Der nachstehende Text wurde zuerst in der Zeitschrift "Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung" veröffentlicht (Heft 1/1967 S. 20 - 39 )

In erweiterter Form, sind seine Fakten auch in der "Geschichte der Zeugen Jehovas" enthalten.

Dr. Hans Jonak von Freyenwald. Ein faschistischer Apologet gegen die Zeugen Jehovas

Manfred Gebhard

Jens-Uwe Lahrtz hat beschrieben, wie die umstrittene Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas in demokratischen Ländern während des zweiten Weltkrieges überleben konnte. 1 Er sieht seine Studie in Kontinuität der Arbeit von Detlef Garbe. 2 In seinem umfänglichen Literaturverzeichnis erwähnt Garbe. auch ein einschlägiges Buch des Schriftstellers Ernst Wiechert, ohne es allerdings im eigentlichen Text näher zu zitieren. 3

Wiechert beschreibt darin in Romanform seine Erlebnisse im Konzentrationslager Buchenwald. Von sich selbst redet er dabei in der indirekten Form als von "Johannes" Er beschreibt, wie er in Buchenwald in ein Arbeitskommando, der Strumpstopfer kam: "Die Gespräche waren still, es fiel kaum ein rohes Wort. Von dem Fleiß und der Sauberkeit der Arbeit hing das Verbleiben an dieser ruhigen Stätte ab; und es schien Johannes vom ersten Tage an, als seien hier nicht drei, sondern hundert der berühmten 'Gerechten Kammacher, auf einen Haufen angesammelt. Auch sollte er bald erkennen, daß zu den beiden zuerst empfundenen Gerüchen noch ein dritter sehr beherrschender kam. Der leise säuerliche Geruch der sektiererischen Tugend." 4 Aufschlußreich ist auch Wiecherts Anmerkung: "Es war nämlich diese Gemeinschaft nicht ganz nach 'Farben' geordnet, sondern mit ganz geringen Ausnahmen war eine Gemeinschaft der Gebrechlichen. Unter diesen nun, vielleicht weil der gebrechliche Körper am ehesten sich zu den jenseitigen Dingen wendet, befand sich eine große Anzahl jener Unglücklichen, die das Dritte Reich mit besonderer Erbarmungslosigkeit verfolgte, weil sie mit besonderer Unbeugsamkeit sich jenen Heilslehrer verschlossen: nämlich der Sekte der 'Ernsten Bibelforscher' 5".6

Wiechert geriet nun in tägliche Tuchfühlung mit ihnen. Sein Urteil fiel nicht gut aus: "Dumpfe, holzgeschnittene Gesichter hinter Brillengläsern, mit asketischen Lippen und der leisen, beschwörenden Stimme von Eiferern. Gesichter, die aus derselben Enge, derselben Not und derselben Verheißung geprägt schienen und von denen Johannes sich gut denken konnte, daß sie mit unbewegtem Antlitz zusehen würden, wie alle Ketzer auf einem langsamen Feuer in die ewige Verdammnis hinüberbrieten" 7 und: "Was nun allerdings bei näherem zusehen auf dem Grunde dieser Weltanschauung lag, war so beschaffen, daß es sich jeder ernsthaften Diskussion völlig entzog. Wer bis auf das Jahr genau weiß, wann diese Welt erschaffen wurde, und fast ebenso genau auch das Jahr. wann sie zugrunde gehen wird … mit dem ist schwer zu disputieren und noch schwerer zu rechten, weil ein anderes Zeitalter, ja ein anderer Stern unter seinen Füßen zu liegen scheint." 8 Sein abschließendes Urteil faßt er in die Worte: "Man konnte sie alle achten, aber man mußte sie auch alle bedauern. Der Märtyrer, der für den Glauben stirbt, daß man nur Gras essen dürfe (im übertragenen Sinne), begibt sich des Heiligenscheins um seine Stirn." 9

Wiecherts Stellungnahme steht nicht alleine. Auch andere Zeitzeugen gewannen ähnliche Eindrücke, beispielsweise Lina Haag. 10 Über den Dialog den eine Kommunistin und eine Bibelforscherin auf ihrem gemeinsamen Transport ins KZ führten berichtet sie mit den Worten: "'Ihr verweigert den Kriegsdienst' sage ich. 'Gut. Aber ist damit das Elend aus der Welt geschafft? Nein. Wofür geht ihr in den KZ zugrunde, für die Menschheit oder für Jehova? Für Jehova natürlich. Nicht für die hungernden Kinder, sondern für die Bibel. Ihr seid genau so wie die alten Märtyrer.' 'Du opferst dich ja auch', sagt sie. 'Gewiß', sage ich, 'aber nicht für den lieben Gott und nicht für Jehova, sondern für die Menschen.' Sie sagt nur: 'Schade, du bist nicht im Glauben.' 'Nein', sage ich, 'ich bin nicht im Glauben, ich will auch gar nicht im Glauben sein. Mir ist wichtiger, mit beiden Beinen auf der Erde zu stehen und für ein erträgliches Leben zu kämpfen". 11

Die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas hatte, nachdem das NS-Regime sein wahres Terrorgesicht schon unmittelbar nach 1933 offenbart hatte, zuerst noch, versucht, durch Kompromisse "zu retten was zu retten ist". Es zeigte sich jedoch schon bald, daß diese Kompromißbereitschaft nicht im gewünschten Sinne gewürdigt wurde. Den Hintergrund definierte Gerhard Hetzer einmal mit den Worten, das seiner Meinung nach "die Verneinung des Rechts eines Staates, die Bekenner der Lehre jenseits von in der Bibel wörtlich angeführten Pflichten, etwa der Steuerzahlung, weiter in Anspruch zu nehmen … zur Ablehnung der Legitimität des Nationalsozialismus (führte). Dies gab ihrem Konflikt mit Staat und Partei schließlich einen verbissenen, von pragmatischen Überlegungen ungetrübten Charakter … Sie setzten aber in diesem Kampf ungeahnte, von metaphysischen Auserwähltheitsansprüchen getragene Energien ein." 12

In Bayern war das Verbot bereits am 13. 4. 1933 ausgesprochen worden. Literatur ihres Verlages, der Wachtturmgesellschaft (einzelne Titel) waren in Bayern bereits seit 1931 verboten. Hetzer beschreibt, das die ersten größeren Konflikte durch von der Zeugenleitung unabhängige Gruppen ausgelöst wurden, die gegen das NS-Regime in religiöser Verbrämung polemisierten. "Unter Anleitung eines Kontaktmannes sächsischer Bibelforscher, des Naturheilkundigen Karl Klemm .... waren Augsburger Bibelforscher um die Monatswende November/Dezember 1933 dazu übergegangen, Broschüren mit Titeln wie 'Das Licht Gottes erscheint in der Finsternis' oder 'Die Biblische Weissagung von 1914 ab bis in Ewigkeit' per Post vor allem an Geschäftsleute zu versenden. Den Sendungen lag eine Schrift Klemms bei, die den 27. Mai 1934 als aus Studien der Bibel ermitteltes Datum des Sturzes Hitlers bestimmte. Zu lesen stand weiter, '…daß Hitler von einem Geist des Schwindels geleitet werde, daß er seine Anhänger sämtlich ins Verderben führen werde und daß alle Menschen vor Juda, dem Weltherrscher erzittern werden". 13 Die Wachtturmgesellschaft hielt zu diesem Zeitpunkt still und versuchte auf diplomatischem Wege zu "retten was zu retten ist". Lediglich ihr Grundsatz des Nichtwählens usw. brachte sie immer wieder ins Bewußtsein der NS-Behörden. "Als für die Brooklyner Zentrale angesichts sich verstärkender Zwänge erkennbar wurde, daß eine Werbung weiterer Gläubigen nicht zugelassen und ein Abbröckeln der Anhängerschaft abzusehen war" wurde beschlossen "die organisierte Werbetätigkeit wieder aufzunehmen. Nun begann die offene Konfrontation. Als Beginn des illegalen Kampfes ist der 7. Oktober 1934 anzusehen". 14

Man sollte die antifaschistischen Stellungnahmen einzelner separierter Gruppen der Bibelforscherbewegung jedoch nicht überbewerten. Fakt ist, daß der Konflikt seine Wurzeln schon in der Weimarer Republikzeit hatte. Die Kirchenkritik der Bibelforscher veranlaßte etliche kirchliche Apologeten sie mit dem gleichfalls verhaßten Freidenkertum auf eine Stufe zu stellen. Wenn die Bibelforscher beispielsweise in einer "Anklage gegen die Geistlichkeit", dieser überspitzt vorwarfen, im ersten Weltkrieg ihre Kirchengebäude in "Rekrutierungsanstalten" umgewandelt zu haben, dann war da für etliche deutschnationale Kirchenvertreter ein empfindlicher Nerv getroffen. Die Antwort konnte aus deren Sicht nur sein, bei passender Gelegenheit entsprechend zurückzuschlagen. Diese Chance sollte sich mit der Machtübernahme des Nationalsozialismus ergeben. Besonders die katholische Kirche fackelte nicht lange und handelte in diesem Sinne entsprechend.

Bereits in etlichen Ländern des föderalistischen Deutschen Reiches waren nach 1933 Bibelforscherverbote ausgesprochen worden, darunter auch in solchen Hochburgen der Bibelforscher wie in Sachsen. Lediglich Preußen "hinkte" noch hinterher. In Preußen befand sich jedoch die deutsche Zentrale der Bibelforscher (Magdeburg). Es war nur ein Frage der Zeit, wann auch hier gehandelt werden würde. Mit Datum vom 9. 6. 1933 ist das Protokoll einer Konferenz überliefert, wo beschlossen wurde, endlich "Nägel mit Köpfen" zu machen. Alle daran interessierten Kreise und staatlichen Dienststellen wurden zu dieser Konferenz ins Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung eingeladen. Seitens der katholischen Kirche erklärte auf dieser Konferenz der Domkapitular Piontek aus Breslau (Sprecher für die Fuldaer Bischofskonferenz): "Bloße Mahnungen seien jedoch gegenüber der fanatischen und gehässigen Propaganda der 'Ernsten Bibelforscher' nicht ausreichend. Die Unruhe und Zersetzung innerhalb der christlichen Bevölkerung, die durch das Vorgehen der 'Ernsten Bibelforscher' herbeigeführt worden sei, müsse fortschreiten, wenn nicht bald strenge staatliche Maßnahmen ergriffen würden. Ein staatliches Verbot der 'Ernsten Bibelforscher' sei unter diesen Umständen dankbar zu begrüßen."

Sorge bereitete die Frage, wie Interventionen der amerikanischen Regierung begegnet werden könne. Dazu erklärte seitens der Gestapo deren Chef Diels: "Er, Diels, glaube indessen, daß diese Schwierigkeiten … ausgeräumt werden könnten, z.B. indem man von einer Vermögensbeschlagnahme Abstand nehme und den 'Ernsten Bibelforschern' die Möglichkeit lasse, ihre Wirtschaftsbetriebe, wie schon beabsichtigt, ins Ausland (nach Prag) zu verlegen." 15 Es ist davon auszugehen, daß diese Stellungnahme der katholischen Kirche - direkt oder indirekt - auch zur Kenntnisnahme der Zeugenleitung gelangte. Der Verbotsweg der Zeugen Jehovas nahm seinen Lauf. Da geschah im Jahre 1936 etwas relativ ungewöhnliches.

Im Berliner katholischen Germaniaverlag erschien eine Veröffentlichung mit dem Titel: "Die Zeugen Jehovas. Pioniere für ein jüdisches Weltreich. Die politischen Ziele der Internationalen Vereinigung ernster Bibelforscher". Als Verfasser wurde genannt: Dr. Hans Jonak von Freyenwald. Mit seiner 1935 verfaßten und Anfang 1936 veröffentlichten Schrift über die Zeugen Jehovas, der eine ausdrückliche Druckerlaubnis des Erzbischöflichen Ordinariates Wien beigefügt wurde, hatte der österreichische Katholik Jonak die Zeugenführung in der Tate empfindlich getroffen. In ihrer Zeitschrift "Das Goldene Zeitalter" veröffentlichten sie dazu einen "Offenen Brief an Herrn Dr. Hans Jonak von Freyenwald." 16 Berücksichtigt man ferner, daß es zur Taktik der Zeugenführung gehört, kritische Stellungnahmen möglichst durch totschweigen zu übergehen, so stellt dies schon ein gewißes Novum dar. Kaum ein anderer Kritiker konnte es sich zugute halten (davor oder danach), durch einen eigenen umfänglichen Artikel in der Zeugenliteratur behandelt worden zu sein.

In der Sache wurde nicht "zimperlich" vorgegangen. Die Zeugenführung antwortete ihm :"Es ist Krieg zwischen Gottes Organisation und der des Teufels und keine Zeit, um wegen eines angeblichen Freimaurerbriefes' lange Verhandlungen zu fuhren. Wir haben Wichtigeres zu tun. Unser König sagt: 'Stellet euch ringsum auf wider Babel … schießet ihm nach, schonet die Pfeile nicht! denn gegen Jehova hat es gesündigt. Erhebet ein Schlachtgeschrei gegen dasselbe ringsum!'… Das ist ein deutlicher Befehl, von Gott, den Tag der Rache auszurufen über die Organisation des Teufels, einschließlich der römisch-katholischen Hierarchie. Die Vernichtung der Ruchlosen wird er auf seine eigene Weise und zu seiner bestimmten Zeit vollziehen." 17 Als Gesamteinschätzung der Jonakschen Schrift verkündet die Zeugenleitung: "Kurz gesagt ist Ihre Schrift eine gewöhnliche Bettelei um staatlichen Schutz für die römisch-katholische Hierarchie, die Sie gerne christlicher machen möchten, als sie es ist. Sie … sehnen sich nach der guten alten Zeit im finsteren Mittelalter, wo Scheiterhaufen, Inquisition und Folterkammern den Mund treuer Zeugen für immer geschlossen haben … Daß man mit Verordnungen ähnlich denjenigen in Hitler-Deutschland den höchsten Interessen des Volkes schadet, ist Ihnen gleichgültig. Hauptsache: Die Hierarchie Roms blüht und gedeiht gleich einem großen, schattigen Baum, in dessen Ästen Vögel wie Sie und ihre Bundesgenossen Zuflucht finden." 18 Beigefügt war dem noch eine Karikatur mit der TextÜberschrift: "Gedeckt durch den Panzer der rohen Gewalt (Faschismus), sendet Rom seinen Pfeil aus dem Hinterhalt." 19 Katholisch-kirchliche Kreise ereifern sich noch heute darüber, daß die Zeugen Jehovas sie in die Ecke des Klerikalfaschismus gestellt haben. 20 Dieselben Kreise sind allerdings bis heute einer Auseinandersetzung mit ihrem "Ahnvater" Jonak schuldig geblieben!" 21

Im Korrespondenzblatt für den katholischen Klerus Österreichs 22 bekam Jonak beispielsweise einmal die Möglichkeit zu einer umfänglichen Selbstdarstellung. Der Artikel endete mit der redaktionellen Anmerkung: "Hochwürdige Mitbrüder, die sich ausführlich über die Ernsten Bibelforscher orientieren wollten … seien auf die ausgezeichnete Broschüre, die zudem die Druckerlaubnis des erzbischöflichen Ordinariats Wien trägt: Die Zeugen Jehovas, aufmerksam gemacht." 23 In der Sache redete er dem klerikalen Leserkreis nach dem Munde: "Ihre Lehre ist nur scheinbar eine christlich-religiöse, in Wirklichkeit eine politische mit religiöser Verbrämung. Aus ihrer Lehre erwähne ich bloß kurz, daß sie die Dogmen der heiligen Dreieinigkeit und der Unsterblichkeit der Seele verwerfen. Das heilige Sakrament des Altares ist ihnen eine gotteslästerliche Einrichtung, die Lehren vom Fegefeuer und der Hölle werden als satanische Erfindungen hingestellt und das Papsttum sowohl als auch die gesamte Geistlichkeit in unflätigster Weise angegriffen. Vom ganzen Christentum bleibt nichts übrig, alles wird in den Kot gezerrt." 24

Zugleich konnte er seiner Leserschaft auch noch ein paar Highlights mit zum besten geben, die (aus zeitlichen Gründen) in seinem Buch noch nicht mit berücksichtigt werden konnten: "Plan der Bibelforscher ist, die Völker mit den Mitteln der Glaubensberaubung und wirtschaftlichen Revolutionierung zu entsittlichen und zu zermürben, um aus dem Chaos die jüdische Weltherrschaft entstehen zu lassen. Indem die Ernsten Bibelforscher ein solches Programm verfolgen, ergibt sich die bisher leider noch nicht voll gewürdigte Tatsache, daß ihre Religionslehre nur Mittel zum Zweck ist und daß sie keine religiöse, sondern eine politische Gesellschaft mit umstürzlerischem Programm sind. Selbstverständlich leugnen dies die Ernsten Bibelforscher, sobald sie vor einem Gericht stehen und sich gegen den Vorwurf kommunistischer Ziele verteidigen müssen. Ein solcher Prozeß fand erst vor kurzem vor einem Sondergericht statt, woselbst ein sogenannter Zeuge Jehovas wegen verbotener Betätigung zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt wurde. Dem Gericht lag unter anderem ein beschlagnahmter Brief eines amerikanischen Zeugen Jehovas vor 25, in dem dieser schrieb: 'Die gegenwärtigen üblen Regierungen sind nun zu Ende und bald wird eine ehrliche, rechtmäßige Regierung errichtet werden, zugunsten der Menschheit unter der Oberaufsicht des großen Messias, unseres Heiligen Vaters Joseph Stalin von Neurußland." 26 Man wird die aggressive Kirchenfeindschaft, die in der Zeugenliteratur besonders seit Mitte der 30 Jahre bis Mitte der 40-er Jahre nachweisbar ist, auch in den Kontext der Jonakschen Aktivitäten stellen müssen.

In seiner Veröffentlichung schreibt er: "Mit meinen Ausführungen versuche ich die maßgebenden Stellen über diese neueste scheinreligiöse, in Wirklichkeit Christentums- und staatsfeindliche internationale Zersetzungsorganisation aufzuklären." Er resümiert, daß nach seiner Meinung "jede Regierung, der die Erhaltung christlicher Anschauungen und staatsbürgerlichen Empfindens am Herzen liegt, zu keinem anderem Urteil kommen darf, als die Weiterentwicklung der Bewegung durch ein Verbot zu verhindern." Im Angesicht des Verbotes in Hitlerdeutschland geht er soweit zu erklären: "Wer von einer Überschreitung des Höhepunktes spricht, verkennt die Tatsachen und die Zähigkeit, mit der Rutherford und seine Hintermänner ihr Ziel verfolgen." Und er fügt dozierend hinzu, daß er die Gefährlichkeit der Bibelforscher auch darin sehe, daß "zahllose Menschen in allen Ländern, wenn sie auch nicht zu Bekennern der Bibelforscherreligion gemacht werden, doch in ihren Glauben zur christlichen Religion und in ihrem Vertrauen zur staatlichen Ordnung vergiftet werden." 27 Das waren Aussagen, die an Eindeutigkeit nicht zu wünschen übrig ließen und die im Kontext der damaligen zeitgeschichtlichen Situation nicht anders als wie der Ausdruck einer Todfeindschaft gedeutet werden können. Als eines Kampfes auf Leben und Tod. Aufhänger für seine überzogenen Thesen war ihm die Endzeitverkündigung der Zeugen Jehovas, die er mit den Worten kolportierte: "Vernichtung der Regierungen aller Länder ist somit das Programm der Ernsten Bibelforscher, und ein solches Programm nennt man ein politisches. Daran wird auch nichts geändert, daß Rutherford das von ihm aufgestellte Programm … auf Jehova zu überwälzen versucht. Leute mit solchen Plänen gehören, je nachdem man ihren Geisteszustand beurteilt, entweder wegen religiösen Wahnsinn in eine Irrenanstalt oder als Hetzer gegen Staat und Kirche in eine Strafanstalt." 28

Die Zeugenlehre der Vernichtung aller Nicht-Zeugen hatte er also bis ins "letzte Detail" aufs Korn genommen. Man wurde es sich zu einfach machen, mit dem Hinweis auf Jonaks faschistische Verbindungen diese Argumentation ad acta zu legen. Er hatte in der Tat ein grundsätzliches Problem angesprochen, daß auch in anderen Konstellationen (sei es nun in der frühen DDR oder in Malawi usw.) eines der Hauptkonfliktstellen der Zeugen Jehovas mit ihrer Umwelt darstellt. Man kann geschichtlich noch weiter zurückgehen. Die Jahre 1077 - 1122 werden von Historikern unter dem Titel "Zwischen Canossa und Worms" eingeordnet. 29 Damals gerieten Kirche und Staat ernsthaft in Konflikt. Letztendlich im Hintergrund standen Machtfragen. Wer setzt sich gegen wen durch? Wer bestimmt über wen? Es wurden alle möglichen Register gezogen. Es gab unterschiedliche Höhepunkte und Niederlagen für die beteiligten "Streithähne". Einmal in Gang gesetzt, war der Konflikt nicht mehr zu bremsen, obwohl es der eine oder andere doch noch getan hätte, wenn er könnte. Der Konflikt mußte bis zum bitteren Ende ausgekostet werden. Aber was war das Ende? Es war "lediglich" ein Interessenausgleich Beide Seiten mußten zurückstecken. Es gab keinen eindeutigen Sieger oder Verlierer. Man hätte das ganze auch billiger haben können! Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Zeugen Jehovasführung der 30-er Jahre - partiell bis in die 90-er Jahre hinein, ebenfalls ihren Kampf zwischen Canossa und Worms austrug. Erst 1996 erlaubt sie z.B. ihrer Mitgliedschaft, staatlich verordneten Ersatzdienst für den Wehrdienst zu absolvieren. 30 Davor verlangte sie von ihren dafür in Betracht kommenden Mitgliedern, lieber ins Gefängnis zu gehen. Lediglich die " goldene Brücke", die ihr die Bundesrepublik Deutschland baute, durch den Passus, daß wer freiwillig ein Arbeitsverhältnis von mehr als 2,5 Jahren Dauer in einem Krankenhaus eingehe, habe das Problem des Ersatzdienstes hinter sich. Lediglich dieser Kompromiß verhinderte das ärgste. Als es diesen Kompromiß noch nicht gab 31, konnte man aus Artikeln in juristischen Zeitschriften bald den (oberflächlichen) Eindruck gewinnen, die Zeugen würden in der BRD genauso rabiat verfolgt wie einst in Hitlerdeutschland und der DDR. 32 Der Zeugenleitung der 30-er Jahre waren Kompromißgedanken fremd. Ihre Strategie war das alles oder nichts. Geriet sie dann an die "richtigen", waren die Konflikte vorprogrammiert. Die Opfer hatte in der Regel die einfachen Mitglieder zu tragen.

Wie aber kam nun gerade ein österreichischer Ministerialrat dazu, sich mit den Zeugen Jehovas in dieser Form und zu dieser Zeit so auseinanderzusetzen? Von den Historikern wird das Österreich jener Tage im allgemeinen als markante Variante des Klerikalfaschismus eingeschätzt. Mit anderen Worten: Die Liaison zwischen Faschismus und Katholizismus hatte besonders in Österreich jener Jahre einige direkte oder auch nur indirekte Befürworter gefunden. Zwar erwies sich das deutsche Konkordat schon nach kurzer Zeit als brüchig. Aber es gab doch noch einige, die glaubten ein Vertrauensverhältnis zum gegenseitigem Nutzen zwischen Katholizismus und Faschismus aufbauen zu können. Adelskreise, die keine "Sympathien" für die Arbeiterbewegung entwickeln konnten, sahen im Katholizismus einen wertkonservativen Pfeiler. Offenbar ist Jonak in diesem Rahmen einzuordnen. Nun hat die Zeugenleitung einen bemerkenswerten Brief Jonaks der Nachwelt überliefert. Am 12. 2.1934 schrieb er an eine ihm bekannte Zeugin Jehovas in der Schweiz und bat um Literatur der Zeugen Jehovas, die er sich anderweitig nicht beschaffen konnte.Er fügt darin wörtlich hinzu: "Ich glaube, daß Sie mir die Schriften ohne weiteres per Post senden können, da sie ja in Österreich Gott sei Dank erlaubt sind."

Im gleichen Schreiben schreibt er auch noch: "Das Studium der Schriften Pastor Russells und Richter Rutherfords hat in mir die Überzeugung gefestigt, daß es sich um eine Lehre handelt, die das Christentum zur lang vergessenen Wahrheit zurückführen soll. Ich habe mich auch mit dem Vorwurf, daß Beziehungen zum heutigen Judentum bestehen, beschäftigt und konnte feststellen, daß dieser Vorwurf, von dem ich von dritter Seite hörte und von dem ich auch zu Ihnen sprach, ganz haltlos ist. Seither begeistere ich mich um so mehr für die Schriften und möchte sie womöglich alle besitzen." 33

Wenn man den späteren Jonak kennt, dann kommt man nicht umhin, diese Zeilen als "starken Tobak" einzuschätzen. Zwar stammen sie aus dem Februar 1934, als die Zeugenführung noch auf "Schmusekurs" zum Hitlerregime segelte. Der Beginn ihres Konfrontationskurses erfolgte erst einige Monate später - im Oktober 1934. Aber auch wenn man das berücksichtigt, kann man einiges Unbehagen nicht unterdrücken. 34 Zugegebenerweise ist die Beschaffung von Zeugenliteratur (und das noch möglichst vollständig) für einen Außenstehenden ein Problem - unter Umständen ein sehr großes. Dieses Problem besteht übrigens noch heute! Aber wenn man Jonak richtig einschätzt, dann bestand seine Intention in einer Art wissenschaftlicher Laufbahn. Es machte ihn offenbar nichts aus von Wien nach Erfurt zu reisen usw. Wenn er wirklich wissenschaftliche Ambitionen gehabt hätte, dann hätte er wissen können, daß zumindest in der Deutschen Bücherei in Leipzig die Chance zur Einsichtnahme der bis dahin vorliegenden Zeugenliteratur besteht, falls ihm deren Einsichtnahme anderswo nicht möglich gewesen wäre. Natürlich mag es für ihn bequemer gewesen sein, sich fehlendes auf dem anvisierten Wege zu beschaffen. Aber rechtfertigt der Zweck alle Mittel? Noch dazu ein Schreiben wie das vorher zitierte? Es gibt nur zwei Erklärungen: Entweder hat er binnen Jahresfrist seine Meinung grundlegend geändert - aufgrund von Detailstudien. Oder er hatte schon vorher eine andere Meinung gehabt. Dann allerdings kommt man nicht umhin, ihn als eine skrupellose Kreatur einzuschätzen. Genauso skrupellos wie sein offenbares Idol Hitler, der auch (nach eigenen Worten) vom Frieden sprach und für den Krieg rüstete. 35

Man wird dem Dr. jur. Jonak (1905 Universität Wien), diese Fragen nicht mehr stellen können. Er verstarb 1953 kinderlos. Aber man wird sagen können, wer diesen Jonak heute zitiert, ohne Background mit hinzuzufügen, hat (vorsichtig formuliert) ein zumindest eigenartiges Verhältnis zu historischen Fakten. Die Hilflosigkeit und ideologische Begrenztheit gewisser Kreise kommt markant in der Schrift von Josef Casper zum Ausdruck. (Josef Casper, Sekten, Seher und Betrüger, Innsbruck 1953) Noch 1953 meint er seinen Lesern empfehlen zu können: "Wenn du von einem Propagandisten der Sekte angesprochen wirst, so sage ihm: Ihr Bibelforscher klagt doch erst einmal gegen Jonak v. Freyenwalds Büchlein 'Die Zeugen Jehovas' wegen eines Freimaurerbriefes, wonach ihr anscheinend von jüdischen Freimaurern finanziert seid." Mit reichlicher Verspätung scheint ihm dann wohl doch noch aufgegangen zu sein, auf was für einen famosen Gewährsmann er sich da berief. So ist denn in der Auflage von 1960 diese Passage entfallen und durch den Satz ersetzt worden: "Wenn sie dir ins Haus kommen, so sage dem Betreffenden, sobald du ihn als Sektierer erkannt hast: Macht das ihr fortkommt. Ihr habt hier nichts zu suchen. Leistet er nicht so gleich Folge, so rufe die Polizei an."

Die Frage, wie der Dr. jur. Jonak zum Thema Zeugen Jehovas gelangt ist, bedarf doch noch einer etwas detaillierteren Untersuchung. Mit dem Machtantritt des Hitlerfaschismus witterten antisemitische Kreise (auch in der Schweiz) "Morgenluft". Sie begannen auch dort ihre Aktivitäten zu intensivieren. Eines der Mittel dabei war, daß sie auch ein antisemitisches Pamphlet namens "Protokolle der Weisen von Zion" massenhaft zu verbreiten begannen. 36 Diese Aktivitäten riefen eine Gegenreaktion des Israelitischen Gemeindebundes in der Schweiz hervor. Man klagte gegen einige exportierte Verbreiter dieses Pamphletes. In der Frage, wie man juristisch die Sache am wirkungsvollsten bekämpfen könnte, gab es einige interne Auseinandersetzungen. Schließlich setzte sich die Linie durch, einen Paragraphen zu bemühen, der die Verbreitung von Schundliteratur unter Strafandrohung stellte. 37 Damit begann sich ein "Karussell" immer schneller zu drehen, das von Gutachten und Gegengutachten ausging. Sowohl Kläger als auch Beklagte wollten durch Gutachten ihre Position als die rechte darstellen. Wer aber kann für die antisemitische Seite als Gutachter fungieren, ohne das die Gegenseite die Reputation schon von vornherein in Frage stellen kann? An dieser Frage zerbrachen sich die Köpfe.

Einige der Beteiligten sahen sich nach Hilfe um. Auch das Braune Haus in München als NSDAP-Zentrale wurde mit eingeschaltet. Zwar bedauerten nachher einige Schweizer Antisemiten, das sie die Geister, die sie gerufen hatten, nicht mehr los wurden. Allein es scheint so, das von dort der entscheidende Tip ausging, wen man als Gutachter benennen könnte, ohne das er vom Gericht oder der Gegenseite abgelehnt werden könnte. Man erinnerte sich. Schon in der Weimarer Republik hatte ein umfängliches antisemitisches Lexikon zu erscheinen begonnen. Zwar blieb es ein Torso, aber immerhin von 1929 - 1931 waren bereits vier Bände der "Sigilla veri" erschienen. Es liegt in der Natur von Lexikonausgaben, das darin jeweils ein größerer Mitarbeiterstab beteiligt ist. Herausgeber und Verleger war der Oberstleutnant a.D. Ulrich Fleischhauer. Er wurde nun als gerichtlicher Gutachter für die antisemitische Seite berufen. Bekannt war er außerdem dadurch, daß er seit 1933 eine antisemitische Zeitschrift namens "Weltdienst" herausgab, deren Charakteristikum es war, daß sie zusehends in immer mehr Fremdsprachen mit Übersetzt wurde. Fleischhauer hatte dann in relativ kurzer Zeit seinen Mitarbeiterstab mobilisiert, die ihm ein "Gutachten" zusammenschrieben für das er in Endredaktion die Verantwortung trug. Darin war dann ein "Querschnitt" alles dessen enthalten, was Antisemiten meinten "wissenschaftlich" gegen die Juden vorbringen zu können und - was bemerkenswert ist - auch die Bibelforscher, ob ihrer philosemitischen Vergangenheit und bürgerlichen Unangepasstheit, kamen darin vor. Zitat: "Loosli (ein Gutachter für die Juden) hat offenbar von diesen philosemitischen, auf Zerstörung der christlichen Staaten ausgehenden Organisation keine Ahnung."

Das war die Fleischhauersche Grundprämisse gegenüber den Bibelforschern. Zitiert wurde dann im einzelnen aus der Bibelforscherliteratur ausgewählte kirchenkritische Passagen um dann abschließend zu dem Resümee zu gelangen: "Es ist ein tragischer Widerspruch, ein Beweis für die Ahnungslosigkeit der christlichen Völker, ihrer Regierungen und Behörden, daß die zersetzenden, vom Christenhaß überquellenden Schriften dieser judenfreundlichen Organisation verbreitet werden dürfen, während eben dieses Judentum die Protokolle der Weisen von Zion als eine staatsgefährliche Schrift hinzustellen sich erlauben darf. Auch anhand der Bibelforscherschriften ergibt sich der Nachweis, daß die Protokolle keine Fälschung, daß sie keine den Juden untergeschobene Kampfschrift sind, sondern daß sie aus der gleichen Gedankenwelt geboren wurden, die die Bibelforschersekte beseelt." 38 Damit hatte der Verfasser vorstehender Ausführungen sein "Thema" gefunden (Fleischhauer war zwar der Herausgeber und der Sprecher, nicht jedoch der Verfasser aller Details). Schon 12 Monate später legte der Verfasser, der österreichische Ministerialrat a.D. Dr. Hans Jonak von Freyenwald dann in erweiterter Form im faschistischen Deutschland seine Thesen erneut vor. In der frühen Bibelforscherorganisation wurden bekanntlich philosemitische Positionen vertreten. Bibelforschergründer Russell meinte (und in den ersten Jahren nach seinem Tode auch sein Nachfolger Rutherford), daß die Juden Gottes besondere Gunst erlangen könnten. Schriften wie "Die nahe Wiederherstellung Israels" oder "Trost für die Juden" z.B. legen davon Zeugnis ab. Die Vereinigten Staaten von Amerika, wo die Bibelforscherorganisation entstand, waren zur Zeit Russells Einwanderungsland. Menschen aus vielen Nationen suchten in den USA neu Fuß zu fassen. Im Zuge dieser Entwicklung war das Judentum z.B. in der Stadt New York stark vertreten. Als Rutherford in späteren Jahren sich von den philosemitischen Positionen getrennt hatte, verwendete er in einem Memorandum an Hitler die abschätzige Bemerkung: "daß es in bezug auf die Stadt New York ein Sprichwort gibt, das heißt: 'Den Juden gehört die Stadt, die irischen Katholiken beherrschen sie, und die Amerikaner müssen zahlen'." 39

Wenn es zwar auch in Amerika antisemitische Tendenzen gab, z.B. bei Henry Ford in seinem Buch "Der internationale Jude", so ist jedoch festzustellen, daß sie keinesfalls solche Ausmaße annahmen, wie das z.B. in Deutschland der Fall sein sollte. Immerhin war Antisemitismus in Deutschland auch schon vor dem Hitlerregime präsent. Nachdem die "Gutachtenschlacht" abgelaufen war, stellte sich der "Katzenjammer" beim Israelitischen Gemeindebund ein. Man mußte bedrückt zur Kenntnis nehmen, daß die Antisemiten faktisch aufgewertet wurden, indem sie den Gerichtssaal zur Propagandashow umfunktioniert hatten, mit dem deutschen Behördenapparat im Rücken, während der Israelitische Gemeindebund auf sich selbst gestellt war. Zwar waren die Kommentare der Schweizer Presse in der Regel für die Nazis nicht günstig. Aber die Furcht, durch "mangelnde Objektivität" vielleicht selbst zum faschistischen Angriffsziel zu werden, hat so manchem Journalisten die Feder doch etwas zurückhaltend benutzen gelehrt. Ein Trost war es immerhin, daß vom Gericht die "Protokolle" als Schundliteratur gekennzeichnet wurden. Damit waren die Nazis nun wieder überhaupt nicht zufrieden. Und so trat die "Tragikomödie" in ihr zweites Stadium ein. Der Fleischhauersche Verlag nutzte die Gunst der Stunde, um sogleich neue Propagandaschriften auf den Markt zu werfen. Eine davon trug den Titel "Das Berner Fehlurteil über die Protokolle der Weisen von Zion." 40 Als Verfasser wurde genannt: "Dr. jur. Stephan Vasz, Budapest". Jahre später klärt uns der schon bekannte Dr. Jonak darüber auf, das er der Verfasser sei und "Vasz" nur ein Pseudonym. 41 In dieser Schrift über das angebliche "Fehlurteil" finden wir wieder eine Bezugnahme auf die Bibelforscher. So wird dort (wie auch schon in dem Jonakschen Buch über die Zeugen) gegen das "Jüdische Lexikon" polemisiert, das die Bibelforscher als einen "Bund zur Verinnerlichung des Christentums durch Zurückziehen auf den Inhalt der Bibel" bezeichnete. 42 "Würde das Judentum die Weltherrschaftsidee wie es immer behauptet, ablehnen, so hätte das Jüdische Lexikon die Bücher der Bibelforscher, deren Hauptprogrammpunkt das jüdisch-messianische Weltreich ist, als Schundschriften erklären müssen." 43

Die Schrift von Vasz (alias Jonak) ist noch in anderer Hinsicht aufschlußreich. Darin wird berichtet, daß dem jüdischen Gutachter im Prozeß um die "Protokolle der Weisen von Zion" (C. A. Loosli) ein nicht beabsichtigter Fehler unterlaufen war. Loosli hatte in Vorbereitung seines Plädoyers seine Notizen auf Karteikarten angefertigt Vor der "Endfassung" sind sie ihm offenbar etwas durcheinander geraten. Mit Genuß zitiert Vasz (alias Jonak): "Wörtlich sagte Loosli laut stenographischem Protokoll: 'So befaßt sich das Gutachten (Fleischhauers) auch mit der römisch-katholischen Kirche in einer so herabwürdigenden Weise, die jeden unbefangenen Menschen, auch wenn er ihr nicht angehört, einfach empören muß. 44

Der Fehler wurde noch entdeckt und Loosli entschuldigte sich, indem er erklärte, daß durch Verwechslung der Karteikarten dieser Lapsus entstanden sei. Die inkriminierten Stellen seien lediglich Zitate von Fleischhauer aus der Bibelforscherliteratur. Nun aber legt Vasz (alias Jonak) los: "Ein Irrtum kann jedermann, auch einem Gutachter unterlaufen. Was aber das Böse an dem Fall ist, hat Loosli umgangen … Wenn nun Loosli, aus Versehen die Zitate aus den Schriften der Bibelforscher verwendete, um Fleischhauer der Religionsschmähung zu zeihen, hat er damit in Wirklichkeit anerkannt, daß die Lehre der Bibelforscher 'jeden unbefangenen Menschen empören muß'. 45

Diese Episode lehrt uns, das Jonak die kirchenkritischen Passagen in der Bibelforscherliteratur kannte und daß sie ihn empörten. Der Jonak der Jahre 1935/36 hatte sich offensichtlich schon intensiver mit der Bibelforscherliteratur beschäftigt, er wußte gezielt entsprechende Stellen zu benennen und gab sein Debüt im Bern des Jahres 1935. Zwar las dort der Oberstleutnant a.D. Ulrich Fleischhauer über fünf Tage ein nicht enden wollendes "Gutachten" vor. Allein wer sich die Mühe macht es einmal in die Details "auseinanderzupflücken", der gewinnt eine überraschende Einsicht. Zwar ist viel von Judentum, von den inkriminierten vorgeblichen "Protokollen der Weisen von Zion" die Rede. Allein auch den Antisemiten ist klar, daß sie nicht in der Lage sind, eindeutige Beweise ohne wenn und aber vorzulegen. Hatte ihr Mentor Hitler sich doch schon auf die Linie festgelegt: "Die Frankfurter Zeitung stöhne - die Protokolle seien Fälschung. Das aber beweise nur ihre Echtheit." 46 So wurde denn auch in Bern nach dem gleichen Schema verfahren. Ein substanzieller Beweis sei nicht möglich, aber nun kommt das berühmte "aber", die Zeitgeschichte liefere den indirekten Beweis für die "Echtheit". Und man ging weiter und wußte zu sagen, wer die Schreckensszenarien der "Protokolle" erfülle - die Bibelforscher! Im Fleischhauerschen "Gutachten" liest sich das so: "Während die Protokolle der Weisen von Zion das staatspolitische Programm aufstellen, verfolgen die Bibelforscher das gleiche - Ziel im Wege eines religiös-politischen Programmes." 47

Die kirchenkritischen Passagen der Bibelforscher sind ihm Beleg. So zitiert er daraus einige pointierte Stellen z.B.: "Das wahre Christentum, welches in den Tagen der Apostel rein war, wurde durch kirchliche Bräuche und Glaubenslehren verunreinigt, die ein Abscheu und Greuel vor Gott sind, sodaß das Christentum jetzt die große Hure genannt wird (die abtrünnige Kirche Roms) und die Hurentöchter (protestantische Kirchen). Das Christentum soll durch Krieg, Revolution, Anarchie, Hungersnöte und Pestillenz zur Einöde gemacht werden von einem Ende bis zum andern Alle Staatskirchen sollen zerstört werden, sowohl buchstäblich durch das Schwert als auch im Sinnbilde durch die Wahrheit, die das Wort Gottes über sie ausspricht." 48

Die Kirchenkritik der Bibelforscher für sich allein betrachtet, würde auf einer antisemitischen Propagandaveranstaltung noch wenig Sinn ergeben. Wenn es aber gelingen würde, das ganze noch mit einer Prise Philosemitismus zu würzen, ja dann wäre die Inszenierung perfekt! Und es gelang! Auch die philosemitischen Passagen waren dem auswertenden Herrn nicht entgangen. So äußert er triumphierend: "Die Ideengemeinschaft zwischen … der Bibelforscherlehre und den Protokollen ist erschütternd und so innig, daß Rutherford, der gegenwärtige Präsident der Bibelforscher, in seiner Schrift 'Millionen jetzt lebender werden nie sterben' S. 28 den Judenführer den 'geschätzten Herzl' nennt." 49 Die Russellsche Schrift "Die nahe Wiederherstellung des Volkes Israel" wird mit den Worten zitiert:

"So gewinnt nach und nach das geographische Zentrum der Erde, die Gegend von Jerusalem, Bedeutung in den Augen der Welt … Dorthin werden alle Völker der Erde ihre Gesandten senden und dort ihre Gesetze empfangen." 50 Und Rutherfords Broschüre "Eine wünschenswerte Regierung" kommt mit der Passage zu Wort: "Im Lichte der heiligen Schrift können wir erwarten, daß Jerusalem die Welthauptstadt sein wird, von der aus vollkommene Männer wie Abraham, Isaak, Jakob, Mose, David, Daniel und andere die Regierungsgeschäfte der Welt besorgen werden, während andere solcher glaubenstreuen Männer als Herrscher in den verschiedenen Teilen der Erde eingesetzt und von denen, die in Jerusalem herrschen, Anweisungen betreffs der Regierungsgeschäfte empfangen werden. Wir dürfen erwarten, daß Abraham mit vollkommenen Rundfunkstationen vom Berge Zion die Angelegenheiten der ganzen Erde leiten kann." 51

Zusammenfassend kann man sagen, daß hier religiöse Naivität von Menschen, die politische Hintergründe zu durchschauen nicht in der Lage waren, gebraucht und mißbraucht wurde. Das Faschistenteam Fleischhauer-Jonak nebst Anhang hatte sein Thema gefunden und sich auf die Zeugen Jehovas eingeschossen. Der katholischen Kirche, als eines der Angriffsobjekte der Bibelforscher, war diese Schützenhilfe nur recht. Anläßlich seines Auftretens in Bern hatte Fleischhauer auch einen sich ihm anbietenden Pressephotographen namens Boris Toedtli arrangiert. Toedtli, dessen Eltern in der Sowjetunion eine Enteignung ihres Besitzes erlebten, war aufgrund seiner Schweizer Staatsbürgerschaft dorthin zurückgekehrt. Er betätigte sich in etlichen Exilrussischen Zirkeln und fühlte sich allen antikommunistischen Bestrebungen zugetan. Dennoch hatte er Schwierigkeiten, wirtschaftlich in der Schweiz wieder Fuß zu fassen. Er hatte die Hoffnung, seine finanzielle Lage durch die Verbindung zu Fleischhauer & Co entscheidend verbessern zu können. Er mußte erkennen, das dies im erwartetem Umfang nicht eintraf. Dennoch war er in den Jahren 1935 - 1937 dem Fleischhauerschen Clan in vielen Punkten eine Hilfe und Unterstützung So gelangten einschlägige Informationen und Materialien via Toedtli in die Erfurter Zentrale des Ulrich Fleischhauer. Er kannte auch Jonak und stand mit ihm in Korrespondenz. Auch erklärte er sich bereit für die nazistischen Interessen vor Gericht als Kläger aufzutreten. In den wenigen Tagen in denen sich Fleischhauer in der Schweiz aufhielt, hatte er die dortige Justiz mit Klagen und Gegenklagen beschäftigt. Die "Anschlußarbeiten" übernahm dann Toedtli. So hatte Fleischhauer auch Klageanträge gegen führende Bibelforscher erhoben! 52 Zusammenfassend informiert uns Jonak lapidar mit den Worten, daß diese Fälle gegenwärtig (1939) noch nicht erledigt seien. Die Bibelforscher ihrerseits stellten am 15. 1. 1936 gegen Fleischhauer gleichfalls Strafantrag "wegen Abgabe eines falschen Gutachtens". Triumphierend konnte Jonak registrieren, daß mangels strafbaren Tatbestandes das Verfahren im Dezember 1938 eingestellt worden sei. 53

Wenn auch bei diesen Klagen und Gegenklagen praktisch ein "Patt" entstanden war, so sollten die Nazis doch noch einen Triumph bekommen. In den Worten Jonaks: " 1936, 28. Mai: Strafanzeige des Boris Toedtli gegen die ernsten Bibelforscher M. C. Harbeck und Franz Zürcher in Bern wegen Zuwiderhandlung gegen das Berner Gesetz über Schundliteratur und Herabwürdigung der Religion. Mit Urteil vom 26. August 1936 wurden die Bibelforscher freigesprochen. Dem dagegen eingebrachten Rekurse gab das Obergericht am 28. Mai 1937 Folge und verurteilte die Angeklagten wegen Herabwürdigung der Religion zu Geldstrafen und Ersatz der Gerichtskosten im Betrage von zusammen 1139 Franken." 54 Diese Gerichtsklagen verursachten aber auch entsprechende Kosten So findet man dafür auch entsprechende Spendenaufrufe im Weltdienst für den Boris Toedtli. 55

Am 17. 6. 1936 schrieb Jonak von Erfurt aus einen Brief an seinen Schützling Boris Toedtli in der Schweiz. Einige Tage vorher hatte er von Toedtli den Bericht erhalten, daß die von Toedtli veranlasste Klage gegen die Bibelforscher vom Gericht angenommen worden sei. Zeitliche Panikstimmung bricht bei Jonak aus: "Die Herren Schneider und Finke teilten mir mit, daß der Prozeß anfangs Juli stattfindet. Ein genauer Termin sei… nicht festgesetzt worden… Hat Herr Fürsprecher (Rechtsanwalt) Ruef bezüglich dieses Verhandlungstages einen Bescheid vom Gericht bereits in Händen? Ich bitte, mir das umgehend mitzuteilen, da ich ja zu dieser Verhandlung kommen soll und will, obgleich ich bereits dringendst nach Wien zurück muss, und mir dieser Termin alles über den Haufen wirft. Auch meine Pariserreise muss ich dann um einen ganzen Monat verschieben. Ich bin eigentlich nicht sehr erfreut über dieses rasche Vorgehen des Gerichts, zumal wir ja ausser den theol. Prof. Dr. Gottfried Brunner nicht einen einzigen Zeugen zur Verfügung haben. 56 Aber auch tröstliches wußte er Toedtli mitzuteilen:

"Schliesslich setze ich Sie in Kenntnis, dass ich, um die Bewegung gegen die Ernsten Bibelforscher gerade in der Schweiz mehr in Fluss zu bringen, am 15. Juni den beiliegenden Brief an die darin genannten 5 Schweizer Bischöfe samt meiner Broschüre geschickt habe. Und zwar sandte ich den Brief von hier aus unter meiner Wiener Adresse." Die Schweizer Bischöfe konnten also unschwer erkennen, daß der Österreicher Jonak sich auch des Wohlwollens Reichsdeutscher Stellen erfreute. Desweiteren nutzte Jonak die Mitteilungen Toedtlis zum Stand des von ihm geplanten Prozesses gegen die Zeugen Jehovas, um dazu einen eigenen Artikel zu verfassen: "Den Artikel über den Prozess habe ich sofort verfasst und Ihnen gestern den ersten Abzug übersandt, heute geht gleichzeitig das ganze Paket an Sie ab. Herr Oberstleutnant wird ausserdem 300 Abzüge an die deutschsprachigen Zeitungen des Auslands versenden. Da Sie den Aufsatz der Schweizerischen und insbesondere der Kirchlichen Presse übersenden, habe ich mit voller Absicht vom Judentum, jüdischer Weltherrschaft usw. nichts gesagt." 57

Abschließend konnte er Toedtli noch mitteilen: "Heute noch schreibe ich an einige Geistliche in Deutschland mit der Bitte, uns in der Zeugenfrage behilflich zu sein." 58

Schon einige Tage später konnte Jonak eine kirchliche Rückantwort verbuchen. Mit Datum vom 21. 6. 36 schrieb ihm der (deutschchristliche) Pfarrer Julius Kuptsch: "… Daraus sehen Sie, dass wir über die 'Zeugen Jehovas' vollkommen einer Meinung sind. Nebenbei bemerke ich, dass ich einer der fanatischsten Bekämpfer des Judentums bin. Die 'Zeugen Jehovas' sind für mich eine religiös getarnte Judentruppe, um die noch gläubigen Christen für Judas Weltherrschaft zu gewinnen, wo die anderen Truppen: die Bolschewiken und die Freimaurerei das nicht vermögen." 59

Inzwischen stand der Gerichtstermin für den von Toedtli angestrengten Prozeß fest. Jonak konnte ihm dazu am 22. 6. 1936 schreiben: "Mit besonderer Freude kann ich Ihnen mitteilen, daß sich die protestantischen Theologen Pfarrer Karl Gerecke, Pfarrer Julius Kuptsch und Dekan Scheurlen bereits schriftlich bereit erklärt haben, in Bern zu erscheinen." Der für den 28. 8. 1936 angesetzte Gerichtstermin rückte näher. Die Hilfe, die Jonak seinem Schützling Toedtli diesbezüglich zuteil werden ließ, war nicht nur die Hilfe eines Privatmannes - sie hatte einen organisatorischen Hintergrund. Die Fäden dazu wurden nicht in Bern, auch nicht in Wien - sondern in Erfurt (Deutschland) gezogen. Die Beteiligten hatten natürlich auch gewiße Ambitionen. Jeder wollte auf seine Art möglichst Karriere machen. So blieb es nicht aus, daß gewisse Spannungen sichtbar wurden, wenn sich die Erwartungen des einzelnen nicht im gewünschten Maße erfüllten. Das letztendlich auch im Fall des Toedtlischen Zeugenprozesses die Fäden in Erfurt gezogen wurden, macht das Schreiben deutlich, das Jonak am 31. 7. 1936 an Toedtli richtete: "Lieber Herr Toedtli! Ich kenne mich nicht mehr aus. Am 20. Juli schreiben Sie mir, dass Sie, Oberstleutnant und Herr Ruef am 19. 7. in Freiburg entschieden haben, dass wegen des Bibelforscherprozesses meine Anwesenheit in Bern dringend notwendig sei und das der Oberstleutnant zugestimmt hat, dass ich für drei Monate kommen soll. Darüber erfuhr ich von keiner Seite bisher etwas und der Oberstleutnant schrieb mir nicht ein Wort darüber, bloss: am 26. 8. werden noch keine Zeugen vorgeladen. Das wird erst am 26. 8. von unserer Seite beantragt. Trotzdem aber halte ich es für gut, wenn Du anwesend bist.'

Das widerspricht ganz dem, was Sie mir schrieben: keine Dringlichkeit, nichts von einem längeren Aufenthalt, früheste Anwesenheit am 26. !! Bitte, fragen Sie doch Herrn Ruef, was man über mich in Freiburg festgelegt, und teilen Sie es mir mit. Ich komme sonst in eine peinliche Situation. Ich bin durchaus schon verstimmt. Mit herzlichen Grüssen Ihr Dr. Jonak."

Sieht man sich die Korrespondenz der Freyenwald-Collection der Wiener Library (Tel Aviv) weiter durch, dann fällt einem schon auf, daß Toedtli in zunehmendem Maße finanzielle Klagegesänge erhob. 60 Er hatte sich vorgestellt, daß seine Agententätigkeit für das Deutsche Reich finanziell besser honoriert werden würde, als es tatsächlich geschah. Auch wollte er mehr über Jonaks Kenntnisse verfügen können, als Erfurt dies zu bewilligen bereit war. Symptomatisch dafür ist auch der Satz Jonaks in seinem Schreiben vom 29. 10. 1936 an Toedtli: "Vorträge kann ich natürlich nicht halten, 1. weil ich in meiner Stellung nicht hervortreten darf, 2. weil ich absolut keine Zeit habe. Ich kann absolut das nicht mehr bieten, was von allen Seiten von mir verlangt wird." 61 Wenn auch die Erwartungen Toedtlis - speziell in finanzieller Hinsicht - sich nicht erfüllten; so sollte er doch noch einen Sieg erringen. In einem Schreiben vom 15. 6. 1936 direkt an Fleischhauer in Erfurt schrieb Toedtli: "(Rechtsanwalt) Ruef und ich sind der gleichen Ansicht, daß wir nur dann in unserem Kampfe sicher sein werden, wenn wir eine Zeitung hinter uns haben werden … eine schlaue Wochenschrift. Ich habe mit Ihnen bereits über diesen Plan gesprochen, ohne eine definitive Antwort zu bekommen, aber ich bin überzeugt, daß wir um jeden Preis ein Blatt haben müssen, sonst können wir nichts erreichen." 62

In einem Schreiben vom 1. 11. 1937 an Fleischhauer ging Toedtli nochmals auf das geplante Projekt ein: "Ich wurde auch vom Papstnuntius empfangen und besprach mit ihm die ganze Angelegenheit. Er gab mir zwei Empfehlungsbriefe … Es wäre ratsam, bereits heute ein Mitteilungsblatt für die Presse erscheinen zu lassen, indem wir verschiedenes über die Bibelforscher veröffentlichen. Das Blatt sollte zweiwöchentlich erscheinen und als Herausgabeort Bern nennen. Deutschland sollte besser nicht genannt werden, da dies der Unparteilichkeit schaden könnte. Die katholischen Kreise z.B. stehen dem Deutschen Reich ziemlich feindlich gegenüber." 63 Eine "Wochen"schrift wurde es nicht aber immerhin eine mehrmals jährlich erscheinende Zeitschrift namens "SPK Schweizerische Pressekorrespondenz", deren Hauptthema die Zeugen Jehovas waren. Die deutsche Starthilfe dazu ist unübersehbar bzw. die Bemühung eine solche zu erhalten. Nachdem der "deutsche Stern" endgültig gesunken war, stellte auch die SPK im Jahre 1944 ihr Erscheinen ein, obwohl man als Herausgeber eine "Gesellschaft für Kirche und Papst" fungieren ließ. Immerhin, aufmerksame Beobachter wußten, was sie von dieser Konstellation zu halten hatten. In die Nachkriegszeit passte dieses Naziobjekt nicht mehr hinein. Toedtli war schon - als die Nazis sich noch auf dem Zenit ihrer Macht befanden - in der Schweiz, aus politischen Gründen, zur persona non grata geworden. 64 Die SPK überlebte den Sturz ihres Gründers, indem nahtlos ein gewisser Heinrich Metzler aus St. Gallen die Arbeit fortsetzte. In diesem Zusammenhang ist es aufschlußreich noch einmal aus dem Brief vom 17. 6. 1936 zu zitieren, den Jonak damals an Toedtli richtete: "Auch der Brief des Herrn Metzler freut mich sehr. Der Herr Oberstleutnant steht mit ihm übrigens schon seit einiger Zeit in Schriftenwechsel und hat ihn schon am 30. Mai auf meine 'Zeugen Jehovas' aufmerksam gemacht. Ich werde ihn nun auch persönlich noch schreiben." 65

Diese Zeilen belegen also, daß Metzler für das faschistische Deutschland kein "Unbekannter" war, als er definitiv die Redaktion der SPK übernahm. Hinzuzufügen wäre noch der vieldeutige Kommentar, den die Zeugenzeitschrift "Trost" 66 diesem Metzler einmal angedeihen ließ ."Der Schweizerische 'Nationalist' Metzler schreibt in einem Briefe an Toedtli am 25. September 1936. "Sie verstehen, daß ich erst ab November 'eingetragener' Schweizer bin und vor allem nicht gerne an die Öffentlichkeit treten kann, was ich überhaupt vermeide, weil sonst die 'Forscher-Arbeit' etwas gehemmt ist."

Wenn Metzler also erst seit November 36 das Schweizer Bürgerrecht besaß, dann fragt man sich, was war er vorher? Vielleicht gar aus Hitlerdeutschland zum Anti-Zeugenkampf eingeschleust? Die katholische "Gesellschaft für Kirche und Papst", in deren Auftrag er offiziell agierte, ist wie überhaupt katholische Kreise, einer Aufklärung dieser Fragen bis heute aus dem Wege gegangen! Abschließend soll noch auf den Jonak eingegangen werden, wie er seit 1941 in Erscheinung trat. Fleischhauers Stern war nach 1939 im Sinken begriffen. Den Hintergrund bildeten "Grabenkämpfe" im Lager der Berufsantisemiten. 67 Rückblickend auf seine Zeit mit Fleischhauer resümiert Jonak: "Ebenso fühle ich mich Herrn Oberstleutnant a.D. Ulrich Fleischhauer zu Dank verpflichtet, der als Leiter des 'Welt-Dienst' in Erfurt mir die Möglichkeit bot, Erhebungen über die Entstehung und Geschichte der Protokolle in verschiedenen Ländern durchzuführen … bemerke ich, daß ich sämtliche Gerichtsakten und Belege in Abschriften und Photokopien besitze und … sämtlichen Gerichtsverhandlungen beiwohnte und Personen persönlich einvernommen habe." 68 Aber das war inzwischen Vergangenheit geworden. Fleischhauer mußte seinen Chefsessel räumen - neue Nazikoryphäen hatten jetzt im "Weltdienst" das Sagen. Offensichtlich so, daß auch für Jonak dort keine Perspektive mehr bestand. 69

Während über den kalt abservierten Fleischhauer nichts mehr bekannt wurde, gelang es Jonak doch noch, einen neuen Brötchengeber zu bekommen. Er wurde seit 1941 Mitarbeiter des berechtigten Hetzblattes "Der Stürmer". Seinen Einstand dort lieferte er mit dem 1941 erschienenen Buch "Jüdische Bekenntnisse aus allen Zeiten und Ländern". 70 Seit 1941 war er dann auch ständiger Mitarbeiter des Stürmers. 71

 

In seinem Buch von 1941 wiederholt er (in modifizierter Form) seine schon in seinem 1936-er Zeugenbuch vorgetragenen Thesen: "Ebenfalls im Dienste des Judentums stehen die ernsten Bibelforscher … nur scheinbar arbeiten sie auf religiösem Gebiet … In Wirklichkeit aber sind sie eine Klassenkampforganisation, die unter dem Scheine christlicher Frömmigkeit ausschließlich politische, und zwar weltrevolutionäre Ziele verfolgt."

Noch 1944 wird man ihm als wohlgelittenen Autor, beispielsweise in den "Nationalsozialistischen Monatsheften" begegnen können. 72

Zu DDR-Zeiten war eine Aufarbeitung des Falles Jonak nicht möglich, weil man nicht gerne in ein Spiegelbild hineinsehen wollte. Aber schon damals wurde dem Verfasser zunehmend deutlicher, daß es auch Kritik an den Zeugen Jehovas gibt, die ihrerseits wieder verdient, kritisiert zu werden.

1 Jens-Uwe Lahrtz: Die Zeugen Jehovas während des Zweiten Weltkrieges in Großbritannien, Kanada und den USA. In: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung, 3/1995, S. 44 - 54.

2 Detlef Garbe: Zwischen Widerstand und Martyrium. Die Zeugen Jehovas im 'Dritten Reich', Studien zur Zeitgeschichte, Band 42, München 1994.

3 Ernst Wiechert: Der Totenwald. Ein Bericht, Berlin 1977 (in etlichen Auflagen erschienen). Lediglich in einem Aufsatz in den "Dachauer Heften" (Nr. 10 (1994) zitiert Detlef Garbe auch Wiechert. Wiecherts Aussagen sind auch dahingehend zu werten, daß sie die "Idealisierungsverklärung" der Zeugen Jehovas relativieren.

4 Wiechert, a. a. 0., S. 101.

5 Damit ist die gleiche Religionsgemeinschaft gemeint. Der heutige Name Zeugen Jehovas wurde erst 1931 offiziell angenommen.

6 Wiechert, S. 102.

7 Ebenda.

8 Ebenda, S. 103.

9 Ebenda, S. 104.

10 Lina Haag: Eine Handvoll Staub, Halle/S. 1948.

11 Ebenda, S. 137.

12 Gerhard Hetzer: Ernstem Bibelforscher in Augsburg. In: Bayern in der NS-Zeit, Band 4, München 1981, S. 621f.

13 Ebenda.

14 Ebenda.

15 Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes (Bonn), Bd. 98553, Po 16. Vgl. dazu auch Garbe, S. 94 f.

16 Das Goldene Zeitalter, Nr. 339, 1. November 1936, S. 14 f.

17 Ebenda.

18 Ebenda.

19 Ebenda.

20 Vgl. z. B. Günther Pape: Die Wahrheit über Jehovas Zeugen, Rottweil/Neckar 1970, S. 134 f.

21 Auch in den USA bestand eine Konfrontation zwischen der katholischen Kirche und den Bibelforschern Im "Wachtturm" vom 1. 1. 1934 (S. 13) wurde das mit den Worten beschrieben: "Öffentliche Beamte, die unter dem ungerechten Einfluß der katholischen Hierarchie und anderer Geistlicher vorgegangen sind, haben es verhindert, daß die Wahrheit durch Rundspruch (Radiosendungen) in Kanada und gewissen anderen Ländern ausgesandt werden kann. Man sucht, in den Vereinigten Staaten eben dasselbe zu tun." Diese partielle Niederlage wurmte also bereits die Zeugenführung. Aber schon Anfang 1935 vertrat die Zeugenführung öffentlich in ihrem Wachtturm (l. 1. 1935, S. 9) die These: "In Deutschland wirken die römisch-katholische Hierarchie und die Nazis Hand in Hand. Die Nazis gehen darauf aus, Jehovas Zeugen zu töten, und die römisch-katholische Hierarchie verfolgt dasselbe versuchte Ziel." In einem politischen Lagebericht des Regierungspräsidenten in Wiesbaden an den Reichs- und Preußischen Ministerdes Innern vom 30.4.1935 wurde berichtet, daß eine größere Gruppe von Bibelforschern im März 35 verhaftet worden sei. Unter den beschlagnahmten Schriften wurde auch die zitierte Passage besonders gekennzeichnet. Vgl. dazu Thomas Klein (Bearbeiter): "Lageberichte der Geheimen Staatspolizei über die Provinz Hessen-Nassau 1933-1936", Köln 1986 S. 886f. Offenbar empfanden die Nazis diese Äußerungen als so herausfordernd, daß - durch Postbeschlagnahmung - erhaltene Exemplare mit den inkriminierten Äußerungen auch der Apologetischen Centrale der evang. Kirchen zugespielt wurden. Und dies obwohl ansonsten zwischen der Gestapo und der Apologetischen Centrale eher die Vorstufe von Krieg bestand. Vgl. dazu Bundesarchiv Sammlungen Potsdam Ce 1 5 1 /l Bl. 51 f. und Bl. 55f.- Also kann man sagen, daß die "Stimmung" schon vor Erscheinen des Jonakschen Buches gereizt war. Um so mehr mußte das ab Mai 36 erschienene Buch als zusätzlicher Sprengstoff wirken.

22 Korrespondenzblatt für den katholischen Klerus Österreichs, 56. Jg. 1937, Nr. 5, S. 69 f.

23 Ebenda, S. 70.

24 Ebenda, S. 69.

25 Der inkriminierte Brief mit der Stalinverherrlichung, war tatsächlich von einer amerikanischen Zeugenfamilie geschrieben und nach Deutschland versandt worden.. Die Zeugenleitung hat diesen Fall selbst nachrecherchiert; dieweil er der Auslöser einer gewaltigen Hetzkampagne auch in der Schweiz war. Aber man stellte fest, daß der eigentliche Briefschreiber noch kein getaufter Zeuge Jehovas war und sich über die Folgen seiner in verkehrte Hände geratenen Zeilen im vorab nicht im klaren war. Außerdem entsprach die Stalinverherrlichung nur seiner Privatmeinung und wurde keinesfalls von der Zeugenleitung irgendwie gelehrt.

26 Korrespondenzblatt .... a. a. 0., S. 69.

27 Hans Jonak von Freyenwald: Die Zeugen Jehovas, Berlin 1936, S. 97, 98.

28 Ebenda, S. 96.

29 Vgl. z. B. Ernst Wemer: Zwischen Canossa und Worms, Berlin 1973.

30 Vgl. Der Wachtturm, 1. 5. 1996, S. 19 f.

31 in den 60-er Jahren.

32 Vgl. dazu z. B. Karl Peters: Abschließende Bemerkungen zu den Zeugen Jehovas-Prozessen. In: Festschrift für Karl Engisch zum 70. Geburtstag. Hrsg. von Paul Bockelmann, Frankfurt/M. 1969, S. 468 - 489.

33 Trost, 1. 8. 1937, S. 8 f.

34 Zu berücksichtigen ist allerdings, daß Jonak zu diesem Zeitpunkt noch kein ständiger Mitarbeiter des Weltdienstes war. Der Beginn seiner dortigen Tätigkeit datiert erst seit Herbst 1934.

35 Die NSDAP-Mitgliedschaft Jonaks wird in einem Gutachten der Wiener NSDAP-Gauleitung vom 11. März 1942 mit den Worten beschrieben: "Dr. Hans Jonak von Freyenwald hat von 1932 bis 1934 der NSDAP angehört, hatte dann die Mitgliedschaft unterbrochen und ist am 1. 7. 1937 wieder in die Partei eingetreten. Im Zuge der Erfassungsaktion in der Ostmark wurde ihm die alte Nummer 1 209 846 zuerkannt". (Berlin Document-Center, Reichsschrifttumskarnmer.) Zu dem Zeitpunkt, als er sein Zeugenbuch veröffentlichte, gehörte er also nicht der NSDAP an. Aber er ist ihr noch vor der Annexion Österreichs wieder beigetreten. Seine zeitweilige Mitgliedsunterbrechung kann man daher wohl als bloß taktisch motiviert einschätzen. Beachten sollte man auch den nazistischen Putschversuch der 1934 in Österreich stattfand. Er hatte ein Umschlagen der öffentlichen Meinung gegen die Nazis zur Folge. Um die Wogen wieder zu glätten, sandte Hitler den Katholiken Franz von Papen als Botschafter nach Wien. Auch in der Schweiz hatten sich die Nazis unbeliebt gemacht. Nachdem die Gestapo einen deutschen Emigranten in die Schweiz lockte und von dort aus nach Deutschland verschleppte (was die dortige Öffentlichkeit stark bewegte), mußten auch dort die Naziagenten etwas kürzer treten. Die kirchlichen Fittiche, unter die einige sich zurückziehen konnten, waren ihnen so "unangenehm" nicht.

36 Vgl. dazu als grundlegend und bis heute inhaltlich nicht übertroffen : Norman Cohn: Die Protokolle der Weisen von Zion, Köln 1969. Zuletzt des Themas sich angenommen hat auch Armin Pfahl-Traughber: Der antisemitisch-antifreimauerische Verschwörungsmythos in der Weimarer Republik und im NS-Staat. Vergleichende Gesellschaftsgeschichte und politische Ideengeschichte der Neuzeit, Bd. 9, Wien 1993.

37 Vgl. dazu Urs Lüthi: Der Mythos von der Weltverschwörung, Basel 1992.

38 Ulrich Fleischhauer: Die echten Protokolle der Weisen von Zion, Erfurt 1935, S. 56,95, 113, 119 f., 248, 249.

39 Vgl. dazu als Archivnachweis z. B. Bundesarchiv Koblenz, R 43 11/179, Bl. 129.

40 Erfurt 1935.

41 Vgl. dazu H. Jonak von Freyenwald: Der Berner Prozeß um die Protokolle der Weisen von Zion, 1. Band, Anklagen und Zeugenaussagen, Erfurt 1939, S. 214. Ein beabsichtigen 2. Band ist nicht mehr erschienen

42 Vasz, a. a. 0., S. 100, 101.

43 Ebenda.

44 Ebenda, S. 1 1 6.

45 Ebenda.

46 Vgl. Adolf Hitler: Mein Kampf, München 1940, S. 337.

47 Fleischhauer, Protokolle, a. a. 0., S. 113.

48 Ebenda.

49 Ebenda, S. 56.

50 Ebenda, S. 11 5.

51 Ebenda.

52 Vgl. Jonak, Berner Prozeß, S. 10 f. Klageanträge wurden gestellt am 25. am 29. und am 31. 7. 1935.

53 Ebenda.

54 Ebenda,

55 Beispielsweise in der Ausgabe vom 15. 6. 1935, S. 1.

56 Wiener Library, (Tel Aviv) Freyenwald-Collection.

57 Ebenda.

58 Ebenda.

59 Ebenda.

60 Der Verfasser bedankt sich bei der Wiener Library (Tel Aviv) für die Kopien der entsprechenden Korrespondenz. Offenbar wurden Jonaks Unterlagen durch die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges beschlagnahmt und ursprünglich in London deponiert. Vor etlichen Jahren wurde der gesamte Bestand an die Universitätsbibliothek Tel Aviv übergeben.

61 Freyenwald-Collection, a. a. 0.

62 Trost, 15. 7. 1944, S. 12.

63 Das Goldene Zeitalter, 1. 1 1. 1937, S. 15.

64 Vgl. dazu Berner Tagwacht, 23., 24., 25. 9. 1937: Die Landesverräter-"Front". Und zur politischen Biographie von Toedtli: Die Front (Zürich), 20.11. 1937, 7.4.1938.

65 Freyenwald-Collection.

66 Trost, 1. 8.194 1, S. 16.

67 Einige Details dazu vermittelt die instruktive Studie von Helmut Heiber: Walter Frank und sein Reichsinstitut für Geschichte des neuen Deutschland, Stuttgart 1966.

68 Jonak, Berner Prozeß, Vorwort.

69 Zur Biographie von Jonak (7.12.1878 - 10.11.1953) noch folgende Angaben. Nach seiner Promotion zum Dr. jur. bekleidete er einen Verwaltungsbeamtenposten in der Postdirektion Wien, dann übernahm er seit 1909 einen analogen Posten im Handelsministerium. Seit 1917 war er Präsidialvorstand des Amtes für Volksernährung. 1919 wird ihm der Titel eines "Ministerialrates" verliehen. Abt. 1. 12. 1922 wird er in den Ruhestand versetzt. Im Rahmen der Versailler Verträge war der Staat Österreich verpflichtet worden, seine Verwaltung zu reduzieren. Jonak ist davon mitbetroffen. Über seine Ruhestandsjahre ist weiter nichts bekannt. Nach eigenen Angaben wurde er dann seit Herbst 1934 wissenschaftlicher Mitarbeiter des "Weltdienstes". In dieser Eigenschaft standen ihm auch andere Publikationsorgane offen. Nach eigenen Angaben veröffentlichte er in der antisemitischen Zeitschrift "Hammer" in den Jahren 1935 - 1937 drei Beiträge. In der Zeitschrift "Weltkampf' in den Jahren 1937 - 1940 ebenfalls weitere drei Beiträge. Die im Hammer-Verlag erschienene Ausgabe der "Protokolle" wurde von ihm in einer Neubearbeitung hrsg. unter dem Titel "Die Zionistischen Protokolle". Seine Mitarbeit im "Weltdienst" endete im Herbst 1940. Aus seiner im Berlin-DocumentCenter aufbewahrten Akte der Reichsschrifttumskammer geht hervor, daß er einige Dispute mit Verlegern hatte. So hatte er z. B. ein Manuskript eingereicht mit dem Titel "Die Protokolle der Weisen von Zion, das Programm der Weltfreimaurerei". Inhaltliche Kompetenzschwierigkeiten zwischen verschiedenen nazistischen Behörden verhinderten eine Realisierung. Das Manuskript landete nach einer Odysee schließlich beim Berliner "Propagandaverlag Paul Hochmuth". Jonak fühlte sich von diesem Verleger brüskiert, auch in finanzieller Hinsicht. Hochmuth antwortete darauf sinngemäß (unter Anspielung auf die Kriegszeit), daß die Herren Autoren offenbar meinten, sie seien die wichtigsten. Er Hochmuth hingegen meine, daß der Verlag die Priorität habe. Aus der affektgeladenen Korrespondenz geht hervor, daß es zu keinem Vertragsabschluß kam. Ab Mai 1941 gelang es Jonak beim Nürnberger Stürmerverlag als ständiger Mitarbeiter unterzukommen. (Berlin Document-Center, Reichsschrifttumskammer, Akte Jonak.)

70 Eine Neuauflage davon erschien 1992 in Bremen innerhalb der Serie: Faksimile-Dokumentation zur Morphologie und Geschichte des Nationalsozialismus, 15. Reihe, Band 6.

71 Im Stadtarchiv Nürnberg wird noch heute die Redaktionskartei verwahrt, anhand der noch nachweisbar ist, welche Artikel Jonaks (in der Regel ohne Namensnennung) vom "Stürmer" veröffentlicht wurden. Eine Auswahl daraus: "Die polnische Esther, Stammen die Engländer wirklich vom Juden ab?; Parasiten der Menschheit. Was Juden selbst bekennen: Mädel, was willst Dun noch mehr? Jüdische Inserate in der Wiener Presse; Zuerst Roosevelt, dann erst Gott!; Einjüdischer Traum; Was Nietzsche den Juden prophezeite, Amerikas jüdische Diplomatie; Judas Mondnatur; Purim Botschaft des Präsidenten Roosevelt, Amalek / Wie uns die Juden hassen; Der Weltjudenführer; Das Lachen des Judentums; Sie sind staatsgefährlich / Neues über die Ernsten Bibelforscher; Jüdische Weltpolitik hinter Kulissen, Der Judenduft; Juda schwindelt auch in der Kunst; Der Burenkrieg und die Juden; Die Mutter aller Greuel; Der Taufschein eines Königs mit der Unterschrift eines Juden; Koscheres Ritual. Englische Könige werden wie Judenkönige gekrönt; Die Wahrheit über die französische Revolution; Wenn Israel zur Macht käme; Ist das Bankhaus Rotschild jüdisch oder arisch?; Die Juden in Feststimmung; Ein Jude prophezeite Englands Untergang; Der Judeneid, Das Lächeln der Tscheka; Die Slowakei und die Judenfrage; Morden ohne Mitleid, ohne Erbarmen; Judengenossen; Staatsmänner in jüdischen Krallen; Jüdische Soldaten in USA; Zehn Gebote gegen Juda; Judas Größenwahn; Freimaurermorde, jüdische Überheblichkeit.

72 Nationalsozialistische Monatshefte, 15. Jg. 1944, Heft 161, S. 71 f.

-----------------------------------------------------

Exkurs:

Geschrieben von Drahbeck am 31. August 2007 08:09:21:

Als Antwort auf: Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren ("Goldenes Zeitalter" 1. 8. 1937) geschrieben von Drahbeck am 30. August 2007 02:11:01:

Die Erregung (auf WTG-Seite) anlässlich der vom Regierungsrat des Kantons Luzern (Schweiz) beim Luzerner Kongress 1936 ausgesprochenen partiellen Verbote, hallt auch noch in der Ausgabe des „Goldenen Zeitalters" vom 15. 8. 1937 nach. Wie bereits früher ausgeführt, wurde der Fall seitens der WTG vor das Schweizerische Bundesgericht gezogen, welches zugunsten der Zeugen Jehovas entschied. Bei solchen vor höchstrichterlichen Instanzen durchgeführten Verfahren ist die Vertretung durch versierte Rechtsanwälte unabdingbar. So auch in diesem Falle. Für die WTG agierte da der Berner Rechtsanwalt Georges Brunschvig.

Letzterer war sicherlich kein „unbeschriebenes Blatt", wofür auch die Aussage des nicht unbekannten Dr. Jonak in einer seiner Pseudonym-Schriften (Vasz) steht:
„Am 26. Juni 1933 brachten der Schweizerische Israelitische Gemeindebund und die Kultusgemeinde Bern durch ihren Anwalt Georges Brunschvig die Strafanzeige beim Berner Gericht wegen Verletzung des Verbotes betreffend die Schundliteratur auf Grund des Artikels 14 des Berner Gesetzes über das Lichtspielwesen und Maßnahmen gegen Schundliteratur ein."

Das Brunschvig sich in die Materie eingearbeitet hatte wird auch durch den Umstand deutlich, dass er beispielsweise 1938 als Koautor (zusammen mit Emil Raas) für das Buch „Vernichtung einer Fälschung. Der Prozeß um die erfundenen 'Weisen von Zion'" agierte. Insofern kann man ihn als einen durchaus sachlich kompetenten Mann bewerten. Das wiederum (man ahnt es schon), schützte ihn nicht vor dem Umstand, von faschistischer Seite als „Judenknecht" beschimpft zu werden.

Folgt man den Ausführungen in der genannten GZ-Ausgabe, gab es da wohl seitens des Regierungsrates des Kantons Luzern, eine umfängliche sogenannte „Vernehmlassung". Die wiederum wurde nun von Anwalt Brunschvig „zerpflückt". Dabei handelt es sich nun keineswegs um „leicht verständliche Texte". Sicherlich nicht. Der an sich schon spröde Stoff, wurde ebenso „spröde" beantwortet. Die für den hiesigen Kontext besonders interessanten Aspekte finden sich untergeordnet in sogenannten „Anlagen". Also „Exkursen" die nicht in die Hauptstellungnahme von Brunschvig eingearbeitet waren, sondern quasi eben in faktischen „Fußnoten". Über etliche Fortsetzungen gesplittet, zieht sich die Auseinandersetzung mit dieser „Vernehmlassung" bis zur GZ-Ausgabe vom 15. 9. 1937 hin.

Es kann meines Erachtens keinen Zweifel darüber geben, dass jene so beschriebenen „Fußnoten" dem Anwalt von den WTG-Funktionären zugearbeitet wurden. Das sie somit letztendlich originäre WTG-Funktionärs-Aussagen repräsentieren. Damit gewinnen sich zugleich ihre Interessantheit für den hiesigen Kontext.

Grundsätzlich ist schon mal zu konstatieren, dass der Regierungsrat des Kantons Luzern (mit katholischen Ohrenbläsern maßgeblich verquickt), die Grundsätze der Demokratie mit seinen Verbotsentscheidungen schmählichst verletzte. Zu dieser Feststellung bedarf es keiner „juristischen Spitzfindigkeiten". Das lag auch so offen zutage. Wenn der Demokratie-Staat Schweiz der Heilsarmee (als Beispiel) freies Wirken zubilligt (und selbige legt auch viel Wert auf spektakuläre Öffentlichkeitswirksamkeit), dann kann man im Gegenzug selbiges auch den Zeugen Jehovas nicht vorenthalten. Genau aber in diesem Punkt hat die Demokratiefremde katholische Kirche, mit ihrem Sprachrohr (in diesem Falle dem Regierungsrat des Kantons Luzern) zu Recht sich ihre verdiente Niederlage eingehandelt.

Bei seiner „Zerpflückung" der „Vernehmlassung" kommt Anwalt Brunschwig auf einige Details zu sprechen, was denn da so der Regierungsrat des Kantons Luzern, alles für vermeintliche „Geschütze" aufgefahren hatte. Unter anderem das eines polnischen Richters Richter namens Zygmond Wolski, der mit Hilfe eines katholischen Pfarrers namens Edward Gorski (Dr.) eine Broschüre betitelt "Anarchistische Tendenzen der Bibelforscher" verfasst hatte.

Da hatten die WTG-Funktionäre schon mal ein leichtes Heimspiel, konnten sie besagtem Herrn selbst durch Aussagen aus dem eigentlichen katholischen Lager widerlegen. Etwa so:

„So schrieb das katholische Kirchenblatt "Gazeta Koscietna" in Nr. 21 vom 21. Mai 1933:
"Dabei kann man jedoch diese Sektierer nicht mit dem Kommunismus identifizieren, gegen den auch die Bibelforscher sind." Beim Zitieren von Äußerungen der Bibelforscher dürfen wir auch diese nicht übersehen, die ausdrücklich besagen, daß Kommunismus oder Anarchie der Menschheit das Glück nicht bringen können, sondern daß zur Sicherung des Friedens und des Glückes eine auf theokratischer Grundlage aufgebaute Regierung notwendig ist. Zwischen den Bibelforschern und dem Kommunismus besteht somit ein tiefer Abgrund."

Eindeutiger Punktsieg für die Zeugen in diesem Fall also.

Ein weiterer Punkt betraf offenbar ein von Jonak „ausgebudeltes" Dokument.
Hier ist schon mal auffällig. Es wird im „Goldenen Zeitalter" weder im Detail zitiert, noch näher beschrieben. Man ist will man der Sache auf den Grund gehen, letztendlich darauf angewiesen nachzusehen, was denn Jonak selbst über dieses sein vermeintliches „Fündlein" berichtete.

Dazu zitiere ich mal jene Passage, die von mir schon früher einmal thematisch ausgeführt wurde:

„Wie man weiß, war Jonak seit Anfang der 40-er Jahre, ständiger Mitarbeiter des antisemitischen Schmutz- und Hetzblatt "Der Stürmer". Dessen Archiv hat die Nazizeit überdauert und wird heute vom Stadtarchiv Nürnberg verwaltet. In besagtem Archiv befindet sich nun ein bemerkenswertes Dokument, auf das Jonak offenbar Bezug genommen hat, und das nachfolgend hier noch wiedergegeben sei:

"De Luz y Verdad (spanische Ausgabe des Goldenen Zeitalters)
Ausgabe von 1936

Cuidado con el fascismo!
(deutsche Übersetzung im Stürmerarchiv)
Stadtarchiv Nürnberg E 9/37 Nr. 1487/6

Was ist Faschismus?
Er ist kein Instrument des Kapitalismus. Er ist ein Werkzeug des Vatikans. Katholische Kirche und Faschismus arbeiten eng zusammen.

Das katholische Bayern wurde die Wiege des Nationalsozialismus. Beide Bewegungen werden von den Jesuiten kontrolliert.

Der größte Sieg der Jesuiten ist der, dass sie in den letzten Jahren im Herzen Europas von Neuem das 'Heilige Römische Reich' geschaffen haben, dass aus Österreich, Deutschland, Italien, Ungarn und Polen besteht, aus lauter faschistischen Ländern. Diese Länder sind die Schwerter des Vatikans, der in Europa einen neuen Krieg entfesseln will.

In Spanien gibt es zwei faschistische Parteien: eine offen faschistische (Primo de Revera) und eine andere, jesuitisch-faschistische Volksaktion (Gil Robles).

Wir, die Zeugen Jehovas (Los Testigos de Jehova), treten für keine religiöse Propaganda ein. Wir sind in unversöhnlicher Weise antiklerikal und antireligiös (= gottlos). Wir sprechen von einer vollkommenen Welt, von einer vollkommenen Menschenrasse und von einer vollkommenen sozialen Ordnung auf der Welt. Wir mischen uns nicht in die Politik. Wir wenden uns an die ganze Welt. Denn unsere Bewegung ist international. Alle Religionen haben als Instrument der Unterdrückung gedient. Der größte und erbittertste Feind der ganzen Menschheit ist die römisch-katholische Geistlichkeit; die Jesuiten und die Faschisten.

Es ist die Zeit gekommen, dass jeder von uns überlegt, ob er sich auf die eine oder andere Seite stellt. Indessen verkünden wir die bevorstehende Zerstörung der teuflischen Unterdrückungsorganisationen (gemeint ist die Kirche und ihre faschistischen Anhängsel) und die Errichtung des vollkommenen Reiches Gottes auf Erden."

Genannte zitierte Zeitschrift stellte also die Spanischsprachige Ausgabe des „Goldenen Zeitalters" dar. Das dem so ist, bestätigt das „Goldene Zeitalter" selbst einmal, indem es beispielsweise in seiner Ausgabe vom 15. 8. 1936 einmal auflistete, unter welchen Namen es fremdsprachig alles so erscheine:
Name:
Ny Verden
Das Goldene Zeitalter
The Golden Age
Kultainen Aika
L'Age d'Or
Chrysous Aion
Het Gouden Tijdperk
Zloty Wiek
Den Gyllne Tidsäldern
Luz y Verdad
Zlaty Vek
Az Aranykorszak

Hingewiesen werden kann auch auf jenen „Jubelbericht" im „Goldenen Zeitalter" vom 15. 12. 1933 wo zu lesen ist:
„Er (der Interessent) bestellte sofort alle Bücher und Broschüren von Richter Rutherford und abonnierte Luz y Verdad und den Wachtturm"

Jonak hatte nun bei seinem Zitat insbesondere an der darin auch enthaltenen Wendung Anstoß genommen, man sei antireligiös.

Dafür gibt es auch einen Beleg aus der Freyenwald-Collection der Universität Tel Aviv. Als Beleg dafür sei auf das Schreiben vom 29. 10. 1936 von Jonak an den Boris Toedtli verwiesen. Als Beleg sei auf einen entsprechenden Briefausriß verwiesen:

Angesichts dessen ist es zu billig, wenn die WTG-Funktionäre in Antwort auf die Vernehmlassung des Regierungsrates Luzern behaupten:

„Ebenfalls nicht einzusehen ist, was das Zitat aus der spanischen Zeitung "Luz y Verdad" mit der Beschwerde zu tun haben soll. "Luz y Verdad" ist eine selbständige Zeitung. Die Beschwerdeführer erhielten von diesem Zitat zum ersten Mal Kenntnis durch die Vernehmlassung des Regierungsrates des Kantons Luzern. In Spanien herrschen, wie jedermann weiß, aufgeregte und außerordentliche Zustände, so daß unmöglich ein Artikel, der dort selbständig erscheint, den Zeugen Jehovas der Schweiz angelastet werden könne"

Hingewiesen sei auch darauf, dass die spanischsprachige Ausgabe des GZ auch in anderen Ländern (etwa Argentinien) vertrieben wurde, wofür auch die Angabe im 1972er ZJ-Jahrbuch steht::
„Ein Ansporn für das Werk in Argentinien war im Jahre 1932 der Besuch von Bruder Roberto Montero, der in Mexiko diente. Er wurde von Bruder Rutherford gesandt, um den Feldzug mit der neuen Zeitschrift Luz y Verdad (Das Goldene Zeitalter in Spanisch) einzuführen."

Genannt sei auch jene Passsage aus "Erwachet! vom 22. 1. 1972::
„Der Geschichtsbericht wurde durch die Anwesenheit einer einundachtzigjährigen Zeugin Jehovas belebt, die Gottes Wahrheit im Jahre 1927 kennenlernte. Sie ist blind und sehr klein, doch welch eine Energie strahlte sie aus, als sie sprach! Sie erzählte, daß sie im Jahre 1934 als Schriftleiter der Zeitschrift Luz y Verdad (Licht und Wahrheit, wie die Zeitschrift Erwachet! damals in Spanien hieß) amtete, weil damals keine Spanier in dem Büro arbeiteten und der Aufseher, da er ein gebürtiger Engländer war, die Fahnenabzüge nicht unterzeichnen konnte, die von der Regierung genehmigt werden mußten."

Also in diesem Punkt: K e i n Punktsieg für die Zeugen.
Wenn die WTG-Funktionäre sich auch mit den Worten verteidigen::
„Daß die Zeugen Jehovas einen haßerfüllten Kampf gegen das "organisierte Christentum" und gegen den beutigen Staat und seine Behörden führen, wie die erst nachträglich zur Kenntnis des Regierungsrates gelangten Streitschriften glauben machen wollen, entspricht den Tatsachen nicht."

Angesichts solch eines Votums kann man wohl nur sagen, in Gesamteinschätzung der zeitgenössischen Zeugen Jehovas:
Gewogen und für zu leicht befunden!

Nun aber wird es „richtig interessant". Auch Jonak selbst wird von den WTG-Funktionären angegriffen.
Dafür steht beispielsweise die Passage::
„Verschweigt Jonak bewußt, um einen falschen Eindruck beim Leser hervorzurufen, daß der Begründer der Bibelforscher-Lehre, Pastor Russell aus einem Geschichtswerke von Cook zitiert und tut so, als ob es Russell selber schreibt."

So so. Und wie sieht dieses Vergehen im Einzelnen aus? Wird das auch im „Goldenen Zeitalter" mitgeteilt. Kurze Antwort aus einem Wort: Nein.
Man ist also erneut genötigt sich bei Jonak selbst anzusehen, was er denn da so „schief dargestellt" habe. Tja, und da muss man schon registrieren. Eine Seitenangabe macht das GZ ja nicht.

In Gesamteinschätzung indes kann man wohl sagen. Es drehte sich um den Kommunismusstreit. Im Band 4 der "Schriftstudien" gibt es im "Der Kommunismus" überschriebenen Abschnitt (S. 374, 375) in der Tat die Zitierung eines Rev. J. Cook. :
Man liest dort:

"Der Kommunismus
ist eine Organisation der Gesellschaft, bei welcher die Güter der Gesamtheit gehören, im Interesse der Allgemeinheit verwaltet werden, und der dabei erzielte Nutzen für die allgemeine Wohlfahrt verwendet wird, wobei jedem zuteil wird, was er bedarf. Rev. J. Cook sagt von demselben:
'Der Kommunismus bedeutet die Abschaffung des Erbrechts, der Familie, der Nationalitäten, der Religion und des Eigentums.'
Gewisse Züge am Kommunismus könnten wir empfehlen (etwa den Sozialismus), aber als Ganzes ist er undurchführbar. Er setzt vollkommene Menschen voraus, die nicht selbstische Herzen haben. Er würde alle zu Faulenzern machen, sodaß die Menschheit schnell in Barbarei zurückfallen und dem Ruin entgegentreiben würde."

Hierbei ist schon mal beachtlich. Das Cook-Zitat bringt eine Definition, klar abgegrenzt durch Anführungsstriche::
"Der Kommunismus bedeutet ..."
Die nachfolgenden Sätze hingegen::
"Gewisse Züge am Kommunismus könnten wir empfehlen ..." sind eindeutig Russells eigener Kommentar, und keineswegs durch ein Cook-Zitat ausgewiesen.

Genau auf diesen Umstand hat sich nun auch Jonak mit "eingeschossen", wenn er schreibt::
"In einem eigenen Kapitel in 'Schriftstudien', Band IV, beschäftigt sich Russell mit dem Kommunismus. Dieses System der Gütergemeinschaft verurteilt er keineswegs, er hält es nur für die heutige Zeit noch nicht für anwendbar; wohl aber tritt er für die Vorstufe, den Sozialismus, ein:
'Gewisse Züge am Kommunismus können wir empfehlen, etwa den Sozialismus, aber als Ganzes ist er undurchführbar. Er setzt vollkommene Menschen voraus'.
('Schriftstudien' IV, S. 375.)"

Wenn den WTG-Funktionären in der aktuellen Auseinandersetzung dieses Zitat nun nicht passt, dann kann man das zwar nachvollziehen. Indes erweist sich ihre Ausrede, es wurde ja "nur Cook zitiert", als ein plumper Taschenspielertrick :
Wiederum das Urteil: Gewogen und als zu leicht befunden.

Die nächste Jonak bezügliche „Breitseite" lautet::
„Dr. Jonak schreibt: "Ob Russell jüdischer Abstammung war, ist nicht erwiesen". Ferner daß Russells Eltern "angeblich schottisch-irischer Abstammung waren" und "daß Russells angeblicher Pazifismus ihn nicht abhalten läßt zu wünschen, daß alle christlichen Nationen durch Krieg und Revolution zerstört werden".

Auch dazu die Anmerkung. Für eine ganze Latte von miesen Autoren aus dem deutschnationalem und kirchlichem Lager, war die Unterstellung Russell sei (angeblicherweise) „Jude" ein „Glaubenssatz" xmal bis zum Erbrechen heruntergebet.
Nun ist Jonak unzweifelhaft auch in Kontinuität zu den deutschnationalen Vorgängern zu sehen. Das er nun aber einräumt jener „Glaubenssatz" sei nicht erwiesen, ist doch die eigentliche Aussage (der relative) „Fortschritt". Die WTG-Funktionäre machen es sich zu einfach, wenn sie diesen Kontext nicht beachten, nicht beachten wollen.
Und das über die Harmagedon-Theorien der Zeugen trefflich zu streiten ist, bis heute, pfeifen doch die Spatzen von den Dächern
Insofern gilt auch hier: Gewogen und für zu leicht befunden.

Dann noch die Aussage::
„Dr. Jonak schreckt nicht davor zurück, eine als plumpe und langst entlarvte Fälschung wie den sogenannten Freimaurerbrief ...als Hauptbeweismittel zu verwenden."

Es ist wahr, Jonak hat in seinem Buch auch ein Kapitel „Die Geldmittel der Bibelforscher" betitelt, worin er das leidige Thema einer vermeintlichen Fremdfinanzierung mit abhandelt. Indes wäre sehr trefflich darüber zu streiten, ob das wirklich den Rang eines „Hauptbeweismittels" einnimmt. Ich jedenfalls habe da einen anderen Eindruck gewonnen. Jonak zeigt sehr detalliert (detaillierter als alle anderen Vorgänger) die diesbezüglichen Facetten auf. Dennoch meine ich seine Hauptintention im Untertitel seines Buches zu erkennen, der da lautet::
„Die politischen Ziele der Internationalen Vereinigung Ernster Bibelforscher".
In diesem Kontext mutiert das Gezänk um die Finanzierungsfrage zum unter ferner liefen.
Erneut ist festzustellen: Gewogen und als zu leicht befunden!

Das Fallbeispiel Jonak ist für die WTG gesuchter Vorwand um ihrerseits dem Gericht gegenüber frech zu behaupten::
„Mit Bezug auf den Inhalt der Schriften beruft er (der Regierungsrat des Kantons Luzern) sich auf die bewußt verzerrte und verfälschte Wiedergabe in der Tendenzliteratur oder auf herausgerissene und sinnentfremdete Zitate."

Die genannten Beispiele aus dem Jonak-Disput indes verdeutlichen, dass solch eine Behauptung auf ziemlich wackligen Füssen steht.

Weiter heisst es dann, und dem ist dann allerdings zuzustimmen::
„Es wird nicht bestritten, daß die Zeugen Jehovas in den Diktaturländem Deutschland, Rußland usw. verboten sind. doch dürfte diese Tatsache kaum ein Präjudiz für die Auslegung von Freiheitsrechten der Schweizerischen Bundesverfassung darstellen."

Offenbar muss man den Gesamtkontext wohl so einschätzen, dass da - namentlich katholische Kreise - angesichts des Verbotes der Zeugen Jehovas u. a. in Hitlerdeutschland, für ihre Interessen „Morgenluft witterten". Wenn diese Rechnung letztendlich nicht aufging, wäre das „als das eine" zu bezeichnen.
„Das andere" hingegen wären die Details, namentlich wie man glaubte Jonak „widerlegt" zu haben.

Zu Jonak noch grundsätzlich. Gemäß eigener, an anderer Stelle getätigter Aussage, schätzte die WTG Jonak dahingehend ein, er wolle die katholische Kirche besser machen als sie sei, und er wolle für sie staatlichen Schutz reklamieren. Einer solchen Einschätzung kann man durchaus zustimmen.

Ein späteres durchaus relevantes Dokument ist auch Jonak's 1941 erschienenes Buch "Jüdische Bekenntnisse aus allen Zeiten und Ländern". In ihm ließ er erneut seine wesentlichen die Zeugen Jehovas betreffenden Thesen mit einfließen.

Bezüglich Russell muss er erneut einräumen, die von antisemitischer Seite getätigte Unterstellung, "Russell sei Jude", die keineswegs von Jonak stammt. Schon Fetz und andere vom antisemitischen Rattenschwanz hatten sie ohne stichhaltige Belege, vorgebetet.
Jonak sieht sich erneut auch an diesem Ort genötigt einzuräumen, die These sei in der Tat "bisher" nicht bewiesen. Er bedient sich da der Hilfskonstruktion und stempelt Russell zum "Gesinnungsjuden". Ein schillernder Begriff unfraglich.

Nimmt man aber auch Dokumente zur Kenntnis wie Russell's "Die nahe Wiederherstellung des Volkes Israel", kann man solches Konstrukt nicht unbedingt in den Bereich "Wolkenkuckucksheim" verbannen.
Russell muss es sich schon vorhalten lassen, es seinen antisemitischen Gegnern leicht gemacht zu haben, in der Verleumdung seines Wirkens.

Was unfraglich zustimmbar ist, dass ist der Umstand, dass der antisemitische Rattenschwanz, egal in welcher Person man ihn besichtigt, nicht wirklich treffsicher argumentiert. Das ist dann eine ähnliche Sachlage wie im Falle des später aufgekommenen Themas Impfgegnerschaft. Einige Oberflächliche bei dieser These haben das zum Verbot deklariert. Prompt gab es gerichtliche Auseinandersetzungen, die genau auf diese ungenaue Vokabel abstellten.

Trotzdem bleibt der Sachverhalt bestehen, dass es eine über Jahrzehnte währende Impfgegnerschaft innerhalb der WTG-Organisation gab. De jure zwar nicht in der Form eines de jure Verbotes. Das war auch garnicht notwendig. Der WTG-Beeinflussungsdruck in der Frage war auch - ohne de jure Verbot - schon wirksam genug.

Ähnlich ist auch die Polemik der Antisemiten in Sachen Russell und Zionismus einschätzbar. Semantisch ungenau. Ohne Frage. Dennoch einen wesentlichen Aspekt zeitgenössisch aus damaliger Sicht, abhandeln.
Eine heutige Polemik gegen diese Sachlage aus WTG-Sicht, erweist sich somit als nicht echt stichhaltig.

Dann noch der Aspekt der WTG-Kirchenfeindschaft. In seinem oben genannten Buch bringt Jonak auch diverse Auszüge aus der WTG-Literatur genau zu diesem Thema. Die WTG stellt sich nicht echt dieser Sachlage, ist nach wie vor festzustellen.

Nachstehend einmal solche von Jonak in seinem genannten Buch gebrachten WTG-Literaturzitate, einschließlich der von Jonak jeweils mit genannten Quellenangaben.

Das Volk Israel wird niemals aufhören, eine Nation zu sein.
J. F. Rutherford in „Millionen jetzt lebender Menschen werden nie sterben", Bern 1920, S. 116.

Das Christentum soll durch Krieg, Revolution, Anarchie, Hungersnot und Pestilenz zur Einöde gemacht werden von einem Ende bis zum anderen.
Ch. T. Russell in „Schriftstudien" Barmen 1922, 7 Band, S. 535.

Alle Staatskirchen sollen zerstört werden, sowohl buchstäblich durch das Schwert als auch im Sinnbilde durch die Wahrheit, die das Wort Gottes das Schwert des Geistes, über sie ausspricht.
Ch. T. Russell in „Schriftstudien", Barmen 1922, 7. Band, S 536.

Die böse und vererbte Zivilisation, die als „Christentum" bekannt ist, soll noch öder und wüster gemacht werden als die Wildnis, welche Palästina umgibt. Sie soll ganz vom Erdboden hinweggefegt werden.
Ch. T. Russell in „Schriftstudien" Barmen 1922, 7 Band, S. 538.

Der römische Katholizismus ist in Wirklichkeit eine heidnische Religion. Der Protestantismus betet ebenso den Moloch an.
Ch. T. Russell „Schriftstudien", Barmen 1922,7 Band, S. 553.

Der Protestantismus soll voll und tief das Maß der römischen Kirche trinken. ... Er wird zum Hohn und Spott der ganzen Welt werden.
Ch. T. Russell „Schriftstudien", Barmen 1922, 7. Band, S. 663.

Die große Hure (Offenbarung 17) stellt die Teufelsreligion dar, die fälschlicherweise ein „organisiertes Christentum" oder Christenheit genannt wird und einen Teil der satanischen Organisation ausmacht.
J. F. Rutherford in „Licht", Bern 1930, 2. Band, S. 79.

Die sogenannte „christliche Religion" ist der größte Humbug und die abscheulichste Heuchelei, die je die Menschen getäuscht hat.
J. F. Rutherford in „Licht" Bern 1930, 2.Band, S. 107.

Die Christenheit ist die heuchlerischste aller Organisationen. ... Sie ist hochgezüchtete Heuchelei und die sträflichste aller Völkergruppen.
J. F. Rutherford in „Rechtfertigung", Bern 1931, 1. Band, S. 205.

Israel wurde von allen Völkern der Erde begünstigt, weil Gott es als sein Volk erwählte.
J. F. Rutherford in „Trost für die Juden", Magdeburg 1925, S. 37.

Wäre das tausendjährige Reich auf Erden aufgerichtet und hätten die für diese Zeit verheißenen göttlichen Regenten ( ... ) ihre Herrschaft angetreten ... dann könnte der Kommunismus gedeihen. Er wird dann wohl die beste Gesellschaftsform sein, die sich der König der Könige zu seiner Methode macht. Aber auf das warten wir.
C. T. Russell in „Schriftstudien" 4. Band „Der Krieg von Harmagedon (1. Auflage 1897), Magdeburg 1926, S. 379.

Die weltlichen Regierungen werden zerstört und die soziale Ordnung der Dinge in Anarchie verwüstet werden.
Ch. T. Russell in „Schriftstudien", 7. Band Auflage 1922 S. 573.

Gott wird gegen sie (die katholische und protestantische Kirche) einen großen Pöbelhaufen zusammenbringen, Leute mit ein scharfen Gefühl für vergewaltigte Gerechtigkeit - Sozialisten, organisierte Gewerkschaftler, radikale Arbeiterelemente, Sozialdemokraten, Nihilisten und Anarchisten.
Ch. T. Russell in „Schriftstudien", Barmen 7. Band, Auflage 1922, S. 635.

Gott wird die weltliche Ordnung der Dinge der Gewalt der bösen Anarchisten preisgeben, und er wird des „Christentums" Ordnung der Dinge wüste und öde machen, und zwar buchstäblich durch die Gewalt der Anarchisten, wie der bestehenden Ordnung fremd und feindselig gegenübertreten, und geistlicher Weise durch die Söhne Gottes ( ... )
Ch. T. Russell in „Schriftstudien", Barmen, 7. Band Auflage 1922, S. 671.

Gott wird es so überwalten, dass die Nationen von riesenhaften Revolution erschüttert werden.
Ch. T. Russell „Schriftstudien", Barmen 7. Band Auflage 1922, S. 676.

Dann schließlich wird das Volk, das übriggeblieben ist, zur Erkenntnis kommen, dass Krieg, Revolution und Anarchie die gerechten Gerichte des Allmächtigen gegen die geistlichen, politischen und volkswirtschaftlichen Greuel des „Christentums" waren.
Ch. T. Russell in „Schriftstudien" Barmen, 7. Band Auflage, 1922, S. 700.

Alle prophetischen Äußerung lassen darauf schließen, dass dieser Kampf ( ... ) ehe er sein Ende erreicht hat, ein fürchterliches Blutvergießen, eine höchst blutiger Konflikt sein wird, ein schrecklich wütender Sturm.
Ch. T. Russell in „Schriftstudien", Barmen, Auflage 1922 7 Band S. 305.

Gott wird alle kriegslustigen Regierungen, die an der Spitze großer Nationen stehen, vernichten, auch sollen weltlich gesinnte Leute das Volk nicht mehr bedrücken, und alle Völker soll nicht mehr vor grausamen Regierungen geknechtet werden.
Ch. T. Russell in „Schriftstudien", Barmen, Auflage 1922, 7. Band S. 680.

Gottes Wort der Wahrheit weist deutlich daraufhin, dass der schrecklichste aller Kriege und ein Menschensterben ohnegleichen in sehr naher Zukunft bevorstehe.
J. F. Rutherford in „Zuflucht zum Königreich", Bern 1933 S. 7.

Satan, sehend, dass seine Zeit zur Vorbereitung für die Schlacht von Harmagedon kurz ist, fuhr seither damit fort, die Nationen der Erde zu Rüstung für einen weiteren großen Krieg aufzustacheln.
J. F. Rutherford in „Regierung", Magdeburg, Verlagsrecht 1928, S. 181.

Es muß noch einen Krieg geben, um die ruchlose Organisation Satans ( ... ) auszufegen und das ist der Krieg des großen Tag Gottes des Allmächtigen, oder der Krieg von Harmagedon.
J. F. Rutherford in „Zuflucht zum Königreich" Bern 1933, S. 49.

Die Nationen werden mit einer Kraft regiert werden, der zu widerstehen unmöglich ist - „jedes Knie soll sich beugen und jede Zunge soll bekennen" - und Gehorsam wird erzwungen werden. ... Wegen ihrer Festigkeit und Unbeugsamkeit wird diese Herrschaft sinnbildlich einer eiserne Zucht und Rute genannt.
Ch. T. Russell in „Schriftstudien" Barmen Auflage 1922, 7. Band, S. 52.

Die irdische Stufe des Königreiches wird israelitisch sein. ... Sowohl von den Propheten als auch von den Apostel finden wir Aussprüche, die klar zeigen, dass in den Zeiten der Wiederherstellung Israels das erste Volk sein wird das mit der neuen Ordnung der Dinge in Einklang kommt.
Ch. T. Russell in „Schriftstudien", Magdeburg Auflage 1926, 1. Band S. 280.

Die Bedingungen des neuen Bundes während das Milleniums werden in jeder Weise dem jüdischen Gesetzesbund entsprechen, mit der Ausnahme jedoch, dass der neue Bund einen besseren Mittler haben wird.
Ch. T. Russell in „Schriftstudien", Magdeburg Auflage 1926, 5. Band, S. 315.

Nach dem Talmud lehren jüdische Theologen, dass der Messias alle über die Erde vertriebenen Nachkommen der jüdischen Stämme aus der Zerstreuung einsammeln wird, um ihre fremden Unterdrücker zu verwirren und zu schlagen, und dass die Juden von Jerusalem aus, als einem Weltzentrum die ganze Erde beherrschen werden, die ein Schauplatz irdischer Freude und Wohlfahrt werden soll. So schreibt R. Salomon: Es ist bestimmt, dass die Welt 6000 Jahre bestehen soll nach der Zahl der Tage in der Woche, aber am siebenten Tag ist der Sabbath, und während der siebenten Millenniums hat die Welt Ruhe.
Ch. T. Russell in „Schriftstudien", Barmen Auflage 1922, 7. Band, S. 401.

Die Juden werden die Herrschaft über die Erde erhalten.
Ch. T. Russell in „Schriftstudien" Barmen Auflage 1917, 7. Band, S. 666.

Die kommenden Segnungen werden überreich sein zum Segen für alle Menschen, aber für die Juden zu erst.
Ch. T. Russell in „Die nahe Wiederherstellung des Volkes Israels", Bern, 3. Auflage, S. 8.

Wir lesen: „Der Messias wird Frieden reden zu den Nationen." Aber dieser Segen des Friedens wird zuerst zu Gottes auserwählten Volke kommen und durch diesen zu den Nationen.
Ch. T. Russell in „Die nahe Wiederherstellung des Volkes Israel", Bern, 3. Auflage S. 44.

Die Schrift lehrt klar und deutlich, dass das Heil von Juden kommt, weil Schilo, der Messias, welcher der Erretter und Befreier der Menschheit - zuerst der Juden und darauf der Nationen - sein wird, aus dem Stamme Juda hervorgeht.
J. F. Rutherford in „Trost für die Juden", Magdeburg 1925, S. 12.

Die Hoffnung der Juden werden erfüllt werden, denn der Messias wird ein universales Königreich auf Erden errichten.
J. F. Rutherford in „Trost für das Volk", Magdeburg Verlagsrecht 1925, S. 47.

So gewinnt nach und nach das geographische Zentrum der Erde, die Gegend von Jerusalem, Bedeutung in den Augen der Welt. Diejenigen, welche die Sache durch das prophetische Teleskop anschauen, sehen die Zeit voraus, da das Gesetz ausgehen wird vom Berge Zion - dem geistigen Israel auf himmlischer Stufe - und das Wort des Herrn von Jerusalem - der künftigen Hauptstadt der Welt unter den Einrichtungen des messianischen Königreiches. Dorthin werden alle Völker der Erde in ihre Gesandten senden und dort ihre Gesetze empfangen.
Ch. T. Russell in „Die nahe Wiederherstellung des Volkes Israels" Bern, 3. Auflage, S. 9.

Christus wird bei der Organisierung der neuen Erde keine nationalen Unterschiede außer den zwölf durch die zwölf Stämme Israel dargestellten Abteilungen anerkennen. Jeder Lebende muss einen dieser Teile und Stämme zugewiesen werden. ... Unter der Herrschaft der Organisation Satans ( ... ) gab es verschiedene Nationen, zum Beispiel die britische, die amerikanische, die deutsche, die italienische und andere, aber alle diese Unterscheidungen müssen und werden aufhören. ... Das zeigt das unter dem messianischen Königreich eine vollständige Reorganisierung aller Völker der Erde stattfinden wird. Für die heute gebrauchten Landkarten der Erde und im Königreich keine Verwendung mehr sein.
J. F. Rutherford in „Rechtfertigung", Bern Verlagsrecht 1932 3. Band S. 321.

Geschrieben von D. am 31. August 2007 08:10:32:

Als Antwort auf: Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren ("Goldenes Zeitalter" 15. 8. 1937) geschrieben von Drahbeck am 31. August 2007 08:09:21:

 

Hans Jonak von Freyemwald

Siehe auch:

Parsimony.1689

Geschichte-Zeugen-Jehovas-Schwerpunkt-deutschen Geschichte

 

ZurIndexseite