Im „Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise (1927)
Einige Stichworte in diesem Jahrgang (in Auswahl):
Fischer-Jäger, Impfgegner, Mexiko, Heilpraktiker Erwin Hof, Honig, "Heiliger Rock" zu Trier, Konnersreuth, Rohkost, Landbote für Schlesig-Holstein, Curt Bran, Balzereit, elektrischer Pflug, Bibelforscher-Tagung, Berlin 1927, Flinders Petrie, Konkordat
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Wandlungen der „Fischer-Jäger"-Auslegung
Auf die Entdeckung einer „Marktlücke" durch die WTG, namens
Begräbnisansprachen, auch für solche, welche Organisatorisch mit ihr
nicht verbunden gewesen sind, wurde schon im Rahmen der Serie „Im
Zeitspiegel" hingewiesen.
Siehe dazu
Parsimony.22958
Parsimony.22970
Offenbar war es die „Goldene Zeitalter"-Ausgabe vom 1. 1. 1927, die im
besonderen darauf hinwies.
Weiter in jener Ausgabe.
Einen Israel bezüglichen Artikel in den „Dresdener Neuesten
Nachrichten" entdeckend, nimmt das „Goldene Zeitalter" vom 1. 1. 1927
selbigen zum Anlass um unter der Überschrift „Alte Prophezeiungen und
ihre wunderbare Erfüllung", zugleich Reklame für das im eigenen Verlag
erschienene Rutherford-Buch „Trost für die Juden" zu machen.
Und zu den weiteren Kommentaren in dieser Sache gehören dann auch noch
die Sätze:
„Es ist jedoch bedeutsam
zu sehen, wie alle Prophezeiungen der Schrift, die vor
Jahrhunderten, ja vor Jahrtausenden gesprochen und
niedergeschrieben wurden, sich heute erfüllen, nämlich jene von
der Wiedereinsammlung Israels nach Palästina. Wie bemerkenswert
ist jene Prophezeiung in Jeremia 16:16, wo der Prophet sagt, daß
Gott zunächst zu Fischern senden werde, um die Juden nach
Palästina zu führen, womit zweifellos das vergebliche Bemühen der
verschiedensten kirchlichen Bekenntnisse, die Juden zum Ergreifen
ihres Messias Jesus zu veranlassen, bezeichnet wird. Derselbe
Prophet fährt dann fort zu zeigen, daß Gott danach zu vielen
Jägern senden würde, was unzweifelhaft auf die verschiedensten
Judenverfolgungen Bezug nimmt, welche fast alle Länder der Welt in
der Vergangenheit sahen. Doch das gesegnete Endresultat auch in
dieser Beziehung ist:
„Ich werde sie in ihr Land zurücksenden, das ich ihren Vätern
gegeben habe."
Solcherlei Thesen, auch von anderen Philosemiten
vertreten, etwa dem Ernst F. Stroeter, entwickelten noch ihre makabere
Eigendynamik. Extreme Beispiele, etwa die den Zeugen Jehovas
nahestehende „Tagesanbruch Bibelstudien Vereinigung", deuteten gar den
Hitler'schen Antisemitismus als diesbezügliche „Bibelerfüllung".
Mysnip.112948
Auch in der Schrift „Gott und Vernunft" dieser Gruppe kann man lesen:
„Es sei zugegeben, dass in den letzten Jahren die Juden aufs neue verfolgt wurden, und dass ihre Vorrechte in Palästina beschnitten worden sind; aber auch diese Erfahrungen stimmen mit den Prophezeiungen überein und beziehen sich auf jenen Zeitabschnitt, in dem die göttliche Gunst sich ihnen wieder zuwenden wird. Gottes Prophet sagte klar und deutlich, dass "Jäger" ausgesandt werden würden, um die Juden in ihr eigenes Land zurückzutreiben. (Jer. 16:16) Ferner, dass schliesslich Gott sich ins Mittel legen werde, um sie von ihren Feinden zu erretten, nachdem sie sich im Heiligen Lande niedergelassen haben würden."
Seitens der WTG gab es dann noch einen namentlich
„Fischer und Jäger" betitelten WT, worüber etwa Friedrich Zipfel,
bezugnehmend auf die Verhaftung des WTG-Funktionärs
Franz Fritsche
reflektierte.
Nach Zipfel wurde Fritsche am 25. 1. 1944 verhaftet. Zu den Anwürfen
des Naziregimes gehörte, WT-Artikel vervielfältigt zu haben. Einige
davon werden namentlich genannt. Eben auch einer der „Fischer und
Jäger" betitelt war.
Hierbei ist allerdings zu sagen, dass der Philosemitismus der WTG in
späteren Jahren wieder aufgegeben wurde. Gleichwohl wirkten die
Ursprungsthesen noch bis in die KZ's hinein nach, wenn etwa
KZ-Kommandant Höß reflektiert, und darüber verwundert selbst er sich,
die Bibelforscher würden meinen, die Juden würden zu Recht leiden.
Aber es ist offensichtlich, dass die Auslegung der ominösen Fischer -
Jäger Bibelstelle, bezogen auf die Juden von der späteren WTG,
aufgegeben wurde. Schon in dem Rutherford-Buch „Religion" wurde sie
anders gedeutet. Jetzt sah man sich selbst in der Rolle der „Fischer
und Jäger".
Ein früher Beleg für diesen Wechsel kann man auch dem Jahrgang 1945
des internen Blattes „Informator" entnehmen. Dort entblödet man sich
ja diese Bibelstelle in den Kontext zu setzen, dass die WTG (damals)
forderte, Sonderpioniere hätten 175 Stunden und allgemeine Pioniere
150 Stunden Predigtdienst zu erbringen.
Auch in den internen Mitteilungen für die deutsche
Untergrundorganisation
19432Briefe1943
fand man schon diesen Paradigmawechsel, wenn es auch darin drohend
hiess:
„So bitten und ermahnen
wir Euch denn, unverzüglich noch einmal, die WT "Fischer u.
Jäger", "Trost für die Versprengten" und wenn möglich, auch "die
Prophezeiung Michas" gebetsvoll und sorgfältig zu studieren und
Ihr werdet überzeugt werden, daß der Herr in Eile noch ein sehr
großes Werk vor den Hereinbruch der Schlacht von Harmagedon an den
Menschen guten Willens für uns vorgesehen hat.
Wer sich daher weigert oder es unterläßt, unter das Volk zu gehen
und die Menschen in ihren Wohnungen aufzusuchen, um ihnen die
lebenspendende Botschaft vom Herrn zu überbringen, und wer die
hindert oder entmutigt, die dem Herrn gehorchen, indem sie den
Menschen die Botschaft der Wahrheit bringen, offenbart, eine
lieblose und ungerechte Gesinnung, weil er dadurch die
Jonadab-Klasse erbarmungslos dem Scharfrichter ausliefert, damit
sie in Harmagedon hingerichtet werde. Eine Unterlassung oder
Weigerung, diese Verantwortung zu übernehmen und zu erfüllen, wird
der Herr keineswegs unbeachtet lassen."
Setzt man diese beiden Auslegungsvarianten ein und derselben Bibelstelle im Vergleich, kommt einem wohl unwillkürlich der Spruch in Erinnerung, von der alten Fidel, auf der man denn jedes Lied spielen könne!
„Die deutsche Regierung gestürzt. Durch die vereinigte Opposition der Sozialdemokraten und Deutschnationalen ist das Kabinett Marx gestürzt worden ..."
Oder (jetzt nur noch die Überschriften zitiert):
„Staatsstreich in Litauen ...
Große Schneestürme in Spanien. ...
Amerikanische Intervention in Nicaragua ...
Krisenwirrwarr in Südslawien."
Beide genannte GZ-Ausgaben brachten zeitgleich auch noch einen
umfänglicheren „Ein drohender weltweiter Rassenkrieg" überschriebenen Artikel.
Der lag denn auf der gleichen Wellenlänge der vermeintlichen „Zeichen der Zeit
des Endes".
Nun ist es unbestritten, dass es weltpolitische Spannungen in Vergangenheit
und Gegenwart gibt. Der Mensch erntet eben das, was er sät. Es ist jedoch
nicht damit abgetan, sich in der Rolle des Schwarzmalers darzustellen, der
wenn er denn mal aufgefordert werden sollte, etwas anderes als nur schwarz zu
malen. Entrüstet darauf verweist: Aber doch nicht ich!
Ideologieverkäufer haben eine grosse Verantwortung. Ideologieverkäufer wollen
auch eines vor allem. Von ihrem (Schrott) auch materiell leben, und das
möglichst nicht schlecht. Windige Ideologieverkäufer müssen deshalb auch damit
rechnen, dass man ihnen (früher oder später) auf den Kopf zu sagen wird, was
sie vor allem sind:
Rauschgiftdealer und das der schlimmsten Sorte!
„Unsere Religion ist bürgerlich
geworden. Sie ist gesättigt, behaglich, ohne Fragen. Sie verbietet sich
jede Störung. Der Mechanik des Sonntags entspricht die Gottlosigkeit des
Alltags. -
In diese Religion gehört der Priesterbeamte, der definitive Katechet, der
vom Staate besoldete Religionsprofessor, alles ist System ...
Und so hat die Religion die Kraft verloren, das Feuer zu sein ...
Wir haben eine Furcht vor dem Worte Gottes. Aber selbst diese Furcht fällt
uns nur selten an. Dafür sorgt schon das System. Der Beamte herrscht, und
der Prophet wird zum Narren erklärt. - ...
Und unsere Kirchen werden immer leerer. Wien, du katholische Stadt, so
gerühmt auf dem ganzen Erdkreis, wo Brüder mit Liebe und heiligem Stolz
die Werke Gottes preisen, Wien - in dir kommen nur mehr fünfzehn von
hundert deiner Getauften, um Sonntags das Mysterium der Erlösung zu
feiern! - Anderswo ist es nicht anders. -"
Diese Meldung ist denn für das GZ das gefundene Fressen; wähnt man sich
doch haushoch überlegen diesbezüglich. Indes das darf man den „Körperschaften
des öffentlichen Rechts" noch mit auf den Weg geben. Das „letzte Wort" ist
diesbezüglich noch nicht gesprochen.
Und: Nichts ist so alt, wie der Ruhm von gestern!
„Frage: Wo kann man Näheres über
Impfangelegenheiten erfahren und an wen könnte man sich evtl. um Auskunft
und Hilfe wenden?
Antwort: Der Verband der Impfgegner e. V., Leipzig V 28, Paulinenstraße 21
ist in der Lage im oben genannten Sinne zu dienen."
Wenn das mal keine Reklame ist, noch dazu für diesen Verband eine
kostenlose!
Machten sonstige Tageszeitungen für diesen Verband Reklame? Ein entsprechender
Beleg ist mir jedenfalls nicht bekannt. Auch das GZ nennt solche Belege nicht.
Es tritt daher mit seiner Meldung aus dem Rahmen dessen heraus, was man auch
in anderen Zeitungen lesen könnte. Irgendwelche Kritik baut es in diese
Meldung auch nicht mit ein. Es macht sich somit zum Kumpan dieser
Bestrebungen. Das wusste man zwar auch so. Nur eben das „Goldene Zeitalter"
bestätigt es nochmals ausdrücklich.
In der Magdeburger Ausgabe des GZ vom 1. 3. 1927 nimmt man das Thema erneut
auf; diesmal aber etwas ausführlicher:
„Die Impfung und ihr in mancher
Beziehung zweifellos schädliche Folgen.
Bei verschiedenen Anlässen haben wir bereits in den Spalten des G. Z. auf
den Verband der Impfgegner aufmerksam gemacht. Die verschiedenen Anfragen
aus den Kreisen unserer lieben Freunde und Leser des G. Z. immer einzeln
zu beantworten, ist uns unmöglich, und darum verweisen wir alle unsere
lieben Freunde und Leser, die irgendeine Auskunft in Fragen der Impfung
oder über Schritte, die getan werden müssen bei eingetretenen
Impfgiftschäden, zu erhalten wünschen, an den Verband der Impfgegner e.
V., Leipzig o 28, Paulinenstraße 21. Schriftliche Anfragen dort werden
stets umgehende Erledigung finden. Die Schriftl. des G. Z."
Offenbar muss sich aber auch das „Goldene Zeitalter" mit dem Umstand auseinandersetzen, dass solcherlei massive Reklame, zugleich auch windige Geschäftemacher mit auf den Plan ruft. In einer weiteren Kurzmeldung, diesmal in der GZ-Ausgabe vom 1. 6. 1927, kann man trotz der Kürze des dort verlautbarten Textes, den dennoch Bände sprechenden Satz lesen:
„Zur Beachtung:
Um unsere Leser vor Kosten zu schützen, machen wir erneut darauf
aufmerksam, daß alle Anfragen, Impfangelegenheiten betr., nicht an den vom
Impfgegnerverband ausgeschlossenen Georg Kapphahn, sondern an den
Impfgegnerverband, Leipzig O 28, Paulinenstraße 21, zu richten sind."
Wie letzterer einzuordnen ist mögen dann die Bibliographischen Angaben zu
einer anderen Schrift, verdeutlichen:
Voigt, K.:
„Medizin ist Gift! Gegen den Arzneiaberglauben und andere Verirrungen der
Wissenschaft. Naturgemäße Heilmethoden!"
Leipzig, Georg Kapphahn Verlag, 1922.
Oder auch diese:
Georg Kapphahn
„Hypnose. Ihre Geschichte, ihr Wesen und ihre Anwendung".
Leipzig, Kapphahn, 1923.
„Die Grippeseuche in Berlin. 50
neue Erkrankungen. ...
Die Grippeseuche in der Tschechoslowakei. Die Preßburger Schulen sind
wegen der Grippeepidemie geschlossen. In Prag werden alle Bälle und
Massenveranstaltungen wegen der Grippe verboten.
Die Grippeseuche in Baden geht nicht zurück. Schulen geschlossen. ...
Grippeseuche in München. Innerhalb zehn Tagen 943 Grippeerkrankungen, 3
Todesfälle.
Influenza in Budapest. 300 Erkrankungen, 3 Todesfälle
Grippeseuche in Leipzig. Täglich 200 neue Krankheitsfälle, zwei tödlich."
Das Thema erwies sich wohl für das GZ als eine Art „Dauerbrenner", denn nur einen Monat später, in der Ausgabe vom 15. 3. 1927, gab es dazu, einen diesmal ausführlicheren „Nachschlag". Genannte GZ-Ausgabe berichtet:
„Noch ist der Schrecken der
großen spanischen Grippe nach den Kriegsjahren in aller Erinnerung, und
schon wieder jagt eine Krankheitswelle über den Erdenball, diesmal
besonders Europa heimsuchend.
Angesichts der rasenden Verbreitung dieser Krankheitswelle hat sich die
Hygiene-Abteilung des Völkerbundes veranlaßt gesehen, ein tägliches
Bulletin über den Stand besonders der Grippe-Epidemie herauszugeben.
Außerdem hat die genannte Abteilung bei den maßgebenden
Gesundheitsbehörden der europäischen Staaten eine Umfrage veranstaltet,
die kürzlich folgendes Ergebnis hatte.
Es berichten:
Belgien hat zahlreiche Grippefälle, die sich durch leichten Verlauf und
kurze Krankheitsdauer auszeichnen.
In Dänemark zeigte sich ein epidemieartiger Anstieg von Grippeerkrankungen
im Laufe der dritten Dezemberwoche vorigen Jahres, namentlich in den
Städten des südlichen Teiles von Jütland. In der letzten Dezemberwoche
sprang die Epidemie nach Fünen über, ohne den nördlichen Teil von Jütland
zu erreichen. Eine Reihe von Fällen wurden in Kopenhagen und sonst auf der
Insel Seeland festgestellt.
In Spanien bemerkte man die ersten zahlreicheren Grippefälle anfangs
Dezember, in dem nahe der französischen Grenze gelegenen Städten, vor
allem in St. Sebastian und Barcelona. In Madrid hielt die Grippe Mitte
Dezember ihren Einzug und entwickelte sich dort sehr schnell. Aber auch
hier zeigten die Fälle überall einen gutartigen Charakter. Die
Sterblichkeit war nicht höher als in dem entsprechenden Zeitabschnitt des
vergangenen Jahres.
In Frankreich wütete und wütet die Grippeepidemie in den mittleren,
östlichen und südlichen Landesteilen. Statistische Angaben lagen bisher
nur für Paris vor. Es starben dort in der Zeit vom 20. November bis 31.
Dezember 343 Personen an Grippe (Gesamtzahl der Todesfälle: 6324) und vom
20. November bis 20. Dezember an Krankheiten der Luftwege, die bekanntlich
vielfach auf eine Infektion mit Grippe zurückgeführt werden 992 Personen
(Gesamtzahl der Todesfälle: 4382). Die Niederlande werden von der Grippe
seit Weihnachten 1926 heimgesucht. Als besonders bedeutungsvoll wird
darauf hingewiesen, daß die Krankmeldungen wegen Grippe der im
öffentlichen Dienst stehenden Beamten, vor allem der in Innenräumen
tätigen, bisher im Januar dieses Jahres 2- bis dreimal so hoch waren wie
in der gleichen Zeit des Vorjahres; beispielsweise erkrankten von den in
einem Amsterdamer Krankenhause tätigen Krankenwärtern 25 Prozent.
In Norwegen zeigte die Grippeepidemie, über deren Beginn Angaben nicht
gemacht werden, abgesehen von der Häufung der Erkrankungen, nichts
Besonderes. In Oslo wurden im Monat Dezember 501 Grippeerkrankungen mit 2
Todesfällen, 913 Luftröhrenerkrankungen mit 3 Todesfällen und 32
Erkrankungen an Lungenentzündung mit 7 Todesfällen gemeldet.
Die Schweiz benennt als Ausgangspunkt der dort herrschenden Grippeepidemie
den 10. Dezember 1926. Die Seuche zog besonders die Kantone Bern,
Basel-Stadt und Genf in Mitleidenschaft. Obwohl die Erkrankungen auch dort
in der Hauptsache gutartig verliefen, mehren sich in der letzten Zeit die
Komplikationen seitens der Lunge ganz erheblich. Die Todesfälle betrafen
wie in Frankreich vor allem ältere weibliche Personen.
Inzwischen hat nach amtlichen Veröffentlichungen die Grippe auch auf
Österreich übergegriffen. Auch in Deutschland befällt die unheimliche
Seuche immer weitere Gebiete. Aus Breslau wird gemeldet, daß eine Zeitlang
täglich über 300 Neuerkrankungen aufgetreten sind. In West- und
Süddeutschland breitet sich die Grippe immer mehr aus. In Köln sind mehr
als 1000 Personen schwer erkrankt. Auch in Koblenz ist eine Zunahme,
besonders der schweren Lungenerkrankungen, zu verzeichnen. Die Zahl der
Grippekranken in Offenbach beträgt etwa 1800. In fast allen größeren
Städten Badens, so auch vor allem in Karlsruhe, mußten die Krankenhäuser
von einem großen Teil der dort stationierten Patienten geräumt werden, um
den ungeheuren Zugang an Grippekranken ärztlich versorgen zu können. In
großen Teilen Süddeutschlands mußten Betriebe geschlossen werden, bezw.
mit verminderter Belegschaft arbeiten, da häufig mehr als ein Drittel der
Arbeiter und Angestellten grippekrank ist. Die Zahl der Grippekranken in
den größeren Städten Südbadens wird nach amtlicher Mitteilung auf über
50000 geschätzt. In Kehl, wo die Krankenhäuser mit Grippekranken überfüllt
sind, und in Straßburg nimmt die Sterblichkeit beängstigend zu.
Vereinzelt werden auch andere seuchenartige Krankheiten gemeldet. So wird
aus Charbin berichtet, daß in der Mongolei die Pest wüte. Bisher seien
allein 4000 Pferde der Pest erlegen, sodaß die Ausfuhr von Fleisch aus der
Mongolei über Rußland nach England verboten werden mußte. Und aus Galizien
kommt die Kunde, daß speziell im Kreise Perzynnek (Ostgalizien) eine
choleraähnliche Epidemie ausgebrochen sei. Zeitungen berichten, daß
täglich 20 bis 50 Todesfälle zu verzeichnen wären, und daß die bisher
angewandten sanitären Vorbeugungsmaßnahmen sich nicht als genügend
erwiesen hätten.
Die Ursache der Grippe wird meist auf die nasse Witterung zurückgeführt.
Die Ärzteschaft rechnet damit, daß bei Eintritt von Frostwetter ein
Rückgang der Seuchen zu verzeichnen sein wird. Aber gerade das rasch
wechselnde Klima unserer Zeit, heute Frost, morgen Schnee und übermorgen
schon Regen, geben der unheimlichen Krankheit weiteren Nahrungsstoff. Und
es darf nicht wunder nehmen, wenn unter dem Einfluß der Seuche auch viele
Fälle von Schnupfenfieber und Lungenentzündung auf das Konto „Grippe"
gebucht werden . ..."
Derart eingestimmt fragt man sich. Dann hat die europäische Menschheit also
nicht bloß zwei, sondern gar drei Weltkriege erlitten. Der dritte wohl
offiziell als solcher nicht anerkannte, war dann wohl jene Grippeepidemie, von
der das GZ so umfänglich-schreckliches zu berichten weis. Dann ist es wohl
eine Art „Wunder", das trotz alledem, die europäische Bevölkerung immer noch
nicht restlos ausgerottet ist.
Wem vielleicht vorstehende Berichte etwas zu einseitig erscheinen, und wer auf
Argumentation der vorgenannten Art nicht so recht anspricht. Auch an diese
„ungläubige Thomasse" hat das GZ gedacht. Dem müsse man eben mit anderen
Argumenten „überzeugen". Vielleicht mehr in die politische Richtung gehend.
Und siehe da; auch in der Richtung wurde das GZ fündig.
Nun jagen durch politische Entscheidungen (Fehlentscheidungen) noch heute
nicht wenige Meldungen, ebenfalls nicht wenigen, die Angstschauer über den
Rücken. Dabei soll durchaus nichts bagatellisiert werden; der Mensch erntet in
der Tat das, was er sät.
Nur das muss man dann aber auch sagen. Auch den Zeitgenossen des Jahres 1927,
namentlich wenn sie Leser von WTG-Publikationen waren, erging es ähnlich.
Nachstehend denn mal (kommentarlos) zitiert, einige der Angstschauer des
Jahres 1927, welchen das „Goldene Zeitalter" in einem „Harmagedon"
überschriebenen Artikel, in dieser GZ Ausgabe, ihren Lesern zu kredenzen sich
bemüht:
„Wir nehmen täglich die Zeitung
zur Hand, um immer wieder festzustellen, wie es im Reiche des Fürsten
dieser Welt auf der Erde drunter und drüber geht, wo der Teufel wütet,
weil er weiß, daß er wenig Zeit hat. ...Regierungskrise folgt auf
Regierungskrise in allen Ländern; die Ministerwechsel sind Tagesordnung
geworden; eine Kleinigkeit vermag einen Minister - und sei er noch so
tüchtig - gehen heißen; eine Zufallsmehrheit oder -minderheit stürzt ein
ganzes Regierungskabinett. Der Völkerbund ratet in einer Ratlosigkeit mit
zahllosen Organen, Kommissionen, Konferenzen. Unter.- und
Zwischenkommissionen, mit Bergen von Papier, Kundgebungen, Beschlüssen,
Prüfungen, Kontroll- und Forschungsreisen, daß dem Zuschauer vor dieser
ungeheuren Arbeit Angst und Bange werden könnte. Doch - der Berg kreist
und ein Mäuslein wird geboren.
Ein betrunkener französischer Leutnant schießt einige Deutsche tot, wird
vom Gericht zu Landau freigesprochen und sofort ist das Ergebnis
monatelanger Völkerbundssstreit ... Ein Gnadenakt - besser gesagt
Verlegenheitsakt - vermag noch einmal die Situation zu retten. Dabei sind
die Völker von einer Nervosität aufgeregt, die den wissenden Beobachter
immer aufs Neue in Staunen versetzt.
Eine Bierrede (Dr. Stresemann in Genf) vermag ganz Frankreich außer Rand
und Band zu bringen und die Journalistenfedern der halben Welt wochenlang
in Bewegung zu setzen, weil schon von einer Bierrede das Wohl und Wehe der
Nationen der Erde abhängt.
Das Gebaren eines kleinen aber schlauen Gernegroßes, des Präsidenten von
Albanien, vermag ein halbes Dutzend Nationen in Atem zu halten, während im
Hintergrunde die Großmächte, dauernd rivalisierend, auf dem Sprunge
stehen, um bereit zu sein, sobald der Funke in dieses Pulverfaß - das noch
immer der Balkan ist - fällt.
Kann sich eine Prophezeiung treffender erfüllen als Jesaja 8:10?
„Beschließt einen Ratschlag und er soll vereitelt werden; redet ein Wort
und es soll nicht zustande kommen." Alles dieses aber ist der Auftakt zu
dem großen Kriege von Harmagedon ...
Während die europäischen Staaten eifrig damit beschäftigt sind, den
Vertrag von Versailles auf Gültigkeit und Ungültigkeit, auf
Durchführbarkeit und Undurchführbarkeit, auf Nutzen und Schaden für die
einzelnen Nationen und für Europa zu bearbeiten, zu prüfen, zu
zerpflücken, zusammenzuhalten, zu sezieren; während der Völkerbund in
eifriger Papierarbeit von Konferenz zu Konferenz, von Kommission zu
Kommission eilt oder schleicht, je nachdem man's nimmt, dieses Todes- und
Mordinstrument, genannt „Friedens"- Vertrag von Versailles als
Ausgangspunkt und Mittel seiner Tantalusarbeit benützend, von der nicht
loszukommen ist - während Europa blind für alles andere sich um sich
selber kreisend dreht - rückt das Weltgeschehen Schritt für Schritt
vorwärts, mit ehener Notwendigkeit und Folgerichtigkeit erfüllend ...
Wenn in diesen Tagen von dem werdenden „asiatischen Völkerbund" (Rußland-Türkei-China)
geredet wird, so taucht neben diesem Pan-Asien das Pan-Europa oder die
Vereinigten Staaten von Europa auf und man sieht einmal den Unterschied in
der Tendenz dieser beiden Mächtegrupen in der Theorie, indem der Gedanke
Pan-Europa - noch weit entfernt, Wirklichkeit zu werden - auf den
Weltfrieden eingestellt ist, während Pan-Asien - dicht vor der
Wirklichkeit stehend - wie Figura zeigt, sich gegen die Knechtung der
farbigen Völker durch die weiße Rasse richtet und so zum anderen in der
Praxis das Bild klar zwei Fronten scharfer Gegner erkennen läßt: das
degenerierte, auf Völkermord und Völkerentrechtung aufgebaute und daran
zugrunde gehende Europa einerseits und das erwachende, nach Freiheit und
Gleichberechtigung dürstende Asien, dem sich Afrika bereits ganz
bemerkenswert anschließt, andererseits. Die Theorie des Pan-Europa-Planes
scheitert an den Sünden der Vergangenheit seiner Völker und die rauhe
Wirklichkeit stellt es eines baldigen Tages vor die Tatsache, anstatt
Frieden zu schaffen, Krieg zu ernten ...
Um noch einmal das Stichwort Grippe-Epidemie aufzunehmen, veranschaulicht
an einem Kontrastbeispiel.
Unter dem Titel „Religiöse Volkskunde" publizierte im Jahre 1925 ein Herr
Joseph Weigert, katholisch orientiert, eine Schrift. Seinen „Bauchschmerzen"
begegnet man in dieser schon mal in der Form der Klage:
„Dagegen hat gefehlt die
Aufklärung des 18. Jahrhunderts. Sie hat alles Volkstümliche in der
Religion als Götzendienst und Aberglauben hingestellt und bekämpft und
abzuschaffen gesucht:
Die vielen Feiertage, die Darstellung des Glaubensgeheimnisses, die
Prozessionen, Wallfahrten, Bruderschaften, die Heiligenverehrung, die
religiösen Volksschauspiele, die Feldkreuze und Waldkapellen. -
Dagegen fehlt mancher Übereifrige, der am Volk zu viel erziehen, zu viel
herumdoktern will."
Er meinte seine Klage noch mit einem anderen Beispiel belegen zu sollen. Und zwar diesem.
„Als 1836 die Cholera Deutschland bedrohte und dann wirklich auftrat, wurde in einem deutschen Staat durch einen Ministerialbefehl den Pfarrern und Seelsorgern aufgetragen, sie sollten vor allem das Volk vor dem Aberglauben bewahren, als wäre die Cholera eine Strafe Gottes; denn dieser Aberglaube könne wie jeder andere nur verderblich wirken. Sie sollten das Volk über die Natur dieser Krankheit und ihre Ansteckung belehren und es vor aller Furcht und Bangigkeit bewahren."
Aber o weh, meint er weiter zu wissen;
„Die Pfarrer hatten schwere
Arbeit, denn als eine Belohnung Gottes konnte doch niemand dieses Übel
ansehen.
Und das Volk war nun einmal so, daß es an eine Weltregierung Gottes und an
göttliche Belohnung und Strafen (und Prüfungen - setze ich (Weigert)
hinzu) glaubte."
Noch ein weiteres in seiner Sicht Buhmann-Beispiel, meint er seinem Publikum offerieren zu können. Und zwar dieses:
„Bölsche, berauscht von den Erfolgen der Naturwissenschaft, hat gemeint
„Der Blitzableiter hat das Kreuz besiegt; er ist stärker als das Kreuz."
Aber, so weiter Weigert, das sei
die alte Täuschung. Aber man kann wohl vergessen, daß hinter der Natur Gott steht, von dem man immer abhängig ist."
Zwischen den Zeilen lässt also Herr Weigert durchblicken.
Egal ob ein durch Blitzeinschlag entstandener Schaden, oder eben auch eine
Cholera-Epidemie. Die möchten er und seinesgleichen, zu allererst für ihr „Theologiesieren"
verwendet sehen.
Diffuse Ängste eher verstärkend, denn dämpfend, den auf dieser Basis lässt
sich für Seinesgleichen das Geschäft der Ausbeutung am wirkungsvollsten
realisieren.
Besagter Herr hätte sich im Mittelalter auch vortrefflich als „Haus- und
Hoftheologe" der Geissler geeignet, die da auch wähnten, durch
Selbstgeisselungen ein Ungemach abwenden zu sollen. Genau auf diesem Wege, das
aber nicht erreichten. Nur durch strengste Hygiene hätten sie eine Chance
gehabt, nicht aber durch Selbstgeisselungen.
Wie die Bilder sich doch gleichen, mag man dazu nur sagen.
Man vergleiche als weiteres Beispiel auch den Fall des Herrn Philipp Mauro.
http://27093.foren.mysnip.de/read.php?27094,31513,31513#msg-31513
Nachtrag:
Noch eine Meinung zu einem etwas anders gearteten Angstschauer der Gegenwart.
Stichwort Griechenland.
Da las ich dieser Tage in einem Posting andernorts.
Ein Herr Schröder und sein Finanzminister Eichel seien die Schuldigen.
Noch so ein weiteres vollmundiges Votum.
Europaparlament, alle die da sitzen seien „abgehalfterte" zweitklassige
Politiker.
A ja, nun kann ich weder Herrn Schroeder noch seinen Finanzminister
„verteidigen". Besagter Herr Schroeder würde mir persönlich noch in anderen
Kontexten als Buhmann einfallen.
Stichwort Schroeder-Maschmeyer und noch einige Stichworte mehr.
Nur, in der Gegenwart sitzt besagter Herr Schroeder nicht am politischen
Hebel. Da sitzt halt eine andere Partei am Ruder.
Und die Entscheidungen jener anderen Partei sind die Gegenwart. Nicht die
Entscheidungen jener Partei, welche da schon zwei Bundestage lang, „weg vom
Ruder ist".
Es ist ein alter Erfahrungssatz, bei Vorgängen die auf dem ersten Blick etwas
undurchsichtig erscheinen, tut man gut auch zu fragen, wem nützen sie denn
eigentlich?
Und hat man eine Antwort darauf gefunden, ist man vielleicht schon ein Stück
weiter auf dem Erkenntnisweg.
Noch eine Reminiszenz, um die Frage nach dem „wem es nützt" noch etwas
detaillierter zu beantworten.
In Berlin (wo ich wohne) gibt es auch etliche Straßenbahnlinien. Sicherlich
sage ich damit nichts neues. Und es mag vielleicht sogar nachvollziehbar sein,
dass ich gelegentlich solche eine auch nutze, so dieser Tage wieder mal
geschehen. Und wie es der Zufall so will, die Streckenführung einer dieser
Bahnen führte just auch an einem gewissen Gebäude mit vorbei.
Das Gebäude ist die Parteizentrale der NPD in Berlin. Dieweil ich das auch
schon vordem wusste tat ich also einen Blick aus dem Fenster der Bahn. Und was
war da zu sehen?
Nun die NPD beliebte ihr Gebäude mit einem kaum zu übersehenden, nennen wir es
mal „Reklametext" zu versehen. Der kritisierte massiv den Euro. Ergo
schlussfolgere ich daraus, ihre Politik heisst auch: Raus aus den Euro.
Damit wäre schon mal eine Richtung angedeutet, wem das artikulierte
Missbehagen letztendlich nützt.
Auch ein Herr Hitler war massiver Kritiker des Versailler Vertrages. Jene
Politiker die ihn auf deutscher Seite unterzeichneten, bedachte er schon vor
1933 mit dem Stigma der „Erfüllungspolitiker", der „Novemberverbrecher" und
anderes mehr von der Güte.
Er machte es sich in seiner Polemik allerdings etwas zu einfach, als er
keinesfalls alle relevanten Aspekte mit gebührend berücksichtigte. Auch
besagte „Erfüllungspolitiker" befanden sich in einer Zwangslage. Der Text des
Versailler Vertrages, als Abschluss des ersten Weltkrieges, wurde weitgehend
von den Siegermächten diktiert. Und zu denen gehörte eben nicht Deutschland.
Hätten besagte „Erfüllungspolitiker" jenen Vertrag nicht unterzeichnet, wäre
das mit der Fortsetzung des Krieges identisch gewesen.
Nur bei einem weiter fortgesetzten - oder neu aufgeflammten Krieg - wäre
Deutschland noch weitaus größer in die „Kniee gezwungen worden". Die besagten
„Erfüllungspolitiker" entschieden sich letztendlich für das kleinere Übel für
Deutschland.
All diese Aspekte hingegen lies der Populist Hitler unberücksichtigt.
Er beutete lediglich ein vorhandenes Mißbehagen einseitig aus.
Und die Populisten der Gegenwart befinden sich auf ähnlichem Level und
befördern letztlich die Interessen der NPD und Co.
Wenn sie selbiger auch nicht organisatorisch angehören, so betreiben diese
Populisten, doch letztendlich deren Geschäfte, wie das weiland schon zu
Hitlers Zeiten zu beobachten war!
Siehe thematisch auch:
http://27093.foren.mysnip.de/read.php?27094,122756,122756#msg-122756
02. Februar 2012 05:30
„Wichtige Anzeige
Wir machen die lieben Leser des „Gold. Zeitalters auf die Erneuerung ihres
Abonnements per 1927 aufmerksam. Wer den Jahresbetrag ... noch nicht
einbezahlt hat, möchte es jetzt nachholen, ansonst er Gefahr läuft, von
der Liste gestrichen zu werden. Nicht selten treffen Reklamationen ein,
daß „Das Goldene Zeitalter" nicht erhalten wurde, was in den meisten
Fällen dem Umstand zuzuschreiben ist, daß der Abonnementspreis nicht
bezahlt war."
Nachstehend dann noch die eine Dokumentierung der wesentlichen Ausführungen des vorgenannten GZ-Artikels; basierend auf der Variante „Für unsere Zeit". Was es dazu grundsätzlich als Kritik zu sagen gilt, wurde bereits ausgeführt:
„Vor dem Ausbruch des großen Weltkrieges schien allgemeiner Weltfrieden nicht nur eine Möglichkeit, sondern sogar eine Wahrscheinlichkeit zu sein. Man erklärte, dass Beilegen von Streitigkeiten auf dem Kriegswege gehöre der Vergangenheit an, und man habe in unserer Zeit endlich entdeckt, daß es besser sei, unsere Schwierigkeiten auf dem Wege friedlichen Ausgleiches zu regeln. Man schloss Friedensverträge und baute Friedenspaläste, Gegenseitigkeit war das Schlagwort des Tages, und die Pazifisten waren in manchen Ländern nicht nur geduldet, sondern sehr geehrt. Wohl rüsten die großen Nationen zum Kriege, aber diese Rüstungen so erklärte man, dienten nur einer Befestigung des Friedens. Die Welt wollte Frieden haben „und wenn sie sich ihn erkämpfen sollte", und die Folge hat gezeigt, dass sie gekämpft hat, aber sie hat keinen Frieden bekommen."
Aber, so wähnt man:
„Alle Prophezeiungen haben eine
weltweiten Frieden vorausgesagt, und Christen haben immer um diesen
Frieden gebetet und gehofft, dass er kommen werde. Viele der großen Führer
der Welt haben sich sehr bemüht, ihn herbeizuführen. Die große Mehrheit
der Menschen wünscht ihn herbei und hat oft geglaubt ihn fast erreicht zu
haben.
Ein jeder sagte „Friede! Friede!" und doch brach mit einem Mal der größte
Krieg der Weltgeschichte aus. Andere Kriege folgten, und trotz des
Schreies nach Abrüstung haben auch heute noch die Rüstungen überall
zugenommen. Und so scheint zur Zeit wenig Hoffnung zu bestehen, dass die
Welt jemals eine Zeit erreichen wird, wo es keinen Krieg mehr geben soll.
Immer noch ruft man „Friede! Friede!" und es ist doch kein Friede. ... Man
hofft auf Frieden, und da ist nichts Gutes, auf die Zeit der Heilung und
siehe da, Schrecken" - Jeremia 8: 11,15.
Immer noch herrscht Gewalt auf Erden und friedlicher Vergleich ist - wie
man meint - nur für Schwächlinge. Wir haben einen Haager
Schiedsgerichtshof, der Völkerbund und den Weltgerichtshof, nur eines habe
nicht, nämlich Frieden. Aber nur solche Völker, die aus gewissen
zwingenden Gründen, hervorgerufen durch bestehende Tatsachen keinen Krieg
wollen, wenden sich an diese Körperschaften, wenn Abessinien durch die
großen Nationen England und Italien sich in seinen Rechten beeinträchtigt
glaubend, sich an den Völkerbund wandte, tat es dies nur deshalb, weil es
nicht hoffen kann, bei einem Kriege gegen diese Mächte etwas zu gewinnen.
Doch wenn Mussolini eine kleine Schwierigkeit mit Griechenland hat, weiß
er einen besseren Weg, um das zu erreichen, was er wünscht, nämlich, die
altgeehrte Methode der Gewalt.
So bleibt es dabei, dass wir Friedensverträge schließen und neue
Schlachtschiffe bauen, Friedenskonferenzen abhalten und neue Kriege
planen, Friedensworte kauen, aber Kriegstaten bauen. Die Welt spricht wohl
von Frieden und früheren Abrüstung, während sie tatsächlich bis an die
Zähne bewaffnet ist, angeblich zur Verteidigung des Friedens, aber in
Wahrheit für einen neuen Weltkrieg.
Tatsächlich zwingt fast eine jede Nation auf Erden, ob groß oder klein, ob
reich oder arm, ihr Volk unter ein fast unerträgliches Joch von Steuern,
nur um ein Heer unterhalten zu können und Kriegsschiffe zu bauen, die oft
schon veraltet sind, bevor sie vom Stapel gelassen werden."
Von Europa zu den USA überleitend vernimmt man:
„Die Vereinigten Staaten von
Amerika sind allerdings vorangegangen, ihre Armee auf Friedensstärke
herabzusetzen und einen Teil der Kriegsschiffe einzuziehen, und es sind
auch bei besonderen Völkern Abrüstungen zu Lande und zur See aber schon
vorgeschlagen, sind auf dürres Erdreich gefallen, so dass auch Präsident
Coolidge vor kurzem erklärte, daß wenn die Weltmächte nicht ihre
fortwährenden Rüstungen zu künftigen Kriegen einstellen würden, die
Vereinigten Staaten gezwungen seien, in einem noch nie dagewesenen Maße zu
rüsten.
Die ganze Weltgeschichte ist ein Bericht von Kriegen und Kriegsgerüchten,
von Angriffen und Aufständen von Bedrückung und Revolution. Wir sehen die
Geschichte sich wiederholen. Es ist darum kein Wunder, das viele Leute zu
der Ansicht gekommen sind, ein weltweiter Friede sei eine Unmöglichkeit.
Viele sagen, es habe immer Kriege gegeben und werde es immer geben. Sie
sagen, die Stärkeren haben immer die Schwächeren unterdrückt, und das
Gesetz vom Überleben der Tüchtigen müsse sich immer weiter auswirken.
Und diese Behauptung erscheint manchen einleuchtend."
Der destruktive Kern der eigenen Verkündigung findet sich auch in der These:
„Seit Jahrhunderten haben die
Menschen versucht, einen Zustand des Friedens herbeizuführen, aber es ist
ihnen nicht gelungen. Und in der Tat beweist die Geschichte, dass der
Menschen Bestrebungen in dieser Richtung immer fehlschlagen.
Doch Gott sei Dank, es gibt eine höhere Macht, die eines Tages eingreifen
und zustande bringen wird, was der Mensch nicht vermochte. Gott sagt durch
den Psalmisten prophetischer Weise: „Der die Kriege beschwichtigt bis an
das Ende der Erde ... Lasset ab und erkennet, dass ich Gott bin." - Psalm
46: 9,10.
Sofern es sich um die Bemühungen der Menschen handelt, ist ein allgemeiner
Weltfrieden allerdings eine Unmöglichkeit und zwar aus drei bestimmten
Gründen:
1.) Fast alle Nationen rüsten zum Kriege, und die Geschichte beweist,
dass, wo Kriegsrüstungen gemacht werden, der Krieg die Folge ist.
2.) die sogenannten christlichen Kirchen, von denen wir das zustande
bringen eines solchen Friedens erhoffen sollten, haben ihre Unfähigkeit
bewiesen.
3.) Es gibt überhaupt keine Organisation und keinen Einfluss, der mächtig
genug wäre, einen solchen Frieden herbeizuführen.
Zu dem ersten angeführten Punkte möchten wir sagen, man sollte denken, das
der letzte Krieg die Völker wenigsten etwas gelehrt, hätte nämlich das
Kriegsrüstungen den Krieg unausbleiblich nach sich ziehen. Dennoch hören
die Völker nicht auf zu rüsten. Sie werden von Furcht und Misstrauen
beherrscht. Eine jede Nation fürchtet die anderen und weiß wohl, was einer
wohlgerüstete Nation gegen eine andere unvorbereitete zu tun vermag, wenn
sie will.
Ein jedes Volk weiß, dass unsre ganze Zivilisation nur auf Selbstsucht
gegründet ist, und zwar bei den Völkern wie auch bei den einzelnen
Menschen. Ein jeder sieht nur auf seine eigenen Interessen und denkt nicht
an die Interessen anderer. Ein jedes Volk schaut über seine Grenzen und
sieht seinen Nachbarn Soldaten drillen, Schlachtschiffe vom Stapel lassen,
Flugzeuge kaufen, Munition produzieren usw. usw.
Natürlich werden dann die Führer des Volkes von Furcht ergriffen und
verlangen, das ihr Volk dasselbe tue wie die anderen. Solange die
Selbstsucht in der Welt herrscht, werden die Menschen einander misstrauen
und mit Recht eine Abrüstung für undurchführbar halten. Somit können also
die Kriege durch menschliche Bemühungen nicht aus der Welt geschafft
werden. Die Geschichte hat in zahlreichen Fällen bewiesen, dass die zum
Kriege rüsten, andere zum Rüsten zwingen und die Folge davon ist Krieg.
Das ist in genauer Übereinstimmung mit der Bibel.
Große Staatsmänner und Politiker der Welt glauben allerdings die Lage, wie
sie heute ist, meistern zu können, aber sie blicken dennoch voller Furcht
in die Zukunft.
Sie hoffen, sich auf irgendeine Weise hindurchzuwinden, aber sie sind
ihrer Sache nicht sicher. Sie fürchten sich und zittern und versuchen
einen Plan nach der andern, aber die Aussicht für die Zukunft bleibt
schwarz. Heilmittel auf Heilmittel hat man in den gegenwärtigen
Schwierigkeiten versucht, aber keine Lösung gefunden. Große Staatsmänner
haben erklärt, daß, wenn ein weiterer Krieg wie der letzte kommen würde,
unsere Zivilsation zugrunde gehen müsse. Dennoch rüsten die Nationen
weiter für den nächsten Krieg und machen ihn dadurch zur Gewissheit.
Offenbar ist es die Absicht Gottes, die Dinge ihren Gang gehen zu lassen,
damit sich die Worte Jesu erfüllen: „Alle die das Schwert nehmen, werden
durch das Schwert umkommen" (Matthäus 26: 52).
Nicht nur die konservative Klasse, die an der Herrschaft ist (gleichviel
ob Könige oder Kaiser Präsidenten oder Diktatoren, Politiker oder
Geistliche sind), hat sich Unruhe und Nervosität bemächtigt, sondern man
findet bemerkenswerte Erschütterung auch unter den Massen besonders unter
den radikalen Elementen. Gerade wie das Meer gegen die Küsten des Landes
schlägt und sie abzutragen sucht, geradeso so wütet das radikale Element
der menschlichen Gesellschaft gegen Dämme und Befestigungen, die das
konservative Element der Gesellschaft zu seinem Schutz aufgerichtet hat
und aufzurichten sucht.
Also wird das Erschüttertwerden solange dauern, bis die gegenwärtige
unvollkommene Ordnung der Dinge vollständig durch eine neue Ordnung, die
weder von den Konservativen noch von den Radikalen beherrscht werden wird,
ersetzt sein wird. Ein Element beschuldigt das andere der Selbstsucht und
sie haben beide Recht. Darum wird keiner von beiden einen Weltfrieden
zustande bringen können. Unter beider Herrschaft würden die gegenwärtigen
Zustände der Selbstsucht in dieser oder jener Form bestehen bleiben."
Als nächstes bekommt die religiöse Konkurrenz ihr Fett weg:
„Die Kirche hat fast zweitausend
Jahre gebetet:
„Dein Reich komme, dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel." Doch
anstatt den Willen Gottes auf Erden zu tun, und anstatt das Friedensreich
Christi aufzurichten, ging die ganze Welt des sogenannten Christentum im
Jahr 1914 in den Krieg und arrangierte das schrecklichste
Menschenschlachten aller Zeiten. Der Grund dafür ist, dass die Kirche
selbst verfehlt hat, den Geist des Meisters in sich aufzunehmen, und darum
auch trotz all ihres Predigens von guten Werken, niemand diesen Geist zu
verbreiten vermochte. Lassen Sie uns die Tatsachen prüfen.
Der Krieg wurde zwischen verschiedenen Nationen erklärt, die alle zusammen
„christliche" Nation waren. Hat die Geistlichkeit dieser Länder bei ihren
Regierungen gegen den Krieg Einspruch erhoben? Hat die Geistlichkeit
dieser Länder ihre Gemeinden und alle Christen aufgefordert sich zu
weigern, am Kriege teilzunehmen? Nein, im Gegenteil, sie haben sich hier
und da, direkt oder indirekt zu Kriegswerbern her, und sie forderten die
Herde auf, in den Kampf zu ziehen. Zahllose Gebete um Segen für
erfolgbringendes Töten recht vieler Menschenleben wurden von den
Geistlichen der verschiedenen sich feindlich gegenüberstehenden
„christlichen" (!) Brudervölker gebetet zu demselben Gott, er möge doch
ihre Heere Ehre segnen, damit die auch „christlich" sein wollenden
Menschen der Heere des Gegners umgebracht werden könnten.
Was war die Folge davon? Die natürliche Folge des Weltkrieges ist, dass
die „Christenheit" als Organisation nicht nur im christlichen, sondern
auch in heidnischen Ländern ein gut Teil ihrer früheren, zweifellos großen
Einflusses verloren hat.
Ja, die Kirche hat ihren Einfluss verloren und zwar mit gutem Recht. Sie
hat gezeigt, dass sie zur Führerschaft unfähig ist und nicht vermag
zusammenzuhalten; sie selbst beweist das auch durch ihre Zersplitterung in
zahlreiche Sekten. Darum haben heute die Kirchen so wenig Einfluss, dass
auch, wenn sie sich zusammenschließen würden, dieses keinen Einfluss auf
die Zustände in der Welt mehr ausüben könnte.
Wir wissen, dass man uns nicht liebt, weil wir dies alles furchtlos
aussprechen und wissen, dass alle, die sich durch unsere Ausführungen
getroffen fühlen, zum Kampfe gegen uns aufrufen.
Gott hat allen wahrhaft Geistlichen nicht geboten, einen Menschen-Frieden
zu predigen, sondern sein Königreich des Friedens zu verkündigen.
Der Völkerbund wird bereits von vielen als Fehlschlag bezeichnet und
ernsthafte Kenner der Lage erwarten seinen Zusammenbruch."
„In der Zeitschrift „Liberty" gibt S. Sutherland einen außerordentlich interessanten Bericht von einer Unterredung mit dem Präsidenten Calles von Mexiko, in welchem jener folgendes sagt:
Warum blind sein, warum sich
selbst betören wegen der Rolle, welche die römisch-katholische Kirche seit
vierhundert Jahren in Mexiko gespielt hat? Es gibt nichts Gutes für sie
auszuführen, was ihre Existenz auf Erden gerechtfertigt hätte; doch sie
ist der Fluch meines Landes gewesen, seitdem ihre ersten Priester hierher
kamen.
Man braucht nur den Verhängnissen Italiens, Österreichs, Spaniens und
Irlands nachforschen, um zu erkennen, was jene Kirche vollführte. Sie hat
sich in Politik eingemischt, ja in die Politik fast eines jeden Landes hat
sie ihre Krallen nun beinahe 2000 Jahre gesenkt. Sie machte Könige und
Dynastien und hob sie auch wieder auf. Ihre Würdenträger hatten tausend
von herrschenden Häusern, um auf den Ärmsten herumzutrampeln. Sie
organisierte Kreuzzüge, erklärte Krieg, schrieb Friedensverträge,
zeichnete und änderte die Grenzen der Welt.
Die römische Kirche ist genau bis zu dem Grade emporgeblüht, wie
Unwissenheit, Aberglaube und Bettelei vorherrschend waren. Sie bestimmte
die Sitten und die Sprache der ganzen lateinischen Welt Amerikas. Wo
Unwissenheit vorherrschend war, da war sie mächtig. Sie gedieh in der
Nacht des finsteren Mittelalters und wurde fett, ausschweifend und
liederlich auf dem Elend menschlicher Wesen.
In dem Maße wie die Welt an Zivilisation, Wissenschaft, Erkenntnis und
Kultur zunahm, schwand das Prestige, der Einfluß und die Macht der
katholischen Kirche wieder dahin.
Wo sie nicht bekehren konnte, da mordete sie. - Wo sie nicht überreden
konnte, da folterte sie. - Wo sie nicht herrschen konnte, da vernichtete
sie. - Cortez in Mexiko, Pizarro in Peru und Torquemado in Spanien sind
vollkommene Stichproben ihrer Kreuzträger und ihrer Handlungen und
Machenschaften.
Heute schmollt und ziert sie sich in ihrer Ohnmacht auf dem winzigen
irdischen Fleck, den die Welt ihr auf dem St. Petershügel noch gelassen,
gerade so wie die Welt stets das sie Bedrohende einzusperren genötigt war.
Aber sie wacht und wartet (auf das, was seit Jahrhunderten ihr Programm
war) auf eine Gelegenheit, ihre verlorene Herrschaft wieder zu erlangen.
Die ganze Welt täte besser, ein Auge auf Rom gerichtet zu halten!
Zu seiner eigenen Politik überleitend äußert er:
Und was für ein entrüstetes
Gesicht sie aufsteckt, wenn sie zu mir von Toleranz, Pressefreiheit,
Redefreiheit und Gewissensfreiheit spricht! Schatten von St. Bartholomäus!
- Lies ihre blutbefleckte, pechschwarze Geschichte - und dann noch von
Toleranz reden - freilich! -
Immer sag ich es auf's Neue, die römisch-katholische Kirche konnte nur in
dem Maße gedeihen, wie Unwissenheit und Elend um sie herum waren. Als
deshalb General Obregon und ich versuchten, etwas für unsere armen,
unglücklichen, landlosen Landsleute zu tun, da schrie das gutsituierte
Geschäft: „Bolschewismus!" Und die katholische Kirche heulte:
„Gottesleugner".
Weiter geht es in seinem Statement:
Sie mischte sich nicht in
Politik? Die römische Kirche hat während ihrer ganzen langen,
schrecklichen Laufbahn nichts weiter getan, als nur in die Politik sich
eingemischt! Schaut, was sie mit England machte, als Heinrich VIII. von
ihr abfiel. Schaut, was sie Deutschland antat, als Martin Luther voll Ekel
und Widerwillen sie verließ. Schaut hin, was man mit Savonarola machte,
als er die böse Geistlichkeit zu reformieren versuchte. Schaut, was sie
mit dem Ignaz Loyola zuerst zu tun versuchte, ehe sie einen Platz für
diesen feurigen Kämpfer in ihrer Hierarchie fand.
Blickt hin auf die Vereinigten Staaten Amerikas, was sie tat, als sie
versuchte, unser Land in einen Krieg mit Groß-Britannien zu verwickeln,
als sie ihre morastigen Horden nach Kanada sandte. Schaut nach Frankreich,
was sie dort zu tun versuchte, als jene erleuchtete Republik es müde
wurde, das kostspielige Krebsgeschwür, zu welchem die Priesterschaft
angewachsen war, länger zu ertragen. Blickt hin, was sie mit Italien
macht, seitdem ihre weltlichen Grenzen bis auf die Gebiete des Balkans
beschränkt wurden. Schaut, was sie erst kürzlich tat, als Spanien sich von
der Staatsregierung loszureißen versuchte, aber nicht die Kraft dafür
fand.
In der Tat, schaut, was diese Kirche in einem jeden Lande getan hat, das
aufgewacht, den Alp des Katholizismus von sich weichen fühlte und
hineintrat in das Licht der Vernunft und Wissenschaft. Blickt auf ihre
„Index Expurgatorius" und seht die Aufzeichnung der Männer, die die Welt
zu einem besseren Wohnplatz gemacht haben.
Wir mischen uns nicht in Politik? Warum gerade in diesem Augenblick
versuchen die „Knights of Columbus" und die organisierte Kirche der
Vereinigten Staaten Washington zu zwingen, sich mit den mexikanischen
Angelegenheiten zu befassen? Damit ein Krieg auf eine solche Einmischung
folgen möge, - doch ich beeile mich zu sagen, daß nichts dergleichen
geschehen wird, weil es hundert Millionen Nicht-Katholiken in Amerika
gibt, die es der amerikanischen Regierung nicht erlauben würden, die
Kastanien des Papstes aus dem mexikanischen Feuer zu holen, - damit
Tausende, junges amerikanisches Leben, in einem solchen Krieg verloren
gehen. Es würde einen langen, teuren und nutzlosen Konflikt bedeuten,
Steuern und Preise würden steigen und die Herzen ihrer Mütter würden in
Schmerz zerrissen werden. -
Alles dieses bedeutet nichts in den Augen der katholischen Kirche, wenn
sie nur ihre Priesterschaft hier wieder in den Sattel heben könnte."
„Ich bin der Doktor Eisenbart, kurier die Leute auf meine Art. Kann machen, das Blinde wieder geh'n, und Lahme wieder seh'n".
Wie mag es wohl kommen, dass ausgerechnet dieser Spruch mir beim lesen des
„Goldenen Zeitalters" (Ausgabe vom 1. 4. 1927) in den Sinn kam? Nun denn wenn
ein, wie er sich denn selbst so nennt „Facharzt für Biologische Heilkunst",
noch dazu unter Angabe seinen vollen Anschrift (München, Theresienstr. ...)
sich auf vollen drei Druckseiten in der genannten GZ-Ausgabe verbreiten darf,
dann ist das wohl selbst für GZ-Verhältnisse als ungewöhnlich zu bezeichnen,
obwohl man da bereits einiges gewohnt ist.
Die im „Goldenen Zeitalter" mit enthaltene konkrete Hausnummer der
Anschrift, wird hier nicht mit übernommen, da es gewisse Webseiten gibt,
welche das Internet gezielt nach Adressdaten durchforsten.
Was nun weis dieser Dr. Erwin Hof, seinem geneigten Publikum via „Goldenes
Zeitalter" mitzuteilen? Unter der Überschrift „Was, wie und wieviel esse ich?"
hat er offenbar ein besonderes Patentrezept mitzuteilen. In einem Wort
zusammenfassbar, für die er allerdings erheblich mehr Worte benötigt, heißt
dieses Zauberwort:
Fastenkur.
Es ist zwar nicht nachweisbar, dass er nun direkt Wasser predigen und selbst
Wein saufen würde. Aber auch er versäumt es nicht, sich bei seinen
Ausführungen die berühmten Hintertürchen mit einzubauen. Zum Beispiel mit dem
Satz:
„Da nur die Lebenskraft heilt, so ist es ohne weiteres klar, daß durch das Fasten wohl jede Krankheit, nicht aber jeder Kranke heilbar ist."
Bei solchen Thesen lässt dann wohl sein „Vetter", der eingangs genannte
„Dr. Eisenbart" grüßen.
Wie man das auch vom sonstigen „Kleingedruckten" in mit riesigen
Reklamelettern versehenen Verträgen kennt, gibt es auch bei diesem
„biologischen Heilkünstler" das „Kleingedruckte". Etwa mit dem Satz:
„Ist der Mensch bereits zu alt, aber seine Lebenskraft infolge Lebensschwäche, schwerer Kämpfe oder Leiden aus anderen Gründen bereits zum größten Teile verbraucht und der mit Gift und Unrat durchseuchte Körper damit schon morsch und schwach, so reicht entweder die Lebenskraft zu einer so tiefgehenden Reinigungskur, wie sie das Fasten ist, nicht mehr aus, oder der vermorschte Körper bricht unter der Flut der durch sie eingeschmolzenen Krankheitsgifte zusammen. Die Fastenkur muß also, soll sie nicht enttäuschen, mit weiser Überlegung angewendet werden, d. h. also nur auf Rat und Anordnung von erfahrener Seite."
Ob jener „biologische Heilkünstler" indes dabei wirklich der geeignete
Ratgeber ist? Die diesbezüglichen Zweifel wollen immer noch nicht weichen.
Selbst für den Personenkreis, die von vorgenannten Hintertürchen noch nicht
mit erfasst sind, hat er offenbar vorgesorgt. So weis er etwa zu belehren:
„Da der Fastende in den seltensten Fällen alle zur richtigen Durchführung der Kur unerläßlichen Voraussetzungen (richtige Pflege, Gelegenheit zu Luft- und Sonnenbädern, Massage, Wärme- und Wasserbehandlung, reine, frische Luft usw.) zu Hause vorfindet, so ist der Sanatoriumsaufenthalt dringend zu empfehlen."
Es würde denn überhaupt nicht verwundern, wenn denn in der Praxis dieses
„biologischen Heilkünstlers" gleich auch noch die „geeignet" erscheinenden
Sanatorien mit vermittelt würden (und das wohl kaum ohne Honorar).
Allerdings muss dieser Wunderdoktor einräumen, dass wohl nicht in allen Fällen
sein Patentrezept wirklich das geeignete ist. Aber er glaubt in bestimmten
Fällen durchaus „punkten" zu können. Etwa in dem:
„Was die Syphilis anbetrifft, so ist nach meiner (d. h. der Meinung dieses „biologischen Heilkünstlers") Anschauung diese Krankheit durch keine andere Heilmethode, auch keine andere biologische, so rasch und gründlich zu heilen wie durch das Fasten."
Er meint weiter sich mit der Aussage ins Rampenlicht stellen zu sollen:
„Ich habe Knochentuberkulosen, die 10, 15 und 20 mal ohne Erfolg operiert worden waren, mit e i n e r Fastenkur und Dauerumstellung auf Rohkost in einigen Wochen dauernd geheilt."
(aber auch bei diesem Satz gibt es dann noch ein Hintertürchen, denn er setzt sich wie folgt fort:
„Soweit ich sie allerdings noch heilen konnte, denn die zerschnittenen Sehnen und Nerven und die daraus entstandenen Lähmungen und Versteifungen konnte ich nicht mehr beseitigen."
Ob denn ausgerechnet Syphillis-Kranke im relevantem Umfange mit zu den
Lesern des „Goldenen Zeitalters" gehörten, mag man berechtigterweise
anzweifeln.
Aber allein schon das mit voller Adressen-Angabe im GZ dieser „biologische
Heilkünstler" sich selbst darstellen konnte, spricht Bände. Und vieles spricht
dafür, dass mittels dieses Artikels seine Praxis einen nicht unwesentlichen
Aufschwung erfuhr. Die aufnahmebereite „richtige" Klientel hat er ohne Frage
sich dazu ausgewählt!
Übrigens, es blieb nicht nur bei jenem Artikel in der GZ Ausgabe vom 1. 4. 27.
Die GZ-Redaktion war offenbar von seinen Ausführungen dermaßen angetan, das
sie ihm noch in zwei weiteren GZ-Ausgaben Raum zur Darstellung seiner
„biologischen Heilkunst" gewährte.
In diesen beiden anderen Artikel war etwa auch dieses zu lesen:
Ein eher müdes Nachwort seitens der GZ-Redaktion gab es zwar auch
Ergänzender Nachtrag:
Ein User meinte andernorts am 12.04.2010, 19:39
„Dr. Erwin Hof verstarb kurze
Zeit darauf im Jahr 1928. Er erreichte mit 47 Jahren selbst für damalige
Verhältnisse ein unterdurchschnittliches Lebensalter. Woran er gestorben
ist, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Ein Jahr vorher schriebe er
noch dies:
Zitat von GZ vom 15. Juli 1927, S. 218-219
„Ich bin 46 Jahre alt, von muskulösen Körper und nehme es mit jedem jungen
Menschen in jedem Sport auf."
http://forum.sektenausstieg.net/showthread.php?11518-ZJ-und-Medizin/page4&highlight=Erwin
Dann mache man sich mal so einen Reim auch auf seine nachfolgende Aussage:
Siehe bei Bedarf auch:
Goldene Zeitalter
1. 4. 1927
Goldenes Zeitalter
15. 7. 1927
Goldene Zeitalter
1. 8. 1927
„Seit fünfzehn Jahren habe ich Weintrauben gebaut. Der Ertrag war ungefähr immer derselbe bis zum Jahre 1925 wo er sich ungefähr um das Dreifache vermehrte. Meine Weinstöcke trugen so schwere Früchte, daß ich sie anbinden und stützen mußte. Wo ich früher eine Traube geerntet hatte, erntete ich in diesem Jahre drei.
Weiter geht die Story mir der Aussage:
Alle meine Bekannten bemerkten
es und fragten mich, womit ich diese große Zunahme des Ertrages erzielt
habe. Ich mußte ihnen sagen, daß ich es selbst nicht wisse. Ich hatte
nichts anderes zur Pflege meines Weines getan als in den vorhergehenden
Jahren. Je mehr ich darüber nachdachte, umso verwunderlicher kam es mir
vor.
Eines Morgens, als ich den Boden unter den Weinstöcken von dürrem Laube
säuberte, bemerkte ich in diesem Laube Tausende von toten Insekten. Das
war merkwürdig, denn in früheren Jahren hatte ich bemerkt, daß der Boden
unter den Weinstöcken oft von lebenden Insekten wimmelte. Ich sah nun
jeden Morgen nach, und fand tatsächlich an jedem Morgen eine Menge toter
Insekten, die offenbar in der Nacht zugrunde gegangen waren. Und mit der
Hand durch die Weinranken streifend, konnte ich nur ganz wenige
Wanzenkäfer finden, die sonst in Fülle dagewesen waren, und die sich bei
der Hitze des Tages in dem Laube der Weinstöcke verbargen und des Nachts
den Saft aus den Weinstöcken sogen und ihnen schadeten. Was ich aber fand,
war eine Menge toter Mücken und Insekten, die noch nicht abgefallen waren.
Auch das versäumt jener Berichterstatter via GZ nicht noch hinzuzufügen:
Dies alles war mir rätselhaft.
Wenn ich auch weiß, daß wir in das goldene Zeitalter eintreten, wo sich
der Ertrag der Erde mehren wird, so mußte ich doch erkennen, daß diese
Mehrung des Ertrages eine andere und natürliche Ursache haben mußte. Darum
setzte ich meine Untersuchungen dieser merkwürdigen Erscheinung fort. Ich
konnte mir nicht erklären, warum Insekten, die in meine Weinstöcke kamen,
stets, bevor ein neuer Tag kam, ihr Leben lassen mußten.
Schließlich bemerkte ich, daß die Radioleitung meines Nachbars über die
ganze Länge meines Weingartens hinging; und es schien mir, als ob die
Spannung der Leitung, wenn sie des Abends, wenn er seinen Radioapparat
anstellte, in Schwingungen versetzt wird, einen zerstörenden Einfluß auf
das Leben der Insekten in ihrer unmittelbaren Nähe habe. Ich befragte
einen Sachverständigen, und er bestätigte meine Meinung. Ebenso erscheint
es möglich, daß die Radiowellen noch außer dem zerstörenden Einfluß auf
die Insekten, die die Säfte aus dem Weinstock saugen, einen guten Einfluß
auf das Wachsen des Weines haben. Zweifellos läßt sich die ganze Wohltat
des Radio heute noch gar nicht ermessen. Alles liegt noch in den
Kinderschuhen.
„Eine wunderbare
Vervielfältigung der Getreideernten ...
Die Tragik jedes wahren Fortschritts scheint zu sein, daß er langer
Zeiträume bedarf, um sich durchzusetzen. Die Schnelligkeit allen
Scheinfortschrittes steht dazu in komischen Gegensatze. Erst die Not muß
den Widerstand der Menschen brechen. Die nicht zu verkennende Notlage
unsrer Landwirtschaft macht die Zeit und die Gemüter der Menschen günstig.
Die Notwendigkeit einer Neubelebung und Stärkung der Landwirtschaft wird
immer mehr als unaufschiebbar erkannt. Darin herrscht Übereinstimmung von
der Deutschnationalen Volkspartei über die Demokraten bis hin zur
Sozialdemokratie. Zwar sind die sprichwörtlich gewordenen Klagen der „notleidenden
Landwirtschaft" nicht neu. Sie datieren bereits seit dem denkwürdigen
Übergange der deutschen Wirtschaftspolitik vom Freihandel zum Schutzzoll
im Jahre 1879 unter Bismarcks Aera. Ohne allerdings leider die
finanziellen Nöte beseitigen zu können, hat die deutsche Landwirtschaft in
den nachfolgenden Jahrzehnten eine erstaunliche Kraft bewiesen. In den
Jahren 1882 bis 1914 ist ohne Vergrößerung der Anbaufläche der Ertrag der
Getreideernten von 11 Millionen auf 28 Millionen Tonnen gesteigert worden.
Leider haben die Nachkriegsjahre diese Höhe infolge vieler ungünstiger
Umstände noch nicht wieder erreichen können. Viele glauben, daß damals der
Höhepunkt aller Intensivierung erreicht war. Aber schon zeigen sich neue
Möglichkeiten der Steigerung, z. b. die sich immer mehr ausbreitende
Hackkultur.
Nach dieser Einleitung geht es weiter mit der Aussage:
„Diese Intensivierung wird aber
durch eine neue und dennoch uralte Methode - sie wird von den Chinesen
schon seit Jahrtausenden angewendet - in den Schatten gestellt. Namentlich
dem kleinen Landwirt mit wenig Grundbesitz und zahlreicher Familie ist sie
von größtem Nutzen. Diese ostasiatische Methode erzielt mit intensivster
Menschenarbeit auf kleinstem Raume ein Höchstmaß des Ertrages, das jenes
unserer üblichen Feldbestellung auf gleicher Bodenfläche um ein Vielfaches
fast unglaublich übertrifft. Wir müssen unser Getreide pflanzen lernen,
jawohl pflanzen, wie man Salat, Kohl und sonstiges Gemüse pflanzt. Es ist
bekannt, daß die Verwöhnung und Überfütterung unserer Kulturpflanzen mit
künstlichen Düngesalzen zu einer gewissen Schwächung der Wurzelbildung
geführt hat. Der Chinese hingegen legt besonderen Wert auf kräftige
Wurzelbildung.
Das Samengetreide wird in Anzuchtkästen oder -beeten dicht ausgesät, in
unserem Klima etwa Ende Juli bis Mitte August. Wenn die Pflänzchen ca. 12
- 15 cm hoch sind, am ersten Halmknoten das 3. oder 4. Blatt erscheint,
werden sie einzeln in die für die Ernte bestimmten Felder umgesetzt und
bis über den ersten Stengelknoten, ca 2-3 cm tiefergepflanzt, sodaß er 1-2
cm mit Erde bedeckt ist und sich aus ihm besondere Adventivwurzeln
entwickeln können. Vom Gemüsebau kennen wir ähnliche Tätigkeit unter dem
Namen „pikieren". Nach dem Umpflanzen werden die jungen Pflänzchen
begossen, am besten mit verdünnter Jauche. (1:6)
Viel Wintergetreide soll das Begießen bis in den Herbst hinein fortgesetzt
werden, im Frühjahr dann allerdings unterbleiben, je mehr Dung, umsomehr
Ertrag. Nach kurzer Zeit des Stillstandes, während dessen die Pflanzen
„trauern", entwickelt sich eine kräftige Bewurzelung mit mehreren Bündeln
übereinandergeschichteter Wurzeln, die auch tiefer als gewöhnlich in die
Erde eindringen."
Als weiteres Detail wird belehrt:
„Bei dieser überreichen
Bewurzelung und späteren Bestockung müssen freilich die Entfernungen der
einzelnen Pflanzen erheblich weiter als bei unserer üblichen
Ackerbestellung sein, etwa 20-30 cm, je nach Art und Boden. Am besten
geschieht das Pflanzen in schachbrettartigen Reihen oder Bändern. Die
spätere Bearbeitung wird dadurch sehr erleichtert. Geht die Entwicklung
kräftig voran, so werden die Pflanzen im Laufe des Herbstes leicht
behäufelt, wobei die Mitteltriebe schwach mit Erde bedeckt werden. Die
letzte herbstliche Behäufelung, etwa 4 cm hoch, soll ca. 14 Tage vor
Beginn der eigentlichen Frostperiode erfolgen. Die leichte Behäufelung
wird auch im Frühjahr wiederholt. Wo der Boden schnell verkrustet, muß er
im Herbst und Frühjahr wiederholt leicht behackt werden.
Der kräftigen Bewurzelung unter der Erde entspricht eine erstaunliche
oberirdische Bestockung."
Als Resultat meint man verkünden zu können:
„Während bei unserer üblichen Kultur aus einem Samenkorn höchstens 5 Sprossen hervorgehen, entsprießen hier 6-10 mal soviel; einzelne Versuche ergaben sogar bis 120 Ähren aus einem Korn. Dabei trägt jeder Halm eine fast doppelt so große Ähre mit einem Durchschnittsertrage von 100 Körnern, deren Tausendkorngewicht bis 40 gr. beträgt. Zum wenigsten erwartet man bei Winterroggen durchschnittlich 25 Ähren, bei Winterweizen 35 Ähren von doppelter Länge mit je 90 bis 100 schönen vollen Körnern. Die allgemeine Kräftigung bewirkt, daß die Pflanzen sowohl Frost wie Hitze und Dürre weit besser als unser gewöhnliches Getreide überstehen. 110 Doppelzentner Weizen auf einem Hektar Ernteertrag sind keine Seltenheit. Prof. Dr. Strecker in Leipzig erzielte auf einem Versuchsfelde, allerdings unter sehr günstigen Bedingungen, sogar 240 Doppelzentner auf dem Hektar. (Kein Druckfehler!) Das klingt paradiesisch und unglaublich, ist aber durch vielfache Versuche als Wirklichkeit bestätigt."
Dann kommt wieder mal, das zu erwartende „Kleingedruckte":
„Die geniale Einfachheit dieser
Methode, die freilich den verschiedenen Gegenden und Bedingungen durch
praktische Erfahrungen angepaßt werden muß, besteht
1. In der Aussaat des Getreides in Anzuchtstätten oder -beeten,
2. In der Umpflanzung und Erweiterung des Zwischenraumes zwischen den
einzelnen Pflanzen und
3. Im Behäufeln, Dungguß und Behacken.
Als Referenzen meint man verweisen zu können:
„Kein Geringerer aus Justus von
Liebig hat diese gärtnerische Ackerkultur der Chinesen bereits gekannt und
gepriesen. Fürst Kropotkin vor vielen Jahrzehnten empfohlen, Demtschinsky
für unsere Klimate wissenschaftlich ausprobiert. (Demtschinsky, „Die
Vervielfältigung und Sicherstellung der Ernteerträge", Verlag Paul Parey,
Berlin.)
Der erfinderische Menschengeist hat auch hier schon durch Maschinen die
mühseligste Arbeit abgenommen, namentlich spielt die von Reyenburgische
Bodenfräse, System Siemens-Schuckert, eine große Rolle, die in einem
Arbeitsgange alle notwendigen Feldvorbereitungen erledigt. Der
Gesamtarbeitsaufwand ist nicht größer, eher kleiner als bei der üblichen
Feldbestellung. Etwa ein halber bis ein ganzer Hektar Boden könnte zur
Ernährung einer Familie genügen."
Die Belehrung setzt sich fort mit der Aussage:
„In der Nähe der Industriezentren und der großen Städte läßt sich die Intensität der Landwirtschaft durch rationellen Gemüse und Obstbau noch viel mehr steigern. Die gärtnerische Meisterschaft europäischer Nachbarvölker kann uns hier als Vorbild dienen. ... Hoffentlich wird das Treibhaus bei uns bald zu den notwendigen Zubehör jeder Wirtschaft zählen. Dann ließen sich 6 - 9 Ernten innerhalb eines Jahres auf demselben Stück Boden ermöglichen. In Österreich wurden bereits mit staatlicher Hilfe wohlgelungene Versuche mit solchen Getreidegärtenkolonien gemacht. Wunderbare Aussichten für unsere Siedlungsbestrebungen eröffnen sich hiermit. ..."
Und fast hätte man darauf gewartet. Dieser Artikel kann es sich nicht versagen, dann mit den Schlusssätzen zu enden:
„Ist nicht auch in dem hier geschilderten wieder ein Zeichen zu erblicken? Eine Erfüllung jenes Prophetenwortes (Hesekiel 36: 29-39):
„Und ich werde das Getreide herbeirufen und es mehren, und keine Hungersnot mehr auf euch bringen; und ich werde die Frucht des Baumes und den Ertrag des Feldes mehren, auf daß ihr nicht mehr den Schimpf einer Hungersnot traget unter den Nationen."
Als Nachwort darf man dann wohl noch anmerken. Bereits seit Russell's
Wunderweizern-Story, ist ja die diesbezügliche Euphorie bekannt. Im
nachschauendem Rückblick ist aber auch bekannt, dass jener „Wunderweizen" dann
zur „Seifenblase" mutierte. Es drängt sich der Verdacht auf, es hierbei mit
einer variierten Neuauflage selbiger Sache zu tun haben. Was denn an dem
Bericht „dran" ist, werden wohl nur landwirtschaftliche Fachleute beurteilen
können. Vielleicht lautet deren Urteil dann auch:
Erfindungen - auf welche die Welt gewartet hatte. Und sie dennoch nicht zu
gebrauchen vermag!
„Es wird uns von einem berühmten Arzte berichtet, der das Alter von 98 Jahren erreichte. Er verwendete statt Zucker nur Honig zum Süßen der Speisen, weil er, wie er sagte, so lange wie möglich leben und sich, solange er lebte, wohl fühlen wollte. Er schrieb:
,Es würde den Gesundheitszustand der jetzigen Generation außerordentlich heben, wenn der Honig wenigstens teilweise wieder zu einem allgemeinen Nahrungsmittel gemacht werden könnte. Das fast allgemeine Verlangen nach Süßigkeiten irgendwelcher Art beweist, daß der Körper ein wirkliches Bedürfnis in dieser Richtung hat. ... In dem wunderbaren Laboratorium des Bienenstockes finden wir eine Süßigkeit, die keines Verdauungsprozesses bedarf. So sorgfältig ist sie von den wunderbaren kleinen Chemikern, den Bienen, bereitet, daß sie niemals den Magen oder die Nieren belasten wird."
Mit dieser Aussage war das Thema für das GZ offenbar noch nicht beendet. In der GZ-Ausgabe vom 1. 5. 1927, gibt es dazu noch einen „Nachschlag" (die Imker werden das sicherlich zu schätzen gewusst haben). Diesmal meint man unter der Überschrift „Der Honig - ein vernachlässigtes Nahrungsmittel" zu wissen. Und nachfolgendes wird Kommentarlos zitiert. Ob es den ein „Patentrezept" ist oder nicht, diese Frage mag denn jeder für sich selbst beantworten:
„Mit Rücksicht auf den
Gesundheitszustand unseres Volkes und besonders auch unserer arg geplagten
und gehetzten Großstadtbevölkerung ist dies (das in den Hintergrund treten
des Honigs) sehr zu bedauern, denn unsere Vorfahren wußten recht gut, was
für ein vortreffliches Heil- und Vorbeugungsmittel gegen mancherlei
Krankheiten und Beschwerden ihnen in dem Honig gegeben war; deshalb
schätzten sie ihn hoch und räumten ihm in Küche und Vorratsraum den ersten
Platz ein. Und das mit vollem Recht; denn durch seinen Gehalt an Frucht-
und Traubenzucker, Vitaminen und Ameisensäure, Eisen, Kalium, Magnesium,
Natrium, Phosphorsäure und anderen für den Aufbau und die Funktion des
menschlichen Organismus unentbehrlichen Stoffen besitzen wir in dem Honig
in der Tat ein allererstes Genußmittel von höchster Heilkraft, das
besonders in der gegenwärtigen, an Epidemien der verschiedenen Art
überreichen Zeit in viel ausgiebigerem Maße als tägliches Nahrungsmittel
benutzt werden sollte, als es vereinzelt hier und da der Fall ist. -
Ein oder mehrere Teelöffel Honig in einem Glase heißen Wassers aufgelöst
und, wenn möglich, den Saft einer halben Zitrone hinzugetan, sind selbst
in Fällen schwerster Erkältungskrankheiten mit hohem Fieber von geradezu
erstaunlicher Wirkung; eine solche Lösung, mehrmals am Tage eingenommen,
drückt hohe Fiebertemperaturen wirksamer und vor allem nachhaltiger als
alle chemischen Mittel, die in solchen Fällen mit Vorliebe angewendet
werden, nieder. Auch in der Rekonvalenz gibt es nichts Besseres als
reichlichen Genuß des Bienenhonigs, gleichgültig ob in Wasser gelöst oder
in der natürlichen, zahlflüssigen Form; die Verdauuung wird dadurch
gefördert, die Darmtätigkeit angeregt, die Nerven werden beruhigt, das
Blut wird gereinigt und der ganze Körper in seinen Funktionen mächtig
gestärkt. Regelmäßiger Honiggenuß abends vor dem Schlafengehen schafft
selbst dem nervösesten Menschen, der sonst vielleicht erst nach
stundenlangen Liegen einschlafen konnte, schon nach kurzer Zeit
erquickenden traumlosen Schlaf. Bei allen akuten oder chronischen
Erkrankungen des Magens, des Armes, der Schleimhäute und verschiedener
Drüsen, bei nervöser Überanstrengung und Mattigkeit, bei
Entwicklungshemmungen der Jugend, Bleichsucht und Blutarmut,
Gelenkrheumatismus, Arterienverkalkung, Asthma u. v. a. hat sich der Honig
vorzüglich bewährt und bei regelmäßigem Genuß schon nach kurzer Zeit zu
überraschenden Erfolgen geführt. Mir (dem GZ-Schreiber) sind zahlreiche
Fälle bekannt, in denen jahrein, jahraus regelmäßig wiederkehrend,
chronische Erkältungskrankheiten mit ihrem weniger gefährlichen als
lästigem Gefolge wie Halsentzündungen, Schnupfen, Bronchitis und sonstige
Leiden speziell der Schleimhäute durch längeren Genuß von Honig gänzlich
verschwunden sind, ohne jemals - sei es auch nur in kurzen Anfällen -
zurückzukehren. Selbst der mit Recht so gefürchteten Diphteritis ist in
dem reinen Bienenhonig ein Vernichter entstanden, der leider noch viel zu
wenig gewürdigt und anerkannt wird.
So berichtet u. a. Weigert (Blätter für die deutsche Hausfrau 1926, 30)
über einen Fall in seiner näheren Verwandtschaft, wo ein kleines an
Diphtheritis erkranktes Mädchen, das bereits von allen Ärzten aufgegeben,
mit dem Tode rang, nach längerer Honigkur gerettet und völlig
wiederhergestellt werden konnte. Ähnliche Fälle sind in letzter Zeit auch
von anderer Seite berichtet worden, und nach den Erfahrungen, die ich (der
GZ-Schreiber) selbst von der starken Heilwirkung des Honigs machen konnte,
nicht weiter erstaunlich. Auch noch auf die wirklich einzigartigen,
prompten Erfolge einzugehen, die gerade in letzter Zeit mit einer Honigkur
auch bei schweren Lungenleiden gemacht wurden, muß ich mir leider aus
Raummangel versagen. Doch kann ich (der GZ-Schreiber) den Ausführungen des
Herrn Dr. Harald nur vollinhaltlich zustimmen, wenn er sagt, daß es ihm
stets ein Gegenstand des Verdrusses sei zu sehen, mit welcher
Geringschätzung die breiten Volksmassen den für unsere Gesundheit so
außerordentlich wichtigen Honig beurteilen, während sie dagegen auf der
anderen Seite recht beträchtliche Summen für die verschiedensten
sogenannten „Nährsalze" ausgeben, die sich - zwar nicht immer - aber oft
als reinster Schwindel entpuppen
[Hervorhebung nicht im Original]. Die Mahnung ist
in der Tat dringend erforderlich, erst einmal auf die natürlichen Produkte
zurückzugreifen, die unserem Organismus all das geben, was er braucht, und
alle sonstigen Surrogate durchaus überflüssig machen."
[Redaktionelle Nachbemerkung. Vorstehend zitiertes stellte die Auffassung des „Goldenen Zeitalters" dar, so wie sie in der genannten Ausgabe enthalten ist. Eine Gewähr für darin enthaltene substanzielle Aussagen, wird in keiner Weise übernommen.]
Dieses im „Goldenen Zeitalter" vom 15. 5. 1927 veröffentlichte Bild, inspirierte offenbar die GZ-Redaktion einen etwas umfänglicheren Kommentar dazu mit hinzuzufügen. Wie man unschwer erraten kann hielt die GZ-Redaktion eine Überschrift wie:
„Erfüllte Prophezeiung - ein unumstößlicher Beweis der Aufrichtung des Königreiches Gottes"
für angemessen.
Zu den Binsenweisheiten dieses Kommentares gehören dann auch solche Sätze wie:
„Eine Prophezeiung kann erst verstanden werden, wenn sie erfüllt oder im Verlauf der Erfüllung ist."
Bösen Zungen fällt da unwillkürlich der Spruch von dem auf dem Mist
krähenden Hahn ein, dessen Gekrähe man auch so zu deuten vermag:
„Das Wetter ändert sich - oder es bleibt so wie es ist."
Das wiederum - man ahnt es schon - würde die GZ-Redaktion nie auf sich sitzen
lassen, wähnt sie doch „handfestere Beweise" zu haben. Zum Beispiel die
Bibelstelle Jesaja 60:8 in der laut GZ zu lesen ist:
„Wer sind diese, die wie eine Wolke geflogen kommen, und gleich Tauben zu ihren Schlägen?"
Dazu meint dann das GZ zu wissen:
„Niemand hätte vor der Erfüllung dieser Prophezeiung wissen können, was das Prophet hier meinte"
; womit man den wieder beim auf dem Mist krähenden Hahn angelangt wäre.
Fatal nur dass sich mit solchen „Misthähnen" kein sonderliches Geschäft machen
lässt. Was wäre denn eine Jahrmarktsbude ohne lautstarken Anpreiser:
„Komm' sei rein, komm' se rein. Hier werden sie genauso beschissen wie
nebenan." Das muss wohl auch dem GZ-Schreiber im Unterberwusstsein gedämmert
haben. Denn in demselben Artikel rühmt er sich auch, dass die von ihm
vertretene Organisation im Jahre 1926 allein in Deutschland 3.300.00 Bücher
und Broschüren und 12.000.000 Traktate verbreitet hätte. Solche Umsätze lassen
sich wohl schwerlich bewerkstelligen, hat man nur krähende „Misthähne" zu
offerieren.
Und damit das geneigte Publikum vor lauter Staunen das Maul nicht mehr
zubekommt, weis der GZ-Schreiber zu berichten:
„Doch das Hereinbrechen der Zeit des Endes dieses Zeitalters brachte uns die Wunder der Technik, und zu ihnen gehört das Flugzeug..."
Na wenn das mal kein Highlight für Unbedarfte ist!
Sein Publikum weis der GZ-Schreiber offenbar richtig einzuschätzen, denn er
hat noch einen zweiten Kassenschlager dieser Güte mit auf Lager.
Diesmal muss der Bibeltext Hiob 38, 34, 35 herhalten, der denn laut GZ lautet:
„Kannst du deine Stimme zum Gewölk erheben ... Kannst du Blitze entsenden, daß sie zu dir sagen: Hier sind wir."
Und da wähnt sich der GZ-Schreiber so richtig in seinem Element, wenn er denn weiter tönt:
„Nichts besser könnte man eine Erfindung der neuesten Zeit schildern, nämlich das Radio. Durch die Radio-Wellen wird es möglich gemacht, die Stimme eines Menschen Hunderte von Meilen weit zu vernehmen."
Derart euphorisch eingestimmt, und im Bewusstsein, das eigene Geldsäckel
ist ausreichend gefüllt; war es besonders in „God's own Country" das besondere
Anliegen, dieser Propheten, die Radiotechnik, auch für die eigenen
Propagandabelange einzusetzen. Und für Money ist in „God's own Country" vieles
möglich. Auch das, mit abstrusen Religionsthesen der Mitmenschheit, auch
ungebeten „auf den Keks" zu gehen.
Zwar sah dass die religiöse Konkurrenz nicht so gern. Aber bis sie es dann
geschafft hatte, Rutherford wieder aus dem Radio zu vertreiben, vergingen
einige Jahre. Mit Sicherheit war ihnen das im Jahre 1927 noch nicht möglich.
Mag es auch marginale Unterschiede bei diesen Jahrmarktsverkäufern geben.
Eines eint sie wohl allesamt:
„Komm' sei rein, komm' se rein. Hier werden sie genauso beschissen wie
nebenan."
„Im Jahre 1844 fand eine
Ausstellung des heiligen Rocks zu Trier statt. Ein Sturm der Entrüstung
ging damals durch die gebildetere katholische Welt Deutschlands. Über eine
halbe Million Katholiken traten aus der römischen Kirche aus (F. Jaskowski),
60.000 davon bildeten unter Führung des kath. Pfarrers Ronge die
Deutsch-Katholiken. Eine im amtlichen Auftrage geführte Untersuchung durch
die Prof. Sybel und Gildemeister ergab die Unechtheit des Rockes, also
Betrug. Letzterer geht schon daraus hervor, daß außer in Trier noch vier
Exemplare, alle mit der päpstlichen Bulle der Echtheit versehen, vorhanden
sind: in Argenteuil, St. Jago, Rom, Friaul!
1891 fand wiederum die Ausstellung statt. Da legte der kath. Geistliche F.
Jaskowski im Bezirk Trier seine Entrüstung in einer Schrift nieder:
Verlauf und Fiasko des Trierer Schauspiels, H. Klingebeil, 1891. Er
bezeichnete sich als ultramontanen Geistlichen und übt eine vernichtende
Kritik aus. Er schreibt im Auszug:
Bischof Korum ließ noch einmal
durch zwei zur Verschwiegenheit verpflichte Geistliche, davon einer ein
Jesuit, den Rock untersuchen und machte die Protokolle bekannt. Danach
wurden ein Ober- und Untergewand, dazwischen ein völlig zerrissener
Lappen, der angebliche hl. Rock, völlig vom Schimmel bedeckt, dem Gewölbe
entnommen, gereinigt und genäht. 1876 hatte der Domherr v. Wilmowski den
angeblichen Rock für Futter des Obergewandes erklärt. Der Papst hatte
einen vollkommenen Ablaß gewährt unter gewissen Bedingungen. Außer einem
einladenden Hirtenbrief hatte der Bischof in einem anderen um Geldopfer
für den Dom und für den Papst gebeten. J. bemerkt, der Dom habe Millionen
ausgeliehen, und der Jesuit Margotti habe den Papst für den reichsten
Souverän erklärt. Während der Vorbereitungen wurde auch der hl. Rock in
Argenteuil ausgestellt. Beide Bischöfe versicherten sich, daß jeder den
echten Rock habe! Bei der Eröffnungsfeier im Dom war kein katholischer
Fürst zugegen, kein höherer katholischer Beamter, keiner der 50 deutschen
Bischöfe, nur zwei Ausländer.
So kam viel Volk aus den niedrigsten Ständen. Landleute, Arbeiter,
Dienstboten, andere waren nur vereinzelt zu sehen. Die Pilger stammten zum
größten Teil aus dem Bezirk Trier und dessen Nachbarschaft, im ganzen in
45 Tagen 1.000.000. Trotz der Eisenbahnen dieselbe Zahl wie 1844. Der Rock
mit den anderen Gewändern war in einem Glasschrank hinter dem Altar in
einem Bündel aufgehängt, der Schrank hatte an beiden Seiten eine Öffnung,
durch welche je ein Geistlicher, Rosenkränze, Bilder usw. der Pilger einen
Augenblick an das Bündel hielt. Die Pilger schritten zu zweien zunächst an
zwei mächtigen Opferkästen, dann an dem Schrank vorbei, vor dem ihr für
den einzelnen nur etwas mehr als eine Sekunde Aufenthalt gelassen war,
jeder konnte nur einen Blick auf das Bündel werfen, beim Abgang mußten sie
noch einmal an einem Opferkasten vorbei. (1844 saßen am Ausgang zwei
Geistliche am Kassentisch; Beschreibung eines ehemaligen
Jesuitenzöglings). Die Pilger waren fast durchweg arme Leute, die Trier
verließen, ohne für einen Pfennig verzehrt zu haben; sie brachten sich
kärglichste Lebensmittel mit und tranken Brunnenwasser, reisten nach ein
paar Stunden wieder ab. Die Geschäftsleute hatten alle Preise
hochgetrieben, sahen sich getäuscht, für viele wurde die Spekulation zum
Ruin.
J. schließt mit den Worten:
„Nur einen Erfolg scheint das Trierer Schauspiel zu haben. Die Schatullen für den reichen Dom und für den armen Heiligen Vater sind gefüllt; allein, da dieses Opfergeld zum großen Teil vor Armen und Notleidenden gespendet, so ist dieser pekuniäre Gewinn kein Erfolg, sondern eine Niederlage in moralischer Hinsicht!"
Ein braver Christ. Mir ist unbegreiflich, daß die Staatsanwaltschaft nicht eingeschritten ist; sie tut es doch sonst bei solcher Massenausbeutung. Kirchenprivilegien hören doch auch auf, sobald sie mit der christlichen Moral in Konflikt kommen! Der Reliqienhandel ist von Gregor I. (600 n. Chr.), dem Erfinder des Fegefeuers, eingeführt worden."
Siehe zum Thema unter anderem auch:
Mysnip.35677
„Wir sind der absoluten Überzeugung, daß die Zukunft der Naturheilkunde gehört ..."
Da haben sich also die rechten Partner gesucht und gefunden.
„Dr. Eisenbart" (alias Dr. Erwin Hof) ist aber offenbar ein vorsichtiger Mann,
denn wiederum baut er in seine Ausführungen seine bereits bekannte
salvatorische Klausel mit ein:
„Ich behaupte, daß jede Krankheit heilbar ist, wohl zu beachten, jede Krankheit, nicht jeder Kranke!"
Das könnte wohl sein Stammvater, der „Dr. Eisenbart", auch nicht besser
gesagt haben, denn zu dessen Künsten gehörte es ja auch Blinde gehend zu
machen, und Lahme sehend.
Es ist offenkundig, dass die Dr. Hof's und Co, welche sich auch mit dem
Umstand herumschlagen müssen, dass ihre Dienstleistungen nicht von allen
Krankenkassen anerkannt und bezahlt werden. Sie also ihre Patienten selbst und
direkt zur Kasse bitten müssen (in nicht wenigen Fällen). Das bei denen
durchaus so etwas wie Neid auf die an den Krankenkassen-Krippen sitzende
Schulmedizin aufkommt. Auch dieser Dr. Hof blieb offensichtlich vor diesem
Frust nicht verschont.
Wie bei ihm und seinesgleichen zu erwarten, spart er denn nicht an
Plattitüden. An Sätzen, welche in nicht wenigen Fällen auch die Schulmedizin
zu unterschreiben vermag.
So weis er beispielsweise mitzuteilen: „Weiterhin sind es die
Genußgifte Alkohol und Tabak, die in hohem Maße gefäßschädigend wirken."
Wird das von der Schulmedizin „bestritten"? Wohl kaum.
Zu seinen auch von der Schulmedizin bestätigten Plattitüden gehört dann wohl
auch der Satz:
„Auch jede dauernde körperliche und geistige Überanstrengungen, dann Kummer, Leid, Ärger, Sorgen, kurz alle psychischen Aufregungen, durch die das Kreislaufsystem ständig aufgepeitscht und zu anormalen Mehrleistungen gezwungen wird, führen ebenfalls zur frühzeitigen Schwächung und Abnutzung der Gefäße und ihrer Verkalkung."
Bestreitet diesen Satz nun die Schulmedizin? Wohl kaum. Wer solcherlei
Plattitüden nochmals, Honorarpflichtig, gesagt bekommen möchte, kann dies
natürlich tun. Davon leben ja die „Dr. Hof's und Co" und in der Regel leben
sie davon wohl nicht schlecht.
Seinen Frust über die Schulmedizin lässt dieser Dr. Hof dann eher in
Nebensätzen durchklingen.
Etwa in dem:
„Ist es nicht eine Schmach, daß in einer Zeit, in der mit größter Tatkraft alle in unserem Volke vorhandenen Kräfte gesammelt und erhalten werden müßten und in der in inmitten aller Volksschichten auch kraftvoll für dieses Hochziel gearbeitet wird, sich im Hartmannsbund, ein Bund von Ärzten zusammengeschlossen hat g e g e n die Abstinenzbewegung?"
Und das interpretiert er dann so:
„Und dann wundert man sich auf Seiten der Staatsmedizin, wenn das Volk in Massen ihr entflieht und zur Volksmedizin übergeht? - Nicht aus Bosheit, Dummheit oder mangelhafter Gesetzgebung ist die Volksmedizin entstanden, sondern aus tiefster Not des Volkes heraus, weil die offizielle Hüterin der Volksgesundheit, die Staatsmedizin, eben so mannigfaltig versagte. Nur wenn der Schmied nichts taugt, geht man zum Schmiedel. Hochmütig und gehässig erklärt die Staatsmedizin jeden, der mit nicht anerkannten Heilmethoden oder ohne Approbation zu heilen wagt, trotz glänzendster Erfolge für einen Kurpfuscher. Ich sage: Ein Kurpfuscher ist der, der eine Kur verpfuscht. Ob er approbiert ist oder nicht, oder mit einer Methode heilt, die von der rückständigen, auf einer ganz falschen Weltanschauung aufbauenden Staatsmedizin noch nicht erfaßt worden ist, das spielt dabei keine Rolle."
Da hatte also die „Schulmedizin" das gesagt bekommen, was sie sich „hinter
den Spiegel stecken kann". Sie sei eben „Rückständig". Wahrscheinlich wohl
auch, weil die Hof'sche Fastenkur gegen Syphilis immer noch nicht Eingang in
die offiziellen Medizinlehrbücher gefunden hat.
Ein Glück für diesen Dr. Hof, dass er da im „Goldenen Zeitalter" den
geeigneten Partner gefunden hat, wo er sich denn auch mal ausweinen darf!
Das Thema nun, dass dieser „Dr. Eisenbart" in dieser GZ-Ausgabe im besonderen
aufgenommen hat, ist das der Arterienverkalkung, mit ihren schlimmen
Folgewirkungen, wie etwa Schlaganfällen und ähnlichem.
In diesem Kontext weis er mitzuteilen:
„Die Schulmedizin erklärt die Arterienverkalkung für eine unvermeidliche Kultur- und Alterskrankheit, der sie hilflos gegenübersteht."
Dieses „hilflos" ist dann wohl für diesen Dr. Hof der geeignete Aufhänger,
um so Betroffene denn möglichst in seine Praxis zu lotsen.
Interessant ist dann wohl, was er denn seinerseits empfiehlt, da er sich ja
der Schulmedizin überlegen fühlt. Dieses Repertoire das er dabei vorträgt,
erweckt allerdings den Eindruck ziemlich einsilbig zu sein.
Etwa wenn er schreibt: „Ja bei noch jungen und
lebenskräftigen Individuen
[Man beachte schon diese Einschränkung: jung und lebenskräftig]
kann sogar eine Rückbildung der Verkalkung erfolgen durch strenge Meidung aller Genuß- und Ernährungsgifte, Anregung des Stoffwechsels durch Wasseranwendungen, Luft- und Sonnenbädern (die aber nur unter ärztlicher Aufsicht zu nehmen sind) und ganz besonders durch eine zeitweise völlige Entlastung des Kreislaufes durch eine unter ärztlicher Aufsicht oder Anordnung zu machende Fasten- oder Frischfruchtkur bei völliger Enthaltung von jeglicher körperlichen oder geistigen Arbeitsleistung."
Damit dürfte er dann wieder mal sein Patentrezept postuliert haben, dass er
schon Syphiliskranken empfahl. Eine Fastenkur, möglichst unter den
Rahmenbedingungen eines Sanatoriums.
Er hat aber noch mehr solcher Rezepte auf Lager. Etwa auch das:
„Wer geschlechtlich abstinent zu leben vermag, der lasse sich von der Behauptung, dies sei ungesund, nicht irreleiten. Im Gegenteil: Geschlechtskrafteinsparung ist Lebenskrafteinsparung ... Der Mensch sollte sich doch in dieser Beziehung eigentlich nicht unter das Tier stellen, bei dem nur einmal im Jahr die Brunst auftritt, und in der Tat ist durch eine gift- und reizfreie mäßige Ernährung und sonstige gesundheitsmäßige Ernährung dieser Zustand alsbald wieder zu erreichen."
„Alsbald wieder zu erreichen", nochmals diesen Satzteil wiederholt. Ob denn
dieser Wunderdoktor selber schon sein so postuliertes Ziel erreicht hat,
darüber aber lässt er den Leser dann doch im Unklaren, was denn wiederum
verdächtig, an seine bereits zitierte Polemik gegen den Hartmannbund erinnert.
Der Satz. Arzt heile dich erst mal selbst, hat offenbar für diesen Dr. Hof nur
sehr eingeschränkte Bedeutung.
Einige Auszüge aus der Artikelserie im Magdeburger „Goldenen Zeitalter" des
Jahres 1927, dieses Dr. Erwin Hof (S. 107, 189, 235)
Versteht man es richtig, so scheint Abstinenz, auf den unterschiedlichsten
Ebenen, ein besonderes Rezept dieses Dr. Erwin Hof zu sein. Daher darf man es
wohl als kaum „unerwartet" bezeichnen, wenn er auch ausdrücklich den Tabak mit
in seinen diesbezüglichen Katalog aufgenommen hat.
Nun dürfte wohl bekannt sein, dass auch die Schulmedizin das Rauchen als ein
möglichst zu unterlassendes Übel bewertet. Insofern ist die Originalität
dieses Dr. Hof den Aspekt des Rauchens betreffend, eher als gering
einzuschätzen.
Indem er aber dieses Thema mit aufnimmt, sagt er ja nichts falsches. In der
Ausgabe vom 1. 7. 1927, gewährt ihm daher das „Goldene Zeitalter" wieder
umfänglichen Druckraum zum Thema Rauchen. Seinen „Starcharakter", wieder mit
der vollen Angabe seiner Anschrift, unterstreichend.
Da das strikte ablehnen des Rauchens, auch mit zu den heutigen Grundsätzen der
Zeugen Jehovas gehört, kann man auch diesen „Die Tabakseuche" überschriebenen
Artikel, als eine frühe Wurzel dazu bewerten. Seine wesentlichen Ausführungen
seien im nachfolgenden vorgestellt.
„Im selben Maße, wie der
Alkoholkonsum durch den Krieg zurückging, stieg der Verbrauch eines
anderen, nicht minder verderblichen Giftes, des Tabaks. Wer da meint, das
Rauchen sei ein harmloses Vergnügen, befindet sich in schwerem Irrtum. Der
Tabak, der erst im 16. Jahrhundertz aus Amerika nach Europa gebracht und
anfangs als schädliche Giftpflanze auf das heftigste bekämpft wurde, kann
wohl keinen bewußtlosen Rauschzustand, wie der Alkohol, hervorrufen; die
in ihm enthaltenen und beim Konsum entstehenden Gifte haben jedoch bei
regelmäßigem Genuß eine nicht minder, Kraft und Gesundheit vernichtende
Wirkung, wie er. Das weiß heute jeder Arzt, der es wirklich ernst mit
seinem Berufe meint. Vor allem ist das im Tabakrauch und -saftenthaltene
Alkaloid, das Nikotin, ein schweres Gift, das an Virulenz der hochgiftigen
Blausäure gleichkommt und infolge dessen bei dauernder Zufuhr den
Organismus auf das schwerste schädigt. Schon auf die bloße Haut gebundene
Tabakblätter haben bei Schmugglern zu den schwersten
Vergiftungserscheinungen geführt. Die Indianer benützen konzentrierten
Tabaksaft zum Vergiften ihrer Pfeilspitzen. 1 - 2 Tropfen töten Kaninchen,
2 - 3 Hunde. Beim Menschen genügt ein Tropfen Nikotin, um die schwersten
Vergiftungserscheinungen hervorzurufen. Außer Nikotin enthält der
Tabakrauch als weitere, sehr giftige Bestandteile das Kohlenoxydgas,
Pyridinblasen und Blausäure, die letztere in zwar geringen, aber doch noch
schädlich wirkenden Mengen. Alle diese Gifte gelangen beim Rauchen, zum
Teil zusammen mit der Atmungsluft in der Lunge, zum Teil mit dem Speichel,
der verschluckt und im Magendarmkanal aufgesogen wird, indirekt in die
Blutbahn, werden vom Blute zusammen mit dem Närmaterial in alle Organe,
Gewebe und Zellen getragen, wo sie - vor allem in den lebenswichtigen,
zarten Gehirn- und Nervenzellen - ihre verhängnisvolle, den ganzen
Zellstoffwechsel und damit die Zellfunktion lähmende und verändernde
Wirkung ausüben. (Ein jeder Zigarettenraucher kennt die sofortige, lähmend
und schwächend im ganzen Körper sich bemerkbar machende Wirkung seiner
nüchtern, mit tiefen Lungenzügen gerauchten Morgenzigarette.)
Funktionsuntüchtigkeit und Widerstandsfähigkeit gegen krank machende
Einflüsse, besonders gegen feindliche Bazillen aller Zellen und der
einzelnen Organe sind die Folgen der chronischen Tabakvergiftung bei
gewohnheitsmäßigem Rauchen. Bei den ersten Rauchversuchen sucht sich der
Körper durch Erbrechen, Schweißausbrüche, Stuhlentleerung usw. rasch und
restlos der ihm aufgezwungenen Gifte wieder zu entledigen. Bald jedoch
erlahmt diese seine natürliche Abwehrkraft. Er erliegt der Flut der
Tabakgifte und zieht sich in die zweite Abwehrstellung zurück, in der er
sich mit den gegebenen, nicht zu ändernden Verhältnissen durch Einlagerung
der Gifte und Anpassung an ihr Vorhandensein so gut es geht, abfindet.
Damit ist der Anfang zur chronischen Tabakvergiftung und Tabakflucht mit
all ihren schweren Folgen von körperlichem und geistigen Siechtum und
Frühtod gemacht.
Vor allem schädigen und lähmen die Tabakgifte die lebenswichtigen Organe:
Gehirn und Nerven, ohne die ein gesundes Leben und vollwertiges Arbeiten
des ganzen Körpers nicht möglich ist. Gerade in der heutigen Zeit mit
ihrem nervenzerrütenden Berufs-, Geschlechts- und Nachtleben ist der Tabak
ein doppelt verheerend wirkendes Gehirn- und Nervengift. In zweiter Linie
ist der Tabak ein schweres Herzgift, sowohl direkt durch Schädigung des
Herzmuskels und der Gefäßwände, als auch indirekt, durch die lähmende
Wirkung auf die Herzinnervation, deren Folgen allgemeiner Gefäßkrampf,
Herzlähmung, Herzkrämpfe, Herzarhytmie usw. sind. Besonders ist der durch
den chronischen Gefäßkrampf erzeugte, ständig zu hohe Blutdruck
gefährlich, da er auf die Dauer zur Arterienverkalkung mit ihren schweren
Folgeerscheinungen führt. Schwere Störungen der Magen- und Darmtätigkeit,
sowie Schädigungen des Lungengewebes sind ebenfalls direkte und indirekte
Folgen des Rauchens.
Die schwerste Gefahr beim gewohnheitsmäßigem Tabakgenuß liegt jedoch in
der durch die Tabakgifte herbeigeführten allgemeinen Schwäche und
Widerstandsunfähigkeit aller Zellen und Organe, die jeder
Bakterieninvasion den denkbar besten Boden bieten und dadurch zur
Hauptursache infektiöser Erkrankungen werden. Nicht der zellfeindliche
Bazillus ist bei der Infektionskrankheit der Hauptfeind, sondern die
geschwächte Körperanlage, derzufolge die in jedem gesunden, normal
funktionierenden Organismus sofort mit durchschlagendem Erfolge in Aktion
tretenden Abwehrkräfte nicht mehr vorhanden sind, sodaß er rettungslos dem
Massenansturm der in wenigen Stunden sich zu Millionen vermehrenden
feindlichen Bazillen unterliegt.
So wird der Tabak, sowohl allein, als vor allem im Verein mit den anderen,
in gleicher Weise die Widerstandskraft des Körpers zerstörenden
Kulturschäden: Alkohol, Mietskaserne, Geschlechtskraftvergeudung,
einseitige und überanstrengende Berufstätigkeit, Fleisch- und Küchenkost,
Mangel an Körperbewegung, Nachtleben usw. zur Grund und Mitursache einer
großen Anzahl von akuten und chronischen Krankheiten. Krebs, vor allem
Magen-, Darm-, Kehlkopf-, Zungenkrebs, schwere Seh- und Gehörstörungen
(vor allem durch Verkalkung der entsprechenden lebenswichtigen Arterien
und schwere Schädigung der Innervation), Hautkrankheiten aller Art,
Vereiterung der verschiedenen Kopfhöhlen, Erkrankungen des Gehirns,
Blutarmut mit allen ihren schweren Folgen, geschlechtliche Impotenz durch
Degeneration der Hoden, das ganze Heer der nervösen Störungen, von den
Ausfallerscheinungen und der Gedächtnisschwäche bis zu den schwersten
Neurosen und Hysterie und endlich das nicht minder große Heer der
Infektionskrankheiten, vor allem die Tuberkulose mit ihren verschiedenen
Formen, dann die Lungenentzündung, Grippe usw. sind die Folgen der durch
die Tabkgifte entstandenen Widerstandsunfähigkeit des Organismus.
Durch das Tabakrauchen wird nicht nur der Raucher selbst geschädigt,
sondern auch seine Umgebung. Die gemachten Erfahrungen und angestellten
Untersuchungen mit Kindern nikotinsüchtiger Väter haben klar und
einwandfrei bewiesen, daß der Aufenthalt in Räumen, in denen geraucht
wird, fast ebenso gesundheitsschädlich wirkt, wie das Rauchen selbst. Die
schwersten chronischen Erkrankungen von Kindern, deren Väter täglich zu
Hause rauchten und deren rasche und völlige Ausheilung nach Aufhören der
chronischen Tabakvergiftung sind schlagende Beweise hierfür. Schwer wird
in dieser Hinsicht unbewußt, infolge mangelnder Aufklärung, an unserer
heranwachsenden Jugend gesündigt. Es ist hier nicht möglich, näher auf die
wissenschaftlichen Forschungsergebnisse über die gesundheitsverheerende
Wirkung des Tabakgenusses einzugehen. Wer sich dafür interessiert, den
verweise ich an die einschlägige, sehr gute Lektüre des Verlages des
„Bundes Deutscher Tabakgegner."
Die schlimmste Art des Tabakgenusses ist das Zigarettenrauchen, bei dem
der Rauch tief in die Lungen eingesogen wird, wodurch seine Gifte in
großen Mengen direkt in den Lungenbläschen vom Blute absorbiert werden.
Riesengroß sind die Verluste an Gesundheit und Kraft, die die immer
mächtiger anschwellende Nikotinseuche in unserem Volke, insbesondere unter
der Jugend anrichtet. In der Früh das erste und am Abend das letzte ist
die Zigarette. 10, 20, 30, 40, 60, 80 bis 100 Stück beträgt der
Tageskonsum eines gewohnheitsmäßigen Zigarettenrauchers; dabei berechnet
sich bei einer 6,5 g schweren Zigarette der Nikotingehalt auf 4,5 mg und
die bei ihrer Verbrennung entstehende Kohlenoxydmenge auf 18 cbcm. Sogar
beim Baden im Wasser wird geraucht. Das Schlimmste ist, daß auch unsere
Frauen und Mädchen in immer größerer Zahl der Körper und Geist
zerrüttenden Seuche anheimfallen. Was soll für eine Nachkommenschaft
entstehen, wenn nicht nur der väterliche Samen, sondern auch das
mütterliche Ei durch Tabakgifte auf das schwerste geschädigt und das
werdende Kind im Mutterleibe, während seiner ganzen Entwicklung, von dem
nikotinverseuchten Mutterblute durchkreist und der Säugling mit
nikotinvergifteter Muttermilch genährt wird? Eine öffentlich rauchende
Frau wirkt auf mich immer abstoßend. Nicht nur in den Lokalen, sondern
auch schon auf der Straße rauchen manche Frauen und nicht nur Zigaretten,
sondern sogar Zigarren und Pfeifen. Ich danke für eine Frau, die mit der
Zigarette im Munde lutschend und spukend auf der Straße neben mir
herqualmt und Tabakwolken paffend mir in der Wohnung die Luft verdirbt,
und vor allem danke ich für eine Mutter, die meine Kinder in ihrem Leibe
und mit ihrer Milch vergiftet und dann zu Sichtum und Frühtod verdammt.
„Mäßiges Rauchen schadet nicht." Mäßigkeitsphrasen dienen nur zur
Beschönigung und als Deckmantel für Schwäche und Genußgier. Es gibt keine
Mäßigkeit bei Betäubungsgiften! Wo ist die Grenze zwischen schädlich und
nicht schädlich beim Rauchen oder den übrigen Genußgiften? Der eine geht
an den Folgen zweijährigen Zigarettengenusses zugrunde, der andere raucht
mit 80 Jahren noch seine Pfeife! Die ererbte Körperanlage, die Art des
Berufes, die Zahl der anderen Kulturschäden, die sozialen Verhältnisse
usw. sind wichtige individuelle Komponenten bei der Tabakschädigung, die
die Festsetzung einer allgemeinen Schädlichkeitsgrenze nie zulassen.
Zu den gesundheitlichen Schädigungen kommen die schweren moralischen und
wirtschaftlichen Nachteile des Tabakgenusses noch hinzu. Daß eine so
schwere, Kraft und Gesundheit zerstörende, chronische Vergiftung, wie das
gewohnheitsmäßige Rauchen, auch die moralischen Kräfte und das natürliche
Anstandsgefühl im Menschen schwächt, ihn unter Umständen sogar träge,
minderwertig und ungezogen macht, ist eine theoretisch wie praktisch
bewiesene Tatsache. Ein jeder kennt z. b. die Nikotinlümmel, jene jungen
Flegel, die rücksichtslos ihrer Umgebung ihren stinkenden Tabaksqualm ins
Gesicht blasen, die glimmende Asche ihrer Pfeife oder Zigarette ihrer
Nachbarschaft auf die Kleider abstreifen, die aufgerauchten Stummel, ohne
sie auszulöschen, unter den Tisch oder auf den Aschenteller werfen, in der
Eisenbahn im Nichtraucherabteil rauchen und die dagegen protestierenden
Mitreisenden schließlich noch verspotten oder auf das gemeinste
beschimpfen.
Wie jeder weiß, braucht der Tabak besten Getreideboden, wenn er gedeihen
soll. Viele Tausende von Hektar fettesten Ackerlandes werden zur Erzeugung
dieser, die Volkskraft und Gesundheit verwüstenden Giftpflanze vergeudet,
während das Volk hungert und unsere Kinder und Alten verhungern. Es ist ja
nur natürlich, daß die Tabakindustrie mit allen Mitteln ihre im Kriege
erzwungene glänzende Geschäftslage zu erhalten sucht. Mit unsinnigsten
Behauptungen wird dem Volk weisgemacht, welcher Segen es für das
Volksganze sei, wenn durch einen hohen Tabakkonsum eine möglichst große
Anzahl Arbeiter „Brot" und der Staat viel Steuern bekomme. Nicht
Brotbeschaffung, sondern Brotvernichtung bedeutet die Tabakindustrie mit
ihrer Boden- und Arbeitskraftvergeudung; und was der Staat durch den
Tabakkonsum an Steuern einnimmt, das büßt er (beim Alkohol ist das gleiche
der Fall), hundertfach wieder ein durch die durch den Tabak verursachten
Verluste an Volkskraft und Volksgesundheit und die Aufwendung für
Kranken-, Irren-, Armen-, Erziehungs- und Zuchthäusern, in denen die
direkt und indirekt Nikotin- oder Alkoholgeschädigten untergebracht werden
müssen. 500 Millionen Goldmark hat das Volk schon im Frieden in Rauch
aufgehen lassen. Heute ist der Tabakverbrauch auf ein Vielfaches des
Friedenskonsums gestiegen. Hier liegen, wie auch im Alkohol- und
Fleischgenusse, die Quellen großer Armut und mancher Leiden.
Nach diesen eher medizinischen Aspekten, leitet er dann auf weltanschauliche um und fragt:
Warum rauchen die Menschen
eigentlich? Vier Gründe sind es, die Männern wie Frauen dieses Gift in die
Hand zwingen. Einmal die Gott- und Seelenlosigkeit unserer
materialistischen Weltanschauung, dann das wirtschaftliche äußere Elend,
ferner die aus ihr sich ergebende innere Not und „last least", die
Suggestion.
In einer Zeit, die Gott durch wissenschaftliche Beweise aus der Welt
schaffte, ist es nur natürlich, daß ein rohes, rein animalisch sich
äußerndes Genuß- und Triebleben zum höchsten Lebenszweck wurde. „Nach
diesem Leben das Nichts." Also her, mit allen Genüssen, die dieses
Jammertal zu bieten vermag und so viel von ihnen, als Körper und
Geldbeutel aushalten! Man kostet nicht mehr klug einen Genuß nach dem
anderen, sondern in wahnwitziger Gier stopft man, um sich über die innere
Leere und Armut hinwegzutäuschen, alle nur möglichen Genüsse zu gleicher
Zeit in sich hinein. Mit vollem Magen, auf dem Tische das volle Bier- oder
Weinglas, die Zigarette im Munde, den neuesten Gassenhauer in den Ohren,
in einem zotigen Witzblatt oder einer Schundzeitschrift lesend, oder einen
zweifelhaften Film betrachtend oder ähnlich genießt heute mancher
Großstädter!
Vor allem aber ist es die Not, die den Menschen die Betäubungsgifte
aufdrängt. „Wer Sorgen hat, hat auch Tabak", können wir frei nach Wilhelm
Busch zitieren.
Armut, Siechtum, Arbeitslosigkeit, Wohnungselend und anderes sind oft
Hauptursachen für den Tabakgenuß und je schwächer der Mensch von Natur aus
ist, desto leichter und lieber greift er nach der Betäubung, die ihm ja so
freigebig überall in unbegrenzten Mengen angeboten wird. - Aber noch mehr
wie die äußere Not zwingt die innere zur Betäubung mit Tabak und Alkohol.
All den ungezählten Tausenden, die die wirtschaftliche Not in Berufe
gedrängt, die sie nur mit Widerwillen ausüben und das große Heer der
unglücklich Verheirateten - die die Kurzsichtigkeit begingen, in einer
Vernunft- und Geldheirat Erlösung aus drückender Lage zu erwarten, und nun
an der Seite eines ungeliebten, sie nicht verstehenden Menschen hungern,
ja, verhungern, ihnen ist der Tabak Lebensbedürfnis geworden, für kurze
Zeit zwar Vergessen bringend, aber gleichzeitig in ihnen auch die Kraft,
erlösende Änderung zu schaffen, immer mehr zerstörend.
Berufs- und Eheelend sind nach meinen ärztlichen Erfahrungen auch die
Hauptursachen für das Überhandnehmen des Tabakgenusses bei Frauen und
Mädchen. Die Not zwingt die Frau brutal in die Arbeitsfront oder zur Ehe
ohne Liebe und entzieht sie ihrem ureigensten Berufe der tief und treu
liebenden Gattin und Mutter; darum greift auch sie heute zum
Betäubungsgift und zwar zum Tabak, weil er von den beiden bei uns
gebräuchlichsten das anständigere ist.
Daß schließlich auch die suggestive Wirkung der rauchenden Umgebung ein
mächtiger Faktor für die Ausbreitung der Tabakseuche ist, daran zweifelt
keiner, der die unheimliche Kraft der Suggestion kennt. Ihr fallen alle
die kritik- und urteilsunfähigen Herdenmenschen, (die ja unsere
seelenmordende, alles Individuelle brutal zerstörende, moderne
Erziehungsmethode und Arbeitsweise in Massen züchtet), die alles, auch das
Unsinnigste und Naturwidrigste gedankenlos nachmachen, zum Opfer.
Was wird gegen die Tabakseuche getan? So gut wie garnichts! Gleichmütig
sieht man der Zerrüttung der Volkskraft durch sie zu. Jeder darf seinem
Körper Nikotin einverleiben, so viel er nur will. Das Gehen auf dem
Bahnkörper, das Baden an tiefen Stellen, das Abspringen von der Trambahn
usw. wird polizeilich wegen der damit verbundenen Lebensgefahr verboten.
Die tödlichen Gifte, Alkohol und Tabak, die darf jeder in unbegrenzten
Mengen verkonsumieren und sich, seine Umgebung und seine Nachkommenschaft
damit zu Grunde richten. Den ernsthaften Bestrebungen der Wenigen, denen
der Nikotinlutscher, nicht das klare Denken trüben und das Gewissen
einlullen konnte, der verheerenden Wirkung des Tabakgenusses Einhalt zu
tun, fällt man mit dem Zetergeschrei über „Vergewaltigung des
Selbstbestimmungsrechtes und der persönlichen Freiheit" und der banalen
Feststellung, daß alle Kulturvölker rauchen, in die Arme.
Das einzige, was man gegen die Tabakseuche unternommen hat, ist ein
Rauchverbot für die Jugend, um den in den Entwicklungsjahren durch alle
schädlichen Einflüsse besonders gefährdeten Organismus zu schützen. Den
zartesten und empfindlichsten Kindeskörper aber, den männlichen
Samenfaden, das mütterliche Ei und den im Mutterleibe wachsenden Fötus,
den läßt man die nikotinsüchtigen Eltern ruhig vergiften. Welche
Gedankenlosigkeit und Oberflächlichkeit! Und was wird mit dem Rauchverbote
für die Jugend erreicht? Meist das Gegenteil! Es möge nur jeder an die
eigene Knabenzeit zurück denken. Wäre es nicht verboten gewesen, hätte
keiner je daran gedacht, die stinkenden, entsetzlich schlecht schmeckenden
und das schwerste Übelsein hervorrufenden Zigaretten zu rauchen. Aber da
der Lehrer, der Arzt, der Pfarrer, der Bürgermeister, der Vater, kurzum
alle imponierenden Männer rauchten, erschien es uns als der Inbegriff
höchster Männlichkeit, das Rauchen vertragen zu können. Und ein ganzer
Mann zu sein, danach strebt als Junge (leider vielmehr als in späteren
Jahren) ein jeder.
Ja, ihr Erzieher, Priester, Ärzte und Väter, solange ihr mit dem
Nikotinträger von morgens bis abends herumlauft, solange werdet ihr der
Jugend weder durch Prügel, noch durch schöne Worte vom heimlichen Rauchen
abhalten. Aber sobald ihr selbst nicht mehr mit der Pfeife im Munde hinter
dem Bierkruge sitzt (und somit dem Nachwuchs nicht weiter das Bild des
rauchenden und trinkenden Vaters und Lehrers als Inbegriff höchster
Männlichkeit vor Augen schwebt, sind alle Rauch- und Trinkverbote für die
Jugend überflüssig geworden.
Das schlimmste beim Nikotingenuß ist, wie bei allen Betäubungsgiften, die
Gewöhnung. Ist der Organismus erst durch und durch mit Nikotin
durchtränkt, dann wird die Unnatur zum zwingenden Bedürfnis. Wie dem
Säufer der Schnaps, dem Morphinisten das Morphium, so wird dem Raucher das
Nikotin unentbehrliches Bedürfnis, für dessen Befriedigung er Gesundeit,
Familienglück, Ehre und Freiheit aufs Spiel setzt. Auf der tiefsten Stufe
der Tabakverelendung steht der Nikotinlump, dem nicht mehr das Rauchen,
sondern nur noch das Trinken des im Wassersacke der Pfeife sich
ansammelnden Tabaksaftes die nötige Beruhigung für seine zerrütteten
Nerven gewährt.
Wir kommt es, daß der Raucher nicht mehr auf das Tabakgift verzichten
kann? Sobald der durch Nikotin hervorgerufene angenehme Zustand der
Betäubung einige Zeit nach Einstellen des Rauchens aufhört, macht sich ein
immer stärker werdendes Unbehagen und Schwächegefühl bemerkbar.
Unterbleibt das Rauchen länger, so beginnt der Körper alsbald mit der
Entspeicherung der in ihm eingelagerten Tabakgifte und dieses Losreißen
der Giftmoleküle aus dem Zellverbande, besonders aus dem Verbande der
empfindlichen Gehirn und Nervenzellen, erzeugt im Verein mit dem Fehlen
des gewohnten Betäubungszustandes, die bis zu Krämpfen und Delirien sich
steigernden unerträglichen Entwöhnungserscheinungen, die bis zur völligen
Reinigung auszuhalten keiner der durch jahrelangen Tabakgenuß zerrütteten,
energielos gewordenen Raucher die Kraft mehr hat.
Man raucht nicht nur den Tabak, sondern man kaut und schnupft ihn auch.
Die gesundheitlichen Schädigungen gewohnheitsmäßigen Tabakschnupfens und
kauens stehen hinter denen des Rauchens nicht zurück.
Auf, ihr deutschen Ärzte und Erzieher, die ihr euch der ebenso hohen, wie
tiefernsten und schweren Aufgabe, die die heutige Zeit schwerster innerer
und äußerer Not gerade von euch fordert, bewußt seid, werft kraftvoll den
Tabaklutscher für immer beiseite! Männer braucht unser Volk so bitter
notwendig, Männer mit klarem Kopfe und mit durch keine Gifte geschwächten
Kräften, gesunde, körperlich hochstehende, durch innere Gebundenheit
wahrhaft freie Männer! Sonst gehen wir ruhmlos unter, nicht an unseren
äußeren Feinden, sondern an unseren inneren."
„Wir leben in einer Zeit der Umwälzung. Bisher für unmöglich gehaltene Wahrheiten entpuppen sich durch den Fortschritt unserer Erkenntnis als falsch und müssen neuen weichen. Auch in der Medizin zeigt sich ein mächtiges Gären. Alte Dogmen und Heilmethoden müssen verschwinden, weil neue, bessere sie verdrängen."
Zu Zeiten dieses Dr. Hof hatten die Zeugen Jehovas zwar noch nicht ihre
„Theokratische Predigtdienstschule", aber den in diesen Kursen mit
vorgesehenen Bewertungspunkt, Interesse zu erwecken, hat dieser „Dr.
Eisenbart" sicherlich mit Bravour gemeistert.
Er weis dann seine Leserschaft mit dem weiteren markigen Satz zu
„beeindrucken": „Krankheit ist Lebenshemmung"
Welcher Kranke würde das wohl bezweifeln?
Seine Alltagserfahrungen bestätigen das doch nur allzu genau. Nur muss man
um diese Binsenweisheit gesagt zu bekommen, dazu unbedingt einen „Facharzt
für biologische Heilkunst" konsultieren? Da wollen die Zweifel, ob denn
dieses notwendig sei, einfach nicht weichen.
Gleichwohl gehört Diagnostik auch mit zum ärztlichen Standard-Repertoire.
Also billigen wir Dr. Hof zu, er hat „richtig diagnostiziert".
Also halten wir uns nicht länger mit der Diagnose auf, sondern fragen mehr:
Welche Empfehlungen leitet er nun aus selbiger ab?
Offenbar auch die:
„Bisher hat man bei den Infektionskrankheiten den Bazillus für die Ursache gehalten. Kein fortschrittlicher Arzt wird dies heute mehr tun. Die wahre Ursache bei jeder Infektion ist die durch andere Störungen hervorgerufene Schwäche und krankhafte Veränderung in bestimmten Organen und Zellverbänden, auf Grund derer sich der Bazillus einnisten und sein Leben behaupten kann. Die Infektionskrankheit ist ein Lebenskampf zwischen Mensch und Bazillus."
Mit letzterem Satz hat er dann wohl seine Diagnostik beendet. Er weis
also (man kennt das ja schon von seinen Santoriumsempfehlungen) zu
empfehlen, eine möglichst gesunde Lebensführung zu praktizieren, damit im
Fall der Fälle, die Bazillen eben nicht siegreich seien.
Dies kommt dann vielleicht auch in seinem Satz zum Ausdruck:
„Ich behaupte, nicht Kälte und Luftzug sind die wahren Ursachen der sogenannten Erkältungen, sondern unsere falsche, den Körper mit Gift und Unrat füllende und dadurch siech und schwach machende unnatürliche Lebensweise."
Zu seinen Binsenweisheiten gehört dann auch die:
„Wie einem Arbeiter zur Durchführung seines täglichen Arbeitspensums eine abgegrenzte Menge Kraft zur Verfügung steht, nach deren Verbrauch er ermüdet und zu weiterer Arbeitsleistung untauglich wird, so verfügt auch der Organismus über eine tägliche abgegrenzte Menge Kraft zur Erhaltung der Stoffwechselbilanz, deren Größe von der ererbten Anlage, dem Alter, der bereits verbrauchten Lebenskraft, dem momentanen Gesundheitszustand, dem beruflichen Kräfteverbrauch usw. abhängt. Ist sie erschöpft und mit ihr die Leistungsfähigkeit der Zellen und Organe zur Durchführung des Stoffwechsels, dann stauen sich die Abfallschlacken in ihnen und machen sie krank."
Sorry „Dr. Eisenbart". Sind sie denn wirklich der Meinung, dass ihre
vorzitierten Aussagen wirklich so „revolutionär" wären. Ich kann mir nur
schwer vorstellen, dass es irgendeinen Schulmediziner gäbe, der solche
Empfehlungen zu einer möglichst gesunden Lebensführung prinzipiell in Frage
stellen würde. Und sie selbst nennen ja auch kein solch abschreckendes
Beispiel beim Namen.
Schon bei ihren Fastenkuren-Empfehlungen, möglichst unter
Sanatoriums-Rahmenbedingungen, dürfte doch wohl deutlich sein. Es ist eben
nicht jedem vergönnt, solch ideale Umweltbedingungen zu genießen. Das kann
zwar auch ein „Dr. Eisenbart" nicht ändern. Gleichwohl muss man es doch wohl
mit aussprechen. Was ist aber nun, wenn einer, dem solche idealen
Rahmenbedingungen nicht vergönnt sind, eben aus diesem Grunde, auch
tatsächlich krank wird? Was für „Rezepte" hat denn dieser „Dr. Eisenbart"
für den nun???
Da offenbart sich dann aber eines. Eine gähnende Leere. Es ist eigentlich
etwas zu wenig, nur sagen zu können (sinngemäß): „Halte dich warm und
gesund". Gut, wer das noch nicht wusste, den kann man das natürlich sagen.
Und mancher bedarf eben des ausdrücklichen Hinweises und der Wiederholung
dessen, was wichtig ist. Nimmt die Heilpraktikerzene diese Aufgabe wahr, tut
sie sicherlich nichts verkehrtes.
Seine „Philosophie" in Sachen Erkältungen, bringt dieser Dr. Hof auch in den
Sätzen zum Ausdruck:
„Alles Geschehen im Körper ist weise und zweckvoll. Auch die Krankheit hat ihren tiefen Sinn. In ihr sucht sich der Körper der Störungen in seinem Betriebe zu entledigen, oder wenn dies nicht geht, die Funktionen der erkrankten Organe durch die der gesunden zu ersetzen. So ist auch der Sinn der Erkältung, die infolge Versagens der natürlichen Ausscheidungsorgane: Nieren, Darm, Lunge, Haut, auf die gewöhnliche Weise nicht entfernbaren Gifte durch Entzündung eines größeren Schleimhautkomplexes unter Eiterbildung auszustoßen. Wer sich beobachtet, kann bemerken, wie energisch und auf wie weise Art z. B. die Bronchien allen in sie gelangenden Ruß und Staub wieder ausstoßen. Sofort nach Eindringen der Fremdkörper werden sie von den Schleimzellen der Bronchialschleimhaut ausgeschiedenen glasigzähen Schleim abgefangen und eingehüllt. Hat die Schleimbildung einen die Atmung hemmenden Umfang erreicht, so wird der ganze Schleim- und Schmutzklumpen durch einen Hustenstoß hinausbefördert."
Seine eigentliche „Rezeptur" beschränkt sich dann wohl auf den Satz:
„Als ich früher noch in dem Wahne lebte, es gehöre zur Manneswürde, täglich ein erkleckliches Quantum Alkohol und Nikotin zu verkonsumieren, da hatte ich nicht nur im Winter regelmäßig einen sechs Monate dauernden Bronchialkatarrh, sondern litt auch im Sommer ständig unter Erkältungen. Heute, da ich schon seit Jahren Genußgiftabstinent und Rohköstler bin, kenne ich keine Erkältungen mehr. Ich bin 46 Jahre alt, von muskulösem Körper und nehme es mit jedem jungen Menschen in jedem Sport auf."
Zu seinen Platitüden gehört dann wohl auch der Satz:
„Ganz verkehrt halte ich bei den heutigen großstädtischen Luftverhältnissen in den Privatwohnungen, wie an den Arbeits- und Vergnügungsstätten den Rat, sich gegen die frische Luft abzusperren."
Aus seinen sonstigen Empfehlungen kann man dann wohl den in dem Wort
zusammenfassbaren Rat herauslesen: „Abhärten". Nun soll es ja Leute geben,
die im Winter beispielsweise in Eis-Seen einzutauchen pflegen. Die erfüllen
dann gewissermaßen eine seiner Kriterien. Wer sich denn mit solcher Art
Weisheiten in der in Rede stehenden Sache „beglückt" sieht, der mag es ja so
halten. Andere indes können sich des Eindruckes nicht erwehren. Würde alle
Ärzte, auch die Schulmediziner, nur auf diesem „Niveau" vor sich herdümpeln,
sähe es heute noch auf der Gesundheitsebene, ziemlich düster aus!
Im Impressum der (Magdeburger) Ausgabe des „Goldenen Zeitalters" so auch in
der Ausgabe vom 1. 8. 1927, kann man auch den Satz lesen:
„Nicht verwendete Manuskripte ohne Rückporto werden nicht zurückgesandt".
Offenbar hat dieses Verdikt diesen Dr. Erwin Hof wohl kaum je ernsthaft getroffen. Denn schon wieder, in der GZ-Ausgabe vom 1. 8. 1927, darf er eine neue Variante seine Platitüden präsentieren. Wiederum mit voller Adressenangabe, was man wohl nicht zu unrecht, als massive geschäftliche Begünstigung bewerten darf.
„Entstehung, Heilung und Verhütung von Infektionskrankheiten"
so lautet sein heutiges Thema. Selbiges nutzt er aber wieder schamlos aus, um seine massiven Breitseiten gegen die Schulmedizin abzufeuern. Etwa mit den Sätzen:
„Alles Leben ist Kampf, muß
Kampf sein, denn ohne Kampf keine Auslese und ohne Auslese kein
Fortschritt. ...
Zwei Richtungen sind es vor allem, die sich in der Heilkunst scharf
gegenüberstehen: Die Staatsmedizin und die Psychiatrie oder
Naturheilkunst."
An nebulösen Hintertürchen lässt er es auch diesmal nicht mangeln. Etwa in dem Satz:
"Krankheit ist der Ergebniszustand bestmöglichster Selbstregulierung der durch physische und psychische Störungen entstandenen Funktionsstörungen im Organismus."
Seine Rezeptur beschränkt sich denn auch auf eine „möglichst gesunde Lebensführung". Dazu rechnet er dann wohl auch:
„Die Ernährung soll in der Hauptsache vegetarisch und nicht zu eiweißreich sein."
Mit von der Schulmedizin Fallweise verwendeten Medikamenten hat er prinzipiell nichts am Hut, wofür denn auch der Satz steht:
„Wenn dergestalt die Schar der Ärzte Deutschlands in ihrer Gesamtheit im Reichs- und Landtage und einzeln in ihren ärztlichen Wirkungskreisen für eine naturgemäße Ernährungs-, Wohn- Arbeits- und Vergnügungsweise und eine großzügige Bodenreform energisch kämpfen würden, würden sie unserem Volke gesundheitlich tausendmal mehr nützen, als mit allen Medikamenten und kunstreichen Operationen, mit denen ja doch nur in den seltensten Fällen wirkliche, d. h. Wiedererkrankung unmöglich machende Heilung, sondern nur eine zeitweilige Hilfeleistung erreicht wird."
Summa summarum. Ein guter Arzt der Gesunden erklären kann, wie sie denn
möglichst weiter gesund bleiben können. Wem solche Binsenweisheiten sein in
der Praxis fälliges Honorar wert sind, der mag es ja so halten. Ob er indes
tatsächlich Kranken wirklich hilfreich ist. Die Zweifel diesbezüglich, sind
keineswegs ausgeräumt!
Übrigens ein User meinte bezüglich dieses Dr. Erwin Hof auch zu wissen,
nachdem er seinen Satz zitiert:
„„Ich (Erwin Hof) bin 46 Jahre alt, von muskulösen Körper und nehme es mit jedem jungen Menschen in jedem Sport auf.".
Sein Kommentar dazu:
„Dr. Erwin Hof verstarb kurze Zeit darauf im Jahr 1928. Er erreichte mit 47 Jahren selbst für damalige Verhältnisse ein unterdurchschnittliches Lebensalter. Woran er gestorben ist, konnte ich nicht in Erfahrung bringen."
http://forum.sektenausstieg.net/showthread.php?t=11518&page=4
Also meinerseits kann ich ja die genannte Todesnachricht weder bestätigen
noch dementieren. Sollte sie zutreffend sein, dürfte sie ein zusätzliches
Schlaglicht sein. Der Katalog der Deutschen Nationalbibliothek weist zu ihm
die Lebensdaten 1881 - 1928 aus. Ergo wird die genannte Angabe auch stimmen.
„Und, o Wunder, keine einzige von all den unzähligen schweren, akuten und chronischen, nervösen und ansteckenden Krankheiten, die der Kulturmenschheit das Leben zur Qual und die Erde zur Hölle machen, finden wir bei den freilebenden Tieren."
Das wird erst mal als Behauptung in den Raum gestellt; wobei bei
unsereins eher leise Zweifel zu dieser These zurückbleiben.
Also nebst seiner schon früher referierten Fastenkur,
„möglichst unter
Sanatoriumsbedingungen"
offeriert er nun die Rohkost als zweiten wundersamen „Geheimtipp".
Aber, falls nun einer seine Empfehlungen zu wörtlich nehmen sollte. Auch für
diesen Fall hat er dann seine sattsam bekannte salvatorische Klausel mit
eingebaut. Im Kontext dieses Themas lautet sie bei ihm dann so:
„Nie und nimmer maße ich mir an zu behaupten, daß das, was ich hier sage „die Wahrheit" sei. Es ist lediglich meine ureigenste, auf genauester Prüfung aller vorhandenen, einschlägigen wissenschaftlichen Anschauungen wissenschaftlichen Anschauungen, sowie langjährigen, an mir und Hunderten von kranken und gesunden Menschen gemachten praktischen Erfahrungen herauskristallisierte Meinung über die menschliche Ernährung, sonst weiter nichts."
Die Befindlichkeit seiner Klientel trifft er sicherlich mit solchen Sätzen wie:
„Ein jeder, nicht dem Arznei- und Operierwahne verfallene Arzt weiß, welche große Rolle die Früchte-Rohkost in der Heilkunst spielt."
Wer wollte als Kranker nicht den Strohhalm ergreifen, wenn einer da verspricht, es ginge auch „ohne Arznei- und Operierwahn."
So gesehen, wäre wohl die gesamte Schulmedizin eine einzige
„Ressourcenvergeudung". „Früchte-Rohkost" soll es ja angeblich auch tun.
Ob indes solche archaische Rolle rückwärts, wirklich der Weisheit letzter
Schluss ist, wirkt auch angesichts der diversen salvatorischen Klauseln,
dieses „biologischen Heilkünstlers" mehr als fragwürdig.
Im „Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Das Problem kennt man auch heutzutage, dass der
„Gefälligkeits-Rezension". Leute die da einen „Namen" zu haben wähnen,
geben sich als „Multiplikatoren" her, um andere, vielleicht erst einen
„Namen" erstrebende, in einem günstigen Lichte erscheinen zu lassen.
Gibt es in der Sache vielleicht, auch Kritik mit zu vermelden, ist
diese wohl eher in „unterdimensionierter" Form, eventuell mit im Text
enthalten.
Fühlen sich zudem, nicht durch eigene Studien zum Thema ausgewiesene
Journalisten berufen, auf ein Buch empfehlend hinzuweisen, kann man
fast darauf warten, den Kriterien der „Gefälligkeits-Rezension" zu
begegnen.
Da gab es also eine Zeitung in den 1920er Jahren, die nannte sich
„Landbote für Schleswig-Holstein". Und wie gar nicht mal so unüblich,
bekam selbige wohl auch diverse Bücher als Rezensions-Exemplare
zugestellt. Offenbar auch eines des Paul Bräunlich mit dem Titel:
„Die ernsten Bibelforscher als Opfer bolschewistischer
Religionsspötter".
Zu Bräunlich
habe ich nicht unbedingt die „beste" Meinung. In der „Geschichte der
Zeugen Jehovas. Mit Schwerpunkt der deutschen Geschichte" (S. 446f.)
gehe ich auf ihn etwas näher ein.
Zu seinem Hauptthema,
Leo Taxil,
hat Bräunlich durchaus beachtliches recherchiert. Aber auch schon dort
Analogieschlüsse auf die Bibelforscher übertragen, die einer
sachlichen Bewertung nicht standhalten. Genannter „Landbote" nahm nun
die Bräunlich „Religionsspötter"-Schrift zum Anlass, um daraus eine
Gefälligkeits-Rezension zu basteln, die allen üblen Kriterien voll
entspricht.
Schon die gewählte tendenziöse Überschrift „Die kommunistische
Bibelforscherpest", spricht ja dann wohl Bände. Im nachfolgenden erst
mal einige Auszüge aus dieser tendenziösen Gefälligkeits-Rezension.
Dieser „Landbote" meint:
„Was Krieg, Zwangswirtschaft, Revolution und Inflation nicht fertig gebracht haben, was die große Notzeit auf dem Lande nicht erreichen konnte, nämlich das Landvolk dem jüdischen Zersetzungsgeist zugänglich zu machen, der sich in der Irrlehre vom Sozialismus oder Kommunismus bisher bemerkbar machte, das soll nun durch die vom jüdischen Gelde unterhaltene Sekte der 'Ernsten' Bibelforscher erreicht werden."
Schon mit dieser Einleitung segelt denn dieser
„Landbote" voll auf der Linie der Nazi-Agitation, gespickt zugleich,
mit nicht bewiesenen Unterstellungen.
Weiter geht es in diesem Text:
„Die Schwindler kleiden
sich in ein religiöses Mäntelchen, sie legen die Bibel in einem Sinne
aus, der ihren jüdisch-revolutionären Zielen dienen soll und finden
Dumme, die sie suchen und mehr, als man nach dem allgemeinen
Bildungsstand des Landvolkes für möglich halten sollte."
Jetzt seien mal einige Passagen (unbewiesener Art) übersprungen.
Biblischem Gedankengut (etwa der Eschatologie) ist dieser „Landbote"
ohnehin weitgehend entfremdet. Gleichwohl meint er selbige tendenziös
ausdeuten zu können, etwa mit den Sätzen:
„Seit 1914 hat Christus
sich den Leib eines Juden geborgt und es soll nun der 'Tag der Rache'
beginnen, der die größte Revolution der Welt sein wird.
Alles wird um diese Zeit über den Haufen geworfen werden. Der 'Krieg
von Harmagedon' vernichtet die herrschenden 'ruchlosen Systeme': den
Staat, diesen 'Drachen' der Offenbarung St. Johannis: 'Die blutige
Hand der Anarchie wird ihr schreckliches Werk vollbringen und Babylon,
die Namenchristenheit, seine gesellschaftlichen, bürgerlichen und
kirchlichen Einrichtungen werden fallen. 'Schon sind Könige und
Fürsten' in ihrer Herrschaft 'durch die gemeinsamen Interessen und die
Intelligenz der Massen bedroht.' Auch alle anderen 'tierischen
Herrschaften' sollen beseitigt werden: 'herrschende Klassen,
'nationale Obrigkeiten', 'Gottesgnadentum', 'Militär' usw.
Es ist eine 'Zeit des Umsturzes aller Gebräuche', so radikal wie nur
möglich. Denn es soll 'die böse und verderbte Zivilisation, die als
'Christentum' bekannt ist, noch öder und wüster gemacht werden als die
Wildnis, die Palästina umgibt. Sie soll ganz vom Erdboden hinweggefegt
werden, um Platz zu machen für die einziehende neue Ordnung der Dinge.
Auch die 'gelehrten und mächtigen Hochschulen und Universitäten werden
zuschanden und man wird sie vernichten ... Sie werden völlig wüste
gemacht und niemals wieder aufgebaut.' Ferner geht die Vernichtung des
Papstes, dieses 'Menschen der Sünde, und 'seiner nachgefälschten
Hierarchie' vor sich. Denn die 'Bedeutung der kommenden sozialen
Revolution in Gottes Plan' ist:
'Die unfruchtbaren Systeme, deren Zeit vorüber ist, zu beseitigen und
die Welt durch einen großen Gleichmachungsprozeß für die
Tausendjahrherrschaft der Gerechtigkeit vorzubereiten.'
Zwei große Parteien werden in diesem Endkampf miteinander ringen:
'Auf der einen Seite Sozialisten, Freidenker, Ungläubige, Unzufriedene
und echte Liebhaber der Freiheit, deren Augen sich in bezug auf
politische und religiöse Mißverwaltungen und politischen Despotismus
zu öffnen anfangen. Auf der anderen Seite werden sich nach und nach
die Gegner der menschlichen Freiheit und Gleichheit verbinden: Kaiser,
Könige, Aristokraten.
Die Ernsten Bibelforscher rühmen sich, 'an diesem Werke, die jetzigen
Reiche in Stücke zu schlagen, beteiligt zu sein.' Sie stellen
allerdings nicht 'das große Heer des Herrn dar, das nach
Bibelforscherdeutung von Joel 2, 2 bis 11, die Aufgabe zu erfüllen
hat, 'die Reiche der Welt zu stürzen'. Aber sie nehmen daran doch
'einen gewissen geistigen Anteil. Als 'kleine Herde' leisten sie
nämlich wertvolle Pionierarbeit für die Weltrevolution.
Praktisch bereitet Russell den Sieg des Bolschewismus vor,
insbesondere durch unablässiges Hintreiben der von ihm umgarnten
frommen Kreise kleiner Leute auf den Kirchenaustritt und durch
Einschärfüng der 'Pflicht', den bestehenden Ordnungen sich feindlich
zu erweisen, sowie den Sieg bolschewistischer Gottlosigkeit in keiner
Weise zu hemmen. Seinen Kampfruf: 'Heraus aus Babel!' erläutert er u.
a. mit den Worten:
'Von Babel ist so gemeint, daß man sich
von allen Banden in der Namenschristenheit, von jeder Teilnahme an
deren bürgerlichen, gesellschaftlichen und kirchlichen Organisationen
losmachen soll. Dies kann nur geschehen indem wir aus den
verschiedenen kirchlichen Organisationen ausscheiden. Gleichzeitig
müssen wir allen bestehenden bürgerlichen Gewalten fremd gegenüber
stehen.'
Am Weltrevolutionstage sei
es 'Pflicht der Geweihten', 'zu allernächst zuzusehen, daß sie dem
Wege Jehovas nicht im Wege stehen. Und dann, 'stille stehen, und
schauen das Heil Gottes in dem Sinne, daß sie erkennen, es sei nicht
ihre Sache, sich irgendwie an diesem Kampfe zu beteiligen, sondern des
Herrn, der es durch andere ausführt.'
Ihre Verheißungen als göttliche Wahrheiten aufzutischen, konnten die
Häupter der Ernsten Bibelforscher deshalb für gefahrlos halten, weil
sie offenbar spätestens für Oktober 1925 mit dem Sieg der
Weltrevolution rechneten.
Der evangelische Preßverband nagelte in einem Rundschreiben vom 23.
Juli 1914 revolutionäre Ausführungen der Bibelforscherpresse fest wie:
'Die gegenwärtigen Regierungen sind heidnisch, wild, tierisch. Es ist höchste Zeit, daß nach dem Willen Jehovas alle Regierungen und Kirchen gestürzt werden.'
Und er setzte hinzu:
So leuchtet plötzlich
hinter der Maske der Sektensendlinge die haßerfüllte Wut eines
fanatischen Umstürzlers hervor!'
Mit wachsender Kriegsnot wuchs der von dem Sektenhaupt erwartete
Revolutionsgeist. Bald ließen seine
Anhänger jede Vorsicht vermissen. Sie taten z.
B. ihr mögliches, die Kraft des nationalen Widerstandes zu brechen,
Empörergesinnung zu pflegen. ..."
'Und dieses Zerrbild endet dann mit der Empfehlung:
„Den auf dem Lande
herumreisenden, von jüdischem Gelde bezahlten Aposteln dieser
Umsturzsekte gegenüber ist nicht mehr deutsche Gutmütigkeit, sondern
ein deutscher Eichenknüppel am Platz. Im alten Ordnungsstaat konnten
derartige Giftpilze nicht gedeihen, im heutigen Judenstaat hält man
die schützende Hand über alles, was dem Untergang des deutschen Volkes
zu beschleunigen und zu besiegeln nur irgendwie geeignet ist."
In der Ausgabe vom 1. 7. 1927 ging dann das „Goldene
Zeitalter" auf vorstehenden Artikel ein. Wer indes erwarten sollte,
die wesentlichen Aussagen des inkriminierten Artikels würden dabei mit
vorgestellt, sieht sich allerdings getäuscht.
Noch eine Besonderheit gilt es zu registrieren. Die Antwort ist
namentlich gezeichnet, von einem gewissen Ingenieur
Curt Bran
aus Jena.
Schon einleitend behauptet dieser Herr Ingenieur:
„Ich gehöre der
Bibelforscher-Vereinigung nicht an."
Sonderlich überzeugend wirkt diese Behauptung allerdings nicht, wenn
man mit in Betracht zieht, dass in der Balzereit'schen Schrift unter
dem Pseudonym Gehrhard mit dem Titel „Kultur-Fragen" sein Name dort
bereits erscheint. In der dortigen Auflistung von Namen der
„Hofschranzen" die sich da dem Balzereit zur Verfügung stellten,
findet man unter anderem auch den Namen:
„Ingenieur Curt Bran, Jena, Weinbergstr. 3". Und das in trautem
Schulterschluss mit anderen Namen, die aber von sich selbst eindeutig
erklären, der Bibelforscherorganisation zugehörig zu sein.
Zu seinen Gegenargumenten, mit dem er wohl glaubte „punkten" zu
können, gehört beispielsweise dieses:
„Gewiss hat jeder denk-
und urteilsfähige Deutsche die Pflicht, sich mit dem jüdischen
Volkproblem auseinander zusetzen und sich Klarheit zu schaffen - aber
auch wahrheitsgemäße Klarheit über die weltgeschichtliche Funktion des
Judentums. Hierauf brauche ich nicht weiter einzugehen. Bei allen
Verwünschungen des jüdischen Kapitals geht die völkische Kampfstimmung
völlig an der Tatsache vorbei, dass der Weltkrieg jahrelang zur
Rettung der Gelder Pierpan Morgans, des päpstlichen Erzkämmerers
geführt wurde, dass Millionen deutscher Männer hierfür ihr Leben
lassen mussten, und dass die wirtschaftliche Fortsetzung des
Weltkrieges bis heute sich allein um diese Angel dreht. Herr
Erzberger, der Anwalt jenes Geldinstitutes, konnte auch während der
strengsten Grenzsperre des Weltkrieges ungehindert seiner Instruktion
via Rom empfangen, gegen den darauf gegründeten Zellenstaat der
katholischen Kirche, gegen den Ausbau katholischen Kirchenbesitzes und
jesuitischer Klöster in den protestantischen Teilen
Preußen-Deutschlands, aus dem so geretteten Geldern wagt sich kein
Glied der „Geistlichkeit" mit dem Heldenmut anzugehen, mit dem sich
die geistlichen Herren als Büttel der katholischen Kirche an der
Verleumdung einer unbequemen Weltanschauung gütlich tun. Man prüfe den
katholischen Anteil am Weltkapitalismus und wird dann erkennen, dass
die katholische „Haltet den Dieb-Taktik", die in der Abteilung zum
Antisemitismus ihren Ausdruck findet, ihren guten Grund hat! ...
Das Schlagwort sagt: „Die Bibelforscher bekommen ihr Geld von den
Juden." Für Jahre war dieses Schlagwort die zugkräftigste Waffe
„Christlichen" Geistlichkeit. Der „einwandfreie" Beweis wurde durch
einen jüdischen Freimaurerbrief aus Amerikas erbracht, der sich später
allerdings als eine grobe Fälschung erwies. Selbst die Apologetische
Zentrale fand nicht mehr die Stirn , den gefälschten Brief als
Beweismittel für die Behauptung anzuempfehlen. Man half sich damit,
dass man an Stelle der positiven Behauptung die Verdächtigung setzte
und es der Phantasie überließ, Motive und Schlussfolgerung nach
Willkür und Bedarf zu kombinieren. Auch Lic. theol. Bräunlich schärft
an dieser ernsten Frage seinem plumpen Witz und glaubt durch
vielseitige Beleuchtung der Möglichkeiten seinen Leser keine andere
Schlussfolgerung mehr gelassen zu haben als dass das Geld nur von
Juden kommen kann, Jeder Kritik und gedankenlos Leser muss ihm in
seinen diabolischen Gedankengängen folgen. Doch er beweist dem Kenner
nur Perfidie, Krämergeist und Maulwurfshäuser."
Unter den kirchlichen Anti-Bibelforscher-Apologten
jener Jahre, ragt als einsame Ausnahme der
Pfarrer
Rohkohl
positiv hervor. Positiv auch deshalb, weil er sich nicht von Bräunlich
und Co täuschen lies. Siehe dazu auch:
19282Rohkohl.htm
Besagter Pfarrer Rohkohl kommt nun auch auf die Apologie des Curt Bran
zu sprechen:
"Die Bibelforscherbewegung
hat in dem Ingenieur Curt Bran-Jena einen eifrigen Verteidiger
gefunden, der mit großer Leidenschaft für die Wahrheit der
Bibelforscherlehre einzutreten versucht. Es liegen von ihm, der
behauptet, selbst nicht der IVEB anzugehören, zwei 'offene Briefe'
vor, von denen einer an die Schriftleitung des 'Landboten für
Schleswig-Holstein' in Kiel, der andere an die 'Blätter des
Evangelischen Bundes' gerichtet ist. Einer der beiden Briefe ist
inzwischen in der Halbmonatsschrift der Bibelforscher 'Goldenes
Zeitalter' veröffentlicht.
Bran will beweisen, dass alle Angriffe gegen die Bibelforscher durch
Hass, Dummheit und Unkenntnis gekennzeichnet seien, und das die
Bibelforscher die wahren Vertreter des Urchristentums seien. Der Ton
der beiden Briefe ähnelt aufs Haar dem Tenor der berüchtigten 'Anklage
gegen die Geistlichkeit'. Das muss um so mehr wunder nehmen, da der
Verfasser gerade über den Ton der von ihm inkriminierten Artikel
lebhaft Klage führt. Man hätte also erwarten sollen, dass er sich ganz
besonders der Sachlichkeit befleißigen würde. Nichts von alledem!
Beide Briefe tragen von Anfang bis Ende den Charakter stärkster
Animosität.
Weiter meint Rohkohl
„Ebenfalls nicht
überzeugend sind die Ausführungen des Verfassers, die die Finanzierung
der Bewegung angehen. Hier hätte er wesentlich mehr für sich geltend
machen können. Rührselige Geschichten, wie die Anhänger würden jeden
Groschen, den sie erübrigen, der Bewegung zugute kommen lassen, sind
ja immer sehr schön, überzeugen aber nicht restlos. Meines Erachtens
muss sich das 'Goldene Zeitalter' zum Beispiel ohne Zuschüsse selbst
halten können, ja sogar noch Überschüsse erzielen. ...
Was Bran sachlich über das Buch von Lic. Bräunlich: 'Die Ernsten
Bibelforscher als Opfer bolschewistischer Religionsspötter' sagt,
verdient gewisse Beachtung. Für mich sind seine Ausführungen über
diesen Punkt die Antwort auf Vermutungen, die ich bei Erscheinen
dieses Buches aussprach:
Die Bibelforscher werden aus ihrem umfangreichen Schrifttum eine Fülle
von Beispielen bringen, die dartun, dass ihre Führer gegen den
Kommunismus aufgetreten sind und vor ihm warnen. Bran hätte seine
Beispiele sicher noch beliebig vermehren können. Denn es gibt in der
Tat eine große Anzahl solcher Stellen. Damit wird die Frage dringend,
ob man überhaupt von dieser Position die Bibelforscher ernstlich, d.
h. mit einer gewissen Aussicht auf Erfolg bekämpfen kann. ...
Ein wesentliches Merkmal der Ausführungen Bräunlichs wird sich
trotzdem auch jeder objektive Kritiker zu eigen machen können, dass
nämlich die Bibelforscher Wegbereiter des Bolschewismus sind, soweit
es sich um die Religionslosigkeit und Religionsfeindschaft der Massen
handelt. Hier ist mit bewunderswerter Klarheit das Endergebnis der
Bibelforscherarbeit herausgestellt worden: Die Massen werden zunächst
der Kirche sowie jeder nur religiösen Gemeinschaft entfremdet und mit
glühendem Haß gegen sie erfüllt.
Bricht dann eines Tages ihr religiöses Gebäude zusammen, so wird ein
großer Prozentsatz, getrieben durch bittere Enttäuschung, sich
vollends dem Atheismus verschreiben, zumal ihre bisherige religiöse
Gedankenwelt nichts anderes ist, als religiös übertünchter
Materialismus. Der Unterschied der Auffassung besteht lediglich darin,
dass Bräunlich der Ansicht ist, glaubhaft nachweisen zu können, dass
diese Entwicklung seitens der Führerschaft gewollt ist, während andere
das als eine ungewollte Wirkung ansehen."
Fast überflüssig noch, zu bemerken. Eine veröffentlichte Stellungnahme
seitens der WTG zu den Ausführungen Rohkohl's gibt es nicht.
Fragwürdige Geschäftemacherei mit dem Unglück anderer
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 19. Juli 2012 02:40
Im „Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Einige Überschriften (nur) aus dem „Goldenen Zeitalter" vom 1.
7. 1927, Rubrik:
„Zeichen der Zeit des Endes. Der Tag des Zornes und Grimmes
Jehovas":
„Unwetter überall:
Sturmkatastrophe in Holland,
Ein Wirbelsturm in Günzburg,
Wirbelsturmkatastrophe in Oldenburg,
Wirbelsturmkatastrophe in Lingen a. d. Ems,
Schwere Unwetter, Wolkenbrüche, Stürme in Amerika,
Taifun bei den Philippinen,
Schwere Sturmschäden in Portugal,
Weitere Überschwemmungs-Katastrophe im Mississippigebiet,
Der Umfang der Mississippikatastrophe,
Schwerer Sturm bei Arkona,
Unbekanntes Erdbeben,
Starkes Hochwasser der
Wolga,
Erdbeben in Serbien."
Dieselbe Rubrik in der Ausgabe des „Goldenen Zeitalters" vom 15. 7. 1927. Dort neben Politikorientierten Meldungen auch die (wiederum nur die Überschriften):
„Unwetter in
Oberschlesien,
Schwere Gewitterstürme in Polen,
Schweres Unwetter im Kreise Groß-Strelitz,
Neue Überschwemmungen in Nordamerika,
Schweres Unwetter in Luxemburg,
Orkan-Unwetter in Weißrußland."
Insbesondere die Lingen a. d. Ems betreffende Meldung, sei doch noch, aus einem noch zu erläuternden Grunde, im Wortlaut zitiert:
„In Lingen 200 - 300 Häuser abgedeckt, 10 Häuser zerstört, 2 Tote, 17 Verletzte. Das Dorf Esche, bestehend aus zwölf Bauerngehöften, vollständig vernichtet. Die Gegend von Reede, Haaksbergen ein Bild der Verwüstung. Zwei- und dreistöckige Häuser niedergerissen. Riesige alte Bäume entwurzelt. Ein Eisenbahnzug aus den Schienen geworfen, 18 Tote."
Sicherlich verdienen diese Opfer des Mitgefühls
und (hoffentlich) auch der Hilfe.
Eine ganz spezifische Form der „Hilfe" bekamen sie offenbar aus
dem Leserkreis des „Goldenen Zeitalters", worüber in dessen
Ausgabe vom 15. 7. 1927 berichtet wird. Exklusiv wusste offenbar
ein direkt in Lingen, Ems wohnhafter Leser des GZ als
Augenzeuge, darüber zu berichten.
Sein Bericht sei denn zitiert:
„Gerade war ich
dabei (es war Mittwoch, der 1. Juni etwa 17, 15 Uhr) einen
kleinen Betrag zu senden für das G. Z., als der Himmel eine
immer dunklere und gelbe Färbung annahm. Jedoch ließ ich
mich nicht im Schreiben stören, auch nicht, als das
elektrische Licht zweimal versagte. Plötzlich vernahm ich
ein furchtbares Krachen und Bersten, und zugleich schrieen
meine Eltern und Geschwister. „Ein Wirbelsturm, ein
Erdbeben, in die Keller!"
Meine Mutter schrie furchtbar. Gott verlieh mir Ruhe, und
ich stellte mich in eine Ecke, und bat um Schutz vor dem
„Fürsten der Gewalt der Luft" durch Jesum. Dann suchte ich
meine Mutter zu beruhigen, als plötzlich die Fensterscheiben
dort, wo ich gesessen hatte, um zu schreiben, mit
furchtbarer Wucht durch die herabstürzenden Pfannen der
Nachbardächer eingedrückt wurden. Wäre ich nicht
aufgestanden und fortgegangen, so wäre ich unfehlbar getötet
worden. Jetzt eilte ich auf die Straße und sah wie überall
Dächer zusammenstürzten, Menschen schrieen:
„Ein Kind liegt dort tot!" Ich eilte schnell hin, wo die
Leute ratlos standen (Telefon- und Lichtanlagen waren
zerstört!) Und nahm den blutüberströmten Knaben auf den Arm
und rannte, so schnell ich vermochte, mit ihm zum
Krankenhaus. Überall mußte ich über Schutthaufen und Drähte
springen, bis ich endlich am Ziel war. Ich eilte zum
Verbandszimmer mit dem Kind. Der Schädel war gespalten, der
Kiefer zerschmettert. „Wie heißt das Kind?" Fragte die
Schwester. „Ich weiß es nicht. Kommen Sie, schnell
verbinden, ehe das Kind verblutet!" „Ist das Kind denn
katholisch?"
Das war zuviel für mich! „Das kann Ihnen doch egal sein, ob
katholisch evangelisch oder sonst was, hier heißt es
helfen!" Sagte ich ziemlich grob und füllte eine Schale mit
warmen Wasser. Jetzt wurde sie etwas verlegen. „Ich meine,
wenn das Kind mal stirbt ... der Pastor ...." „Ach was",
sagte ich Pastor! Wenn alle Menschen nur soviel Sünde täten
wie dieser Knabe! Nun schnell verbinden, ehe er verblutet!"
Jetzt kam eine andere, bedeutend liebenswürdigere und
tatkräftigere Schwester und wusch den Knaben ab, bis der
Arzt kam, der ihn verband. Nun eilte ich auf die Straße und
konnte sehen, welch furchtbare Verwüstungen der Wirbelsturm
angerichtet hatte. Überall waren die Dächer der Häuser -
über 500 - abgedeckt. Viele Häuser waren vollständig
eingestürzt. Hunderte von Bäumen, darunter solche von 1
Meter und mehr Durchmesser und 20 Meter Höhe lagen
entwurzelt auf dem Boden oder an Häusern. Wie ein Strohhalm
waren sie abgebrochen worden. Zementsäulen von 60-70 cm
Breite und Dicke lagen wie abrasiert auf der Erde. Ein
entwurzelter Baum von über 1 Meter Durchmesser hob bei
seinem Sturz ein Haus hoch und zertrümmerte es. Einer Frau
ging der Kinderwagen mit Kind in die Luft, aber ohne weitere
Folgen. Ein Mann kam wie wahnsinnig im Arbeitszeug in seine
Wohnung gestürzt, schweißgebadet:
Mein Kind, mein Kind! Man hatte ihm erzählt, das von mir
transportierte Kind wäre sein kleines Mädchen, was jedoch
nicht richtig war. Um 21 Uhr endlich meldete sich der Vater
des Kindes. Es war sein einziger Sohn. Die erste Frage der
Krankenschwester bei seinem Kommen soll gewesen sein:
„Wer soll die Verbandskosten bezahlen?!" Heute morgen ist
der Junge, er war 7 Jahre alt, gestorben.
Ich hatte das Vorrecht, die Eltern mit der gegenwärtigen
Wahrheit trösten zu dürfen. Es ist bezeichnend, wie schnell
die Menschen sich des Zeugnisses der Bibelforscher
erinnerten. Ich mußte immer wieder sagen:
Ein Zeichen der Zeit des Endes! Und gleich wußte ein jeder
Bescheid.
Viele zeigten auf einmal Interesse für unsere Bücher, und
manchem durfte ich Bücher und Traktate geben. Einer Frau,
die mich kürzlich bei der Missionsarbeit abgewiesen und
verspottet hat, ist das ganze Haus eingestürzt. Ich fragte
sie: „Erinnern Sie sich meiner Worte kürzlich zu Ihnen, Sie
würden belehrt werden?"
Sie widersprach noch, wenn auch zögernd. Vielleicht wird die
nächste Belehrung genügen.
Eigentümlich war die Ruhe der Leser des „Goldenen
Zeitalters", die auch vielfach ein Zeugnis des kommenden
Königreiches gaben unter Hinweis auf dieses entsetzliche
Ereignis als eines Teiles der Erfüllung der Prophezeiung
Jesu Christi ... Hier sah man die wunderbare Wirkung des G.
Z. und der Wahrheit, wie durch sein Studium Frieden und Ruhe
des Herzens erzeugt wird. Möchten doch alle Menschen das G.
Z. lesen!
Nach dem offiziellen Bericht sind 500 Häuser schwer
beschädigt, 6 Häuser völlig in Schutt gelegt; 100 Häuser
erlitten Dachschäden. Hunderte schwerer Bäume entwurzelt und
zerstört, ein siebenjähriger Junge getötet (obengenannt),
ein weiterer Junge und eine Frau leicht verletzt. Telefon-
und Lichtanlagen sind völlig zerstört. Der
Regierungspräsident hat angeordnet, daß der Schaden aus
Staatsmitteln gedeckt wird."
Und seinen Bericht lässt der Schreiber dann mit dem Satz ausklingen:
"Die Menschen haben wieder eine große Warnung und ein Zeugnis empfangen. Gepriesen sei Gott!"
Das ganze ist also für ihn und das GZ, Wasser auf die eigenen Endzeitmühlen. Wem solcherlei Grundsatz-Argumentation befriedigen kann, wird man wohl nicht daran hindern können. Es entspricht halt seinem eingeschränkten, indoktrinierten Gesichtskreis. Für mich jedenfalls kann ich sagen. Solcherart von Instrumentalisierung von Leid, kann nur eines bewirken. Tiefsten Abscheu. Namentlich auch gegen jene (in diesem Fall die GZ-Redaktion) die das so „verkaufen" und unterstützen!
Re: Fragwürdige Geschäftemacherei mit dem Unglück anderer
geschrieben von: prozessor
Datum: 15. August 2012 17:15
Drahbeck
Zeichen der Zeit des Endes
Einige Ausgaben vorher (15. Mai 1927) wurde ein viel eindeutigeres
Zeichen behandelt, nämlich:
Das Porto wird erhöht!
Re: Fragwürdige Geschäftemacherei mit dem Unglück anderer
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 16. August 2012 05:39
ProzessorDrahbeck
Zeichen der Zeit des Endes
Einige Ausgaben vorher (15. Mai 1927) wurde ein viel eindeutigeres
Zeichen behandelt, nämlich:
Das Porto wird erhöht!
Das Bild „Erfüllte Prophezeiungen" in der Magdeburger Ausgabe des
"Goldenen Zeitalters vom 15. 5. 1927 ist dann wohl mit der Briefporto-Story
auch Konkurrenzfähig!
http://27093.foren.mysnip.de/read.php?27094,121993,131191#msg-131191
25. Mai 2012 05:0
„Ja, vor vielen Jahrhunderten, als die Menschen noch keine Ahnung von all den wunderbaren Erfindungen der Gegenwart hatten, ließ Gott seinen Propheten Hiob schreiben:
„Kannst du die Blitze entsenden, daß sie hinfahren, daß sie zu dir sagen: Hier sind wir?"
Und nun kommt's. Der Vortragsredner dieses Radiovortrages, kein anderer als Herr Rutherford höchstpersönlich, interpretiert das dann so:
„Das war eine Voraussagung des Radios, welches Gott nach einer Zeit von 3000 Jahren den Menschenkindern gegeben hat, damit sie seine Botschaft der Wahrheit, durch den Luftraum eilend, hören möchten. Jehova Gott und nicht den Menschen gebührt der Ruhm für diese Erfindung."
Da ist dann die staunende Menschheit in der tat „baff", und bekommt, so
belehrt, kaum den Mund mehr zu. Anders die Bibelforscher. Die kennen das ja
schon alles. Thesen der Art haben sie ja schon xmal gehört, respektive
gelesen. Und weil das so ist, fangen sie doch tatsächlich mal zaghaft an,
Rückfragen zu stellen.
Und siehe da, in der Rubrik „Fragekasten" dieser Ausgabe des GZ begegnet man
solch einer zaghaften Rückfrage.
Da wird dann gefragt:
„Warum wird nicht auch in Deutschland, wie es in Amerika und England und überall der Fall ist, über Radio die Wahrheit verkündigt. Warum erhalten wir in Deutschland die Radiovorträge nur im Goldenen Zeitalter. Über 300.000 Leser des G. Z., wenn man für jeden Leser eine Familie von 5 Personen rechnet, ergibt doch schon eine Anzahl von 1 ½ Millionen Einwohnern von Deutschland, haben diese nicht auch Anspruch mittels Radio etwas von der Wahrheit zu hören, genau so wie andere Christen durch ihre Vertreter ihre Ansichten in religiöser Beziehung in Form von Morgenandachten usw. durch das Radio verbreiten. Ist das Goldene Zeitalter nicht auch in der Lage, Vorkehrungen zu treffen, daß die Botschaft der Wahrheit uns zugänglich wird, wo fast alle Leser des G. Z., aber wenigstens die meisten derselben, Radioempfänger sind und eigene Antennen haben? Immer und immer wieder versucht man vergebens, auch aus dem Radio etwas über die Wahrheit zu hören. Wir bitten um Auskunft darüber."
An dieser vermeintlichen Fragestellung fällt schon mal auf, wie geschickt
da mit Zahlen jongliert wird.
Die genannte Auflagenhöhe wird flugs zu 1 ½ Millionen hochstilisiert. Ist das
jedoch sachgerecht? In der gleichen (Magdeburger) Ausgabe des GZ findet man
zwei Bilder, wozu der Bildtext hinzufügt: „Leipziger und Hamburger Leser des
Goldenen Zeitalters bei der Werbearbeit". Die tatsächliche Auflagenstruktur
dürfte doch wohl so ausgesehen haben. Die aktiven Bibelforscher (1933 auf
25.000 beziffert. 1927 noch nicht im entferntesten so viel) bezogen pro
Familie keineswegs nur „ein" Exemplar des GZ, sondern ein vielfaches davon.
Wiederum sich bemühend selbiges dann bei organisierten Autobustouren (wie in
jener GZ-Ausgabe im Bild gezeigt), weiter zu veräußern. Insofern entsprechen
die hochgerechneten Zahlen schon dem Bereich der Hochstapelei.
Nun soll das mit den geschönten Zahlen, keineswegs nur eine Eigenschaft der
Bibelforscher/Zeugen Jehovas sein. Beispiele dafür andernorts - in
Vergangenheit und Gegenwart - dürfte man ohne sonderliche Schwierigkeiten,
benennen können. Aber auch die WTG bildet keine Ausnahme von der Regel!
Wir entnehmen der Zeitschrift „Tremonia" vom 2. Juni dieses Jahres folgende charakteristische Notiz schreibt das „Goldene Zeitalter" (Magdeburg) wenig erfreut in seiner Ausgabe vom 1. 8. 1927.
Und dann bekommt man zu lesen:
Schmallenberg, 1. Juni:
Irrlehrer verbreiten seit einigen Tagen wieder ihre verlogenen
blödsinnigen Zeitschriften in unserer Gegend. „Ernste Bibelforscher"
nennen sich diese Irrlehrer die die Frechheit besitzen, in die Häuser der
katholischen Sauerländer einzudringen und ihre mit salbungsvollen, frommen
Überschriften versehenen Schmierschriften anzubieten. Wenn so eine Kunde
ins Haus kommt, dann verlange man doch stets, ehe man ihn überhaupt
anhört, zunächst eine Bestätigung des Ortsgeistlichen. Kann er sie nicht
mit Unterschrift und pfarramtlichen Stempel aufweisen, dann darf man für
solche Hetzapostel nur noch ein Wort haben:
„Rrraus!" Gehen Sie dann nicht sofort, dann den Hund von der Kette, der
wird schon mit ihm fertig. Die Sauerländer müsse sich dagegen wehren, dass
ihre schöne Heimat religiös verstänkert wird."
So ist das halt im Leben. Nicht jeder ist erfreut über eine Religion, die
(unter anderem) auch eine spezifische Deutung des Radios mit im Gepäck hat.
Und das spiegelte sich dann eben auch darin wieder, dass die Früchte nach
denen die WTG in Sachen Radio in Deutschland gierte, für sie ziemlich hoch
hingen.
Und stärker als andernorts, ist eben für Money in den USA alles möglich. 1927
indes hatte die US-Amerikanisierung Deutschlands eben noch nicht jenes Ausmaß
erreicht, von dem „God's own country" Tag und Nacht träumt. „Früher hatten wir
das Land und ihr die Bibel. Jetzt haben wir die Bibel und ihr die Hedgefonds",
ist dann allerdings die ernüchternde Erkenntnis, die sich (vielleicht) als
Kommentar zu diesen selbsternannten Weltmissionaren irgendwann mal einstellt.
Als eigentliche Antwort auf die Frage antwortet das GZ:
„Wir haben es schon einige Male versucht, mit den Sendestationen uns in Verbindung zu setzen, um Gelegenheiten zu bekommen, dem immer wieder an uns gelangenden Verlangen der Leser des G. Z. und anderer Freunde der Wahrheit zu entsprechen, um auf dem Wege des Radio die Wahrheit über das Königreich Gottes zu verbreiten. Aber unsere verschiedenen Ansuchen an die Sendestationen sind entweder unbeantwortet geblieben oder aber abschlägig beschieden worden dahingehend, daß man das Radio nicht zur Verfügung stellen wolle, um nicht Polemik hervorzurufen. Natürlicherweise beabsichtigen wir auch keinerlei Polemik hervorzurufen, sondern wenn wir uns mit Anfragen an einzelne Sendestationen wandten, taten wir das in der guten Absicht, die Wahrheit über das Radio zu verbreiten, genau so, wie dies im G. Z. und auf andere Art und Weise geschieht. Da aber diesbezüglich von den Sendestationen selbst keine Zugeständnisse gemacht wurde, Bewilligung von der Reichspost für die Errichtung einer eigenen Sendestation zu bekommen, müssen wir es unserer großen Freundes- und Leserschar selbst überlassen, sich Beschwerde führend an die einzelnen Sendestationen ihres Bezirkes zu wenden. Natürlicherweise haben wir, wie der Fragesteller anregt, das Recht, die Wahrheit des Wortes Gottes, wie wir sie verstehen, ebenso auf dem Wege des Radios verbreiten und hören zu dürfen, wie dies anderen christlichen Bekenntnissen eingeräumt ist. Es bleibt aber unseren Freunden nichts weiter übrig, da unser diesbezügliches Ansuchen abgelehnt ist, sich Beschwerde führend selbst an die einzelnen Sendestationen zu wenden; und wenn dieser Protest unserer Freunde nichts nützen sollte, bleibt nichts weiter übrig, als irgendwelche umfassenden Protestaktionen in die Wege zu leiten. Wir überlassen es natürlich dem Urteil unserer Leserschaft und Freunde, auf welche Weise sie sich an die einzelnen Sendestationen wenden wollen, ob brieflich oder in persönlicher Anfrage, wir selbst möchten in dieser Beziehung vorläufig nichts weiter unternehmen."
„Napoleon war vorausgesagt als der, der das religiöse Sklaventums Roms, das Papsttum, brechen und die Gefängnistüren für alle, die im Mittelalter geistig geknechtet waren, öffnen würde. Die Bibel bezeichnet sogar den genauen Zeitpunkt dieser Befreiung, nämlich das Jahr 1799, wo auch wirklich mit der Gefangennahme des Papstes durch Napoleon diese Befreiung kam".
Sie war inzwischen zwar schon verstorben, die agile Frau Ellen G. White von
den Siebenten-Tags-Adventisten. Aber angesichts dieser van Amburgh'schen
These, wird sie sich womöglich noch im Grabe umgedreht haben. Mit einem Gefühl
der „Wut" über diesen „Diebstahl". Denn das war doch auch eine ihrer
seinerzeitigen Kernthesen. Etwa in ihrem „Der große Kampf zwischen Licht und
Finsternis". Und nun kommt dieser van Amburgh und plappert das einfach nach,
ohne Quellenangabe.
Damit dürfte dann wieder mal deutlich sein. Was die organisatorische
Ausgestaltung beider Organisationen anbelangt (STA und Bibelforscher)
bestanden in der Tat erhebliche Unterschiede. Indes der „Humus" aus dem beide
schöpften, wies eine verdächtige Ähnlichkeit auf.
Wenn schon Herr van Amburgh sich in der GZ-Ausgabe wirkungsvoll in Szene
setzen durfte, dann wollte der deutsche Rutherford-Statthalter Balzereit da
wohl nicht so recht nachstehen. Und da selbigem auch der Spruch geläufig war:
„Wenn einer eine Reise tut, dann kann er etwas erzählen", erschien ihm wohl
eine Reisebericht das geeignete Medium dazu.
So wie es aussieht, wurde da Balzereit offenbar zu einer Dienstreise, hin zu
seinem Chef Rutherford, nach New York beordert. Das Flugzeug als
Massentransportmittel, war damals ja so noch nicht tagesaktuell. Diese Aufgabe
nahmen noch mehr die zünftigen Dampfer war. Und just in einem solchen mit
Namen „München", schiffte sich nun auch Herr Balzereit ein. Selbst seinen
Fotoapparat hatte er mitgenommen, und so vermag denn der zeitgenössische
GZ-Leser auch ein paar Bildimpressionen von jener Reise zur Kenntnis zu
nehmen.
Balzereit, der sich ja wohl in der Rolle eines verhinderten Schriftstellers
sah, und in dieser Eigenschaft im GZ-Impressum auch ausdrücklich seinen
diesbezüglichen Aliasnamen, als „Paul Gehrhard" aufführen lies, schrieb auch
diesmal unter diesem Kürzel: „P. Gd."
Und da er offenbar ein gelehriger Schüler der van Amburgh's und Rutherford's
war, lässt er denn seine Lehrstücke kombiniert mit seinen vermeintlichen
Schriftstellerischen Fähigkeiten, mit in diesem Bericht einfliessen. Etwa mit
der Aussage:
„Wie das blitzt und glitzert an
der Oberfläche, als ob hunderttausend scharfe Scheiben sich drohend
erhöben! Viel zu spät, um seinen Eisenschaufeln, die die Wasser teilen, zu
schaden. Tiefauf wühlt er das Meer und läßt des Menschen Auge in Schlünde
blicken. - Geheimnisvolle Tiefe!
Rollende Wogenleiber suchen vergeblich sprudelnde Trichter zu füllen,
immer neue Löcher reißen seine Eisenhände, und aus der Tiefe leuchtet es
wie graues Haar. Ringsum dunkle Wasser, wie ein großes Schlammfeld, nur in
der Fährte unseres Leviathans leuchtet es weiß, blau und grün; weit, weit
ist die Spur zu verfolgen, als wäre ein Dreschschlitten - eine Preßwalze -
über ein Schlammfeld gezogen. Das ist unser Leviathan!
„Warum ich ein Dampfschiff Leviathan nenne?" Weil die Bibel - jenes alte
Buch, aus dem ich schon so viel zitierte - es auch tut. Im Buche des Hiob
wird die Unfähigkeit des Menschen, sein eigenes Glück ohne Gott zu
schaffen, gezeigt. Prophetisch wird auf das Ende dieses Zeitalters mit dem
Versagen alles Menschenwerkes hingewiesen und in prophetischen Bildern
auch die Zeichen, die jene Zeit kennzeichen würden, beschrieben. In den
vorhergehenden Versen wohl mehr die Anwendung der Dampfkraft (letztere ist
eines dieser Zeichen) auf dem Lande, d. h. bei der Lokomotive
beschreibend, wird Hiob 40:20 das Dampfschiff prophetisch „Leviathan"
genannt; und dann gibt dieser Prophet Gottes - viele hunderte Jahre vor
der Erfindung der Dampfmaschinen - eine Beschreibung des Dampfschiffes,
die jeden Menschen, ob er nun der Bibel glaubt oder nicht, in Erstaunen
setzen muß, weil sie erstens so geheimnisvoll gehalten ist, daß sie - dem
seichten Auge verborgen bleibend - nur dem ernsten Sucher offenbar wird,
und zweitens doch so genau markiert und kennzeichnet, daß ein Zweifel über
das, was sie meint, dem verständigen Sinn garnicht kommen kann."
In der Ausgabe vom 1. 9. 1927 des „Goldenen Zeitalters" gab es dann noch eine Fortsetzung dieses Reiseberichtes. Und in selbiger meint Herr Balzereit auch mit den Sätzen „glänzen" zu können:
„Voll besonderem Interesse
blickt mein Auge nach Staten Island, befindet sich doch dort die große
Radiostation der Bibelforscher, von welcher aus die Botschaft vom
Königreich Gottes auf drahtlosem Weg über die ganze Erde verbreitet wird.
Wie lange wird man sich in Europa noch weigern, der Menschen edelste
Freiheit freizugeben? Wie lange noch werden jene willkürlichen Schranken
der Intoleranz, die es den Bibelforschern verunmöglichen, Die Botschaft
vom Königreich Gottes auch mittels Radio zu verkündigen, aufrecht erhalten
werden? Nachdem ich gesehen habe, mit welcher Macht von 53 Sendestationen
der Vereinigten Staaten Amerikas aus die Wahrheit mittels Radio verbreitet
wurde, ist mir klar, daß Gott in Europa die Stunde erzwingen wird, wo er
diejenigen, die sich das Verfügungsrecht über die von ihm gegebene Segnung
des Radios genommen haben, zwingen wird, das Radio auch für die
Verkündigung der Botschaft der Wahrheit freizugeben."
Auch wenn Herr Balzereit durch die Nähe seines Chefs sich derart beflügelt fühlte, ist doch schlicht und einfach festzustellen. Seine Prognose ging nicht auf.
„Der elektrische Pflug. Aus New
York wird telegraphiert:
Auf einem Gut in der Nähe von Rochester wurde, wie die Blätter berichten,
ein elektrischer Pflug mit sensationellem Erfolg ausprobiert. Der
Elektrische Pflug ist die Erfindung eines Maschineningenieurs aus
Pittsburg, Hamilton Roe. Der Pflug wird mit einem Strom von 100.000 Volt
angetrieben und von einem gewöhnlichen Traktor gezogen, der den
elektrischen Strom erzeugt und durch ein System von Stahlklingen in die
Erde leitet. Der elektrische Pflug vernichtet jegliches Unkraut, Würmer,
Käfer und sonstiges Ungeziefer und befruchtet überdies den Boden. Bei den
Versuchen wurde festgestellt, daß auf mit dem elektrischen Pflug
bearbeiteten Boden angebautes Korn viel schneller gedieh als auf
gewöhnlichem Ackerboden. Auch wurden die Pflanzen doppelt so hoch wie bei
normalem Anbau."
Die Frage, weshalb sich denn diese Erfindung nicht durchgesetzt habe, lässt das GZ allerdings unbeantwortet. Aber das kennt man ja schon seit ihrer Wunderweizen-Euphorie. Von Zeit zu Zeit bedurften die GZ-Leser offenbar neuer Stimulanzen, auf diesem „Level".
Augenblicklich steht Toronto im
Zeichen einer großen Bibelforscher-Konferenz, zu der sich mehr als 8000
Delegierte aus allen Teilen der Vereinigten Staaten Amerikas und Canadas
zusammengefunden haben. Im Automobilverkehr der Stadt treten überall die
Autos der Bibelforscher - in besonderer Weise durch Abzeichen kenntlich
gemacht - hervor. Vor der eigentlichen Versammlungshalle, in der die
Konferenz stattfindet, halten beständig mehrere 100
Bibelforscher-Automobile. Die größte Halle der Stadt, dass Coliseum im
Ausstellungsgelände, ist am Eröffnungsmorgen der Konferenz gut besetzt.
Der Bürgermeister Stadt begrüßt die Konferenzteilnehmer im Namen der Stadt
und bezeugt, dass dies die größte christliche Konferenz sei, die je in
Toronto stattgefunden habe.
Dieser Vortrag Richter Rutherfords hat eine Verbreitung über die ganze
Welt gefunden, wie sie nie ein anderer Vortrag gefunden hat und zwar
mittels Radio. Durch vertragliche Verbindung mit den meisten
Radiostationen Amerikas wurde dieser Vortrag über 53 Radiostationen
weitergegeben.
Die Presse Amerikas und Kanadas berichtete, dass es das erste Mal sei,
dass ein Vortrag eine solche Verbreitung fand wie dieser. Selbst die
bedeutendsten Vorträge des Präsidenten der Vereinigten Staaten haben keine
so umfassender Verbreitung gefunden wie dieser Vortrag. Acht Tage dauerte
diese Konferenz.
Und dann jubelt das „Goldene Zeitalter" weiter:
Hauptversammlung der
Bibelforscher in Berlin
„So etwas hat Berlin noch nicht gesehen!"
So scheint es selbst aus den verschiedenen Berichten der großen Berliner
Presse hervorzugehen, die die Meldungen über die große
Bibelforscherkonferenz vom 27 bis 29. August im Sportpalast brachte. 10
bis 12.000 Vertreter waren anwesend aus allen Teilen des deutschen Landes,
und außerdem Vertreter aus der Schweiz, Österreich, Tschechoslowakei,
Ungarn, Rumänien und Amerika.
(anonymer Pressebericht) Die Literatur der Bibelforscher hat schon eine
enorme Verbreitung erfahren. Wir uns von gut unterrichteter Seite
mitgeteilt wird, wurden allein in Deutschland über 12 Millionen Bücher
Bibelforscher verbreitet, und die Bücher Richter Rutherfords allein haben
in den letzten sieben Jahren eine Verbreitung von 30 Millionen über die
ganze Erde gefunden. Dies sind Zahlen, die wohl von keiner zweiten
Bewegung aufzuweisen sind."
Und zum inhaltlichen vernimmt man:
Richter Rutherford sagte, er
wisse nichts über die deutsche Geistlichkeit persönlich zu sagen, aber er
wisse, dass in diesem Sinne die Geistlichkeit Amerikas ganz
entgegengesetzt den Grundsätzen der Bibel gehandelt habe, und dass deshalb
überall, wo ähnliches geschehen sei, die Geistlichkeit Schuld trage dafür,
dass die Bibel mit ihren Forderungen: Du sollst nicht töten nicht beachtet
wurde und der schreckliche Krieg kam.
Er sagte, dass ein hervorragender Geistlicher Amerikas, Dr. Hillis, einer
der schlimmsten Kriegshetzer für den Eintritt Amerikas in den Krieg gegen
Deutschland gewesen sei und dies auf Bezahlung durch den amerikanischen
Banktrust. Richter Rutherford trat öffentlich dagegen auf und erklärte,
dass die Hetze der Geistlichkeit für den Krieg ein schlimmes Unrecht sei.
Dies trug ihm den Hass der Geistlichkeit ein und diese richtete eine
Petition an die Regierung mit den Ersuchen, ihn zu töten. Dies ist ihnen
allerdings nicht gelungen, aber es gelang ihnen, ihn wegen seines Glaubens
an die Bibel, und weil er für Wahrheit und Gerechtigkeit eintrat ins
Gefängnis zu bringen.
Aber auch nach dem Krieg war dieser Geist noch nicht beendet, und setzte
genannter Geistlicher sein hetzerischer Tätigkeit fort, er veröffentlichte
einen Artikel, in dem es heißt, dass 10 Millionen Deutscher kastriert
werden müssten, um - diesen Ausdruck gebrauchte er - diese ganze Brut
auszurotten.
Der Wermutstropfen im Jubelgesang
Vor der Tür des Sportpalast
wurden vom Evangelischen Preßverband herausgegebene Pamphlete verteilt, in
welchen die bekannten
Unwahrheiten P.
Bräunlichs
aufgewärmt wurden. Wir haben erfahren, dass es zwecklos ist, P. Bräunlich
selbst zu ersuchen, seine Unwahrheiten zu berichtigen, da er trotz unserer
Berichtigung es nicht tut, sondern weiter verleumdet. Der evangelische
Presseverband mag stolz sein auf diesem Kampfgenossen. Weil aber immer
aufs neue seine Unwahrheiten verbreitet werden, erklären wir bei dieser
Gelegenheit erneut, dass seine Kombinationen, die Bibelforscherbewegung
trage den gleichen Charakter wie der
Taxilschwindel,
oder Bibelforscher seien Religionsspötter und Vorboten des Bolschewismus,
oder, der Leiter der deutschen Bibelforscher habe an der Kieler
Matrosenrevolution teilgenommen und ähnliche Behauptung mehr, aus der Luft
gegriffene Erfindungen (nur der Anstand verbietet uns das Wort „Lügen"
anzuwenden) des Herrn P. Bräunlich sind. Wenn man die Bibelforscher mit
solchen persönlichen Verunglimpfungen und Schmähungen zu verleumden sucht,
weiß man nur, dass man ihnen geistig nicht gewachsen ist. Was die
Bibelforscher gebrauchen, ist die Bibel, ihre Gegner gebrauchen die
Verleumdung.
Weiter in GZ-Bericht
Fast alle großen Zeitungen
Berlins brachten Spaltenlange Berichte.
Berliner Morgenpost Nr. 207 vom 30.8.1927
Vossische Zeitung Nr. 207 vom 30.8.1927
B. Z. am Mittag Nr. 228, vom 30.8. 1927
Berliner Volkszeitung Nr. 408 vom 30.8. 1927
Die WTG zitiert zwar genannte Presseartikel, aber doch eher selektiv.
Nachstehend seien selbige noch (kommentarlos) dokumentiert:
Berliner Morgenpost
Dienstag, 30. August 1927
S. 3:
„Ernste Bibelforscher
Massenversammlung im Sportpalast
Die Internationale Vereinigung ernster Bibelforscher, die seit ungefähr
fünf Jahren in Deutschland festen Fuß gefaßt hat, hielt ihre
Jahres-Heerschau im Sportpalast ab, die gestern Abend mit einem Vortrag
ihres geistigen Oberhauptes, des Richters Rutherford aus New York,
abschloß. Die große Halle war bis auf den letzten Platz gefüllt, und eine
scharfe polizeiliche Absperrung mußte einsetzen, um Tausende und
Abertausende fernzuhalten. Selbst der große Hof vor dem Gebäude war dicht
mit Menschen gefüllt, die vergebens hofften, Einlaß zu finden.
Die Bewegung, deren Sprecher Rutherford ist, und die durch wörtliche
Auslegung der Bibel den Beweis zu führen sucht, daß wir am Beginn des
tausendjährigen Reiches stehen, ist nicht neu. In allen Zeiten, in denen
die Menschen durch große Leidensperioden, wie sie der Weltkrieg mit sich
gebracht hat, geschritten ist, tauchten die Verkünder des bevorstehenden
Reiches Gottes auf und fanden Zuspruch von Tausenden.
Der große Saal, der mit den blau-weiß-gelben Fahnen der Vereinigung und
mit Bibelsprüchen geschmückt war, machte einen festlichen Eindruck, als
Richter Rutherford die Rednertribüne bestieg und seine Ansprache in
englischer Sprache hielt, die Satz für Satz ins Deutsche übersetzt wurde
und so unmittelbar wirken konnte. Rutherford ist ein glänzender Redner,
der seine Gemeinde zu fesseln und zu bewegen versteht. Jede seiner
Behauptungen belegte er mit Bibelzitaten. Jetzt sei die Zeit gekommen, von
der alle Propheten reden. Nun habe der Kampf Aller gegen Alle begonnen,
von dem die Heilige Schrift spreche.
Es war ergreifend auch für die, die Rutherfords Gedanken nicht zu folgen
vermögen, als der geschickte Redner am Schluß seiner Ausführungen die
Frage an die Versammelten richtete, ob sie nicht für eine Regierung des
Rechtes, eine Regierung der Verbrüderung, eine Regierung, die keinen
Unterschied, keinen Krieg und keine Arbeitskämpfe kenne, eintreten wolle,
und sich die zehntausend, die den Sportpalast füllten, wie ein Mann
erhoben. Gleichzeitig setzten die geschickt verteilten Chöre der Gläubigen
ein, und machtvoll schall das „Lobe den Herrn" von geschulten Stimmen
gesungen durch die Halle.
Richter Rutherford erklärte nach der Versammlung unserem Mitarbeiter, daß
er seit sechs Jahren, als er nach dem Krieg nach Deutschland gekommen sei,
mit großer Sorgfalt gerade den Aufbau der deutschen Gemeinden verfolgt
habe. Er habe in Magdeburg, der deutschen Zentrale der Bibelforscher, eine
große Druckerei für 100.000 Dollar gebaut, die über eine eigene
Radiostation verfüge
[Einfügung: Bezüglich der Radiostation hat der Journalist da offenbar etwas in die falsche Kehle bekommen],
und die seine Druckschriften mit der frohen Botschaft, die er zu verkündigen habe, in Hunderttausenden von Exemplaren vertreibe. Dreißig Millionen seiner Bücher hat Richter Rutherford umgesetzt. Jedenfalls ist seine Organisation eine ganz hervorragende. Daß die evangelische Kirche sie ernst zu nehmen beginnt, geht daraus hervor, daß sie vor dem Sportpalast durch Flugblätter eine starke Gegenpropaganda machen ließ, in der die Bibelforscher scharf angegriffen werden.
Vossische Zeitung
Dienstag, 30. August 1927
S. 2:
Das Reich der Gerechtigkeit
Die Bibelforscher im Sportpalast
Drei Tage lang hat die „Vereinigung der Bibelforscher" unter ihrem
Präsidenten, dem amerikanischen Richter Rutherford, in Berlin verweilt.
Die Bibelforscher betreiben nicht die gottlose Kunst historischer und
philologischer Kritik, die uns die heiligen Schriften als Werk von
Menschen und entstanden unter menschlichen Bedingungen darstellen möchten,
sondern im Gegenteil, sie zweifeln an keinem Buchstaben und durchforschen
die Bibel nach Prophezeiungen, die das Reich Gottes und seine nahe
Heraufkunft verkünden.
Gestern abend hielten sie eine öffentliche Werbeversammlung im Sportpalast
ab. Wieviel Personen faßt der Sportpalast? Sagen wir: 10.000. Zehntausend
Personen füllten ihn bis auf den letzten Platz, und ebenso viele, wenn
mann Richter Rutherford glauben darf, warteten draußen vergebens auf
Einlaß.
Inmitten des überfüllten Saales, unter mächtigen weißen Schildern, die in
blauer Schrift die hoffnungsvollen Worte: Frieden, Leben, Glück, Liebe,
Treue, Freiheit, Gesundheit, Wohlfahrt zeigten, behütet von Ordnern, die
einander „Bruder" nannten, hielt Rutherford seine Rede in den
Lautsprechern, so daß man ihn bis in den letzten Winkel verstand, auf
Englisch, wobei aber jeder Satz von einem Herrn neben ihm sogleich
übersetzt wurde.
Man erfuhr aus seinem Munde mancherlei über ihn selbst. Wenn man ihm
glauben darf, so hat sich Richter Rutherford in Amerika für Deutschland
gegen Amerikas Kriegsbeteiligung eingesetzt, und ist dafür mit Gefängnis
bestraft worden. Er hat es sich mit seinen Freunden zur Aufgabe gemacht,
das Reich Gottes unter den Menschen zu verkünden, und tat es, ohne Geld
dafür zu nehmen. Auch seine Schriften vertreibt er ohne Gewinn, nur zum
Selbstkostenpreis, und es ist ihm gelungen, im Laufe der Jahre ihrer
dreißig Millionen abzusetzen. Wenn man Richter Rutherford glauben darf.
Und was wußte er den zehntausend Hörern zu verkündigen? Das Reich Gottes,
das Reich der Gerechtigkeit, wie es die Bibel alten und neuen Testamentes
an vielen Stellen verspricht, darin es keine Ungerechtigkeit, keine Not,
keinen Krieg, wohl aber Glück, Gerechtigkeit und Frieden geben wird.
Er beruft sich zum Beweise dieser Verkündigungen auf Bibelstellen, die er
nach Kapitel und Vers angab, und es fanden sich im Publikum nicht wenige,
die das heilige Buch bei sich führten und sogleich nachschlagen. Ohne
Zweifel haben sie festgestellt, daß an den angegebenen Stellen genau das
stand, was vorgelesen wurde, und der Referent, der keine Bibel zur
Verfügung hatte, zweifelt nicht, daß Richter Rutherford in diesem Punkte
Glauben verdient.
Das Reich Gottes, das die Bibel verheißt, ist nichts Neues. Neu ist, daß
eben jetzt, wenn man Richter Rutherford glauben darf, die Prophezeiungen
der Bibel begonnen haben, in Erfüllung zu gehen. Mit dem Ausbruch des
Weltkrieges hat es angefangen, ist genau nach der Bibel mit Pestillenz,
Hungersnot und Erdbeben weiter gegangen und wird damit enden, daß die
Herrschaft des Messias mit ihren Segnungen beginnt. Ja, Millionen von
denen, die heute leben, werden, weil sie das Reich Gottes noch erleben,
niemals sterben.
Zehntausend hörten sich die Botschaft an, sangen ergriffen den ehrwürdigen
Choral „Lobet den Herrn" und dankten im Gebet Gott dafür, daß die
Herrschaft des Messias so nahe bevorsteht. Es sah so aus, als glaubten sie
dem Richter Rutherford. Hoffentlich darf man ihm glauben,
Inquit
B. Z. am Mittag
Dienstag, 30. August 1927
S. 3
Christian Bouchholtz
„Millionen jetzt Lebender werden
nie sterben!"
Das Bibel-Meeting im Sportpalast
Der Amerikaner, Richter J. F. Rutherford, spricht vor 15 Tausend Berlinern
im Sportpalast
Was ist los?
Riesenrote Plakate schreien an Litfasssäulen:
Rutherford spricht im Sportpalast. Sein Bild prangt. Worüber will er
sprechen? Man weiß es nicht genau. Vage Andeutungen, daß man in der ganzen
Welt wieder zum Krieg rüstet und daß deshalb alle Regierungen der Welt
gestürzt werden müssen. Das „goldene Zeitalter" beginne ...
Die Berliner haben zu Tausenden von Malen diese Worte schon von den
Litfasssäulen läuten hören, und immer waren es Glocken ohne Klang, die
nicht einmal soviel Menschen locken konnten, daß ein kleiner Saal gefüllt
wurde. Aber diesmal?
Der Sportpalast war zur Zeit der größten Boxkämpfe, der Sechs-Tage-Rennen,
der Böse-Buben-Bälle noch nie so überfüllt, wie bei dieser Predigt. 15.000
Menschen in der Riesenhalle. Vor dem Sportpalast Tausende, die nicht mehr
hineinkommen. In Scharen stehen sie da. Strenge Polizeisperrkette.
In den Seitenstraßen Lastautos voller Schupo in Bereitschaft,
Unter die Scharen, die herumstehen, werden Flugblätter verteilt:
„Aber mit den Russell- und Rutherford-Nachbetern
wollen wir nichts zu tun haben."
(Herausgegeben von dem evangelischen Preßverband Deutschlands).
Die Gegenpropaganda ist schon da. Auch
die Heilsarmee rüstet sich schon, heißt es.
Was ist denn plötzlich in die Berliner gefahren, daß sie in solchen Massen
die Sportpalast-Kirche stürmen, um die neuen Lehren der „Ernsten
Bibelforscher" in sich zu saugen?
Das evangelische Flugblatt klingt beinahe defensiv:
„Die ev. Kirche bedarf dieser verwirrenden amerikanischen Sekte nicht. 165.000 hilflose Kinder finden in ihren 3800 Heimen liebevolle Aufnahme. 1900 Kranken- und Pflegeanstalten, 950 Altersheime, 35.000 Diakonissinnen."
Passiert man als
Pressevertreter, heiß beneidet, den Polizeikordon, kommt man auf den
geräumten Vorhof. Plakate an Mauern und Baumstämmen. I, II, III usw. In
Abteilungen sind die Gläubigen der Gemeinden Stettin, Stendal usw.
erschienen, tragen beim Hinausgehen Plakate mit dem Namen der Stadt hoch.
Lastautos stehn da. Ein halbes Dutzend. Darauf Plakate „Das Goldene
Zeitalter". Sie kommen aus Magdeburg, wo die Zentrale der „ernsten
Bibelforscher" eingerichtet ist. Über dem Portal prangt ein Leuchtgebilde:
Weltkugel - Goldkrone - schief hineingesteckt ein Kreuz-Symbol. Das Kreuz
wird die Herrschaft über den Erdball führen.
Drinnen: Überwältigender Anblick. Nicht ein Platz mehr zu haben.
Riesenhaft der Hintergrund drapiert in Gelb, Blau, Weiß um das hohe
Podium, das mit Blumen überreich geschmückt ist.
Ein großes Orchester. Auf den Galerien Chöre.
Die Ordner - Hunderte - tragen alle das Symbol der ernsten Bibelforscher
im Knopfloch.
Dort ferne, nicht erkennbar, stehen Richter Rutherford und sein
Dolmetscher hinterm Mikrophon. Und in allen Winkeln des Riesensaals hört
man sie sprechen, den Amerikaner und seinen Übersetzer, durch die
Lautsprecher. Immer wieder die Zitate:
„Hesekiel 2, Vers 3" und „Matthäus 11 Vers 11" und „Moses 4, Vers ..."
Und von den Galerien strahlen die Riesenworte: „Freiheit", „Gesundheit" -
„Wohlfahrt" - „Frieden" - „Leben" - „Liebe" - „Gerechtigkeit" - „Treue"
und. „Das Ersehnte aller Nationen wird kommen!" Und: „Und der Tod wird
nicht mehr sein" - Offenb. 21, Vers 4.
Rutherford spricht. Man kann zwischendurch Erfrischungen zu sich nehmen,
Schokolade, Minza, Himbeer, sogar schäumendes Bier. Aus Zerstäubern wird
Fichtennadelduft gespritzt.
Packend ist der Vortrag nicht. Kühl-sachlich spricht er. Fast
Gemeinplätze. Nur ab und zu blitzt es durch, aber so fernher und donnerlos,
daß man sich nicht fürchtet.
Jedoch was ist die Lehre?
Sie stammt von C. T. Russell, der 1916 im Schlafwagen eines Expreßzuges in
Amerika starb.
Sein Erbe übernahm Rutherford, der Richter, der vor allem ein
Propagandaagent ist. Viele Millionen schwören in Amerika auf ihn. Er hat
acht Funkstationen, von denen aus er zu seinen Gläubigen spricht.
Seine Thesen: Das goldene Zeitalter ist da! Das 1000jährige Reich des
auferstandenen Christus ist seit 1874 in der Welt, Christ unter uns.
Millionen heute Lebender werden nicht sterben. Nieder mit allen
Regierungen von heute, mit allen Kirchen von heute. Es gibt keine Hölle.
Im Himmel sind auch keine Toten. Es gibt keine Seele. „Ist es vernünftig,
anzunehmen, daß Gott einem Geschöpf einen Asbest-Leib gibt, damit es ewig
gebrannt werden kann?" Aber diese gefährlichen Dinge stehen erst in den
Büchern, die er in einem Lastauto-Zug herangebracht hat.
Schluß der Predigt:
„Und wenn Sie jetzt eine Regierung fänden, unter der Sie dauernden Frieden, dauernde Glückseligkeit, dauernden Wohlstand, Gerechtigkeit, Gesundheit hätten, so daß Sie nicht sterben würden, würden Sie nicht mit Freuden für eine solche Regierung stimmen? Wer für sie stimmen würde, der stehe auf!!"
Und - 15.000 Berliner stehen
auf!
Darauf spielt das Orchester: Großer Gott, wir loben dich. Der Primgeiger
dirigiert mit Fidelbogen und Geige. Und dem Prediger wird - zugeklatscht!
Und er nimmt das Taschentuch und winkt.
Gläubige bilden dann einen Kordon um ihn. Ich durchbreche den Kordon.
Spreche mit dem hochgewachsenen, schwarzgekleideten Mann, dem ein
Monokelband über die Hemdbrust geht. Er ist entzückt von seinem Empfang in
Berlin. Er sagt:
„Deutschland ist das beste Land von ganz Europa, sonst hätte es sich nicht so rasch erholt."
300.000 Mark haben sie jetzt für
Propaganda ausgegeben. (Mit dem Verkauf der Bücher dieses bestbezahlten
Schriftsteller-Propheten mit den acht Funkstationen und mit der
Zeitschrift „Das goldene Zeitalter" werden sie wieder hereinkommen.
Er geht jetzt nach Dänemark. Wird er auch Dänemark für das beste Land
Europas erklären? Aber kann man einem Mann böse sein, der einem das
Paradies auf Erden verspricht, das goldene Zeitalter, ewiges Leben und
alles, was es sonst an lieblichem sonst gibt. Mitnichten.
Berliner Volks-Zeitung
[Einfügung. Chefredakteur selbiger Otto Nuschke. In einer späteren Phase
seiner Biographie (DDR), dort noch als Alibi-Aushängeschild, stellvertretender
Ministerpräsident, und auch für Kirchenfragen mit zuständig (auf dem Papier)
das allerdings nicht das Wert war, was es denn vielleicht gekostet hat. Ende
der Einfügung]
Dienstag, 30. August 1927, Morgen-Ausgabe
Robert Fischer
Run zu Rutherford
Achtzig Jahre Zuchthaus - Das Wort an den deutschen Arbeiter - Kapital und
Kirche. Die Zeit der letzten Prüfung - Viele Tausende wollen ihn im
Sportpalast hören. Schon einmal war der Richter J. F. Rutherford,
Präsident der Internationalen Bibelforscher, auf einer Inspektionsreise in
Europa. Vor sieben Jahren. Damals konnte er keinen Paß nach Deutschland
erhalten. So organisierte er von Bern aus den europäischen Zweig der
I.V.E.B. und gründete mit dem Sitz in Zürich ein Zentraleuropäisches
Bureau, des Jurisdiktion die Vereinigungen in Frankreich, in der Schweiz,
in Belgien, Holland, Österreich, Italien, Deutschland unterstehen sollten.
Jetzt aber ist er in Berlin, um einmal zu den Gliedern seiner Vereinigung
zu sprechen. Etliche Stunden vor seinem Vortrag gewährt er ein Interview.
Der erste Eindruck. Ein Hüne von Erscheinung, breitschulterig, nicht
übermäßig herkulisch, echt amerikanischer Typ. Im diametralen Gegensatz
die Stimme, in welche wohl nie die Härte kam, weich das Wort, weich die
Gesichtszüge, weich die Augen im eigentlichen Glanz. Kein Reformator aus
unruhigem Blut, kein Feuerkopf, kein kriegerischer Geist. Gleich das erste
Wort bestätigt das.
„Man hatte mich zu achtzig Jahren Zuchthaus verurteilt, weil ich nicht in die Kriegspropaganda einstimmen wollte, als Amerika der Entente zur Seite sprang."
Den widerlichsten Prozeß hat man
ihm damals gemacht, mit den gemeinsten Mitteln, ihm und sieben
Mitarbeitern. Und hat sie doch wieder freigelassen, nach neun durchbüßten
Monaten, als der Krieg beendet war.
Auch das erzählt er ruhig, unter der Begleitung eines feinen Lächelns, als
sollte es zeigen, wie leid ihm die Menschen tun, die nicht anders als in
den Gedankengängen Krieg und Zuchthaus denken können.
„Das ist das Lebenswerk für die Armen zu schaffen.
Von den Regierungen kommt ihnen keine Hilfe. Auch von den Kirchen nicht
Wohl steht die Wahrheit in der Bibel. Aber die Priester lehren sie nicht.
Sie lehren lediglich die Politik."
„In Amerika stehen die Prediger in Verbindung mit den Bankiers. Dr. Hillis,
einer ihrer bekanntesten Sprecher hat in den Krieg mit Deutschland gehetzt
und die American Bankers Association hat ihn dafür bezahlt. Ich bin nicht
dafür!"
Und - wer weiß, welche
Ideenverbindung ihm das eingab -
„Die Deutschamerikaner sind gute Bürger. Die Deutschen sind die besten
Bürger!"
Das ist kein Kompliment gegen
das Land, dessen Boden er betrat. Bestimmt nicht. Das ist so echt, gerade
so - wie seine Traurigkeit über die amerikanischen Priester. Und er läßt
nur einen Abschnitt Hillischen Geistesgutes abschreiben, das eine einzige
Gemeinschaft ist, so pervers, daß man ihn keinem Papier anvertrauen kann.
Inzwischen sagt mir Paul Balzereit, wie es heißt, ein ehemaliger
Werftarbeiter, nun Leiter des deutschen Zweiges der I.V.E.B., ein Wort für
den deutschen Arbeiter.
„Sie sollten erkennen, daß die Bibel das wichtigste Mittel in ihrem Kampfe ist. In ihr finden sie ihr verbrieftes Recht. Es gibt keine Forderung, die sie erheben und die sie nicht auf ein biblisches Zeugnis stützen könnten. Es ist die weiseste Politik der Führer, den Massen immer wieder vor die Augen für führen. Der deutsche Arbeiter sucht etwas Höheres, etwas was ihn erhebt. Dieses Suchen treibt ihn stetig in die Arme der Kirche zurück, aber wie er sagt" - und Balzereit deutet auf Rutherford - „die Priester bringen die Politik, nicht die Bibel."
Dann gibt er Rutherford ein letztes Wort.
„Die Erde ist für alle Menschen, nicht nur für einige. Das Werk der Bibelforscher wird erst vollkommen sein, wenn sich alle Verheißungen erfüllt haben."
So scheidet man von einem
Menschen in dem Bewußtsein, daß er seine Kräfte einsetzen will an die
Genesung einer ganzen Welt. An eine Genesung „von innen heraus" - wie er
sagte.
Die Ideen, welche Rutherford propagiert, liegen klar. Dem einen sind sie
Evangelium, dem anderen erscheinen sie interessant. Bleibt Streitfrage,
Streitfrage, so steht doch fest, daß hier ein Mann am Werke ist, der
unbeirrt sein Ziel verfolgt. Und das bedeutet heute manches.
Um halb acht vor dem Sportpalast. Der Vortrag ist für acht Uhr angesetzt.
Fährt von Kampen sechs Tage und sechs Nächte über die Bahn, geht
Breitenströter über zehn Runden, ist es schlimm.
Heute spricht Rutherford. Heute ist es schlimmer.
Der Sportpalast ist überfüllt. Zehntausend Personen faßt er normalerweise,
mehr haben Einlaß gefunden. Man schüttelt den Kopf, wie das möglich ist.
Vor den Türen staut sich die Masse, die keinen Einlaß mehr finden kann. Im
Vorhof drängen sich die Menschen. Straßenwärts hat die Schupo alle Not,
die Türen geschlossen zu halten. Noch immer strömen die Massen. Kurz nach
acht sind es noch einmal Tausende, die zu Rutherford wollen.
Traktate werden in verschiedenster Fülle verteilt. Die Ernsten
Bibelforscher mit ihrem blauweißgelben Abzeichen treiben gute Propaganda.
Man rührt und rührt sich nicht, weiß, daß im Sportpalast Lautsprecher
aufgestellt sind. Nun fordert man, daß die Rede auch nach außen übertragen
wird. Indessen beginnt Rutherford, es geschieht nichts.
Inzwischen hat auch der Häusser-Anhang sich eingefunden und versucht, aus
der Menschenansammlung Kapital zu schlagen.
Drinnen redet Rutherford:
1914 hat das Unglück begonnen, das „Ende der Welt" aus der Absicht Gottes,
den Menschen die Bosheit zu zeigen; auch 1918 bedeutet kein Ende, der
Völkerbund, die Delegaten reden vom Frieden, aber England, Frankreich und
Amerika rüsten. Das ist die letzte Prüfung. Was dann kommen wird, ist
goldene Zukunft. Rutherford belegte das mit Bibelstellen; ob überzeugend,
sei dem Urteil des Einzelnen anheimgegeben.
Die Ernsten Bibelforscher haben eine Chance gehabt. Wie wird sie
ausschlagen?
„Durchweg haben alle
amerikanischen Städte etwas Verwandtes. Es haftet ihnen allen an - der
einheitliche Zug des Geistes Amerikas, jener Hauch der Geschäftigkeit und
Eile, den wir Europäer gerne mit dem etwas spöttisch klingenden Ausdruck „buisness"
bezeichnen. Es ist nicht zu leugnen: der Amerikaner lebt in erster Linie
fürs Geschäft. Und es ist wiederum nicht zu leugnen, daß, wo ein Mensch
nur fürs Geschäft lebt, d. h. wo der Kopf vollständig das Herz verdrängen
wollte, unglückliche Verhältnisse entstehen müßten. ... In diesem Lande
des Rekords setzt eben ein jeder, ob klein oder groß, seine Ehre darein,
einen Rekord erreicht zu haben, nicht um des damit verbundenen Gewinnes,
sondern um der Ehre willen. Und derselbe Geschäftsmann, der sich mit zäher
Ausdauer bemühte, bei irgendeinem Handel von seinem Vertragspartner zehn
Cent mehr herauszuschinden, gibt ihm im nächsten Augenblick für die
Bewirtung desselben Vertragspartners ohne Bedenken 100 Dollar aus. So
schnell wie das Geld in jenem Lande hereinfließt, fließt's auch heraus.
Die Parole des Tages ist: Rekord, Rekord, und diese Idee - so scheint es -
begeistert groß und klein. ...
Wie ich hineinblicke in diesen Riesenorganismus, empfinde ich - in der
Erwägung der Möglichkeit, ein Teil in dieser Riesenmaschine zu sein -
deutlich ein leises Unbehagen, denn bei aller Bewunderung für das
Organisationstalent der Amerikaner und für die Kaltblütigkeit, mit der sie
schwierige auftretende Probleme des Verkehrslebens und andere Dinge
ordnen, fühlt man dennoch überall hindurch die Sorgen ungelöster Fragen
auf wirtschaftlichem, sozialem und verkehrstechnischem Gebiet".
Zu seinen Impressionen gehört dann wohl auch die (und da fühlt man sich doch an die sattsam bekannten WTG-Statistiken erinnert):
„Bei meinem Ausflug fällt mir auch eines der Riesenhotels Chicagos auf, das als das größte der Welt bezeichnet wurde, ein Wolkenkratzer, der nicht weniger als 3000 Zimmer mit Bad zur Verfügung hat. Ein Mann der jeden Tag ein anderes Zimmer bezieht, könnte also 8-9 Jahre dort wohnen, bevor er das ganze Hotel durchgewohnt hat. Das ist eine Rekordrechnung, die mir vorgelegt wurde; man sieht, der Amerikaner rekordiert und berechnet eben alles."
Es versteht sich, dass für das Balzereit'sche Sightseeing-Programm auch ein Besuch Pittsburgh's mit vorgesehen war, begann doch dort die ganze WTG-Organisation. Über seine Pittsburgh-Impressionen liest man bei ihm:
„Wenn man ins Pittsburgher Gebiet kommt, glaubt man, man käme ins Kohlenrevier Westfalens oder befinde sich in der Nähe des Wuppertales. Große Schutt- und Schlackenhaufen zu beiden Seiten, schwarze, verrußte Häuser, große Hochöfen und Schächte, und über dem Ganzen der dichte, graue Nebel der Schmelzofenbezirke, Dunstwolken aus Riesenschornsteinen und der süß-saure Geruch der Hochöfen, der die Nase kitzelt. Pittsburgh ist das Eisenzentrum Amerikas."
Das natürlich die Besichtigung der New Yorker WTG-Anlagen, mit zum Balzereit'schen Pflichtprogramm gehören würden, war vorauszusehen. Und wie ebenfalls vorauszusehen war, würde er selbige in höchsten Tönen lobpreisen. Ob denn letzterer Aspekt ihm wirklich gelungen ist? Bilde sich jeder seine eigene Meinung dazu. Er schreibt:
„Ein achtstöckiges
Druckereigebäude, geradezu vorbildlich organisiert, fabriziert komplett
täglich mit nur 82 Arbeitern 12.000 und mehr gebundene Bücher zu je 384
Seiten, ferner 30.000 Broschüren mit Umschlag zu je 64 Seiten und außerdem
Tausende von Zeitschriften, Traktaten und kleineren Drucksachen. ...
Ein an Stelle eines alten, nicht mehr ausreichenden, neu erbautes großes
Wohnhaus für die Mitarbeiter geht gerade seiner Vollendung entgegen.
Große, helle Schlafräume - viel Licht und Luft ist ihr Grundsatz - bieten
hier dem Menschen nach getanem Werk sein „Zuhause". Auf jedem Flur des
acht Stockwerk hohen Hauses sind Wannen- und Brausebäder eingerichtet,
kaltes und warmes Wasser an allen Waschplätzen. Gemeinsame Salons oder
Wohnzimmer, Lesezimmer usw. usw."
Nun darf man wohl heutige Maßstäbe nicht an jenem Bericht aus dem Jahre
1927 anlegen. Mein subjektiver Eindruck dazu lässt sich mit einem Wort
zusammen fassen: Kaserne!
Übrigens findet man die auch von Balzereit konstatierte Reklameorientiertheit,
auch unter deutschen Verhältnissen wieder. Man beachte dazu die in dieser
GZ-Ausgabe abgedruckten Bilder (unter anderem auch die Nutzung von
Straßenbahnen als Werbeträger!)
„Und zur Zeit des Endes wird der König des Südens mit ihm zusammenstoßen, und der König des Nordens wird gegen ihn anstürmen mit Wagen und mit Reitern und mit vielen Schiffen; und er wird in die Länder eindringen und wird sie überschwemmen und überfluten. Und er wird in das Land der Zierde eindringen, und viele Länder werden zu Fall kommen." ...
Die Erfüllung dieser
Prophezeiung stellt den Beginn der "Zeit des Endes" fest, weil die
Prophezeiung dies bestimmt erklärt.
Der Feldzug des grossen Kriegers Napoleon Bonaparte ist eine klare
Erfüllung dieser Prophezeiung, wie aus den historischen Ereignissen dieses
Feldzuges deutlich hervorgeht. Der "König des Südens", von welchem in
dieser Prophezeiung die Rede ist, deutet auf Ägypten hin; der König des
Nordens bedeutet Grossbritannien, welches damals ein selbständiger Teil
des römischen Reiches war.
Napoleon kämpfte in Ägypten gegen die ägyptischen Heere, die von Murat Bey
geführt wurden, und denen er eine Niederlage beibrachte. Sein Sieg jagte
nicht nur den Ägyptern einen heillosen Schrecken ein, sondern auch den
Völkerschaften bis weit in Afrika und Asien hinein, und alle
umherwohnenden Stämme unterwarfen sich dem grossen Eroberer.
Während Napoleon hier operierte, unternahmen die Engländer im Norden,
unter der Führerschaft des Admirals Lord Nelson, einen erfolgreichen
Angriff auf Napoleons Streitkräfte zur See, Napoleon begann diesen
ägyptischen Feldzug im Jahre 1798, führte ihn zu Ende und kehrte am l.
Oktober 1799 nach Frankreich zurück. Der Feldzug ist kurz aber anschaulich
in dieser Prophezeiung ... beschrieben, und da dieser Feldzug 1799 zu Ende
ging, so bezeichnet er, nach den eigenen Worten des Propheten, den Beginn
der "Zeit des Endes"
„Aberglaube, nur kein Glaube"
liest man:
„Wir entnehmen der Unterhaltungsbeilage zur Dresdner Volkszeitung „Nach der Arbeit" einen mit „Georg Lorenz, Passing" gezeichneten Artikel, der uns den spritistischen Werdegang mancher sogenannter „Heiliger" deutlich macht. Der Artikel lautet:
Die heilige Theres
Wie Wallfahrtsorte entstehen.
Ostern dieses Jahres las man in bayerischen Blättern sensationell
aufgemacht die Schilderung von einem „Wunder", das sich in dem
Oberpfälzischen Dörfchen Konnersreuth zugetragen haben sollte. Eine
28-jährige Jungfer, Therese Neumann, Tochter eines Schneiders, die infolge
eines Brandunglücks anderthalb Jahre lang völlig gelähmt war, hatte nachts
einen Traum: Der Heiland oder die Mutter Gottes - genau sagte sie es nicht
- erschien ihr und brachte die Botschaft, daß sie andern Tags gesund sei
und das Bett verlassen könne. Das soll dann auch geschehen sein, doch habe
das Mädchen seither jeden Freitag um die Mittagsstunde Christi Leidensweg
mit all den Schmerzen auszustehen; aus den „fünf Wundmalen", an Händen und
Füßen und in der Brust, sickere, wie einst bei dem Gekreuzigten, frisches
Blut ...
So las man es damals, und seither suchten an allen Feiertagen viele Hunderte von Gläubigen und Neugierigen das oberpfälzische Dörfchen auf, um die „heilige Theres", wie das Mädchen bald genannt wurde, und ihre Wunden zu sehen. Eine Ferienreise ins Fichtelgebirge führte auch mich an einem Freitag in das Wunderdorf.
Weiter der Verfasser:
Es war nicht schwer, das Haus der „Heiligen" zu finden; mitten im Dorf umstand eine dichte Menschenmenge die Tür eines dürftigen Bauernhauses; auch Autos und Droschken standen auf dem freien Platze. Das mußte also die Behausung des Wunders sein. Ich wollte mir die Sache zunächst einmal von respektvoller Ferne aus ansehen und begab mich in ein gegenüberliegendes Wirtshaus, dessen Gaststuben überfüllt waren von Pilgern, Männern, Frauen und Kindern in allen Lebensaltern, Mönchen und Nonnen. Was bekam man da nicht alles zu hören! Eine Frau, die seit Jahrzehnten an Kopfschmerzen zum Wahnsinnigwerden litt und, wie sie sagte, vergeblich Dutzende von Ärzten aufgesucht hat, erzählt ihrer staunenden Umgebung, wie sie befreit sei von den Schmerzen, seitdem sie vor Monatsfrist die „heilige Theres" aufgesucht habe. Eine Jungfer schildert, wie man förmlich selbst die Schmerzen des Heilands mitfühle, wenn man Therese leiden sehe. Ein Pfarrer erklärt auf eine Frage, daß das Mädchen seit eineinhalb Jahren überhaupt nichts mehr gegessen habe und sich nur von Wasser und Himbeersaft ernähre ...
Alles hing an den Lippen der Erzähler,
Stimmung und Spannung wuchs, je
näher die Mittagsstunde heranrückte.
Da kam auch schon Bewegung in die Pilger vor dem Hause gegenüber. Es
schien „loszugehen". Meine Tischnachbarin, ein Mädchen, das
bereits zum neunten Male hier war,
erklärte, daß jetzt zwar die Leidensstunde beginne, in der ersten halben Stunde aber nur Geistliche eingelassen würden. Der Verdacht,
daß jetzt das "Wunder" präpariert werde,
regte sich, aber niemand wagte
es, ihn unter der gläubig-fanatischen Menge laut zu äußern. So verging
noch eine halbe Stunde, bis wir „Laien" zugelassen wurden.
War das ein Gedränge und Geschiebe, um nur die Haustüre zu erreichen!
„Immer nur drei auf einmal!" schrie von der Treppe herab ein Ordnungsmann
in geistlichem Gewande. Die schmale Holztreppe zum ersten Stockwerk ächzte
in allen Fugen; man schob, drängte, stieß sich und beneidete die, die von
oben wieder herabkamen.
Plötzlich stand auch ich geschoben in der Stube des Wunders, und sofort
wurde mir klar, daß hier alles dazu angetan war, leichtgläubige Gemüter in
den Bann zu nehmen. Das Zimmer selbst, vollgepropft mit Geistlichen und
Klosterfrauen, macht einen ärmlichen, aber sehr sauberen Eindruck. Das
Bett, in dem die Wunderkranke liegt, ist von blendernder Weiße. Aber sie
selbst -- ein schrecklicher Anblick, den man so leicht nicht vergessen
kann. Ein Mädchen, von dem man weiß, daß es 28 Lenze zählt, einer Greisin
von 90 Jahren gleich, ein wachsgelbes, pergamentes Gesicht, die Augen fest
zugeklebt mit geronnenem Blut, der Mund mit seinen verdorbenen Zähnen
aufgerissen vor Schmerz, die Arme gebogen in halber Höhe, so sitzt sie mit
aufgerichtetem Oberkörper in ihrem Lager. Von den Augen über den Wangen
herab in Rinnen stockendes Blut, und unaufhörlich sickert darüber aus den
Wunden, „wo die Dornenkrone sitzt" und aus den Augen, aus den verbundenen
Händen frisches Blut. Plötzlich stöhnt die erstarrte Kranke - ein
Geistlicher klärt mich flüsternd auf, daß sie jetzt den Augenblick
durchlebe, an dem Christus am Kreuz seufzte: „Mich dürstet!" ...
Länger als die andern durfte ich Zuschauer sein. Dabei fiel mir vor allem
auf, daß während der ganzen Leidenszeit der Wunderkranken an ihrem Fußende
ein Geistlicher mit überaus scharfgeschnittenen, ja kühnen Gesichtszügen
regungslos mit starrem Blick das - Medium in seiner Gewalt hatte ...
Niemand konnte oder wollte Aufschluß geben, wer er sei.
Konnersreuth liegt ganz
vorgeschoben im Norden der katholischen Oberpfalz dicht an der Grenze des
in südöstlichen Teil vollständig protestantischen Oberfranken, ein
katholischer Keil, eine Art Diaspora. Viele der in den umliegenden Orten
wohnenden Protestanten, die zunächst die Neugierde hertreibt, glaubten
fast ebenso wie ihre katholischen Volksgenossen an das Wunder; auch sie
tragen Amuletts mit dem Bildnis der „heiligen Theres". Fragt man diese
Leute nach ihrer Meinung, dann antworten sie unsicher und achselzuckend:
„Na, dran muß was sein!"
Was wird nun kommen? ... Jedenfalls wartet die ganze Bevölkerung in und um
Konnersreuth auf das große Wunder, das die „heilige Theres" noch wirken
wird. Es wird kaum mehr lange auf sich warten lassen, vielleicht kommt es
schon am Karfreitag 1927. Dann wird wohl, wie anderswo in dunklen Zeiten
unkontrollierbar, ein Lahmer gehend oder ein Blinder sehend ...
Das bayerische Lourdes!
Ungeahnte Möglichkeiten wirtschaftlicher Vorteile für das verlassene Konnersreuth und seine Umgebung sind dann geschaffen.
Aufwachen, ihr alle, die ihr zu sogenannten Heiligen anstatt zu Gott betet!"
Ergänzend wäre noch hinzuweisen auf:
http://de.wikipedia.org/wiki/Therese_Neumann
www.indian-skeptic.org/html/hanauer/schwi.htm
Vorstehende Zitierung gibt ja nur die Meinung Außenstehender wieder. Offenbar
war das einem Teil der GZ-Leserschaft zu wenig. Und in der GZ-Ausgabe vom 1.
11. 1927 war es dann soweit. Erneut musste das „Goldene Zeitalter" dieses
Thema aufnehmen.
Unter der Überschrift
„Konnersreuth und immer wieder Konnersreuth"
schrieb man jetzt:
„Einige unserer Freunde und
Leser fragen an, warum wir nicht irgend etwas gegen die Konnersreuther
Sache im G. Z. schreiben. Wir antworten unseren lieben Freunden, daß das
G. Z. sich nicht dazu hergeben will, die Werbetrommel zu schlagen für eine
geschickt aufgemachte Affaire, wie sie die ganze Konnersreuther Sache
darstellt. Der Glaube des Volkes an „Heilige der katholischen Kirche" und
die angeblich von ihnen verrichteten Wunder, sowie der Glaube des Volkes
an wundertätige Wirkungen der verschiedensten Reliquien usw., ist eben
dank der wachsenden Erkenntnis und des Einflusses der Wahrheit, mehr und
mehr im Schwinden begriffen, und die katholische Kirche bedarf zweifellos
irgendwelcher Dinge und Mittel, um dem Glauben des Volkes an diese
angeblichen Wunderdinge eine Auffrischung zu geben.
Wir aber wissen, daß Gott sich solcher Dinge und Mittel nicht bedient,
denn er ist der Ursprung aller Vernunft, und er, der dem Menschen den
Verstand und den Geist des gesunden Sinnes gab, benutzt nur den Verstand
des Menschen, um ihn zu unterweisen.
Satan appelliert im Gegensatz dazu nur an das Gefühl und sucht mit den
verschiedensten Dingen Eindruck auf das Gefühl der Menschen zu machen. ...
Für uns ist es mehr als kennzeichnend, daß man
sich weigert, die Therese in ein Krankenhaus, in welchem unparteiliche, nicht katholische Ärzte sie beobachten und untersuchen können zu bringen.
Man weiß ganz genau, würde man das tun,
würde sich das ganze angebliche Wunder in seinem rechten Lichte zeigen.
Gott gebraucht solche Wunder (?) nicht. Wenn blindgläubige katholische
Christen diese Dinge auch als ein Wunder bezeichnen wollen - so verstehen
wir, daß ein paar blutige Schrammen auf der Haut eines Menschen eine ganz
belanglose Sache sind, ganz und gar unwürdig unseres großen Gottes, der
Schöpfers Himmels und der Erde und seines Sohnes und dessen erhabenen
Opfers. ... Die Wunder des Teufels hingegen sind klein und jämmerlich, sie
bedienen sich der Erbärmlichkeit des menschlichen Geistes; weil eben der
Mensch, so klein wie er heute ist, am Kleinen hängt und am Großen
vorübergeht. Jesus Christus, der wahrhaftige Sohn Gottes und Erlöser der
Menschheit, braucht weder irgendwelche aufbewahrte Leinentücher, Hemden
oder Röcke, noch ein paar blutige Schrammen auf der Haut irgendeiner Frau
...
Die Menschheit und die moderne Presse unserer Tage ist so spottsüchtig im
allgemeinen und stets so skeptisch den wunderbaren Beweisen des Daseins
Gottes und der Größe des Opfers seines lieben Sohnes, wie sie die Bibel
gibt, gegenüber. Aber hier, wo es sich um einen armseligen, menschlichen
Täuschungsversuch handelt, hier, wo in irgendeinem weltfernen Dorfe ein
Bauernmädchen ein paar blutige Schrammen auf der Haut zeigt,
ein paar Schrammen, die, weil sie sorgfältig bewacht werden von katholischen Schwestern, Mönchen und Pfarrern, als etwas Wunderbares in die Welt hinauspropagiert werden,
da geben sich diese spottsüchtigen
überlegenen Zeitungsschreiber her, spaltenlange Artikel als gehorsame
Werbeagenten des um den Wunderglauben des Volkes besorgten Klerikalismus
zu schreiben. Das G. Z. wünscht nicht, diese Torheit mitzumachen, es
erkennt genau, was Rom wünscht und will, und aus diesem Grunde sind diese
Zeilen die einzigsten, die der Therese von Konnersreuth gelten.
Wir bedauern das arme Mädchen und wir bedauern diejenigen, die es
mißbrauchen; wir bedauern die Presseleute, die sich mit Fleiß bemühen,
sich in dieser Angelegenheit lächerlich zu machen und bedauern die große
Masse der Menschen, die sich so jämmerlich an der Nase herumführen lassen.
Im übrigen sei nur noch auf die interessanten Ausführungen des Berliner
Arztes Dr. Teilhaber hingewiesen, der in einem Vortrag der Gesellschaft
für Sexualreform die Konnersreuther Sache als alles andere, nur nicht als
ein Wunder bezeichnete und unter anderem nach dem Berliner Tageblatt Nr.
485 sagte:
Die eigenartige Fähigkeit zu bluten, Wunden aufzuweisen, vollzieht sich gerade bei Personen, die durch Hunger und Nahrungsmangel geschwächt sind. Über die Behauptung, daß sie wochen- und monatelang überhaupt nichts gegessen hätte, verlohnt es sich aus naturwissenschaftlichen Gründen nicht, zu reden. Hautblutungen sind auch sonst den Medizinern bekannt: bei manchen Menschen ruft schon ein leichter Druck, Stoß u. dgl. Hautblutungen hervor; die Wand der Hautgefäße ist so empfindlich, daß sie sofort einreißt. Bei sensiblen Frauen wird dies häufig beobachtet; die direkt unter der Haut sichtbaren feinen Adern sind überaus empfindsam. Aber die Fähigkeit zu Hautblutungen ist eine direkte Krankheit. Sie tritt regelmäßig auf bei Skorbut.
Nach einer Erklärung „Skorbut plus Neuropathie", führte der Redner zu diesen Fällen die - wie der in Konnersreuth - durchsichtigerweise als „Wunder" bezeichnet werden, weiter aus:
„Die skorbutkranken Personen wollen sich
der Umwelt interessant machen; vielfach handelt es sich um
Sexualneuropathen.
Klar sehende Männer der Wissenschaft also sind ebensowenig geneigt wie
denkende Menschen, sich durch einen Bluff zu Plakatträgern künstlich
zurechtgemachter angeblicher Wunder herzugeben, und das freut uns.
Erneut griff die Schweizer Ausgabe des „Goldenen Zeitalters" vom 1. 5. 1932 das Thema Konnersreuth auf. Letztere Ausgabe führte aus:
„Frage: Ist Therese Neumann von Konnersreuth als ein "Gotteswunder" zu betrachten? Wenn ja, warum wird eine solche Sensationsbegebenheit nicht von Staates wegen einer amtlichen Prüfung unterzogen? Hat sich überhaupt die Wissenschaft mit diesem Problem einmal befasst? Wie ist deren Urteil ausgefallen?"
Und darauf antwortet das GZ:
„Um der Frage näher zu kommen,
ob es sich hier um ein "Gotteswunder" bezw. eine Kundgebung göttlicher
Macht handelt, möchten wir die Frage aufwerfen: Besteht die Nachfolge
Christi bezw. der Dienst den der Christ Jehova Gott schuldet in solch
dramatischen Leistungen wie die Stigmatisation der Therese Neumann? Wir
werden diese Frage mit einem bestimmten Nein beantworten müssen. Jesus
Christus selbst hat sich seine Leiden durch das furchtlose Vertreten
unbequemer, befürchteter Wahrheiten zugezogen. Ganz besonders dadurch,
dass er die Geistlichkeit, die vorgab Gott zu vertreten, als das
kennzeichnete, was sie in Tat und Wahrheit war.
Es braucht keiner weitern Beweise, dass Jesus Christus seine Leiden nicht
in einem Zustand der Verzückung, noch unter Anteilnahme und zum Nutzen der
Männer in langen Gewändern ertrug, und keinem seiner Nachfolger hat er
geboten auf diese Weise Schmerzen und Pein zu erleiden und die
Aufmerksamkeit der Menschen auf sich zu lenken.
Wenn Jesus Christus sagt, dass so, wie er gehasst worden ist, auch seine
Nachfolger gehasst wurden,. dann geschah es, weil er wusste, dass sie
ebenfalls Zeugen der Wahrheit sein würden inmitten eines wundersüchtigen
Volkes. Es ist klar, dass der Name Gottes weder durch die Hellseherei,
noch durch die Stigmatisation, noch durch die übrigen Zustände der Th.
Neumann geehrt, sondern dass dadurch die Verehrung des armen unwissenden
Volkes, die dem Schöpfer allein gebührt, auf das Geschöpf, auf ein krankes
sterbliches Menschenkind gelenkt wird.
Hätte sich Therese Neumann dem Auftrage des Wortes Gottes gemäss der
Verbreitung der biblischen Wahrheiten gewidmet, würde der Besuch bei ihr
von der Kath. Kirche gewiss nicht gefordert. Er wäre nicht, wie es heute
der Fall ist, vom erzbischöflichen Ordinariat zu Regensburg geregelt.
Heute bedarf es nämlich eines besondern Passierscheines, um Zutritt zur
Stigmatisation zu erhalten.
Die gegenwärtigen schweren Zeiten scheinen dem Wunderglauben zu einer guten neuen Konjunktur zu verhelfen.
Der Umstand, dass mit der Krise
eine Ausbreitung der Wahrheit in bisher nicht gekanntem Masse parallel
läuft, dürfte allerdings ihrer Ausnützung eher hinderlich werden.
Auf Grund der Schrift kann keinenfalls gesagt werden, dass es Gottes
Billigung finde, wenn man Wille und Körper für derartige Demonstrationen
zur Verfügung stellt. Das Gegenteil ist der Fall. Währenddem die heutige
Wissenschaft die ekstatischen Zustände u. s. w. denen die Neumann
unterworfen ist,
auf verirrte Bahn geratene Selbstsuggestion zurückführt,
zeigt Gottes Wort, dass es sich
hierbei um fremde Einflüsse handelt, dass es unsichtbare dämonische
Einflüsse sind, die sich den Willen ihres Opfers unterjochen. Wir haben in
der HI. Schrift manche Beispiele, die uns dies mit aller Deutlichkeit
lehren. Wir möchten nur an jenes von einem Geist der Hellseherei bezw.
Wahrsagerei besessene Weib erinnern, das von Paulus befreit oder geheilt
wurde.
Es interessiert vielleicht in diesem Zusammenhang, dass auch jenes von
gewinnsüchtigen Menschen ausgenützt wurde, die, "als sie sahen, dass die
Hoffnung auf ihren Gewinn ausgegangen war", Paulus und Silas vor den Kadi
schleppten und sie anklagten, nicht wegen dem Weib, das .von ihrer
Krankheit genesen war, sondern weil diese Juden die Stadt Philippi
verwirren würden, indem sie Gebräuche verkündeten, welche ein guter
Staatsbürger und Römer nicht befolgen dürfe. ...
Von der Th. Neumann wird behauptet, dass ihre Nahrung nur in täglich einer
Hostie und ein paar Tropfen Wasser bestehe. Hierzu wird gesagt, dass die
Frage der Nahrungslosigkeit bisher nie befriedigend abgeklärt worden sei.
Zu ihrer Erklärung sagt Dr. L. Mayer bleibe nur die Betrugshypothese
übrig, wobei man in Ansehung der schwer psychopathischen Veranlagung des
Patienten nicht an ein bewusstes Betrugsmanöver zu denken brauche.
Eine einwandfreie Prüfung könne nach Ansicht der Ärzte nur in einer Klinik
durchgeführt werden, das aber soll Vater Neumann nicht wünschen. Nun, wie
dem auch sei, gewiss ist, dass eine auf die wundersüchtige katholische
Heiligenverehrung eingestellte Person, die durch Krankheit und
Unterernährung, Zuständen der Bewusstlosigkeit, nervösen Anfällen und
Halluzinationen ausgesetzt ist, ein günstiges Arbeitsfeld für dämonische
Suggestionen und Hypnotiseurkünste bildet. Auf alle Fälle kann es sich nur
auf eine von einem betrügerischen Geiste hervorgerufene Sinnestäuschung
handeln, wenn die Neumann behauptet in ihren Zuständen mit Christus selbst
zu sprechen oder dass Christus aus ihr spreche.
In seinem Konnersreuth behandelnden sehr lesenswerten Buche (Verlag Gg.
Uehlin. Schöpfheim) schreibt Dr. med. L. Mayer,
dass namhafte kath. Geistliche
über selbsterlebte Situationen berichteten, in denen die Kranke förmlich
eine Aufhebung aller physikalischen Regeln über das Schwergewicht des
Körpers demonstrierte. Dr. M. sagt, dass es nichts anderes sei, als was
jeder Psychiater von seinen Geisteskranken her kenne und als
Muskelphänomen bezeichne.
Es sei nichts anderes als was jeder Hypnotiseur ohne Schwierigkeiten
vorzuführen vermöge, indem er seine Versuchsperson die Muskelbrücke oder
ein ähnliches Phänomen zeigen lasse.
Im Falle Neumann konstatieren
wir als einzige Abweichung, dass der agierende Hypnotiseur unsichtbar
bleibt. Es ist nach all dem ausgeschlossen, dass es sich um ein
Gotteswunder handeln kann; wir halten die Sache vielmehr für eine
Kundgebung jener unsichtbaren gottfeindlichen Mächte, die hinter aller
Zauberei und hinter allem Hokuspokus steht, die auch heidnische Nationen
verführt hat, Geisteskranke als Heilige zu verehren.
Kaplan Fahsel, der gegenwärtig in der Schweiz als Zeuge und Anwalt der
Therese Neumann auftritt und durch Vorträge das Interesse an ihr neu zu
wecken sucht, pocht zwar darauf, dass es noch keinem Spiritisten und
Hypnotiseur gelungen sei stigmaähnliche Erscheinungen hervorzurufen. In
der Tat, das Stigma ist die katholische Spezialität. Damit ist aber nicht
bewiesen, dass es sich um kein Dämonen handelt, das
dem Trancezustand irgend eines Mediums oder Fakirs gleichkommt.
Schließlich bleibt zu beachten, dass die Geisterwelt gewiss nicht einseitig eingestellt ist und warum sollte sie, was sie bei wundersüchtigen Nichtkatholiken erreicht, nicht bei frommneugierigen Anhängern der katholischen Religion durch ihren Anschauungen entgegenkommende Demonstrationen zustande bringen können."
In der „Goldenen Zeitalter"-Ausgabe vom 15. 10. 1933, wurde das Thema erneut aufgegriffen. Diesmal hatte man nachfolgenden Bericht entdeckt:
„Eine Stigmatisierte aus streng
protestantischen Kreisen
In der Vorstandssitzung des Deutschen Gemeinschafts-Diakonie-Verbandes in
Marburg berichtete Dr. med. Alfred Lechler über das von ihm geleitete
"Haus Lebenswende" in Neustadt, Südharz.
Besonders tiefen Eindruck machte das, was Dr. Lechler über
Stigmatisations-Erscheinungen an einer seiner Patientinnen mitteilte.
Auf die Bitte von Pastor Paul Kuhlmann legt er nun seine Beobachtungen
kurz zusammengefasst der Öffentlichkeit in "Licht und Leben" vor mit dem
Hinzufügen, dass weitere Einzelheiten mit photographischen Abbildungen der
Wundmale in der demnächst erscheinenden Schrift "Das Rätsel von
Konnersreuth im Licht eines neuen Falles von
Stigmatisation" folgen.
Dr. Lechler schreibt vorerst in "Licht" und Leben":
"Eine meiner Patientinnen,
Elisabeth K. versetzt mich in die Lage, zu dieser Frage einen klärenden
Beitrag zu liefern. Ihre Krankengeschichte weist in vielen Punkten eine
bemerkenswerte Ähnlichkeit mit der Krankengeschichte und den Phänomen der
Therese Neumann auf.
Als sie im Februar 1928 in meine Behandlung kam, zeigte sie die
mannigfachsten Krankheitserscheinungen, die sich durchweg als seelisch
bedingt erwiesen. Die langwierige
Behandlung deckte die dem Oberbewusstsein verborgenen Ursachen Ihrer
Störungen auf, so dass eine langsame Besserung erfolgte. Seit Februar 1929
ist Elisabeth in meinem Haushalt tätig und steht daher unter meiner
dauernden Beobachtung.
Seit längerer Zeit kann sie als geheilt angesehen werden, wenn auch immer
wieder zahlreiche Beschwerden auftreten, die auf Ihre krankhafte
Veranlagung zurückzuführen sind. Diese Veranlagung besteht in einer
abnorm starken Beeindruckbarkeit, d. h. jeder Eindruck, besonders wenn er unangenehmer Art ist, geht Ihr sehr nahe und setzt sich im Unterbewusstsein fest.
Dazu kommt eine abnorm starke
Beeinflussbarkeit, die sich in der Weise äussert, dass die aufgenommenen
Eindrücke über kurz oder lang auf die körperlichen Vorgänge wirken. Wenn
ein Mensch mit solcher Veranlagung von einer Krankheit hört oder liest, so
setzt sich diese krankhafte Vorstellung ins Körperliche um, so dass er
dieselben oder ähnliche Beschwerden bekommt.
Die Erkrankung pflegt dabei ganz unbewusst zu erfolgen, so dass deren
Ursache nur nach eingehender Unterredung und Aufdeckung des
Unterbewusstseins geklärt werden kann. So bekam Elisabeth, so oft sie die
Geschichte von der Heilung des Gichtbrüchigen las, das Gefühl, als werde
sie selbst lahm und taub. Als sie von einer Magenoperation hörte, traten
rasch Magenschmerzen auf. Auf solche Weise kamen die mannigfaltigsten
Krankheitsbilder zustande, die jedesmal durch entsprechende Aufklärung
rasch behoben werden konnten. Als Elisabeth an einem Lichtbilderabend über
Jesu Leiden und Sterben teilnahm, verspürte sie beim Anblick des
gekreuzigten Heilands starke Schmerzen an den Händen und Füssen, und zwar
an der Stelle, wo Jesus die Nägel eingeschlagen wurden. Von solcher
Schmerzensempfindung ist nur noch ein kleiner Schritt bis zur Entstehung
wirklicher Wundmale.
Um dies zu beweisen, machte ich im Einverständnis mit Elisabeth
entsprechende suggestive Versuche.
Es gelang, nach mehreren vergeblichen Versuchen auf dem Wege der
Fremdsuggestion unter dauernder Beobachtung blutende Wundmale an ihren
Händen und Füssen entstehen zu lassen. Desgleichen traten nach der
Suggestion der Dornenkrönung blutende Wunden an der Stirn sowie nach
entsprechender Suggestion aus den Augen blutige Tränen auf. Die Blutung
erfolgte je nach der Stärke der Konzentration von Elisabeth. Durch diese
Versuche ist der Beweis erbracht, dass die Stigmatisation auf suggestivem
Wege erfolgen kann.
Die erwähnten Vorgänge lassen sich bei entsprechender Veranlagung
lediglich durch bestimmte Vorstellungen erzeugen. Was durch
Fremdsuggestion erreicht werden kann, kann auch durch Selbstsuggestion
auftreten. Ein grundsätzlicher Unterschied besteht zwischen Fremd- und
Selbstsuggestion nicht."
Nach einem Seitenblick auf die Visionen von Konnersreuth schliesst Dr. Lechler seine Darstellung mit den Worten:
"Die seelisch bedingte
Entstehungsweise solcher Visionen lässt sich ebenfalls durch die bei
Elisabeth K. gemachten Versuche beweisen. Wenn diese sich in die
Leidensgeschichte oder in eine andere biblische Begebenheit versenkte,
fiel sie nach einiger Zelt in einen durch Fremd- oder Selbsthypnose
verursachten Zustand, in dem sie das Gelesene schaute und hörte, als ob es
völlig Wirklichkeit wäre. Die bei Elisabeth K. gemachten
Versuche erscheinen insofern ausserordentlich bemerkenswert, als es sich
um den ersten Fall einer Stigmatisation handelt, bei dem die seelisch
bedingte Entstehungswelse der Wundmale einwandfrei nachgewiesen werden
kann, eine Tatsache, die von katholischer Seite bisher lebhaft bestritten
wurde. Ferner haben wir die Tatsache vor uns, dass hier meines Wissens zum
ersten Male eine Stigmatisation innerhalb des Protestantismus vorliegt. Es
besteht daher, von den erwähnten Tatsachen aus gesehen, kein Anlass, die
Vorgänge von Konnersreuth als Wunder zu bezeichnen, und es erscheint als
bedenklich, dass Therese Neumann von vielen Seiten schon jetzt mehr und
mehr als Heilige betrachtet wird."
„Professor Flinders Petri, der
hochbetagte britische Forscher, der seit vielen Jahrzehnten in Ägypten
gearbeitet hat und so viel zu unserer Erkenntnis über die große Pyramide
und die alt-ägyptische Kultur bis zurück zu Joseph und seinen Brüdern
beigetragen hat, hat die neuen Bestimmungen für Ausgrabungen und
Forschungen so ungünstig gefunden, daß auch er aus jenem Lande
zurückkehrte und nun eine Expedition in dem äußersten Süden Palästinas
leitet.
So ist es gekommen, daß die Haupttätigkeit der Archäologen von Ägypten
nach dem heiligen Lande verlegt wurde.
Dazu meint das GZ:
Und das sollte so sein. Welches
Land könnte den Forschern wertvollere Informationen liefern als jener
Streifen am östlichen Ende des Mittelländischen Meeres, der durch die
biblischen Berichte aus den Tagen Abrahams, 2000 Jahre vor Beginn der
christlichen Ära, geheiligt wurde? Palästina ist das Land, in dem der
biblische Bericht volle Bestätigung durch die wissenschaftlichen
Forschungen findet.
Zweifellos ist es einer gewaltigen Vorsehung zuzuschreiben, daß diesem
Lande bisher so wenig archäologische Aufmerksamkeit zugewendet wurde,
sowie, daß sie gerade jetzt darauf hingelenkt wird. Es ist im göttlichen
Programm so vorgesehen, daß es dieser Generation zugelassen wird, daß sie
ihren völligen Unglauben an sein Wort der Wahrheit offenbart, und daß
„starke Irrtümer" kommen, um womöglich auch die Auserwählten zu verführen.
Wenn sich das Interesse der Archäologen vor mehreren Jahrhunderten dem
Lande Palästina zugewandt hätte, und wenn während der letzten Jahrzehnte
dort so bedeutende Ausgrabungen gemacht wären wie heute, würde der
biblische Bericht vor der „bestimmten Zeit" eine so gründliche Bestätigung
gefunden haben, daß die entscheidende Prüfung des christlichen Glaubens in
den letzten Tagen zur Unmöglichkeit geworden wäre."
Besagter Prof. Flinders Petrie (1853 - 1942) war ja mit einer der
Inspiratoren für die Russell'sche Pyramidentheorie.
Eine Zusammenfassung der Sachlage an anderer Stelle führte dazu schon mal aus:
„Erst im 19. Jahrhundert kamen
einige Gelehrte auf den Gedanken, dass die Große Pyramide
wissenschaftliche Geheimnisse bergen könnte. Im Jahre 1799 begannen einige
französische Forscher, die Napoleon auf der ägyptischen Expedition
begleiteten, die Große Pyramide zu untersuchen.
Colonel Howard Vyse beschäftigte im Jahre 1837 mehrere hundert Arbeiter
bei den Räumungsarbeiten an der Pyramide. Colonel Vyse veröffentlichte
drei ziemlich umfangreiche Bände unter dem Titel "Operations of the
Pyramid of Gizeh" (Arbeiten bei den Pyramiden von Gizeh); dieselben riefen
großes Interesse hervor und regten andere zu weiteren Forschungen an.
Im Jahre 1859 gab John Taylor ein Werk heraus unter dem Titel: "The Great
Pyramid; why was it built? and who built ist?" (Die Große Pyramide; warum
und von wem wurde sie gebaut?) Er war der Erste, der den Gedanken
aussprach, die Pyramide könne vielleicht göttlichen Ursprungs sein. Kurz
vor seinem Tode vermochte er Professor C. Piazzi Smyth, Schottland, für
dieses Bauwerk zu interessieren.
Im Jahre 1864-1865 brachte Professor Smyth mehrere Monate bei der Großen
Pyramide zu. Er stellte zahlreiche Messungen und astronomische
Berechnungen an, die er in drei Bänden mit dem Titel: "Life and Work of
the Great Pyramid" (Leben und Arbeit bei der Großen Pyramide)
veröffentlichte. Ferner schrieb er: "Our Inheritance in the Great Pyramid"
(Unser Erbe in der Großen Pyramide). Auch später besuchte er die Pyramide
noch öfters, um weitere Messungen anzustellen und sich von der Richtigkeit
der früheren zu überzeugen; seine astronomischen Berechnungen erfuhren in
der Folge in einigen Punkten kleine Verbesserungen.
William Petrie, der Vater von Professor Flinders Petrie, kam zuerst auf
den Gedanken, dass der "Giebelstein" der an sich eine kleine Pyramide
bildete, die Gestalt und Winkel für den Gesamtbau bestimmte, in gewissem
Sinne Christus darstellen könnte. In Hiob 38: 4-7 ist der "Eckstein"
erwähnt
Um das Jahr 1881 herum gab Professor Flinders Petrie, nachdem auch er die
Pyramide erforscht und umfassende Messungen, vorwiegend der oberen Teile
der Pyramide vorgenommen hatte, sein denkwürdiges Werk "The Pyramids and
Temples of Gizeh" (Die Pyramiden und Tempel von Gizeh) heraus. Auch er
schilderte voller Begeisterung den meisterhaften Bau, die Dichte der
Verbindungen der Steine untereinander, die Genauigkeit der einzelnen
Winkel, die in dem ganzen Bau zutage tritt. ...
Im Jahre 1893 erschien ferner ein Buch des bekannten amerikanischen
Schriftstellers C. T. Russell, unter dem Titel: "Dein Königreich komme".
Professor P. Smyth"s Werk "Unser Erbe in der Großen Pyramide" hatte einen
derartigen tiefen Eindruck auf ihn gemacht, dass er den theologischen
Lehren, die in der Pyramide enthalten sind, ein Kapitel in seinem oben
erwähnten Buche widmete. Ein Freund, der von dieser Absicht hörte,
ersuchte ihn um die Erlaubnis, das Manuskript dieses Kapitels über die
Große Pyramide vor seiner Drucklegung zur Durchsicht vorlegen zu dürfen,
was auch geschah. Professor Smyth sandte das Manuskript mit einem Brief
zurück, aus dem wir (das „Goldene Zeitalter") folgendes hier anführen:
"Je mehr ich mich in diese Blätter vertiefte, kamen mir das Können und die Eigenart des Verfassers zum Bewusstsein und es gab nicht wenige Betrachtungen, von denen ich gern das Reproduktionsrecht hätte, um unter Namensangabe in meinem nächsten Werke über die Große Pyramide dieselben anzuführen. Ich bemerke ferner noch, dass der Verfasser, was die chronologischen Ausführungen über die verschiedenen Teile der Pyramide anbetrifft, vorzügliche und neue Gedanken zum Ausdruck bringt; insonderheit gilt dies von der ersten aufwärtsführenden Passage mit dem granitenen Pflock, an der großen Galerie, die das Leben Jesu darstellt, dem Parallelismus zwischen der Königskammer, die in Granit enthüllt, was in der Stiftshütte in Gold dargestellt ist und von der allgemeinen Bestätigung und wunderbaren Übereinstimmung der Bibel und der Großen Pyramide."
Das Buch "Dein Königreich komme"
erregte in der Folge einerseits wiederum das lebhafteste Interesse von
Professor Dr. med. John Edgar und seines Bruders Morton Edgar von Glasgow,
Schottland.
Diese beiden ... beschlossen, die von Pastor Russell aufgestellten
Theorien an Ort und Stelle persönlich einer genauesten und kritischen
Prüfung zu unterziehen. Mit den besten und modernsten wissenschaftlichen
Instrumenten ausgerüstet, besuchten sie die Pyramide im Jahre 1909 und
brachten dann zusammen viele Monate dort zu, wo sie mit unermüdlichem
Fleiß ihre Studien betrieben und Messungen vornahmen, sowie die
Aufzeichnungen der vorgängigen Forscher Colonel Vyse, Professor Smyth und
Petrie nachprüften.
Überdies ließen sie die unteren Gänge mit beträchtlichen Kosten selbst von
Schutt säubern und nahmen genaue Messungen von sämtlichen Gängen, Kammern
und Winkeln vor, die sie in manchen Fällen dreimal überprüften, um ja
jeden Irrtum zu vermeiden. Viele photographische Blitzlichtaufnahmen von
allen Teilen der inneren Passage wurden gemacht, ebenso wurde das Äußere
und die Umgebung der Pyramide auf das sorgfältigste gemessen und
photographiert.
Mr. Morton Edgar besuchte in der Folge die Pyramide nochmals in den Jahren
1912 und 1914, um gewisse Züge, die nicht völlig klar waren, noch
sorgfältiger zu prüfen. Die Ergebnisse dieser beiden aufopfernden Forscher
sind in dem bedeutendsten Pyramidenwerk "Great Pyramid Passage"
(Gänge der Großen Pyramide) in drei Bänden zusammengefasst. Der erste enthält
zahlreiche Photographien, Zeichnungen und erklärt den Symbolismus der
Pyramide; der zweite behandelt
hauptsächlich die chronologischen Züge und der dritte befasst sich mit den in
diesem Wunderbau verborgenen wissenschaftlichen Lehren. ..."
Nun also im Jahre 1927 wurde erneut in tendenziöser Weise auf diesen Flinders Petrie Bezug genommen, was denn belegt, dass auch zu der Zeit, die Russell'schen Pyramidentheorien noch in voller Wirksamkeit waren.
„Auf Seite 288 der von den Bibelforschern herausgegeben Schriftstudien, Band I, lesen wir:
„Es ist ein Irrtum, den viele hegen, daß, wenn Christi tausendjähriges Königreich eingeführt sei, jedermann mit seiner Regierung gar wohl zufrieden sein werde. Doch nicht also. Bei weitem genauer wird er es mit seinen Verordnungen nehmen, als irgendeine frühere Regierung und die Freiheit des Volkes wird in solchem Grade eingeschränkt werden, daß es manchem, der jetzt auf eine Vermehrung der Freiheit aus ist, recht unbequem vorkommen wird. ..."
Dann geht der Bericht weiter mit der Zitierung eines Presseberichtes,
wonach ein angehender Mörder, beim Beginn seiner Tat einen Schlaganfall
erlitt, der seine beabsichtigte Tat zur Makulatur werden ließ.
Solcherart Berichte machen sich natürlich gut, wähnt man doch die Erfüllung
der verdienten Strafe, sofort wahrzunehmen.
Für sich wäre ja gegen die Zitierung eines solchen Presseberichtes nichts
einzuwenden. Auch nicht gegen einen sachgemäßen Kommentar dazu. Stutzig
allerdings macht es schon, welcher Kommentar, seitens des GZ, respektive des
Artikelschreibers da gewählt wurde. Die Apostrophierung eines strengen
Regimentes des Christus in dem Kontext der Pressemeldung, ist ja nun durchaus
nicht zwingend.
Es fragt sich doch sehr, welche Motivation da eigentlich die hauptsächliche
ist. Die über den Bericht eines Kriminalfalles? Oder das artikulieren des
eigenen Sadismus, wobei der als Beleg gewählte Fall, eher der Rubrik Alibifall
zugehört; aber nicht der Rubrik „Überzeugend".
„Aus der amerikanischen
Zeitschrift: G. A. Nr. 206
Roms Gier nach Deutschland
Die päpstlichen Politiker sind wiederum eifrig am Werke, die Hand noch
fester auf Deutschland zu legen, ein Werk, das sie unmittelbar nach dem
Weltkriege begannen. Es ist ein harter Kampf im Gange, ein Kampf, von dem
die Öffentlichkeit noch nicht viel weiß. Das Wenige jedoch, was bekannt
geworden ist, genügt, um ein Streiflicht auf die ganze Situation zu
werfen.
Die Quintessenz der ganzen Angelegenheit datiert schon aus dem Jahre 1925,
wo es dem katholischen Klerus gelang, ein Konkordat mit Bayern zu
schließen. Das war nur dadurch möglich, daß der römische Stuhl seine ganze
unvergleichliche Schlauheit gebrauchte, und weil die staatliche
lutherische Kirche zeitlichen finanziellen Gewinnes wegen zustimmte, denn
der römische Klerus hatte nur ein Drittel der Stimmen.
Bedeutende Professoren und Gelehrte des konstitutionellen Rechtes,
darunter Professor S. G. Anschütz von der Universität Heidelberg, Dr. K.
Rothenbücher aus München, und der bayrische Universitätsprofessor Dr. R.
Piloty aus Würzburg beweisen, daß Artikel 5 des Konkordats eine direkte
Vergewaltigung der Staatsverfassung ist. Dennoch ist das Konkordat bis auf
diesen Tag noch voll in Kraft.
Wie im finstern Mittelalter„Jedes Konkordat ist eine
vollständig einseitige Sache, aber das bayerische Konkordat ist in seiner
Einseitigkeit etwas noch nie Dagewesenes, da der Papst dadurch unerhörte
finanzielle Zugeständnisse erhält, dergleichen nur im finsteren
Mittelalter zu finden sind.
Seit Jahrhunderten hat der Staat mit Zähigkeit um die Autorität über die
Schulen gekämpft und sie festgehalten. Jetzt ist sie in die Hände der
katholischen Kirche übergegangen, und zwar in die Hände der Jesuiten. Die
Bedeutung einer solchen Lage der Dinge kann nur von jemand erkannt werden,
der die Grundlage der Geschichte der Zivilisation seit dem Anfang des
finsteren Mittelalters kennt und weiß, welchen Ausgang die Schulpolitik
des Klerus genommen hat. Tatsächlich bedeutet dies eine systematische
Verrückständigung der Massen des Volkes. Die Beweise hierfür sind auf
Grund unantastbarer geschichtlicher Tatsachen in der Broschüre: „Das
Konkordat, Deutschlands Schritt in das finstere Mittelalter zurück"
niedergelegt.
[Redaktionelle Einfügung. Wer denn Verfasser und Herausgeber genannter Broschüre sein soll, wird nicht gesagt. Eine Recherche ergab. In den gängigen deutschen Bibliothekskatalogen jedenfalls nicht nachgewiesen. Demzufolge ist es mehr als fraglich, ob es denn je einen autorisierten deutschen Text davon gab. Weiter in der Zitierung des GZ].
Aber das bayrische Konkordat war
nur der Anfang. Jetzt folgen die anderen Staaten, besonders das Reich
selbst. Die Diplomatie des päpstlichen Stuhles ist fieberhaft am Werke,
sie hat den Nuntius Pacelli, der das bayrische Konkordat zustande brachte,
nach Berlin geschickt. Die ganze Politik des Zentrums stand seit Jahren
unter diesem Einfluß und hat sich bemüht, ein Konkordat mit dem Staate
zustande zu bringen. Die verwirrten internationalen politischen Zustände
sind dieser Bewegung förderlich, und Pacelli hat ein großes Geschick, eine
Situation auszunützen.
Die katholische Zentrumspartei in Deutschland ist bei jeder
Parteiverbindung des Staates der die Waage haltende Faktor, weil keine
Partei ohne das Zentrum eine Mehrheit hat. Gegenwärtig befindet sich diese
Partei in Übereinstimmung mit den konservativen Parteien und erhält im
Voraus Zugeständnisse in Bezug auf ein Konkordat, obwohl eine dieser
Parteien, die deutsche Volkspartei, immer antiklerikal war. Letztere
Partei vertritt hauptsächlich die Interessen der Großindustriellen. Die
klerikale Zentrumspartei vertritt einen Teil der Landwirte und der
Arbeiterschaft. Um die deutsche Volkspartei ihren Wünschen geneigt zu
machen, opfert die Zentrumspartei die Interessen ihrer Wähler, was
besonders im letzten Reichstag bei dem Handelsvertrag mit Frankreich zu
Tage trat. Der Redner der Zentrumspartei konnte, während er über diese
Frage sprach, kaum gegen die lauten Zwischenrufe aufkommen, und die
Verteidigung war schwach und durchaus nicht überzeugend.
Die Ultramontanen beachten, wenn die Interessen der päpstlichen
Weltherrschaft auf dem Spiele stehen, überhaupt nicht im Geringsten die
Interessen ihrer Wähler. Das deutsche Volk, durch Kämpfe von außen und
innen, sowie von wirtschaftlichen Schwierigkeiten schwer heimgesucht,
dient als ein Reservoir, den zunehmenden Einfluß der römisch-katholischen
Kirche zu beleben. Das verarmte deutsche Volk wird gezwungen, einer
erschrecklich ehrgeizigen und stolzen Hierarchie die finanzielle und
moralische Grundlage zu bieten, damit diese ihren Weltmachtsneigungen
frönen kann.
Die ungeheure Zunahme religiöser Anordnungen und der Ankauf von Ländereien
durch die Geistlichkeit seit dem Kriege - oft unter dem Vorwand, den Armen
helfen zu wollen - dienen nur diesem Zwecke. Das Papsttum operiert jetzt
genau in derselben Art und Weise wie vor tausend Jahren, nämlich es sucht
an Stelle des Friedensreiches Jesu Christi das päpstliche Reich als
sogenanntes Königreich Gottes aufzurichten. Alle diese Bemühungen sind
nichts anderes als ein neues augustinisches „Königreich Gottes", dessen
Wirksamkeit während des finsteren Mittelalters ebenso schrecklich war, wie
es in unseren Tagen sein wird. ...
Wenn die Presse und das Volk nicht zur letzten Stunde einen entschiedenen
Standpunkt gegen das Konkordat einnimmt, wird sein Schrecken und seine
Knebelung der Freiheit und Menschenrechte eines so aufrechten Volkes nicht
aufzuhalten sein."
Bild der Frau Nahles oder dem Herrn Thierse von der CSPD zugeeignet.
Im Goldenen Zeitalter 1926 gelesen
Im Goldenen Zeitalter 1928 gelesen