemeinde S a a r a im Karbitzer
Bezirk eine Versammlung, welche ordentlich gemeldet und von der Behörde
bewilligt war. Die Reproduktion des Vortrages erfolgte mittels Schallplatten.
Der ortsansässige Henleinist [d.h. Nationalsozialist] Wagner verbot die
Abhaltung des Vortrages, da dieser angeblich ,die Gefühle aller ordentlichen
Deutschen verletzen' würde. Sie würden daher solche Redereien in ihrem Orte
nicht dulden. Nachdem seinem Verbot nicht gehorcht wurde, ersuchte er den
henleinistischen Gemeindevorsteher, die weitere Veranstaltung des Vertrages
durch ausschalten des elektrischen Stromes im Transformator zu verhindern. Der
Gemeindevorsteher Franz Nickel entsprach seinem Ansuchen, und infolge
Ausschaltens des Stromverteilers war die ganze Gemeinde ohne elektrischen
Strom. Von diesem Mißbrauch der Amtsgewalt durch den Gemeindevorsteher wurde
der Gendarmerie Anzeige erstattet, welche sofort die Wiedereinschaltung des
Stromes anordnete und gegen den Gemeindevorsteher und seinen Sohn die
Strafanzeige wegen Einschränkung der persönlichen Freiheit und Mißbrauch der
Amtsgewalt erstattete".
Bekanntlich werden "die Gefühle" der großen und kleinen Diktatoren mit allem
"verletzt", das nicht ihrem Parteiprogramm und ihrem Mythos entspricht; und
ebenso wie sie bisher alle Deutschen durch Terror und brutale Gewaltanwendung
gleichzuschalten suchten, so werden sie zur bestimmten Zeit mit den gleichen
Mitteln und Methoden ganze Völker und Nationen zu knebeln und zu unterjochen
suchen.
Zunächst mußten Abessinien, Spanien, China und Österreich dran glauben, und
diese nicht unbedeutenden Erfolge ermutigen sie zweifellos, auf dem
eingeschlagenen Wege fortzuschreiten. Jehovas Zeugen werden ihre persönlichen
Rechte auf Glaubens- und Gewissensfreiheit, auf Rede- und Versammlungsfreiheit
nicht mit fleischlichen Waffen verteidigen; sie werden nicht "Böses mit Bösem
vergelten", werden aber auch auf keinen Fall von ihrem Gottesdienst abstehen.
...
Wenn sich der Präsident der Tschechoslowakischen Republik der loyalen
Unterstützung größter Weltmächte erfreut, so werden in diesem Falle einmal die
höchsten Ziele und Ideale der Menschen verteidigt. ...
Ein Sprichwort der Menschen sagt:
"Es kann der Beste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht
gefällt. ..."
Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
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Dem zeitgenössischen „Lieblingsfeind" des „Trost", dem katholischen
Unternehmen
S(chweizerische)P(resse)K(orrespondenz) (faktisch mit der späteren CV in der
DDR vergleichbar), widmet „Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 9. 1938 einen sich
gar über zwei Druckseiten erstreckenden Artikel. Das ist schon als
außergewöhnlich zu bezeichnen. Ansonsten ist es doch eher bei den Zeugen
Jehovas Usus, auf ihre Gegner nicht direkt publizistisch einzugehen.
Da könnte dann wohl selbst das DDR-Blatt „Christliche Verantwortung", welches
es auf erheblich mehr Ausgaben als die SPK brachte, „vor Neid erblassen".
Wenn also diese ungeschriebene Zeugen Jehovas-Regel in diesem Falle so massiv
durchbrochen wurde, dann kann man das nur so deuten, dass die WTG meinte, ihr
Lieblingsfeind habe sich eine besonders krasse Blöße gegeben, die man sich
nicht entgehen lassen wolle. Oder, und - besagter Lieblingsfeind geht der WTG
dermaßen „auf die Nerven und an die Nieren", dass jede Chance zum
zurückgeschlagen genutzt wird. Also auch in diesem Falle wäre das eine Art
negativer Reverenz an den Gegner.
Schon einleitend bescheinigt „Trost" in seinem „Die 'Gesellschaft für Kirche
und Papst' als 'laue Katholiken'" überschriebenen Artikel, der SPK, sie sei
ein „Schmierblättchen". Sicherlich eine Vokabel, welche wohl kaum als
„Liebeserklärung" mißzuverstehen sein dürfte.
Weiter Originaltext „Trost":
Die SPK gibt „bekannt, daß alles was sie
für ihr Schmierblättchen einnimmt, in einen "Fonds zum Kampf gegen die
Bibelforscher" fließt. Sie spezialisiert sich also immer mehr auf dieses
Gebiet und träumt von "großen Aktionen"...
Weiter meint „Trost" dem Gegner bescheinigen zu können (müssen):
„Wollte sich "Trost" um jedes Gekläff der
SPK kümmern, dann müßte es ihr in jeder Nummer beträchtlichen Raum opfern;
denn diese "Korrespondenz" enthält kaum noch etwas anderes als das "Geheul der
Hirten" über das "Verwüsten ihrer Weiden" ...
Besonders die SPK mit ihrem erschreckend niedrigen Niveau ist der Beachtung
nicht wert und könnte überhaupt sich selbst überlassen bleiben, wäre sie nicht
so darauf versessen, auch andere Zeitungen zum Mitheulen zu bringen. Ab l.
August beliefert sie, laut Mitteilung vom 18. VII., sogar "sämtliche
katholischen Blätter der Schweiz gratis".
So sollen doch wenigstens diese Blätter wissen, mit welch "wahrheitsgetreuen
Berichten" (SPK vom 18. VII.) sie bedient werden!"
Also Schlußfolgerung, der Multiplikatoreffekt jener SPK machte der WTG
einige Sorgen.
Im konkreten Fall drehte sich wohl der „Streit um des Kaisers Bart" darum,
dass besagte SPK einen „Trost"-Artikel aus seiner Ausgabe vom 15. 6. 1938
zitierte, und damit die Behauptung verband, „dass sei eine Fälschung".
„Trost" das im Gegenzug nun seinerseits diesen Vorwurf mit Entschiedenheit
zurückweist, und darauf besteht. Was wir gebracht haben, sei eben keine
Fälschung.
Dazu wird dann eine Gerichtlich beglaubigte Übersetzung des inkriminierten
Artikels bemüht; eben um die SPK-Behauptung, „Trost" hätte eine Fälschung
publiziert, zu widerlegen.
Die „Trost"-Ausführungen enden dann mit der Aussage:
„Nun kann die SPK-Redaktion wieder eine
Nachtsitzung der GESELLSCHAFT FÜR KIRCHE UND PAPST einberufen, denn diesmal
ist es schwieriger. Diesmal darf das Dementi nicht bloß im unmaßgeblichen
Brief eines Konsistorialrates bestehen. Das wäre für eine amtliche
Feststellung wirklich zu wenig. ... Allen, die für die Wahrheit Christi statt
für den Papst kämpfen, kann das egal sein. Doch sei durch dieses Beispiel
festgestellt, daß die vornehmen Ausdrücke der SPK, wie "krasse
Schwindelmeldung", "Lügenmaske herunter" etc., nicht auf dem ehrlichen
Berichterstatter - der Zeitschrift TROST - sitzen bleiben, sondern auf die
GESELLSCHAFT FÜR KIRCHE UND PAPST IN ST. GALLEN zurückfallen. Zeitungen, die
immer aus erster Quelle falsch informiert sein möchten, mögen aus der SPK
abdrucken."
Wenn dem so ist, wie es „Trost" in vorstehender Replik dargestellt hat,
dann kann man nicht umhin kommen zu konstatieren. Der SPK ist da ein mehr als
„handwerklicher Fehler" unterlaufen. Sie hat ihrem Gegner selbst Argumente zu
Desavoierung frei Haus geliefert. Der Punktsieg in diesem Falle geht eindeutig
zu Gunsten des „Trost'es" aus.
Ich habe schon früher die Vokabel geprägt, dass in meiner Sicht - etliche -
zeitgenössische kirchliche Gegner der Zeugen Jehovas, als „drittklassig" zu
bezeichnen sind. Die SPK dabei durchaus mit eingeschlossen.
Diese Drittklassigen Gossenschreiber ereifern sich über Dinge, welche das
Papier in der Tat nicht wert sind.
Zur Vervollständigung der Dokumentation mag im nachfolgenden noch jener
inkriminierte Artikel aus dem „Trost" kommentarlos zitiert werden, der für die
SPK in diesem Falle offenbar Anlass war sich aufs „Glatteis" zu begeben und
dort auch prompt auszurutschen.
In der „Trost"-Ausgabe vom 15. 6. 1938 konnte man unter der Überschrift „Eines
Jesuiten Meinung über Christus" das nachfolgende lesen:
Ein jugoslawisches Blatt, betitelt "Der
Bote vom heiligen Herzen Jesu", brachte in seiner Nr. 2 vom Jahre 1935 einen
Artikel, in dem ein Vergleich zwischen Jesus Christus und dem Papst gezogen
wird. Diese Zeitschrift wird von Jesuiten herausgegeben, die ihren Lesern
versichern, das Blatt habe die magische Kraft, denen, die es lesen, den Himmel
zu öffnen. In besagtem Artikel lesen wir unter anderem:
"Christus hatte nur 12 Apostel, aber der Papst hat 70 Kardinale. Christus
hatte nur eine kleine Anzahl von Gläubigen zu betreuen, wie Lazarus, Nikodemus
und ein paar fromme Frauen, während sich der Papst um mehr als 400 000 000
Katholiken zu kümmern hat. Das Gebot des ewigen Vaters gestattete Christus
nur, den Juden in Palästina zu predigen, während sieh die Missionen des
Papstes über die ganze Erde erstrecken. Nach drei Jahren öffentlicher
Tätigkeit hatte Jesus nur eine so kleine Zahl aus den Juden gewonnen, daß er
schließlich ganz einsam sterben mußte, weil sogar die Apostel ihn verlassen
hatten. Dagegen hat Papst Pius XL in seiner zehnjährigen Herrschaft über 6 000
000 Heiden für die Kirche Christi gewonnen. Christus konnte nur Johannes den
Täufer und einen der beiden Übeltäter heilig sprechen. Aber die Päpste füllten
- Gott sei Dank - die Seiten unseres Kalenders mit Tausenden und aber
Tausenden von glorreichen göttlichen Heiligen. Christus durfte, nach dem
Willen des ewigen Vaters, nur drei Jahre auf der Erde bleiben, während Papst
Pius XI. - Gott sei Dank - bereits viermal drei Jahre herrscht.
Das Gebot des ewigen Vaters gestattete Christus nicht, Huldigungen von
Abordnungen aus Heidenländem entgegenzunehmen, aber der Papst empfängt die
Huldigung aller Staaten, und diese schicken sogar ihre Repräsentanten und
Gesandten zu ihm. Christus ernannte nur die 11 Apostel zu Bischöfen (Judas
wurde nicht zum Bischof ernannt); aber jeder Papst, auch wenn er nur wenige
Monate herrschte, hatte Gelegenheit, eine weit größere Anzahl von Dienern
Gottes in die Welt hinauszusenden. Der Papst hat - Gott sei Dank - einen
Palast! Wo sollte er sonst die vielen Mitarbeiter unterbringen, die ihm bei
der Ausbreitung des Königreiches Christi helfen? Der Papst braucht auch - Gott
sei Dank - nicht barfuß zu gehen. Welche Schande wäre es für uns 400 000 000
Katholiken, wenn wir unserm Papst nicht die besten Schuhe kaufen könnten! Gott
sei Dank hat der Papst auch ein Auto! Warum sollte er kein Auto haben, wenn
sich in Amerika doch jeder Arbeiter eins leisten kann? Wenn möglich, werden
wir ihm auch ein Flugzeug kaufen. Gott sei Dank, Gott sei Lob und Dank, daß
der Papst in vielen unwesentlichen Dingen anders ist als Christus!
Das beweist doch, daß die Kirche Christi nicht mehr ein kleines, kahles
Bäumchen, sondern ein großer und mächtiger Baum ist. Darin zeigt sich, daß der
Papst wahrhaft der Jünger Christi ist. Darum muß man ihm gehorchen. Und wir
werden ihm gehorchen und ihn lieben! Denn er ist der zweite Christus auf
Erden."
Erneut sah "Trost" in seiner Ausgabe vom 15. 3. 1939 die Gelegenheit der
SPK eins auszuwischen, was dann auch prompt wahrgenommen wurde.
In seiner Ausgabe vom 15. 10. 1938 hatte "Trost" einen "Unmündige
'Seelenhirten'" überschriebenen Artikel gebracht, der im nachfolgenden zuerst
einmal dokumentiert sei.
Unmündige "Seelenhirten"
In der Stadt Cheektowago,
[Redaktionelle Einfügung. Von "Trost" selbst verwandte falsche Schreibform des
inkriminierten Namens, wie noch weiter auszuführen sein wird]
bei Buffalo in den Vereinigten Staaten, lebt ein
"Ehrwürden" Stanislaus Kroczek, Pfarrer einer römisch-katholischen Kirche. In
dieser Stadt wurde auf die Anzeige eines Pfarrkindes des Herrn Kroczek Joseph
Banisek verhaftet. Eine Anzahl seiner Herde haben eine ziemlich feindselige
Haltung gegen die Verbreitung der Bibelwahrheiten eingenommen, und man kann
vermuten, daß der Pfarrer damit etwas zu tun hat. Als Baniseks Fall zur
Verhandlung kam, erhielt Herr Kroczek eine Vorladung, in Sachen des
Angeklagten als Zeuge zu erscheinen. Der Priester fürchtete, in Verlegenheit
gebracht zu werden, und so entspann sich folgende Unterhaltung:
Verteidiger: Ist Herr Stanislaus Kroczek im Gerichtssaal?
Er möchte nach vorn kommen in den Zeugenstand.
Kroczek: Ich möchte in dieser Sache nicht als Zeuge aussagen.
Verteidiger: Haben Sie einen Grund, weshalb Sie nicht als Zeuge aussagen
wollen?
Kroczek: Ich sollte meinen Bischof um Erlaubnis fragen.
Verteidiger: Ich möchte Ihnen nur ein paar Fragen vorlegen.
Kroczek: Ich werde meinen Bischof fragen, ob er mir gestattet, auszusagen oder
nicht. Ich muß den Bischof erst sprechen.
Verteidiger: Meinen Sie damit, daß Sie sich die Erlaubnis Ihres Bischofs
verschaffen müssen, um vor Gericht auszusagen, wenn Sie vorgeladen worden sind
?
Kroczek: Ja, ich muß meinen Bischof erst sprechen.
Verteidiger (zum Gericht): Möchten Sie, Euer Gnaden, diesen Herrn über seine
Pflichten belehren?
Richter: Ich kann nicht einsehen, warum er nicht ein paar Fragen beantworten
sollte.
Kroczek: Nein. Weil ich durchaus in allem meinem Bischof gehorsam bin. Ich
habe hierüber nichts zu sagen. Wenn der Bischof es gestattet, werde ich es
tun. Ich muß meinen Bischof aufsuchen.
Verteidiger: Sie sind vorgeladen worden. Verstehen wir richtig, daß Sie die
Zeugenaussage verweigern ?
Kroczek: Ich verweigere die Zeugenaussage.
Verteidiger (zum Gericht): Möchte der Gerichtshof diesen Zeugen über seine
Verantwortlichkeit bei der Verweigerung der Zeugenaussage aufklären?
Richter: Nach dem Gesetz ist er verpflichtet, auszusagen.
Kroczek: Ich verweigere die Aussage. Ich muß erst meinen Bischof sprechen.
Verteidiger: Ich denke, daß dieser Mann eine eigenwillige Haltung einnimmt. Es
scheint jedoch, daß er befangen wäre, wenn er seine Zeugenaussagen später
machen würde. Deshalb werden wir nicht beantragen, daß er wegen ungebührlichen
Verhaltens vor Gericht belangt werde. Wir verzichten auf das Recht, ihn zu
verhören.
Hierauf wischte sich "Ehrwürden" Stanislaus Kroczek die Schweißbäche von
seiner glänzenden Stirn, stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und
verschwand. Er war auf einem warmen Platz gewesen, aber einem noch heißeren
entgangen. Von jenem Tag an bis heute konnten Jehovas Zeugen in Cheektowago
ohne Behinderung das Evangelium predigen.
Es sind jetzt Hundstage für die 'heiligen Hirten', aber das ist noch nichts im
Vergleich zu denen, wo die Kardinalwürden, Bistümer, Episkopate und heiligen
Orden mitsamt ihren politischen und kommerziellen Verbündeten in Rauch
aufgehen werden. Jeder wahre Christ sieht dieser glücklichen Zeit entgegen."
Laut "Trost" vom 15. 3. 1939, hatte die SPK nun den vorzitierten Artikel
auch ihrer Leserschaft vorgestellt. Dazu aber dann noch ein redaktionelles
Nachwort angehängt. Und an diesem Nachwort entzündet sich nun der Disput. Laut
"Trost" soll die SPK in diesem Nachwort geäußert haben:
"Soweit der Artikel der
Bibelforscherzeitung! Nun was ist daran wahr? Nicht ein Wort, es handelt sich
wieder um eine der bekannten Schwindelmeldungen der Bibelforscher. Der Name
der Stadt Cheektowago existiert überhaupt nicht (in Andrees großem Handatlas,
Verlag Velhagen und Klasing, welcher jede Ortschaft über 500 Einwohner
enthält, und im großen Herder, welcher jede Ortschaft über 1000 Einwohner
enthält, nicht zu finden).
Der Name des angeblichen Priesters und des angeblichen Angeklagten ist ebenso
komplett erfunden. Sie nennen sich ,Jehovas Zeugen', aber zu unrecht, sie
sollten sich 'Zeugen der Lüge' nennen."
Nun, wäre dazu zu sagen. Gibt man in die Suchfunktion von Google den
Begriff „Cheektowago" ein, bekommt man etwa 400 Treffer geliefert. Will man
indes diese Suche auf Deutschsprachige Treffer einschränken, belehrt Google
einem, dass es in der gewünschten Sprache keine Treffer gibt (Stand vom August
2008). Gibt man dasselbe Wort mit dem Buchstaben „a" am Ende ein, also „Cheektowaga",
wird man mit über 1,8 Millionen Treffern „erschlagen". Schon die Frage. Wie
ist nun die richtige Schreibweise im Deutschen zeigt, dass da durchaus
Missverständnisse entstehen können. Auch „Trost" selbst verwendet beide
Schreibformen, ohne eine dabei als ausdrücklich falsche Schreibform zu
kennzeichnen. Damit wäre schon mal ausgesagt, dass Missverständnisse durchaus
im Rahmen des möglichen liegen.
Laut „Trost" handelt es sich dabei um eine Stadt in der Grafschaft Erle, Staat
New York, USA.
Und um seinem Gegner in diesem Punkte in die Kniee zu zwingen, bildet es dann
noch (unter anderem) das Rathaus von Cheektowaga ab. Da haben dann in der Tat
die „Trost"-Leser einen Wissensvorsprung. Andere Schweizer Bürger werden wohl
nie sich für die Architektur des Rathauses von Cheektowaga interessiert haben.
Seine Ironie bringt dann „Trost" etwa in solchen Sätzen zum Ausdruck:
„Oder sie mögen sich, um sich schnell
zurechtzufinden, den dreifarbigen, 70x100 cm großen Stadtplan "Wagner's
Complete Map of Buffalo. Published by the A. C. Wagner Co., Buffalo" schicken
lassen, auf dem auch die Nachbarstadt Cheektowaga mit allen ihren Straßen
deutlich genug eingezeichnet ist. Ein Originalexemplar des Stadtplans liegt im
Berner Redaktionsbüro von TROST für alle Wißbegierigen zur Einsichtnahme aus."
Man hat also erneut festzustellen. Wiederum ist der SPK ein
„handwerklicher Fehler" unterlaufen. Ob jener Fehler indes so relevant ist,
dass er es rechtfertigt sich über drei Druckseiten von „Trost" darüber
auszubreiten, kann man allerdings durchaus unterschiedlich sehen. In meiner
Sicht ereifert sich „Trost" dabei über eine Mücke.
„Trost" muss selber zugeben, dass keine andere Schweizer Zeitung jene
Cheektowaga-Meldung der SPK ihrerseits übernommen hat. Das die ganze Sache
dennoch eine gewisse Publizistik erfuhr, geht eindeutig zu lasten von „Trost".
Wenn man glaubt dem Gegner nur mit Argumenten solcher Art madig machen zu
können, dann „muss man es wohl sehr nötig haben!"
Dieses „sehr nötig haben", unterstreicht „Trost" dann noch einmal in seiner
Ausgabe vom 15. 5. 1939. Es reichte „Trost" also nicht aus, den Fall
Cheektowaga bereits umfänglich gekontert zu haben. Nein, man „legt erneut bei
diesem Thema" nach. Als Vehikel dazu dient ein an den Redakteur der SPK per
Einschreiben gerichtetes Schreiben, dass (damit selbiger wohl nicht sagen
könne er habe es „nicht" erhalten) ausdrücklich noch in dieser „Trost"-Ausgabe
abgedruckt wird. Also in den Status eines Offenen Briefes versetzt wird. Es
versteht sich für „Trost" als Ehrensache, wenn man schon mit einem verhaßten
Gegner korrespondiert, dass man ihm dann auch seinerseits diesen Hass von
„Trost" deutlich zu spüren gibt. Besagter Herr wurde in diesem
Einschreibe-Brief unter anderem wie folgt „belehrt":
„EINSCHREIBEN
Bern, den 22. März 1939.
Herrn Heinrich Metzler,
Redaktor der SPK,
Grenzstraße 2,
S t. G a l l e n.
Ihre "Schweizerische" Pressekorrespondenz vom 5. Dezember 1938 (Nr. 49) nahm
gegen einen Artikel betitelt "Unmündige Seelenhirten", den wir in Nr. 386
unserer Zeitschrift "Trost" veröffentlichten, Stellung und behauptete, der
Name der Stadt Cheektowa [Einfügung: man beachte hierbei die
von „Trost" selbst verwandte falsche Schreibform!]
existiere nicht und die Namen des angeblichen
Priesters und des angeblichen Angeschuldigten seien ebenso komplett erfunden.
Wir bewiesen in "Trost" Nr. 396 einwandfrei deren Existenz und stellten fest,
daß Ihre "Schweizerische Pressekorrespondenz" wieder einmal gelogen hatte.
Wir bezichtigen hiermit noch einmal, damit Sie es ja nicht vergessen, Ihr
Blatt ausdrücklich der Lüge.
Wenn man der Lüge bezichtigt wird und in Wirklichkeit nicht gelogen hat, so
steht einem der Weg der Strafklage offen.
Das alles wissen Sie sehr gut. - Oder hat etwa die "Schweizerische"
Pressekorrespondenz das Licht eines Strafverfahrens zu scheuen?"
Dazu wäre schon mal zu sagen, hier versucht „Trost" nicht ungeschickt die
Beweislast umzukehren. Wo - in welchem Gesetzesparapraphen - steht
geschrieben, dass die SPK nun genötigt wäre, gegen „Trost" gerichtlich zu
klagen? Die publizistische Widerlegung durch „Trost" seiner Falschbehauptung
hat man ja wohl zur Kenntnis genommen. Wenn sich die SPK zu diesem Thema nun
als „gebranntes Kind" in Schweigen hüllt, dann kann man das zwar rügen. Aber
eine Zwangsläufigkeit daraus nun noch eine Justizkomödie zu gestalten, bestand
keineswegs. Wenn die SPK nun zu dieser ihrer Niederlage schweigt, dann hat das
auch „Trost" hinzunehmen. Es sei denn nach der „Trost"-Berichtigung würde die
SPK dieses Thema erneut aufnehmen und erneut eine Falschbehauptung damit
verbinden. Genau letzteres ist doch wohl nicht der Fall. Jedenfalls berichtet
„Trost" nichts dazu.
Aber es ist schon klar. „Trost" möchte - so es denn ginge - den Fall
Cheektowaga ausnützen, um der SPK insgesamt eins „auszuwischen". Das machen
dann auch prompt die nachfolgenden Ausführungen in diesem Schreiben deutlich,
wo wie zu erwarten, auch die Namen Toedtli und Fleischhauer mit auftauchen.
Nun muss „Trost" kein „Freund" weder von Toedtli noch von Fleischhauer sein,
was es mit Sicherheit auch nicht ist. Jedoch reicht der belegte Fall
Cheektowaga keineswegs aus, um daraus einen Generalangriff auf die SPK
ableiten zu können. Darum müht sich zwar „Trost". Dennoch hat man
festzustellen. Es ist eine stumpfe Waffe.
Genau so stumpf wie jenes in dieser „Trost"-Ausgabe mit abgedruckte Schreiben,
datiert vom 14. 4. 1939, und adressiert an die Polizeidirektion in St. Gallen
(eben dort wo der SPK-Redakteur wohnte), worin sich „Trost" darum müht,
selbigen möglichst ein Staatsanwaltliches Verfahren aufzuhalsen. Das kann man
zwar versuchen. Indes offenbart die Detailargumentation in diesem „Trost"-Schreiben,
dass für die Juristen in der Polizeidirektion St. Gallen, sich nur die
Schussfolgerung aus diesem Schreiben ergeben konnte: Gewogen und für zu leicht
befunden!
Zu den verbrieften Rechten in der Schweiz gehört auch die Pressefreiheit. Mag
man der SPK - zu Recht - katholisch-faschistische Wurzeln nachsagen, so
bewegte sie sich dennoch innerhalb des Rahmens der durch die Pressefreiheit
abgesteckt ist. Ihre Niederlage im Fall Cheektowaga ändert nichts
grundsätzliches daran.
„Trost" wähnte nun einen besonders „genialen" Schachzug bei ihrem Schreiben an
die Polizeidirektion St. Gallen zu unternehmen. Es berief sich dabei auf ein
anonymes Flugblatt, welches „Trost" bereits in seiner Ausgabe vom 15. 2. 1939,
seinen Lesern in vollem Wortlaut vorgestellt hat. Es bemängelt. Dieses
Flugblatt enthielt nicht die auch in der Schweiz vorgeschriebenen
Impressums-Angaben. Der Schachzug von „Trost" in seinem
Denunziations-Schreiben an die Polizeidirektion St. Gallen bestand nun in der
angedeuteten Unterstellung; Metzler könnte ja auch der Verfasser dieses
anonymen Flugblattes sein, und in der Aufforderung an die Polizeidirektion St.
Gallen, sie möge bitte in amtlicher Eigenschaft dieser Unterstellung
nachgehen.
Zu erst also der Text, dieses anonymen Flugblattes, so wie ihn „Trost" in der
Ausgabe vom 15. 2. 1939 vorgestellt hatte.
Dort war als von „Trost" inkriminierter Text zu lesen:
Der Text des Flugblattes lautet:
"Warnung! Daß .Millionen Menschen nicht sterben', machen Sie uns zwar nicht
leicht glauben, Herr Rutherford & Cie. aus Amerika! Aber die Einsicht könnte
uns Schweizern allmählich dämmern, daß entschlossene Landesverteidigung auch
Ihnen und Ihren Anhängern (den sog. ,Zeugen Jehovas' oder 'ernsten (!)
Bibelforschern') gegenüber absolutes Gebot der Stunde ist. Solange nämlich,
als Ihre finanzkräftigen Agenten zwar behaupten, Künder des Friedensreiches zu
sein, gleichzeitig aber den von Rechts wegen gewährleisteten konfessionellen
Frieden aufs gemeinste stören, und solange sie zwar behaupten, Künder der
Wahrheit zu sein, gleichzeitig aber die christlich gesinnten Schweizerbürger,
Protestanten wie Katholiken, zur Zielscheibe niederträchtigster Verleumdungen
machen, in Wort, Schrift und Bild! Schuster bleib bei deinem Leisten! Herr
Rutherford bleiben Sie in Amerika!"-
Wenn man den Umstand unberücksichtigt lässt, dass jenes Flugblatt nicht
die in der Schweiz vorgeschriebenen Impressums-Angaben enthielt, bewegte es
sich inhaltlich sehr wohl im Bereich des Zulässigen. Man kann also allenfalls
das fehlende Impressum rügen. Ob dieser dürre Tatbestand jedoch zu
weitergehenden Ambitionen ausreicht, wie sie das „Trost" offenbar
vorschwebten, ist doch sehr die Frage.
Jedenfalls sah sich nun die Polizeidirektion St. Gallen genötigt, sich mit dem
Denunziations-Schreiben der Zeugen Jehovas auseinander zu setzen; und
desweiteren, dem Denunzianten dazu auch ein offizielles Antwortschreiben
zukommen zu lassen.
Diese Antwort druckt dann „Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 6. 1939 selbst ab.
Die Zeugen Jehovas-Denunziation wird darin von der Polizeidirektion St. Gallen
wie folgt beantwortet:
"St. Gallen, den 22. April 1939.
An die Vereinigung
JEHOVAS ZEUGEN,
Bern, Allmendstr. 39
Ihre Klage vom 14. April 1939 gegen Metzler Heinrich, Zahntechniker,
Grenzstraße 2, nicht 21, wegen Verletzung von Art. 193 StrGB ist uns
überwiesen worden. Wir haben Metzler bereits verhört. Nach seiner Aussage ist
das incr. Druckerzeugnis 'Warnung' nicht in hier, sondern in der Druckerei der
Sylvania in Neuenkireh, Luzern, erstellt worden. Neuenkirch muß daher gemäß
einem andern Entscheide des Bezirksgerichtes St. Gallen vom 1. Oktober 1937
auch als Erscheinungsort angesehen werden. Es ist uns daher nicht möglich, das
Strafverfahren gegen Metzler weiterzuführen.
Wir ersuchen Sie, davon Kenntnis zu nehmen.
Der Polizeikommisär I:
Hochachtungsvoll
gez.: Forer."
Haben die Zeugen Jehovas nun mit dem vorstehend geschilderten Vorstoss
ihr Ziel erreicht? Das wird man wohl kaum sagen können.
Immerhin registriert „Trost", dass in dieser Antwort auch der Begriff „Sylvania"
mit vorkommt. Aha, so deren Reaktion. Die „kennen wir doch bereits". Und,
selbst wenn sie die schon „kannten", ändert das überhaupt nichts an der für
die Zeugen Jehovas misslichen Sachlage.
Bezüglich der „Sylvania" (oder andere Schreibweise „Silvania") zitiert man
dann aus dem „Zürcher"-Harbeck-Buch „Kreuzzug gegen das Christentum" den
nachfolgenden vermeintlichen „Trumpf. In besagtem Buch war über besagte „Silvania"
bereits zu lesen:
„So werden in der Schweiz
Riesenanstrengungen gemacht, das Werk der Gegenreformation fortzusetzen. Die
Papstorganisation. hat dazu viele Hilfsmittel, z. B. den Preßverband "Silvania",
der eine Art katholisches Propagandaministerium für die Schweiz ist und in
vielen Schweizer Zeitungen offen als klerikal-faschistischer Stoßtrupp der
Katholischen Aktion bezeichnet wurde. Durch diesen Verband kommen katholische
Propagandabroschüren in Auflagen von 100 000 bis 250 000 Stück gratis zur
Verteilung, worüber es in der "Silvania" vom Februar 1937 heißt: "Langsam soll
sie (die Silvania) durch zielbewußte, der Psychologie der Massen entsprechende
Arbeit in diese christliches und katholisches Denken und Fühlen einimpfen."
Was man darunter zu verstehen hat, ist daraus ersichtlich, daß die "Silvania"
zu ihrem Schutzpatron den "heiligen" Karl Borromäus erwählt hat. Dieser hat im
16. Jahrhundert als Kardinal- und Erzbischof von Mailand die Gegenreformation
in Oberitalien und der Schweiz organisiert, die Jesuiten und Kapuziner in die
Schweiz geschickt, mit der Schweiz durch Errichtung der Luzerner Nuntiatur
wieder diplomatische Beziehungen angeknüpft und die Inquisition wüten lassen,
wo er nur konnte, vor allem in Mailand und dem damals bündnerischen Veltlin.
Diesen Inquisitionsheiligen mag der römische Redaktor der "Silvania" vor Augen
gehabt haben, als er schrieb: "Katholischer Schweizer, wir dürfen keinen
Schritt zurückweichen ..."
Nun ist es nachzuvollziehen, dass die Zeugen Jehovas über diese „Silvania"
nicht sonderlich angetan sind. Deren „Bauchschmerzen" in allen Ehren, ändert
das jedoch nichts an dem Umstand, das selbige auf der „juristischen Schiene"
völlig bedeutungslos sind!
Eines hat „Trost" aber mit diesen Vorgängen unzweifelhaft unter Beweis
gestellt. Mit seiner künstlichen Aufbauschung des Falles Cheektowaga. Das es
das wohl sehr, sehr nötig hatte. Und das die SPK ihnen sehr an die Nieren
ging. Nicht wegen Cheektowaga. Das war nur der gesucht und gefundene Anlass!
In der „Trost"-Ausgabe vom 15. 7. 1939 gab es dann noch einen
„Nachschlag" in Sachen SPK. Laut „Trost" hatte dann die SPK der Redaktion, des
"Trost" datiert vom 19. 5. 1939, einen Brief zugehen lassen, auf den, Zitat
„Trost" „einzugehen kaum der Mühe wert ist." Trotzdem nahm sich aber „Trost"
diese Mühe, und dass nicht nur im „stillen Kämmerlein der eigenen
Redaktionsstuben", sondern auch für jedermann lesbar in der genannten Ausgabe
ihrer Zeitschrift.
Nun, wenn Kontrahenten solcher Art miteinander „Briefaustausch" pflegen, dann
kann man es schon so erahnen, worum es sich denn handeln würde. Eben darum,
dem Gegner möglichst eine Unterlassungs-Erklärung oder ähnliches abzutrotzen.
So auch in diesem Fall. Ob die SPK dabei besonders „gute Karten" für ihr
Anliegen hatte, kann man in der Tat in Zweifel ziehen. Und diese Zweifel
findet man dann auch prompt in der „Trost"-Replik wieder gespiegelt. Mit
rechthaberischen Leuten zu streiten, mag in der Tat mehr als schwierig sein.
So war es denn auch in diesem Falle.
Nur, das eben das rechthaberische Getue ziemlich gleichmäßig auf beiden Seiten
verteilt war. Jedenfalls scheint wohl keiner der beiden Kontrahenten je etwas
von dem Spruch gehört zu haben, dass der Klügere nachgibt. Stur streitet man
um Banalitäten, hinter denen dann letztendlich die eigentlich entscheidenden
Fragen bis zur Unkenntlichkeit verschwinden.
Das „Trost" sich in Sachen Cheektowaga auf der Siegerseite wusste, ist bereits
ausgeführt worden. Nur misslich für „Trost". Die SPK will diesen Sieg immer
noch nicht anerkennen und bringt das erneut in diesem genannten Schreiben zum
Ausdruck. Das ist dann natürlich für „Trost" das gefundene Fressen um in
seiner Replik dazu zu kontern:
„Wenn irgendeine Sache gründlich bewiesen
worden ist, dann diese. Trotz Gerichtsprotokollen erklärt die SPK weiter, die
Geschichte um den Priester Kroczek sei erfunden. Die ausdrückliche
Bezichtigung, daß die SPK lügt, halten wir darum aufrecht und bemerken
nochmals, wie in TROST N. 400, Seite 13, daß dem Herrn Metzler ja daraufhin
der Weg der Strafklage offen steht."
Tja wie das nun mal so mit erklärten Gegnern ist. Der Widerpart macht
selten das, was der Gegner sich wünscht. So auch in diesem Fall. Sollte
„Trost" gehofft haben, nun wird Metzler in Sachen Cheektowaga bei Gericht
Klage einreichen, um so „Trost" die Genugtuung verschaffen zu können, so
zusätzlich als „strahlender Sieger" dastehen zu können. So ging dieser „fromme
Wunsch" allerdings nicht auf.
Im Umkehrschluß ergibt sich dann wohl auch, dass besagter Herr Metzler wohl
nicht ganz so „unterbelichtet" war, wie ihn „Trost" sich gewünscht hätte. Den
Metzler schlug nun einen völlig anderen Weg ein, wo „Trost" selbst seine zur
Schau getragene Siegesgewissheit in Sachen Cheektowaga (zumindest fürs erste)
überhaupt nichts nützte. Und die Verstimmung die sich da in der „Trost"-Redaktion
breit machte, äußert sich dann beispielsweise in den Sätzen:
„ hat sich nun die "Gesellschaft für
Kirche und Papst" in St Gallen durch Ihren würdigen Präsidenten Metzler mit
Schreiben vom 8. Mai 1939 an ihren Glaubensgenossen, Herrn Bundesrat Motta,
Vorsteher des eidgenössischen politischen Departements, gewandt und ihn
gebeten, sich der Zeugen Jehovas etwas mehr anzunehmen.
Herr Bundesrat Motta hat mit Schreiben vom 10. Mai durch seinen Beauftragten
den Herrn Metzler wissen lassen, daß er das Schreiben der "Gesellschaft für
Kirche und Papst" an die Bundesanwaltschaft zur Erledigung weitergeleitet
habe."
Der sich diesbezüglich bei „Trost" breit machenden Verstimmung, kann man
erneut in der „Trost"-Ausgabe vom 1. 10. 1939 begegnen, wenn dort derselbe
Fakt wiederholt wird, diesmal in die Worte gekleidet:
„Am 8. Mai 1939 war es, als ein Herr
Heinrich Metzler, als Präsident der "Gesellschaft für Kirche und Papst, St.
Gallen", in einem Schreiben an das Eidgenössische Politische Departement, an
Herrn Bundesrat Motta persönlich gerichtet, um Maßnahmen gegen Jehovas Zeugen
und ein Verbot ihrer Schriften ersuchte.
Derselbe Heinrich Metzler war es, der schon zwei Tage danach in einem
Antwortschreiben des Eidgenössischen Politischen Departements mit "Sehr
geehrter Herr Präsident" tituliert wurde und im Auftrag des Herrn Bundesrates
Motta mitgeteilt bekam, daß sein .Schreiben an die Bundesanwaltschaft
weitergeleitet worden sei.
Mit welchen Kommentaren die Weiterleitung erfolgte, das weiß die
Bundesanwaltschaft am besten."
Nun lag wohl zur Zeit dieser „Trost"-Berichterstattung noch keinerlei
Endergebnis des von Metzler vorgenommenen Schachzuges vor. Es ist ja durchaus
denkbar (aber eben nicht im voraus gewiss), dass auch die Bundesanwaltschaft
sagt. Der Metzler'sche Vorstoss sei nicht ausreichend fundiert. Dann landet
der ganze Fall „zu den Akten" und das war es dann. Jedenfalls hatte „Trost" in
diesem Falle keineswegs das gleiche Maß an Siegesgewissheit, ersichtlich auch
daran, dass es nun prompt wieder die Namen Toedtli und Fleischhauer aufwärmt,
um Metzler zu desavouieren. Nun mögen genannte Namen durchaus
Desavouierungskraft haben. Dennoch gilt dann immer noch.
„Ein rechter Schuh ist ein rechter Schuh.
Und ein linker Schuh eben ein linker Schuh".
Und Aufgabe der Bundesanwaltschaft ist es, sich im konkreten Fall mit einem
der beiden „Schuhe" zu befassen, aber eben nicht mit beiden zugleich.
Letzteres hätte „Trost" natürlich liebend gerne gesehen. Aber auch „Trost"
muss mit dem Umstand leben, dass es seinerseits der Bundesanwaltschaft
keineswegs die eigenen gewünschten Bedingungen diktieren kann! Und so kann man
schon im Vorgriff auf die weitere Geschichte berichten.
Die SPK überlebte diese „Trost"-Attacke. Sie lebte noch weiter bis ins Jahr
1944. Und als ihr dann doch wohl das „Lebenslicht" ausging, so deshalb, weil
sie nicht mehr in die politische Landschaft zu jener Zeit passte. Nicht aber,
weil „Trost" es so gewollt hatte! Sie feierte anlässlich der „Wachtturm"-Einstellung
in der Schweiz dann gar noch den vermeintlichen Sieg, sagen zu können, zitiert
nach „Trost" vom 1. 10. 1939;
"Wir glauben jetzt aber, daß es nicht
mehr so lange gehen wird, bis die 'Zeugen Jehovas' in der Schweiz aus dem
letzten Loch pfeifen."
Mag diese Einschätzung auch nicht objektiven Kriterien standhalten, so
zeigt sie doch zumindest. Noch war die Stunde der SPK keineswegs „abgelaufen".
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Gewisse Nuancierungen gab es auch innerhalb der
Gleichgeschalteten Nazipresse. Etwa mühte sich die „Frankfurter Zeitung" in
begrenztem Umfange ein gewisses liberales Mäntelchen zur Schau zu stellen.
So ist hingegen die Nazigazette „Westdeutscher Beobachter" (in Köln
erscheinend) grundlegend anders einzuschätzen. Da wurde schon eher (in
Nazisicht) „Fraktur geredet". Dies offenbart sich auch an ihren Zeugen Jehovas
bezüglichen Artikeln.
Schon in einem solchen aus dem Jahre 1935
Pauline hatte Pech
springt einem der Zynismus der dortigen Berichterstattung ins Auge.
Zwei Zeugen Jehovas-Artikel aus diesem Blatt aus dem Jahre 1938, sind
besonders bekannt geworden. Der eine von ihnen („Westdeutscher Beobachter" vom
21. 8. 1938) veranlaßte auch das „Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 10. 1938, zu
einer gar dreiseitigen Entgegnung.
Auf einen weiteren Artikel vom 5. 8. 1938 wurde schon früher eingegangen.
Siehe:
http://forum.mysnip.de/read.php?27094,7773,10705#msg-10705
Eintrag vom 5. 8. 2008.
.(Vorbemerkung: Textzitierung zu Dokumentationszwecken ohne inhaltliche
Identifizierung)
"Westdeutscher Beobachter" 21 August 1938
P. E. Rings
Die „Ernsten Bibelforscher" Sendboten des jüdischen Bolschewismus
Die Anhänger der Sekte dürfen die Gesetze der Staates nur insofern achten, als
sie den Geboten Jehovas nicht entgegenstehen. Ihre Losung heißt hier: „Wir
haben uns unseren Gott Jehova verschworen und dürfen ihm nicht untreu werden,
wir sind in dieser Welt aber nicht von dieser Welt".
Danach versündigt sich ein „Zeuge Jehovas", wenn er Soldat wird. Jede
Gegenwehr gegen einen Feind lehnen sie ab. In zahlreichen Prozessen sind
männliche Anhänger der Gemeinschaft in ihrem Fanatismus so weit gegangen zu
erklären, sie würden nicht einmal durch Tötung eines Lüstlings die
Vergewaltigung ihrer Frauen und Töchtern verhindern, „denn wenn Jehova eine
solche zulasse, dann müsse sein Wille auch geschehen."
Erschreckt stellt man hier eine geistige Verwirrung fest, deren Urheber nur
niederträchtige Verbrechernaturen sein können und deren Verbreiter
rücksichtslos ausgemerzt werden müssen, im Interesse aller geistig gesunden
Menschen. Selbstverständlich richtete sich der Kampf der „ernsten
Bibelforscher" in allererster Linie gegen die autoritären Staaten und hier
wieder besonders gegen den Nationalsozialismus. In vielen Tausenden, in allen
Weltsprachen erscheinenden Broschüren, in Millionen von Traktätchen und
Flugblättern wird gegen das nationalsozialistische Deutschland schmutzige
Lügenpropaganda gemacht.
Die Maske ist gefallen
Hier aber in dieser Propaganda, lassen die „ernsten Bibelforscher" nun ganz
die Maske fallen. Sie zeigen die jüdisch-bolschewistische Fratze in ihren
widerlichsten Verzerrungen und schrecken vor nichts zurück. Das „Dritte Reich"
wird in Bildern als blutdürstiges Raubtier dargestellt und in Spottversen wird
ihm der Untergang in der eigenen Blutgier vorausgesagt.
Mit allen Mitteln wird auch immer wieder versucht, deutsche Menschen für die
Zwecke der „Bibelforscher" zu werben. Dass diese über kurz oder lang der
strafenden Gerechtigkeit verfallen, ist den Drahtziehern gleich. Dass in der
übrigen jeder Staat, der seinen Bestand sichern will, allein einer
Notwehrforderung genügt, wenn er rücksichtslos gegen die „ernsten
Bibelforscher" und die ihnen verfallenen vorgeht, wird klar, wenn man weiß,
wie diese ihre Anhänger in allen Dingen gegen die Staatsautorität aufhetzen.
Nicht nur, dass sie bereits gesagt, zur Heeresdienst-Verweigerung auffordern,
auch jede Tätigkeit in der Rüstungsindustrie oder im Arbeitsdienst wird als
Sünde wider den Geist Jehovas bezeichnet. Sie gehen sogar so weit, von den
ihnen verfallenen auch eine Ablehnung jeglichen Einsatzes im Luftschutz zu
verlangen, „weil die Abwendung einer Gefahr ein Auflehnen gegen den willen
Jehovas darstelle". Außerdem wird jegliches nationales Denken als eine
Versündigung gegenüber Jehova hingestellt.
Ein „Zeuge Jehovas" darf keine Nationalhymnen singen. Er darf sich nicht an
öffentlichen Kundgebungen staatlicher Art beteiligen und erst recht nicht den
deutschen Gruß ausbringen. Selbstverständlich muss er seine Kinder allen
Organisation fern halten, die eine Lenkung der Jugend im staatspolitischen und
völkischen Sinne zum Ziel haben.
Der Pferdefuß
Wenn man dies alles betrachtet, wenn man weiter weiß, dass die „ernsten
Bibelforscher" engste Beziehungen zu den Organisationen des Weltjudentums und
nach Moskau unterhalten, dann erkennt man klar und eindeutig, dass es sich bei
ihrem Treiben keineswegs um eine besonders krasse Art von religösen Wahnsinn
handelt, sondern dass wir hier eine religiös getarnte Stoßtrupporganisation
des jüdischen Bolschewismus vor uns haben. Und wenn wir die Erfahrung machten,
dass die „ernsten Bibelforscher" nach dem 30. Januar 1933 die
Auffangorganisation für alle unbelehrbaren und böswillige Elemente aus den
verbotenen marxistischen Parteien wurden, die ihre staatsfeindliche Tätigkeit
fortzusetzen gedachten, ja wenn wir immer wieder erleben, dass auch
diejenigen, die heute noch wegen Beteiligung an den Umtrieben der
Bibelforscher gefasst werden, nichts anderes sind als die letzten versprengten
aus diesen Lagern, so steht diese Tatsache nicht einzig da.
Unlängst wurden wieder in Ungarn Kuriere der „ernsten Bibelforscher"
abgefangen, die die Verbindung zwischen der ungarischen Organisation der Sekte
und Moskau aufrecht erhielten. Das ungarischer Regierungsblatt „Usti ujay"
(Budapest) berichtet darüber.
In letzter Zeit wurden von der ungarischen Polizei verschiedene Botengänger
abgefangen, die nach Moskau Klage zu bringen hatten, dass nicht nur die
ungarische Polizei ihre Propagandaarbeit erschwere, sondern dass das
ungarische Volk sehr religiös und von den kommunistischen Lehren nichts wissen
wolle. Die Moskauer Zentrale arbeitete darauf ein neues System aus, um das
ungarische Volk zu revolutionieren, ohne dabei seiner religiösen Gefühlen zu
verletzen. Das neue System erhieltt den englischen Namen „Watch Tower", das
ist „Wachtturm" und beruht darauf, daß die kommunistischen Lehren nicht von
Mordocai-Marx ableitet, sondern von der Bibel. Später wurde festgestellt dass
die „internationale Bibelforscher Vereinigung" im ganzen Lande staats- und
sicherheitsgefährliche Denkschriften dieser Richtung verbreitete" soweit das
ungarischer Blatt.
Die Schlussfolgerung
Aus all dem geht hervor, dass die „ernsten Bibelforscher" ein politisches
Machtinstrument gegen die national regierten Staaten und damit vor allem gegen
Deutschland darstellen, ein Instrument, die dessen Klaviatur dem jüdischen
Bolschewismus nach Belieben zur Verfügung steht. Die Verfolgung der „ernsten
Bibelforscher" ist keine Verfolgung einer religiösen Gemeinschaft, keine
Verhinderung ungestörter Religionsausübung, sondern der lebensnotwendige Kampf
gegen einen gefährlichen Staats und Menschheitsfeind. Denn die Duldung dieser
Sekte käme einer Selbstaufgabe und damit der Auslieferung an den jüdischen
Vernichtungswillen, organisatorisch zusammengefasst in der kommunistischen
Internationale, gleich.
Wenn daher ein deutsches Gericht in einer Urteilsbegründung gegen die „ernsten
Bibelforscher" sagt:
„In letzter Zeit mehren sich die Fälle, das Bibelforscher nach Verbüßung
langwieriger Gefängnisstrafen in der Freiheit sofort wieder straffällig
werden. An Stelle der Gefängnisstrafen müsste in Anbetracht der Gefährlichkeit
dieser Sekte, bei Rückfälligkeit eine Zuchthausstrafe, eventuell
lebenslängliches Zuchthaus treten können", so unterschreiben wir diese
Forderung. Auch hier sprechen wir mit einem deutschen Richter:
„Bei der Strafzumessung darf dem einzelnen Täter nicht zugute gehalten werden,
wenn er keine Kenntnis von dem Inhalt der Schriften der „Bibelforscher" aus
der Verbotszeit gehabt. Fast jeder einzelne „Bibelforscher" der sich vor
Gericht zu verantworten hat, ist in Wahrheit auch ohne Kenntnis der Schriften
aus der Verbotszeit seinen ganzen Wesen nach von der Irrlehre zum Staatsfeind
und meist Unverbesserlichen, gemacht worden. Und diesen Staatsfeind gilt es zu
treffen.
Noch ist in der Angelegenheit der „ernsten Bibelforscher" das letzte Wort
nicht gesprochen. Immer wieder verstricken sich Menschen in ihren Netzen, und
müssen dann am Ende in schwerer Buße sühnen, dass sie sich von gewissenlosen
Verbrechern missbrauchen ließen, obgleich es wahrhaftig an Aufklärung nicht
gefehlt hat. Dieser Aufklärung sollen auch diese Ausführungen dienen. Denn
wenn wir auch um der Nation willen, keine Nachsicht üben dürfen, mit jenen,
die sich gegen unseres Volkes Interessen und Sicherheit vergingen, so sind wir
doch glücklich über jeden deutschen Volksgenossen, den unsere
Aufklärungsarbeit rechtzeitig zu warnen vermochte. Diese Aufklärung kann nicht
intensiv genug betrieben werden, angesichts der hinterlistigen Mittel mit
denen die Verderber auf Seelenfang ausgehen.
(Zu diesem Text dann noch die beigefügten Bildtexte)
Diese Anführerköpfe der „Bibelforscher"
illustrieren am besten das Bestreben dieser Gesellschaft, das Untermenschentum
im Interesse des jüdischen Bolschewismus zu organisieren. So will man an die
Stelle einer völkischen und sittlichen Weltordnung das Chaos einer
Bastardrasse mit jüdischen Spitze setzen.
Illustration aus einer Zeitschrift der „ernsten Bibelforscher" in der der ganz
abgrundtiefe Haß dieser Gesellschaft gegen den Nationalsozialismus zum
Ausdruck kommt
Das Dritte Reich
Einem wilden Raubtier gleich
Tückisch furchterweckend,
schleicht es durch seinen Machtbereich
Seine Opfer erschreckend.
Doch die grenzenlose Gier,
alles zu verschlingen
wird dieses grauenhafte Tier
ins Verderben bringen.
Eine Auslese aus der Hetzliteratur mit der die „Zeugen Jehovas" die Welt
überschwemmen. Mit ihrer Hilfe verbreiten sie das Gift des religiösen Wahns,
weil auf solchen Nährboden die jüdischen Weltherrschaftspläne am ehesten
reifen.
Soweit es die in vorstehendem Text mit genannte Raubtier-Karikatur
betrifft ist offenbar jene im „Goldenen Zeitalter" vom 15. 12. 1936
veröffentlichte gemeint.
Unter der Überschrift „Lebenslängliches Zuchthaus für Jehovas Zeugen" geht
nun die genannte „Trost"-Ausgabe auf einen der zitierten Artikel näher ein.
Einleitend wird ausgeführt:
„Also schon in der fetten Überschrift
wieder die alte Verleumdung, Jehovas Zeugen hätten etwas mit Kommunismus zu
tun. Der Mann, der die betreffende Zeitung an die Redaktion von TROST
einschickte, schrieb dazu am Rande: "Bitte einen Beweis, wo ernste und enge
Beziehungen mit Moskau bestehen!"
Und als Kommentar dazu mein „Trost":
„Doch die reichsdeutschen
Propaganda-Schreiberlinge fühlen gar kein Bedürfnis, neben der Lüge auch noch
"Beweise" vorzubringen. Sie meinen, daß die nackte Lüge auch genügen und
ausrichten werde, wozu sie gesandt ist."
Man verweist dazu auf das „Zürcher"(Harbeck)-Buch „Kreuzzug gegen das
Christentum" mit einer darin wiedergegebenen „von 1900 reichsdeutschen
Bibelforscher-Ortsgruppen Mitte 1933 dahingehend abgegebenen eidesstattliche
Versicherung." eben nichts mit den Kommunisten zu tun zu haben.
Ähnlich weist man die bezüglich Ungarn gemachten Unterstellungen zurück.
Zu den Bildbeilagen des „Westdeutschen Beobachters" äußert man:
„In dem Artikel des "Westdeutschen
Beobachters" werden auch Photos von 15 Männern und Frauen in Arbeiterkleidung,
manche von den Männern unrasiert, als "Anführerköpfe der Bibelforscher"
veröffentlicht. Es sind einfache, hier in Bern nicht bekannte Menschen.
"Anführer" ist kein einziger darunter. Daß die abgebildeten Männer und Frauen
nicht vornehm aussehen, tut nichts. Wenn man die führenden Männer des Dritten
Reiches in Arbeiterkleidung steckte, sich eine Woche lang nicht rasieren ließ
und sie noch dazu nach ihrer Methode quälte, würde keiner von ihnen vornehm
aussehen."
Weiter kritisiert „Trost":
„Da wird auf der einen Seite gesagt, daß
die Bibelforscher die fleischlichen Israeliten als von Gott verworfen
bezeichnen (und das ist richtig), und auf der ändern Seite erklärt, die
Bibelforscher arbeiteten auf das jüdische Weltreich hin. Wie paßt das
zusammen?"
Zu den Verteidigungsargumenten des „Trost" gehört dann auch dieses:
„Das alles ist unwahr. Richter Rutherford
war zur Zeit des Weltkrieges schon über das militärdienstpflichtige Alter
hinaus, hätte also gar nicht wegen Dienstverweigerung verurteilt werden
können."
Da muss ich dann allerdings eine kritische Rückfrage dergestalt stellen,
ob denn da der „Trost"-Redaktion nicht einiges durcheinander gekommen ist
Ich habe mich persönlich in den Zeitschriften-Lesesaal der (respektive
ASF-Lesesaal) der Deutschen Staatsbibliothek zu Ost-Zeiten hingesetzt und mit
den Artikel selbst auch angesehen, und (vorstehend) zitiert.
Indes die vom „Trost" unterstellte Rutherford-Replik dort so nicht entdeckt.
Gleichwohl soll dieser Aspekt nicht überbetont werden.
Jedenfalls meint genannte „Trost"-Ausgabe Rutherford wie folgt weiter
verteidigen zu sollen:
„Richter Rutherfords Verurteilung im
Weltkriege erfolgte nach einem amerikanischen Spionagegesetz. Er wurde also
quasi wegen Spionage zugunsten Deutschlands angeklagt. Das müßte die deutschen
Schmierfinken zum Schweigen bringen, auch dann, wenn sie keine Gelegenheit
hätten, der Sache auf den Grund zu gehen und dadurch festzustellen, daß die
ganze Anklage eine einzige Lüge war. Sie müßten sich bei all ihrer
Unwissenheit sagen: Entweder hat Rutherford für Deutschland gearbeitet, dann
wäre er ja unser Mann; oder er hat nicht für Deutschland gearbeitet, dann hat
sich die amerikanische Justiz eben einmal geirrt, genau so, wie das bei
unserer deutschen Justiz auch zur Genüge vorkommt."
Es kann kein Zweifel darüber bestehen. Der zitierte Nazi-Artikel erfüllt
nicht objektive Kriterien. Er ist lediglich Ausdruck von Parteilichkeit und
zeigt bestenfalls, wo den Nazis „der Schuh drückte" und wie sie darauf
reagierten.
Er offenbart zugleich, was die eigentliche „Stärke" der Zeugen Jehovas in den
zeitgeschichtlichen Auseinandersetzungen war, was ihnen im eigentlichen
„Kraft" gab. Das war ihr eschatologisches Sendungsbewusstsein, von der die
damals aktiv Handelnden unfraglich erfüllt waren. Und das Terrorregime der
Nazis bestätigte sie (zusätzlich) in dieser Geisteshaltung.
In dem Moment, wo jedoch diese eschatologische Überzeugungsstärke nicht mehr
tragfähig ist, befindet sich diese Organisation in der ähnlichen Lage wie
weiland Simson laut dem Bibelbericht (Richter Kap. 16).
Das weis die WTG auch nur zu gut, und deshalb wendet sie auch alles an, um
diese Geisteshaltung auch (künstlich) zu konservieren, bis in die Gegenwart
hinein.
Am Rande vermerkt sei noch der Umstand. Der vom „Trost" inkriminiert
vorgestellte Artikel des „Westdeutschen Beobachters" wurde zwar massiv
kritisiert. Indes zu einem Volltext-Abdruck zur eigenen Urteilsbildung, konnte
sich auch das „Trost" nicht durchringen.
Nachtrag:
Was die angesprochene Rutherford-Passage anbelangt, lässt sich selbige wie
folgt aufklären.
Es gab noch einen dritten einschlägigen Artikel im „Westdeutschen Beobachter",
zwar in derselben Ausgabe, aber doch einer variierten Thematik gewidmet.
„Trost" reflektierte das nun in „einem Abwasch", ohne zwischen diesen
unterschiedlichen Artikeln zu differenzieren.
Der Text dieses Artikels sei nachstehend noch (kommentarlos) vorgestellt
Jedenfalls kommt in diesem Artikel auch das nazistische Glaubensdogma
„Protokolle der Weisen von Zion" mit zum Vortrag. Ohne diese
Verschwörungstheoretische Grundlage wäre eine Erklärung des Nazismus indes
schwierig.
Dieses nazistische Dogma indes erweist sich eindeutig als reif für den
Mülleimer. Das bedauerliche ist nur, dass es auch heute noch Nachbeter dieses
Dogmas gibt. Man muss ihnen auf den Kopf zusagen, was für Ahnväter sie denn
haben. Eben auch die Nazis!
Gell Herr Robin de Ruiter und Co! Aus dem gleichen Verlag, der noch heute
dieses antisemitische Giftpamphlet hochjubelt, und seine dazugehörige
Amtskirche schweigt dazu!
Jetzt noch der angekündigte Artikeltext:
(Vorbemerkung: Textzitierung zu Dokumentationszwecken ohne inhaltliche
Identifizierung)
P.E. Rings
Die ernsten Bibelforscher
Sendboten des jüdischen Bolschewismus
Nationales Denken ist für sie eine „Versündigung gegen Jehova"
Auf Antrag des Ehemannes wurde eine Beamtenehe geschieden, weil die Frau auch
nach dem Verbot der „ernsten Bibelforscher" nicht abließ, deren Ziele zu
verfolgen. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass es einem Staatsbeamten nicht
zugemutet werden könne, eine Gemeinschaft aufrechterhalten, deren einer Teil
sich staatsfeindlich betätigen.
Einem Arbeiter wurde die Erziehungsgewalt über seine Tochter entzogen, weil er
völlig den Anschauungen der „ernsten Bibelforscher" verfallen war und zu
befürchten stand, dass sein Einfluss in dieser Hinsicht, das Wohl des Kindes
außerordentlich gefährde.
Wir haben mir zwei Entscheidungen, aus einer großen Anzahl von Urteilen
gleicher oder ähnlicher Art wiedergegeben, die immer wieder den Schlusspunkt
unter traurige Kapitel menschlicher und völkischer Verirrung unter dem
Einfluss der Lehren einer Sekte setzen, die vorgibt, Gott und der Idee eines
reinen Christentums zu dienen, und deren Agenten doch weiter nichts sind als
raffiniert getarnte Sendboten des jüdischen Bolschewismus
„Präsident" Rutherford
Viele Volksgenossen werden sich aus der Zeit vor der Machtübernahme an jene
aufdringlichen Hausierer beiderlei Geschlechtes erinnern, die immer wieder vor
den Türen erschienen und sich unter mancherlei Vorwänden, bei denen meist
religiöse Momente in den Vordergrund geschoben wurden, in die Wohnungen
einzudringen versuchten. Das waren die Abgesandten der „ernsten
Bibelforscher", der Zeugen Jehovas wie sie sich selbst nennen, die darauf
ausgingen, die Bücher und Traktätchen ihres geschäftstüchtigen Herrn und
Meisters Rutherford umzusetzen und damit ihr Gift in deutsche Familien zu
tragen. Rutherford, der amerikanischer Bürger ist, nennt sich, unter Berufung
auf die alttestamentliche Bezeichnung für die Vertreter des Judengottes Jehova
auf Erden „Richter".
In dem wirklichen Beruf eines Richters konnte er in sofern Einblick nehmen,
als er von einem amerikanischen Gericht zweimal zu längeren Gefängnisstrafen
verurteilt wurde.
Das erste Mal stand er wegen gewinnsüchtiger Urkundenfälschung zur
Aburteilung. Im zweiten Falle musste sich die Justiz mit ihm beschäftigen,
weil er nach Satzungen der von ihm geleiteten Organisation, den Heeresdienst
während des Weltkrieges verweigert hatte.
Also wahrlich der richtige Mann, die „Vorbereitung auf das bevorstehende
tausendjährige Reich Jehovas unter jüdischer Herrschaft" anzubahnen. Ein
würdiger Gegenstand abergläubischer Verehrung von Menschen, die auf den Leim
seiner abgefeimten Schwindellehre krochen und an ihr für ihr Leben unglücklich
werden.
Die Juden im Vordergrund
Im übrigen kann man über die Person Rutherfords kaum noch wundern, wenn man
weiß, welches Weltbild die „ernsten Bibelforscher" ihren Jüngern vorgaukeln.
Sie, die die Anhänger aller Glaubensrichtungen, ganz gleich ob katholisch,
protestantisch, mohammedanisch usw. Als Scheinchristen verurteilen, haben
dennoch mit einer andern dogmatischen Richtung eines gemein. Alle Menschen
sind gleich. Rasse, Sprache, Kultur und Volkstum sind unwesentlich. Wesentlich
ist nur, dass sie im Sinne der „ernsten Bibelforscher" wohlgefällig leben.
Dieses Leben aber hat der Vorbereitung der Menschheit auf das jüdische
Weltreich zu gelten, dass nach dem Willen Jehovas kommen wird. Zwar haben die
Juden, die einmal von Jehova zu Herren über die Menschheit ausersehen waren,
diesem Gott schmählich enttäuscht, aber in der Lehre der „ernsten
Bibelforscher" ist das entstanden, was an Stelle der verworfenen fleischlichen
Israeliten die geistigen Aufgaben, die ihnen einst zugedacht, zu übernehmen
hat. Unsichtbar über die ganze Erde verbreitet, haben sie sich unentwegt
einzusetzen für die Vorbereitung der blutigen Auseinandersetzungen zwischen
Christus und seinen Heerscharen und jenen Menschen aller Nationen, die dem
Königreich Jehovas entgegenstünden. Nach gewonnener Schlacht aber würde dieses
Reich errichtet von einem Ende der Erde bis zum andern. Und als Statthalter
würden eingesetzt die treuen und vom Tode wieder erweckten jüdischen Propheten
Abraham, Isaak Jakob und usw.
Mittel zum Zweck
Fürwahr eine „liebliche" Zukunftsmusik die hier die „ernsten Bibelforscher"
ertönen lassen, von der nur die ganz Dummen nicht erkennen, dass sie von den
Posaunen von Jericho herrührt, und dass ihre Textierung aus den Geist der
„Weisen von Zion" kommt. Außerdem braucht man sich nur einmal die Mittel näher
zu betrachten mit denen „ernsten Bibelforscher" ihr Ziel zu erreichen suchen.
Hinweis: Es werden grundsätzlich nicht „nur" nazistische Voten zum Zeugen
Jehovas-Thema vorgestellt. Selbstredend kommt auch die „Gegenseite" dann zu
Wort, wenn relevanter Anlass dafür vorhanden. Das Kriterium ist also allein
die Relevanz.
In der Referierung des „Trost" vom 15. 11. 1938 wird dann noch solch ein Text
der „Gegenseite" im vollem Wortlaut (ungekürzt) vorgestellt werden.
Im weiterem Sinne, sogar (begrenzt) „passend" zur nazistischen Unterstellung,
welche da die Zeugen Jehovas in die kommunistische Ecke stellten, eignet sich
sogar eine Notiz, welche in dergleichen Ausgabe des „Trost" lesbar ist. Sie
lautet wie folgt:
Der Kommunismus als Popanz in Amerika
Die römisch-katholische Hierarchie strebt mit aller Macht danach, die ganze
Welt unter ihr Kommando zu bekommen. Sie bemüht sich jetzt besonders um die
Vereinigten Staaten und bedient sich dabei des "kommunistischen Problems",
damit ihr die Völker der Erde in Dankbarkeit für ihre Errettung von diesem
schrecklichen Ungeheuer zu Füßen fallen sollen. Es ist zum Lachen. Die
Gesamtzahl der Wähler in dem kommunistischsten Bezirk der Vereinigten Staaten
betrug bei der letzten Wahl 2 750 000, wovon die Kommunisten 31 987 Stimmen
erhielten, also etwas mehr als ein Prozent. Es ist als ob man ein Kind nehmen
und über das Dach eines Hauses werfen wollte,
Tatsächlich erhielten die Kommunisten bei der letzten Wahl von den fast 50 000
000 Stimmen nur 51855. Kann da jemand erklären, warum die römisch-katholische
Hierarchie in jeder Stadt und jedem Dorf, in jeder Zeitung und auf alle Art
und Weise die Welt mit dem kommunistischen Popanz zu schrecken sucht? Das ist
alles blauer Dunst, alles Heuchelei, der Versuch, die ganze Welt unter die
Füße und unter die Herrschaft dieser lieblichen Nachfolger der Apostel (?) zu
bekommen, die in Mexiko und Spanien so wundervolle Arbeit geleistet haben. Von
den Kolumbusrittern ist das Schlagwort vom "Weltwelten Kampf gegen die Roten"
geprägt worden; und mit den "Roten" meinen sie jede Organisation, die die
römisch-katholische Hierarchie für eine gesetzlose Organisation hält und ihr
darum widersteht. Doch zu seiner bestimmten Zeit wird Jehova einen "weltweiten
Kampf gegen die Roten" In Szene setzen, gegen die wahren "Roten", die die Welt
mit Streit, Kummer, Furcht, Haß und Unruhe erfüllt haben. Er braucht das nicht
erst zu planen. Es ist bereits in seinem Worte verkündigt. Wenn dieser Kampf
beendigt ist, wird die Welt von der Hierarchie und allen mit Ihr verbundenen
Übeln, einschließlich der Kolumbusritter, für Immer und ewig befreit sein.
--------------------------------------------
---------------------------------------------------
......................................................
„Aus Danzig
32 Bibelforscher verurteilt
Zwei Angeklagte erhielten Höchststrafen. -
Das Ergebnis der gestrigen Verhandlung.
Die Verhandlung gegen 37 Ernste Bibelforscher wegen verbotener
Vereinsbetätigung nahm unter starker Anteilnahme des Publikums im
Schwurgerichtssaal folgenden Verlauf:
Nach eingehender Beratung verkündete der Vorsitzende, Landgerichtsrat Prohl,
folgendes Urteil:
Die Angeklagten Otto Peters, Adolf Hardtke, Erna Schaefer, Franz Grohnert und
Berta Hein werden auf Kosten der Staatskasse freigesprochen. Die übrigen 32
Angeklagten werden wegen verbotener Vereinsbetätigung (Vergehen gegen S 19
Art. l der Verordnung vom 30.6.1933) verurteilt, und zwar Helene Hopp zu einem
Jahre und sechs Monaten Gefängnis, Marta Malencke zu einem Jahr und drei
Monaten Gefängnis, Marie Lindenau zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis,
Marie Schmeil zu zwei Jahren Gefängnis, Paul Mohring zu zwei Jahren Gefängnis,
Karl Goyke zu drei Jahren Gefängnis, Paul Schaefer zu drei Jahren Gefängnis,
Emil Hein zu einem Jahr Gefängnis, Walter Zinser zu einem Jahr und neun
Monaten Gefängnis, Maria Eckermann zu einem Jahr Gefängnis, Kurt Grabowski zu
einem Jahr Gefängnis und Max Neubert ebenfalls zu einem Jahr Gefängnis. Drei
weitere Personen erhalten je neun Monate Gefängnis, vier Personen je sechs
Monate Gefängnis und die übrigen Angeklagten Gefängnisstrafen von sechs Wochen
bis zu vier Monaten. Die Polizeihaft wurde den Angeklagten bis zu drei Wochen
auf die Strafe angerechnet.
In der Urteilsbegründung führte der Vorsitzende u. a. aus: Die größte Schuld
habe ohne Zweifel Paul Schaefer auf sich geladen, der als Haupt der Ernsten
Bibelforschergesellschaft in Danzig anzusehen ist. Er hat nicht nur den
Vertrieb der illegalen Druckschriften geleitet, sondern auch Geldüberweisungen
an die Frau des in Ostpreußen verurteilten Leiters der
Bibelforschervereinigung Ostpreußens, Raabe, nach Memel getätigt. Im Monat
wurden 50 bis 60 Gulden nach Memel überwiesen. Goyke sei ebenfalls mit der
Höchststrafe von drei Jahren belegt worden. Bei ihm wurde strafverschärfend
berücksichtigt, daß er bereits zweimal und darunter einmal mit einem Jahr und
sechs Monaten Gefängnis wegen seiner Tätigkeit als Bibelforscher bestraft
worden ist. Er hat Kindern Unterricht erteilt und versucht, ihnen den
Irrglauben der Ernsten Bibelforscher mitzuteilen. Die Angeklagten nahmen zum
überwiegenden Teil ihre Strafen an.
"Danziger Neueste Nachrichten" vom 27. 6. 39.
Am Rande vermerkt. In ihrem Buch
„Die gerettete Freude"
kommt Frau Hermine Schmidt auf die mit erwähnte Frau Malencke
(andere Schreibweise: Malenke) zu sprechen, als einer für sie wesentlichen
Stütze unter den widrigen KZ-Bedingungen.
Der faschistische Reichskirchenminister Kerrl - darüber sind
sich Historiker weitgehend einig - war im Machtgefüge des Naziregimes ein
verhältnismäßig machtloser Mann. Das tatsächliche „Sagen" hatten andere; nicht
er. Gleichwohl kann man ihn als eine Art „Schaufensterpuppe" in Kirchenfragen
ansprechen.
Die Dissenze in der Nazihierarchie kamen diesbezüglich markant in einer Notiz
von Goebbels zum Vorschein, der da rekapitulierte;
„Kerrl will die Kirche konservieren, wir
wollen sie liquidieren,"
http://www.bautz.de/bbkl/k/Kerrl.shtml
Es ist durchaus legitim, wenn zeitgenössisch registriert wurde. Was gibt
denn dieser Mann so für „Ergüsse" von sich. Auch dem „Trost" muss man
konzedieren, dass es registrierte, wenn der Herr Kerrl da „was zum besten
gab", und dass es sich die Freiheit nahm, diese Aussagen aus seiner Sicht zu
kommentieren. Ein solcher Fall lag offenbar in der „Trost"-Ausgabe vom 15. 11.
1938 vor. Unter der Überschrift „Der Januskopf des Nationalsozialismus" wurde
dort (auszugsweise zitiert) das nachfolgende berichtet und kommentiert:
„Der Bericht eines süddeutschen
Korrespondenten in der "Thurgauer Arbeiterzeitung" vom 20. Nov. 1937 spricht
... für sich selbst:
"Am 13, und 14. November fand in Weingarten (bei Stuttgart) der
Oberschwabentag der NSDAP statt, an dem 10 000 schwäbische Naziamtswalter und
geschlossene Formationen der Hitlerjugend teilnahmen. Die ganze Tagung stand
im Zeichen einer wüsten Hetze gegen die christlichen Religionsbekenntnisse,
die ihren Höhepunkt in der Rede des Reichsstatthalters Murr fand. Natürlich
fehlte dabei die ebenso feige wie freche Behauptung nicht, es werde niemand um
seines Glaubens willen verfolgt. Das sei - erklärte Murr - eine bewußte
Fälschung der Tatsachen. Zynisch fuhr er dann jedoch fort:
"Wohl aber scheint manchen Menschen das Gefühl, verfolgt zu werden, recht
angenehm zu sein, weil sie den Wunsch in sich tragen, mit der Märtyrerkrone
geziert Mitleid zu heischen. Aber sie täuschen sich, wenn sie glauben, daß
diese Methoden verfangen. Wir lassen jedem seinen Glauben, allein wir können
nicht dulden, daß irgendwelche (!) Grundsätze verkündet werden, die nun einmal
in diametralem Gegensatz zum nationalsozialistischen Staat und seiner
Weltanschauung stehen. Man kann von uns nicht verlangen, an Anschauungen
festzuhalten, die die Geschichte als falsch erwiesen hat. . . Was will es
schon heißen, wenn gewisse Anschauungen den 1500 oder 2000 Jahre alten
Konfessionen Ewigkeitsbestand zusprechen wollen, angesichts der Tatsache, daß
das deutsche Volk bis in die fernste Urzeit zurückreicht und nicht etwa erst
durch das Christentum zu jenem moralischen Hochstand gelangte, den ihm der
Schöpfer von Anbeginn mitgegeben hat."
Der Widerspruch in dieser Rede ist offensichtlich und typisch für das gesamte
Nazi-System. Man spricht von Glaubens- und Gewissensfreiheit und meint damit
in Wirklichkeit die Freiheit, Nazi zu werden. Man spricht und behauptet, es
werde niemand um seines Glaubens willen verfolgt, und kann die vor aller Welt
offenkundige Tatsache nicht bestreiten, daß mehr als 6000 Zeugen Jehovas um
ihres Glaubens willen in Konzentrationslagern und Gefängnissen stecken, wobei
bereits viele - wie einwandfreie Berichte von Glaubensgenossen bestätigen - zu
Tode gemartert wurden.
Man behauptet im Reichstag, man stehe auf dem Boden des wahren Christentums,
in Wirklichkeit aber macht man ein Verbrechen daraus, in der Bibel zu lesen
oder biblische Literatur zu besitzen oder zu verbreiten. Mit anderen Worten:
Man redet von Christentum und meint in Wirklichkeit die Ideologie des
Nationalsozialismus.
Man ruft und brüllt in Chören auf Straßen und Plätzen: "Deutschland erwache!"
In Wirklichkeit berauscht man das deutsche Volk und schläfert es ein gegenüber
seinen wahren und wichtigsten Bedürfnissen und Interessen, um es für den
eigenen Götzenkult gefügig zu machen. Man spricht von Gott und meint in
Wirklichkeit den "Führer".
So berichten z. B. die "Danziger Neueste Nachrichten", vom 24. Nov. 1937 über
eine Kundgebung des Reichskirchenministers K e r r l in Fulda:
" ... und stellte unter Hinweis auf die alleinige Gültigkeit des
nationalsozialistischen Parteiprogramms folgendes fest: ,Der
Nationalsozialismus ist eine religiöse Bewegung, die die Bindung an Gott und
die göttliche Ordnung nicht nur durchaus anerkennt, sondern durchlebt. Wir
halten es für eine Pflicht, dem Deutschen die religiöse Freiheit unter allen
Umständen zu gewährleisten. Es ist das persönliche Recht des einzelnen, sich
die Religionsgemeinschaft selbst auszusuchen. Die n. -s.- Regierung hat die
Pflicht, dafür zu sorgen, daß ein politischer Mißbrauch der Religion unter
allen Umständen vermieden wird...
Staat und Bewegung denken im übrigen nicht daran, sich in den Streit der
Kirchen und Bekenntnisse über Dogmen einzulassen. Sie vertreten vielmehr ein
positives Christentum..."
Bis hierher könnte man meinen, einen wirklich bibelgläubigen Christen vor sich
zu haben, dessen Ausführungen zu billigen und zu unterstreichen sind. Aber nun
kommt das andere Gesicht zum Vorschein:
"Wie kommt man nun", so fuhr Reichsminister Kerrl fort, "dazu, zu behaupten,
der n.-s. Staat und die n.-s. Partei seien antikirchlich, antichristlich oder
antireligiös eingestellt? Der Minister stellte eindeutig fest, daß der n.-s.
Staat sowohl wie die n.-s. Partei sich mit keiner einzelnen
Religionsgemeinschaft gleichsetzt. . . In diesem Staat könne allerdings nur
der Staat selbst herrschen und nur einer führen. Ihm in völliger Disziplin und
Unterordnung zu folgen, sei die Aufgabe aller. . .
Auch hier wiederum steht der "Januskopf" mit seinen beiden Fratzen in aller
Deutlichkeit vor uns. Wieder spricht man von "positivem Christentum", das
Berge versetzte, und meint in Wirklichkeit den n.-s. Staat, die n.-s. Partei
und als Bibel die n.-s. Parteiprogramme. Wieder, plädiert man von
Glaubensfreiheit, aber in der bestimmten Erwartung, daß man dem Einen
bedingungslos folge; von Religionsunterricht, aber ohne Kinder, da die
Erziehung der Jugend der n.-s. Staat selbst besorgen will. Man verurteilt und
bekämpft politisierende Religion, um andererseits offen zuzugeben, daß man
eine eigene "nationalsozialistische Kirchenpolitik" besitze, die allein
maßgebend sein könne.
In der Tat, die N.S.- Führer schätzen das deutsche Volk als sehr schwachsinnig
ein, wenn sie glauben, diesem Volke wirklich ein X für ein U vormachen zu
können. Man hat das deutsche Volk politisch und wirtschaftlich unter Kuratell
gestellt, und nun ist man dabei, es mit Hilfe des Kirchenministeriums, der
n.-s. Kirchenpolitik und des n.-s. Parteiprogrammes auch in geistiger Hinsicht
in Banden und Fesseln zu schlagen in einer Weise, die in der Weltgeschichte
einzigartig ist.
Sie ahmen es nur den katholischen und protestantischen Religionen nach, wenn
sie sich heuchlerischerweise der Namen "Gott", "Jesus Christus" und "positives
Christentum" in selbstsüchtiger Absicht zur Erreichung ihres vorgesteckten
Zieles bedienen: Totale und absolute Gleichschaltung des gesamten Volkes nach
dem Parteiprogramm. Diese Methode des Teufels aber ist nicht neu ...
Zum Schluß bedarf die Behauptung des Ministers Kerrl, "auch Christus habe
einen unerhörten Kampf gegen das Judentum geführt, das ihn auch deshalb ans
Kreuz geschlagen habe", einer Richtigstellung; denn diese Behauptung ist nicht
mehr und nicht weniger als eine brutale Vergewaltigung des biblischen
Berichtes und ist bezeichnend für die Gesamteinstellung des Reichsministers.
Die Speisung der Fünftausend an einem Bergabhang, die vielen wunderbaren
Heilungen, die Berichte über die Bergpredigt des Herrn, über Jesus als
Kinderfreund, über den Umgang des Herrn mit seinen Jüngern und über den
triumphalen Einzug in Jerusalem sind einwandfreie Beweise für die Liebe und
das Wohlwollen des Herrn Jesus Christus zum Jüdischen Volke. Sein Kampf galt
lediglich den religiösen Götzendienern unter dem jüdischen Volke, die - wie
die Nazi - den Namen Gottes zum Schein und zur Täuschung des Volkes im Munde
führten, deren Herzen aber weit von Gott entfernt waren. ...
Es kann und darf nicht angehen., daß man das Wort Gottes unwidersprochen und
ungestraft zur Unterstützung der widersinnigen, unvernünftigen
"Rassentheorie", sowie der grausamen Propaganda des Antisemitismus heranzieht,
Gottes Wort der Wahrheit, hat eine weit ehrenvollere Aufgabe auf Erden zu
erfüllen, die zu begreifen sehr wahrscheinlich einem Nazi nicht gegeben ist.
Wahres, positives Christentum kann nicht als Privilegium einer einzelnen
Nation beansprucht werden, wie auch Christus Jesus nicht speziell für die
Deutschen starb und Jehova Gott die Erde nicht lediglich der Deutschen wegen
erschuf. ...
Weil die Zeugen Jehovas nicht der verkehrten, unbiblischen Auffassung von
einem "nationalen" Christentum beipflichten, sondern dem Willen Gottes gemäß
mit ihrer Brüderschaft in. allen Nationen, Zungen und Sprachen innig verbunden
sind, darum glaubt man im Dritten Reiche, sie unter die Internationale des
Kommunismus einreihen zu können. Dabei ist man so inkonsequent, daß man die
Internationalität der römisch-katholischen Hierarchie gänzlich übersieht, weil
man sie dort ganz einfach nicht sehen will, und weil dieses heuchlerische
Religionssystem vom gleichen Geiste wie der Nazismus beherrscht ist. Beide
huldigen dem Prinzip der Anwendung der Brachialgewalt, wann und wo immer es
ihren Systemen förderlich zu sein scheint. ..."
Durchaus symptomatisch zu nennen ist auch ein in dieser „Trost"-Ausgabe
mit abgebildetes Pressephoto.
Im dazugehörigem Bildtext liest man:
„Die Nazis zwingen jüdische Einwohner von
Wien, die Bürgersteige des Rings mit Seife zu reinigen"
Zutreffend zu dieser pathologischen Politik der Nazis stellt „Trost" in
einem ergänzenden Artikel unter anderem fest:
„Das nebenstehende Bild aus Wien
illustriert nicht im geringsten, mit welcher Grausamkeit in diesem Kampfe
vorgegangen wird. Denn das hier Abgebildete geschah im Lichte der
Öffentlichkeit, und dabei müssen immer Grenzen eingehalten werden, um vor der
Kulturwelt die Fassade zu wahren. Bilder aus dem Konzentrationslager Dachau
wären weit aufschlußreicher.
Aber auch bei diesem Photo fragt man sich, wie sich darunter als Begleittext
wohl jene Erklärung ausnehmen würde, die Kardinal Innitzer aus Wien und seine
katholischen Bischofskollegen in ihrem Wahlaufruf vom März 1938 abgaben:
"Wir anerkennen freudig die großen Verdienste der Nationalsozialistischen
Bewegung auf völkischem Gebiet und begleiten dieses Wirken für die Zukunft mit
unseren Segenswünschen.
Wenn sich diese Bischöfe auch über den Teufel ähnlich diplomatisch ausdrücken
und an ihm rühmen würden, wie tatkräftig und zielbewußt er ans Werk gehe, sich
aber im übrigen über alle seine unangenehmen Eigenschaften ausschwiegen, dann
läge das ganz auf der gleichen Linie. ...
Den Judenhaß zu schüren, dient in den Totalstaaten als politisches Manöver. Da
hat man doch wenigstens immer einen Sündenbock zur Hand. Geht irgend etwas
schief, schreit der "Stürmer" sofort: "Die Juden sind unser Unglück!", und
damit ist dann alles ,,erklärt".
Solche Erklärungen sind zwar zu bequem, um wahr zu sein; aber Demagogie macht
es sich immer bequem."
Damit wäre dann vielleicht (wieder einmal) auch eine „Eselsbrücke"
gebaut, um zur katholischen Kirche überzuleiten. Zwar in einem völlig anderen
Kontext, bekommt sie auch in dieser „Trost-Ausgabe ihr „Fett weg"
(Details dann morgen).
Anzumerken wäre noch, dass auch Herr Wrobel in einem Aufsatz in „Religion
Staat Gesellschaft" (Heft 1/2003) Teile des Vorzitierten aus dem „Trost"
ebenfalls zitiert.
Wrobel meint anmerken zu sollen. Diese Stellungnahme sei ja vor der
berüchtigten „Reichskristallnacht" verfasst worden. Und er zitiert weiter den
Detlef Gatbe in dem Kontext mit der sinngemäßen Aussage; dass die etablierten
Kirchen es in Sachen Antisemitismus den Nazis gleichtäten.
Insbesondere die „Trost"-Polemik gegen Kerrl sei in der Lesart von Wrobel für
seine Organisation, die er vertritt „entlastend".
Nun stimme ich zwar Wrobel dergestalt zu, dass die etablierten Kirchen sich in
dieser Geschichtsphase alles andere als denn mit „Ruhm" bekleckert hätten.
Nicht zustimmen hingegen tue ich ihm bezüglich seiner Überbewertung der
Polemik gegen Kerrl.
Meines Erachtens besteht ein Kernsatz der „Trost"-Ausführungen in der Aussage;
„Weil die Zeugen Jehovas nicht der
verkehrten, unbiblischen Auffassung von einem "nationalen" Christentum
beipflichten."
Das war es was die Zeugen zeitgenössisch umtrieb. Nicht jedoch wie es das
Naziregime mit den Juden hielt. Wurde man im Einzelfall mit den Folgewirkungen
der nazistischen Judenpolitik konfrontiert, gab es vielleicht individuelle
Hilfe für die Bedrängten. Einige solcher Beispiele nennt Wrobel namentlich.
Das bekannteteste der spätere Talkmaster Hans Rosenthal.
Diese Individualhilfe ändert nichts an dem Umstand, dass auch bei den Zeugen
religiöser Antisemitismus verbreitet war. Der selbst einen KZ-Kommandanten (Höß)
zu dem Erstaunensausruf veranlasste. Die Bibelforscher (Zeugen Jehovas) würden
ja auch meinen, die Juden müssten „zu Recht" leiden, dieweil sie ja Jesus
gekreuzigt hätten (respektive in der WTG-Lesart gepfählt).
Religiöser Antisemitismus ist allerdings nicht zwangsläufig mit
Rassenantisemitismus in der Ausformung identisch. Wozu Rassenantisemitismus
fähig war; siehe das Bild weiter oben; der grundsätzlichen Entrechtung der
Menschenwürde.
Die "Feinheit" des religiösen Antisemitismus schon seit den Papsttagen, die
ihn ja auch praktizierten, besteht eben darin, selber nicht die "Drecksarbeit"
zu machen. Das sollen dann "andere" erledigen.
Und erledigen "andere" das, besteht der eigene Part in der klammheimlichen
laut oder leise geäußerten "Freude" nach dem Motto "Geschieht ihnen ja recht".
Das muss man auch hinzufügen.
Aber die zitierte zeitgenössische Polemik gegen Kerrl nun im Nachhinein zum
„Persilschein" für die WTG-Organisation aufzubauschen. Dazu ist mein
Kommentar:
Gewogen und für zu leicht befunden!
Das Votum des Rudolf Höss
Miese Propaganda mit der faschistischen Reichskristallnacht
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Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren
Kommentarserie „Trost 1939 zusammengefasst