"wahre", und alle anderen demzufolge die "falschen" Religionen
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 08. Oktober 2011 01:59
Vor fünfzig Jahren

fragt "Erwachet!" in seiner als Sonderausgabe aufgezogenen Ausgabe vom 8. 10. 1961.
Das sichten jener 32 Seiten Text kann man sich eigentlich ersparen, da als Quintessenz in der "Erwachet!"-Sicht nur ein (voraussehbares) Ergebnis am Ende herauskommt.
Man selbst sei die "wahre", und alle anderen demzufolge die "falschen" Religionen.
Eigentlich hat "Erwachet! bei seinem Rundumschlag nur einen Aspekt "vergessen" mit zu erwähnen.
Selbiger mag dann mal mit Karikaturen aus der beachtlichen Karikaturensammlung von Alois Payer verdeutlicht werden:

"Wahrlich, wahrlich, ich sage Dir, Bertrand,
die Zeiten der Kommanditgesellschaft werden vergehn,
aber die Maulaffen werden nicht ausgehen.
Trachten wir nach dem, was ewig ist!
Wie wär's, gründen wir eine Religion, he?" —

"Teufel, Teufel! Eine Religion ist nicht leicht zu gründen" —

"Du bist immer dumm, Bertrand!
Man ernennt sich zum Papst,
man mietet eine Bude,
man leiht sich Stühle aus
und man predigt:
über den Tod Napoleons,
die Entdeckung Amerikas,
über Molière,
über irgend etwas!
Schon hat man eine neue Religion.
Das ist alles nicht so schwer, als man glaubt!"

"Früher fraß er besser — er wird doch nicht eingehen?". --

Geistige Erquickunde - Beim "Wachtturm"-"Studium"

"Du, Darwin, in Deinem Werk stimmt aber verschiedenes nicht!" —
"Ach, lieber Gott, in deinem auch nicht!".

Parsimony.17143

Ich halte es daher lieber mit der grundsätzlichen Einsicht:
Die Philosophen und Religionen haben die Welt nur unterschiedlich erklärt.
Diese Erklärungsversuche indes, sind angesichts der Fragen, die auf der "Tagesordnung" stehen, weitaus zu wenig.
Angesichts brennender Auschwitzöfen, deren stinkender Rauch, auch dem "großen Zampano" nicht aus seinem Dauerschlaf zu erwecken vermochte.
Um bei diesem Aspekt einen Moment noch zu verbleiben.
Warum sollte der "große Zampano" beim Gestank der brennenden Auswitzöfen aufwachen?
Er hat ja schon zu früheren Zeitpunkten seinen konsequenten Tiefschlaf ungebrochen praktiziert.
Etwa als seine selbsternannten Statthalter auf Erden es für angemessen erachteten, einen Jan Hus auf den Scheiterhaufen zu befördern.
Und um diesem Spektakel noch die "rechte Würze" zu geben, wurde unter dem Scheiterhaufen ein verwestes stinkendes Maultier mit platziert, damit es dann so richtig stinkt.
http://books.google.de/books?ei=5TWPTt2ZEsPysgbL7NmDDg&ct=result&id=8nIaAAAAMAAJ&dq=Hus+Jan+Maultier&q=grauenvoller+Gestank
Von einer Rehabilitation des Hus, seitens des Katholikenvereins, ist auch Jahrhunderte später, keinerlei Rede.
Warum auch?! Wenn der Katholikenverein auch nicht die Exkommunikation eines Hitlers für nötig erachtet, warum soll er da im Falle Hus ein "besseres" Bild abgeben.
Und solche Leute dürfen zu allem Überfluss, im Deutschen Bundestag, eine Selbstdarstellungs-Show inszenieren!
Auch das und noch einiges mehr, ließ den "großen Zampano" – wie gehabt, wieder mal völlig unberührt.
Angesichts solcher Milchmädchenthesen, wie etwa, die famosen Christen werden allesamt "wundersam entrückt" (wahrscheinlich in ihr Wolkenkuckucksheim, das aber dann nur für sie existent ist (worauf ich in einem für den 21. 10 vorgesehenen Beitrag nochmals zurückkommen werde).
Angesichts dieser und weiterer Beispiele, scheint mir die Frage etwa Evolution oder Schöpfung (wo ohnehin kein heutiger als "Augenzeuge" zugegegen war), ein trojanisches Pferd zu sein. Der Strohhalm um dem toten Gott (gemäß Nietzsche) doch noch "Leben" einzuhauchen.
Und nicht zuletzt um sie als "Geschäftsidee", zum abkassieren im Hier und Heute, für die Funktionäre der Religionsindustrie, mit ihren windigen Angeboten nutzbar gestalten zu können.
Wem der Religionszauber - das wussten schon die Medizinmänner bei den Indianern - nutzt, darüber kann wahrlich kein Zweifel bestehen.
Schon J. W. v. Goethe hat zu diesen und anderen Fragen die passende Antwort gegeben, wenn er feststellte:

Exkurs:
Ein Beispiel solcher überflüssigen (keineswegs als "lustig" bewertbaren Ersatz-Auslegungen im Stile der Zeugen Jehovas). Etwa die des "Tagesanbruch". Deren Macher entstammten ja allesamt auch einst dem ZJ-Milieu. Das sie nicht auf Dauer im WTG-Stall verblieben, ist wohl weniger ihnen anzulasten. Wäre die WTG vielleicht etwas "liberaler", wären sie mit Sicherheit dort verblieben. Es hat halt nicht sollen sein.
Indem sie nunmehr von der WTG Organisatorisch unabhängig wurden, bedeutet das keineswegs das sie nun auch geistig unabhängig wurden.
Und bei manchen aus der WTG-"Herausgeschüttelten" kann man sich wohl ernsthaft die Frage stellen, wer da wohl - unterm Strich - der größere bornierte mit Scheuklappen versehene Sektierer ist.
Das keineswegs nur bei historischen Beispielen, etwa dem Ewald Vorsteher mit seiner Eintagsfliege "Wahrheitsfreunden", sondern auch bei einigen "Prachtexemplaren", welche heute noch so von sich reden machen (in der Gegenwart).
Besagter "Tagesanbruch" wähnte mal in seiner "unendlichen" dem Kaffeegrund entnommenen "Weisheit", sich - nach 1945 noch - wie folgt auslassen zu sollen:

Die Zukunft Israels und der Welt
Tagesanbruch o. J. (um 1955)
Diese Prophezeiung zeigt, dass, wenn die Zeit für die Israeliten kommt, in ihr Land zurückzukehren, Anstrengungen gemacht werden würden, sie zur Rückkehr zu veranlassen. Gott sagte, dass er zu "vielen Fischern senden" würde, um sie zu fischen. Dies mag sehr wohl durch die Zionisten-Organisation erfüllt worden sein, die im Jahre 1896 durch den verstorbenen Theodor Herzl gegründet wurde. Fischer gebrauchen Köder, um die Fische anzulocken, und viele Jahre hindurch war die Zionisten-Organisation darauf hin, warum die Juden nach Palästina gehen sollten, und auf die Vorteile, die ihnen daraus erwachsen würden. S. 11

Aber die Prophezeiung sagt, dass Gott auch zu "vielen Jägern senden (würde), dass sie sie jagen."
Hier werden wirkungsvollere Methoden angedeutet. In diese könnte zweifellos die bittere Verfolgung durch Hitler mit eingeschlossen sein. Diese treibende Methode nahm an Heftigkeit zu, bis praktisch alle Juden Europas, die nicht getötet waren, sich nach ihrem Heimatland sehnten und darauf bedacht waren, dorthin zu gehen, wenn sich die Gelegenheit bot.
S. 12

Tagesanbruch
Das auserwählte Volk
Erste Auflage 1952
S. 21

Man beachte die Prophezeiung hinsichtlich der "Fischer" und "Jäger", welche der Herr, wie er voraussagte, unter sein Volk sein Volk senden würde, um sie zu veranlassen, in ihr Land zurückzukehren. Die Methode des Fischens besteht in der Anwendung von Ködern von Lock oder Anreizmitteln. Die im Jahr 1897 organisierte Zionistenbewegung ist zweifellos vom Herrn als einer der hervorragenden Fischer gebraucht worden, um sein Volk zur Rückkehr in ihr eigenes Land anzureizen.
Aber die Methode des Fischens vollbrachte nicht alles, was Gott hinsichtlich der Anzahl von Juden, die nach Palästina gehen sollten, im Sinn hatte, darum wurde eine mehr gewaltsame Methode angewandt, die durch "Jäger". Dies ist eine Methode unbarmherzigen Treibens, sie entspricht treffend den bitteren Verfolgung, die über die Juden in ganz Europa kamen, kurz nachdem ihnen das Land der Verheißung durch den Völkerbund geöffnet wurde.
S. 22

Diese Methode des Jagens nahm ständig an Heftigkeit zu, bis praktisch alle Juden Europas, die nicht getötet wurden, Sehnsucht nach ihrem Heimatland bekamen und das Verlangen hatten, dort hin zu gehen, wenn die Gelegenheit sich bot.

Ergo - auch die brennenden Auschwitzöfen seien "Gottes Werkzeug".
Ein Gott der solcher "Werkzeuge" bedarf, auf den kann ich gut und gerne verzichten.
Siehe unter anderem auch:
Mysnip.4831

Man komme auch nicht mit dem Entlastungsargument, die heutige WTG habe ja dem Philosemitismus seit Anfang der 1930er Jahre abgeschworen. Das ist zwar einerseits richtig, indes kein Grund sich nun selbstgerecht zurücklehnen zu können.
Erst Recht kein Grund für selbiges, bei einigen aus der WTG "Herausgeschüttelten".
Siehe dazu auch die Auseinandersetzung mit einer famosen Dame

Letztlich ist diese These auch in der eigentlichen WTG-Religion nachweisbar, keinesfalls "nur" in deren Splittergruppen.

Mit zwei Einschränkungen. Anfang der 1930er Jahre gab Rutherford mittels der Bücher "Rechtfertigung" der vormaligen Zionismusbegünstigung den Laufpass. Somit ist die Zionismus-Begünstigung bei den Zeugen Jehovas zur Zeit des Hitlerregimes, nicht mehr der aktuelle Lehr-Stand. Dieweil das so ist, kann man ihnen auch nicht die Entgleisungen anhängen, etwa die brennenden Auschwitzöfen in der Substanz als "Gottes Werkzeug zur Durchführung seiner Pläne" zu definieren. Zu Zeiten der Weimarer Republik konnte auch die WTG nicht erahnen, dass seitens des Hitlerregimes, einmal brennende Auschwitzöfen als Politik-Instrumentarium eingesetzt werden würden.

Gleichwohl war auch der WTG der massive Antisemitismus bekannt, welcher etwa im zaristischen Russland wütete, und welcher mit dem der Nazis durchaus vergleichbar ist.

Sofern die WTG zu Zeiten der Weimarer Republik von der Fischer Jäger-These Gebrauch machte, beschränkte sich in diesem Falle eben die vermeintlichen Jäger als "Gottes Werkzeuge" auf die eher klassischen Formen des Antisemitismus. Ein Veranschaulichungsbeispiel WTG-seitig, lieferte die Ausgabe ihres "Goldenen Zeitalters" vom 1.  1. 1927.

Einen Israel bezüglichen Artikel in den „Dresdener Neuesten Nachrichten" entdeckend, nimmt das „Goldene Zeitalter" vom 1. 1. 1927 selbigen zum Anlass um unter der Überschrift „Alte Prophezeiungen und ihre wunderbare Erfüllung", zugleich Reklame für das im eigenen Verlag erschienene Rutherford-Buch „Trost für die Juden" zu machen.

Und zu den weiteren Kommentaren in dieser Sache gehören dann auch noch die Sätze:

„Es ist jedoch bedeutsam zu sehen, wie alle Prophezeiungen der Schrift, die vor Jahrhunderten, ja vor Jahrtausenden gesprochen und niedergeschrieben wurden, sich heute erfüllen, nämlich jene von der Wiedereinsammlung Israels nach Palästina. Wie bemerkenswert ist jene Prophezeiung in Jeremia 16:16, wo der Prophet sagt, daß Gott zunächst zu Fischern senden werde, um die Juden nach Palästina zu führen, womit zweifellos das vergebliche Bemühen der verschiedensten kirchlichen Bekenntnisse, die Juden zum Ergreifen ihres Messias Jesus zu veranlassen, bezeichnet wird. Derselbe Prophet fährt dann fort zu zeigen, daß Gott danach zu vielen Jägern senden würde, was unzweifelhaft auf die verschiedensten Judenverfolgungen Bezug nimmt, welche fast alle Länder der Welt in der Vergangenheit sahen. Doch das gesegnete Endresultat auch in dieser Beziehung ist:
„Ich werde sie in ihr Land zurücksenden, das ich ihren Vätern gegeben habe."

Solcherlei Thesen, auch von anderen Philosemiten vertreten, etwa dem Ernst F. Stroeter, entwickelten noch ihre makabere Eigendynamik. Extreme Beispiele, etwa die den Zeugen Jehovas nahestehende „Tagesanbruch Bibelstudien Vereinigung", deuteten gar den Hitler'schen Antisemitismus als diesbezügliche „Bibelerfüllung". 
Auch in der Schrift „Gott und Vernunft" dieser Gruppe kann man lesen:

„Es sei zugegeben, dass in den letzten Jahren die Juden aufs neue verfolgt wurden, und dass ihre Vorrechte in Palästina beschnitten worden sind; aber auch diese Erfahrungen stimmen mit den Prophezeiungen überein und beziehen sich auf jenen Zeitabschnitt, in dem die göttliche Gunst sich ihnen wieder zuwenden wird. Gottes Prophet sagte klar und deutlich, dass "Jäger" ausgesandt werden würden, um die Juden in ihr eigenes Land zurückzutreiben. (Jer. 16:16) Ferner, dass schliesslich Gott sich ins Mittel legen werde, um sie von ihren Feinden zu erretten, nachdem sie sich im Heiligen Lande niedergelassen haben würden."

Seitens der WTG gab es dann noch einen namentlich „Fischer und Jäger" betitelten WT, worüber etwa Friedrich Zipfel, bezugnehmend auf die Verhaftung des WTG-Funktionärs Franz Fritsche reflektierte.
Nach Zipfel wurde Fritsche am 25. 1. 1944 verhaftet. Zu den Anwürfen des Naziregimes gehörte, WT-Artikel vervielfältigt zu haben. Einige davon werden namentlich genannt. Eben auch einer der „Fischer und Jäger" betitelt war.

Hierbei ist allerdings zu sagen, dass der Philosemitismus der WTG in späteren Jahren wieder aufgegeben wurde. Gleichwohl wirkten die Ursprungsthesen noch bis in die KZ's hinein nach, wenn etwa KZ-Kommandant Höß reflektiert, und darüber verwundert selbst er sich, die Bibelforscher würden meinen, die Juden würden zu Recht leiden.

Aber es ist offensichtlich, dass die Auslegung der ominösen Fischer - Jäger Bibelstelle, bezogen auf die Juden von der späteren WTG, aufgegeben wurde. Schon in dem Rutherford-Buch „Religion" wurde sie anders gedeutet. Jetzt sah man sich selbst in der Rolle der „Fischer und Jäger".

Ein früher Beleg für diesen Wechsel kann man auch dem Jahrgang 1945 des internen Blattes „Informator" entnehmen. Dort entblödet man sich ja diese Bibelstelle in den Kontext zu setzen, dass die WTG (damals) forderte, Sonderpioniere hätten 175 Stunden und allgemeine Pioniere 150 Stunden Predigtdienst zu erbringen.

Auch in den internen Mitteilungen für die deutsche Untergrundorganisation 
19432Briefe1943
fand man schon diesen Paradigmawechsel, wenn es auch darin drohend hiess:

„So bitten und ermahnen wir Euch denn, unverzüglich noch einmal, die WT "Fischer u. Jäger", "Trost für die Versprengten" und wenn möglich, auch "die Prophezeiung Michas" gebetsvoll und sorgfältig zu studieren und Ihr werdet überzeugt werden, daß der Herr in Eile noch ein sehr großes Werk vor den Hereinbruch der Schlacht von Harmagedon an den Menschen guten Willens für uns vorgesehen hat.

Wer sich daher weigert oder es unterläßt, unter das Volk zu gehen und die Menschen in ihren Wohnungen aufzusuchen, um ihnen die lebenspendende Botschaft vom Herrn zu überbringen, und wer die hindert oder entmutigt, die dem Herrn gehorchen, indem sie den Menschen die Botschaft der Wahrheit bringen, offenbart, eine lieblose und ungerechte Gesinnung, weil er dadurch die Jonadab-Klasse erbarmungslos dem Scharfrichter ausliefert, damit sie in Harmagedon hingerichtet werde. Eine Unterlassung oder Weigerung, diese Verantwortung zu übernehmen und zu erfüllen, wird der Herr keineswegs unbeachtet lassen."

Setzt man diese beiden Auslegungsvarianten ein und derselben Bibelstelle im Vergleich, kommt einem wohl unwillkürlich der Spruch in Erinnerung, von der alten Fidel, auf der man denn jedes Lied spielen könne!

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