Im „Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise (1926)

Einige Stichworte in diesem Jahrgang (in Auswahl)

Technikeuphorie, Ludwig Reinhardt, Evolutionstheorie, "Sternverlag" Leipzig, 1925-Erwartungen, Religionsprozeß Kirchen gegen WTG (Balzereit), Erich Schairer - Sonntagszeitung, Fürstenentschädigung, Plejaden, Gesundheitsratschläge, Otto Eisfeldt, Völkerbund-Gegner, Paul Braeunlich, Ernst Zaugg, Mussolini, Werner Hodler, Libau, Lämmel "Sozialphysik", Weissenberg, "Münchner katholische Kirchenzeitung", Mexiko, Impfgegnerschaft, John Urquhart

Technikeuphorie - Biblisch verbrämt
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 25. Januar 2011 05:22
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Technikeuphorie - Biblisch verbrämt
"Ein seltsames Auto" titelt die Magdeburger Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 1. 1. 1926 ein entsprechendes Werbephoto.
http://www.manfred-gebhard.de/GZM1126.jpg

Die diese Kreise "beflügelnde" Geisteshaltung kann man zusammengefasst auch wieder in der Berner Ausgabe des GZ vom 1. 1. 1926, (Magdeburger Ausgabe 15. 1. 1926) "bewundern", wenn darin (nicht zum ersten Mal) ausgeführt wird:

"Seit dem Jahre 1874 gibt es auf der Erde eine Fülle von Zeichen und Wundern. Sie sind überall, zu sehen - große Eisenbahnsysteme, Straßenbahnen und Autos, Ozeanschiffe, die tatsächlich schwimmenden Palästen gleichen, Luftfahrzeuge, Telephon, Radio und drahtlose Photographie, dazu Wunder über Wunder in der Chemie und der Physik - und das alles innerhalb einer Generation. Und immer noch mehr häufen sich diese Wunder. Sie fallen auf uns nieder wie Schneeflocken zum Segen der Menschheit. Berge von Büchern, ein Meer, von Literatur, tausende von Gymnasien und anderen Bildungsanstalten - buchstäblich erfüllt es sich; "Die Erkenntnis wird sich mehren." Die ganze Welt ist auf Rädern. Bald wird das Luftschiff zum allgemeinen Verkehrsmittel werden und die Eisenbahnen veralten. Allerorts gehen des Herrn Boten umher und verkünden durch Wort und Schrift, wie wir diese Zeit zu verstehen haben. Aber die Welt. Bleibt blind und taub und weigert sich zu glauben, daß diese Dinge von den Propheten der Bibel vorausgesagt, ,,Zeichen der Zeit des Endes" sind ...

Das alles wird dann noch mit der Aussage "gewürzt:"

Die Verständnislosigkeit und Blindheit unserer heutigen Generation wird nach hundert Jahren ein Gegenstand des Verwunderns und des Vorwurfs sein. Dann werden die Millionen Auferweckten auf diese Zeit zurückblicken und werden sich wundern, daß die Führer, sowie das Volk so vollständig blind für die gegenwärtigen Zeichen der Zeit der Zeit sein konnten. Dann werden sie erkennen, daß wir in dieser Zeit die furchtbarste Erschütterung der physischen Erde sowohl, wie eine mächtige, symbolische Erschütterung durchmachen mußten, damit wir zur Erkenntnis der Tatsache erwachen, daß die Menschheit vorbereitet wird auf eine neue Ordnurig der Dinge. Es kommt. Es ist sehr nahe. Die Zeit kommt heran, wo die "Städte der Nationen fallen" werden, buchstäblich fallen, und wo "Babylon, die große" (die Namenschristenheit) plötzlich "in das Gedächtnis vor Gott" kommen wird und "er wird ihr den Kelch des Weines des Grimmes seines Zornes zu trinken geben"! Danach werden die Nationen ruhig werden, in den Staub gebeugt, und bereit sein, Gottes Hilfe in ihren unvergleichlichen Schwierigkeiten anzunehmen."

"Singender Brief"
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 27. Januar 2011 02:21
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Ins "goldene Zeitalter" eingetreten
"Singender Brief"

"Es gibt noch immer Menschen, die bezweifeln, daß wir in das "goldene Zeitalter" eingetreten sind."

Diese Feststellung muss offenbar auch das GZ (Schweizer Ausgabe vom 15. 1. 1926 machen). Wie man unschwer erraten kann, lässt letzteres es sich angelegen sein, diesbezügliche ungläubige Thomasse möglichst zu bekehren. Aufmerksam registriert man alle Meldungen, welche diesem hehren Ziele dienlich erschienen. Und siehe da, wieder einmal wurde man fündig! Es versteht sich für das GZ, dass man auch die eigene Leserschaft an dieser Freude teilhaben lässt.

Nun kann man aus der Sicht der Zeitgenossen, das Staunen über wissenschaftlich-technische Entwicklungen durchaus nachvollziehen. Das ist nicht die Frage. Die Frage indes ist, dass selbiges alles in der Pokrustesbett der eigenen Endzeittheorien hineingezwängt wird; auch dann, wenn es "vorne und hinten nicht passt".

Im nachstehenden nunmehr einiges, was das GZ in dieser Ausgabe seiner staunenden Leserschaft mitteilte:

"Und doch zeigen auch die Erfindungen unserer Tage, wo die eine die andere überstürzt, daß wir mit Riesenschritten in die neue Zeit, die eine solche großer Segnungen für alle Menschen sein wird, eingetreten sind.
Die bedeutsame neue Erfindung eines deutschen Forschers kann von umwälzender Bedeutung für den Briefverkehr werden. Es handelt sich um nichts mehr und nichts weniger als um den sprechenden und singenden Brief, und in der Presse wird ausdrücklich betont, daß sie tatsächlich existiert, bereits patentamtlich geschützt ist und einer Fabrik zur praktischen Ausnützung übergeben worden sei.
Emil Jest schreibt über diese epochemachende Erfindung in der "Technik der Gegenwart" zum "Darmstädter Tageblatt" wie folgt:

"Jedes Briefschreiben könnte jetzt bald fortfallen. Dafür nimmt man einfach eine etwa zehn Zentimeter im Quadrat große, papierdünne Gelatine- oder Zelluloidplatte, legt sie auf einen eigens für diesen Zweck konstruierten, Taschenapparat, setzt diesen in Gang und braucht nur zu sprechen, was man seinen Mitmenschen mitteilen will.
Man kann auch singen. Die Aufnahmeplatte, nimmt alles Gesprochene und Gesungene naturgetreu auf. Dann nimmt man sie ab, steckt sie in einen Briefumschlag, und der Brief ist zur Absendung fertig. Der Empfänger legt die erhaltene Aufnahmeplatte auf einen gleichen Apparat, setzt diesen ebenfalls in Gang und kann die vom Absender auf die Platte gesprochene Mitteilung deutlich hören!
Eine Aufnahmeplatte von obengenannter Größe genügt für ein Gespräch von etwa vier bis fünf Minuten Dauer bei nur einseitiger Benutzung, und bei zweiseitiger Benutzung, was möglich ist, die doppelte Benutzungsdauer.
Jede Seite der Aufnahmeplatte nimmt ungefähr sechs- bis achthundert Silben auf. Das ist; ungefähr vier- bzw. achtmal mehr als ein gewöhnlicher Briefbogen faßt, selbst wen die Schrift ziemlich klein ist. Bei längeren Gesprächen kann man je nach Bedarf und ganz nach Belieben mehrere Aufnahmeplatten gebrauchen. Um das gewöhnliche Briefgewicht von zwanzig Gramm zu erreichen, können ungefähr zwanzig Aufnahmeplatten gebraucht werden. Das käme ungefähr einem großen Kanzleipapierbogen gleich.
Für noch längere. Gespräche und Gesangsvorträge können anstatt der kleinen viereckigen Folien auch Bänder oder Streifen - wie sie beim Film Anwendung finden - gebraucht werden. Für ziemlich lange Gespräche oder Gesangsvorträge genügen gewöhnlich schon solche von zwei Meter Länge. Dabei steht den Folien gegenüber der Vorteil, daß man ohne Unterbrechung Gespräche fortsetzen kann. Die Gelatineaufnahmeplatten gestatten auch wiederholten Gebrauch. Zu diesem Zwecke zieht man bereits verwendete Aufnahmeplatten einen Augenblick durch heißes Wasser, legt sie alsdann zwischen zwei trockene Blätter Löschpapier, sodaß sie wieder trocken werden. Dadurch hat sich die Masse der Gelatineaufnahmeplatte wieder ausgeglichen. Wie gesagt, nimmt die Aufnahmeplatte, bezw. das Aufnahmeband, alles, auch das geringste Geräusch, auf. Bei Störungen kann man den Lauf der Folie bezw. Des Streifens anhalten, indem man den Gang der Apparate einstellt.
Die Erfindung bietet ganz bedeutende Vorteile. Eine große Verwendungsmöglichkeit ist sicher. Welche F'ortschritte in wenigen tausend Jahren! Vor so langer Zeit meißelte man noch in Stein, was für die Mit- und Nachwelt bestimmt war. Später schrieb man auf Tierfellen. Erst seit einigen hundert Jahren schreibt man auf Papier, und heute wird der Hauch der Sprache zur "geschriebenen" Übermittlung der Gedanken."

Ludwig Reinhardt
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 28. Januar 2011 02:52
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Ludwig Reinhardt

Das Schweizer "Goldene Zeitalter" vom 15. 1. 1926 (Ausgabe Magdeburg 15. 2. 1926) hat Grund zum Jubeln. In einer Buchbesprechung vom Umfange eine ganzen Druckseite wird dem Theologen Ludwig Reinhardt (1856 - 1914) vom GZ bescheinigt:

"Reinhardt als Theologe, mit seiner Reichsgottesbotschaft, steht unter den neuzeitlichen Theologen einzig da."

Dem muss man sogar zustimmen, was die Außenseiterfunktion des Reinhardt unter den Theologen betrifft. Äußeren Anlass für diesen GZ-Jubel bot ein 1924 erschienenes von Ernst Staehelin herausgegebenes Buch mit dem Titel:
"Im Bannkreis der Reichsgotteshoffnung. Das Lebenswerk des ehemaligen Basler Missionars Ludwig Reinhardt in ausgewählten Stücken aus seinen Schriften, seinem Briefwechsel und den Urteilen der Zeitgenossen. Bearbeitet und mit einem Nachwort versehen von Ernst Staehelin."
In der "Geschichte der Zeugen Jehovas. Mit Schwerpunkt der deutschen Geschichte", wurde bereits auf dem Fall Reinhardt eingegangen (S. 39f.). Nochmals die dortige Zusammenfassung.

In der theologischen Auseinandersetzung zwischen den Bibelforschern und ihren kirchlichen Kritikern spielte die Bibelstelle in Lukas 23 Vers 43 eine dominante Rolle. Es geht in diesem Text darum das Jesus einen mit ihm gekreuzigten [1] Übeltäter versprochen habe, er werde mit ihm im Paradies sein. Die theologische Streitfrage dabei war die Interpunktion dieses Textes.
Hieß es nun richtig: "Wahrlich ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein."
Oder trifft die Variante zu: "Wahrlich ich sage dir heute: Du wirst mit mir im Paradies sein."
Die Kirchen entschieden sich im allgemeinen für die erste Variation, während die Bibelforscher eindeutig der zweiten Variante den Vorzug geben. Dieser Streit hat grundsätzliche Bedeutung. Würde es zutreffen, dass die Interpretation: "ich sage dir heute" zutreffend ist, beinhaltet dies, dass Paradies als zukünftige Möglichkeit. So deuten es auch die Zeugen Jehovas. Hingegen: "Heute wirst du mit mir im Paradies sein" beinhaltet die Himmel-Hölle Lehre, von der nach dieser Lesart alle beim Tode betroffen sein würden.

Die Auslegung der Zeugen Jehovas fand bei den Kirchen nur wenig Gegenliebe, wie überhaupt dort eine "Aktualisierung" von Endzeiterwartungen (wie bei den Zeugen Jehovas) nicht die Regel ist. Folglich wurde auch ihre Darstellung abgelehnt.
Es gibt aber auch Ausnahmen. Das wären dann kirchliche Kreise, die Endzeiterwartungen des Urchristentums positiv bewerten und einer "Aktualisierung" nicht unbedingt grundsätzlich ablehnend gegenüberstehen. Ein solcher Fall liegt bei Ludwig Reinhardt vor. Im Jahre 1878 hatte er eine eigene Bibelübersetzung vorgelegt. [2] Reinhardt vertrat Positionen, wie sie auch von den Bibelforschern vertreten werden:
"Für uns und unsere Zeit ist aber die Erkenntnis von höchster Wichtigkeit, dass die der ganzen Bibel zugrundeliegende Welt- und Lebensanschauung eine der kirchlichen Orthodoxie nicht nur völlig fremde, sondern ihr geradezu entgegengesetzte ist. Der einseitige und verkehrte Spiritualismus unserer Kirchen, gegen welche sich eine immer gewaltigere und teilweise berechtigte materialistische Bewegung erhoben hat, ist nicht biblisch, sondern stammt aus der platonischen Philosophie, welche von den Kirchenvätern der Bibel und kirchlichen Orthodoxie unbewusst untergeschoben und auch die Reformatoren noch völlig beherrschte." [3]
Zu dem fraglichen Bibeltext äußert er: "Die jetzt übliche Interpunktion dieser Stelle ist ohne allen Zweifel falsch und konnte nur darum aufkommen und zur Herrschaft gelangen, weil die katholische Theologie der platonischen Welt- und Lebensanschauung huldigte." [4]

Es lag in der Konsequenz von Reinhardts Auffassung, dass er sich dazu durchrang die Sozialdemokratie unbefangener zu beurteilen, als dies bei anderen kirchlichen Kreisen der Fall war: "Das wahre Christentum und die ideale Sozialdemokratie sind also an sich keine unversöhnlichen Gegensätze, sondern sie sind vielmehr, wie Ursache und Wirkung, Seele und Leib usw. die beiden einander bedingenden Seiten einer und derselben Sache, nämlich der gerechten und göttlich gewollten Gesellschaftsordnung." [5]

Genau diese Auffassung vertrat auch die frühe Bibelforscherbewegung, angereichert mit Endzeitdatenspekulationen. Letzteres ist bei Reinhardt nicht der Fall.
Reinhardt erlangte nicht die Breitenwirkung wie die Bibelforscher. Aber die konservativen Gegner verschiedener Couleur registrierten aufmerksam, dass beide Bibelforscher wie Reinhardt, den politischen Bestrebungen der Sozialdemokratie nicht grundsätzlich ablehnend gegenüberstanden. Da die Bibelforscher Öffentlichkeitswirkung erzielten, lag es in der Konsequenz, dass die Konservativen innerhalb und außerhalb der Kirchen sich auf die Bibelforscher einschossen.

Es ist interessant festzustellen, dass Reinhardt auch in Korrespondenz zu einigen Bibelforschern stand. In dem Schreiben vom 16. 1. 1908 an einen amerikanischen Bibelforscher teilt er mit, dass er von Russells "Schriftstudien" zu diesem Zeitpunkt schon die Bände 1 bis 5 (in Englisch) zur Kenntnis genommen habe.
Es war sicher "Balsam für die Seele" der Bibelforscher, wenn Reinhardt sein Schreiben mit den Worten ausklingen ließ: "Die mir zugesandten Zeitungsabschnitte sende ich Ihnen anbei zurück. Sie haben mich recht interessiert, besonders diejenigen, worin sich die Katholiken für ihre Hölle wehren. Ohne Hölle hat die katholische Priesterschaft verlorenes Spiel, darum fahren Sie nur fort, tapfer gegen diese altheidnische Irrlehre zu kämpfen; mit ihr steht und fällt alle widergöttliche Priesterherrschaft. … Bitte, grüßen Sie Br. Russell recht herzlich von mir und seien Sie mit ihm und Ihrem ganzen Werke der reichen Gnade unseres Gottes und Heilandes empfohlen. In brüderlicher Liebe. L. Reinhardt." [6]

Wesentliches Element der Russellbewegung ist, dass sie zwar für den kirchlichen Sakramentalismus wenig Verwendung hat, dass sie aber andererseits dafür "Gott auf den Thron" wieder erheben möchte. Oder um es mit Feuerbach zu formulieren:
"Wo aber die Vorsehung geglaubt wird, da wird der Glaube an Gott von dem Glauben an die Vorsehung abhängig. Wer leugnet, dass eine Vorsehung ist, leugnet, dass Gott ist oder - was dasselbe - Gott Gott ist; denn ein Gott, der nicht die Vorsehung des Menschen, ist ein lächerlicher Gott, ein Gott, dem die göttlichste, anbetungswürdigste Wesenseigenschaft fehlt." [7]
Was den Glauben an eine göttliche Vorsehung oder Weltregierung anbelangt, so begegnet man ihm nicht "nur" in christlichen Kreisen. Abgesehen von einem Hitler, der seine politischen Entscheidungen auch als von der "Vorsehung" inspiriert darzustellen beliebte, sind auch andere Beispiele außerhalb des Christentums belegt.

Ein klassisches Beispiel war das Orakel des Königs Krösus (letzter König von Lydien, 560-546 v. u. Z.). Er bekam durch die Phytia im Apollo-Tempel zu Delphi auf seine Anfrage hin die Auskunft, "wenn er den Halys (Fluss zwischen Lydien und Persien) überschreite, werde er ein großes Reich zerstören." Lukian von Samosta (120 bis 180 u. Z.) setzte sich mit diesem Fall auseinander:
"Sprich mir nicht von den Orakeln, mein Bester, oder ich werde dich fragen, an welches du dich am liebsten erinnern lassen willst: ob an das, dass der delphische Apollo dem Könige von Lydia gab und das so doppelgesichtig war wie gewisse Hermon, die einem das Gesicht zuwenden, man mag sie nun von vorn oder von hinten betrachten - denn wie wusste nun Krösus, ob er nach dem Übergang über den Fluss Halys das Reich des Cyrus oder sein eigenes zugrunde richten würde? Und gleichwohl bezahlte der unglückliche Fürst diesen doppelsinnigen Vers mit vielen Tausenden." Indem nach Anfangserfolgen sein eigenes Reich zerfiel und somit zerstört wurde. [8]

Nicht nur Reinhardt stand dem konventionellen Christentum kritisch gegenüber. Auch für Albert Schweitzer beispielsweise, war die intensive Beschäftigung mit diesen Fragen, zu einer existentiellen Frage geworden. Im Gegensatz zur herrschenden Zeitmeinung hatte Schweitzer in einer "Geschichte der Leben Jesu Forschung" herausgearbeitet, dass bereits im Urchristentum starke Endzeiterwartungen kultiviert wurden, die sich schon damals als Irrtum erwiesen. [9] Mit solchen Thesen verbaute der Pastorensohn Schweitzer sich eine weitere theologische Laufbahn. Er vermochte diesen Konflikt nur dadurch zu lösen, dass er noch das Wagnis eines medizinischen Zusatzstudiums auf sich nahm um als Arzt in Afrika zu wirken. Auch dort war man, ob seiner theologischen Erkenntnisse, nicht gerade "erbaut" über ihn. [10]

Angesichts des durchaus verständlichen Jubels des GZ, mag es angebracht sein, sich vorgenanntes Reinhard/Staehelin'sches Buch selbst einmal anzusehen, und ergänzend zum bereits ausgeführten, weiter auszuwerten

Nachstehend denn mal einige zusätzliche Exzerpte daraus. Auf S. 24 liest man:

"Wie man sieht, ist den Propheten das Messiasreich auch nicht von ferne ein abstrakt jenseitiges, sondern ein real diesseitiges auf Erden, und zunächst unter den lebendigen Menschen erwarteten sie dasselbe, und zwar als ideales Friedens- und Segensreich ... Darum geht ihre Hoffnung auch über das Grab hinaus."

Auf S. 36, 37 wird ausgeführt:

"Es hat sich für jeden denkenden Menschen klar gezeigt, daß die Emanzipation von Gott es höchstens zu schrecklichen, bald in schmählicher Knechtschaft endender Ungebundenheit, niemals aber zur wahren 'Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit' bringen kann. Ohne Gott werden diese dem Christentum entlehnten Begriffe zur Unwahrheit, und selbst was im wirklichen Fortschritt findet, wird zum Sündenfall und gebiert den Tod, wie französische Revolution, Kommune, Internationale, Sozialdemokratie usw. beweisen. Dieselben streben offenbar nach dem großen Friedens- und Segensreich und der sozialen Wiedergeburt; aber sie suchen dieses Ziel ohne Christum und Gott aus dem Abfall zu erreichen; sie haben das sozial-christokratische Prinzip in das antichristliche sozialdemokratische verkehrt und schrecken nicht vor den schändlichsten Greueltaten zurück, denn der roten wie der schwarzen Internationale heiligt der Zweck die Mittel."

Unter Bezugnahme auf den mit seinem Endzeitdatum 1836 Furore machenden Theologen Johann Albrecht Bengel (und dessen Nachwirkungen) liest man dann (S. 40f.)

"Unter den neueren Nachfolgern Bengels hat besonders Christoph Hoffmann den Reichsgottesgedanken lebendig erfaßt, und anfangs hofften viele, er werde denselben in gesunder Weise weiter entwickeln und freuten sich deshalb des ihm geschenkten Lichtes. Allein bald zeigte sich, daß Hoffmann sich nicht in der geraden Linie wahrhafter Katholizität, sondern in der krummen Linie der Sektiererei über Bengel hinaus bewegte. Er verkannte alles, auch das wahre und Gute, an der Kirche und bisherigen Entwicklung und wollte durch äußerliche "Sammlung des Volkes Gottes" aus dem abgefallenen Babel und durch Rückkehr nach dem irdischen Jerusalem den Tempel Gottes bauen und so dem Kommen des Reiches Gottes menschlich nachhelfen oder es "machen", wie seine Anhänger gerne sagen. Gott kann und wird auch dieses Streben, soweit es aufrichtig ist, segnen, aber Seine Ehre gibt er keinem andern, und nur Er, nicht Menschen, können das Reich Gottes bauen; sonst wäre es ja nicht das Reich Gottes, sondern der Menschen".

(Und in einer zugefügten Fußnote liest man noch)

"Christoph Hoffmann (1815 - 1885), hervorgegangen aus der Gemeinde Kornthal, die sich in Erwartung des Jahres 1836 gebildet hatte, sammelt seit 1848 das "Volk Gottes" zum Auszug aus "Babel" und zur Wiederaufrichtung des "Tempels", der wahren Gemeinde. Organ der Bewegung ist die "Süddeutsche Warte", später "Warte des Tempels". Ende der 1860er Jahre erfolgt der Auszug von etwa 15000 Templern nach Palästina mit Christoph Hoffmann an der Spitze.

Als Geschichtsinterpretation liest man auf S. 76:

"Nach der einseitig idealen Verarbeitung des Christentums und dem Verfall des heidnisch-römischen Weltreiches, mußte der verkehrt heidnische Realismus sich des christlichen Reichsgottesgedanken bemächtigen und ihn in seiner Weise zu verwirklichen suchen. Dies geschah in dem weltbeherrschenden Papsttum, welches äußerlich christlich hieß und sich so gebärdete, innerlich aber von einem ganz widergöttlichen Geiste beseelt und wie die heidnischen Weltreiche auf Zwang, Gewalt, Liest und Trug gegründet war."

Indem Reinhardt auch als Bibelübersetzer (insbesondere des NT) in Erscheinung trat, liest man in dessen Vorrede (hier nach Reinhardt/Staehelin S. 84 zitiert):

"Für uns und unsere Zeit ist aber die Erkenntnis von höchster Wichtigkeit, daß die der ganzen Bibel zugrunde liegende Welt- und Lebensanschauung eine der kirchlichen Orthodoxie nicht nur völlig fremde, sondern ihr geradezu entgegengesetzte ist. Der einseitige und verkehrte Spiritualismus unserer Kirchen, gegen welche sich eine immer gewaltigere und teilweise berechtigte materialistische Bewegung erhoben hat, ist nicht biblisch, sondern stammt aus der platonischen Philosophie, welche von den Kirchenvätern der Bibel und kirchlichen Orthodoxie unbewußt untergeschoben wurde und auch die Reformatoren noch völlig beherrschte."

Eine erste Zitierung des Bibelforscher-Gründers Russell findet man dann in den Worten (S. 117f.):

"Haben wir mit Tolstoi und mit dem uns nach einer andern Seite vielleicht noch mehr verwandten Henry Drummond * noch nie irgend welche persönliche Berührung gehabt, so war dies der Fall bei Alb. Wallis ** in Upsala (Schweden) den Adventisten in Nordamerika und bei der durch Charles Russell *** in Allgeheny (P.A., USA) und sein Millenial Dawn hervorgerufenen Bewegung. Was uns von den beiden letzteren unterscheidet, ist vor allem ihr Festhalten an dem orthodoxen mechanischen Inspirationsbegriff und der damit zusammenhängende Wahn, als sei der göttliche Entwicklungsgedanke (the evolution) antichristlich.
* Henry Drummond (1851 - 1899), der Verfasser des berühmten Werkes: "Das Naturgesetz in der Geisterwelt"
** Albert Wallis verfaßte u. a. folgende Schriften: "Fata Morgana der allgemeinen und alleinigen wie unsichtbaren Kirche der Zukunft" (Upsala 1865), "Mene mene tekel upharsin" (Upsala und Leipzig 1869). "Apologia christiana Joh. 14, 15-21; 15,5. Katechismus des Christentums dritten Jahrtausends" (Upsala 1878).
*** Charles Taze Russell (1852 - 1916), der Begründer der Millenium-Tagesanbruch-Bewegung (Internationale Vereinigung ernster Bibelforscher).

Dem sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten August Bebel, schrieb Reinhardt den folgenden Brief:

Basel, den 8. Dezember 1898
Herrn Aug. Bebel, Reichstagsabgeordneter in Berlin
Sie sind der Hauptvertreter der sozialdemokratischen Partei in Deutschland. Als solchen habe ich auch Sie in meinem soeben erscheinenden Werke "Die einheitliche Lebensauffassung als Grundlage für die soziale Neugeburt" angeführt und Ihren "historischen Materialismus" und "Atheismus" als wissenschaftlich und geschichtlich unhaltbar nachgewiesen.
Ihrem in vielen Dingen scharfen Blicke kann es kaum entgehen, daß ihre Partei neuer geistiger Impulse bedarf, wenn sie nicht allmählich, aber unrettbar, der geistigen Versumpfung anheimfallen soll. Vielleicht finden Sie in meinem Werke, das ich Ihnen als Drucksache zugehen lasse, nicht nur geistige Anregung, sondern auch mächtige Waffen im Kampf gegen den heillosen Ultramontanismus und Absolutismus, welcher die romanischen Länder dem Verderben entgegenführt, und der auch in Deutschland sein stolzes Haupt erhebt. Diese finstern Mächte zu bekämpfen ist eine edle Aufgabe, aber den Sieg über sie kann, wie die ganze Geschichte und auch der leidige Kulturkampf bewiesen hat, keine, wenn auch noch so mächtige, bloß politische Gewalt davontragen: Geistige Mächte können nur durch höhere Geistermächte überwunden werden. Stellen wir der Lüge und Tyrannei die Wahrheit und Freiheit gegenüber, dann aber auch nur dann, ist der Sieg unser. Denn die Wahrheit behält den Sieg, und nur die Wahrheit kann uns frei machen! Daß die Wahrheit überall gefördert werde und endlich den Sieg davontrage, ist der Wunsch Ihres aufrichtigen L. Reinhardt".

Bebel seinerseits beantworte dieses Schreiben mit den Sätzen:

"Berlin W. den 9. Dezember 1898
Herrn L. Reinhardt Basel
Für die Übersendung Ihres Buches meinen verbindlichen Dank. Es ist Ihr gutes Recht, die Grundlagen unserer Auffassung zu diskutieren und in Frage zu stellen. Daß Sie dieselben als unhaltbar glauben nachgewiesen zu haben, ist bei Ihnen als Verfasser des Buches selbstverständlich, aber für mich nicht entscheidend. Doch will ich dasselbe lesen, sobald meine gegenwärtig sehr in Anspruch genommene Zeit es mir erlaubt; die Ausführungen in Ihrem Brief lassen mich aber befürchten, daß Sie mich schwerlich überzeugen werden."

Offenbar mit weiteren Sozialdemokraten (Eduard Bernstein, auch mit Karl Kautsky setzte sich Reinhardt auseinander), stand Reinhardt noch in Korrespondenz, was hier aber übersprungen sei. Seine Dissens zur Sozialdemokratie hat er dann noch in einem "Sozialdemókratie und Christentum" überschriebenen Flugblatt zusammengefaßt, aus dem nachfolgend noch etwas zitiert werden soll (S. 171):

 "Wer ist nun schuld an dem Atheismus und Materialismus der irreligiösen Sozialdemokraten und an dem Blut der zur Notwendigkeit gewordenen Revolution? Offenbar in erster Linie der kirchliche und politische Absolutismus der jesuitischen und orthodoxen Gegenreformation mit ihrer blutigen Inquisition, ihrer Bartholomäusnacht und ihrer rabies theologum (Wort des Theologen Melanchthon). Wer Wind säet, der wird Sturm ernten. Übrigens ist das Blut, welches die Revolution und die Sozialdemokratie vergossen haben, nur wie ein Tropfen gegenüber dem Meer, welches die verfolgungssüchtige Kirche und der politische Absolutismus auf dem Gewissen haben. Weder die verweltlichte (d. H. Heidnisch gewordene) Kirche, noch der von jeher weltliche Staat haben also irgend welche Ursache mit Pilatus heuchlerisch die Hände in Unschuld zu waschen und mit dem selbstgerechten Pharisäer Gott zu danken, daß sie nicht sind wie die anderen Leute oder gar wie diese atheistischen Revolutionäre und diese gottlosen Sozialdemokraten, sondern alle, sowohl die katholischen, wie die protestantischen Fürsten, Kirchen- und Staatsmänner, orthodoxe Christen und sozialistische Atheisten müssen sich an die eigene Brust schlagen und sagen: Gott sei mir, dem Sünder, gnädig! Auch darin tun die kirchlich Frommen den Sozialdemokraten unrecht, wenn sie es ihnen zum Vorwurf machen, daß sie sich nicht mit der Vertröstung auf den Himmel nach dem Tode abspeisen lassen, sondern den Himmel auf Erden haben wollen. Gewiß ist die äußere Form, in welcher dies geschieht, oft anstößig und das religiöse Gefühl orthodoxer Christen verletzend, aber nicht der oberflächliche Schein, sondern die innere Berechtigung ist maßgebend, und diese ist ganz auf Seiten derer, welche mit Christo das große Friedens- und Segensreich Gottes auf Erden wollen. Der frivole Heine und seine atheistischen Nachbeter, welche sagen: "Den Himmel überlassen wir den Engeln und den Spatzen", haben Unrecht nur dadurch, daß sie heilige Dinge mit unverantwortlicher Frivolität behandeln.

Ganz denselben Gedanken spricht aber auch die Bibel aus in den Worten: "Die Himmel sind Himmel (nur) für Jahve; aber die Erde hat er den Menschenkindern gegeben. Die Toten werden dich, Jahve, nicht loben, noch die hinunterfahren in die Stille." (Psalm 115: 16, 17)

Mißverstehen also die kirchlich Frommen und politisch Konservativen sowohl das Christentum als auch die völlig berechtigte Sozialdemokratie, so findet beides leider auch bei den Sozialisten und der Sozialdemokratischen Partei statt. Wir tun letzterer gewiß nicht Unrecht, wenn wir sagen, daß sie die an sich gesunde Sozialdemokratie, d. h. die gesellschaftliche Volksherrschaft, viel zu sehr verwechselt oder verbindet mit dem politischen und sozialen Umsturz, der atheistischen Religionslosigkeit, dem historischen Materialismus, dem selbstsüchtigen, oft durchaus nicht einwandfreien Parteifanatisms und dem Klassenhaß, welcher die tierischen Instinkte namentlich des städtischen Proletariats gegen ihre, oft mit den größten Schwierigkeiten kämpfenden und manches Mal selbst nur von der Hand in den Mund lebenden Arbeitgeber entfesselt und eine gedeihliche Entwicklung der Völker fast unmöglich macht. Wir wollen nicht ungerecht sein und nicht der ganzen Partei das in die Schuhe schieben, was nur Einzelne verbrochen haben. Wir wissen auch, daß es überall, wo Menschen handeln, auch menschlich, d. h. irrtümlich und verkehrt, zugeht, aber dies darf uns doch nicht verhindern, die Fehler, welche wir an andern mit vollem Recht tadeln, auch bei uns selbst als solche anzuerkennen und mit Energie zu bekämpfen.

Das wahre Christentum und die ideale Sozialdemokratie sind also an sich keine unversöhnlichen Gegensätze, sondern sie sind vielmehr, wie Ursache und Wirkung, Seele und Leib usw., die beiden einander bedingenden Seiten einer und derselben Sache, nämlich der gerechten und göttlich gewollten Gesellschaftsordnung."

Was Reinhardt's Korrespondenz anbelangt, so ist sicherlich auch eine solche mit einem Russell-Anhänger in den USA, vom 16. 1. 1908 beachtlich, in welchem sich auch die Sätze vorfinden (S. 208f.)

"... Ich lasse jedem seine besonderen Anschauungen und freue mich über jeden, der mit Ernst nach der Herrschaft Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, im Sinne Jesu Christi trachtet. Die äußere Denomination ist mir durchaus Nebensache. ..."

Er hätte, so teilt er weiter mit, "durch seinen Sohn in München" (letzterer offenbar Verleger) mitgeteilt bekommen

"daß Sie in Ihrer Gemeinschaft meine Übersetzung des Neuen Testamentes in größerer Anzahl gekauft und benützen wollen. ... Ich stehe noch mit der Tempelgesellschaft und mit den Adventisten des siebenten Tages und mit Geistlichen in der Schweiz und in Deutschland in Verbindung."

Er offeriert dann noch, dass er für eine eventuelle Neuauflage seiner NT-Übersetzung gerne aus diesen Kreisen Vorschläge entgegennehme und wohlwollend prüfen wolle.

Seine Haltung zu Russell etwas mehr spezifizierend bringt er dann in einem Zeitschriftenartikel zum Ausdruck, erschienen in der Zeitschrift "Warte des Tempels" (welche offenbar mit der eingangs genannten Gruppierung um Christoph Hoffmann identisch ist). Dort liest man gemäß der hier zitierten Buchausgabe (S. 219f.)

"Die schlimmste Gabe, welche die Babylonier den Juden und damit der Menschheit mitteilen, ist die gemachte Chronologie der Genesis und die damit zusammenhängende falsche Auffassung vom Alter der Welt. Die Babylonier begannen damals eine neue Zeitrechnung, weil, wie die Keilschriften beweisen, ihre frühere Chronologie gänzlich in Unordnung geraten war, und später verwechselte man dann diese neue Chronologie mit dem Alter der Welt. Diesen geschichtlich nachgewiesenen Irrtum festhalten und uns als göttlich geoffenbarte Wahrheit aufbürden zu wollen, ist ein Unsinn, der zwar manchen als rechtgläubig imponieren mag, aber keiner Ehre wert ist.
Damit fällt auch "Der Plan der Zeitalter" im Millenium-Tagesanbruch von Charles T. Russell in Allegheny Pa. und alle chiliastische und adventistische Rechnerei und Buchstabenreiterei, als auf ganz falschen und unhaltbaren Voraussetzungen beruhend, für immer dahin ..."

Siehe zum Thema Reinhardt auch:
Mysnip.83048

Französische Revolution
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 12. Februar 2011 01:51
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Französische Revolution

Wer etwa mal das Buch der Adventistin Ellen G. White "Der grosse Kampf zwischen Licht und Finsternis" gelesen haben sollte. Das ist zwar ein "dicker Schinken", und dicke Bücher haben eben nicht selten auch die Eigenschaft, tatsächlich nicht gelesen zu werden. Da hat eine Bildzeitungsüberschrift mit angehängtem Miniaturmagertext schon eher die Chance tatsächlich gelesen zu werden. Selbige Sachlage kann man zwar zutiefst bedauern, was ich dann ja auch tue. Aber eben diese Sachlage auch nicht ändern kann.
Siehe beispielhaft auch die von Christa Meves zitierte Bewertung über eine Bildzeitungs-gebildete Jugend

Also kann ich nur eine Minderheit ansprechen. Und wer unter dieser Minderheit es fertiggebracht haben sollte, eingangs genanntes Buch der Ellen G. White tatsächlich gelesen zu haben. Demjenigen wird sich dabei wohl ein besonderer Eindruck bleibend verfestigt haben. Und das wäre die darin erhaltene negative Wertung der Großen Französischen Revolution, ihre Einspannung in ein religiöses Pokrustesbett, indem nicht passendes solange hin- und her gezerrt wird, bis es dann vermeintlicherweise dennoch "passt". Aber selbiges kennt man ja nicht nur von den Adventisten. Eine ganze Reihe anderer wäre da noch mit zu benennen. Nicht zuletzt eben auch die Bibelforscher/Zeugen Jehovas.

In einem "Das Vorspiel zur französischen Revolution" überschriebenen Artikel, kommt auch das "Goldene Zeitalter" (Schweizer Ausgabe vom 1. 2. 1926. Das Magdeburger "Goldene Zeitalter" vom 1. 3. 1926 bringt dann unter einer anderen Titelüberschrift "Wechsel der Dinge und ihre Ursachen" ebenfalls inhaltlich diesen Artikel). In diesem Artikel kommt man wie gesagt, auch auf die Französische Revolution zu sprechen. Mir scheint, in der negativen Deutung selbiger, nimmt das GZ und Ellen G. White sich wohl nicht allzuviel.

Allenfalls bestehen Unterschiede in der Chronologie-Berechnung. Für die Adventisten ist eben 1844 ein "magisches" Datum und für die Zeugen eben 1914. Das aber spielt bei der Bewertung der Französischen Revolution, keine vordergründige Rolle.

Nachstehend denn mal ein paar Auszüge aus vorgenanntem GZ-Artikel. Das GZ postuliert:

Alle Revolutionen haben ihr Vorspiel, ihre als solches zu betrachtende Ursachen. Manchmal sind diese "unblutig", aber deren gibt es in der Geschichte wenige, sie gehören hauptsächlich unserer heutigen Zeit an. Wenn wir die Geschichte der letzten vierhundert Jahre studieren und zergliedern, sehen wir einen Fortschritt von einer Linie der Verbesserungen zur anderen, bis zu dem, was wir den "modernen Fortschritt" "nennen. Tatsächlich haben die neuzeitlichen Entdeckungen ihren Hintergrund schon in der Vergangenheit."

Dann aber kann des GZ im weiteren Verlauf seiner Ausführungen es sich nicht versagen, auch zu kommentieren:

Der große Zufluß wurde jedoch unter göttlicher Überwaltung für die "Zeit des Endes" aufbewahrt. Die Zeitperiode begann, wie uns die Erforscher der Propheten sagen, im Jahre 1799.

(Einfügung: Mit letzterer These befindet man sich dann ja schon in den Gefilden der eigenen Theorien. Weiter im GZ-Text)

Das sechzehnte Jahrhundert war die Zeit der Künste und der Geburt vieler Glaubensbekenntnisse. Nachdem Luthers Reformation den Anfang gemacht hatte, folgte in schneller Reihenfolge eine Reformation auf die andere. Die große "Babylon", das päpstliche System, gebar während dieser Zeit viele Kinder - sektiererische Systeme, die heute noch bestehen.
Mit dem Beginn des siebzehnten Jahrhunderts kam eine Periode des Auflebens der Gelehrsamkeit; diese wird gewöhnlich die Zeit der Literatur genannt.
Das achtzehnte und neunzehnte Jahrhundert scheint dagegen besonders für die Entwicklung der Wissenschaft vorbehalten gewesen zu sein.
Der Anfang hierzu folgte unmittelbar dem Anfang der "Zeit des Endes" und diese Entwicklung ist unter göttlicher Überwaltung sprungweise fortgeschritten bis auf den heutigen Tag.

Weiter meint das GZ:

Es war das eine Zeit des Erwachens und des Erneuerns auf allen Gebieten. Während dieser großen Zeit sind Männer wie Fränklin, Volta, Galvani, Edison, Tesla und Marconi mit wichtigen Erfindungen auf dem Gebiete der Physik hervorgetreten; Von Fränklins Blitzableiter und Voltas Batterie bis zum Telegraphen, dem Telephon, dem Radio und dem Riesendynamo ist kein weiter Schritt. Und wenn wir in die Vergangenheit zurückblicken und sie mit der Gegenwart vergleichen, müssen wir staunend die großartigen Veränderungen bewundern, die in zwei kurzen Jahrhunderten, besonders während der letzten fünfzig Jahre vor sich gegangen sind.

Und alle anderen Wissenschaften haben mit der Physik Schritt gehalten. Mathematische Analyse, Botanik, Zoologie, Geologie und Chemie sind auf festere Grundlagen denn je zuvor gestellt worden, obwohl noch genügend Raum für Verbesserungen vorhanden ist.

Weiter die Interpretation des GZ:

Auch "in den Lebensverhältnissen, sowie im sozialen Leben haben jene wunderbaren, revolutionären Veränderungen stattgefunden, die zu der verabscheuungswürdigen Evolutionstheorie geführt haben. ..."

(Einfügung. Die Bewertung der Evolutionstheorie als "Verabschaungswürdig" ist Interessegeleitet. Aus ihr wird als gekoppelter Schritt abgeleitet, es müsse einen "göttlichen Plan" geben, zu dessen Verkündung und Ausdeutung man sich berufen fühlt. Es heißt sicher "Eulen nach Athen zu tragen", wenn man Menschen mit religiöser Sozialisation sagt. Die Evolutionstheorie habe auch entscheidende Schwachstellen. Das wissen selbige selbst und verkünden es lauthals. Es geht keineswegs um eine "Verteidigung" der Evolutionstheorie. Da muss man wohl weiterhin sagen. Es kann so - oder auch anders gewesen sein.
Die entscheidende Kritik konzentriert sich auf den Punkt des "Koppelgeschäftes". Ablehnung der Evolutionstheorie als "Beweis" eines vermeintlichen "Göttlichen Planes". Dieser "Beweis" ist eben ein solcher nicht! Das muss immer wieder gesagt werden und entschiedener Widerstand gegen die Unterjubler eines "Koppelgeschäftes" angemeldet werden. Weiter im GZ-Text)

Der Mensch bildet sich ein, daß er sich in einem selbstgeschaffenen "Zeitalter des Gehirns" befindet, während er in der Morgendämmerung des goldenen Zeitalters steht. Dadurch wird das Wort bestätigt,, daß "etwas Wissen ein gefährliches Ding" ist. ...

(Einfügung "Wissen als gefährliches Ding". Den Satzteil lasse man sich mal in aller Ruhe auf der "Zunge zergehen". Weiter im GZ-Text)

Alles, was geschah, ist, daß Gott dem Menschen ein festeres Erfassen seiner Naturgesetze gestattete und ihn bis zu einem gewissen Grade zu ihrem Meister machte, aber keineswegs zu ihrem absoluten Beherrscher.

Während des achtzehnten Jahrhunderts drang die Literatur in alles ein und wurde ein hervorragender Faktor bei der Regulierung der Staaten und der menschlichen Gesellschaft im allgemeinen. So haben, während die Physiker neue und seltsame Kräfte entdeckten und die Seefahrer neue Länder auffanden, die Schriftsteller eine neue Welt des Gedankens und des Intellektes enthüllt. Die Literatur sprengte die Fesseln der Kurie und weigerte sich, länger unter ihrer Beherrschung zu stehen, im Gegenteil, sie beanspruchte das Recht, die Dinge zu regeln.
"Fortschritt des Volkswohles" war die Losung. Und dies war der Schrei, der zur französischen und zur amerikanischen Revolution führte und der heute der Vorbote des Kommenden ist, das alle Regierungen auf Erden in einen Abgrund der Anarchie zu stürzen droht.

Ob es denn "besser" wäre, es gäbe die vom GZ negativ gewertete Entwicklung so nicht, darüber Einzelheiten reflektiert zu erwarten, wäre wohl von den selbstgerechten Phärisäern der Religionsindustrie, zuviel erwartet. Die beseelt doch vorrangig nur ein Impetus. Die Menschen in Angst und Schrecken zu versetzten. Je mehr dieser Umstand erreicht, um so besser können sie über sie herrschen und die Betörten ausbeuten.
Siehe - beispielsweise die prächtigen Kirchengebäude des Mittelalters, während das Volk zur gleichen Zeit in Katen hauste.
Weiter im GZ-Text:

"Die Franzosen waren die Ersten, die mit männlicher Kraft und unzweideutiger Sprache den Knüttel aufnahmen und unermüdlich für notwendige Reformen arbeiteten. Zarte Poesie, blumenreiche Sprache und hohem Gedankenflug entspringende Redewendungen wurden verpönt Nur Äußerungen und Ausdrücke nüchterner Grundsätze ließ man gelten. Diese Schriftsteller und Schreiber bemühten sich, die menschliche Gesellschaft zu reformieren. Die Literatur wurde in eine Waffe verwandelt, die sowohl Kundige wie Unkundige zu schwingen suchten.

Aber eine seltsame "Leuchte des Schicksals" (oder sollen, wir es göttliche Vorsehung nennen?) bestimmte gerade die, die das Eindringen des neuen literarischen Genius in das Gebiet der Politik begünstigten und begrüßten, schließlich dazu, am meisten unter eben diesem Einfluß zu leiden! Ohne es zu wissen, nährten sie ein Feuer an ihrem Busen.

Aus dem "Basiliskenei", das Voltaire und seine Zeitgenossen ausbrüteten, krochen "fliegende Feuerschlangen" der Wiedervergeltung aus, die gerade die bissen, die bisher die Eier mit bewundernden Blicken des Beifalls betrachtet hatten. ...

Obwohl dieses Zeitalter ein frivoles und sinnliches war, wurde doch zu jener Zeit das Talent ebenso bewundert und verehrt, wie in unseren Tagen. Folgende hervorragende Charaktere traten auf den Schauplatz und stellten sich an die Spitze der Bewegung.

1) Haupt und Schulter des Ganzen wurde der feurige, leidenschaftliche Voltaire. Er hatte keineswegs den Charakter eines Engels, noch konnte man ihn als einen Tugendhelden bezeichnen, doch mag es zu seiner Ehre gesagt werden, daß er sein Leben lang ein Kämpfer für menschliche Rechte, für Rede- und Gedankenfreiheit war. Er verachtete das Papsttum und, irrtümlicherweise glaubend, die Bibel unterstütze dessen verabscheuungswürdige Handlungsweise, schleuderten seine Schriften Zomesblitze sowohl gegen diese wie gegen jenes.

2) Dann kam Montesquieu, der sich besonders mit dem Studium der bürgerlichen Regierungen und ihrer Gesetze befaßte. Er trat für eine gründliche Untersuchung und einen Vergleich der Verfassungen (Konstitutionen) der verschiedenen Länder und Staaten ein, damit das gemeine Volk das Beste wählen könne. Die englische Verfassung hielt er für die der menschlichen Freiheit und dem Fortschritt förderlichste.

3) Zuletzt kam Rousseau, der die Theorie von dem allgemeinen Frauenstimmrecht und der Volksherrschaft in Seinem "Sozialen Kontrakt" verkündigte. Zu allen Seiten dieses Triumvirats (Dreiherren-Verein, Dreiherrschaft) des französischen Genies gruppierten sich die "Enzyklopädisten". Sie betrachteten es als ihre Aufgabe, das menschliche Wissen aufzubessern oder die menschliche Erkenntnis zu erneuern, und dies geschah häufig in einer Weise, bei der die bestehende soziale und politische Ordnung der Dinge schlecht wegkam. Ihre Lehren standen Bibel
und Religion immer feindlich gegenüber.

Später brachte Quesnay eine neue Wissenschaft, die sogenannte politische Ökonomie, auf, die viele irrtümlicherweise einzig und allein für ein Produkt unserer heutigen Zeit halten. Die heutige politische Ökonomie ist aber auf die Lehren Quesnays und seiner Zeitgenossen gegründet und nur den gegenwärtigen Verhältnissen angepaßt. ideale Einrichtungen nicht in Übereinstimmung

Die Geschosse der ungläubigen Schriftsteller waren auf alles gerichtet, was nur in Sicht kam. Der menschliche Gedanke übernahm eine neue Rolle. Er bekleidete sich mit Kleidern der Autorität und übersprang die Grenzen, die ihn bis dahin nur auf das Gebiet metaphysischen und religiösen Philosophierens und Spekulierens beschränkt hatten, was man eine "uneigennützige Verehrung der Musen" nennen könnte. Unaufhaltsam stürmte er vorwärts, um die verwickeltsten Probleme der menschlichen Gesellschaft in Angriff zu nehmen. Allgemein sah man die Erlösung in der Freiheit und in immer mehr Freiheit, und der Schrei nach dieser wurde immer dringender und lauter und pflanzte sich immer weiter fort, bis er durch die ganze französische Monarchie ertönte, von den pyrenäischen Alpen widerhallte und die Feuer des Aufruhrs und der Rache schürte, die später mit ihrer ganzen Gewalt als verzehrende Flammen ausbrachen, um die alte Ordnung der Dinge zu verschlingen und den Weg für eine neue zu bahnen.

So stimmten in der der Revolution vorausgehenden Zeit die Ideale und die Einrichtungen nicht überein. Die neue Ordnung suchte die alte zu verdrängen. Der Radikalismus lag in der Luft und ließ sich nicht mehr unterdrücken! Es war wie der Kampf eines kleinen Lichtes gegen eine große Finsternis. Aber für die Franzosen war der Morgen gekommen, als sie in einen kühnen, segensreichen Kampf für die Freiheit eintraten, als sie die Ketten des Aberglaubens durchbrachen und sich davon befreiten. Aber, obwohl der Morgen dämmerte, sehen wir heute aus dieser Entfernung ein seltsames Paradox. Die Finsternis verdichtete sich und wurde dichter und dichter, bis sie, wie die Finsternis Ägyptens, gefühlt werden konnte. ...

(Einfügung. Im Folgenden kann es sich das GZ in Übereinstimmunng mit Ellen G. White, nicht versagen, die Französische Revolution als "von Satan angestiftet" zu interpretieren. Diese Interpretation teile ich selbstredend nicht. Sie wird hier übersprungen. Weiter geht es dann im GZ-Text)

Etwas Eigenartiges ist hier zu bemerken. Vor dem Erscheinen Voltaires und seiner Genossen waren sowohl das Volk. wie die Herrscher an Streitfragen über religiöse Dogmen beteiligt. Jetzt aber beschäftigten sie sich ausschließlich mit irdischen Dingen. Das Volk würde materialistisch und betrachtete die Religion als nichts weiter, als einen Betrug und eine Schande, die ihm durch die Bevormundung seiner Führer zuteil wurde.
Dies führte zur Verbannung der Bibel und zur Verfolgung all derer, die ihre Anhänger waren und sie zu erhalten suchten. Alles Erforschen des göttlichen Charakters, seines Willens und seiner Gnade wurde beiseite getan, und statt dessen beschäftigte man sich mit den Rechten und Pflichten des Menschen und der Gesellschaft.
Aus dem Mittelalter und dem Lehnswesen (dem Feudalismus) waren Bruchstücke der schrecklichsten Ungerechtigkeit, Ungleichheit und Unterdrückung übriggeblieben. Überall herrschte Verwirrung, sogar bei den befähigsten Führern, Von allen Seiten kamen Klagen. Die Monarchie wurde bedrängt, etwas zur Linderung der Leiden der Massen zu tun; aber sie blieb stumm und überhörte die tausend Hilferufe, die - nicht zum Thron des Himmels, sondern zum Thron Frankreichs aufstiegen.

Der Glaube an einen lebendigen Gott, und seine Vorsehung war durch den Einfluß des Papstes und seiner heuchlerischen Sendlinge ganz geschwunden."

Gott und seine Vorsehung, den Detailsatz lasse man sich doch nochmals auf der "Zunge zergehen".
Weiter im Zitat:

Ein Geschichtsschreiber damaliger Zeit schrieb;

"Die Regierung ... war zu einem schrecklichen Labyrinth geworden, in dem selbst der Klügste seinen Weg verlieren mußte. Sie wurde schnell zu einer Regierung ohne Grundlage."

Materialismus, Habgier und Liebe zum Müßiggang und zum Luxus beherrschten den König und die Königin und den Adel. Beständig wurde die Staatskasse von dem König und seinen Ministern und anderen hohen Beamten ausgeraubt und geplündert. Das Hab und Gut der Staatsbürger wurde beschlagnahmt, und niemals war die persönliche Freiheit und Sicherheit vor den "lettres de cachet" oder den Haftbefehlen sicher, die beständig mit großer Willkür und gewöhnlich ohne die geringste Berechtigung erlassen wurden.

Hinter dem königlichen Kriminalgesetz stand die schreckliche Inquisition, und ebenso war das bürgerliche Gesetz ein furchtbares Stück Ungerechtigkeit. Unter diesem System häufte sich Landbesitz und Reichtum in den Händen des Adels, und die Armen, zu denen die größte Mehrheit gehörte, wurden in einer Leibeigenschaft gehalten, im Vergleich zu der die amerikanischen Negersklaven ein beneidenswertes Los hatten. Auf die Erzeugnissse der Landwirtschaft wurde auf dem Wege zu den Märkten der Städte so viel Wegegeld und Zoll erhoben, daß die Bauern keinen Gewinn mehr daran hatten und gewöhnlich in Schulden gerieten. Unter solch schrecklichen Zuständen wurde die Bevölkerung Frankreichs schließlich zur Verzweiflung getrieben, und sie erhob sich mit furchtbarer Gewalt, um das Joch abzuwerfen, das sie zu erwürgen drohte.

Bis dahin hatte das Papsttum dem französischen Volke seine Dogmen bei Todessstrafe aufgezwungen. Jetzt verlangte das Volk religiöse Freiheit und eine Verbesserung der bürgerlichen Gesetze, so daß den Unterdrückten mehr Gerechtigkeit und Freiheit zuteil wurde. Durch seine Führer und Vertreter rief das Volk nach einem Ende der Autokratie und nach Beachtung der Rechte aller, anstatt nur der Interessen einiger Bevorzugter.

Das Herrentum wurde verurteilt und mußte weichen, die falschen religiösen und politischen Propheten wurden von ihren hohen Stellungen herabgestürzt. Gewichte und Maße mußten geaicht und gleichgemacht, die Steuern mußten von jedermann bezahlt werden, anstatt daß sie nur von dem armen Volke erpreßt wurden, während die Reichen steuerfrei ausgingen! Die Arbeiterschaft verlangte ihre Rechte und forderte freien Wettbewerb an Stelle von monopolistischen Vereinigungen. Öffentliche Ämter sollten nach Verdienst vergeben werden und nicht mehr nach Günstlingschaft oder Vermögen. Um all diese durchgreifenden Veränderungen zu Stande zu bringen, mußte unbedingt, eine Revolution kommen, und es bestand kein Zweifel, daß sie kommen würde.

Dies beweist, was Fenelon im Anfang des Jahres 1719 schrieb:

"Die zerstörte Maschine arbeitet infolge des Antriebes, den sie bekommen hat, fort, aber sie wird beim ersten Anstoß in Stücke gehen."

Aber dieses Wort betraf nicht Frankreich allein, es betraf ganz Europa. Wenn auch an manchen Orten das Volk die Notwendigkeit einer Reform nicht so sehr fühlte, so wurde dieses doch von einigen Fürsten herbeigeführt. Einige von ihnen förderten die Industrie, die Landwirtschaft und die Wissenschaft. Sie bauten Kanäle, Wege und Schulen, schafften Mißbräuche ab und verbannten die Jesuiten, die, wie sie sagten, "alle bösen Einflüsse der Vergangenheit verkörperten." Darum ließen sie es sich als Erstes angelegen sein, mit ihnen aufzuräumen. Und, können wir angesichts der Geschichte des Papsttums, wie es uns im Worte Gottes und in den Seiten der Weltgeschichte berichtet wird, das französische Volk dafür tadeln?
Sicherlich mußte das Erste, was zur Hilfe des Volkes geschah, die Entfernung des Antichristen sein. Doch was damals, in dieser Richtung getan wurde, war nichts im Vergleich zu dem, was noch kommen wird.

Der Geist der Emanzipation breitete sich aus. In den verschiedenen Teilen Europas wurden Sumpfgegenden in fruchtbare Gefilde umgewandelt. Einige Völker wurden von den Lehnsteuern befreit. Joseph II. von Österreich schaffte das Zehntensystem, die Zwangsarbeit etc. ab. In Schweden wurde das Foltern verboten, die Kirchenfeste fast ganz abgeschafft und der Ertrag der Eisen- und Kupferbergwerke nahm bedeutend zu.

Die Reformation erstreckte sich bis nach Rußland, und Katharina die Große pflegte die Freundschaft Voltaires und anderer, die die Revolution befürworteten mit der Absicht, die öffentliche Meinung dadurch zu beeinflussen. Heuchlerischerweise entwarf sie eine wunderbare Verfassung, die niemals zu Stande kam und darum keinen Wert hatte. Sie ließ prächtige Schulen bauen, aber niemand besuchte sie. Es war alles Täuschung, dazu bestimmt, mit der "liebenden" Sorge für sein Wohl auf das Volk Eindruck zu machen. Als ihr schließlich der Gouverneur von Moskau in Verzweiflung die Sachlage erklärend, schrieb, antwortete sie ihm:

"Mein lieber Fürst, klagen Sie nicht darüber, daß die Russen kein Verlangen zu lernen haben. Wenn ich Schulen errichte, so tue ich es nicht um unseretwillen, sondern um Europas wegen, das uns beobachtet. Wenn erst unsere Bauern anfangen, nach Erkenntnis zu verlangen, bleiben weder Sie noch ich in unseren Stellungen."

Wohl wahr, möchten wir hier einschaltend nur kurz sagen, es ist die Erkenntnis in dieser Morgendämmerung des neuen Tages, der glorreichen Gegenwart Christi, die uns in unseren Tagen ein fast kronenloses Europa verliehen hat, und die die jetzigen Einrichtungen in einen Abgrund von Anarchie und Zerstörung zu stürzen droht.
"Es ist gefährlich, die Leute zu gelehrt zu machen", erklärte Kardinal Pole zu Beginn der - Reformation. Sicherlich ist dies gefährlich für gekrönte Häupter und das Reich Satans. -
Jedenfalls war auch damals die Situation gespannt, die Luft war mit Elektrizität geladen, und das große Gewitter war am Ausbrechen. Über ganz Europa schwebte ein Geist der Reformation und der Freiheit. Die Menschen lehrten Reformen, erzwangen Reformen, ersehnten und erhofften Reformen - soziale Reformen.

Mönche und Theologen beteiligten sich nicht an diesem Predigen. Die Fürsten jedoch zogen ihren Vorteil aus der Bewegung. Sie stellten sich an ihre Spitze, weil sie hofften, es würde ihnen einen Gewinn eintragen, wie sie auf dieselbe Art einen großen Gewinn geerntet hatten, als sie während der lutherischen und der englischen Reformation die Kirchenbesitztümer einzogen.

Darum waren sie um die Wohlfahrt des lieben Volkes besorgt, das sie fleißig ausgenutzt hatten, bis sie das Gewitter sich zusammenziehen sahen. Dem Volke wurde auf Kosten der Geistlichkeit und des Adels Freiheit verliehen.

Schwere Lasten wurden dem Volke abgenommen und eine Atempause und eine Rast von ihren Drangsalen wurde ihnen gewährt - etwas kostbares für sie, gleichviel woher es kam und aus welchen Beweggründen. Die wahre Absicht der Fürsten war natürlich, ihr Einkommen und ihren Einfluß auf ihre Untertanen zu vermehren. "Mein Beruf ist Royalist". Das drückt so recht ihre wahre Stellung und Überzeugung aus.

In Wahrheit hatte sich nichts geändert. Die Macht, die sie infolge der lehnbaren Anarchie erraffen konnten, war bewahrt, und so wurde die Gefahr nur abgeschwächt, die durch das ständig zunehmende Interesse des Volkes drohte.

So wurde der Weg zu dem großen Aufstand gebahnt, dessen hervorragende Ereignisse uns bekannt sind.

Mehr zur Gegenwart überleitend postuliert dann das GZ:

Die allgemeinen Ursachen, die vor 120 Jahren zur französischen Revolution geführt, sind auch heute überall vorhanden. Die zunehmende Erbitterung zwischen reich und arm, die öffentliche Besprechung der Rechte und Leiden des Volkes, das Dahinschwinden der Achtung von bürgerlicher und kirchlicher Autorität, der revolutionäre Zug bei den breiten Volksmassen, deren Unzufriedenheit mit den Personen und Gesetzen, die das System halten, immer mehr wächst.

Die französische Revolution war der Kampf eines gewissen Maßes von Wahrheit gegen althergebrachten Irrtum und Aberglauben, wie ihn staatliche und kirchliche Gewalten zur Steigerung ihrer Macht und zur Niederhaltung des Volkes lange Zeit gefördert und gestützt. Doch zeigte sie die Gefahr, die in der Freiheit liegt, wenn der Mensch nicht von Gerechtigkeit und Besonnenheit ("gesundem Sinne") sich leiten laßt (2. Timotheus 1:7). Halblernen ist immer ein böses Ding.
Genau so heutzutage; nur ist der Geist der Freiheit nicht erst am Erwachen, und das Maß von vorhandenem Licht ist viel reichlicher geworden. Wir können uns also nicht falscher Sicherheit hingeben und rufen; Friede! Friede! da doch kein Friede ist. Namentlich nicht angesichts der Weissagung, in deren Licht betrachtet die französische Revolution dem ersten von ferne grollenden Donner eines heraufziehenden Gewitters, dem Knacken der Weltzeituhr vergleichbar ist, das ankündigt, daß Mitternacht, die Stunde des Zusammenbruchs der alten Ordnung und des Beginnes der neuen Ordnung, des Jubeljahres mit seinem Besitzwechsel bevorsteht. Dieser Vorbote hat denn auch die ganze Welt aufgeschreckt und die gewaltigen Kräfte in Tätigkeit versetzt, welche die alte Ordnung gänzlich umzustürzen bestimmt sind. ..."

Und damit leitet das GZ auf die eigenen Endzeittheorien über, womit diese Zitierung an dieser Stelle beendet sei.

"Sternverlag" Leipzig Eilenburgerstr. - Hoffnung auf den "starken Mann"
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 13. Februar 2011 00:22
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
"Sternverlag" Leipzig Eilenburgerstr.
Hoffnung auf den "starken Mann"

Nach einer längeren Pause, auf die zu einem späteren Zeitpunkt noch näher eingegangen wird, findet man in der Magdeburger Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" wiederum ein ganzseitiges Werbe-Inserat des "Sternverlag" Leipzig Eilenburgerstr.
Besagter "Sternverlag" verbreitete auch die Balzereit-Pseudonym-Schrift "Die größte Geheimmacht der Welt", um die es noch eine gerichtliche Auseinandersetzung gab. Und just zu deren Zeitpunkt, wurde es um diese Schrift im Magdeburger "Goldenen Zeitalter" still, sehr still. Die Schweizer Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" hat übigens nie - zeit seiner Existenz, im Gegensatz zur Magedeburger Ausgabe - je ein Inserat jenes "Sternverlages" abgedruckt.

Was das jetzt offerierte Buch anbelangt (das geht aber aus dem Inserat nicht hervor) handelt es sich offensichtlich um eine 1925 in einem Konstanzer Verlag erschienene Ausgabe.
http://www.manfred-gebhard.de/Huss.jpg
Der "Sternverlag" nahm abgesehen von der genannten Balzereit-Schrift, somit nur weitgehend die Funktion einer Buchhandlung war, auch wenn er sich "Verlag" nannte. Dies ergibt auch der Vergleich mit anderen Buchtiteln, welche das Magdeburger GZ gelegentlich - immer in Verbindung mit dem "Sternverlag" - nannte. Noch 1932 stand die Magdeburger WTG offenbar in aktiver Geschäftsbeziehung zu selbigem. Dieser Umstand ist auch aus einer "Grundsätzlichen Erklärung" der WTG (nach dem Naziverbot) zu Händen des Reichs- und Preussischen Ministeriums des Innern, ablesbar. In dessen Anlagen findet sich auch eine Auflistung all jener Firmen, mit denen die WTG im Geschäftsjahr 1932 Wirtschaftsbeziehungen unterhielt. Minutiös aufgelistet einschließlich jeweiliger Umsatzsummen. Solche banale Firmen wie die Deutsche Post, welche bekanntlich für ihre Dienstleistungen Briefporto zu kassieren pflegt, befinden sich darunter. Und eben auch der Inhaber jenes "Sternverlages" (ein gewisser Floegel) mit der Summe des Umsatzes welcher 1932 bei ihm erfolgte.

Noch eine weitere Besonderheit ist zu registrieren. Ab der Ausgabe vom 1. 2. 1926 macht nunmehr auch das Magdeburger "Goldene Zeitalter" jeweils mit einem Titelbild auf. Vorreiter diesbezüglich war aber die Schweizer Ausgabe des GZ. Auch im Innern dieser Ausgabe des Magdeburger GZ finden sich einige Bilder, von denen stellvertretend eines ausgewählt sei.
http://www.manfred-gebhard.de/GZM1226.jpg
Das soll dann wohl kontrastierend zu dem eher düsteren eigentlichen Titelbild sein, welches wohl auf den tendenziösen Antt-Locarno-Artikel in dieser Ausgabe bezug nimmt (welchen die Schweizer Ausgabe des GZ bereits früher abdruckte). Siehe dazu:

http://forum.mysnip.de/read.php?27094,82605,83253#msg-83253

Ein Artikel der "Nationalzeitung" Basel, vom 8. 1. 1926, betitelt "Die Hoffnung auf den starken Mann" inspirierte die Redaktion des Schweizer "Goldenen Zeitalters" vom 1. 2. 1926 dermaßen stark, dass sie ihm auch eigens ihr Titelbild dieser GZ-Ausgabe widmete. Mehr noch. Sie vermerkt weiter, dass sie diesen Artikel besonders auch "um unserer Leser im Auslande willen, wiedergeben möchten."
http://www.manfred-gebhard.de/GZB1226.jpg
Nun muss man besagte "Nationalzeitung", noch dazu dessen zitierter Leitartikel, als ausgesprochenes politisches Votum bewerten. Indem das GZ dieses politische Votum zitiert, bedeutet das im Umkehrschluss dann auch, dass man sich dieses politische Votum, soweit es die in ihm enthaltene "Lagebeschreibung" betrifft, weitgehend zu eigen macht. Was also teilt besagte "Nationalzeitung" via GZ der so erweiterten Leserschaft mit? Nun das folgende: "

Die Jahreswende gab den Propheten auf beiden Seiten des Rheins die Gelegenheit, Franzosen und Deutschen pro 1926 den starken Mann oder wenigstens das diktatorische Regiment vorauszusagen. Man weiß, daß die Bereitschaft dazu in den vergangenen Monaten auch in Frankreich größer wurde. In Paris wie in Berlin ist die Regierungskrisis permanent, die Parlamente aber sprechen, intrigieren, sind ein großes Hindernis, statt eine Hilfe und stehen außerhalb der Nationen, "Wir erleben eine Krisis der Demokratie. Das Bürgertum verzweifelt immer mehr am Parlamentarismus und wendet sich faschistischen Gedankengängen zu-" so klagen radikale französischen Politiker. Frankreichs kranke Finanzen sind in der "National-Zeitung" oft genug dargestellt worden.

Das Land hat 330 Milliarden zum bedeutenden Teil kurzfristige Schulden. Schon setzt der gewaltige Wirbel der Inflation ein, der allen Wohlstand im gelobten Land der Kleinrentner verschlingen möchte. In Deutschland hat der Papiergeldrausch eine Minderheit, wenn auch eine sehr erhebliche, enteignet und ruiniert. In Frankreich droht die Expropriation der Mehrheit des Volkes. Die materiellen Voraussetzungen, daß unser von der Natur reich bedachtes westliches Nachbarland seine Krisis überwände, sind durchaus da. Aber das Volk mißtraut dem gegenwärtigen politischen Regime und glaubt nicht mehr, daß dieses Regime und dessen Symbol, das Parlament, der Parlamentarismus, die Kraft hätten, entscheidend zum Rechten zu sehen. Den Parlamentarismus ganz überwunden hat besonders die geistige Jugend, deren Einfluß auf das Leben der Nation sehr viel bedeutender ist, als etwa in Deutschland, weil diese Jugend ihre Kraft überwiegend aus einer lebendigen, großen und zwar katholischen Tradition schöpft. Diese Tradition lehrt die unbedingte Notwendigkeit und Autorität und die Pflicht zur Disziplin. ...

In Deutschland liegen Millionen hungernd auf der Straße, die Arbeitslosenziffern übertreffen die Zahlen der vergangenen Woche um hundert Prozent, aber niemand regiert, der Kanzler kommt von einem beinahe vierzehntägigem Weihnachtsurlaub aus der Schweiz heim, und die Parteien des Reichstages beraten immer noch, was für eine Regierung ihren Sonderwünschen und Spezialisten eventuell genehm wäre. Hier steht das Parlament erst recht außerhalb der Zeit und der Nation, und die Entscheidung über das Schicksal dieser Nation wird bestimmt nicht am Königsplatz zu Berlin getroffen.

Doch wo trifft man sie, wo steht sie wenigstens in Vorbereitung ? Alle namentlich privaten Berichte aus dem Norden durch Briete und Reisende melden wieder die "Katastrophmstimmung" und die Beobachtung; "Daß es so unmöglich weitergehen kann."
Aus den Kreisen rechts erschallt abermals der Ruf nach dem "Wirtschaftsdiktator" oder dem Diktator schlechthin.
Mächtige Arbeitgeberverbände verlangen vom Reichspräsidenten die Anwendung des Paragraphen 48 der Verfassung, die Proklamation eines Ausnahmezustandes, welche im gegenwärtigen Moment von den verzweifelnden Massen - und zu diesen Massen gehören nicht nur die Arbeiter, sondern bald das gesamte, noch viel ärger als die Arbeiter drangsalierte Kleinbürgertum - als schwerste Provokation, als brutalen Schutz der Besitzenden gegen die Besitzlosen aufgefaßt werden müßte. Es ist immerhin bemerkenswert, daß sehr entschieden Rechtsgerichte gerade in Anerkennung dieser Gefahr einer revolutionären Verhetzung nichts vom Paragraphen 48 wissen wollen. So wendet sich z. B. die "Politische Wochenschrift" energisch gegen den Versuch, alle Lasten einfach auf die Arbeiterschaft abzuwälzen und eine Maßregel, welche unter Umständen zum Wohle des ganzen Volkes, auch der Arbeiter, notwendig werden könne, als Interessenschutz der Arbeitgeber bei den Arbeitern zu diskreditieren.

Die Sehnsucht der Verzweifelnden nach dem Diktator ist groß, aber auch in Deutschland fehlt der Mann wahrhaft diktatorischer Art, weil die Gegenwart nicht am großen und starken Einzigen, sondern nur an der entschlossenen freiwilligen Vereinbarung zwischen möglichst vielen freien Bürgern gesunden kann. Den einzig sichtbaren Gewinn an der deutschen Not hat bis jetzt nur der Kommunismus, der die Taktik der Verunglimpfung und Beschimpfung aller Andersdenkenden aufgegeben hat und angesichts des absoluten Versagens der Sozialdemokraten immer mehr Sozialdemokraten, ja sogar, wie die "Köln. Volkszeitung" beklagt, Christlichsoziale in seine Kreise zieht. In den Augen der enttäuschten deutschen Massen ist die kommunistische die einzige bis jetzt noch nicht kompromittierte Partei."
 

Und als eigenen Kommentar fügt das GZ dann noch ergänzend an:

"Das ist eine richtige Darstellung der Tatsachen, aber ..."

Dieser "aber" mündet dann in die sattsam bekannten eigenen Endzeittheorien ein.

1925 - Darf sich ein ernster Christ ein Häuschen bauen
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 20. Februar 2011 03:20
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
1925
Darf sich ein ernster Christ ein Häuschen bauen

Den einschlägigen Endzeit-Theorien kann man auch im "Goldenen Zeitalter" vom 1. 2. 1926 (Schweizer Ausgabe) begegnen
Zum Beispiel in der Rubrik Fragenbeantwortung. Da wird zum Beispiel angefragt:

"Wie kommt es, daß nach dem jüdischen Kalender am 19; September 1925 erst das 5686 Jahr beginnt, während die Bibelforscher 6054 n. Adam zählen?"

Als Antwort darauf meint man zu wissen:

"Die jüdische Zeitrechnung beruht auf den Berechnungen des im 4. Jahrhundert n. Chr. Lebenden Rabbi Hillel der die Erschaffung Adams auf das Jahr 3761 v. Chr. ansetzte. Er ging dabei wohl vom samaritischen Text der Bibel aus, der für die Zeit von der Schöpfung bis zur Sintflut nur 1307 Jahre zählt (also 349 Jahre weniger, als der unserer Bibel zu Grunde liegende: jüdische Text). Zu 3761 v, Chr. die 1925 n. Chr. addiert, führt uns zum Jahre 5686 der Juden."

Das spätere "Einsichten"-Buch der WTG notiert unter dem Stichwort "Kalender" über vorgenannten Hillel noch:

"Aus der Bibel geht nicht hervor, welche Methode man ursprünglich benutzte, um zu entscheiden, wann zusätzliche Tage oder ein zusätzlicher Monat, d. h. ein Schaltmonat, eingefügt werden sollte. Es ist jedoch logisch, daß entweder die Frühjahrs-Tagundnachtgleiche oder die Herbst-Tagundnachtgleiche als Richtschnur diente, um anzuzeigen, wann die Jahreszeiten nicht mehr mit dem Kalender übereinstimmten, so daß eine Anpassung erforderlich wurde. Nach dem Exil fügten die Israeliten zu diesem Zweck einen 13. Monat ein, Veadar oder zweiter Adar genannt; die Bibel erwähnt ihn allerdings nicht ausdrücklich.
Erst vom 4. Jahrhundert u. Z. an (ca. 359 u. Z.), als Hillel II. bestimmte, daß innerhalb von 19 Jahren jeweils das 3., 6., 8., 11., 14., 17. und 19. Jahr ein aus 13 Monaten bestehendes Schaltjahr sein sollte, gibt es Aufzeichnungen über eine festgelegte oder standardisierte Form des jüdischen Kalenders. Dieser 19-Jahres-Zyklus wird im allgemeinen nach dem griechischen Mathematiker Meton (aus dem 5. Jahrhundert v. u. Z.) Metonischer Zyklus genannt, obgleich es auch Hinweise darauf gibt, daß solch ein Zyklus vor ihm von den Babyloniern vervollkommnet wurde."

Alles eine ziemlich komplizierte Materie mag man dazu nur sagen. Daraus vollmundige Endzeitdaten herauslesen zu können, ist wohl nur denen vergönnt, die Mülltonnen nach weggeworfenen Kaffegrund durchsuchen. Dann selbigen (wenn er zünftig verschmimmelt) nochmals neu aufkochen und aus dem dann verbleibenden Sud, ihre "revolutionären" Erkenntnisse der staunenden Menschheit mitteilen!

Damit ist das Thema Endzeittheorien in dieser GZ-Ausgabe aber noch nicht abgetan. Da gab es offenbar noch eine weitere eingegangene Leserfrage, die man glaubte quasi als "Pilotprojekt", um anderen unerbeten Fragestellern "das Maul zu stopfen" zu beantworten sich mühte.
Nicht ungeschickt formuliert, mag man noch ergänzen. Da liest man:

"Sollte 1925 die Welt zu Ende gehen?
Ein Leser des "Goldenen Zeitalters" bittet uns, dazu Stellung zu nehmen, daß die Bibelforscher so vielfach dafür getadelt werden, daß sie für das Jahr 1925 das Ende der Welt voraussagten. Wir schrieben ihm..."

Ja und "was" schrieben sie ihm denn nun. Sophisten hätten wahrscheinlich ihre helle Freude.

"Die ernsten Bibelforscher sind unseres Wissens die einzigen, Christen, die glauben, daß unsere schöne Erde niemals untergehen wird."

So so. Eine wirklich "umwerfende" "Antwort". Kunstvoll den eigentlichen Kern ausklammernd, den Versuch machend, jemand mit Redensarten "besoffen zu reden".

Noch "besser" ist eine weitere Leserfrage in dieser Ausgabe des Schweizer GZ. Da wurde schlicht und einfach angefragt:

"Darf sich ein ernster Christ ein Häuschen bauen?"

Als Alibifunktion in der dazugehörenden Antwort, räumt man zwar ein:

"Es können besondere Verhältnisse vorliegen, die auch heute einen Umbau oder Neubau nicht nur rechtfertigen, sondern sogar notwendig machen."

Das aber ist dann auch nur als Alibi gedacht. Der Haupttenor der Antwort geht in eine völlig andere Richtung und zwar in die, wie das GZ belehrt:

"Die Nachfolger. Christi sind "Fremdlinge" auf Erden und werden als solche sicherlich nicht auf fremdem Grunde bauen. Wenn wir damit auch in erster Linie sagen möchten, daß die Jünger des Herrn nicht wandeln werden "nach der Weise dieser Welt", sondern in geduldigem Ausharren Gottes gerechten Willen zum Gesetze des Herzens machen und zwar unter allen Umständen und unter allen Verhältnissen, so glauben wir doch in unserer Zeit den anfangs erwähnten Gedanken auch auf das Bauen von menschlichen Wohnstätten ausdehnen zu dürfen. Ein jeder, der wiedergeboren ist zu einer lebendigen Hoffnung, zu einem unvergänglichen, im Himmel aufbehaltenen Erbe, ist sich heute bewußt, daß die Tage seiner Fremdlingschaft gezählt sind, daß gar nahe herbeigekommen ist das Reich und die Zeit der Belohnung für die Treuen.
Sein Eifer, seine Liebe, sein Interesse gilt daher vornehmlich der Verkündigung des Reiches der Himmel. Es bleibt ihm weder Zeit noch Lust zum Häuser bauen."

Narren, die solcherlei "Auskünfte" für bare Münze genommen haben. Es gab und gibt sie. Besonders konzentriert offenbar auch in der Organisation namens Bibelforscher/Zeugen Jehovas!

1925
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 21. Februar 2011 03:46
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
1925

"Von einigen Lesern des "G. Z." wird die Frage an die Schriftleitung gestellt, wie sie sich nun angesichts des Nichteintreffens der für 1925 gehegten Erwartungen vor der Welt zu rechtfertigen gedenke und sich auch selbst zu der von ihr vertretenen biblischen Chronologie stelle."

Zu der Auseinandersetzung bezüglich dieser Frage, sieht sich das "Goldene Zeitalter" (Schweizer Ausgabe vom 15. 2. 1926) genötigt. Man ahnt es schon so, ohne auch nur eine Zeile gelesen zu haben; dass da ein unbußfertiges Statement geboten werden würde. Und genauso ist es auch dann abgelaufen.

Vollmundig verkündet man:

"Wenn sich 1925 nicht als ein weltgeschichtliches Datum von ganz eigenartiger Bedeutsamkeit erwiesen hat oder noch erweisen wird , dann hat Gott nicht durch uns gesprochen."

Die Akzentverschiebung liegt schon im kursiv gedrucktem Wörtlein "wird". Also in der Tendenz, vor allem eines zu erreichen: Zeit zu gewinnen. Und so tönt man denn weiter:

"Man beachte doch klar, daß die Bedeutung eines Ereignisses manchmal nicht sofort erkannt werden kann, sondern erst aus seinen Folgen zu beurteilen ist."

Das nun im Milieu der verweltlichten Kulturchristen, einige wieder auch die eschatologischen Wurzeln des Christentums "neu" entdeckten, ist dem GZ weiterer Beweis. Und folgerichtig zitiert man:

"Möge auf die Hauptvoten der Weltkonferenz für praktisches Christentum in Stockholm hingewiesen werden, wie sie Prof. Staehelin in seinem akademischen Vortrag kürzlich in Basel vortrug; Es ist unverkennbar, was für die meisten dieser Voten charakteristisch ist; es ist die Tatsache, daß sie die Aufgabe der Kirche an der Botschaft vom Reiche Gottes zu orientieren suchen.

Diese Tatsache bedeutet aber einen Markstein in der Kirchengeschichte. Noch vor wenigen Jahrzehnten, ja vor Jahren, wäre es unmöglich gewesen, daß der Begriff des Reiches Gottes so in den Mittelpunkt einer kirchlichen Versammlung gerückt, so als Ausgangspunkt einer kirchlichen Orientierung genommen worden wäre."

Besagter Herr Staehelin ist derjenige der die Buch-Anthologie Ludwig Reinhardt bezüglich, herausgegeben hatte, über welche in der Referierung des GZ vom 15. 1. 1926 schon berichtet wurde. Insofern spielt man sich schon gegenseitig die Bälle zu.

In bekannter Zirkelschlußmanier leitet man daraus ab:

"Deshalb haben wir keine Veranlassung, irgend etwas zu berichtigen bezüglich des Zeitpunktes 1925. ...
Wenn auch das Jahr 1925 den sichtbaren Beginn der Erfüllung dieser durch die Bibel klar und bestimmt festgelegten Hoffnung der Befreiung der Menschen noch nicht brachte, so ändert dies nichts ..."

Quintessenz sind dann wieder die sattsam bekannten "Anzeichenbeweise". Auch der übrige Inhalt dieser GZ-Ausgabe ist voll davon. Das fängt schon mit dem Titelbild an:
http://www.manfred-gebhard.de/Joe5.jpg
Und schon der einleitende Leitartikel weist die Überschrift aus:

"Warum ist die Rückkehr der Juden nach Palästina für die Christen von besonderer Bedeutung?
Radio-Vortrag gehalten von der Radio-Sendestation WBBR des "Goldenen Zeitalters" (engl. Ausgabe) auf Staten Island N. Y. Wellenlänge 272,5 m."

Herr Rutherford höchstpersönlich - auch das ahnte man schon - trug diesen Radio-Vortrag vor.
Was wusste nun selbiger zu sagen? Nun unter anderem dieses:

"Die Gnadenzeit Israels begann im Jahre 1812 v. Chr."

A ja; hat Herr Rutherford schon 1812 v. Chr. gelebt? Sicher nicht. Er behauptet das auch nicht. Aber eines Eindruckes kann man sich doch nicht erwehren. Seine ganze gekünstelte Argumentation klappt nur dann, nimmt man das Datum 1812 v. Chr. als nicht hinterfragbares Dogma an. Herr Rutherford macht denn auch gar nicht erst mal den Versuch, den Hörer (bzw. Leser) von seinem Ausgangsdatum irgendwie zu überzeugen. Der hat das einfach zu glauben, herunterzuschlucken. Ein typisches Beispiel eines Zirkelschlusses.

Da nun die Rutherford'sche Klientel so schon mal vom Datum 1812 v. Chr. "überzeugt" ist, kann Herr Rutherford bequem weiter "argumentieren".
Gab es da nicht irgendwo in der Bibel auch die Zahl 33? Ja sicher gab es die. Rutherford wäre nicht Rutherford, hätte er nicht auch für sie eine "Bedeutung" erkannt. Und zwar die:

"Wenn wir ... die 33 Jahre n.Chr. hinzuzählen, erhalten wir 1845 Jahre. Das war die Dauer der Gnadenzeit Israels und dort begann die Gnade Gottes von dem Volke zu weichen. Um das Doppelte dieser Zeitperiode zu erhalten, müssen wir 1845 Jahre zu dem Jahre 33. n.Chr. rechnen. Wir kommen da auf das Jahr 1878.
Dieses Jahr ist ein Zeitpunkt, an dem wir die Gnade Gottes sich zu den Juden wieder zuwenden sehen sollten."

Nachdem er nun aus seinem Zauberzylinder so das Jahr 1878 hervorgezaubert, fragt er sein andächtig in der Zirkusarena lauschendes Publikum. War etwas im Jahre 1878? Sicher war etwas in jenem Jahre. Wäre es anders hätte wohl auch Herr Rutherford nicht seine kunstvolle Rechnerei just auf dieses Jahr hingelenkt.

Also was war denn nun im Jahre 1878? Genau, Rutherford weis es:

"In eben diesem Jahre, am 13. Juni, tagte der Berliner Kongreß unter dem Vorsitz eines Juden, Lord Beaconsfield, dem Premierminister Großbritanniens. Dieser Kongreß bildete den ersten Schritt, der seit 1845 Jahren zur Wiedererlangung der Rechte Israels an Palästina getan worden war."

Und weiter Rutherford:

"Man beachte eine Parallele von vierzig Jahren, die hier gezählt werden muß. Das "Doppelte" begann im Jahre 33 n. Chr. zu zählen, als sich Jesus den Juden als König anbot. Dort begann die Gnade Gottes von Israel zu weichen.
Und genau vierzig Jahre später, am gleichen Tage, am 10. Nisan des Jahres 73 n. Chr. fiel die letzte Befestigung, Jerusalems und die Juden wurden völlig aus Palästina vertrieben. Wir sollten also für 40 Jahre nach 1878 ein sichtbares Zeichen der Gnade Gottes für die Juden erwarten.
Wenn wir zu 1878 vierzig Jahre hinzuzählen, kommen wir auf das Jahr 1918. Und es war im Frühjahr des Jahres 1918, als Dr. Weizmann in der ihm von der britischen Regierung verliehenen Autorität mit einer Kommission in Jerusalem landete und den Grund zu einer jüdischen Regierung legte."

Ein Zirkelschluss stützt den anderen Zirkelschluss dabei.

Und da Herr Rutherford einer breiteren Öffentlichkeit besonders durch sein 1925-Datum bekannt wurde, ist es für ihn Ehrensache, selbiges auch in seine Berechnung mit einzubauen. Weiter also Rutherford:

"Da 1925 ein bedeutender Zeitpunkt in der Weltgeschichte und besonders in der Geschichte der Juden ist ... stand zu erwarten, daß in Bezug auf die Juden etwas Außergewöhnliches im Jahre 1925 geschehen würde.
Am 12. März des Jahres 1925 eröffnete die "Palästina Steamship-Linie" eine Dampferlinie von New-York nach Palästina. Zum ersten Male weht von diesen Schiffen die jüdische Flagge, die den Stern Davids trägt. In jedem Monat siedelt sich nun eine große Anzahl von Juden in Palästina an und der Wiederaufbau des heiligen Landes hat in diesem Jahre erst wirklich ernsthaft begonnen

So ist also die Rückkehr Israels nach Palästina und der Wiederaufbau ihres Heimatlandes einer der stärksten Beweise dafür, daß die alte Welt zu Ende geht, daß Christus, der Messias, gegenwärtig und sein Königreich herbeigekommen ist; und daß die Einsetzung eines neuen Bundes bevorsteht."

Wozu die Eröffnung einer Dampferlinie nicht alles gut sein kann! Da müsste Herr Rutherford eigentlich stinksauer auf die profanen Historiker sein, dieweil selbige die Eröffnung besagter Dampferlinie nicht in ihren Geschichtsbüchern würdigten. Dieser Konflikt hat sich dann in der Tat noch gelöst. Nicht etwa dass die profanen Historiker nun in Sack und Asche versunken wären. Wohl aber dergestalt, dass Herr Rutherford, einige Jahre später von seinem "Gewäsch von gestern" selber nichts mehr wissen wollte. Aber just zu diesem späteren Zeitpunkt klatschte die Rutherford andächtig lauschende Zirkurszelt-Besucherschar, wieder Rutherford lauthals Beifall, als er aus seinem Zauberzylinder ein neues Kaninchen hervorzauberte, dass jenes von 1925 einfach verschluckte. Das ist eben die große Tragik dass solche Scharlatane wie Rutherford und Nachfolger, immer ein Publikum haben, respektive neu finden!

Die schillernde Vokabel Freiheit
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 19. März 2011 04:55
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Die schillernde Vokabel Freiheit

Mit einem martialischem, aber für Bibelforscher-Verhältnisse durchaus programmatischem Titelbild macht die Schweizer Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 1. 3. 1926 auf

http://www.manfred-gebhard.de/GZB.1326.jpg

Nachdem in der Ausgabe des Schweizer GZ vom 15. 2. 26 das Thema des verflossenen "Endzeitjahres" anstand, und man sich dort wieder mal auf die Linie der vermeintlichen Anzeichenbeweise zurückzog, macht das "aufkochen" vorstehender Titelbildthese durchaus einen gewissen Sinn. Folgerichtig ist der Leitartikel dieser Schweizer GZ-Ausgabe auch diesem Thema gewidmet. In selbigem wird unter anderem ausgeführt:

"Einsichtige Leute, und zwar auch solche, die in den Augen dieser Welt weise sind, erkennen, daß der gewaltige soziale Schlußkampf unmittelbar bevorsteht, daß er bald kommen muß, daß nichts ihn abzuwenden vermag.
Doch nun wollen wir einen Weisen dieser Welt zum Worte kommen lassen. Wir geben einen Auszug aus einer Veröffentlichung des gewesenen Senators der Vereinigten Staaten J. J. Ingalls, eines Mannes von mittlerem Vermögen, der auch ein offenes Auge hat für die Folgen des Kampfes um Besitz, aber auch kein Mittel weiß, dem Übel zu steuern und die Opfer zu retten. Er schreibt:

"Freiheit ist mehr als ein leeres Wort. Wessen Obdach, Kleidung und täglich Brot vom Willen eines andern abhängt, ist kein freier Mann, denn die Wahl zwischen Hunger und Unterwerfung unter einen Vertrag ist Sklaverei. Die Theorie, daß Leben, Freiheit und Streben nach Glück unveräußerliche Menschenrechte sind, macht niemandes Glück aus. Das Recht auf Freiheit ist eitel Hohn, wenn es nicht mit der Möglichkeit gepaart ist, tatsächlich frei zu sein.
Freiheit besteht nicht bloß in der Beseitigung gesetzlicher Schranken, in der Erlaubnis, da oder dorthin zu gehen. Dieser muß die Möglichkeit, davon Gebrauch zu machen, beigegeben sein, welche nur darin zu finden ist, daß die tägliche Arbeit nicht nötig ist zur Fristung des Lebens.
Armut und Freiheit, sagte schon Shakespeare, sind ein unpassendes Paar. Freiheit und Abhängigkeit sind unvereinbar.

Die Beseitigung der Armut war zu allen Zeiten der Traum politischer Hellseher und die Hoffnung der Menschenfreunde. Die Ungleichheit des Besitzes und die darin liegende Ungerechtigkeit war seinerzeit ein Stein des Anstoßes für die Philosophen, heute ist es ein unlösbares Rätsel für die Nationalökonomen. ...
Die Verzweiflungswut der Armen angesichts zur Schau getragenen Hochmuts seitens der Reichen hat schon starke Mächte zu Fall gebracht. ... denn, Millionen aus der Beschäftigung getrieben, werden schließlich in Verzweiflung geraten und tollkühn werden. Dann werden Gesetz und Ordnung hinweggefegt und die Berge (Reiche) vom stürmischen Menschenmeere verschlungen werden.

So wird die soziale Erde schmelzen, und die regierenden Himmel (Kirche und Staat) werden vergehen, und alle Stolzen, und alle, die da Unrecht tun, werden Stoppeln sein. Dann werden die Helden (Mächtigen) bitterlich weinen, die Reichen werden heulen, und Furcht und Schrecken wird über die ganze Menge kommen..."

Diese Bestandsaufnahme lässt man dann wieder in die bekannte Wolkenkuckumsheim-These ausklingen, dass nur "göttliches Eingreifen", als dessen Verkünder man sich sieht, die "Lösung" bringen würde.

Ein Religionsprozess
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 20. März 2011 05:55
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Eine Religionsprozess

Im Magdeburger "Goldenen Zeitalter" vom 1. 3. 1926 (Schweizer Ausgabe 1. 4. 1926) kann man unter der Überschrift "Ein Religionsprozess in Magdeburg" das nachfolgende, in wesentlichen Aussagen zitierte lesen:

"Am 5. Februar fand vor dem erweiterten Schöffengericht in Magdeburg ein Prozeß gegen den Leiter der Bibelforscherbewegung Deutschlands statt, der allgemeines Interesse in den weitesten Kreisen der Öffentlichkeit begegnete. Vielfachen Wünschen unserer Leser entsprechend geben wir eine kurze Darlegung über Ursache, Charakter und Verlauf dieses Prozesses wie folgt:

Der Präsident der Vereinigung Ernster Bibelforscher, Richter Rutherford, war bereits während des Krieges ein Mann, der mit großer Entschiedenheit für Frieden und Nichtbeteiligung am Kriege eintrat.... Als daher in Amerika die Frage des Eintritts in den Weltkrieg immer akuter wurde, und die amerikanischen Kriegspolitiker auch von Richter Rutherford verlangten, daß er in zwei von ihm redigierten Zeitschriften Propaganda für Kriegszwecke mache weigerte (er) sich ... Dies zu tun, und wurde im Verlauf weiterer Machinationen gegen ihn als angeblich deutschlandfreundlich zu 80 Jahren Zuchthauis verurteilt ... Und erst nach Kriegsschluß wurde diese ungerechte ... Strafe aufgehoben. ...

Nach der Interpretation des GZ.

Dies veranlaßte ihn, gelegentlich einer großen Bibelforscherhauptversammlung in Columbus, Ohio, im Jahre 1924, eine große Protestproklamation, die die ganze Welt anging, aufzustellen und zu veröffentlichen. Diese Protesterklärung war überschrieben: "Anklage gegen die Geistlichkeit". ...

Es sei gern zugegeben an dieser Stelle, räumt das GZ ein

daß die Sprache und Ausdrucksweise dieser Resolution dem Empfinden mancher Gemüter in Deutschland nicht ganz zusagend ist

Aber, wähnt man weiter bagatellisierend

erklärlich vom Standpunkt des Verfassers der Resolution, Richter Rutherfords, wenn man bedenkt. ... in Amerika wurden die Bibelforscher aus dem Bett geholt, geteert, gefedert, dort wie in England und Deutschland warf man ihre Führer unter irgendeinem Vorwand in die Gefängnisse, sperrte ganz widerrechtlich ihre Gottesdienste und vieles andere mehr, was die Öffentlichkeit nicht erfuhr."

[Spätestens an dieser Stelle die redaktionelle Einfügung. Das GZ unterlässt es Belege für seine gravierenden Anschuldigungen zu liefern. Namentlich benennt es keinen deutschen Bibelforscher-Führer, der vorstehendes Ungemach erlitten hätte. (Es kann sie auch nicht benennen). Dafür steht auch der Umstand, dass auch in Deutschland, die gesamte Kriegszeit über der "Wachtturm" weiter erscheinen konnte. Zudem waren dessen Jahrgänge, bis einschließlich des Jahrganges 1916 kaum geeignet, im Kriegsdienstgegnerischem Sinne missdeutet werden zu können. Weiter im GZ-Text]:

"Dessen ungeachtet fühlte sich ein Konsistorium Pommerns durch diese allgemein gehaltene für die ganze Welt bestimmte Anklage persönlich beschuldigt und stellte Strafantrag gegen den Leiter der deutschen Bibelforscherbewegung, welche dieses internationale Dokument auch in Deutschland verbreiten ließ. Der Prozeß selbst dauerte fünf Stunden, und der Gang des Prozesses war kurz geschildert folgender:

Nach Eröffnung ließ der Oberstaatsanwalt die ganze Anklageschrift Wort für Wort vorlesen und erhob dann auf Grund verschiedener besonders hervorgehobener Stellen die Anklage wegen Beleidigung. Der Leiter der Bibelforscherbewegung war vertreten durch die Herren Rechtsanwälte Storz von Ulm und Brand von Herford.
Herr Rechtsanwalt Storz führte zur Verteidigung aus, daß unter gar keinen Umständen ... Vorgehen solcher Männer, die es wagten, den Geist des Hasses, des Blutvergießens ... zu brandmarken und bloßzustellen, wegen Beleidigung zu bestrafen ist, sintemal nichts in der "Anklage" steht, das persönlich gegen die Geistlichkeit Deutschlands, geschweige denn gegen die Geistlichkeit Pommerns und das Konsistorium in Stettin gerichtet sei.

Es sei offenbar nicht der rechte Weg, wenn die Staatsanwaltschaft in den Kampf religiöser Meinungen eingreife, denn mit dem Schaffen von Märtyrern habe man noch niemals einer Sache geschadet, sondern stets gedient. Es sei ferner zu betonen, daß das Konsistorium in Stettin, wenn es sich wirklich schuldlos gefühlt hätte, in der Angelegenheit besser getan hätte, einfach zu sagen "niedriger hängen". "Große Geister können nicht getroffen werden durch Dinge, die sie nichts angehen, kleine aber schreien nach dem Staatsanwalt."

Was die Forderung des "niedriger hängen" anbelangt, vergleiche man mal kontrastierend, so manchen Fall aus der jüngeren Gegenwart.
Zum Beispiel den des Herrn Tjaden, welche für ein Fremdzitat von der WTG belangt wurde.
Wo blieb da das "Niedriegerhängen"?
Weiter im GZ-Zitat:

Zur allgemeinen Erheiterung diente seine Bewertung, wie es wohl Dr. Martin Luther, der doch trotz seiner derben Sprache offenbar niemand persönlich beleidigen wollte, sondern einen falschen Geist zurechtzuweisen wünschte, ergangen wäre in jener Zeit, wenn der Staatsanwalt in den Kampf eingegriffen hätte, er hätte den Staatsanwalt überhaupt nie vom Hals bekommen.
Der vom Staatsanwalt besonders hervorgehobene Ausdruck "satanische Einrichtungen" sei offenbar in gar keinem Sinne des Wortes beleidigend ...
Übrigens seien die diesbezüglichen Vorwürfe auch wiederum nicht der Geistlichkeit Deutschlands als solcher gemacht, sondern seien dort in Amerika aufgestellt und verkündet ... wobei ja auch ganz offensichtlich sei, daß z. B. der inkriminierte Passus, sie hätten die Gotteshäuser zum Anwerben von Rekruten gebraucht, nur auf englische und amerikanische Verhältnisse, Bezug nehmend aufgefaßt werden könnte, da in Deutschland jedermann weiß, daß genügend militärische Häuser für diesen Zweck hier zur Verfügung standen. Das Konsistorium in Stettin hätte sicherlich gut getan, wenn seine Stellung gewesen wäre zu sagen, das geht uns nicht an, das haben wir nicht getan. Er beantragte Freisprechung.

Rechtsanwalt Brand folgte mit mehr juristischer Darlegung und bewies, daß vor allen Dingen unter gar keinen Umständen die Anklage als eine von den deutschen Bibelforschern für deutsche Verhältnisse aufgestellte Anklage, sondern unbedingt anzusehen sei als eine Anklage, die aufgestellt wurde auf der Hauptversammlung der Bibelforscher in Amerika und infolgedessen die ganze Welt angehe, und daß sie auch nichts weiter sei als eine Wiedergabe dieser bereits auf der halben Welt veröffentlichten Anklage. Dies gehe auch hervor aus der Einleitung, welche schon zeige, daß es sich um einen auf dieser Hauptversammlung gefaßten Beschluß handle. Mit Bezug auf die einzelnen inkriminierten Teile der Anklage wurde nachgewiesen, daß sie unter gar keinen Umständen ausnahmslos anklagend, sondern nur "eine gewisse Klasse" oder "gewisse treulose Prediger" usw. usw. Er verwies ferner auf Kommentare zu anderen gerichtlichen Entscheidungen und beantragte auch Freisprechung.

Weiter geht der Bericht mit der Aussage:

Nach etwa einstündiger Unterbrechung der Verhandlung fand die Urteilsverkündigung statt. Der Vorsitzende des Gerichtes stellte sich auf den Standpunkt, daß zwar das Konsistorium klageberechtigt gewesen sei und eine Verurteilung stattgefunden haben würde, wenn nicht eine ganz besonders subjektive Seite zutage getreten wäre. Das Gericht habe daher die Frage, ob die Absicht vorgelegen habe, die Geistlichkeit, insbesondere die in Pommern zu beleidigen, verneint. Auf Kosten der Staatskasse wurde Freispruch verkündet."

Im Deutschlandbericht des 1974er ZJ-Jahrbuches wird auch auf diesen Prozess eingegangen. Abschließend meint der WTG-Bericht ebenfalls, dass sich eine Spezifizierung auf die Geistlichkeit in Pommern nicht nachweisen lasse.

"Das Gericht erkannte dies an und sprach Bruder Balzereit frei, fühlte sich aber verpflichtet, ihm den Rat zu geben, in Zukunft nicht mehr solche scharfen Angriffe zu veröffentlichen."

Dabei muss man wohl auch folgendes im Blick haben. Pommern, bis 1918 Verwaltungsrechtlich eine Preussische Provinz, heute zu Polen gehörend. Wobei man wohl nicht schief liegt, unterstellt man insbesondere den Provinz-Charakter. Oder anders formuliert, im Vergleich zu anderen deutschen Gegenden, lassen sich gewisse Benachteiligungen nachweisen. Signifikant dazu, dass dies selbst in einem Kinderlied in dem Slogan "Pommernland ist abgebrannt" Eingang fand.

Wie auch immer. Fakt ist jedenfalls dass in der Frühzeit Pommern, nebst Sachsen, "die" deutschen Hochburgen der Bibelforscher darstellten. Dort empfand man in kirchlichen Kreisen, früher als anderswo eben die entsprechende Herausforderung durch die WTG besonders hautnah. So notiert etwa das 1974er ZJ-Jahrbuch auch:

"Im Jahre 1913 ließ Bruder von Tornow (ein Gutsbesitzer) das Zweigbüro in Barmen drei Vortragsreisen vorbereiten, die er größtenteils selbst finanzierte.
Bruder Hildebrandt, ein Bäcker aus Golnow (Pommern), verkaufte sein Haus und beteiligte sich ebenfalls an den Kosten."

Hinzuweisen wäre auch, dass schon Friedrich Loofs in seiner die Bibelforscher bezüglichen Studie, als einen sie bezüglichen frühen Pressebericht, auf einen aus jener Gegend verweist ("Pommersche Tagespost" 15. 9. 1917). Jener Pressebericht notierte unter anderem:

"Sie (die WTG) ... lebt nicht bloß vom Gegensatz gegen die bestehende Kirche, sondern auch gegen die Staatsordnungen."

Trotzdem fanden sich dort, wie das Beispiel Tornow zeigt, "Ostelbische Junker", welche die WTG-Interessen förderten. Gerade aber die "Ostelbischen Junker", waren in jener Gegend eine besondere Stütze auch der Großkirchen. Folgerichtig sah man sich dort empfindlich tangiert.
Die WTG wäre nicht die WTG, würde sie das ganze nicht auch propagandistisch ausschlachten. Genauso ist es dann auch abgelaufen. Im Mai 1926 hatte sie in Magdeburg eine Tagung für ihre Anhängerschaft organisiert; worüber die Magdeburger Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 15. 6. 1926 berichtet. Unter den dazu mit angereisten Amerikanern ragen besonders zwei Namen heraus. Der des J. F. Rutherford, und der des R. Martin.
Besagter Martin war es dann noch, welche einige Jahre später die Alibifunktion als vorgeblicher Wohltäter für Rutherford spielte, indem er ihm das berühmt-berüchtigte "Beth Sarim" (die Fürstenvilla) "schenkte". Offenbar muss da Martin auf gar wundersame Weise zu Geld gekommen sein, denn - theoretisch - seien ja alle hauptamtlichen WTG-Mitarbeiter nur "Taschengeldempfänger".
Nun 1926 war die "Beth-Sarim"-Story noch nicht spruchreif. Das gilt es auch zu sagen. Aber immerhin konnte der "Taschengeldempfänger" Martin mit nach Deutschland reisen. Seine Reise indes, dürfte er wohl kaum vom eigenen "Taschengeld" bezahlt haben, womit denn auch der Quellen"wert" der späteren Lügenstory, Martin habe ja "Beth Sarim" "verschenkt", widerlegt sein dürfte.
Fürst Rutherford lies es sich dann in Magdeburg auch angelegen sein, eigens für das seinem dortigen Statthalter widerfahrene Ungemach, auf die Tränendrüsen zu drücken. Eigens einen dazu verfassten "Protest" trug er (laut GZ) auf dieser Magdeburger Veranstaltung vor.
In ihm wurde unter anderem ausgeführt:

"Die Internationale Vereinigung Ernster Bibelforscher gibt anläßlich ihrer zu Magdeburg tagenden General-Versammlung einstimmig folgende Erklärung ab:
... Haben wir das Mißfallen Geistlicher verschiedener Bekenntnisse in Deutschland erregt, und diese haben die Verfolgung und Verhaftung einiger unserer Brüder veranlaßt, besonders die Verfolgung von Paul Balzereit, dem verantwortlichen Leiter unserer Bewegung in Deutschland".

Hier muss man schon anmerken, dass dieser "Protest" ziemlich hochgestochene Vokabeln verwendet. Belege für unterstellte "Verhaftungen" werden jedenfalls nicht geliefert. Und zu Balzereit ist jedenfalls zu sagen. Auch wenn er sich vor Gericht verantworten musste, so war er jedoch zu keinem Zeitpunkt "verhaftet" gewesen.
Man jammert weiter:

"Dies sei eine Beschneidung der Religions-Freiheit in Deutschland".

Auch diese Wertung ist als überzogen zurück zuweisen. Wofür dann ja auch der Freispruch (zweiter Klasse) im Balzereit-Verfahren spricht.
Immerhin konnte die WTG registrieren, in der Angelegenheit auch Schützenhilfe aus dem pietistischen Württemberg zu erhalten. Selbiges gilt ja in der Kirchengeschichte als eine besondere Hochburg jener Gruppierungen, welche die vermeintlichen Großkirchen nicht selten pauschal als "Sekten" zu titulieren belieben.
[Fortsetzung zu letzterem Aspekt dann am 25. 3. innerhalb dieser Serie]

Erich Schairer - Sonntagszeitung
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 25. März 2011 06:43
Erich Schairer
Sonntagszeitung
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen . Eine Zeitreise

Da hatte offenbar die in Stuttgart erscheinende "Die Sonntags-Zeitung" das Gefühl, der Bibelforscher-Prozess tangiert (indirekt) auch die eigenen Interessen (zumindest zu damaliger Zeit). Folgerichtig veröffentlichte sie in ihrer Ausgabe vom 4. 7. 1926, dazu einen für die Bibelforscher durchaus wohlwollenden Kommentar. Der wiederum (man ahnt es schon) wurde stolzgeschwellt auch von der Schweizer Ausgabe des GZ (1. 8. 1926) nachgedruckt. In ihm liest man:

"In Magdeburg hat im Mai die "Internationale Vereinigung ernster Bibelforscher" ihre Generalversammlung für Deutschland gehabt. Sie soll von rund 15.000 Personen besucht gewesen sein. Ein Zeichen, wie stark diese Bewegung, die (wie viele anderen religiösen Strömungen) ihren Ursprung in Amerika hat, allmählich auch bei uns geworden ist.
Die ,.Bibelforscher" nehmen im Unterschied von den christlichen Kirchen die Bibel ernst, haben also jedenfalls mehr Recht, sich als Christen zu bezeichnen, als die sogenannten Christen in der Kirche. Sie verwerfen u. a. den Krieg mit großer Bestimmtheit, da nach ihrer sehr zu billigenden Meinung "niemals das Blut des Volkes fließen darf, um die Interessen der Politiker, Militaristen, Finanz- oder Religionsfürsten zu schützen". Deshalb sind sie der Kirche ein Dorn im Auge, die bekanntlich die Bibel nicht ernst nimmt und den Krieg, wenn es ihr paßt, beschönigt, sogar predigt.
Die "christliche" Kirche tut also, was sie kann, um den "Bibelforschern" Abbruch zu tun.

Auf ihrer Magdeburger Versammlung haben die Bibelforscher einen Protest gegen die Verfolgung der Anhänger ihrer Weltanschauung, vor allem ihres Führers Paul Balzereit, erhoben. Sie erklären darin solche Verfolgung für unvereinbar mit der Religionsfreiheit in Deutschland; womit sie recht haben. Sie erklären, daß kein irdisches Gericht entscheiden könne, wer "die Kirche" im Sinne Christi sei und bestreiten, daß die offiziellen Bekentniskirchen mit jener Kirche identisch seien; worin sie ebenfalls Recht haben.
Sie behaupten ferner, und zwar wieder mit vollem Recht, daß "die Geistlichkeit der ganzen Welt seit langer Zeit dem Volke Irrtum gebracht" habe.
Da es den Vertretern der offiziellen Kirchen offenbar schwer fällt, die ,,Bibelforscher" aus der "Schrift" zu widerlegen, so bekämpfen sie die unbequemen Leute mit Hilfe der Polizei und des Staatsanwaltes. Ihre "Missionare", die Bücher und Schriften vertreiben, werden wegen angeblichen Verstößen gegen gewerbliche Gesetze oder Steuergesetze bestraft.
In Bayern ist sogar wegen "groben Unfugs" gegen sie eingeschritten worden. Andererseits werden sie nicht beschützt, wenn die fanatisierte Bevölkerung, der man nach berühmtem Rezept vormacht, sie steckten mit den Juden, den Freimaurern oder den Bolschewisten unter einer Decke, sie verprügelt und mit Steinen bewirft.

Wegen eines Flugblattes "Anklage gegen die Geistlichkeit", das von den Bibelforschern in Millionen von Stücken in Deutschland verbreitet worden ist und manchem die Augen über seinen Pfarrer geöffnet haben wird, hat das pommersche Konsistorium in Stettin Beleidigungsklage gegen Herrn Balzereit erhoben.
Die pommerschen Kirchenlichter haben freilich dabei übersehen, daß dieses Flugblatt lediglich die Resolution einer Bibelforscherversammlung in Ohio wiedergab also nicht speziell auf die pommerschen Stahlhelmpastoren gemünzt sein konnte, die sich getroffen fühlten. Das Schöffengericht und als Berufungsinstanz die Strafkammer in Magdeburg mußten deshalb einen Freispruch fällen, was sie ungern genug getan haben mögen.
(Verteidiger war in dem Prozeß der demokratische Ulmer Rechtsanwalt Storz, der ehemalige Vorsitzende der Friedensgesellschaft in Württemberg.)
Nach eigener Angabe haben die Bibelforscher bis jetzt in Deutschland nicht weniger als fünfhundert Prozesse führen müssen. Die Kirche wird sich aber täuschen, wenn sie meint, auf diesem Wege werde man mit ihnen fertig werden."

Besagte "Sonntagszeitung" wurde von Erich Schairer herausgegeben. Laut einem Artikel über ihn in der Wikipedia vertrat sie "pazifistisch-radikaldemokratische" Positionen.
Eine eigene Webseite über ihn gibt es offenbar auch.
www.erich-schairer.de
Sehe ich es richtig, kann man sich dort besagte "Sonntagszeitung" auch herunterladen.
Als störend würde ich aber empfinden, dass man gezwungen ist, jeweils komplette Jahrgänge im pdf-Format zu nehmen (1926 etwa 33,50 MB). Gesuchte Einzelausgaben nur, ist also wohl nicht möglich. Immerhin sei eingeräumt. Besser diese Variante als wie gar nichts.

Schon in der "Sonntags-Zeitung" vom 31. 3. 1926, gab es eine die Bibelforscher betreffende Meldung. Auf selbige wurde allerdings seitens des "Goldenen Zeitalters" nie hingewiesen, erst recht nicht zitiert. Der Grund ist offenkundig, denn diese Meldung war wohl kaum sonderlich geeignet, den WTG-Propagandainteressen zu dienen. Ist letzteres nicht der Fall erschlafft ihr Interesse erheblich. Man kann ein Beispiel aus der neueren Zeitgeschichte dafür auch heranziehen. Über einen Michael H. Kater mit seinem durchaus beachtlichen 1969er Aufsatz in den "Vierteljahresheften für Zeitgeschichte", zieht es die WTG vor, lieber zu schweigen. Allenfalls bibliographisch notiert wird er, weil das sich wohl nicht ganz vermeiden lässt. Der Grund ist für jeden, der diese Ausführungen gelesen (über die ZJ während der Nazizeit) offenkundig. Das ist wohl nicht "das" Material, welches sich für Propagandaintentionen sonderlich eignet.
Wie so ganz anders erging es da einem Herrn Detlev Garbe. Der damalige WTG-Präsident (Regional auf Deutschland bezogen) Pohl höchstpersönlich, teilte Garbe mit, ihn werde man selbstredend anders behandeln als etwa Kater. Und genau so ist es dann auch geschehen. Was sich propagandistisch verwerten lässt, dass läßt man sich selbstredend nicht entgehen.
Nun aber noch das Votum aus der "Sonntags-Zeitung" vom 31. 3. 1926. Bilde sich jeder seine eigene Meinung dazu:

http://www.manfred-gebhard.de/SZ.31326.1.jpg

http://www.manfred-gebhard.de/SZ.31326.2.jpg

"Brüderlich zuwinken" lässt Schairer eben seinen Kommentar, wie gelesen, ausklingen.
Tja, da gab es zeitgenössisch noch eine andere Tagespolitische Angelegenheit, in der sich sehr wohl auch die "Sonntagszeitung" aktiv mit involvierte.

Der Streit drehte sich um die sogenannte "Fürstententschädigung", die einige verhindern wollten, letztendlich aber auf Grund der Mehrheitsverhältnisse scheiterten. Nicht zuletzt die Kirchen spielten hierbei das Zünglein an der Waage. Das sah auch Chefredakteur Schairer so, und ließ seinen Frust darüber, auf welcher Seite denn die Kirchen dabei standen, mehr als einmal zum Ausdruck kommen. Drei Dokumente aus seiner "Sonntagszeitung" Jahrgang 1926 mögen das verdeutlichen.

http://www.manfred-gebhard.de/SchirmHoechstenSZ26.jpg

http://www.manfred-gebhard.de/EckertSZ26.jpg

http://www.manfred-gebhard.de/FuerstenabfindungSZ26.jpg

Wo aber standen die Bibelforscher in diesem Disput? Wie üblich auf der Seite der Schweiger.
Sie schwiegen auch dann prinzipiell, wenn eigentlich reden angesagt wäre. Herr Schairer muss sich heute noch sagen lassen. Sonderlich realistisches Einschätzungsvermögen, der Bibelforscher, hat er jedenfalls nicht offenbart.
Das mit den "Schweigern" muss man wohl noch etwas differenzieren. Da gab es tatsächlich in der Schweizer Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" (nicht aber in der Magdeburger Ausgabe), am 1. 8. 1929 noch eine thematische Meldung. Selbige erschöpft sich allerdings lediglich in dem, was die GZ-Redaktion in besagter "Sonntagszeitung" dazu las. Und da muss man dann doch wohl sagen. Nur "jammern" ist halt eben zu wenig. Entscheidend ist: Zu dem Zeitpunkt wo jene Frage auf der Tagesordnung des politischen Diskurses stand, haben auch die Bibelforscher, versagt. Sich nachher lediglich "die Wunden zu lecken", ist im Hinblick auf die politischen Mechanismen witzlos.
Jedenfalls wusste jene zweite GZ-Meldung in der genannten Ausgabe noch zu berichten:

"Der "Einsiedler von Doorn"
Der in Deutschland liegende Grundbesitz des ehemaligen Kaisers, des "Einsiedlers von Doorn", umfaßt 300.000 preußische Morgen oder 75.000 Hektar. Wenn man sich diese Fläche als ein Stück von quadratischer Form vorstellt, so wäre ein Zaun darum etwa 110 Kilometer lang, und die Entfernung zweier gegenüberliegender Ecken betrüge rund 40 Kilometer, also einen schönen Tagesmarsch. Die vier Oberämter Stuttgart, Böblingen, Eßlingen und Waiblingen zusammen umfassen etwa 770 Quadratkilometer, sind also nur ein klein wenig größer als der Grund und Boden des Herrn Prinzen von Preußen, den wir für seinen verlorenen Krieg so fürstlich entschädigt haben. ("Sonntags-Ztg." Stuttgart)"

Auch jene Meldung aus der Schweizer Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 1. 9. 1930 kann man dabei mit benennen. Auch bei selbiger wiederum bemerkenswert. Die Magdeburger Ausgabe des GZ druckte sie nicht ab. Nur die Schweizer Ausgabe. Äußert sich also die Schweizer Ausgabe des GZ kritisch zur deutschen Innenpolitik, kann man das getrost der Rubrik "billig - zu billig" einordnen. Anders wäre es schon, man läse dasselbe auch in der deutschen Ausgabe des GZ. Dort aber ist zu registrieren. Man zog das Schweigen vor, was dann ja wohl für sich spricht.
Genannte Ausgabe des Schweizer GZ schrieb unter der Überschrift:

"Der Gipfel der Gutmütigkeit":
"Deutschland hat einige Millionen Arbeitslose. Während es aber pro Woche nur 15 Mark für die Ärmsten der Armen, die gerne arbeiten möchten, wenn sie könnten, übrig hat, ist desto splendider gegenüber abgesetzten Fürstlichkeiten. Das geht aus einem Abfindungsvertrag hervor, den das republikanische Thüringen mit dem ehemaligen Fürstenhaus Schwarzburg-Rudolfstadt abgeschlossen hat. Nach diesem Vertrag werden jährliche Renten ausbezahlt an:
Fürstin Anna Luise 60.000 Mark
sowie eine Nachzahlung von 900.000 Mark.
Prinzessin Thekla 10.000 Mark
Prinzessin Helene von Schönaich 5.150 Mark
sowie eine Nachzahlung von 40.500 Mark. Fürstin-Witwe Marie 38.400 Mark
Erben des verstorbenen Prinzen Sizzo 5.150 Mark
sowie eine Nachzahlung von 72.500 Mark.
Prinz Günther 18.000 Mark
sowie eine Nachzahlung von 76.500 Mark
sowie einen Jahresbeitrag zum Unterhalt des Schlosses von 6.000 Mark.
Erben des Prinzen erhalten eine Nachzahlung von 22.500 Mark.
Prinzessin Alexandra 12.000 Mark
sowie eine Nachzahlung von 51.000 Mark. Prinzessin Maria 6.000 Mark
sowie eine Nachzahlung von 25.500 Mark. Prinzessin Irene 6.000 Mark
sowie eine Nachzahlung von 25.500 Mark.
Auch der Exkaiser und sein Anhang hatten bekanntlich keinen Grund, mit der "Revolution" unzufrieden zu sein. Er ist immer noch reich genug, um in Doorn prunkvoll Hof zu halten."

Die Sympathie des Schairer für religiöse Strömungen außerhalb des "Amtskirchlichen" Mainstreams kam schon früher zum Vorschein. Etwa wenn er in der Ausgabe vom 18. Juli 1920 der sich damals noch "Heilbronner Sonntags-Blatt" nennenden Blattes, in einer Buchbesprechung über die Quäker, selbige mit den Worten ausklingen lies, wenn er richtig verstehe, so fordere dieser Autor im Einklang mit den Quäkern, in Deutschland "Mission des Christentums gegen die Kirche" zu betreiben. Und die vorangegangenen Ausführungen in diesem Artikel belegen, dass er schon damals den Kirchen absprach, "Christentum" zu sein.
Solch kritische Position gegenüber den Großkirchen, erklärt dann ja einiges. Erklärt auch, warum Schairer offenbar nicht in der Lage war, in seinen Bibelforscher-Artikel auch einige kritische Akzente gegenüber selbige mit einzubauen. Er wollte die Welt wohl durch seine Art "rosaroter Brille" sehen. Und man muss ihm bescheinigen. Zumindest in dieser Detailfrage, war es auch so.
Das Schairer zutiefst mit den Amtskirchen zerfallen war, im Umkehrschluss sich aber auch nicht den "Sekten" mit "Haut und Haaren" verschrieb, macht auch folgendes der Ausgabe vom 5. 12. 1920 entnommenes Inserat deutlich (welche sich zu dem Zeitpunkt "Süddeutsche Sonntags-Zeitung" nannte).

http://www.manfred-gebhard.de/Schairer.51220.jpg

Allenfalls wäre zu fragen. Heißt der Zeitungs-Herausgeber nicht Erich Schairer. Im Inserat zeichnet aber ein J. A. Schairer. Gut, das ist einzuräumen.
Bestehen bleibt aber der Umstand, dass der Württ. Monisten- und Freidenkerbund, in diesem Blatt diverse Male inserierte. Von einer "Verweigerung" der Aufnahme seiner Inserate kann wohl keine Rede sein.
Von der Tendenz her, dürfte wohl auch jenes aus der Ausgabe vom 5. 2. 1922 entnommene Inserat eindeutig sein.

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Man vergleiche auch den nachfolgenden Artikel aus der Ausgabe vom 20. 3. 1921 ("Die Heilbronner und der Weltuntergang") welcher auch eine frühe Zitierung des damaligen WTG-Funktionärs Wellershaus enthält.

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Zu nennen wäre auch die Schrift von Schairer mit dem Titel. "Warum ich nicht Pfarrer blieb".
Ihr kann man einerseits ein gewisses religiöses Interesse unterstellen. Andererseits sah er selbiges wohl kaum in den "Landeskirchen" zufriedenstellend reflektiert.
Interessant auch der Umstand, dass schon früh etwa im Jahrgang 1923, Hitler in diesem Blatt per Karikatur als Rattenfänger aufgezeigt wurde.
In einem "Propheten" überschriebenen Artikel "Der Sonntags-Zeitung" vom 9. 9. 1923 findet man auch beiläufig mit eingeflochten die Sätze:

"Millionen heute lebender Menschen werden nach den Behauptungen der "ernsten Bibelforscher" nie sterben (was insofern richtig sein mag, als diese Sorte von Gläubigen kaum jemals richtig gelebt hat)."

Dieses Votum beschreibt denn einerseits die Klientel, die da von ihnen angesprochen wurde. Andererseits stellt sich die Frage, ob jene, die sich nicht zu diesen "Unterschichten" zugehörig wussten, mit ihrer Ironie wirklich die Tragik und Sachlage "erfasst" hatten.

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Zu registrieren ist auch, dass seitens des "Goldenen Zeitalters", auch einmal massive Reklame für jene "Sonntags-Zeitung" gemacht wurde, und zwar in der GZ-Ausgabe vom 1. 12. 1927. Dort liest man:

"Frage:
Was halten Sie von der "Sonntagszeitung" in Stuttgart?"
Antwort:
Die von Dr. Erich Schairer geleitete "Sonntags-Zeitung" steht allerdings in religiöser Beziehung keineswegs auf dem Standpunkt, den das G. Z. vertritt, aber wir glauben, daß sie immerhin eine Zeitung ist, die Beachtung verdient, ihrer Freimütigkeit, Ehrlichkeit und Offenheit halber, denn wir haben schon manches, ehrliche und den Tatsachen entsprechende Urteil insonderheit bezüglich des Mißbrauches der Religion in ihren Spalten gefunden. (Verlag ist: Stuttgart, Langestraße 18) Die Schriftl."

Die Wochenzeitung "Der Volksbote" in Strehlen (Schles.), die auch dadurch glänzte - gegen Money - Russells Predigten abzudrucken, hatte ihre Geschäftsbeziehungen zur WTG inzwischen wieder eingestellt. Bezogen auf die Mentalität der Bibelforscher, bedeutete das zitierte Votum nichts anderes, als dass diejenigen, die auch ein "Zweitblatt" neben den WTG-Publikationen lasen, und dabei früher den "Volksboten" favorisierten, selbiges nun mit dieser "Sonntags-Zeitung" taten.
Die "gemeinsame Geschäftsgrundlage", die zu der Zeit sowohl die Bibelforscher als auch Schairer miteinander verbanden, ist unfraglich der Pazifismus.
Nun muss man dazu aber auch sagen. Um sich zu Weimarer Republikzeiten als Pazifist zu outen. Dazu gehörte nicht übermäßig viel. Das lag im Spektrum der allgemein zulässigen Meinungsfreiheit. Und in die Pazifismus-Fanfare stießen noch andere gleichermaßen zu der Zeit. Etwa atheistische Freidenker, aber auch Teile des Bürgertums, dem sicherlich auch Schairer zuzuordnen ist.
Beleg für die pazifistische Grundhaltung von Schairer ist sicherlich auch jene, gleichfalls in der Schweizer Ausgabe des GZ vom 1. 9. 1930 abgedruckte Meldung

"Der ehem. Pfarrer Dr. Schairer bezeugt in der "Sonntags-Zeitung", Stuttgart, aber auch von den verstaatlichten Schriftgelehrten seines Landes: "Kein Alldeutscher und kein General hat sich so blutrünstig benommen, wie die vom Staat zur Verkündigung der Menschen und Feindesliebe bezahlten Beamten. Die Staatsbibliothek Berlin enthält über tausend gedruckter Kriegspredigten, welche einen bedenklichen Einblick gewähren in das grausame Marionettenspiel einer zum Brudermord animierenden "Geistlichkeit", wie sie hüben und drüben wirkte.
In seinem Hohelied auf das "segensmächtige" deutsche Schwert verstieg sich beispielsweise auch Pfarrer Köhler in Berlin u. a. zu folgendem Bekenntnis:

"Deine blitzenden Hiebe sind uns Rhythmus des Lebens geworden. Du bist uns Verklärer unseres Wesens, wie das Wort und der Geist. Darum mußtest du auch gehen durch den Mund Christi. Keiner soll dich töten dürfen. Aber du sollst der Beute die Fülle haben. Und sollst sie alle umbringen dürfen als meine Erschlagenen. Rüste dich und rase und richte. Sie umgeben dich allenthalben, aber im Namen des Herrn darfst du sie zerhauen... dankbar muß jetzt auch der altväterlichste Fromme dafür sein, daß uns durch unermüdliche und gewissenhafteste technische Arbeit der Ingenieure zur rechten Zeit die 42-Zentimeter-Mörser und die U-Boote geschenkt wurden als Helfer und Heilande."

Ein weiterer, zeitlich etwas davor liegender Bibelforscher-Prozess in der Schweiz, drehte sich um die Unterstellung einer vermuteten (partiellen) Fremdfinanzierung der WTG. In dieser Ausgabe des Magdeburger "Goldenen Zeitalters" sah man offensichtlich die Chance zum Zurückschlagen, indem man die folgende Meldung verbreitete:

"Amerikanisches Geld für die katholische Kirche in Bayern.
Durch die Zeitungen geht die Meldung, die römisch-katholische Kirche Bayerns verhandle mit New Yorker Bankiers über einen großen Kredit von 10-30 Millionen Dollars. Als Sicherheit diene der römisch-katholische Grundbesitz in Bayern. Über die Verwendung des Geldes verlautet nichts, und man darf gespannt sein, wie sich die Reichsbank dazu stellt, denn sie muß den Kredit genehmigen und hat bisher, aus valutarischen Gründen, alle Gesuche abgelehnt, sofern nicht ein dringendes volkswirtschaftliches Bedürfnis vorlag. Große Städte, die das Geld für Wohnungsbauzwecke usw. gebrauchen, haben große Schwierigkeiten, die Genehmigung zu erhalten. Wird nun im Falle der römisch-katholischen Kirche Bayerns ein "dringendes wirtschaftliches Bedürfnis" zugestanden werden? Des Weiteren lassen sich hier interessante Schlüsse ziehen, über die "große Armut" der römischen Kirche im allgemeinen, und im besonderen in Bayern, denn wenn der Kredit schon 10-30 Millionen Dollars beträgt, wie groß muß da erst der Grundbesitz sein?
Vor einiger Zeit berichteten die Zeitungen, der Vatikan habe ebenfalls eine große Anleihe in New York aufgenommen, und man fragt sich unwillkürlich, wozu nur das viele Geld? - Soll damit die Reichweite der "väterlichen Hand" des Papstes verlängert werden? -
Eines steht jedenfalls fest; die sich jetzt in großer Not befindlichen Volksmassen werden es nicht erhalten, denn wenn man den Armen etwas geben wollte, wäre der Grundbesitz niemals so groß geworden."

Und als Quintessenz vermag das GZ nicht darauf verzichten noch zum Abschluss anzumerken:

"Eigenartig, gerade diejenigen, die anderen immer vorwerfen, sie hätten Geld von amerikanisch-jüdischen Bankiers, holen das ihrige gerade von dort "drüben."

Plejaden
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 26. März 2011 04:42
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - eine Zeitreise
Plejaden

"Die Erforscher der Bibel haben ein besonderes Interesse an der Gruppe der PIejaden oder dem "Siebengestirn"

Und:

"Dann ist die Stellung der Plejaden zur Zeit der Vollendung der großen Pyramide in Ägypten, Gottes großen Steinzeugen, ein hervorragender Zug dieses bedeutsamen Bauwerkes."

Gelesen im "Goldenen Zeitalter" (Ausgabe Bern vom 15. 3. 1926; Ausgabe Magdeburg 15. 4. 1926).

Erneut wurde das Thema Plejaden in der Magdeburger Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 15. 6. 1932 aufgenommen. Unter der Überschrift "Die Plejaden" las man da:

"Die schönste aller Sterngruppen des nördlichen Sternhimmels ist das Siebengestirn oder die Plejaden. Obgleich in einer Entfernung von rund 500-600 Lichtjahren, ist diese Gruppe am nächtlichen Himmel der nördlichen Halbkugel noch als kleines helles Wölkchen sichtbar. Ein normales Auge erkennt ohne optische Hilfsmittel nur die sechs hellsten Sterne. Tatsächlich aber stehen dort 150 Sonnen beieinander, wie das Fernrohr und die photographische Platte erschließen. Die auf der Photographie als schwächste Pünktchen sichtbaren Sterne sind immer noch doppelt so hell wie unsere Sonne, während der hellste Stern unser Tagesgestirn um das 600fache an Leuchtkraft übertrifft.
Über das wunderbare Gebilde der Plejaden und ihre Bedeutung im Universum schreibt Richter Rutherford in seinem Buch "Versöhnung":

"Das Siebengestirn, welches das Sternbild der Plejaden formt, scheint das krönende Zentrum zu sein, um das alle bekannten Planetensysteme kreisen, ähnlich wie die Plejaden unserer Sonne von ihr dirigiert werden und jeder sich um sie in seiner besonderen Bahn dreht. Es ist mit großer Überzeugung der Gedanke geäußert worden, daß einer der Sterne jener Sterngruppe die Wohnstätte Jehovas und der Ort der höchsten Himmel, nämlich die Stätte sei, worauf der inspirierte Schreiber hinwies, als er sprach: 'Höre du, von der Stätte deiner Wohnung, vom Himmel her!' (2. Chronika 6:21) Man meint, daß dies der Ort sei, auf den Hiob deutete, als er unter Eingebung schrieb: 'Kannst du die lieblichen Einflüsse der Plejaden [des Siebengestirns] binden, oder lösen die Fesseln des Orion?' ..."

Siehe dazu auch:
Parsimony.9460
Parsimony.9551

Wer ist der "bessere" Wegerklärer?
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 27. März 2011 09:31
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Wer ist der "bessere" Wegerklärer?

Die deutsche oder die Schweizer Ausgabe des "Goldenen Zeitalters?
Hatte die Schweizer Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" auch relativ ausführlich zu den Nichterfüllten 1925-Erwartungen im Nachhinein Stellung bezogen, und sich dabei auf die Position der vermeintlichen "Anzeichenbeweise" zurückgezogen. So fällt schon auf, dass in der Magdeburger GZ-Ausgabe die Ausführungen zu diesem wunden Punkt verhältnismäßig dürr ausfielen. In dessen Ausgabe vom 15. 3. 1926 gab es dazu nur die nachfolgende Lapidar-Meldung, die bewusst wesentliche Sachverhalte eben nicht mit anspricht. Dort las man:

"Ging 1925 die Welt unter?
Ein Leser des "Goldenen Zeitalters" bittet uns, dazu Stellung zu nehmen, daß die Bibelforscher so vielfach getadelt werden, daß sie für das Jahr 1925 den "Weltuntergang" voraussagten. Wir schrieben ihm:

"Die ernsten Bibelforscher sind tatsächlich die einzigen Menschen in der Welt, welche glauben, daß unsere schöne grüne Erde niemals untergehen wird. Sie haben wirklich seit fünfzig Jahren ihr Mögliches getan, die Menschen davon zu überzeugen, daß sie niemals untergehen wird. Sie haben dies also weder für das Jahr 1925 noch für irgendeine andere Zeit vorausgesagt. Aber das "Goldene Zeitalter" kennt leider kein Mittel, die Leute am Lügen zu verhindern."

Ende der GZ-Durchsage.

Abrechnung mit der Catholica
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 28. März 2011 00:30
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Abrechnung mit der Catholica

Das man sich keine Gelegenheit entgehen lies, sich in der Rolle der tatsächlichen (oder vermeintlichen) verleumdeten Unschuld darzustellen. Dafür findet man in der Magdeburger GZ-Ausgabe (15. 3. 1926) noch ein weiteres Beispiel. Dessen Speerspitze ist gegen den Katholizismus gerichtet. Und ich füge meinerseits hinzu. Was da in diesem Falle am Katholizismus kritisiert wird ist berechtigt. In diesem Falle hat man einzuräumen, da waren die Bibelforscher tatsächlich die (relative) verfolgte Unschuld.

Nur gilt das eben nicht für alle Bereiche. Das man sehr wohl mit bewussten Halbwahrheiten seitens der Bibelforscher auch arbeitete, macht unter anderem auch die bereits zitierte 1925-Apologie deutlich.

Nun aber die Kritik des GZ an der katholischen Kirche in dieser Magdeburger GZ-Ausgabe; da las man:

"Roms Verleumdungswaffen. Judensache oder Freimaurer.
Daß Rom sich ändert, zeigen folgende unglaubliche Hetzereien gegen die Protestanten, welche am 18. März 1900 im "Clairon du Midi" von Nimes in einem "Aufruf an die Katholiken" erschienen sind und von dem wir nur einige mildere Stellen wiedergeben:

"Schauet hinein in die Prefecture, die Mairie! Überall seht ihr nur diese lästige Rasse kriechen und uns den Weg versperren. Die Protestanten sind überall; an allen Ecken zeigen sie ihre häßliche Fratze. Darauf los! Los auf die gemeinen Söhne Luthers! Zeigen wir, katholische und königstreue Bürger von Nimes, daß unsere von jeher gläubige Stadt, ihren alten Prinzipien treu, die katholische und royalistische bleibt, dem Papst und dem König ergeben. Erwachet alle, ihr Katholiken, auch die ihr bis jetzt geschlafen habt, und kämpfet mit uns, um endgültig die Protestanten aus allen unseren Verwaltungen zu vertreiben, diese feigen, sektiererischen Protestanten, denen jeder ins Angesicht spucken muß! Hinaus mit dieser hungrigen Gesellschaft von Plünderern! Ihr ehrlichen Leute, aufrichtig und königstreu, lasset uns unsere herrliche Religion und unsere Redlichkeit dem hugenottischen Lug und Trug gegenüber hochhalten! Der Protestantismus verdirbt und vergiftet alles, zertreten wir ihn wie Ungeziefer! Mit Schmutz werde er beworfen und erdrosselt! Wir wollen leben, wir Katholischen, ohne diese Judasse, ohne diesen Auswurf der Menschheit; sie sind schmutzige Juden und Mädchenschänder. Krieg diesen Freimaurern, diesen Heuchlern, diesen Gottesleugnern! Vorwärts, ihr Pioniere Roms, auf zum Sturm gegen die verräterische reformierte Religion!"

Und zu diesem Text der GZ-Kommentar dann noch:

"Es ist erstaunlich zu sehen, wie die monentan wiederum hier und da auftauchenden Hetzereien, die sich gegen solche Christen richten, Bibelforscher und andere, die mit Roms hinterhältiger Propaganda nicht übereinstimmen und nicht dazu schweigen, bereits vor kaum zwei Jahrzehnten auch auf den Protestantismus asngewandt wurden. Damals verstand Rom es meisterhaft, durch die Presse zu schmieren, die Protestantismus sei eine Judensache oder stehe im Dienste des Freimaurertums. Momentan ist das nicht der Protestantismus, sondern Bibelforscher und andere, gegen die man dieselben Verleumdungsmittel anwendet. Woher also diese verleumderischen Angriffe stammen, zeigt der vorliegende Artikel klar und deutlich. Überall also, wo sie erscheinen, wird jeder aufmerksame Denker wissen, was man von Verleumdungswaffen Gegnern gegenüber, denen man nicht anders gewachsen ist, zu halten hat; alles dies sind Waffen der Unwahrheit."

Das zweite Standbein - tendenziöse Gesundheitsratschläge
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 13. April 2011 06:06
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - eine Zeitreise
Das zweite Standbein - tendenziöse Gesundheitsratschläge

Offenbar muss man die Gesundheitsratschläge, welche da das "Goldene Zeitalter" mit ziemlicher Regelmässigkeit offerierte, durchaus als eine Art "zweites Standbein" bewerten.
Wiederum in der Magdeburger Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 1. 4. 1926 (in der Berner Ausgabe schon am 1. 3. 1926) werden solche offeriert. Zwar in der Form der Wiedergabe eines Leserbriefes. Immerhin entscheidend ist doch wohl, dass er abgedruckt wurde, und zwar in einer Form, ohne erkennbarem Widerspruch zum ausgeführten.

Wenn also das, was das GZ da wieder mal ausführte, auch hier wiedergegeben wird, dann sei die Anmerkung gestattet. Ohne inhaltliche Bewertung, und ohne inhaltliche Identifizierung mit dem ausgeführtem. Genanntes GZ beeindruckte seine Leserschaft also wieder einmal mit dem nachfolgendem:

"Eine Leserin des "Goldenen Zeitalters", die begeistert ist über die Erfolge, die sie sowohl wie ihre Freunde als Ergebnis der Rohkostdiät (rohe Früchte, Nüsse und ungekochte Gemüse) erzielt hat, teilt uns ein Rezept für eine vollkommen nahrhafte Speise mit. Der Vorteil dieser Speise ist, daß man davon während der Arbeit genießen kann. Diese Speise soll das beste Wohlbefinden erzeugen, man soll nach ihrem Genuß weder Schwäche noch Müdigkeit fühlen noch Übersättigung empfinden, sondern Fülle der Kraft.

Man nehme zu gleichen Teilen Nüsse (gleichviel welche Art, einzig Erdnüsse sind nicht so gut) Feigen, Datteln, Backpflaumen und Rosinen und drehe alles durch die Fleischmaschine, darauf knete und schlage man die Masse tüchtig und schneide sie in kleine Stücke oder forme sie zu Kugeln, die man in geraspelter Kokosnuß wendet. In verschlossenen Blechbüchsen aufbewahrt, hält sich dieses vorzügliche Fruchtbrot sehr lange.

James Devereux, ein berühmter Diätiker aus New- Seeland, schreibt in der Zeitschrift für Diätreform und gegen Krebserkrankung;

"Die Speise soll nur den einen Zweck haben, uns jenes erhebende, wunderbare Gefühl zu erhalten, daß die Zäune zum Darüberspringen gemacht sind und daß man die Berge erklettern kann ohne zu ermüden.
Wie ist deine Zunge des Morgens? Wie fühlst du dich nach deinen gebratenen Eiern und fettem Schweinefleisch, nach deinem Weißbrot mit Butter und Marmelade und schwarzem Tee etc etc.? -

Wir kennen eine Fruchtmahlzeit, eine Nußmahlzeit und eine Gemüsemahlzeit. Bei sehr kaltem Wetter haben wir die Nußmahlzeit zuerst, weil Nüsse Wärme erzeugen. Manchmal auch essen wir das Gemüse zuerst. Gewöhnlich jedoch beginnen wir mit einer Fruchtmahlzeit, die aus den Früchten besteht, die gerade erhältlich und billig sind. Da es nicht gut ist, Früchte mit anderen Speisen zusammen zu genießen, essen wir nur Früchte, aber so viel wir können. Zu Mittag essen wir dann Nüsse, Mandeln und oft getrocknete Südfrüchte, Rosinen, Datteln, Feigen etc. Gegen Abend haben wir unsere Gemüsemahlzeit; und diese besteht dann aus Salat, Bleichsellerie, zartem Kraut, Brunnenkresse, Tomaten, Radieschen, Zwiebeln, Gurken, rohen Mohrrüben (die ausgezeichnet sind, wenn man sich daran gewöhnt hat) Blumenkohl und alle Arten von Gemüsen, welche man in ungekochtem Zustande essen kann.

Nur zu dieser Mahlzeit essen wir ein paar Scheiben Vollkornbrot, dünn mit Butter bestrichen. Salz, Zucker, weißes Mehl und alle anderen sogenannten Nahrungsmittel, die ihrer sechzehn Elemente beraubt sind, und deren Zusammensetzung verändert worden ist, kommen nicht auf unseren Tisch, und das ist das Geheimnis der Diätkur. Früchte nähren und reinigen das Zellgewebe. Grüne Gemüse nähren und reinigen das Blut.
Es ist geradezu erstaunlich, wie wenig man bei dieser Diät braucht. Man weiß stets, wann man genug hat, was bei gekochter Nahrung nicht der Fall ist, Man ist leistungsfähiger und nicht so leicht ermüdet, man fühlt sich leicht und rein und voll Lebensfreude.

Die Krankheit wird allmählich ausgetrieben, - ausgetrieben, wohlverstanden - nicht unterdrückt. Während dieser Austreibungsprozeß stattfindet, werden sich Krisenerscheinungen einstellen, Durchfall, Erkältungen, Ausschläge etc., man wird sich für ein oder zwei Tage unwohl fühlen, aber so muß die Austreibung der Krankheit vor sich gehen."

Hierzu schreibt unsere Leserin:

Vor zwei Jahren dachte ich, ich sei an meinem Ende angelangt. Ich war fast ganz taub und wurde plötzlich furchtbar stark aufgedunsen. Ich begann mich selbst zu behandeln und fastete dreimal; die längste Fastenzeit dauerte eine Woche. Devereux zwar ist nicht für langes Fasten. Nach ein paar Wochen war ich eine ganz andere Frau. Mein Gehör ist heute viel besser und meine Gesundheit eine ausgezeichnete. Ich bin 54 Jahre alt und tue allein meine Hausarbeit und besorge meine Wäsche allein und habe noch für zwei Männer zu sorgen. Nebenbei gehe ich missionieren. Ich bin so schlank wie früher und nehme es in der Behendigkeit mit jedermann auf. Kopfschmerzen, womit ich mein Leben lang geplagt war, kenne ich gar nicht mehr. Früher litt ich den ganzen Winter an Erkältungen, jetzt kann ich mit dem Rade meilenweit gegen den Wind fahren, ohne das Geringste von Erkältung zu verspüren.
Viele meiner Freunde haben auf meinen Rat hin ihre Lebensweise geändert, und überall sind damit die besten Erfolge erzielt worden."

Liest man solcher Art Berichte im "Goldenen Zeitalter", dann ist man auch nicht ganz so verwundert über Berichte ähnlicher Art, etwa den über die famose Weintraubenkur

Das diffizile Thema Wehrdienst
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 19. April 2011 06:10
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - eine Zeitreise
Das diffizile Thema Wehrdienst

Im Rahmen der Rubrik Fragenbeantwortung, geht das Schweizer "Goldene Zeitalter" in seiner Ausgabe vom 15. 4. 1926 einer diffizilen Frage nach. Der Frage des Kriegsdienstes.
Auffällig und durchaus hervorhebenswert auch der Umstand, dass in der Magdeburger Ausgabe des GZ diese Ausführungen nicht nachweisbar sind. Die deutsche Ausgabe hielt es also lieber mit dem Grundsatz des Schweigens zu diesem Thema, was dann ja auch ein bezeichnendes Eingeständnis ist!

Auch die genannte Schweizer Ausgabe übt sich in Weitschweifigkeit, im zerreden des Themas. Wer etwa auf der Suche nach einer Antwort ist getreu dem Motto:
"Eure Rede sei ja, ja und nein, nein", der wird die in diesem Artikel jedenfalls nicht vorfinden. Man muss schon genauer hinsehen. Was sagt nun das GZ, was sagt es nicht; und das was es sagt: Wie sagt es das?
Die gestellte Frage lautet dann:

"In l. Petrus 2; 13 ff. ermahnt der Apostel die Christen der Zerstreuung:
,,Seid Untertan aller menschlichen Ordnung um des Herrn willen."
Was hat heute der Christ zu tun, wenn ihn die menschliche Ordnung, in die er hineingestellt ist, in den Krieg schickt?"

Und weiter fügt der Fragesteller noch an:

"Wenn auch für den Bibelforscher, der weiß, daß 1914 die Zeit der Nationen und damit die Zeit der Zulassung irdischer Herrscherrechte zu Ende ging, die Ermahnung des Apostels nicht mehr gilt, wie soll sich doch derjenige, der nicht auf dem Standpunkt der Bibelforscher steht, diesem schrecklichen Dilemma gegenüber verhalten?"

In seiner weitschweifigen Antwort darauf, zieht das GZ sich dann auf die Linie zurück:

"Die Gebote und Vorschriften Gottes, so mannigfaltig sie sind, bilden doch alle zusammen nur ein Wort Gottes, sind alle ein und demselben göttlichen Prinzip entsprungen. Jesus sagt uns, daß an den zwei Geboten; Liebe Gott und liebe deinen Nächsten - die einander wiederum gegenseitig bedingen. -"

Und weiter heißt es dann in den GZ-Ausführungen:

"Denn wenn die Staatsformen dieser Welt auch keine vollkommene Schöpfungen, sondern bloße Afterbilder des Königreiches Gottes sind, so stellen sie doch verhältnismäßig gute Formen der Organisation der menschlichen Gesellschaft dar, und sind auf alle Fälle wilden anarchistischen Zuständen bei weitem vorzuziehen.
Und wenn Christen auch ihr Bürgertum in den Himmeln haben (Philipper 3 : 20), so verbietet ihnen doch die Rücksicht auf ihre Mitmenschen, diese verhältnismäßig günstigen Ordnungen zu erschüttern, indem sie ein Beispiel des Ungehorsams und der Widersetzlichkeit gegenüber den bestehenden, von Gott zugelassenen Gewalten geben. Selbst der Herr hat jeden unnötigen Anstoß in dieser Hinsicht vermieden (vergl. Matthäus 17 ; 24-27), obwohl er ja nicht kam, Frieden zu bringen, sondern Entzweiung.
Christen sollen wissen, daß es nicht ihre Sache ist, sondern die des Herrn, neue und bessere Zustände für die Menschen herbeizuführen, und daß er es zur bestimmten Zeit (Psalm 102:13) unfehlbar hinausführen wird."

Nochmals wiederholt das Detail aus dieser GZ-Antwort:

"So verbietet ihnen doch die Rücksicht auf ihre Mitmenschen, diese verhältnismäßig günstigen Ordnungen zu erschüttern."

Das ist doch des Pudels Kern! Es ist doch kein Staat in Vergangenheit und Gegenwart bekannt, der im Ernstfall, aktive Wehrdienstverweigerung nicht als "Erschütterung" bewerten würde. Genau die aber schließt das GZ in seiner damaligen Antwort aus!
Folgerichtig kann man aus dieser GZ-Antwort keine Empfehlung zur Wehrdienstverweigerung herauslesen. Auch das damalige GZ stellte sich auf den Standpunkt. Treten solche Nötigungs-Situationen ein, muss ihnen wohl oder übel Folge geleistet werden. In Übereinstimmung mit Russell orientiert man lediglich darauf, dann als Sanitätssoldat oder ähnliches verwendet zu werden.
Als Praxis-Empfehlung kann man dann in diesem GZ-Artikel lesen:

"Wenn ein Christ daher dem Befehl zu militärischen Übungen Gehorsam leistet oder dem Aufgebot zum Kriegsdienst folgt, so sollte er seine Vorgesetzten beharrlich darauf aufmerksam machen, daß er ein ganz nutzloser Soldat sei, indem er niemals von den Waffen Gebrauch machen oder dem ,,Feind" irgendwelchen Schaden zufügen werde. Die Vorgesetzten werden bald einsehen, daß es am besten sei, dem Menschen eine Funktion als Sanitätssoldat zuzuweisen, oder was sich etwa mit seinem Gewissen verträgt. Gegen eine solche Verwendung ist nicht viel einzuwenden."

Da bietet es sich an, an die Ersatzdienst-Option einiger Staaten zu erinnern. Gemäß diesen GZ-Ausführungen (noch vor dem 1929er Rutherford'schen Obrigkeitsschwenk, war das (zu damaliger Zeit) eine Option im Bereich des Akzeptablen.
Und weiter wurden die GZ-Leser belehrt:

"Wir sind ja nicht der Ansicht, dass es unsere Sache sei, den Krieg abzuschaffen oder aktiv zu bekämpfen, welches der Herr sich selbst vorgesetzt hat bei seinem Kommen (Sacharja 9 ; 10; Micha 4:3), indem wir wohl wissen, daß selbst, wenn es gelänge, den Krieg zu beseitigen, den Menschen noch wenig geholfen wäre ohne das Königreich Christi."

Und etwaige Einwände gegen diese "flotte Position" bügelt das GZ dann mit den abschließenden Worten nieder:

"Auch der Einwand, daß durch die Annahme eines Sanitätsdienstes andere frei würden für den Liniendienst, ist nicht stichhaltig, indem ja auch dieser andere nicht gezwungen werden kann, von den Mordwaffen Gebrauch zu machen, wenn er nicht will."

Exkurs: Otto Eissfeldt
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 19. April 2011 06:21
Die Wikipedia notiert über den später noch das Amt eines Rektors (nach 1945) der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg hauptsächlich bekannt gewordenen Altttestamentler Otto Eissfeldt, er sei

"einer der profiliertesten Vertreter der literarkritischen Schule, im Gefolge von Julius Wellhausen".

Wie denn die WTG zu Wellhausen Stellung bezog, wurde bereits notiert.
http://forum.mysnip.de/read.php?27094,97317,98761#msg-98761
15. April 2011 00:55

Nicht die WTG-Polemik in Sachen Wellhausen, soll jetzt wieder im Vordergrund stehen, sondern eine von Eissfeldt im Rahmen der "Religionsgeschichtlichen Volksbücher" im Jahre 1915 publizierte Schrift mit dem kurzen, aber bündigen Titel:
"Krieg und Bibel".
Berücksichtigt man das genannte Erscheinungsjahr (wo eben der Weltkrieg bereits im Gange war; und berücksichtigt man weitere Kriegsergüsse seiner Zunft aus jenen Tagen, etwa die des "Kriegspredigers Walter Küppers", mag man bevor man auch nur eine Zeile der genannten Schrift von Eissfeldt gelesen hat, geneigt sein, die schlimmsten Befürchtungen zu hegen. Wer befürchtet einen weiteren Chauvinismus-Erguss darin serviert zu bekommen, dürfte wohl genötigt sein, - nach der Lektüre - sein Urteil etwas differenzierter auszugestalten.
Mit einem Eissfeldt könnte ich (unter Berücksichtigung von Zeit und Umständen), halbwegs leben. Mit dem Chauvinisten und Kriegsprediger Küppers, der ja weitaus näher dem Umfeld der WTG-Religion zuzuordnen ist, wohl kaum
Und das sei auch noch gesagt. Die religiösen Chauvinisten vom Typus des Küppers, sind keineswegs ausgestorben. Man kann ihnen - beispielsweise in solchen "Jubelsängern" begegnen, welche kriegerische Erfolge des neuzeitlichen Israel bejubeln. Damit ist nicht gesagt, dass dies der einzigste Fall der Art wäre. Sicherlich, es gibt noch ein paar mehr.
Aber auch vorgenannte Istrael-Lobby gehört zu den neuzeitlichen Chauvinisten!.
Weshalb denn diese Nachsichtigkeit gegenüber Eissfeldt, mag man fragen (und die Frage ist sicherlich berechtigt).
Nun zum ersten Eissfeldt bleibt weitgehend sachlich, fast schon objektiv, was man von dem Chauvinisten und mit dem Brett vorm Kopf durch die Weltgeschichte marschierenden Endzeitapostel Küppers kaum sagen kann.
Natürlich formuliert auch Eissfeldt Sätze, die geeignet sind einem den Magen umdrehen zu lassen. Etwa den:

"Der Zeitraum der israelitischen Geschichte, ... ist außerordentlich reich an Kriegen....

http://books.google.de/books?ei=ewStTaeOMczYsgbUyojYDA&ct=result&id=REMXAAAAYAAJ&dq=Otto+Eissfeldt+Krieg&q=Der+Zeitraum+der+israelitischen+Geschichte%2C+...+ist+au%C3%9Ferordentlich+reich+an+Kriegen#search_anchor
Als ein kriegerisches Volk tritt uns Israel auf der Stufe der Entwicklung, die wir eben überblickt haben, entgegen. Die kriegerischen Tugenden, auf die alle jungen und kräftigen Völker stolz sind, waren auch Israels Ruhm. ...
Da seine Kriege zugleich seines Gottes Kriege waren, so erwartete das alte Israel für seine Kriege ganz selbstverständlich den Beistand dieses seines Gottes."
(S. 8, 24, 31)

Dann aber widmet er sein besonderes Augenmerk dem Christentum, welches nicht zwangsläufig, mit Alt-Israelitischet Theorie und Praxis identisch sein muss.
Den Tribut an den Zeitgeist zahlt Eissfeldt dann in der Gestalt, indem er nach der Referierung des Christentums, wiederum auf Alt-Israelitische Zeiten zurückweist.
Namentlich verweist er auf das Bibelbuch Offenbarung des Johannes, und deutet etwa dessen Babylon-Theorien, als gegen das Römische Reich gerichtet. Und besagte Offenbarung atmet dann ja auch einen kriegerischen Geist.
Daran knüpft Eissfeldt dann als Tribut an den Zeitgeist die These:

"Verfolgt man die eben dargelegte Gedankenlinie weiter und setzt sie in Beziehung zum Nationalkrieg, so ergibt sich eine andere Stellungnahme des neutestamentlichen Christentums zum Krieg als es vorhin schien. Von unbedingter Ablehnung jedes Krieges kann dann nicht mehr die Rede sein, vielmehr kann es Kriege geben, die mit der neutestamentlichen Frömmigkeit ganz im Einklang stehen. Der Krieg nämlich gegen eine Macht, die sich zum Hort der Unsittlichkeit und Widergöttlichkeit aufgeworfen, widerspricht nicht der Art der neutestamentlichen Frömmigkeit, sondern wird durch sie gefördert. Gott ein Gott des Rechts - Krieg ums Recht Gottes Krieg, dieser Grundsatz, mit dem die Stellung der alttestamentlichen Prophetismus zum Krieg charakterisiert worden ist, gilt im Grunde auch von der neutestamentlichen Religion."(S. 83)

http://books.google.de/books?ei=ewStTaeOMczYsgbUyojYDA&ct=result&id=REMXAAAAYAAJ&dq=Otto+Eissfeldt+Krieg&q=ergibt+sich+eine+andere+Stellungnahme+des+neutestamentlichen+Christentums+zum+Krieg+als+es+vorhin+schien#search_anchor
 

Also diese geschraubte Redeweise etwas verkürzend. Unter Hinweis auf die Alt-Israelitische kriegerische Praxis, stellt er die als bedeutsam in der Kriegszeit dar.
Er muss aber auch einräumen, dass die eigentlichen Jesuanischen Aussagen, für dieses politische Ziel, sich weitaus weniger eignen.
Zur Jesuanischen Position etwa, muss er notieren:

"Es liegt ja auf der Hand, an welche Worte Jesu hier gedacht ist: an die Worte Jesu, wie sie uns vor allem in der Bergpredigt überliefert worden sind, die unbedingte Versöhnlichkeit und Nachgiebigkeit fordern;
"Ihr habt gehört, daß gesagt ist, Auge um Auge, Zehn um Zahn. Ich aber sage euch:
Ihr sollt nicht der Bosheit Widerstand entgegensetzen, sondern wenn dich einer auf die rechte Backe schlägt, dem reich auch die andere; und wenn einer mit dir prozessieren und dir deinen Rock nehmen will, so gib ihm auch den Mantel." (Matthäus 5, 38-40)

Ihr habt gehört, daß gesagt ist: "Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen! Ich aber sage euch:
Liebet eure Feinde und betet für eure Verfolger." (Matthäus 5, 43, 44)
Dürften wir solche Worte ohne weiteres und selbstverständlich auch auf das Zusammenleben der Völker beziehen, so bestände über Jesu Stellung zum Krieg kein Zweifel, so wäre es klar, daß er unter allen Umständen Gegner des Krieges ist und ihn als im Widerspruch mit der Religion stehend beurteilt."

Da Eissfeldt nun mal seine Schrift im Jahre 1915 publizierte, will er vorgenanntes, eher widerwillig eingeräumtes doch nicht so gelten lassen. Daher geht sein Votum dann weiter mit der Aussage:

"Aber diese Worte so verstehen heißt sie mißverstehen, heißt sie unter einem Gesichtspunkte betrachten, den Jesus nicht im Auge gehabt hat. Er hat diese Worte an die einzelnen Menschen gerichtet und mit ihnen das Verhalten der einzelnen Menschen untereinander regeln wollen. Der Gedanke an die staatlichen Gemeinschaften und ihr Verhalten zueinander hat ihm fern gelegen."

Dann arbeitet er im folgenden die prinzipielle Weltfremdheit des Urchristentums (und wohl nicht nur die Sorte "Ur") heraus.
Unter Bezugnahme auf die Paulinische Obrigkeitslehre geht es dann bei ihm weiter mit der Aussage:

"Aber man darf doch nicht zu viel in diesen Worten suchen. Was sie fordern, ist Gehorsam und Ehrerbietung dem Staat gegenüber; von positiver Mitarbeit am Staatsleben oder gar von Vaterlandsliebe ist nicht die Rede, konnte auch unter den damals obwaltenden Umständen nicht die Rede sein.
Es ist mit der Stellung des Paulus zum Staat - und das gilt etwa in derselben Weise vom Neuen Testament überhaupt - ähnlich wie mit seiner Beurteilung der Ehe. Im Grunde - darüber kann kein Zweifel sein - schätzt Paulus die Ehelosigkeit höher als den Stand der Ehe. Trotzdem aber rät er aus Gründen praktischer Besonnenheit den Verheirateten, selbst den in Mischehe, d. h. in einer Ehe, von denen nur der eine der beiden Gatten christlich ist, Lebenden, im Stande der Ehe zu bleiben (vgl. 1. Korinther 7), wie er überhaupt die Losung ausgibt:
"Jeder bleibe in dem Stande, indem er berufen, d. h. Christ geworden ist." (1. Kor. 7, 20) Alle diese Einrichtungen, Ehe, Staat u. dgl. haben relativen Wert. Sie bringen Ordnung und Zucht ins menschliche Gemeinschaftsleben."
(S. 77)

http://books.google.de/books?ei=ewStTaeOMczYsgbUyojYDA&ct=result&id=REMXAAAAYAAJ&dq=Otto+Eissfeldt+Krieg&q=von+positiver+Mitarbeit+am+Staatsleben+oder+gar+von+Vaterlandsliebe+ist+nicht+die+Rede%2C#search_anchor
Und weiter Eissfeldt:

"Aber im Grunde sind das alles: Ehe, Staat usw. Dinge, denen die neutestamentliche Frömmigkeit gleichgültig gegenübersteht. Diese Einrichtungen gehören der diesseitigen Welt an. Diese Welt aber ist dem Ende nahe. Was kümmern da den Christen dieser Welt Ordnungen?
"Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen" (Markus 15), mit diesem Heroldsruf hat Jesus seine Verkündigung begonnen. Die Zeit, die Gott dieser Welt bestimmt hatte, ist abgelaufen; die neue Welt, die Welt des göttlichen Heils, der das Gericht über Sünde vorangeht, ist am Hereinbrechen. "Darum tut Buße und glaubt an die Heilsbotschaft!" (Ebenda).
Jesus hat fest an die unmittelbare Nähe des Endes geglaubt. Er hat der Meinung gelebt, daß seine Generation es noch erleben werde (Mark. 13, 30). Die Jünger würden nicht einmal mit der Missionierungder Städte Israels fertig werden; mitten in ihrer Missionsarbeit sollte sie das Ende überraschen (Matthäus 10, 23). Darum gilt es gerüstet zu sein und wachsam. "Denn der Menschensohn kommt in einer Stunde, da ihr es nicht denkt." (Matthäus 24, 44).
In dieser gespannten Erwartung des unmittelbar bevorstehenden Endes hat auch Paulus und die ganze neutestamentliche Christenheit gelebt. Ganz nahe steht's bevor. Viele seiner Generation - ist Paulus Überzeugung - werden es noch erleben (1. Korinther 15, 51). Auch er selbst möchte es noch erleben (2. Korinther 5,4). Ja, diese Welt ist schon im vergehen begriffen (1. Korinther 7, 31). Darum ist's Pflicht der Christen, sich nicht fest mit dieser Welt zu verknüpfen, sondern innerlich sich von ihr zu lösen. "Die Frist ist nur noch kurz. Darum sollen die Verheirateten sein wie Unverheiratete."
"Unsere Heimat ist im Himmel" (Philipper 3.20)
"Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir." (Hebräer 13, 14). Hier auf Erden leben die Christen als "Fremdlinge in der Zerstreuung" (1. Petrus 1, 1)
(S. 79)

Also was die Eschatologie betrífft, steht auch Eissfeldt nahe etwa auf den Erkenntnissen, wie sie auch Albert Schweitzer formulierte.
Eissfeldt verpackt sie lediglich mehr in seinem übergeordneten Thema "Bibel und Krieg". Schweitzer scheiterte auch deshalb, obwohl er in der Sache auch nicht viel anderes sagte, dass bei Schweitzer der illusorische Charakter der Christentumsreligion, deutlicher sichtbar wird, selbst "für Blinde mit dem Krückstock". Weil sie zwar blind sind, hindert das diese dann aber nicht daran, mit ihrem Krückstock (wegen ihrer zerstörten Selbstbetrugsillusion) wie wild um sich zu schlagen.
Schweitzer musste ja den Preis dafür selbst bezahlen, mit seinem erpressten Versprechen, bezüglich seiner theologischen Erkenntnisse "stumm wie ein Karpfen zu sein".
Eissfeldt hingegen konnte weitere ungebrochene Karriere machen, und das sogar in beiden deutschen Diktaturen (also nicht blos zu Weimarer Republikzeiten.)
So ist das halt in der Zunft der Jenseitsverkäufer. Das sie Lügner sind, wissen diese Herrschaften am allerbesten selbst. Schafft es aber einer von ihnen, sich Schlangengleich, durch die Zeiten zu mogeln, dann (und nur dann) ist für diese Zunft die Welt "heil".

Im gleichen Bett mit den politischen Völkerbund-Gegnern
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 27. April 2011 04:38
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - eine Zeitreise
Im gleichen Bett mit den politischen Völkerbund-Gegnern

Mit zu den ersten relevanten außenpolitischen Entscheidungen des Hitlerregimes gehörte die Austrittserklärung Deutschlands aus dem Völkerbund. Solch ein internationales Gremium erwies sich in der Sicht der Naziführung, als hinderlich bei der Forcierung der eigenen Aggressionsabsichten.
Auch in der berüchtigten Berlin-Wilmersdorfer "Erklärung" der Zeugen Jehovas vom Juni 1933 findet man den Anbiederungspassus:

"Man hat das, was in unseren Büchern und Schriften über den Völkerbund gesagt wurde, als Grund angenommen, unsere Tätigkeit und die Verbreitung unserer Bücher zu verbieten. Wir möchten die Regierung und das deutsche Volk daran erinnern, dass es der Völkerbund war, wodurch dem deutschen Volke große ungerechte und unerträgliche Lasten auferlegt wurden. Jener Völkerbund ist nicht von den Freunden Deutschlands gemacht worden."

Nachdem man so seine partielle Übereinstimmung mit der Hitlerpolitik zu Protokoll gegeben hat, kommt man zu der eigenen Interessenlage. ...
Nun hatte unfraglich das Hitlerregime Vorläufer. Mit an relevanter Stelle sind da die Deutschnationalen in ihren verschiedenen Parteiaufsplitterungen zu nennen. Noch in der ersten Hitlerregierung, welche theoretisch eine Koalitionsregierung war, saßen Deutschnationale (Hugenberg und weitere). Das sie im Zuge der weiteren Entwicklung auch eliminiert, besser gesagt absorbiert wurden von der NSDAP, ändert ja nichts an diesem grundsätzlichen Umstand.
Um 1926 waren die Deutschnationalen durchaus noch was. Die NSDAP damals eher eine Randgruppe. Aber in der Frage Völkerbund gab es wohl zwischen beiden kaum nennenswerte Unterschiede. Und in dem Chorus der Völkerbund-Gegner stimmten bekanntlich auch die Bibelforscher mit ein. Mag die jeweils zugrunde liegende Motivation durchaus unterschiedlich sein, so galt hierbei offenbar auch der flotte Spruch:
"Getrennt marschieren - gemeinsam schlagen!"
Es ist durchaus beachtlich, dass im Magdeburger "Goldenen Zeitalter" vom 15. 4. 1926, in der Rubrik
"Kurze Chronik nennenswerter Ereignisse", solch eine Interessengemeinschaft einmal zu Protokoll gegeben wurde.
Sie wurde noch später wieder dokumentiert, indem sich die WTG etwa in ihrer Verbotsangelegenheit unter anderem des Rechtsanwaltes Justizrat Karl Kohl bediente, mit dem ausdrücklichen Vermerk, er sei Mitglied der Deutschnationalen Partei, und auch das hielt die WTG für erwähnenswert. Kohl habe schon 1924 Hitler anläßlich des gescheiterten Münchner Putschversuches, im Anschluss daran gerichtlich verteidigt.
Nun also die Kurznotiz in der genannten GZ-Ausgabe aus dem Jahre 1926. Da las man:

"Im Landtag wurde die zweite Beratung des Haushalts des Staatsministeriums und des Ministerpräsidenten begonnen. Abgeordneter Winkler (Deutschnat.) gibt namens seiner Fraktion eine Erklärung ab, in der es unter anderem bezgl. der Deutschland durch seinen Eintritt in den Völkerbund entstehenden Schwierigkeiten heißt:

"Ja den Rattenkönig von Intrigen würden wir neu verstrickt werden, wenn wir im Völkerbund Aufnahme erhielten, in diesen Völkerbund, der eine verbrecherische Verschwörung gegen die Freiheit der Nationen darstellt."

Und ergänzend verweist dann das GZ auf die eigenen abwertenden Voten in Sachen Völkerbund.
Der Rubrik, frühe Stellungnahmen der Bibelforscher zum Hitlerismus, ist sicherlich auch jene Meldung zuzuordnen, welche die Schweizer Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" in ihrer Ausgabe vom 1. 9. 1930 abdruckte.
Ihr Wert sinkt allerdings beträchtlich durch den Umstand, dass die deutsche Ausgabe des GZ sie nicht mit abdruckte! Die deutsche Ausgabe hielt es diesbezüglich lieber mit dem Schweigen!
Immerhin konnte man in der genannten Ausgabe des Schweizer GZ nachfolgendes lesen:

"Die politische Macht des Degens
Hitler, der bekannte Führer der deutschen Nationalsozialisten, hielt heute in Frankfurt eine Rede, worin er den Internationalismus und den Pazifismus heftig kritisierte. Das deutsche Volk, sagte er, habe nicht genug Boden zu seiner Verfügung, um sich selbst ernähren zu können. Um der derzeitigen Situation ein Ende zu machen, gebe es nur drei Mittel:
1. Vergrößerung der Gebiete;
2. Verminderung der Bevölkerung;
3. Industrialisierung des Exports.
Die Verminderung der Bevölkerung müsse verworfen werden, da dies ein Zeichen von Degeneration wäre. Es bleiben also nur noch die erste und die dritte Möglichkeit. Da die letzte Deutschland in die heutige Lage gebracht habe, bleibe nur noch eine Möglichkeit: die politische Macht des Degens.
Das sind keine üblichen Friedensschalmaien, Töne, die beinah den größten Friedensoptimisten aufwecken müßten. Mit Konferenzen und Bündnissen wird der Weltfrieden nicht verwirklicht, sondern nur mit dem Gehorsam - gegenüber dem göttlichen Gebot: "Liebet euch untereinander!"

Paul Braeunlich
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 11. Mai 2011 05:26
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Paul Braeunlich
Man kann es schon verstehen, dass die zeitgenössische WTG über nachstehende 1926 erschienene Schrift nicht sonderlich angetan war.

Man kommt auch nicht umhin die von Braeunlich gewählte Titelwahl als ausgesprochen krude einzuschätzen. An anderer Stelle bin ich auf diesen Braeunlich schon näher eingegangen, und es sei hier nochmal zitiert:

"In der Galerie der speziellen Antibibelforscher"koryphäen" sollte man einen Namen nicht vergessen. Und dieser Name heißt: Paul Braeunlich, seinerzeit Generalsekretär des Evangelischen Bundes. Letzterer bemühte sich neben der Apologetischen Centrale im besonderem Maße um die apologetische Verteidigung der evangelischen Kirche.

Braeunlich führt eine scharfe Klinge. Er bedauert, dass völkische Kreise "mit Erbitterung auf die fast erznationalen deutschen Freimaurer schauen." Er weiß einen anderen Buhmann zu benennen: "Pseudoreligiöse Unterminierung stelle sich mit Geschick auf den Geschmack eines buchstabengläubigen Publikums evang. Grundrichtung ein. Ihr ganzes Christentum läuft darauf hinaus, von den Kirchen losgelöste Massen zusammenzutreiben, die - stündlich des Augenblicks harren, wo der Erzengel Michael erscheinen wird. Dieser wird dann als neuer Christus Weltgericht abhalten, dass einer bolschewistischen Revolution zum Verwechseln ähnlich sieht.

Das gerade in dem Jahre, für das sie große Dinge voraussagten, der Weltkrieg ausbrach, gibt zu denken.
Waren es die Bibelforscher vielleicht selber gewesen, die mit ihren Hintermännern die geistige Atmosphäre dermaßen erhitzen halfen dass das große Blutvergießen unvermeidlich wurde?
Das würde eine treffliche Illustration zu der Anklageschrift bilden, mit der sie jetzt die Diener der christlichen Kirchen für den Krieg und seine Schrecken haftbar machen!
Das Flugblatt Anklage gegen die Geistlichkeit ergießt über letztere die ganze Schimpfflut der Revolutions- und Desertationshetze von 1918."
[187]

An anderer Stelle kommentiert Braeunlich im gleichem Sinne:
"Als der Gründer der Ernsten Bibelforscher besonders fromm gestimmte christliche Kreise von den christlichen Kirchen losreißen und sie politisch revolutionärer Denkweise zuführen wollte, da bot er ihnen seine scheinbar erzchristlichen Schriftstudien dar. Darin hat er in Augenblicken des Übermutes sich und die Seinen mit Schlupfwespen verglichen. Denn diese Tiere, so sagt er, legen ihre Eier auf den Rücken anderer, feindlich gesinnter Insekten, deren Körperwärme sie ausbrütet. Seien sie aber erst einmal ausgekrochen, so machten sie sich alsbald daran, den Leib ihrer Pfleger zu zerfressen." [188]

In seiner Kampfschrift: "Die ernsten Bibelforscher als Opfer bolschewistischer Religionsspötter", geißelt er gleichfalls die allegorischen Bibelauslegungen der Bibelforscher als "mit frommer Sauce übergossenes Antichristentum", als "Förderungsmittel gottlosestem Bolschewistentums." [189]

Er meint vollmundig verkünden zu können:
"Das ganze Verhalten der Bibelforscher-Gesellschaft entspricht dem geheimen Bunde ihrer religiösen mit den politischen Führern der Weltrevolution. Den Beginn des Tages der Rache, hatte Russell, wie gesagt, auf Oktober 1914 angesetzt. Und merkwürdig - am 26. Juni dieses Jahres fielen in Sarajevo die Schüsse, die den Völkerkrieg entfesselten, ohne die der Traum einer Weltrevolution sich kaum so bald erfüllen konnte." [190]

Über Rutherfords Endzeitdatum 1925 orakelt er:
"Das für das genannte Jahr - spätestens für Oktober 1925 - vom Bolschewismus ein großer Schlag geplant war, verrieten viele Anzeichen. So die Sprengung der Kathedrale von Sophia und zahllose Aufstände von Marokko bis China. Abermals wetteiferten dabei mit den politischen, die religiös vermummten Emissäre von Moskau." [191]

Bräunlichs Apologie liegt letztendlich auf einer parallelen Ebene zu der eines Ludendorffs, der gleichfalls meinte, für die Kriegsniederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg "Freimaurer und überstaatliche Mächte" reklamieren zu können.

Einige wenige andere theologische Kritiker der Bibelforscher erkannten durchaus an, dass Braeunlich mit seinen Thesen übers Ziel hinausgeschossen ist. Namentlich zu nennen wäre hier Rohkohl, der da äußerte:
"Das maßvolle Urteil Loofs, dass Bräunlich unverständlich findet, muss für den objektiven Kritiker zunächst maßgebend bleiben, bis der Gegenbeweis geliefert ist." [192]
Weiter äußert er:
"Es kommt hinzu, dass das Gros der Bibelforscher aus Leuten einfältigen Gemütes besteht, die selbst wenn die Behauptungen (Bräunlichs) zu recht bestünden, nicht in der Lage wären, in die Tiefen dieses komplizierten Fragenkomplexes einzudringen."

Trotzdem meint Rohkohl auch Bräunlich zu verstehen, wenn er äußert:
"Ein Merkmal der Ausführungen Bräunlichs wird sich trotzdem auch jeder objektive Kritiker zu eigen machen. Hier ist das Endergebnis der Bibelforscherarbeit herausgestellt worden: Die Massen werden zunächst der Kirche sowie jeder nur religiösen Gemeinschaft entfremdet und mit glühendem Hass gegen sie erfüllt. Bricht dann eines Tages ihr religiöses Gebäude zusammen, so wird ein großer Prozentsatz getrieben durch bittere Enttäuschung, sich vollends dem Atheismus verschreiben, zumal ihre bisherige religiöse Gedankenwelt nichts anderes ist, als religiös übertünchter Materialismus.

Der Unterschied der Auffassung besteht lediglich darin, dass Bräunlich der Ansicht ist, Schimpfflut der Revolutions- und Desertationshetze von 1918 glaubhaft nachweisen zu können, dass diese Entwicklung seitens der Führerschaft gewollt ist, während andere das als eine ungewollte Wirkung ansehen."
[193]

Man beachte aus vorstehenden Voten nochmals ausdrücklich die von Braeunlich geprägte Vokabel: "Schimpfflut der Revolutions- und Desertationshetze von 1918."

Damit hat er seine eigene Position klar umschrieben. Die Position des Deutschnationalen bis auf die Knochen. Es war Braeunlich vom Alter her, nicht mehr vergönnt, noch im Naziregime eine Rolle zu spielen. Aber das Deutschnationale und Nazis zwei Früchte desselben geistigen Stammes darstellen, ist jedem Sachkenner geläufig. Bräunlich war auch kein "Außenseiter". Deutschnationale feierten in der Evang. Kirche auf breitester Basis fröhlichsten Urstand. Es gab nicht wenige Exemplare unter ihnen, bei denen man sich ernstlich fragen muss. Was ist denen eigentlich wichtiger. Die Tünche angeblichen "Christentums", oder tatkräftige nazistische Politik im Alltag umzusetzen. Spätestens mit dem erstarken in organisatorischer Form, als sogenannte "Deutsche Christen", wurde dieser Dissenz vor aller Welt sichtbar.

Wie gesagt; spielte Bräunlich - altersbedingt - im Naziregime keine Rolle mehr, so haben andere durchaus seinen Part fortgeführt; etwa Julius Kuptsch.

Bräunlich repräsentierte die ältere Generation dieser Linie. Es ist nicht uninteressant auch zu registrieren, wie zwei Verschwörungstheoretische Wurzeln, sich nach dem ersten Weltkrieg im besonderen auf die Bibelforscher "einschossen". Die eine mit katholischen Wurzeln, bis zur Gegenwart, wofür der Name Robin de Ruiter im besonderen steht, will die Freimaurer zu Buhmännern hochstilisieren. Hier mag Bräunlich nicht folgen. Und seine Ablehnung der Freimaurerhetze ist nur zu berechtigt.

Das aber bedeutet noch lange nicht, dass Bräunlich deshalb nun "grundlegend" besser wäre. Er ersetzt die katholischen (und Nachfolger)-Buhmann lediglich durch den Buhmann "Bolschewismus".

Sachlich verfehlen beide Buhmänner grundlegend ihr Ziel. Man vergleiche zum Thema auch:
Von Bräunlich zu Braun

Um die kruden Gedankengänge von Bräunlich zu verstehen (und verstehen heisst nicht zwangsläufig auch "gutheissen") muss man auch einen Blick in sein sonstiges Schrifttum tun. In thematischer Beziehung ragt da besonders seine Taxil-Trilogie heraus. Wie kein anderer hat sich Bräunlich umfassend mit dem Fall Leo Taxil auseineinandergesetzt. Wie kein anderer hat er dessen Details nahezu "liebevoll" (liebevoll nicht im Sinne von Sympathie, wohl aber im Sinne von relativer Gründlichkeit) nachgezeichnet. Drei umfängliche Bände hat Bräunlich mit dem Taxil-Thema gefüllt. Und in dessen 3. Band stellt er die sinngemäße Frage: Und wer sind die Taxils der Gegenwart?

Man ahnt es schon, bei wem er da glaubt fündig zu werden. Eben die Bibelforscher. Seine krude "Religionsspötter"-Schrift erweist sich denn auch bei näherem Hinsehen als eine Komprimierung des 3. Bandes seiner Taxil-Trilogie. Letzterer war keine sonderliche Verbreitung vergönnt. Mit Ach und Krach kann man sie heute noch in einigen wenigen wissenschaftlichen Bibliotheken eruieren. Zeitgenössisch nicht sonderlich beachtet, ein Stiefmütterchendasein fristend. Nun hoffte Bräunlich nochmal, mit seiner Religionsspötterschrift, ein größeres Publikum zu erreichen. Vielleicht hat er es zeitgenössisch auch.

Zum Verständnis empfiehlt sich auch ein Blick in den Taxil-Link.
Taxil

Es war vorauszusehen, dass die Bibelforscher über die Bräunlich'sche Religionsspötter-Schrift, nicht angetan sein würden. Folgerichtig findet man in der Magdeburger Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 1. 5. 1926 eine relativ knappe Polemik dazu. Namentlich gezeichnet mit E. Merk.
Auch hier wiederum nicht uninteressant. Über die Kinder eines Dr. Franz Merk und die Kinder von WTG-Funktionär Balzereit ergaben sich noch engere verwandschaftliche Verbindungen. Beide Familienlinien, sowohl Balzereit als auch Merk, sagten aber (spätestens) nach 1945 der WTG ade!

Bei Roser findet man dazu etwa die lapidare Beiläufigkeitsanmerkung:

"Merk trennte sich dann wenig später von den Zeugen Jehovas. Womöglich hat hierbei eine Rolle gespielt, daß sein Sohn Edgar, der Mitte der dreißiger Jahre in Prag als Missionsgehilfe arbeitete, mit der Tochter von Paul Balzereit, dem früheren »Zweigdiener« der Zeugen Jehovas in Deutschland, verheiratet war. Balzereit wurde 1936 wegen seines Anpassungskurses 1933/34 aus der Glaubensgemeinschaft ausgeschlossen."

Zeitgenössischer Nachfolger in der WTG-Hierarchie für Franz Merk wurde der nicht unbekannte Konrad Franke.

1926 war es noch nicht soweit. Da fungierte Merk (offenbar Merk Junior) noch als Sprachrohr für Balzereit in Sachen Bräunlich.

In der genannten GZ-Ausgabe liest man in seiner Replik, dass

"ein neuerdings von Lic. theol. Bräunlich herausgebenes Machwerk, das, dem Ton und der geübten Methode der Ehrabschneiderei und der Kunst der Verdrehung von Tatsachen nach zu urteilen, fast den verkappten Jesuiten vermuten läßt."

Da schon geht Merk in seinem Frust zuweit. Man kann Bräunlich sicherlich vieles anlasten. Nur eines nicht "verkappter Jesuit". Ist doch der Evangelische Bund, dessen Funktionär Bräunlich ist, gerade als Kampfinstrument gegen einen erstarkenden Katholizismus gegründet worden.
Weiter unterstellt Merk:

"In den antisemitischen 'Abwehrblättern' wurde in übelster Weise gegen den Leiter der Bibelforscherbewegung Propgaganda gemacht und die Behauptung aufgestellt, er sei bei Ausbruch der Revolution Mitglied des Soldatenrates in Kiel gewesen."

Auch hier desavoiert sich Merk selbst, indem er die "Abwehrblätter" als "antisemitisch" erklärt. Nichts weniger als das! Sie sind zur Bekämpfung des Antisemitismus ins Leben gerufen, aber kein antisemitisches Organ. Dieser Lapsus offenbart eines besonders, die Oberflächlichkeit, mit der Merk vorgeht. Hätte er sich intensiv damit befasst, hätte ihm solch ein Lapsus nicht passieren dürfen.

Zudem besteht in Sachen "Abwehrblätter" der mehr als seltene Glücksfall, dass man sich heutzutage via Internet, selber ein eigenes Bild anhand der Quellen, der damaligen Kontroversen verschaffen kann.
Siehe dazu
Extern
wo unter der Jahreszahl 1925 die einschlägigen Links genannt sind.

Sachlichkeit kann man Herrn Merk sicherlich nicht unterstellen. Davon zeugt auch seine gereizte Bemerkung:

"Liegt nicht die Vermutung nahe, daß Herr Bräunlich selbst nach der Methode des Taxil-Schwindels sich in die evangelischen Reihen hineindrängte, um dort für den Katholizismus verborgene Propaganda gegen den Protestantismus zu treiben?"

Weiter meint Merk:

"Das unschöne Geschrei des Herrn Bräunlich und seiner ihm verwandten Geistesgenossen und ihr Versuch, diese durch die Verfassung des Deutschen Reiches geschützte Missionsarbeit der Bibelforscher zu diskreditieren und zu verleumden, ist nur ein Ehrenzeugnis für ihre Arbeit."

Man kommt bei diesem Merk'schen Votum nicht umhin zu konstatieren. Er bietet auch nur Polemik. Zur Substanz dringt er in keiner Weise vor. Mag Bräunlich auch anfechtbares gesagt haben. Merk tut es in der Sache gleichfalls!

Kalium
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 17. Mai 2011 02:15
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - eine Zeitreise
Kalium

Im Rahmen seiner Gesundheitsratschläge, hat das "Goldene Zeitalter" (Ausgabe Magdeburg vom 15. 5. 1926: die Ausgabe Bern schon am 15. 4. 1926), diesmal das Kalium entdeckt. Nun mag es unstrittig sein, dass einseitige Ernährungsformen, die Mangelzustände befördern, nicht vorteilhaft sind. Aber es ist doch wohl eher als gewagt zu bezeichnen, wenn ausgerechnet Medizinlaien darüber befinden, was Mangelzustände bewirken. Und im Umkehrschluss; wodurch solche beseitigt werden können. Bei einer Schulmedizinischen Untersuchung werden sicherlich Beschwerdesymptome, kombiniert vielleicht mit Labortest und ähnlichem, in Gesamtheit bewertet, und daraus dann vielleicht entsprechende Empfehlungen abgeleitet.

Genau diesen Weg beschreitet aber das "Goldene Zeitalter" nicht. Im Gegenteil suggeriert es, würde man seine Ratschläge (ohne Einschaltung der Schulmedizin) befolgen, könnte man quasi auch ans Wunderhafte grenzende Resultate erzielen. Und genau das dürfte wohl mehr als bedenklich sein.

Die Banalität der GZ-Ausfühtrungen erschließt sich schon im Schlusssatz seiner Ausführungen, wenn es da postuliert:

"Wenn jedes notwendige Element dem Körper im richtigen Gleichmaß zugewendet wird und besonders Kalium im gelösten Zustande reichlich in der Nahrung enthalten ist, warum sollte man da altern?"

Tja warum dann wohl? Offenbar sind aber bis heute keine tatsächlichen Fälle jener bekannt geworden, welche die Empfehlungen des GZ aus dem Jahre 1926 befolgt haben, und seiner suggerierten Meinung nach, dann "nicht zu altern" brauchten. Das erweist sich doch wohl als primitive Effekthascherei. Bezeichnend auch die Einleitung dieses Kalium-Artikels des GZ. Wörtlich schreibt das GZ da:

"In der Vergangenheit, in dem Zeitalter des Aberglaubens, suchten die Menschen nach einem Märchenbrunnen, dessen Wasser Alter und Verfall hinwegnehmen sollte. Später, als man darüber aufgeklärt war, daß es einen solchen Brunnen nicht gibt, wendete man seine Aufmerksamkeit dem Gebiete der Chemie zu und hoffte, dort ein Zauberelexir zu finden, das den Menschen vor dem Altern zu bewahren vermöchte."

So so, mag man dazu nur sagen. Wenn dem so ist; wieso fühlt sich nun das GZ dazu berufen, zu suggerieren, es hätte nunmehr ein Rezept entdeckt, bei dessen Befolgung vorstehendes Problem "gelöst" werden würde? Hier bezeichnet doch blos ein Scharlatan den anderen als solchen, um dann eine vielleicht noch größere Scharlatanerie zu offerieren!

Weiter meint das GZ zu wissen:

"Fast alle Menschen kranken an einem die Gesundheit untergrabenden Mangel von Kalium in ihrem Körper. Wenn nun, was meistens der Fall ist, zu diesem Mangel noch andere ungenügende elementare Zusammensetzungen hinzukommen, so ist der Boden für Krankheit geschaffen."

Und weiter geht es mit der vollmundigen Aussage:

"Ein angeborener Mangel dieses Bestandteiles im Körper ist die Ursache zu Verdauungsstörungen, Erkältungen, Arterienverkalkung etc. Wenn zu diesem Mangel noch Gebrauch von Tafelsalz hinzukommt, ist damit der Grund für Geschwüre und Krebs gelegt. Allgemeine Erkältungen sind ein sicheres Zeichen von einem Mangel an Kalium; denn diese können nicht auftreten, wenn nicht ein Mangel an diesem Elemente besteht und wenn andererseits die Ernährungsweise natürlich angepaßt ist. Erkältungen werden durch eine Anhäufung von Ausscheidungsgiften im Körper hervorgerufen. Ein der Kälte oder der Zugluft Ausgesetztsein kann nur dann eine Erkältung hervorrufen, wo die Grundlage dafür da ist, aber es ist niemals die Ursache dazu, wie allgemein angenommen wird."

Die Ausführungen des GZ laufen dann ja wohl auf eine Art Selbstmedikation, unter völligem Ausschluss der Schulmedizin hinaus (allenfalls konsultieren der Heilpraktikerszene). Das wird zwar in Worten so krass nicht ausgesprochen. Aber wer die GZ-Ausführungen tatsächlich verinnerlicht, kommt zwangsläufig zu diesem Resultat. Auch da gilt es wohl ein deutliches Fragezeichen hinzuzufügen.

Gibt man etwa bei Google den Suchbegriff Kalium ein, kann man unter der Fülle der einem dann "erschlagenden" Ergebnisliste auch einen spezifischen herausfiltern. Und zwar den, dass in den USA die Todesstrafe auch mittels spezieller Kaliumsspritzen bei den dafür Auserkorenen umgesetzt wird.

Und da wollen nun Medizinlaien Marke GZ suggerieren, Kalium wäre "das" Wundermittel.

Ein Wundermittel liegt in der Tat vor. Das Wunder besteht dann allerdings in der Verblödung, die auch das GZ durch seine Gesundheitsratschläge betreibt!

Ernst Zaugg
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 18. Mai 2011 00:19
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Ernst Zaugg

Im deutschen "Wachtturm" Jahrgang 1914 (S. 31f.) kann man den nachfolgenden euphorischen Brief lesen, adressiert an den damaligen deutschen WT-Redakteur O. A. Koetitz:

"Geliebter Bruder Otto Koetitz!
Du wirst wohl schon etwas gehört habe von dem, was in der letzten Zeit bei mir vorgegangen ist, und ich muss mich vorerst entschuldigen, dass ich dir nicht in erster Linie geschrieben habe. Seit mir die Augen aufgegangen sind über all die Punkte, an denen wir uns in so unglücklich Weise jahrelang gestoßen haben (Mittler Sündopfer und Bündnisse) habe ich sehr viel Arbeit gehabt. Von allen Seiten will man Aufschluss von mir haben, wie ich dazu gekommen sei meine Überzeugung so vollständig zu ändern.
Ich benutzte auch die vor 14 Tagen stattgefundene Thuner Hauptversammlung als Anlass, mein Zeugnis öffentlich vor allen anwesenden Geschwistern abzulegen. Ich bat und ermahnte alle darin und herzlich, doch ja diese differierenden Punkte noch einmal gründlich und vorurteilslos nachzuprüfen, die vor vor Jahren in einer wüsten Streitversammlung en bloc als gefährliche Irrtümer verworfen wurden.
Warum, weil wir alle verblendet waren, weil wir alle schon lange vorher eine bittere Wurzel in unseren Herzen gegen unsern lieben Bruder Russell hatten aufkommen lassen.
Heute ist mir alles klar vor Augen. Was vor vier Jahren geschehen war nur das offene zutage treten eines längst gehegten Widerstandes. Die drei oben angeführten Punkte offenbarten auf einmal den wahren Herzenszustand. Man suchte Beweise, dass Bruder Russell sich irre und man fand sie. Erst heute sehe ich, welche eine feine List Satan damals anwandte. Gerade diese drei Punkte, die wir als gefährlichen Irrtum hielten, erwiesen sich als tiefste Offenbarung des Heilsplanes und als eine wunderbare Vertiefung des nun geoffenbarten Geheimnisses des Christus.
Ich staune immer wieder, wenn ich jetzt erkenne, welche gewaltige Fortschritte das Licht der Wahrheit gemacht hat, seit wir uns von euch trennten. Oh, möchten es doch die Lieben alle erkennen, dass wir uns tatsächlich von dem hellen Licht der Wahrheit abgeschnitten haben. Dieses war nicht sofort erkenntlich, langsam erst nach Jahren ist der Stillstand unleugbar und deutlich bemerkbar. Es war kein wachsendes Licht mehr. Die erste Liebe, der Zeugenmut und der Opfersinn sind langsam abgeflaut, so dass heute wohl jeder der das Gefühl hat, es sei etwas nicht mehr in Ordnung, es sei nicht mehr wie ehedem.
Wie oft hörte ich in den letzten Jahren in unseren Kreisen solche Klagen! Den fehlenden Impuls, der verloren gegangenen heiligen Eifer für die Wahrheit, beklagen die meisten mit Wehmut, aber die Ursache erkennen sie nicht und es schnitt ihnen tief ins Herz, als ich auf der Thuner Hauptversammlung den Finger auf diesen Wunden Punkt legte und an Hand von Hebräer 10: 32-33 den Geschwistern zeigte, dass unsere Genossen, die als mit uns einhergingen (und von denen wir uns vor Jahren lostrennten), heute noch die volle Freude, den lebendigen Zeugenmut und den wahren Opfersinn bis in den Tod besitzen.
Ein Sturm der Entrüstung entfesselte sich gegen mich, einige meiner einst liebsten Brüder waren außer sich, und ich wurde mit großer Entrüstung aus dem Aussichtkomitee ausgestoßen.
Du kannst dir denken, lieber Bruder Koetitz, daß es außerordentlich schmerzlich für mich war, mit einem Schlage alle die Brüder, mit denen ich 18 Jahrelang Hand in Hand in der Wahrheit gestanden und gearbeitet hatte, nun gegen mich zu haben. ..."

Der Verfasser dieses Briefes heisst Ernst Zaugg.
Wie aus seinen Ausführungen auch ersichtlich, gehörte er mit zum Redaktionskreis der Zeitschrift "Die Aussicht". Selbige 1902 in der Schweiz gegründet, zu einem Zeitpunkt, wo der deutsche "Wachtturm" in einer tiefen Krise sich befand, dieweil sein Absatz keineswegs so war, wie Russell es sich erhofft hatte. Dieweil der deutsche "Wachtturm" zeitweilig nicht mehr erschien, machten eben Schweizer Bibelforscher-Kreise ihre eigene Zeitschrift auf, welche sie "Die Aussicht" nannten.

Das wiederum war Russell nun überhaupt nicht recht, und so gab er sich einen entscheidenden Ruck, und stellte ab 1904 mit Koetitz als nunmehr in Deutschland ansässigen WT-Redakteur, selbigen auf eine neue Grundlage. Ab 1904 erschien der deutsche WT auch monatlich, was davor eben nicht der Fall war.

Die "Aussicht", einmal gegründet, erschien aber auch weiter. Faktisch lief das auf ein zunehmendes Konkurrenzverhältnis hinaus.

Der WT war ohne Zweifel finanzkräftiger. Große Werbeaktionen, etwa als kostenlose Zeitungsbeilagen wurden mit ihm gestartet. Da konnte die "Aussicht" in der Tat nicht mithalten. Und nun um 1914, wie gelesen, trat besagter Zaugg die reumütige Rückkehr zur WTG an. Er blieb allerdings einstweilen, ein Einzelfall.

So wie Russell einst in den USA den "Herald of the Morning" von Barbour im Konkurrenzkampf das "Wasser abdrehte", so wiederholte sich selbiges auch im Falle der "Aussicht".

(Einfügung.
Was die von Zaugg genannten Kontroversen anbelangt, kamen die besonders im Jahre 1910 zum Tragen.
In der Einleitung zum Jahrgang 1910 der "Aussicht" werden sie mit angesprochen. Massgeblich befördert vom Russell-Schwiegersohn Henninges, im fernen Australien, und seinen Wiederkäuern auch in Europa.
Ich hatte diese Kontroversen schon mal mit der Einschätzung bedacht "theologisches Hinterhofkellergezänk, wo wahrscheinlich nur die Götter wissen, wer da recht hat. Und die wissen es wohl auch noch nicht."
Zum Verständnis ist besonders auf die "Aussicht" vom April 1910 hinzuweisen
In der April-Ausgabe 1910 (S. 737f.) ragt besonders der "Enttäuscht! Zum 13. April 1910" überschriebene Artikel hervor.
Er berichtet über einen Besuch Russells in Bern (Schweiz). ...
Die Enttäuschung des "Aussichts"-kreises äußert sich dann besonders in dem Satz:
"Wir haben einen Meister (Russell) erhalten, der allein gehört werden soll ..."
Und auch weiter den Satz:
"Für manche unter uns war Br. Russell's Verhalten freilich keine Enttäuschung; sie hatten das Gefühl schon lange, daß dem so sei."

http://forum.mysnip.de/read.php?27094,70367,86934#msg-86934

Die von Henninges maßgeblich ausgelösten Kontroversen müssen aber auch so gedeutet werden:
Ein gewisser Frust gegenüber Russell kanalisiert sich. Und die "Verpackung" dabei, sind eben jene theologischen Kontroversen; aber eben nur die "Verpackung".

Konflikte der Art werden sich immer dann wiederholen, wenn namentlich wegen materieller Interessen, das Bestreben Weggefährten "wegzubeissen" übermächtig wird. Man kann es symptomatisch auch am Konflikt Russell versus "Aussicht" ablesen. Eigentlich wäre Russell ja dem "Aussichtskreis" zu Dank verpflichtet gewesen. Das die Bände 2, 3 und 4 seiner "Schriftstudien" vom Englischen ins Deutsche übersetzt wurden, und er somit in Deutschsprachigen Kreisen erst mal Fuß fassen konnte, verdankt er wesentlich diesem Kreis. Auch wenn er später, um die Erinnerung an diese Hilfe wieder zu löschen, jene vier ersten Bände in eigener Regie "neu" übersetzen ließ. Analoges gilt auch für Band 1, dessen Übersetzer von Zech, auch in Ungnade bei Russell fiel.
Um es mit einem polemischen Spruch zu sagen, welchen Walter Küppers alias Johannes Walther, als Motto einem seiner Bücher voranstellte;
"Phytagoras, der Philosoph, ersann
Ein neues Lehrgesetz und brachte dann,

Da er doch nur ein Heide war,
Den Göttern hundert Opferstiere dar.
Is's da ein Wunder, dass die Ochsen zittern,
Sobald sie eine neue Wahrheit wittern?"

Diese Einfügung verlassend, zum Fall Zaugg zurückkehrend.)


Die damaligen WTG-Fürsten befanden, den Zaugg sollte man mal bei ihnen Karriere machen lassen, um so vielleicht das eingehen der "Aussicht" beschleunigen zu können.

Die erste Chance bot sich dazu im Falle des F. L. A. Freytag. Im deutschen "Wachtturm" (1919, S. 150f.) kann man dazu lesen:

"Die Lieben Geschwister allerwärts, einschließlich sämtlicher Leser des Wachtturms sind gebeten zu beachten, dass das Büro unserer Gesellschaft in Genf aufgehoben wurde, und statt dessen ein anderes in Büro in Bern unter Leitung unseres lieben Bruder E. Zaugg, eingerichtet und eröffnet wurde. Wie aus nachsehenden Erklärung ersichtlich ist, wurde der bisherige Leiter des französischen-belgischen Werkes seines Amtes entlassen, und es ist der Wille und Auftrag des Präsidenten der Gesellschaft, diese Erklärungen im Wachtturm bekannt zu geben. ..."

Das 1974er ZJ-Jahrbuch notiert dazu noch:

"Bruder Russell hatte einige Jahre zuvor A. Freytag beauftragt, sich des französisch-belgischen Werkes vom Büro der Gesellschaft in Genf aus anzunehmen. Dies schloß die Vollmacht ein, eine französische Übersetzung des englischen Wacht- Turms sowie der Schriftstudien herauszugeben. Er mißbrauchte jedoch seine Vollmacht und begann, eigene Schriften zu veröffentlichen, wodurch unter den Brüdern beträchtliche Verwirrung entstand.

Freytag wurde aus seiner Stellung entlassen, das Büro der Gesellschaft aufgelöst, und ein neues Büro wurde in Bern unter der Leitung von Bruder E. Zaugg und unter der Gesamtaufsicht von Bruder Binkele eröffnet."

Im 1980er ZJ-Jahrbuch kann man weiter lesen (und das nimmt auf den mit genannten Binkele bezug):

"Im Juli 1925 wurde Bruder Binkele, der Leiter des Zentraleuropäischen Büros, aus gesundheitlichen Gründen von Bruder Zaugg abgelöst. Im darauffolgenden Jahr wandte sich Binkele gegen die Gesellschaft und gründete eine eigene Sekte, die er "Die freien Bibelforscher" nannte.

Was die vorgeschobenen "gesundheitlichen Gründe" anbelangt, darf man selbige getrost auf "ideologische Gesundheit" im WTG-Sinne reduzieren.

Nicht erwähnt indes wird in den neueren WTG-Jahrbüchern, dass es noch eine weitere Karrierestufe des E. Zaugg gab. Und zwar die, dass er erster Redakteur der Schweizer Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" wurde. Als zum Ende dieser Phase dann Franz Zürcher die Redaktion übernahm, wurde Zaugg im Impressum des Schweizer GZ weiter genannt, nunmehr unter dem Begriff "Direktion".

Sang- und klanglos jedoch verschwand sein Name aus dem GZ-Impressum mit der Schweizer GZ-Ausgabe vom 15. Mai 1926. Ab dieser Ausgabe taucht der Name M. C. Harbeck erstmals für die "Direktion" auf. Den Lesern wurde keinerlei Erklärung geliefert, weshalb nun der Name Zaugg verschwand. Eine ehrenvolle "Verabschiedung" erhielt er jedenfalls nicht.

Lapidar liest man dazu im 1980er ZJ-Jahrbuch:

"Wurde Bruder Zaugg von Bruder Martin Harbeck abgelöst, den Bruder Rutherford aus Brooklyn schickte. Bruder Zaugg gab den Vollzeitdienst auf und verließ schließlich die Wahrheit."

Ende der WTG-Durchsage. Etwas "auskunftsfreudiger" in der Sache Zaugg war offenbar aber die Schweizer Tageszeitung "Der Bund" in ihrer Ausgabe vom 2. 4. 1926. Handelt es sich dabei zwar um eine Kurznotiz, so konnte man in ihr immerhin soviel lesen:

"Die Untersuchung gegen Mitglieder der Ernsten Bibelforscher"
Wie uns gesagt wird, ist eine der sechs Verhaftungen zu Schutzzwecken erfolgt. Es ist unter den Bibelforschern längst schon gemunkelt worden, daß etwas Unsauberes vorliege, und der aus seinen Weltuntergangsprophezeiungen (für die Jahre 1924 und 1925) bekannte Amerikaner Rutherford in Brooklyn hat den "Bruder" Donald zur Untersuchung hergeschickt; doch führten diese Nachforschungen, wie im (Schweizer) Wachtturm" zu lesen, zu nichts.
Damit waren aber offenbar einige "Brüder" nicht beruhigt, und die Polizei hat nun ein positiveres Ergebnis herausgebracht, das sich auch auf Aussagen der Beschuldigten selber stützen soll. Gegen Zaugg soll die Beschuldigung auf unzüchtige Handlungen mit jungen Leuten lauten; auch sei widernatürliche Unzucht in Frage. Unter den Verhafteten befinden sich Ausländer. Die Gesellschaft hat an der Allmendstraße eine eigene Druckerei und scheint vom Ausland her finanzielle Unterstützung zu beziehen. Die Akten wurden vom Regierungsstatthalteramt dem Untersuchungsrichter überwiesen."

Wer nun hofft, irgendwo in der WTG-Literatur eine nähere Erläuterung zu dem vom "Bund" ausgeführten, vorzufinden, der hofft allerdings wieder mal vergebens. Offenbar hieß die Devise für die WTG auch in diesem Fall: "Deckeln", vertuschen, nicht mehr ruchbar werden lassen, als wie die Presse bereits berichtet hat. Jedenfalls gibt es kein Dementi in der WTG-Literatur zu den Ausführungen des "Der Bund", womit im Umkehrschluss dessen Aussagen bestätigt wird.

Siehe auch:
http://forum.mysnip.de/read.php?27094,82605,83253#msg-83253
26. Oktober 2010 05:13

Mormonen
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 25. Mai 2011 05:05
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - eine Zeitreise
Mormonen

Im Rahmen seiner gelegentlichen Besprechung von Konkurrenzreligionen, sind im "Goldenen Zeitalter" (Schweizer Ausgabe vom 15. 5. 1926), diesmal wohl die "Mormonen" dran. Das ganze verpackt in die Form einer Fragestellung und ihrer Beantwortung.

"Was halten Sie von den Mormonen und dem Buche Mormon?"

wird da angefragt. Und als Antwort darauf dann ausgeführt:

"Wie wir von Reisenden hören, sind die Mormonen noch heute ein munteres, lebensfrohes Völklein, das von seiner hauptsächlichen Siedelung aus, von Salt-Lake-City, im fernen Westen Nordamerikas, wertvolle und praktische Kolonisationsarbeit leistet.
Das Buch "Mormon", eine Art im Bibeltone verfaßter Roman, das von dem Begründer der Sekte 1830 als eine heilige Prophetie der Vorzeit veröffentlicht wurde, und das angeblich auf goldenen Tafeln aufgezeichnet viele Jahre in der Erde verborgen gelegen haben soll samt der Wunderbrille, mit der man allein die Geheimschriften zu entziffern vermochte, bildet neben der Bibel die göttliche Offenbarung der Mormonen, die überdies auf Grund persönlicher Offenbarungen und Gesichte ihres Begründers Joe Smith im Jahre 1843 die Vielweiberei einführten, von der sie erst nach heftigen Kämpfen mit der nordamerikanischen Regierung wieder abstanden.
Ohne im einzelnen über die Lehre der Mormonen urteilen zu können, müssen wir doch dieselbe schon auf Grund der erwähnten Äußerlichkeiten für eine Irrlehre halten und das Buch ,,Mormon", wenn es inspiriert ist - und nicht wie nachgewiesen sein soll, ein von Joseph Smith um persönliche Offenbarungen bereichertes älteres Werk des Prcsbyterianers Spaulding - für eine Inspiration des Teufels."

Nun mag man in der Tat zu Entstehungsgeschichte und Theologie der Mormonen so seine Vorbehalte haben. Indes alles was einem nicht passt auf den Level "vom Teufel" zu reduzieren, ist zwar einerseits durchaus charakteristisch für die Bibelforscher/Zeugen Jehovas.

Zum anderen drängt sich dabei allerdings der Spruch auf. "Mit dem Maße wie ihr messet - wird auch euch gemessen werden"!

Der "Mondzirkel" soll es bringen
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 19. Juni 2011 03:04
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - eine Zeitreise
Der "Mondzirkel" soll es bringen

Warum klappte das eigentlich nicht mit den Bibelforscher-Erwartungen für 1925 in der Ursprungs-Erwartungsform? Selbige Frage hat offenbar auch einen Leser des "Goldenen Zeitalters" umgetrieben (Ausgabe Magdeburg vom 1. 6. 1926; Ausgabe Bern schon am 1. 5. 1926). Und siehe da, beim ausmisten des Stalles fand man doch tatsächlich einen Strohhalm.

Es war für jenen Leser offenbar Ehrensache, selbiges umgehend der GZ-Redaktion mitzuteilen. Und da deren Redaktions-Papierkorb offenbar übervoll war, so das darin absolut nichts mehr unterzubringen war, beschloss selbige nun, der "geschätzten GZ-Leserschaft" auch diesen Strohhalm zu präsentieren, da wie zu vermuten, im Papierkorb dafür kein Platz mehr war.

Und offenbar war es der GZ-Redaktion auch nicht gegeben, irgendwelche kritischen Einwände zu dieser Leserbrief-Einsendung zu entwickeln, denn sie druckte selbigen ab und das sogar im zustimmenden Sinne!

Was wäre also die WTG-Religion in Vergangenheit und Gegenwart ohne Strohhalme? Man mag sich die Antwort auf diese Frage lieber nicht ausmalen. Ohne Strohhalme an die man sich doch "klammern" kann, ist sie offenbar ein Nichts.

Nun aber die "bewunderswerte" Erkenntnis, die da dieser GZ-Leser offerierte, und welche das GZ auch prompt weiterleitete.
Er kleidete sein Anliegen in die Form einer Frage, und wollte da wissen:

"Ist der Mondzirkel so, daß in je 19 Jahren die Umlaufszeit des Mondes, mit der Sonnenzeit gemessen, eine regelmäßige Periode bildet, eine astronomische Tatsache? Eine merkwürdige biblische Tatsache, die in Beziehung steht zu dem scheinbaren Versagen von 1925, würde dadurch bestätigt. Im Falle einer bejahenden Antwort würde ich eine bemerkenswerte Mitteilung zu machen haben."

Und das GZ dazu in seiner Antwort:

"Die Frage ist durchaus zu bejahen."

Genau das wollte doch der Leserbrief-Einsender hören, und bekam es nun auch prompt bestätigt.
Und als pseudowissenschaftliches Beiwerk dann noch von Seiten des GZ die Auskunft:

"Die Griechen rechneten in den ältesten Zeiten mit Mondmonaten, von denen sechs je 30, sechs je 29 Tage lang waren. Und das so entstehende Jahr von 354 Tagen mit dem Sonnenjahr in etwa auszugleichen, wurde zunächst jedes zweite Jahr ein Schaltmonat eingeführt. Später in acht Jahren drei mal ein Monat von 30 Tagen. Als der Athener Methon 432 v. Chr. die Entdeckung gemacht hatte, daß 235 Mondmonate (gleich 19,6 Mondjahren) fast genau 19 Sonnenjahre geben, so daß also nach 19 Sonnenjahren die Neumonde wieder auf denselben Tag des Sonnenjahres fallen, ging man zu einem Zyklus von 19 Jahren über, von denen dann sieben Schaltjahre (zu 13 Monaten) waren. Methon richtete den Kalender so ein, daß er die 6940 Tage der 19 Sonnenjahre derart in Monate einteilte, daß die Monatsanfänge mit den Tagen, an welchen der Mond als schmale zunehmende Sichel am Abendhimmel wieder sichtbar zu werden anfing, zusammenfielen. Diese 19 Sonnenjahre, die eine chronologische Einheit bildeten, mit der vielfach gerechnet wurde, nannte man den Mondzirkel"

Derart mit der eigenen Wassersuppe wieder mal gestärkt, sah sich offenbar auch der Zeichner der für das "Goldene Zeitalter" (Schweizer Ausgabe) arbeitete, wieder mal inspiriert. Folgerichtig druckte das Schweizer GZ auch in der diese Leserfrage enthaltenden Ausgabe seine diesbezügliche Zeichnung mit ab, die ebenfalls folgerichtig, mit dem markigen Spruch endete:
"Darum: Millionen jetzt lebender Menschen werden den Tod nicht sehen ewiglich!"

http://www.manfred-gebhard.de/GZB.1526.jpg

Mussolini in "Gottes Plan"
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 20. Juni 2011 08:10

Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - eine Zeitreise
Mussolini in "Gottes Plan"

Seinem Lieblingsthema "Harmagedon" widmet die Schweizer Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 15. 6. 1926 wider einmal ihr Titelbild.


http://www.manfred-gebhard.de/GZB.260615.jpg

 

Und dieweil es dafür auch "Anzeichenbeweise" geben muss, beobachtet auch das GZ aufmerksam die Weltlage. Und siehe da: Es findet sich was!
Da ist es natürlich gut, man kann externe Stimmen zitieren, welche ebenfalls ihre Besorgnis zum Ausdruck bringen. Auch die findet man! Der Blick ins Nachbarland Italien, hat da in der Tat so manchem die Sorgenfalten ins Gesicht getrieben. Unter anderem lesbar in einem Artikel des "Dortmunder Generalanzeigers", und das ist dann für das GZ Ehrensache, den auch seiner Leserschaft zu präsentieren. Besagter Presseartikel führte aus:

"London, 27. März.
Die Westminster Gazette weiß über die jüngsten Vorgänge in Rom ganz geheimnisvolle Dinge zu erzählen. Es handelt sich hierbei, wie das Blatt ausdrücklich betont, nicht etwa um unklare Vermutungen, sondern um aus der nächsten Umgebung der Offiziösen verbürgte Tatsachen. So sollen in letzter Zeit wiederholt
geheime Besprechungen zwischen dem italienischen Diktator und dem Papst
stattgefunden haben. Mussolini beabsichtige, die römische Frage auf eine neuartige Weise zu regeln, indem er an den Vatikan einzelne Gebiete auf der Vatikanseite des Tiber abtreten und fürderhin den freundschaftlichen Makler spielen werde, wenn der Papst in Meinungsverschiedenheiten mit ausländischen Staaten gerat.

Weiter geht es mit der Aussage:

Dafür soll sich der Papst hinter die innere Fascistenpolitik stellen, wenigstens aber dieser gegenüber eine wohlwollende Neutralität bewahren.
Von der Zusammenarbeit der beiden wichtigen Machtfaktoren Vatikan und Quirinal erhofft Mussolini eine Stärkung des gesamten italienischen Einflusses und letzten Endes die Wiederaufrichtung des alten heiligen römischen Reiches mit seinem weltbeherrschenden Einfluß (!)"

Das Ausrufungszeichen in vorstehendem Text stammt offenbar von der GZ-Redaktion.
Weiter in deren Zitierung des Pressetextes:

"Herr Mussolini hat in der Tat sehr hochgespannte Pläne, das haben wir in letzter Zeit schon des öfteren gesehen. Er gefällt sich eben in der Rolle eines Cäsaren, bedenkt aber offenbar nicht, daß dieses herrschgierige Cäsarentum in unserer heutigen aufgeklärten Zeit, in der sich der Gedanke der friedlichen Zusammenarbeit aller Kulturvölker mehr und mehr durchzusetzen beginnt, unbedingt Schiffbruch erleiden muß. Man muß sich nur wundern, daß ein Blatt von solch weltpolitischer Bedeutung wie die Westminster Gazette die tollen Hirngespinste des italienischen Diktators für bare Münze nimmt und sage und schreibe von dem Anbruch des "napoleonischen Jahres" Mussolinis spricht."

Derart eine "Steilvorlage" habend, will denn das GZ auch seinerseits nicht nachstehen. Folgerichtig erachtet es als angemessen, in der gleichen GZ-Ausgabe auch eine Leserfrage abzudrucken, die sich auch dem Mussolini-Thema widmet.
Da will also der Fragesteller wissen:

"Was hat nach ihrer Ansicht das gegenwärtige Italien, was Mussolini, der Fascismus, der Papst und der Katholizismus für eine Rolle zu spielen in der bevorstehenden Liquidationsperiode der Weltmächte? Die Ereignisse in Italien werden von vielen, auch von weltlich denkenden Menschen mit Interesse verfolgt, und man erwartet allgemein etwas, wenn auch nichts Gutes von dort."

Und darauf antwortet das GZ dann:

"Daß das Italien Mussolinis eine zukunftsschwangere Erscheinung am politischen Himmel unserer Zeit ist, das fühlt wohl jeder denkende Beobachter. Auch haben wir den Eindruck, daß das übermäßige Selbstgefühl Mussolinis und der ungesunde Rauschzustand der ganzen fascistischen Nation als Anzeichen dämonischer Beeinflussung zu beurteilen sind. Der Teufel, "der weiß, daß er wenig Zeit hat" ... scheint heute ganz besonders starke Narkotika zu gebrauchen, wie man sie eben Schwerkranken oder Sterbenden gegenüber anwenden muß. Daher kommt es, daß "die Nationen toben, und Eitles sinnen die Völker" ... daß sie sich einbilden, die Gegenwartsprobleme lösen zu können. ..."

Nun diese Antworts-Einleitung dürfte schon die Tendenz klar machen. Weiter äußert man:

"Wir möchten nun nicht behaupten, daß sich in der Schrift unbezweifelbare Anhaltspunkte darüber finden lassen, wie sich diese Dinge entwickeln werden ... Dementsprechend zeigt sich, dass eine Prophezeiung meist erst dann verstanden werden kann, wenn sie erfüllt oder in der Erfüllung begriffen ist."

Tja da kann das GZ dann doch wohl nicht über seinen eigenen Schatten springen. Gab man auch vor, wie eben zitiert, nicht spekulieren zu wollen, so befördert man diese Selbstbeschränkung schon gleich anschließend selbst in den Papierkorb. Denn nun belehrt das GZ weiter:

"Indessen wollen wir dem geschätzten Fragesteller nicht verhehlen, daß wir glauben, unter einer gewissen Voraussetzung die Vorgänge in Italien mit Kapitel 17 der Offenbarung in Beziehung bringen zu dürfen. Unter der Voraussetzung nämlich, daß es dazu kommt, was von den Zeitungen wiederholt angedeutet worden ist, daß Mussolini das alte römische Kaiserreich wiederherstellt. Dann würden wir darin das in Offenbarung 17 erwähnte "Tier" mit den sieben Köpfen und den zehn Hörnern sehen. Es ist dasselbe Tier, von dem in Daniel 7:7 ff. die Rede ist.

Wir lesen in Offenbarung 17 : 8:

"Das Tier war und ist nicht und wird aus dem Abgrund heraufsteigen und ins Verderben gehen."

Das letzte der vier Weltreiche Daniels, das römische Universalreich, nahm im Jahre 1799 bei der Gefangennahme des Papstes, resp. vollends dann im Jahre 1806, da Franz II. den Titel eines römischen Kaisers deutscher Nation niederlegte, ein vorläufiges Ende.

Sollte nun Mussolini, sagen wir 1926, das römische Kaiserreich wieder errichten, so wäre das Tier aus dem Abgrunde heraufgestiegen. Da dieses Ereignis vom Gesichtspunkt der Prophetie aus in die unmittelbare Zukunft fällt (die Randbemerkung sagt:

"das Tier . . . steht im Begriff aus dem Abgrunde heraufzusteigen")

, so bezieht sich diese also auf die gegenwärtige Zeit, im weiteren Sinne auf die Epoche von 1799-1926, da das Tier nicht ist.
Die "Hörner" sind nach Vers 12 Machthaber,

,,die Gewalt wie Könige empfangen auf eine Stunde mit dem Tiere".

Also: Diktatoren ...
Das Zeitalter der Diktatur, das damit vorausgesetzt wird, hat unter der Führung Mussolinis bereits eingesetzt. Wir haben Diktaturen in Spanien, Italien, Griechenland, Ungarn, Rußland, Polen und anderwärts.
Und die Äußerung Mussolinis in der Rede vom 7. April:

"Wir vertreten ein neues Prinzip in der Welt. Wir bedeuten die klare, kategorische und definitive Antithese zur Welt der Demokratie, der Plutokratie und der Freimaurerei."

Indem Italien der Welt ein neues Prinzip verkündet, hat es die politische Initiative übernommen und wird sie behalten, verrät deutlich, daß Mussolini sich bewußt ist, der Inaugurator einer neuen geschichtlichen Epoche zu sein.

Dieses Neu-Rom wird eine außerordentlich anmaßende Sprache führen, sich anheischig machen, alle politischen Probleme zu lösen (durch rücksichtslose Gewalt), möglicherweise sogar behaupten, in Verbindung mit der katholischen Kirche ("dem Weib" von Vers 7) das Reich Gottes auf Erden aufzurichten; wie denn der Fascismus schon heute beansprucht, daß "Italien göttlich", "Rom unsterblich" sei und der Fascismus das größte Problem der Weltgeschichte, die Überbrückung des Gegensatzes zwischen Kapital und Arbeit, gelöst habe.

Diese Ruhmredigkeit des "Tieres" ist angedeutet durch die Bemerkung in Vers 3, daß das Tier

"voll Namen der Lästerung sei".

Die auffällige Annäherung zwischen der heutigen Regierung Italiens und dem Papste ... weist darauf hin, daß die katholische Kirche und das Papsttum durch dieses Neu-Rom eine Renaissance erleben möchten (Vers 3,7,9), die allerdings nur von kurzer Dauer sein wird, da

"die zehn Hörner und das Tier die Hure hassen und sie öde und nackt machen werden"

(Vers 16). Damit werden sie, wie Vers 17 sagt, das Urteil Gottes an ihr vollstrecken."

Man kann es in gewissem Umfange nachvollziehen dass die GZ-Leserschaft, angesichts solcher Auslegungskünste, wieder einmal "auf Wolke sieben schwebte".
Selbiges indes zeigt nur die von Wunschdenken geprägte Atmosphäre an, die mit der Wirklichkeit so gut wie nichts zu tun hat!

Der Fluch diätischer Weisheit
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 18. Juli 2011 06:46
Im Goldenen Zeitalter gelesen - Eine Zeitreise
Der Fluch diätischer Weisheit

Es wurde schon verschiedentlich registriert, dass Gesundheitsratschläge eine Art "zweites Standbein" des "Goldenen Zeitalters" darstellen. Nun sei deren Verkünder zugestanden, dass sie (in ihrem eigenen Selbstverständnis), nach besten Wissen und Gewissen argumentieren. Dennoch kann man sich das eine oder andere Mal nicht des Eindruckes erwehren, da Skurrilitäten zu begegnen. Die noch heute viele beschäftigende Blutfrage, so wie sie von den Zeugen Jehovas interpretiert wird, hat ja eine wesentliche Wurzel (mit) in den Gesundheitsratschlägen.

Schloss man sich doch zeitgenössisch den militanten Impfgegnern, zumindest im Sinne der passiven, wenn nicht gar aktiven Sympathie an. Gerade beim Thema Impfgegner spielt ja das Thema Blut wesentlich mit herein. Spielt es doch bei der Gewinnung der Impfstoffe eine große Rolle.

Die Antipathie dieser Technologie gegenüber, mit biblischen Aussagen zum Thema Blut, gekoppelt, mit der wohl erst mehr oder weniger nach 1945 in größerem Umfange einsetzenden Medizintechnologie, sich auch Bluttransfusionen zu bedienen, haben dann im Falle der Zeugen Jehovas noch ihre religiöse Überhöhung (wenn auch fragwürdiger Art) erfahren.

Auch die Berner Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 1. 7. 1926, enthielt wieder einen der Gesundheitsratschläge-Artikel. In dem Fall war die Magdeburger Ausgabe sogar schneller (was nicht unbedingt die Regel ist), denn sie druckte diesen Artikel schon in ihrer Ausgabe vom 15. 6. 1926 mit ab.

Wie schon ausgeführt, mag man deren Verfassern die subjektive Ehrlichkeit durchaus zubilligen. Was andererseits nichts an dem Umstand ändert, fallweise zu diesen Ausführungen Kritik anmelden zu müssen. Nachstehend, sei dieser Artikel kommentarlos und ohne Bewertung vorgestellt. Ob er richtiges oder falsches aussagt, möge eine jeder für sich selbst entscheiden:

Der Fluch diätischer Weisheit ist ein Steckenpferd; und seltsamer Weise scheint der, der ein Steckenpferd einmal bestiegen hat, schwer wieder herunter zu kommen.
Neben dem Vitaminsteckenpferd, d, h. der Neigung, die Nahrungsmittel nur nach ihrem Vitamingehalt einzuschätzen, gibt es noch viele andere Steckenpferde, die etwa vor 25 Jahren als helle Sterne der Gesundheitslehre auftauchten.

Der eine ritt auf dem Gedanken herum, daß wir zuviel essen und ohne Frühstück zur Arbeit gehen sollten, und der andere verbot strenge das Wassertrinken während der Mahlzeiten. Einer schwor auf Rohkost, ein anderer auf Weizenkleie und wie die Steckenpferde alle heißen.

Damals steckte die Erkenntnis auf diesem Gebiet noch in den Kinderschuhen und war tatsächlich an Steckenpferde gebunden. Und als ich [der GZ-Autor] anfing, mich mit Diät zu beschäftigen, war auch ich zuerst genötigt, diese Steckenpferde zu besteigen, bis ich durch die Erfahrung gelernt hatte.

Von frühester Kindheit an durch eine schwere Krankheit geschwächt, mit außerordentlich schwachen Nerven und von einem beständig rebellierenden Magen gequält, kränkelte ich dahin und suchte bei den verschiedensten Medikamenten der Ärzte Hilfe, Wunder von ihnen erwartend, aber immer bitter enttäuscht.

Schließlich kam ich zu der Überzeugung, daß die Gesundheit vielmehr auf Diät als auf Medikamenten beruhe, und ich wurde ein begeisterter Anhänger diätischer Prinzipien.
Meine erste Erfahrung machte ich mit jener Theorie, die die Diät beschränkt und erklärt, daß wir viel zu viel essen; und damit erreichte ich beinahe mein Ende. Aber ich kam noch rechtzeitig zu der Erkenntnis, daß mein Körper vielmehr der Nahrung als des Hungers bedürfe; und seitdem fürchtete ich mich nicht mehr zu essen, d. h. zu essen, wenn mich hungerte. Seit dieser Zeit konnte ich auf diesem Gebiete viele Beobachtungen machen und fand, daß meine eigene Erfahrung keine Ausnahme war.

Die Lehre, daß wir zuviel essen und unsere Mahlzeiten einschränken müssen, hat mit ihrem Extrem mehr Schaden angerichtet als Gutes getan. Das kommt daher, daß oft die unrechten Leute dadurch beeinflußt werden. Solches Predigen wird an wirklichen Vielfraßen, die da nur leben, um zu essen, anstatt essen, um zu leben, fast immer vergeblich sein.

Eine beschränkte und infolgedessen einseitige Diät ruft oft eine wahre Gier nach einer bestimmten Speise hervor, und das ist die Folge eines Mangels an irgendeinem Nahrungsbestandteil und der hindernde Einfluß unnormaler Gifte im Körpersystem. Ich habe das oft erfahren, wenn ich zu einer einseitigen Diät gezwungen war.

Die Heilung geschieht nicht durch Fasten oder Hungern, sondern durch richtig zusammengestellte Ernährung des Körpers. Das Frühstück zu verbieten ist ein Teil jener Theorie, die behauptet, wir essen zuviel, und beruht fast immer auf denselben falschen Grundsätzen.

Es mag unter Leuten mit sitzender Beschäftigung, besonders unter denen, die über das mittlere Alter hinaus sind, einige geben, denen es gut bekommt, wenn sie nicht frühstücken. Doch eine ausschließlich sitzende Lebensweise ist an sich etwas Unnormales und bei allen unnormalen Verhältnissen im Leben müssen außergewöhnliche Maßnahmen getroffen werden, um auch nur eine scheinbare Gesundheit aufrecht zu erhalten. Wir sind alle mit eisernen Ketten an eine unnormale soziale Ordnung, unter der vollkommene Gesundheit unmöglich ist, gebunden. Ich habe noch keinen erwachsenen Menschen gesehen, in dem nicht auch irgendwie die unmißverständlichen Zeichen des Todes gearbeitet hätten. Der eine verrichtet von früh bis spät nur leichte sitzende, der andere aber den ganzen Tag nur schwere, die Muskeln anstrengende Arbeit, und beide arbeiten auf diese einseitige Weise von früh bis spät. Das Ideale für alle Menschen würde sein, vielleicht am Morgen drei Stunden körperliche Ausarbeitung zu haben und nach einer Ruhepause leichtere, sitzende Arbeit zu verrichten, worauf dann wieder ein paar Stunden der Erholung und freien Bewegung folgen müßten.

Die Theorie, daß der Körper die verbrauchten Stoffe während einer Fastenkur gründlicher und schneller ausscheidet, ist eine falsche Theorie. Die Ausscheidung unbrauchbarer Stoffe erfolgt durch die betreffenden Organen beständig und wird in keiner Weise durch den Aufnahmeprozeß unterbrochen oder beeinträchtigt. Bei normaler Ausarbeitung und richtiger Ernährung sammeln sich keine Gifte, die durch ein tägliches Fasten beseitigt werden müßten, an. Es ist bis jetzt noch nichts gefunden worden, das eine ungezwungene und schnelle Ausscheidung der verbrauchten Stoffe so gut bewirkt, wie eine periodische, körperliche Ausarbeitung in den Morgenstunden, wo der Körper noch frisch ist. Doch wenn diese Ausarbeitung wirklich wohltuend sein soll, muß ihr ein leichtes, aber nahrhaftes Frühstück vorangehen.

Der Magen verlangt nicht die Ruhe, wie viele glauben, daß er sie brauche, ja sie ist nicht einmal gut für ihn. Bei drei Mahlzeiten am Tage hat er in den Zwischenzeiten genügend Ruhe neben der langen Nachtruhe; und während des letzten Teiles des Verdauungsprozesses ist er nur leicht belastet.
Der Morgenappetit Hunger ist der Ruf des Körpers nach Nahrung, und er stellt sich niemals ein, ohne daß der Körper Nahrung braucht. Normaler Weise sollte sich ein oder zwei Stunden nach dem Aufstehen des Morgens Hunger einstellen. Wenn er sich nicht einstellt, ist entweder in unserer Lebensweise oder unserer Diät etwas falsch. Vielleicht liegt es an der Art unserer Beschäftigung.

Wenn dies nachweisbar und an unserer Beschäftigung nichts zu ändern ist, ist es richtiger nicht zu frühstücken, als ohne Appetit zu essen. Schlechter Appetit des Morgens kommt oft daher, daß man zu lange geschlafen hat. Wo die Arbeitsstunden nicht außergewöhnlich lang ausgedehnt werden, sollte man im Sommer nicht später als fünf und im Winter nicht später als sechs Uhr aufstehen. Warum nicht - auch bei langer Arbeitszeit, lieber abends früher zu Bett und morgens soviel früher aufstehen?

Auch falsche Diät zur Abendmahlzeit ist oft die Ursache zu schlechtem Morgenappetit. Man sollte des Abends spät kein Fleisch, keine Bohnen, Erbsen oder gekochtes Gemüse essen. Nach des Tages Arbeit und Mühe und dem sich daraus ergebenden Ruhebedürfnis kann sich der Körper keiner schweren und kräftigen Nahrung mehr anpassen. Je leichter die Abendmahlzeit ist, um so besser ist es.

Eine Nichtbeachtung der richtig lösenden Zusammensetzung der Speisen kann zu einem Überfluß an verbrauchten Stoffen führen, was den gesunden Appetit beeinträchtigt. Neunzehntel der Diätiker scheinen dies zu übersehen, doch ist die Theorie der richtigen Lösung der Speisen der Schlüssel zu einer erfolgreichen Diätkur. Wo dies übersehen wird, wird sicher dem Körper zu wenig Kalium zugeführt, was den Ausscheidungsprozeß erschwert; denn Kalium ist für den Organismus das, was Seife bei der Reinigung von Schmutz und Fett ist. Jedes diätische Steckenpferd kann einen gesunden Appetit beeinträchtigen, weil Steckenpferde alle mehr oder weniger schädliche Wirkungen haben.

Fast jeder, der ein Interesse an der Gesundheit dienlicher Diät gewinnt, besteigt eines dieser Steckenpferde; denn sie haben alle einen philosophischen Anschein, und der Vegetarier, der - zum Sklaven werdend - sich von seinem Pferdchen selbst die Milch, das Ei, den Fisch und Honig verbieten läßt, schwimmt im Eigensinn des Extrems und vergißt das Prinzip der Zweckmäßigkeit. Der Mensch ist nicht für den Vegetarismus, sondern der letztere ist für den Menschen da.

Eines der gebräuchlichsten Steckenpferde ist die wirklich törichte Theorie, daß Wassertrinken während, vor oder nach der Mahlzeit die Verdauung hindere. Tatsächlich hat Wasser während der Mahlzeit getrunken, natürlich, wenn es nicht dazu gebraucht wird, die Speisen geradezu hinunter zu spülen, noch niemandem geschadet, außer in der Einbildung. Wo er nicht durch die Macht der Gewohnheit vernichtet worden ist, wird eine jede Mahlzeit von einem normalen Durst nach Wasser begleitet sein; und wenn diesem natürlichen Verlangen nicht nachgegeben wird, wird der Einverleibungsprozeß im gewissen Sinne aufgehalten, bis der Durst gestillt ist. Das wird immer eine niederdrückende Wirkung auf die allgemeine Lebenskraft zur Folge haben. Es wird niemals ein Verlangen nach Wasser vorhanden sein, wenn es der Körper nicht braucht, wenn er es aber verlangt, so gib es ihm.

Der Organismus kann keine festen oder halbfesten Speisen mit wahrem Nutzen verarbeiten, ohne die dazu gehörige Menge von Feuchtigkeit und er wird immer wieder danach verlangen. Der größte Teil unseres Körpergewichtes beruht auf Wasser, und der flüssige Bestand der meisten Speisen ist Wasser. Darum sollte man nicht ängstlich sein, zu jeder Zeit Wasser zu trinken. Ich trinke viel Wasser vor und nach der Mahlzeit; wenn ich ein Bedürfnis danach habe, auch während derselben, und wenige können einen empfindlicheren Organismus haben als ich. Wenn man sich bei gutem Appetit und allgemeiner Frische erhalten will, muß eine Verzärtelung des Magens vermieden werden. Der Magen ist ebensowohl ein Muskel wie ein Verdauungsorgan, und wenn er kräftig erhalten werden soll, muß er vor Entartung bewahrt bleiben und ein gewisses Maß Bewegung erfordernder Arbeit zu tun bekommen. Dazu sollte die Mittagsmahlzeit dienen, weil da die Kräfte zur Aufnahme auf ihrer Höhe sind. Nur schnell und leicht verdauliche Speisen für die Mittagsmahlzeit zu wählen, ist darum bestimmt ein Fehler. Mit hungrigem Magen zu arbeiten ist außerordentlich gefährlich; es ist ein Angreifen der Lebenskraft. Je schneller man den Hunger stillt, nachdem er sich eingestellt hat, um so besser wird die Verdauung sein. Wenn man aber nicht in der Lage ist zu essen, sollte man sich so ruhig wie möglich verhalten. Hunger ist das Signal dafür, daß das Körpersystem bei der Reservekraft angekommen ist, d. h, der Blutstrom wird unmittelbar von der im System aufgespeicherten Kraft genährt. Wenn wir auf dieses Signal achten und das Verlangen nach Nahrung stillen, wird kein Schaden angerichtet, doch wer den Hunger übergeht und sei es auch nur für eine Stunde, und in der Zwischenzeit arbeitet, schwächt die Lebenskraft, und die Fähigkeit des Körpers, die Speisen zu verarbeiten, ist, wenn sie ihm endlich zugeführt werden, vermindert.

Bei unserer sozialen Ordnung ist das Leben ein bloßer Kampf ums Dasein, aber warum sollen wir unsere Ketten und Fesseln noch schwerer machen, indem wir uns immer neue und dazu unnötige anlegen? Gewiß alles "zuviel" ist schädlich, doch was wir hier bekämpfen, ist ein anderes Extrem, das gleichfalls schädlich ist; es heißt "zu wenig",

Alle Autoritäten auf diesem Gebiete der Gesundheitslehre stimmen darin überein, daß sie unter den Anstrengungen, denen wir unterworfen sind, tatsächlich all ihre Kräfte erschöpfen müssen, um das aufrecht zu erhalten, was wir "Gesundheit" nennen. Bei irgendeinem Fastenverfahren können wir unmöglich dem Körper die nötige Nahrung zuwenden.

Nur wenig arbeitende Menschen, die essen, um zu leben, und nicht leben, um zu essen, nehmen eine zu große Menge von Nahrung zu sich, aber die meisten von uns essen von dem einen Nahrungsmittel zu viel und von dem anderen zu wenig, und darin liegt unsere Schwierigkeit.
Wenn ich mich den zwingenden Regeln wohlmeinender Diätiker unterworfen hätte, würde meine schwache Konstitution völlig zusammengebrochen sein, der beste Anfang dazu war bereits gemacht.

Wenn wir Appetit auf ein Frühstück haben und den Hunger bis zum Mittagessen übergehen, muß die Lebenskraft geschwächt werden, und der Magen vermag dann eine kräftige Mahlzeit nicht so zu verarbeiten, wie er es sonst könnte. Wie oft muß die Gesundheit schwacher Menschen der krankhaft auf ,,schlanke Linie" berechneten Eitelkeit doch schwere Opfer bringen. Das Hauptmittel heißt nicht Hunger, sondern Bewegung. Man sollte sich bemühen, dem Körper so viel als möglich die Kraft zu erhalten. Das kann nur geschehen, wenn der Blutstrom durch die Speisen, die dem Körper zugeführt werden, ernährt wird. Das geschieht während des Verdauungsprozesses und dauert noch einige Zeit fort, nachdem der Magen tatsächlich leer ist. Doch nachdem dieser Prozeß vollendet ist, dauert es nicht lange, bis bei einem arbeitenden Menschen der Kräftevorrat erschöpft ist.

Auch wenn wir eine leichte sitzende Beschäftigung haben und finden, daß es unserer Gesundheit zuträglicher ist, wenn wir eine Frühstücksmahlzcit einnehmen, sollten wir es tun. Achtzehn Stunden des Tages hintereinander ohne Nahrung zu bleiben, bedeutet für viele von uns einen langsamen Selbstmord.

Im Laufe der Zeit haben wir immer und immer wieder erkannt, wie das Extrem der große Feind des Menschen war ...

Werner Hodler
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 28. Juli 2011 06:11
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Werner Hodler

Unter den relativ (ideologisch indoktrinierten) Naivlingen der Schweizer Redaktion des "Goldenen Zeitalters" ragte er schon mal als "exotischer Vogel" hervor. Folgerichtig braucht man sich auch über den Umstand nicht zu wundern, dass auch er eines Tages dort noch geschasst wurde. Er "passte" einfach nicht in dieses Milieu, da "gleich und gleich" sich bekanntlich besonders gerne zusammengesellt.

1926 indes war es wohl noch nicht so weit. Da hatte man für ihn in der GZ-Redaktion durchaus eine sinnvolle Aufgabe. Nämlich die, Feuerwehr zu spielen, wenn es denn irgendwo brennt.

Gingen in der GZ-Redaktion Leserfragen ein, deren öffentliche Beantwortung opportun erschien, wurde nicht selten er damit beauftragt. Die Rede ist von dem damaligen Redaktionsmitarbeiter Dr. phil. Werner Hodler.

Schon die in der Schweizer Ausgabe vom 15. 4. 1926 abgedruckte Fragenbeantwortung in Sachen des diffizilen Themas Wehrdienst, scheint, wie das Autorenkürzel verdeutlicht, von ihm zu stammen. Das allerdings ändert nichts an den Umstand, dass die Chefredaktion des GZ, letztlich für die abgedruckten Voten, die letzte Verantwortung trägt.

http://forum.mysnip.de/read.php?27094,98572,99051#msg-99051

In der Schweizer Ausgabe des GZ vom 15. 7. 1926, war es wieder mal soweit. Man benötigte erneut die Dienste des Feuerwehrmannes Dr. Hodler. War doch erneut eine diffizile Leserfrage eingangen, deren öffentliche Beantwortung durchaus opportun erschien.

Der Fragesteller formulierte sein Anliegen wie folgt:

"In den Schriften der Bibelforscher werden vielfach die modernen Errungenschaften auf wissenschaftlichem und sozialem Gebiet, Erfindungen u. Entdeckungen, als göttliche Segnungen und als Beweis für die unsichtbare Gegenwart des wiedergekommenen Christus sowie des Anbruches des Milleniums betrachtet.
Da aber diese segensreichen Errungenschaften der letzten 50 Jahre fast durchwegs von ungläubigen Menschen stammen, so fällt es mir schwer zu glauben, daß ihre Werke göttliche Segnungen sein sollen. Mit demselben Recht könnte man dann auch in den sozialen und pazifistischen Bestrebungen politischer und kirchlicher Kreise, wie sie in Locarno, Genf, Stockholm zum Teil von ungläubigen Staatsmännern ins Werk gesetzt worden sind, die Anbahnung göttlicher Segnungen für das Milleniumzeitalter sehen.
Mir scheint aber, daß die göttliche Kraft nur durch gläubige und gottergebene Menschen wirken könne."

Beim lesen dieser eingegangenen Leserfrage kam schon die GZ-Redaktion arg ins Schwitzen, das war doch so eine Frage vom Typus "unerlaubte Gedanken denken". Aber wie gut, dass man einen Dr. Hodler zu Hand hatte. Daher der Ruf der GZ-Redaktion. "Hodler! Ran an die Front!"

Wie löste selbiger nun dieses Problem? Nun wie folgt.

Einläutend räumt er ein:

"Es ist eine berechtigte, aber schwer zu beantwortende Frage, inwiefern göttliche Segnungen auch auf indirektem Wege, nämlich durch Einrichtungen und Organe des ,,Gottes dieser Welt" (2. Korinther 4 : 3) den Menschen zuteil werden."

Da er aber weis, mit was für einem Publikum er es zu tun hat, nämlich mit relativen Naivlingen, bescheidet er sie auch entsprechend. Und zwar mit den Worten:

"Wir sollten nicht versuchen, Gott in allen seinen Wegen und Gedanken auszufinden und eine ins Einzelne gehende und systematische Scheidung zwischen den Auswirkungen Gottes und den Auswirkungen Satans vorzunehmen, "Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht Jehova, Denn wie der Himmel höher ist als die Erde, so sind meine Wege höher als eure Wege, und meine Gedanken als eure Gedanken" (Jesaja 55 ; 8, 9)."

Da er wohl selbst bei dieser Frage ein gewisses Unwohlsein nicht ganz unterdrücken konnte, geht es weiter in seinem Statement mit den Worten:

"Der geschätzte Fragesteller möge daher die nachstehende Erörterung nicht als eine dogmatische Antwort, sondern eher als Versuch einer Zurechtlegung betrachten."

Und, zu welchem Resultat kam er nun bei diesem "Versuch einer Zurechtlegung"? Nun zu diesem:

"Es ist der Standpunkt des naiven Menschen, der in allen materiellen, technischen und geistigen Errungenschaften Segnungen sieht. Er glaubt, daß aller menschlicher Fortschritt die Menschheit irgend einem Ziele entgegenfördere. Und so ist es auch.
Nun ist es zweifellos richtig, daß diese Errungenschaften wohl meist nicht vom Geiste Gottes eingegeben sind. Haben wir doch ein gutes Teil davon dem rücksichtslosen Konkurrenzkampf und -neid, ja selbst dem Kriegsgeist zu verdanken. Es dürfte in der Regel der Geist der Selbstsucht, des Ehrgeizes oder der Habgier sein, der den Menschen zu diesen großen geistigen Anstrengungen angespornt und angefeuert hat. Insofern sind diese Errungenschaften sicher Auswirkungen des Geistes des Widersachers und demgemäß haben sie, obwohl an und für sich gut, der Menschheit auch nicht im wahren Sinne zum Segen, sondern vielmehr zum Fluche ausgeschlagen. Alle Geschenke und ,,Segnungen" Satans sind eben eitel Täuschung, wie der Dichter es ausdrückt: "Er vertraute, der Tor, auf Hexengold, und weiß nicht, daß es der Hölle zollt" (Schillers Macbeth)."

Aber auch Hodler weis Rat, sonst wäre er ja wohl nicht auch bei den Bibelforschern gelandet. Sein Rat: Wie gut, dass es doch - in der eigenen Ideologie - den "Satan gäbe". Ohne den, dass ist auch Hodler klar, wäre man doch ein "Fisch ohne Wasser". Deshalb nun der faktische Ausruf von Hodler "Satan, ran an die Front" (in diesem Falle der diffizilen Fragenbeantwortung).
Folgerichtig "textet" er dann den Fragesteller mit dogmatischen Ausführungen über "Satan und Co" zu. Seine Replik lässt er dann mit den Worten ausklingen (und sicher hatte er dabei das Gefühl wieder einmal ein Problem gelöst zu haben):

"Von hier aus kann Paulus auch die weltliche Obrigkeit eine "Anordnung Gottes" und "eine Dienerin Gottes zum Gutcn" (Römer 13 ; l-4) nennen, obwohl er doch die "tierischen Regierungen" dieser "gegenwärtigen bösen Welt" (Galater 1:4) nicht für direkte Auswirkungen des Willens Gottes halten konnte.
In diesem Sinne sind also auch die technischen Errungenschaften des letzten Jahrhunderts Vorkehrungen Gottes, die, wie wir glauben, auf eine nahe wirkliche Segnung der Welt durch diese Hilfsmittel hindeuten. Und man darf somit in der hochgesteigerten naturwissenschaftlichen Einsicht unserer Zeit die von Daniel 12 ; 4 für "die Zeit des Endes" geweissagte "Mehrung der Erkenntnis" erblicken und eine Begleiterscheinung der Wiederkunft (vielmehr: Gegenwart) Christi, die nach Matthäus 24 : 27 an einer gewaltigen Ausheilung von Einsicht und Erkenntnis erkennbar sein werde; "denn gleichwie das Licht (der Sonne) ausfährt von Osten und, scheint bis gen Westen, also wird die Ankunft [eigentl.: Parousia - Gegenwart] des Sohnes des Menschen sein."

Als die GZ-Redaktion dann diese Ausführungen zu lesen bekam, soll ihr (unbestätigten Unterstellungen zufolge), der Ausruf entglitten sein:
"Wie gut doch, dass wir den Hodler haben!"

 

„Anzeichenbeweise"
„Anzeichenbeweise. Das ist doch auch in der Gegenwart noch, das „Zauberwort" der Zeugen Jehovas. Das es mit dem aus dem xMal aufgekochten Chronologie-Kaffeesatzgrund nicht so recht klappt, ist doch der eine oder andere von ihnen - mehr widerwillig - (hinter vorgehaltener Hand), durchaus einzuräumen bereit. Aber im gleichem Atemzug pflegt es dann seinen „Joker" „Anzeichenbeweise" hervorzuziehen.

Nun dass der Chronologie-Kaffeesatzgrund stinkend verschimmelt ist, dass man sich in seiner Nähe unbedingt die Nase zuhalten muss, will man nicht unter nicht unvermeidbarem Brechreiz leiden. Selbige Erfahrung mussten (auch) die Bibelforscher (wieder einmal) um 1925 machen. Aber auch sie pflegten sofort ihren „Joker" zu ziehen namens „Anzeichenbeweise". Da ja die Substanz ihrer (und anderer) Ideologie das pure Wunschdenken ist, stürzte man sich förmlich auf die „Anzeichenbeweise", welche dann den Strohhalm bildeten, an denen man sich zwecks des Aufrechterhaltens des Wunschdenkens „kraftvoll" klammern konnte.

Das „Goldene Zeitalter" (Schweizer Ausgabe vom 15. 7. 1926), ist wieder einmal voll, von der Referierung solcher „Anzeichenbeweise". Sie seien nachstehend einmal etwas näher vorgestellt. Unter der Überschrift „Der Tag des Feuers" konnte man darin lesen:

„Rußland, die Türkei, Griechenland, Spanien, Italien und England - ein Land nach dem anderen hat vor dem Vordringen des fascistischen Geistes der Diktatur kapituliert!
Angeblich aus Besorgnis, daß die rote Propaganda bezwecke, Heere und Marine zu unterminieren, haben die britischen "konservativen" Elemente im Stillen eine Organisation gebildet, die tatsächlich dazu bestimmt ist, das Bollwerk der vereinigten Arbeiterschaft der englischen Industrie zu zerbrechen.
Im Mai dieses Jahres schien den britischen Konservativen die Zeit gekommen zu sein, wo es psychologisch angebracht war, ihre starke Hand zu zeigen. Angesichts der allgemeinen Lähmung der Industrie, rief die Regierung die Ausnahmegesetze für Notfälle zu Hilfe, die als eine Kriegsmaßnahme im Jahre 1914 herausgegeben wurden, wobei Premierminister Baldwin automatisch diktatorische Gewalt annahm, und Heer, Marine und Luftflotte gebrauchend, mit voller Befugnis Bergwerke, Transportgesellschaften und andere Zweige der Industrie durch die Regierung requirierte und betrieb, um allen Widerstand der Streikenden, die sich weigerten, bei herabgesetzten Löhnen vermehrte Arbeitsstunden zu leisten, zu unterdrücken. Auch verkündete die Regierung, daß sie alle Radiosendestationen für konservative Propagandazwecke und um die Unionisten "an die Luft zu setzen" heranziehen würde.

Augenblicklich mögen sie wohl sagen, daß sie gewonnen haben; aber der Schlußkampf ist nur hinausgeschoben.


Nach der kurzen Überlegenheit der Arbeiterschaft während des Krieges, hat jetzt das konservative Element die Oberhand wiedergewonnen und ist materiell neu gestärkt. Ferner muß zugegeben werden, daß die Arbeitervereinigung manchmal in völliger, obwohl unbeabsichtigter Übereinstimmung mit ihrem Widersacher handelt, um die Öffentlichkeit zu betrügen; während der Kommunismus, wenn auch nicht erstickt, so doch gezügelt worden ist; und die allgegenwärtige rote Gefahr eine weiße Reaktion erzeugt hat, deren aufsehenerregendste Form als Fascismus bekannt ist - Diktatur und Autokratie im vollsten Sinne.

Der Fascismus, der bald nach dem Kriege seinen Ursprung in Italien nahm, hat mit überraschender Leichtigkeit und Schnelligkeit zuerst in seiner Heimat, Italien, die Oberhand gewonnen, und sich dann wie eine weiße Plage über Europa, Spanien, Griechenland, Frankreich, Deutschland, Österreich, Polen, Dänemark, die Balkanstaaten und Großbritannien ausgebreitet. Sogar in Indien haben die britischen "Konservativen" zum Schutze gegen die Swaray-Bewegung der eingeborenen Arbeiter, Fascistenklubs gegründet. Und in den Vereinigten Staaten, wo man sich immer einer demokratischen Verfassung erfreute, beginnt ein Teil der Presse daran zu erinnern, daß Amerikas konstitutionelle Rechte in diesen letzten Tagen immer mehr beeinträchtigt werden, und daß die Regierung immer mehr geneigt scheint, priesterliche Eingriffe zu gestatten und eine zentralisierende Politik zu treiben, die der bürgerlichen Selbstregierung nachteilig ist und an Fascismus grenzt.

Was der Fascismus bedeutet
Im Wesentlichen stellt der Fascismus eine Bewegung dar zur Verdrängung einer verfassungsgemäßen Regierung durch eine Diktatur in Händen eines Einzelnen, dem die konservativen, kapitalistischen Mächte schrankenlos vertrauen können, von dem man erwartet, daß er rücksichtslos alle Freiheiten des Volkes, wo immer sie den "Interessen" der Machthaber im Wege stehen, über den Haufen wirft.

In Wirklichkeit bedeutet der Fascismus eine Annahme des bolschewistischen Gedankens, um die Interessen der Herrenklasse anstatt des Proletariats zu fördern.
Mussolini, der Gründer des Fascismus, ist selbst ein abtrünniger Sozialist. Die Bewegung, die merkwürdig an hellenische Tyrannei und cäsarische Imperatorherrschaft erinnert, schien zuerst nicht in Sympathie mit dem Vatikan zu sein; doch gewann sie, wie man bemerken konnte, die wärmste Billigung der katholischen Hierarchie.

Die Presse hat systematisch gesucht, den Eindruck zu erwecken, daß der Fascismus nur bei den lateinischen Völkern zu Hause sei, und einem angeborenen Hang entspringe, lieber eine Clique in Macht zu sehen als eine volksvertretende Regierung aufrecht zu erhalten.
Das ist jedoch nur eine oberflächliche Anschauung über den Fascismus und sie steht im Widerspruch zu seiner verhängnisvollen Absicht, ein Weltphänomen zu werden. Die Tatsache, daß der Fascismus den Kapitalismus im Rücken hat, ist absichtlich in jedem Lande verschwiegen worden.

Der fascistische Geist reaktionären Despotismusses bekundet sich selbst in Ländern, die ihn öffentlich verdammen. In Rußland ist das Sowjetsystem umgewandelt und zu einer wirklichen, roten Fascistenbürokratie krystallisiert worden.
Die Türkei ist trotz seiner Zivilisationspläne und modernisierenden Einrichtung unter dem Daumen eines fascistischen Diktators Kemal Pascha. General Pangalos, der Diktator Griechenlands ist eine getreue Wiedergabe des Generals de Rivera, des Diktators Spaniens, und beide sind Nachahmungen des italienischen Diktators Mussolini."

Und nach dieser Bestandsaufnahme geht es dann weiter in den GZ-Ausführungen mit der Aussage:

Der verstorbene Pastor Russell wies im Voraus mit erstaunlicher Präzision auf nachstehende Reihenfolge der Geschehnisse unserer Zeit hin, wie sie in der biblischen Prophezeiung in apokalyptischem Symbolismus dargestellt sind. ...

Doch ist dieses ,,Zusammenrollen" in einem gewissermaßen noch tastenden Zustand. Der Kapitalismus hat seit dem Kriege wieder die Oberhand über die radikalen Elemente gewonnen. Der Zionismus zeitigt die vorausgesagten Erfolge.
Tatsächlich gehen alle vorausgesagten Zeichen in der richtigen prophetischen Ordnung vor sich und führen zu dem Schlußkampf von Harmagedon.

Wir erfreuen uns jetzt einer solchen Zwischenzeit von verhältnismäßigem ,,Frieden und Sicherheit", während die Geistlichkeit, machiavellistischen Pläne zur Vereinigung ihrer Kräfte faßt. Die Öffentlichkeit wird eingelullt und gekitzelt, während die Knute geflochten wird. Das Volk mag sich überrumpeln lassen, und in die Knechtschaft eines internationalen Kapitalismus gedrängt werden, der Triumph wird nur ein kurzer sein, weil der jetzigen Generation soviel Lehren der Skepsis und der Selbstgefälligkeit eingeflößt wurden, daß sie dadurch tatsächlich unfähig gemacht worden ist, lange die gefügigen Untertanen des despotischen Mammons zu bleiben.

Die gelbe Gefahr und andere Gefahren
Die Epoche der Revolution wird vielleicht den Zusammenbruch der weißen Oberherrschaft auf diesem Planeten und der nationalistischen Regierungen im Orient erleben.
Die Farbigen haben eine Abrechnung mit den Söhnen Japhets zu machen und wir können eine Wiedervergeltung erwarten. Die Chinesen wissen bereits mit allen neuzeitlichen Kriegsgeräten umzugehen, bald werden sie ihre eigenen herstellen. Sie sind eine erfinderische und gelehrige Rasse."

Der Umbruch durch Rutherford
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 26. August 2011 05:35
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Der Umbruch durch Rutherford

Rutherford, von Hause aus Jurist, wird man im Gegensatz zu einigen seiner zeitweiligen Weggefährten in der Führungsetage der WTG, wohl kaum Naivität als Grundeigenschaft zusprechen können. Eher schon ausgeprägtes Machtbewusstsein.

Die Opposition, welche Rutherford nach dem Schisma, verursacht durch Band 7 der "Schriftstudien", letztendlich eiskalt "an die Luft setzte", löste sich damit ja nicht prinzipiell auf. Interne Spaltungen innerhalb der Spaltungen blieben ihr zwar nicht erspart. Aber atomisierte Teile dieser damaligen Opposition kann man noch heute im Internet begegnen, einschließlich ihrer (teilweise) bis heute fortbestehenden Publikationsorgane. Unter letzteren nimmt aus meiner Sicht der "Herald of Christ's Kingdom" eine dominante Stellung ein.
www.heraldmag.org/

Ein früher deutscher WTG-Funktionär, Samuel Lauper, später wie etliche andere vor- und nach ihm, im Schisma zur WTG befindlich, lies es sich angelegen sein, auch eine deutsche Ausgabe davon in den zwanziger Jahren zu veranstalten, die bis etwa Mitte der dreißiger Jahre erschien (in der Schweiz).
Ihr Quellenwert wird aber schon daran deutlich, dass fast keine Bestandsnachweise in wissenschaftlichen Bibliotheken vorhanden sind (lediglich die letzten Jahrgänge davon aus den dreißiger Jahren, haben auch ihren Weg in die Deutsche Bücherei Leipzig, als (relatives) Gesamtarchiv deutschen Schrifttums gefunden.

Relativ deshalb, weil entgegen den Sammlungsrichtlinien, es auch einiges gibt, worüber die Deutsche Bücherei eben nicht verfügt. Letzteres ist allerdings primär ihr nicht anzulasten, sondern eben widrigen äußeren Umständen, welche partiell bis in die Gegenwart fortbestehen. Staaten die viel Geld etwa in sogenannte "Verteidigungsetate" investieren, behandeln nicht selten ihre Kulturetate mehr als stiefmütterlich, bis in die Gegenwart.

Immerhin findet man in der Deutschen Bücherei doch noch einiges, was andere als vermeintlich "graue Literatur" (nicht Sammelwürdig), prinzipiell außen vor lassen. Jedenfalls ist die Situation so, dass von den Jahrgängen aus den zwanziger Jahren des "Herold des Königreiches Christi" so gut wie keine Bibliotheksnachweise existent sind. Lediglich im Privatbestand einschlägiger Sammler, ließen sich (sehr lückenhaft) auch einzelne Ausgaben aus den zwanziger Jahren eruieren.

Ein inhaltlicher Blick in sie macht die Unterschiede deutlich. Während Rutherford seine "Bibelforscher" zunehmend zur Kampforganisation formierte, liegt der Schwerpunkt dieser Schismatischen Kreise in (vermeintlicher) Erbauuungstheologie. Wer indes die "Schulung" der "Kampforganisation Zeugen Jehovas" hinter sich hat, kann allerdings (nicht selten) dieser "Erbauungstheologie" (Marke: Kein Hund hinterm Ofen damit vorlockbar) kaum etwas sonderlich "abgewinnen".

Das wusste auch schon Rutherford. Und deshalb setzte er je länger, je mehr auf den Aspekt "Kampforganisation". Hätte er es nicht getan, wäre eben die Russell-Organisation zu einer relativ unbedeutenden "Erbauungsorganisation" innerhalb des weitgespannten religiösen Pluralismus der USA verkümmert. Getreu dem Motto: "Was, die gibt es auch? Was sind die denn?".

Namentlich die internationale Expansion wäre dann mehr als fraglich gewesen.
Nun hatte diese Organisation aber im von Inflation und sonstigen Nachfolgewirkungen des ersten Weltkrieges geschüttelten Deutschland (respektive dem deutschsprachigem Raum), schon ein "Standbein" zu Russells Zeiten, das kontinuierlich und zielgerichtet weiter ausgebaut wurde.

Ich sagte es schon früher.
"Der" wesentliche Aspekt dieser Expansion, bildete dabei die Zeitschrift "Das Goldene Zeitalter" mit ihrer Mixtur von Bibelforscherideologie, kombiniert mit Gesundheitsratschlägen und nicht zu vergessen, auch (faktischen) Politikelementen. Auch wenn die Konsumierer selbiger (nicht selten der Sorte "heilige Einfalt" zugehörig), diese Politikelemente als solches, nicht bewusst wahrnahmen. Jedenfalls wäre hierzulande, ohne das "Goldene Zeitalter", die jetzige Organisation der Zeugen Jehovas, nie das geworden, was sie tatsächlich ist.
Wer an der sicherlich nicht als Lob auffassbaren Vokabel "heilige Einfalt" Anstoß nimmt, dem sei stellvertretend eine Betrachtung von Gerhart Hauptmanns "Der Narr in Christo Emanuel Quint" anempfohlen.
Ich kann einfach nicht erkennen, dass der "Quint-Typus" inzwischen "ausgestorben" wäre. Das wäre zu schön, um wahr zu sein.

Allerdings, ist das dann wohl nur die "halbe Beschreibung".
Die "andere Hälfte" kann man dann wohl einem Bericht in dem Buch "Der Heilige Geist in Amerika" von Ernst Benz entnehmen.
Benz lässt keinen Zweifel darüber aufkommen, dass er Sympathisant, etwa der Pfingstbewegung ist. Und da gibt er auch eine Episode "zum besten", welche sich offenbar in diesem Milieu, in den USA zugetragen hat.
Mag das Beispiel von Benz auch "zugespitzt" sein, und was seine Verallgemeinerung andernorts betrifft, mit einigen Abstrichen zu versehen sein.
So verdeutlicht seine Episode doch, dass keineswegs nur "rationale" Aspekte, die dominierenden sind.
Indes das darf auch gesagt werden. Emotionale Rauschzustände - gut und schön.
Indes früher oder später kommt auch dort die "Katerstimmung" noch zur Geltung, dieweil der Mensch zwar Emotionen schätzen mag, für sein Privatleben.
Indes das eigentliche "Weltgeschehen" wird keineswegs von Emotionen beherrscht. Und wer da wähnt die Ratio prinzipiell außen vor lassen zu können, wird da auch noch sein "Waterloo" erleben.
Und einen solcher "Ernüchterungsumstände" benennt Benz dann ja noch selbst, indem er den dezenten Satz prägt, der da von "einer engen Beziehung der Pfingstbewegung zum Geld" redet.
Nun weis man, das solcherlei "enge Beziehungen" durchaus in verschiedenartiger Form daher kommen können. Es muss also keineswegs der prall gefüllte Spendenkorb immer sein.
Auch Zeit kann vielfach Geld sein. Besonders auch die Fälle nicht weniger Art nicht zu vergessen, wo externe Zeitanforderungen gar zu Lasten eines ausgewogenen Familienlebens gehen.
Und kann man an eine ganz bestimmte Religionsform im besonderen denken, welche vielfach Halbtagsbeschäftigungen favorisiert, auf das jene Religion von den Betörten, um so gieriger abgreifen kann, und sei es nur über den indirekten Weg de Zeiteinsatzes, für diese Religionsfirma.

Jedenfalls gab Benz in genanntem Buch auch die nachfolgende Episode mit zum besten.
Er berichtet über einen Kirchenbesuch in den USA. Und dann geht seine Schilderung wie folgt weiter:

"Ich hoffte unbemerkt eintreten zu können, doch dies ist in einer amerikanischen Kirche unmöglich. Zwar war das Begrüßungskomitee der Gemeinde, das am Sonntag vormittag vor jeder Kirchentür zu stehen pflegt, um bekannte und vor allem unbekannte Besucher zu bewillkommenen, nicht vorhanden, aber der Prediger, der vorn auf der Empore stand, hatte mich mit scharfem Blick sogleich als Fremden erspäht und rief mir vom Pult herab mit gemütvoll dröhnender Stimme zu:
"... Willkommen Bruder, laß Dir den Heiligen Geist grad ins Herz flammen!"
So voll, so direkt, so substantiell war ich noch in keiner Kirche bzw. überhaupt noch nie in meinem Leben begrüßt worden. Ich war überwältig, fühlte mich aber gleichzeitig gewarnt, mich nach diesem Anfang im Fortissimo nicht weiteren unbekannten Blitzen oder Überflutungen auszusetzen, und setzte mich daher auf die hinterste Bank, auf der sonst niemand saß, in der Nähe der Tür."

Zurückkehrend zu den Zeugen Jehovas.
Nach dem frühen WTG-Schisma, mit dem Resultat, die Rutherford-Opposition flog "achtkantig" aus den Führungsetagen der WTG heraus, benötigte Rutherford durchaus eine gewisse Konsolidierungsphase.
Seine "Millionen jetzt Lebender werden niemals sterben" mit dem 1925-Datum, war ja faktisch nur eine Umterminierung, nachdem es mit den auf 1918 verschobenen Erwartungen der Einfaltspinsel, die da auf den WTG-Leim gekrochen, (wieder) mal nicht geklappt hatte. Jene Einfaltspinsel ließen sich ja schon bezüglich ihrer 1914-Erwartungen auf 1918 hinhalten. Warum also sollte selbiges nicht noch einmal mit dem Datum 1925 möglich sein. Wesentlich für die Einfaltspinsel, eben auch die (vermeintlichen) Anzeichenbeweise, die für ihre Motivation unfraglich höher einzuschätzen sind, als wie die eigentliche windige 1925-Berechnung, die wieder mal "in die Binsen" ging. Das aber störte wesentliche Teile der Einfaltspinsel nicht, dieweil sie sich ja weiterhin an ihren Strohhalm "Anzeichenbeweise" zu klammern pflegten und pflegen.

Rutherford war es so möglich, seine Organisation, trotz des 1925-Desasters, weiter "am laufen zu halten".

In seine Konsolidierungsphase fiel dann das Buch "Die Harfe Gottes". Selbiges noch weitgehend im Russell'schen Mainstream segelnd. Die erste relevante Zäsur (auch nach WTG-Einschätzungen) bildete dann das Buch "Befreiung".

Dicke Bücher indes (relativ gehört auch "Befreiung" dazu) sind nicht unbedingt das, wonach die "Einfaltspinsel" suchen. Selbige brauchen eines vor allem. Eine (relative) "Bild"-Zeitung, mit dicken Balkenüberschriften, und magerem Textanteil. Übersteigt der Textanteil die Balkenüberschrift, läuft er schon Gefahr, von den Einfaltspinseln nicht mehr aufgenommen werden zu können; dieweil ihr "Fassungsvermögen" eben mal sehr begrenzt ist.

Diesem Schicksal fiel dann auch wohl das Rutherford-Buch "Befreiung" zum Opfer. Aufgrund vorskizzierten begrenztem "Fassungsvermögen", haben nur wenige seinen Inhalt - zeitgenössisch - auch "erfasst", von denjenigen, die es der WTG abkauften (und das waren nicht wenige).

Aber es war für Rutherford offenbar klar, der selbst wohl nie an sein Ententeichdatum 1925 geglaubt, dass nunmehr die Zeit reif sei, für eine grundlegende Neuorientierung (nach 1925). Sein Buch "Befreiung" ist unfraglich diesem Kontext zuzuordnen. Und damit auch diejenigen, die nur über das Konsumtionsvermögen einer "Bild"-Zeitung verfügen, auf die neue Linie "eingeschworen" werden, dazu hatten sie ja das "Goldene Zeitalter".

Zugeschnitten auf diejenigen, die da nur das "Fassungsvermögen" für "Bild"-Zeitungs-Artikel haben, findet man in der Schweizer Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 1. 8. 1926 (Ausgabe Magdeburg schon 15. 7. 1926) solch einen Artikel, der genannter Klientel, vorgenannte Neuorientierung näher brachte.

"Richter Rutherfords bemerkenswerter Vortrag in London" so sein Titel. Formal liest sich der Artikel so, als würde da von einer relativ "neutralen" Position aus berichtet. Nichts weniger als das!
Einleidend wird schon auf die Tränendrüsen gedrückt, indem behauptet wird, dass der

"amerikanische Richter Rutherford, der in Amerika während des Krieges wegen seiner Arbeit für Erhaltung des Friedens, und besonders in Verbindung mit seiner Weigerung, sich an der Kriegspropaganda gegen Deutschland zu beteiligen, viel zu leiden hatte (er wurde seinerzeit dieserhalb zu 80 Jahren Gefängnis verurteilt), hat auch, nachdem er nach Friedensschluß durch erzwungene Wiederaufnahme des Verfahrens in Freiheit gesetzt wurde..."

Details zu vorstehender summarischer Darstellung, liefert wie zu erwarten das GZ nicht. Man ist ja bereits geübt im verkünden von Glaubensthesen. Und nichts weiter als wie Glauben ist erforderlich, will man dem GZ im Sinne seiner Diktion folgen. Wissen und Details stören da eher.

"Leider wird dieser edle Menschenfreund selten verstanden, wobei es allerdings naheliegend erscheint, daß manche ihn auch gar nicht verstehen wollen."

A ja, auch so ein typischer Glaubenssatz!
Weiter das GZ:

"Rutherford sieht das größte Unheil der Welt in einer - um mit seinen eigenen Worten zu sprechen - ,,unheiligen Dreieinigkeit", als welche er bezeichnet die verbündeten Einflüsse von Kirchentum, Politik und Finanz."

An solcher These hätten eigentlich zeitgenössisch, auch die sogenannten Bolschewisten, ihre helle Freude gehabt. Eigentlich ... Denen störte nur eines und das ist in der Tat wesentlich. Die Fixierung auf den "großen Zampano", der da alles richten soll. In der Praxis hingegen - spätestens seit Auschwitz sogar für Schulkinder erfassbar - nichts bis null komma nichts "richtet".
Aber trotz dieses wesentlichen Dissenses ist die Zielrichtung klar, wohin Rutherford zielt. Jene Kreise zu erreichen (im Sinne der Konkurrenz bis aufs Messer), welche auch die "Bolschewisten" so als ihre eigentlich angestammte Klientel ansahen.

Im Phrasendreschen, so auch in diesem Artikel, kann auch Rutherford durchaus mit den "Bolschewisten" mithalten, etwa wenn man da den flotten Satz liest:

"Religion oder Kirchentum darf sich nicht an die Einheit und das Wohl der Menschheit bedrohenden Fragen fördernd beteiligen; denn sie soll das ausgleichende verbindende Moment der Erde sein. Es gibt nur eine wahre Kultur der ganzen Welt, und das ist die durch "die Lehren der Bibel" zu gründende, zu nährende und zu erhaltende Kultur."

Das GZ meint weiter zu wissen:

"Es ist ersichtlich, daß Richter Rutherford mit seinen Darlegungen nicht Menschen, sondern falsche Prinzipien und ungesunde Geistesströmungen meint. Daß er aber überhaupt mit seinen Ausführungen nicht die einzelnen Auswüchse dieses falschen Prinzips, wie es sich in den einzelnen Ländern der Erde zeigt, sondern vielmehr das die Welt beherrschende und versklavende Große, Weltumfassende, anklagt..."

Nach dieser fulminanten Einleitung erfährt man weiter. Rutherford habe in London einen Vortrag gehalten, und wie trefflich, die dortige Zeitung, "Daily News" vom 31. Mai 1926 habe ihn wörtlich ganz wiedergegeben. Dabei mit zu erwähnen, weil er als kommerzielles Inserat bezahlt wurde, stört natürlich den weihevollen Gesamteindruck. Und folgerichtig erachtet das GZ es auch nicht als nötig, das mitzuteilen.

Und damit auch deutschsprachige Leser in den "Genuss" kommen können, besagten Artikel aus der "Daily News" zu lesen, lässt es sich die Schweizer Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" in ihrer Ausgabe vom 1. 10. 1926 angelegen sein, selbigen (optisch betont) auch ihren Lesern im Wortlaut zu präsentieren. Darin kann man dann solche Sätze lesen wie die:

"..Die Bemühungen der Herrscher, eine wünschenswerte Regierung oder Weltmacht aufzurichten, haben fehlgeschlagen, und nun tun wir ihnen kund, dass allein nur die Auswirkung des Planes Gottes mit der Menschheit der Welt helfen und den Menschen ewigen Frieden, Wohlstand und Glück bringen wird, und dass die Zeit gekommen ist, wo alle über die Menschen herrschenden Mächte diese große Wahrheit erkennen und anerkennen müssen. ...

Viertens. Jetzt erfüllt sich die göttliche Prophezeiung, und in der Reihenfolge der Erfüllung liegen Beweise für die Tatsache, dass Satans Macht genommen wird, dass die alte Welt zu Ende geht, und die Zeit herbei gekommen ist, wo Christus Jesus, den bösen absetzen und seine gerechte Herrschaft beginnen wird, unter der Gottes Wille auf der ganzen Erde geschehen wird. Seit dem Jahre 1914 ließ der Verlauf der Erfüllung der göttlichen Prophezeiung erkennen, dass das Ende der bösen Welt begonnen hat und zwar mit dem Weltkrieg, mit Hungersnöten, Seuchen, Erdbeben, Revolutionen, der Rückkehr der Juden nach Palästina und später folgender allgemeiner Bedrängnis und Ratlosigkeit aller Nationen in der Welt."

Zurückkehrend zur eingangs zitierten GZ-Referierung jener Veranstaltung.
Weiter liest man, Rutherford habe da in der großen Albert Hall vor etwa 12 000 versammelten Zuhörern gesprochen. Das dabei das Schreckgespenst Satan, jeden zweiten Satz (fast) füllte versteht sich für Rutherford von selbst.
Ein relatives Highlight seiner dortigen Ausführungen bilden auch die Sätze:
"Auch den Völkerbund sieht der Redner in diesem Lichte, und anlehnend an jene bedeutsame Prophezeiung in Offenbarung 17 : 10, 11 sagte der Richter u. a. nach 'Daily News' wörtlich:

"Die herrschenden Faktoren der jetzigen Weltmächte behaupten, ein göttliches Recht und Autorität zu haben, über die Menschen zu herrschen. ... Ich möchte beweisen, daß die Schwierigkeiten in der Welt eine Folge davon sind, daß das Gesetz Jehovas, Gottes, mißachtet und übersehen worden ist, und daß, während sich die Weltmächte während der Zeitalter organisiert haben, und eins das andere ablöste und sie nun im britischen Weltreich ihren Höhepunkt erreicht haben"

Und weiter Rutherford:
Und

"in all diesen Weltreichen im Namen der Religion und im Namen des Allmächtigen offener Betrug verübt worden ist, und daß das Kirchentum die hauptsächlichste Stütze war, dessen Hilfe man sich bei diesem Betrug bediente."

Tja das war dann wohl wieder so ein Passus, wo selbst die "Bolschewisten" Beifall klatschen würden. Oder wie der katholische Konfessionskundler Konrad Algermissen gar als bewiesen (zumindest in Rosenheim/Bayern des Jahres 1919) als bewiesen glaubt konstatieren zu können, dass "Bolschewisten" und Bibelforscher sich da förmlich verbrüderten, worüber (man kann es verstehen), Herr Algermissen alles andere als "erfreut" war.

Rutherford weis aber auch über sein als Kulisse dienendes relatives Gastland, in diesem Vortrag erstaunliches zu berichten. Und zwar dies:

"Zweifellos ist das britische Reich die größte Weltmacht, die je bestanden hat. Es rühmt sich wahrheitsgemäß, daß die Sonne innerhalb seiner Grenzen nie untergehe. Britannien steht in finanzieller Beziehung obenan. An militärischer Stärke ist es allen Ländern überlegen. Bei der Ausübung politischer Diplomatie findet es nicht seinesgleichen. Seine Geistlichen sind anerkanntermaßen die Führer der geistlichen Welt.

Weil Britannien das größte aller Weltreiche ist, weil es sich gemeinsam mit seinen Verbündeten "Christentum" nennt und behauptet, durch göttliches Recht zu regieren. ...

Weil die britische Weltmacht der Mittelpunkt und das Bollwerk heutiger Zivilisation ist, derer, die Gott als ein Tier symbolisiert, und weil London der Sitz der Regierung ist, und diese herrschenden Faktoren behaupten, durch göttliches Recht zu regieren, ist hier der wirkliche "Sitz des Tieres". Der Sturz des britischen Reiches bedeutet den Zusammenbruch der Weltzivilisation. Seine berufsmäßigen Herrscher müssen sehen, daß ihre Säulen jetzt dem Sturz zuwanken. Und nun beschuldige ich diese britische Weltmacht als das Haupt des sogenannten Christentums, obwohl es behauptet, durch göttliches Recht und in göttlicher Autorität zu herrschen, den großen Gott Jehova verunehrt ..."

Und nun geht Rutherford zu seiner bekannten destruktiven Völkerbundhetze über, wenn er weiter proklamiert:

"Trotzdem Gott den deutlichen Beweis gegeben hat, daß die alte Welt zu Ende gegangen und die Zeit der zweiten Gegenwart Christi gekommen ist, und durch führende Geistliche der Welt die Aufmerksamkeit darauf lenkte, hat das "Federal Council of Churches" (der staatliche Kirchenrat) den Völkerbund als eine Stellvertretung des Königreiches Gottes gutgeheißen. Diese hohe Körperschaft von Geistlichen veröffentlichte im Januar 1919 folgende gotteslästerliche Ausführung;

"Die Zeit ist gekommen, wo die Welt für die Wahrheit, Recht, Gerechtigkeit und Menschlichkeit organisiert werden muß. Darum dringen wir bei der kommenden Friedenskonferenz als Christen auf die Errichtung eines Bundes der freien Völker. Solch ein Bund ist nicht nur ein Friedensbringer, es ist mehr noch der politische Ausdruck des Königreiches Gottes auf Erden. Der Völkerbund wurzelt in dem Evangelium. Wie das Evangelium ist sein Zweck Friede auf Erden und an den Menschen ein Wohlgefallen. Sein Appell ist, wie der des Evangeliums, weltweit. Die toten Helden würden umsonst gestorben sein, wenn nicht aus dem Kriege ein neuer Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt, hervorgeht ..."

Man mag zu vorstehender kirchlichen Proklamation so seine Vorbehalte haben. Man mag sie als den Versuch des aufspringens auf den fahrenden Zug deuten, der den Kirchen - ohne sie - wegzufahren droht. Dennoch ist es ausgesprochen diabolisch, die Endzeitillusionen der Rutherford-Organisation als ein "Entweder - Oder" im Gegensatz dazu zu stellen.

Diese Diabolik wurde von Rutherford eingeleitet. Russell war sie so noch nicht geläufig. In seinen eigenen Metaphern erweist sich somit Herr Rutherford aufgrund der von ihm eingeleiteten Politik, als der Teufel höchstpersönlich!

Weiter hetzt Rutherford mit den markigen Sprüchen:

"Niemand wird leugnen wollen, daß die britische Weltmacht die irdische Kraft ist, die für das Schließen des Völkerbundes verantwortlich ist. Britannien ist das Bollwerk desselben. Wenn sich Britannien zurückzöge, würde es keinen Völkerbund mehr geben. Doch wer ist für den Völkerbund verantwortlich? Verdankt er seine Schließung und sein Bestehen göttlichem Rechte und göttlicher Autorität? Ich (Rutherford) antworte; Nein! Der Teufel ist der Vater, das britische Reich ist die Mutter und die anderen Völker, die ihn unterstützen, sind seine Ammen."

Mit dem Maß, mit dem Rutherford, der Endzeits-Illusionsverkäufer (was ihm zumindest auch ein staatliches Anwesen namens "Beth Sarim", nebst zugehörigen Dienstwagen der Nobelklasse einbrachte). Mit dem Maße mit dem dieser Obergaukler aller fiesen Gaukler misst, wird auch ihm gemessen werden.

Möge denn in der "Hölle" so es sie den gäbe, dass für ihn bestimmte Schmorfeuer besonders angeheizt werden!

Der Ruherford'schen Völkerbundshetze, kann man bekanntlich, als einem Anbiederungselement, auch in der Berlin-Wilmersdorfer "Erklärung" vom Juni 1933 begegnen. Es ist nicht uninteressant zu registrieren, wie sich auch die frühe Nazibewegung zum Völkerbund stellte, aus dem sie dann auch (nach ihrer Machtusurpation) folgerichtig ausgetreten ist. "Die Sonntags-Zeitung" beispielsweise, spießte in ihrer Ausgabe vom 20. 9. 1925 solch ein Dokument der frühen Nazibewegung in Sachen Völkerbund auf.

http://www.manfred-gebhard.de/SZ.20925.1.jpg

http://www.manfred-gebhard.de/SZ.20925.2.jpg

Der Dieb ruft: "Haltet den Dieb!"
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 27. August 2011 03:17
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Der Dieb ruft: "Haltet den Dieb!"

Die Schweizer Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 15. 8. 1926 weis zu berichten:

"Die Pariser Zeitungen berichten, daß in Libau, einer Stadt der neuen Republik Latvia, im Lande der Balten, ein neuer Prophet aufgestanden ist, der das Ende der Welt auf einen bestimmten Freitag, ,,genau um 5 Uhr nachmittag" festgesetzt hat. Es wird berichtet, daß sich viele der schlichten Letten ihre Gräber im voraus graben.

In den Vereinigt. Staaten verbreitete vor einigen Jahren Prof. Porta von der Universität Michigan Schrecken und Bestürzung, indem er das Ende der Welt durch einen riesigen Sonnenflecken für den 17. Dezember 1919 voraussagte.

Fast in einem jeden Zeitalter sind Seher aufgestanden und haben das Ende der Welt prophezeit und es ist eine erstaunliche Tatsache, daß nicht einmal die sogenannten Gelehrten von dieser Weltuntergangs-Furcht frei sind.

Der Mystiker Swedenborg setzte das Ende der Welt auf das Jahr 1757 fest, aber die Welt lächelte und ging ruhig ihren Gang weiter.

Johann Albrecht Bengel nahm das Jahr 1836 für den Zeitpunkt des Weltunterganges an; aber er hatte ebensowenig recht, wie Swedenborg.

D. John Cumming prophezeite das Jahr 1866 und Mutter Shipton 1881 als Weltende. Beides traf nicht zu.

Die Adventisten haben jetzt ausgerechnet, daß das Ende der Welt 6000 Jahre nach der Erschaffung Adams oder im Jahre 1996 kommen soll. (Wie sie zu diesen Zahlen kommen, ist uns völlig unverständlich.)

Prof. Flinders Petrie gab großmütig der Erde noch weitere 8 000 000 Jahre des Bestehens, während der französische Gelehrte Dr. Charles Nordmann noch viel großmütiger ist und ausgerechnet hat, daß die Erde noch 10 000 000 000 Jahre um die Sonne lauten wird."

An diesen Meldungen ist wohl insbesondere die Unverfrorenheit beachtlich, dass ausgerechnet das "Goldene Zeitalter" sich zu deren Verbreiter macht. Aber das kennt man ja zur Genüge

Der Dieb schreit am lautesten: "Haltet den Dieb!"
Offenbar leidet das GZ an chronischem Gedächtnisschwund, wenn es denn auch ausführte, es sei ihm unverständlich wie denn "Adventisten" das Jahr 1996 berechnen könnten.

Nun kann man zwar nicht voraussetzen, dass die damaligen GZ-Redakteure das spätere WTG-Buch "Ewiges Leben in der Freiheit der Söhne Gottes" schon kennen würden, wo just eben auch jenes Datum 1996 mit thematisiert ist. Aber schon im deutschen "Wachtturm" des Jahres 1904 (und auch später noch) begegnet man dem ominösen Herrn Erzbischof Ussher.
Auch das WTG-Buch "Beröer Handbuch zum Bibelstudium" zitiert an verschiedenen Stellen besagten Herrn Ussher im dem Sinne, er sei ungenau. Selber sei man (vermeintlicherweise) genauer.
Und ein Konrad Franke in seinem euphorischen 1975-Vortrag in Hamburg des Jahres 1968, hob bekanntlich auch auf die vermeintliche "Ungenauigkeit" des Ussher ab.

Insofern erweckt vorzitierte GZ-Passage schon den Eindruck des "Gekünsteltseins".

Auch das eingangs genannte Beispiel Libau bewirkt für Sachkenner eher so etwas wie einen Lachkrampf. Auch da ist die WTG-Geschichte (respektive das ihr zuzuordnende Umfeld) auch keineswegs ein "unbeschriebenes Blatt".

Dazu sei nochmals zitiert, was schon früher ausgeführt wurde:

"Es ist bezeichnend, dass in der im Jahre 1923 von der Evangelischen Allianz in Ostpreußen veranstalteten öffentlichen Protestversammlung in der Stadthalle zu Königsberg gegen die Bibelforscher, auch die Fälle Voigt-Küppers ausdrücklich in Beziehung zu den Bibelforschern gesetzt wurden. In jener Protestversammlung wurde unter anderem ausgesagt:

"Ein eifriger Anhänger der Bibelforscher in Deutschland lebte vor dem Kriege in Libau (Russland). Im Jahre 1912 fing er an zu verkündigen, dass der Herr Jesus am 21. März kommen würde. Am Vorabend gegen 10 Uhr würden die ersten Toten auferstehen, sichtbar werden und am 21., früh würde sich die Entrückung und Verwandlung der Gläubigen vollziehen. Dieser Mann wurde von allen Seiten herzlich gewarnt und ermahnt, von diesem Irrtum zu lassen. Obendrein hatte er noch acht Tage vorher die Gemeinschaft in Libau veranlasst, ihr ganzes Inventar zu verauktionieren und hatte den Irregeführten angesagt, am Vorabend bereit zu sein, wenn der Herr erscheint.
Als die Toten nicht erschienen versammelten sich eine Anzahl Männer brachen Steine aus der Straße und wollten ihm das Haus und die Fenster einwerfen. Der Polizeimeister musste den, verfolgten Propheten schützen.

Am anderen Tage erschien in der Libauischen Zeitung ein Spottgedicht über den Propheten, er selbst wurde als eine vom Himmel stürzende Karikatur dargestellt, die dort zu früh um Einlass gepocht hatte. Es wurde von der russischen Administration ein Strafverfahren gegen ihn eingeleitet und er wurde wegen religiösen Unfugs des Landes verwiesen.

Dieser Mann redet nun in den einzelnen Städten Deutschlands und prophezeit weiter." [50]

Es ist nicht ganz klar, ob mit vorstehendem der Voigt gemeint ist (einiges spricht dafür). Das er in jener Protestversammlung in Beziehung zu den Bibelforschern gesetzt wurde, sollte man nicht überbewerten. Unabhängig zu welcher Gruppe er gehört haben mag (Voigt gehörte offensichtlich zu den sogenannten "Landeskirchlichen Gemeinschaften" oder verwandtem), spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Das Faktum der religiösen Verblendung und des damit verbundenen Fanatismus, ist das entscheidende Kriterium.

Weiteres zum Umfeld des mit genannten Herrn Voigt; nicht zu verwechseln mit dem Schuster Voigt vor dem Rathaus Köpenick. Aber beim Aspekt Scharlatanerie dürfte wohl zwischen beiden Herren kein allzu großer Unterschied bestehen, wenn auch auf unterschiedlichen Feldern

Re: Der Dieb ruft: "Haltet den Dieb!"
geschrieben von: X ~ mysnip
Datum: 27. August 2011 11:46

Drahbeck
Die Schweizer Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 15. 8. 1926 weis zu berichten:

Fast in einem jeden Zeitalter sind Seher aufgestanden und haben das Ende der Welt prophezeit und es ist eine erstaunliche Tatsache, daß nicht einmal die sogenannten Gelehrten von dieser Weltuntergangs-Furcht frei sind.
Der Mystiker Swedenborg setzte das Ende der Welt auf das Jahr 1757 fest, aber die Welt lächelte und ging ruhig ihren Gang weiter.

WT vom 1.12.2005:

www.watchtower.org/x/20051201/article_01.htm
Da die Bibel Harmagedon mit dem ,,Ende der Welt" verbindet, sollte man eigentlich genau verstehen, was mit dem Wort tatsächlich gemeint ist.

www.watchtower.org/x/20051201/article_02.htm
In Harmagedon wird Jehova ... ,,die verderben, die die Erde verderben" (Offenbarung 11:18)

Da die Bibel Harmagedon mit dem ,,Ende der Welt" verbindet, stellen die WT-Verantwortlichen die Frage:

www.watchtower.org/article_02
Harmagedon - Wann?

Erzählt wird:

www.watchtower.org/article_02
Wie erfüllte biblische Prophezeiungen zeigen, leben wir seit 1914 in den letzten Tagen des gegenwärtigen Systems der Dinge.
Den Schlussteil der letzten Tage wird ein Zeitabschnitt bilden, den Jesus als ,,große Drangsal" bezeichnete.

Antwort (?):

watchtower.org/article_02
Die Bibel sagt nicht, wie lang dieser Zeitabschnitt sein wird ...

Jedoch schreiben die WT-Verantwortlichen (WT 15.05.2006) unermüdlich es gibt schon:

www.watchtower.org/x/20060515/article_02.htm
Bald eine neue Welt!

Aber die Welt lächelt und andere (1925).

Angleichung der GZ-Redaktionen / Lämmel "Sozialphysik"
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 19. September 2011 03:31
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Angleichung der GZ-Redaktionen

Beginnend mit der Ausgabe vom 1. 9. 1926 hat sich im Impressum der Schweizer Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" einiges verändert. Die Namen einzelner Redaktions-Mitarbeiter (etwa des vorher mit angegebenen Dr. Hodler) sind nunmehr entfallen. Dafür findet man nunmehr (auch in der Schweizer Ausgabe) die Namen der jeweils Presserechtlich Verantwortlichen.
USA: Robert J. Martin und Clayton J. Woodworth.
Deutschland: P. J. G. Balzereit.
Schweiz: M. C. Harbeck.

Auch eine relevante optische Veränderung gilt es zu registrieren. Sie lässt sich auch an dem WTG-Buch "Die Harfe Gottes" (als eines von mehreren Beispielen verdeutlichen). Die in Barmen resp. Magdeburg gedruckten Ausgaben selbiger wurden in Frakturschrift gesetzt. Bekanntlich ist selbige von modernen Scann-Programmen (in der Regel) nicht einlesbar. Und die auf dem Markt befindlichen Ausnahmen von dieser Regel, zeichnen sich durch eine exorbitante (noch dazu auf bestimmte Seitenzahlen begrenzte) Preisgestaltung aus, die so extrem ist, dass sie für Bürger mit "normalem" Einkommen in der Regel kaum in den Erwägungsbereich gelangen kann. Nun, ab dieser Ausgabe, stellt die Schweizer Ausgabe des GZ, offenbar in Angleichung an die Magdeburger Ausgabe, auch auf die Frakturschrift um. Das hatte wohl den Vorteil, den Drucksatz fallweise für beide Ausgaben benutzen zu können. Erst in späteren Jahren wurden dann in Bern wieder die heute übliche lateinischen Schrifttypen verwandt.

Die Nachteile der Frakturschrift (aus heutiger Sicht) wurden schon genannt. Selbstredend spielten sie bei den damaligen Überlegungen keinerlei Rolle. Es drängt sich aber der Eindruck auf, dass ab dieser Ausgabe, die vordem noch nachweisbaren massiven Unterschiede zwischen deutscher und Schweizer Ausgabe des GZ, drastisch zurück gefahren wurden. Es gab sie aber weiterhin. Das muss aber ausdrücklich betont werden!

Sowohl in der Berner als auch in der Magdeburger Ausgabe des GZ vom 1. 9. 1926 gibt es einen Reklame-Artikel für das 1925 im Kosmos-Verlag erschienene Buch eines Dr. Lämmel mit dem Titel "Sozialphysik". Dem GZ hat es offenbar besonders angetan, dass sein Verfasser der Meinung ist, durch weitere gezielte Ausnutzung und Entwicklung von Energiequellen der Menschheit eine theoretisch mögliche glorreiche Zukunft prognostizieren zu können.
Da man ja selber technische Innovationen, etwa Radio und anderes mehr, in den vermeintlichen "Plan Gottes" einbaut, meint man sich auch in diesem Artikel zu dem Ausruf berechtigt:

"Die neuesten Erkenntnisse auf wissenschaftlichem Gebiet sind Dinge, von denen vor Jahrtausenden die Propheten sprachen, "getrieben vom Geistes Gottes".

In dem genannten Buch kann man etwa einleitend die Frage lesen:

"Hat denn überhaupt unsere Erde so viel Reichtum, daß die sozialen Mindestanforderungen der Menschen erfüllt werden können? Warum sind gegenwärtig diese Forderungen nicht erfüllt? Sind sie überhaupt erfüllbar?" (S. 5)
Und als Antwort auf diese selbst gestellte Frage meint dieser Autor weiter;

"Wir glauben an die Möglichkeit der glücklichen Lösung der sozialen Frage was die Natur des Menschen angeht. Der größte Feind einer baldigen Lösung der sozialen Frage ist nicht der Mensch an sich, sondern - seine Unwissenheit." (S. 9)

Und zur Bestätigung seiner These dienen ihm offenbar auch solche Veranschaulichungsbeispiele (unter anderem) wie das:

"Die ersten Verkehrsmittel mit Kugellager waren die Fahrräder, die dadurch zu ihren erstaunlichen Leistungen befähigt wurden." (S. 32)
Offenbar dem Umstand zuschreibbar, dass nunmehr der Drucksatz, kompatibel zwischen beiden GZ-Redaktionen ausgetauscht wird, ist auch die am Ende des Artikels genannte Bezugsanschrift zu werten:
"Sternverlag Leipzig, Eilenburgerstraße, Ecke Riebeckstr." Die war zwar für Deutschland zutreffend. Ob sie indes auch für die Schweiz als "geeignet" erscheint, dürfte wohl eher zweifelhaft sein.
Exkurs:
Eine Bewertung von Herrn Laemmel führt unter anderem aus:

"1925 erscheint zunächst seine "Sozialphysik", eine gesellschaftspolitisch utopische Schrift über die Zukunft der menschlichen Arbeit. Es ist ein von vielen Tabellen und Graphiken begleitetes Plädoyer für die Befreiung des Menschen vom Zwang des täglichen Broterwerbs durch die gesellschaftliche Nutzbarmachung moderner Wissenschaft und Technik. Dabei geht es sowohl um die rationellere Nutzung natürlicher Resourcen als auch um eine rationalere Gestaltung der sozialen Organisation. Was Laemmel in dieser Schrift zum Thema Energiereserven sagt, klingt von heute aus gesehen verblüffend: Er spricht nicht nur von der möglichen Nutzbarmachung der Sonnenenergie und der Erdwärme und von der "Stoffkraft", d.h. der in den Atomen enthaltenen Energie. Er plädiert auch für den Bau gigantischer Windkraftwerke im Süden Lateinamerikas, für grosse Gezeitenkraftwerke und ähnlich futuristische Projekte"

www.martinnaef.ch/downloads/rudolf_laemmel.htm

Meines Erachtens ist das Interesse der frühen Bibelforscher an Lämmel, namentlich in ihrer Technikeuphorie (zu damaliger Zeit) begründet.
Stichwort nur
Das Radio gehört Jehova

Oder die wundersame Loganbeere

Die Wüste wird blühen

Oder auch das Aufhören des Stuhlganges im "Paradies" und anderes mehr.
Lämmel - als Nicht-Bibelforscher - bediente einen ähnlichen Utopismus.
Ergo Motto der Bibelforscher:
"Seht ihr, der hat es doch auch gesagt ..."

Wunder, Wunder und noch einmal Wunder!
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 20. September 2011 06:51
Wunder, Wunder und noch einmal Wunder!
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise

Sowohl in der Magdeburger als auch in der Berner Ausgabe vom 15. 9. 1926 kann man einen "Wunder, Wunder und noch einmal Wunder!" überschriebenen Artikel lesen.

Einige Details aus ihm:

"Aus allen Teilen Deutschlands kommen augenblicklich auf unseren Tisch Mitteilungen von angeblichen Wunderheilungen, die hier und da stattgefunden haben sollen. Als Beispiel von vielen zitieren wir, was einer unserer werten Freunde schreibt, wie folgt:

"An das Goldene Zeitalter"
Hier in der Stadt treibt J(oseph) W(eissenberg) in schlimmer Weise sein Wesen. Er hat großen Zulauf; "viele bessere Leute" - auch ehemalige G. Z.-Leser. Zeichen und Wunder! Seine Werkzeuge künden diese nach Markus 16: 15-18 an. Jedesmaliges Händeauflegen 1.-Mark. "Geistfreunde" nennen sie sich. Bismarck, der alte Fritz und andere "Geister" schicken Botschaft. Er, Seppel W. ist der "Endprophet", der heilige Geist, der Erzengel Michael und hat Briefwechsel mit dem Erzengel Gabriel. Das G. Z. wäre m. E. berufen, auch hierüber Licht zu bringen. Vorhin erfuhr ich, daß die Chr. Gemeinschaft durch Flugblätter warnen, konnte aber keines erwischen. Hier herrscht Durcheinander; außer J. W. Gibt es noch andere Propheten."

Aus Dönitz an der Elbe wird uns von einem Freunde etwas ähnliches gesandt, wieder ein anderer lieber Freund nimmt Bezug auf die Aufforderung eines katholischen Vereins, eine Bittschrift zur Heiligsprechung der Augustinernonne Katharina Emmerich, die unsagbar viele Wunder getan haben soll, nach Rom gehen zu lassen u. v. a. mehr.

Dazu die angeblichen Wunder der sogenannten Gesundbeter, Umdenkungsmethoden der christlichen Wissenschaft, und viele andere Zeichen, Wunder und die verschiedensten angeblichen Heilungen sind, wie wir kurz aber bestimmt sagen möchten, nichts anderes als von der Heiligen Schrift längst vorausgesagte Zeichen der Zeit des Endes. ....

Der Herr sagt: "Im Stillesein wird eure Stärke sein", aber Satan, der Fürst dieser Welt, hat ein Interesse daran, die ihm dienen, auf Rosen zu betten, und es liegt eine große Wahrheit in einem Lebenswort, das ein Mitarbeiter des G. Z. uns dieser Tage sandte, das da sagt: "Der große Geldsack" bedeutet möglicherweise vor Gott den Daumenabdruck der kleinen Seele, denn es ist anzunehmen, daß Gottes Vertrauen zu denjenigen am größten ist, die er mit dem kleinsten Zehrpfennig ausstattete."

Alles aber, was berichtet wird von angeblichen Erscheinungen Verstorbener, wie auch die in dem zitierten Briefe, gehört in das Gebiet des Spiritismus ist Dämonismus ...

Wir können nur immer wieder aufs neue warnen vor diesen Dingen, denn viele Menschen, die sich auf irgendeine Weise mit diesen angeblichen Wundererscheinungen abgegeben, fielen nach kurzem Genesen in eine um so empfindlichere Reaktion, die meistens mit einem völligen Zusammenbruch der Nerven oder gar mit dem Irrenhause endete."

Man kommt nicht umhin diese relativ umfängliche, zugleich auch aber schroffe Abwehr, dahingehend zu deuten. Vorskizzierte Strömungen wurden von der WTG als reale Konkurrenz eingeschätzt. Dafür spricht auch der Passus von einem zitierten ehemaligen GZ-Leser, der da offensichtlich bei den Weissenbergern (heute eher unter dem Namen "Johannische Kirche" geläufig) gelandet ist. Das seitens der WTG an der sogenannten "Christlichen Wissenschaft" der Mary Baker Eddy, gleichfalls kein "guter Faden" gelassen wird, wurde schon früher festgestellt. Und so wundert deren Mit-Erwähnung auch in diesem Artikel nicht.

Indem genannte Strömungen von der WTG als Konkurrenz empfunden werden, wird im Umkehrschluss zugleich auch deutlich, was für eine Klientel "diese und jene" (einschließlich der WTG-Religion) im besonderen anzusprechen pflegte.

Eine thematische Meldung gab es nochmals in der "Goldenen Zeitalter"-Ausgabe vom 15. 8. 1933. Letzteres konnte zu der Zeit, zwar nur noch in der Schweiz erscheinen. Gleichwohl griff es eine Meldung auf, die da von Deutschland "herübergeschwappt" war. Berichtet wurde

" Sensationelle Heilungen
Der sonderbare Profet Weissenberg, der durch Auflegen von weissem Käse sensationelle "Heilungen" erzielt hat und in der von ihm begründeten "christlichen Siedlung Waldfrieden" bei Glau Gottesdienste abhält, bei denen er zusammen mit Jesus auf Altarbildern sichtbar wird, hat nach einem Bericht der "Täglichen Rundschau" über Pfingsten einen ungeheuren Zustrom gehabt.
Zehntausende seien nach Glau marschiert, vornweg der Kriegerverein "Ewiges Leben" mit der Kapelle, und man habe fünf bis sechs Parallelgottesdienste abhalten müssen."

Nun, zu letzterer Meldung wird man wohl noch hinzufügen müssen.
Auch die Weissenberger, versuchten nach 1933, durch extensive Anbiederung, auf den fahrenden Nazizug noch mit aufzuspringen. Das taten auch noch andere, ohne Frage. Etwa selbst die Freimaurer und andere mehr.
Sie alle mussten indes erfahren, dass ihr Kalkül nicht aufging.

Der Pyramiden-Kaffeesatz lässt grüßen
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 18. Oktober 2011 04:39
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Der Pyramiden-Kaffeesatz lässt grüßen

Unter der Überschrift "In den Pyramiden steht die Zukunft der Welt geschrieben", liest man in der Berner Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 1. 10. 1926 (Ausgabe Magdeburg schon am 15. 9. 1926):

"Ein gelehrter Londoner Ägyptologe, der sich, wie die Blätter erklären, internationalen Ansehens als Forscher erfreut, der aber gleichwohl in dieser Sache nicht mit seinem Namen hervortritt, hat erklärt, daß er in den Pyramiden Fingerzeige gefunden habe, um die großen Ereignisse vorauszusagen, die in Zukunft das Gesicht der Welt verändern würden. In der Londoner Zeitung, die diese Notiz wiedergibt, bestätigt ein Kapitän Seton-Karr dem ihm befreundeten Gelehrten, daß er den Weltkrieg viele Monate vor dem Ausbruch der Feindseligkeiten prophezeit habe. Außerdem habe er den genauen Termin vorausgesagt, an dem dann auch tatsächlich der Waffenstillstand abgeschlossen worden ist. Der Forscher gibt als Daten, die in Zukunft für den Ablauf der Geschichte eine große Bedeutung haben werden, den 11. Juli 1927, den 28. Mai 1928, sowie den 15. und 16. September 1926 an. Der Prophet teilt jedoch gleichzeitig mit, daß er nur die Daten dieser kommenden Ereignisse, nicht aber ihren Charakter voraussagen könne."

Irgendwelche kritischen Vorbehalte gegen vorstehendes Zitat, sucht man im "Goldenen Zeitalter" vergebens. Ganz im Gegenteil nutzt man das ganze, um so noch für die eigenen einschlägigen Theorien Reklame zu machen, wenn man weiter äußert:

"Wir erinnern die Leser des "G.Z." an den .... veröffentlichten Artikel "Eine Bibel für Wissenschaftler" und an Kapitel 10 in Band 3 der Schriftstudien von Pastor Russell, wo sie nicht nur eine eingehende Beschreibung des Steinzeugen Gottes der Pyramide von Gizeh, sondern viele wertvolle Daten usw. vorfinden, die dem Christen beim Studium der Heiligen Schrift eine wertvolle Hilfe sind."

Siehe unter anderem auch

Die vorgebliche Bibel in Stein

Parsimony.19912

Mysnip.40453

Münchener katholische Kirchenzeitung
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 19. Oktober 2011 02:36
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - eine Zeitreise
Münchener katholische Kirchenzeitung

Unter den zeitgenössischen Gegnern der Bibelforscher, soweit es sich um Zeitschriften handelt, ragt besonders die "Münchener katholische Kirchenzeitung" hervor. Und zwar in einem Umfange, der selbst die WTG einmal zwang, im "Goldenen Zeitalter" (Berner und Magdeburger Ausgabe) vom 15. 10. 1926, darauf einzugehen. Vorab sei aber erst einmal die Publizistik genannter Kirchenzeitung zum Bibelforscher-Thema etwas näher vorgestellt.

In der "Münchener katholischen Kirchenzeitung" Nr. 51/1924 war unter der Überschrift "Ein ernstes Wort über die 'Ernsten Bibelforscher'" zu lesen:

"Die 'Wachtturm- Bibel- und Traktatgesellschaft' Magdeburg bezeichnet in einer langen und weitverbreiteten 'Öffentlichen Erklärung' die vom Bezirksgericht St. Gallen als wahr und erwiesen angenommene Behauptung, die 'Ernsten Bibelforscher' würden von Juden mit Geld unterstützt, als unwahr."

Hier schon muss die Zitierung unterbrochen werden. Offenbar sind genannte katholische Kreise da ihrem eigenen Wunschdenken erlegen. Die Unterstellung, genanntes Gericht hätte, genannte Vorhalte "als wahr und erwiesen angenommen", ist sachlich nicht haltbar. Zu den Kontroversen und Hintergründen des St. Galler Bibelforscherprozesses, empfehlen sich besonders auch die Detailausführungen in der "Geschichte der Zeugen Jehovas. Mit Schwerpunkt der deutschen Geschichte" .
Man nannte sie Philosemiten

Mysnip.5995

Parsimony.24123

Ausgehend von ihrer nicht haltbaren Wunschdenkensthese argumentiert genannte Ausgabe dieser Kirchenzeitung weiter:

"Statt des geraden und einfachen Weges gerichtlich gegen die Verbreiter dieser Behauptung, in erster Linie das 'St. Galler Tagblatt' vorzugehen, wie die Züricher (Wachtturm Bibel- und) Traktatgesellschaft es in St. Gallen gegen Dr. Fehrmann getan hat, erklärt nun die Magdeburger Traktatgesellschaft die Schriftleiter jener Zeitungen, welche die Mitteilungen über die Feststellungen und Enthüllungen vor dem Gericht St. Gallen abgedruckt haben, als Verbreiter grober Unwahrheiten.
Die Redakteure sollten die Traktatgesellschaft Magdeburg verklagen, weil die Schriftleiter den Gerichtsbericht über die in St. Gallen so blamabel unterlegene Klägerin, die Traktatgesellschaft - Zürich veröffentlicht haben! ...
Die Herren Bibelforscher machen sich die Sache sehr leicht. Warum klagen sie denn nicht."

Hier erneut eine Unterbrechung der Zitierung. Was das "sehr leicht machen" anbelangt, da beschreibt wohl genannte Kirchenzeitung auch sich selbst. Ihr Versuch des "aufhetzens", des animierens anderer, für die eigenen Interessen doch möglichst die "heißen Kartoffeln aus dem Ofen zu holen", ist für den unabhängiger Beobachter nur zu augenfällig. Kennt man den Background anderer zeitgenössischer katholischer Apologeten zum Bibelforscherthema (etwa den des verhinderten Nazis Fritz Schlegel, oder auch zu nennen, die zum Wesensgefüge der Catholica gehörende massive Freimaurerhetze, wird der Erguss der MKZ nicht gerade "erträglicher".
Man vergleiche ergänzend (außerhalb des "nur" auf katholische Kreise eingeengten Blickfeldes) auch:
Das Thema Freimaurer
Bemerkenswert eine etwas abgewandelte, neuzeitlichere Auseinandersetzung, mit einem vom Typus unterbelichteter Katholik
Weiter die MKZ:

"Der Einfachheit halber und damit ja niemand - klug wie die Schlangen und glatt wie die Aale - uns durchschlüpfen kann, formulieren wir folgende ... Punkte:
1. Am 21. Januar 1924 haben die Protestanten der Stadt St. Gallen eine große Protestversammlung gegen die Umtriebe der 'Ernsten Bibelforscher' abgehalten. ...
Ist es richtig, daß auch die Polizeidirektion und Regierungsrat des Kantons Nidwalden Missionaren der 'Ernsten Bibelforscher' die Hausierpatente verweigert haben? Daß das Bundesgericht durch diesen Entscheid bestätigt hat? ("Basler Nachrichten" 25. Juli 1924). ..."

Wenn wir schon beim dokumentierten zitieren sind, sei auch noch die genannte Ausgabe der "Basler Nachrichten" auf welche sich die MKZ beruft, zitiert. Unter der Überschrift
"Aus dem Bundesgericht. Die 'Ernsten Bibelforscher'" kann man in den "Basler Nachrichten" vom 25. 7. 1924 lesen:

"In einem neuesten Entscheide hatte sich das Bundesgericht auch mit dem Wesen der sogenannten 'Ernsten Bibelforscher' mit ihrer aufdringlichen Propaganda und ihrer widerwärtigen Proselytenmacherei zu befassen, wodurch diese Gesellschaft schon in verschiedenen Kantonen den starken Unwillen der Bevölkerung erregt hat. Den Anlaß bildeten zwei staatsrechtliche Rekurse, die von dieser Vereinigung und einzelnen ihrer 'Prediger' gegen die Beschlüsse der Regierungen von St. Gallen und Nidwalden eingereicht hatten, wodurch in Zukunft keine Patente mehr für den Vertrieb der Schriften der 'Bibelforscher' erteilt werden dürfen und bereits erteilte zurückgezogen, bezw. nachgesuchte Patente verweigert werden.

Nach der Rekursschrift handelt es sich hier um eine religiöse Bewegung angelsächsischen Ursprungs, die auf die ganze kirchliche Dogmatik und theologische Wissenschaft verzichtet, indem sie unmittelbar auf die Bibel zurückgreift. Nach ihrer Lehre können die Menschen ewiges Leben erlangen, nicht im Sinne der Unsterblichkeit im Himmel, sondern im Sinne eines ewigen Lebens auf Erden in menschlicher Vollkommenheit, in einem reinen, von Gott regierten Universum!

1. Der St. Galler Rekurs
Am 12. Februar 1924 beschloß der Regierungsrat des Kantons St. Gallen auf vielfache Klagen hin:
1. Die zuständigen Stellen seien angewiesen für den Vertrieb der Publikationen der 'Vereinigung ernster Bibelforscher' keine Hausierpatente mehr zu verabfolgen.
2. Die für einen solchen Vertrieb bereits erteilten und noch laufenden Patente seien, unter Rückvergütung der gekürzten Gültigkeitsdauer entsprechenden Patenttaxe, auf den 18. Februar 1924 als ungültig erklärt.
Dieser Beschluß stützte sich auf Art. 8 des kantonalen Gesetzes über den Marktverkehr und das Hausieren:

"Es wird kein Patent erteilt, wenn mit der Ausübung des Gewerbes
c) eine Belästigung des Publikums verbunden ist, wie bei Orgelspielen, Bänkelsängern, Bärenführer usw."

Der Patententzug betraf 5 Personen, die zur Rückgabe ihrer Ausweise aufgefordert wurden.
Gegen diesen Beschluß führten:
a) die internationale Vereinigung ernster Bibelforscher in Zürich,
b) die Wachtturm- Bibel- und Traktatgesellschaft in Zürich und
c) Frau Nürpel-Teiler in Benken (Zürich), der das Patent entzogen worden war, beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde, worin eine Verletzung der Rechtsgleichheit, der Preßfreiheit und der Glaubensfreiheit behauptet wurde. Es wurde bestritten, daß das Publikum durch die Missionare der Vereingung belästigt worden sei und darauf hingewiesen, daß bis dahin noch keine einzige Polizeibuße aus diesem Grunde verhängt worden wäre. Sollte sich jemand tatsächlich eine Belästigung zuschulden kommen lassen, so mögen die Behörden gegen ihn einschreiten; ein derart allgemeines Verbot lasse sich aber auf Grund des Hausiergesetzes nicht rechtfertigen.
Der angefochtene Beschluß verstoße aber auch gegen die Garantie der Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 49 der Bundesverfassung), weil dadurch eine religiöse Propaganda praktisch unterbunden und die Erfüllung des religiösen Glaubensbekenntnisses verunmöglicht werde.

In seiner Rekursantwort führte der Regierungsrat aus, das Verbot sei erfolgt, nicht weil diese Propaganda dem Großteil der Bevölkerung unsympathisch sei, sondern weil das aufdringliche, rücksichtslose und herausfordernde Vorgehen, das ziemlich allgemein bei diesen Hausbesuchen durch die Missionare befolgt werde, eine dem Publikum nicht zumutende Belästigung bedeute, daß gelegentlich auch das religiöse Bekenntnis der zu Belehrenden heruntergemacht werde.

Andererseits handle es sich hier um eine gewerbepolizeiliche Verfügung, gegenüber der die Preßfreiheit nicht angerufen werden könne; ebensowenig die Glaubensfreiheit, die an die Schranken der öffentlichen Ordnung gebunden sei, an die sich auch eine religiöse Propaganda zu halten habe. Schließlich legte der Regierungsrat eine Instruktion zu den Akten, wodurch diese Hausierer-Missionare beim Vertrieb dieser Broschüren verpflichtet sind,

"frisch aufzutreten, langsam und freundlich zu reden."

Nur wenn jemand die gebotene Schrift  "absolut nicht will", "bestimmt gekauft werde."

Wo kein Patent erteilt wird, sollen die Schriften nach dieser Instruktion geschenkt werden, mit dem Beifügen:

"Wenn Sie aber sonst gerne eine Kleinigkeit für dieses Werk geben möchten, so haben Sie die Freiheit."

In diesen Fällen darf kein Preis genannt werden, um nicht das Hausiergesetz zu übertreten.

Im Bundesgericht waren die Meinungen sehr geteilt, ob dieses Verbot auf Grund der zitierten Bestimmung des kantonalen Hausiergesetzes erlassen werden dürfte. Die Minderheit des Bundesgerichts wollte dies verneinen. Nach ihrer Auffassung hätte das Verbot auf Grund von Art. 49 der Bundesverfassung (Garantie der Glaubens- und Gewissensfreiheit) erlassen werden sollen.

In der Begründung dieses Standpunktes wurde in erster Linie darauf hingewiesen, daß weder bei den rekurrierenden Vereinigungen als solche, noch der Frau Norpel in irgend einem konkreten Falle tatsächlich eine Belästigung des Publikums nachgewiesen ist. Auch kann der Vertrieb dieser Traktaten der Bibelforscher nicht als unsittliche Literatur verboten werden, so abstruse hirnverbrannte Theorien auch durch von diesen "religiösen Führern" entwickelt werden, wie sich ein Mitglied des Gerichtes ausdrückte. Damit fehlen aber für die Anwendung des Hausiergesetzes die Voraussetzungen. Dagegen läßt sich dieses Verbot sehr gut rechtfertigen auf Grund der Garantie der Glaubensfreiheit. Hier stellte die Minderheit des Bundesgerichtes den Grundsatz auf, daß die Glaubensfreiheit ihre Schranken habe in der Respektierung der religiösen Überzeugung anderer und in der Sorge, um den religiösen Frieden. Es braucht sich niemand gefallen zu lassen, daß ihm wider seinen Willen in derart aufdringlicher Weise eine andere religiöse Überzeugung aufgedrängt wird, wie dies die Werbetätigkeit dieser Bibelforscher bezweckt.

Es ist ein vom Standpunkt der Bundesverfassung aus absolut unzulässiger Eingriff in die eigene Glaubenssphäre, wenn ein Agent einer religiösen Gemeinschaft einen Andersgläubigen in die Wohnung eindringt und ihn dort in einer Art und Weise bearbeiten will, wie dies den Missionaren der Bibelforscher in ihrer Instruktion vorgeschrieben ist. Eine derartige Belästigung mit religiöser Propaganda und Zudringlichkeit soll an sich verboten sein. Dafür gibt die Bundesverfassung die notwendige Handhabe.

Demgegenüber vertrat die Mehrheit des Bundesgerichts die Auffassung, daß dieses Verbot auch schon im kantonalen Hausiergesetz seine rechtliche Stütze finde, auf Grund dessen es vom Regierungsrat erlassen wurde, indem im Verhalten der Agenten der Bibelforscher bei der Kolportage dieser Schriften im allgemeinen eine "Belästigung des Publikums" im Sinne des Hausiergesetzes erblickt werden müsse. In dieser Beziehung wurde in der Hauptsache folgendes ausgeführt.

Mit der Glaubens- und Gewissensfreiheit ist in der Bundesverfassung auch die Verbreitung religiöser Lehren gewährleistet. Doch gilt diese Garantie nicht unbeschränkt, sondern nur innerhalb der Grenzen der Sittlichkeit und der öffentlichen Ordnung. Sittlichkeit und öffentliche Ordnung sind dabei bundesrechtliche Begriffe. Aus dem Vorbehalt für öffentliche Ordnung ergibt sich ohne weiteres, daß die religiöse Werbearbeit, wenn sie in der Form des Hausierens mit Schriften auftritt, sich auch die polizeilichen Beschränkungen gefallen lassen muß, die für diese Gewerbe zu Recht bestehen.

Wenn nun auch den Rekurrenten keine konkrete Belästigung des Publikums zur Last gelegt wird, so erscheint dieser Patententzug doch für gerechtfertigt, wenn gesagt werden kann, daß die Natur der Schriften als Werbemittel für eine bestimmte religiöse Lehre und der Propagandazweck des Hausiervertriebes nach den vorliegenden Erfahrungen eine unstatthafte Belästigung des Publikums mehr oder weniger mit Notwendigkeit bedingt. Das ist hier zu bejahen. Dabei ist vor allem zu beachten, daß man es hier nicht mit dem Vertrieb einer Ware, wie beim gewöhnlichen Hausierhandel zu tun hat, sondern mit der Propaganda einer religiösen Lehre. Der Absatz der Broschüren ist nur ein Mittel zum Zweck, zur Erreichung des wahren Zieles, der Ausbreitung der Lehre. Wenn auch jedes religiöse Bekenntnis im allgemeinen das Recht hat, seine Lehren bekanntzumachen, um neue Anhänger für sie zu gewinnen, so kann andererseits der einzelne verlangen, daß er innerhalb seiner eigenen vier Wände von unaufgeforderter religiöser Werbetätigkeit verschont bleibe.

Dies muß hier um so mehr verlangt werden, als es sich bei den Ernsten Bibelforschern um eine Lehre handelt, die geeignet ist, bei einfachen Gemütern Beunruhigung hervorzurufen. Die Agenten sind angewiesen, dabei

"frisch aufzutreten",

was wohl heißen will, daß sie sich durch eine ablehnende Haltung nicht beirren lassen sollen. Das den Hausierern in jener Instruktion vorgeschriebene Verhalten überschreitet dasjenige Maß der religiösen Propaganda, das aus Gründen der öffentlichen Ordnung zuzulassen ist. Daß das Publikum diese Werbetätigkeit tatsächlich als eine Belästigung empfindet, geht aus den vielen laut gewordenen Klagen und Beschwerden hervor. Bei dieser Sachlage war der Regierungsrat berechtigt, den weiteren Vertrieb dieser Schriften im Hausierhandel zu verbieten. Der Staat ist nicht verpflichtet, eine derartige Belästigung des Publikums durch Erteilung von Hausierpatenten zu erleichtern oder zu begünstigen.
Im Sinne dieser Erwägungen hat das Bundesgericht diesen Rekurs mit vier gegen drei Stimmen abgewiesen. Die Minderheit wollte den Rekurs im Sinne ihrer Ausführung gutheißen, wonach solche Werbetätigkeit vom Standpunkt der Glaubensfreiheit aus bekämpft werden müßte.

Der Nidwaldner Rekurs
Hier lag die Sache anders. Karl Maurer, Gärtner in Pfäffikon (Zürich) und Paul Manz in Zürich, beides Missionare der Vereinigung Ernster Bibelforscher, bewarben sich um ein Hausierpatent im Kanton Nidwalden, um hier diese Schriften zu vertreiben. Die Polizeidirektion wies das Gesuch ab. Durch Entscheid des Regierungsrates von Nidwalden vom 10 März 1924 wurde der von ihnen ergriffene Rekurs abgewiesen. Der Entscheid stützt sich auf Paragraph 6d des Kantonalen Gesetzes über den Hausierverkehr, wonach

"von Personen, die erfahrungsgemäß beim Hausieren des Publikums durch Bettel oder Zudringlichkeit belästigen, keine Patente erteilt werden."

Hier war nun aber polizeilich festgestellt, daß sich die beiden Rekurrenten durch ihre Zudringlichkeiten bereits an verschiedenen Orten Belästigungen des Publikums hatten zuschulden kommen lassen.

Angesichts dieser Tatsache, war das Bundesgericht in der Abweisung der gegen diesen Entscheid eingereichten staatsrechtlichen Rekurses einig. Hier handelt es sich nicht um ein generelles Verbot wie in St. Gallen, sondern um die Patentverweigerung an zwei bestimmte Agenten, die durch ihr Verhalten bereits das Publikum belästigt hatten. Da hat das kantonale Hausiergesetz auch nach der Auffassung der Minderheit des Bundesgerichts im St. Galler Fall eine vollauf genügende Handhabe zur Abweisung des gestellten Gesuches."

Soweit erst mal die Ausführungen der "Basler Nachrichten". Bevor nun wieder auf die "Münchener Katholische Kirchenzeitung" eingegangen wird, mag die Gelegenheit genutzt werden, noch einen weiteren Artikel der "Basler Nachrichten" zu zitieren. Und zwar den aus der Ausgabe vom 28. 10. 1924, da auch er, gewisse beachtliche Aspekte mit anspricht.
Unter der Überschrift "Ein interessanter Prozeß" liest man in diesem Artikel:

"Am 21. Januar, anläßlich einer von der Freien protestantischen Vereinigung veranstalteten, von über 1200 Personen besuchten Volksversammlung, an der der Zürcher Theologieprofessor Ludwig Köhler über die Internationale Vereinigung der ernsten Bibelforscher referierte, stellte Dr. med. Fehrmann als Diskussionsredner die Behauptung auf, die Internationale Vereinigung ernster Bibelforscher werde von den Juden finanziell unterstützt, um Verwirrung in die westeuropäische Christenheit zu bringen. Diesen Vorwurf wiederholte Dr. F. nachher auch in einem St. Galler Blatte und machte sich anheischig auch den Beweis für seine Behauptung erbringen zu wollen.

Diese Äußerung und die angedeutete Zeitungserklärung bildeten nun Gegenstand einer Klage. Als Kläger traten auf die Internationale Vereinigung ernster Bibelforscher und in zweiter Linie deren Leiter für Zentraleuropa, der in Zürich domilizierte Deutsch-Amerikaner Binkele, beide verbeiständet durch Dr. A. Reichstein (Zürich).

Der Beklagte bestritt vorerst die Aktivlegitimation der beiden Kläger zur Klageberechtigung. Die I.V.E.B. sei keine juristische Person nach geltendem Schweizerischen und St. Gallischem Recht. Das Gericht hat denn auch die Aktivlegitimation der I.V.E.B. verneint, diejenige des verantwortlichen Leiters Binkele dagegen bejaht und den Kläger zugelassen, so daß die Angelegenheit nichts destoweniger materiell zur Behandlung gelangen konnte.

Von Seiten der Klägerschaft wurde nun vor den Gerichtsschranken geltend gemacht, daß die von Dr. Fehrmann gemachte Behauptung, die Juden seien die Geldgeber der Internationalen Vereinigung ernster Bibelforscher, und sie bezweckten damit, eine Verwirrung in der westeuropäischen Christenheit, nichts anderes sei als der Vorwurf, daß die I.V.E.B. lasse sich von den Juden bestechen, da dieselben vermeintlich ein Interesse daran hätten, in Europa ein Durcheinander herbeizuführen, wobei dann die Söhne Israels am besten im Trüben fischen könnten.

Die I.V.E.B. bestreitet nun entschieden, daß jemals jüdisches Geld ihnen zugekommen sei, wie auch aus einer bezüglichen bestimmten Erklärung des Generalkassiers der I.V.E.B. hervorgehe.
Übrigens habe die Vereinigung gar nicht zu sagen, woher sie ihre reichen Geldmittel, die sie für propagandistische Zwecke verwende, habe. - Dr. Reichstein sagte, sie flössen ihr von begüterten und opferfreudigen Anhängern der Idee der neuen Lehre zu -, wohl aber sei es Pflicht der Beklagten, nun klipp und klar zu beweisen, daß die Juden hier die Hand im Spiele hatten, wie er behauptet habe.

Der Rechtsvertreter des Beklagten Dr. Duft, Nationalrat in St. Gallen, findet es auffallend, daß nun hier die I.V.E.B. bezw. ihr Leiter Binkele, als Kläger auftraten, nicht aber die Juden, denen doch der Vorwurf von Dr. F. in erster Linie habe gelten müssen.
Dann schildert er die Entstehung und den Werdegang der I.V.E.B., deren Lehren und Weltuntergangsprophezeiungen, die bis jetzt immer hätten von einem Termin auf den anderen zurückgestellt werden müssen, bis nun im kommenden Jahr das Verhängnis eintreffen werde. Die neue Lehre sei eine Irrlehre, die nur dazu angetan sei, geistige Verwirrung zu schaffen. Zum Teil aufgebaut auf dem Alten Testament, richte sie sich in ihrer Ausrichtung mit aller Schärfe gegen die heutigen christlichen Kirchen, die mit allen Mitteln und in rücksichtslosester, brutalster und gemeinster Weise bekämpft und beschmutzt würden.

Die katholische Kirche habe man in den Büchern und Traktätchen der I.V.E.B. die "große Hure" genannt, die protestantische dagegen die "kleine Hure". Die I.V.E.B. sei zudem dem Staatsgefährlich durch die angestrebte Ausmerzung der christlichen Kirche versuche sie gleichzeitig auch die Trägerin der Staatshoheit zu treffen, die Staaten sollten verschwinden, um dem von den Bibelforschern erträumten Friedensreiche der tausend Jahre als einem Paradiese Platz zu machen.

Ebenso verwerflich wie diese Irrlehre sei auch die Art und Weise, wie sie vertreten werde. Mit Lüge und Verleumdung werde da rücksichtslos operiert, keine Spur von Toleranz werde zuerkannt, überall Unverträglichkeit, maßlose Aufdringlichkeit, aufgebaut nach einem besonderen Leitfaden zuhanden der zahlreichen Agenten usw.
Gewiß haben die Apostel der I.V.E.B. schon vieles hören und lesen müssen; sie haben sich "Bibelpfuscher und fälscher" nennen lassen, haben die seit Jahren schon oft aufgestellte Behauptung in der Presse und andern Publikationen, die I.V.E.B. lasse sich von den Juden Geldmittel durch das New Yorker Bankhaus Hirsch zuschießen u. a. m. eingesteckt, ohne jemals den Mut zu finden, dagegen in einem Strafverfahren aufzutreten; man habe es lediglich auf vereinzelte Drohungen abgestellt. Dagegen habe man in der Verherrlichung des Judentums (Herzl) nicht genug tun können. Ein geistiger Zusammenhang zwischen der I.V.E.B und den Juden müsse unbedingt bestehen. Das zeige schon die gelegentliche Ähnlichkeit der Lehren der Bibelforscher und des Talmud, weiter die Tatsache, daß jene von protestantischer Seite einberufene Volksversammlung in St. Gallen von zahlreichen Israeliten besucht gewesen sei, daß auch der gegnerische Anwalt diesen Kreisen angehöre und daß das "Israelitische Wochenblatt für die Schweiz" schon seit Wochen ein ganz auffallendes Interesse für den heutigen Prozeß an den Tag gelegt habe.

Auch gegenüber den neuesten Angriffen im Oltener "Morgen" habe die I.V.E.B. kein Strafverfahren durchzuführen gewagt, obgleich just dort ein Brief eines jüdisch-amerikanischen Freimaurers an seinen Bruder in der Schweiz zum Abdruck gelangt sei, aus dem unzweideutig hervorgehe, daß zwischen den Bibelforschern und den Juden nicht bloß eine geistige Verbindung bestehe, sondern daß tatsächlich auch jüdische Gelder der I.V.E.B. zuflossen. Der Beklagte, gegen den man den Richter anruft, obschon er nichts anderes gesagt und behauptet hat, was zuvor von anderer Seite bereits Dutzende geschrieben haben, ohne daß die I.V.E.B. deshalb zum Kadi gelaufen wäre - die gute Treue könnte ihm auf keinen Fall abgesprochen werden -, macht sich nun anheischig, darüber hinaus auch noch einen direkten Beweis anzutreten und durch einen in Konstanz lebenden Schriftsteller beweisen zu lassen, daß nicht bloß der im "Morgen" abgedruckte Brief authentisch sei, sondern auch die darin enthaltenen Behauptungen ihre Richtigkeit hätten.

Das Gericht fand nun, daß der offerierte Zeuge gar nicht notwendig sei, da, nachdem die I.V.E.B. Jahrelang sich nicht habe dazu aufraffen können, die von Dr. F. gemachte Behauptung vorher schon einer gerichtlichen Beurteilung zu unterstellen, da sie Binkele und Konsorten doch schon längst habe bekannt sein müssen, der vom Beklagten zu erbringende Beweis auch so als erbracht angenommen werden müsse. Das Gericht wies deshalb die Klage unter Kostenfolge ab und sprach dem Beklagten zu dem eine außerrechtliche Entschädigung von 450 Fr. zu ..."

Man vergleiche ergänzend auch:
Mysnip.46627

Resümierende Zwischenbemerkung. Lässt man die zeitgenössische Engführung auf "Juden" oder "Freimaurer" beiseite. Setzt man statt dessen mehr allgemein gehalten den Begriff ein "finanzstarke US-Kreise", kommt man wohl einem wesentlichen Sachverhalt auf die Spur. In ihrem agieren gegen diese zeitgenössischen Vorhalte, hat die damalige WTG sich keineswegs "mit Ruhm" bekleckert. Ihre Kontrahenten haben wohl nicht zu unrecht herausgearbeitet. Sie reagierte erst dann, wenn die publizistischen "Wellen" ihr zu übermächtig zu werden drohten. Solange sich das alles noch auf der Ebene abspielte, "im Tagesgeschäft unterzugehen" (heute gemeldet, morgen vergessen), zog sie es vor - zu Schweigen. Warum? Wohl auch deshalb, weil den verantwortlichen WTG-Funktionären, sowohl in Deutschland, als auch in der Schweiz bewusst war. Ohne die tatsächliche massive Anschubfinanzierung aus den USA, hätte diese Organisation nicht den Stand erreicht, einschließlich Immobilien, Druckereien usw., den sie tatsächlich einnahm. Nicht zu vergessen auch die kostspieligen Werbebeilagen in den Tageszeitungen der ersten Jahre. Das alles kostet Geld. Viel Geld. Der Fehler der zeitgenössischen Aufgeregtheit bestand eben darin, diese Finanzströme, definitiv "Juden" oder "Freimaurern" zuorten zu können, ohne letztendlich auch einen stichhaltigen Beweis dafür zu liefern.

Dieser Beweis hätte sich durchaus nicht vor den Tribunalen eines Gerichtssaales abspielen müssen. Er hätte ebensogut (ja sogar noch besser), etwa auf der Ebene der Publizistik erbracht werden können, müssen. Außer wagen Andeutungen, und nicht bewiesenen Unterstellungen, ist man da nicht sonderlich weit gekommen. Weder in der Schweiz, noch in Deutschland. Das gilt es auch heute noch, als Endresultat auszusprechen.
Es passt übrigens ins Bild, dass auch die beiden zitierten Artikel aus den "Basler Nachrichten" zu denen gehören, die von der WTG im Schweigen übergangen wurden. Ihre Zitierung lässt sich zwar zeitgenössisch nachweisen. Nur eben nicht im Schrifttum der WTG.

Um nun wieder auf die eingangs genannte "Münchener Katholische Kirchenzeitung" zurückzukehren. In ihrer Ausgabe Nr. 19/1925 "legte sie nach". Das heißt es gab einen neuen, umfänglichen Artikel zum Thema. Unter dem Vorbehalt, die Vorlage ist nicht optimal, sei er nachstehend reproduziert. Wer sich wirklich für die Details dieser ganzen "Affäre" interessiert, wird in ihm etliche, nicht unwesentliche Fingerzeige vorfinden. Da das Repro-Angebot vorliegt, sei es mir gestattet diesen Artikel jetzt nicht weiter zu referieren/kommentieren. An anderer Stelle ist das schon ausreichend geschehen.

http://www.manfred-gebhard.de/MKZ.1925.1.jpg

http://www.manfred-gebhard.de/MKZ.1925.2.jpg

http://www.manfred-gebhard.de/MKZ.1925.3.jpg

Auch hier wiederum nicht uninteressant. Eine Detail-Kommentierung in der WTG-Literatur zu ihm, gibt es nicht!
Nun aber kommt der Punkt, wo die WTG-Organisation tatsächlich (und sogar relativ umfänglich) ihr Schweigen brach. Für die MKZ war das Bibelforscherthema, weiterhin "Thema". Und so gibt es in ihrer Ausgabe Nr. 31/1926 eine neue Meldung in ihren Spalten. Und siehe da; selbst das "Goldene Zeitalter" (Ausgabe Bern und Ausgabe Magdeburg) vom 15. 10. 1926 erwähnt sie in kommentierter Form. Schlau indes wie WTG-Funktionäre zu sein belieben, hütet man sich den genauen Wortlaut auch seinerseits wiederzugeben. Man bietet allenfalls ein paar kommentierte Brocken aus ihm.
So sei denn zuerst auch jener Artikel aus der MKZ näher vorgestellt. In deren Rubrik "Aus Welt und Kirche", liest man in der Ausgabe Nr. 31/1926 (und das ist doch eigentlich eher eine Kurzmeldung. Weniger aber ein umfänglicher Artikel) das Nachfolgende:

"Die 'Ernsten' Bibelforscher haben eine neue schwere Niederlage erlitten: der oberste Heeresleiter ihrer deutschen Abteilung Balzereit hat amtlich Brief und Siegel für seine vollendete Unkenntnis, Unwissenheit und Unwissenschaftlichkeit erhalten.
Der "Bayer. Kurier" und das "Neue Münchener Tageblatt" eines von beiden Blättern sollte jeder bessere Katholik lesen! - haben schon vor längerer Zeit die in 250 000 Exemplaren verbreite Hetzschrift Balzereits: "Die größte Geheimmacht der Welt" öffentlich gebrandmarkt.
Sie haben z. B. darauf hingewiesen, daß dieses wissenschaftliche Waisenkind "Council von Trient" mit "Rat der Dreißig" übersetzt, denen die geheime Leitung der katholischen Kirche obliegen soll! aus 1000 und 1 Hetzbroschürchen, auch aus Elaboraten des "Evangelischen Bundes" und Hoensbroechs ist, hier alles und jedes gegen Rom zusammengetragen und "verwertet", gerade wie wenn jemand auf ein Häuflein Staub am Portal eines Riesendomes hinweisen und daraus als Schlußfolgerung verkünden würde, so schaut der ganze Dom aus!
Das Oberlandesgericht Dresden hat nun das Haupt der deutschen Bibelforscher Balzereit wegen Verletzung des § 166 belangt:

"wer öffentlich eine der christlichen Kirchen oder ihre Einrichtungen und Gebräuche beschimpft"

... Balzereit wurde zu 100 Mk. Geldstrafe und Einziehung der Schrift verurteilt."

Als die WTG-Oberen vorstehendes zu Gesicht bekamen, da fanden sie in der Tat ihre lange verlorene Fähigkeit zu sprechen wieder. Genugtuung sei vonnöten, befanden sie. Welchen Weg solle man da einschlagen? Den Weg über die Gerichte. O je, so ihr internes "Gutachten". Das doch lieber nicht. Dann konnte (müsste) ja wohl vor aller Öffentlichkeit, auch die Verfasserfrage jener ominösen "Geheimmacht"-Schrift aufgerollt werden. Das wollten doch die Bibelforscher-Gegner schon lange. Nee, so besagte ihr "Gutachten". Den Gefallen tun wir ihnen nicht. Bei der Verfasserfrage ist weiterhin von oben angeordnetes Schweigen angesagt.

Aber die MKZ war in einem wesentlichen Punkt durchaus mehr als ungenau. Sie unterstellte, die "Geheimmacht"-Schrift sei auch im offiziellen Verlag der WTG erschienen, was jedoch eben nicht der Fall war. Wie immer man den da in Rede stehenden "Sternverlag" einschätzt "Strohmann" oder nicht. Jedenfalls die Gelegenheit die MKZ der Ungenauigkeit in der Verlagsfrage zu bezichtigen; genau diese Gelegenheit wollte man sich nun durchaus nicht entgehen lassen. Und siehe da, die Spalten des "Goldenen Zeitalters" waren nun gut genug, sich in der Pose der "verfolgten Unschuld vom Lande" zu präsentieren.

Einleitend bemerkt das GZ in seiner Ausgabe vom 15. 10. 1926 schon, unter der Überschrift:

"Eine Zurückweisung. Gereicht an alle, die es angeht! Besonders der Münchner katholischen Kirchen-Zeitung in Stammbuch."

Was bekam nun selbige in ihrem "Stammbuch" zu lesen? Unter anderem dieses:

"Da wir bei sachlich und ruhig gehaltenen Richtigstellungen bei demjenigen Teil der Presse, der uns fortgesetzt unwahren Dinge unterschiebt, um Ziele und Absichten unsere Arbeit in der öffentlichen Meinung zu diskreditieren, zur Zurückweisung dieser Dinge entweder gar kein Gehör finden oder aber stets erleben müssen, daß unsere Richtigstellung völlig verdreht und durch Kommentar verschandelt wird, übermitteln wir hier all denen, die falsche Nachrichten aufnehmen oder weiter verbreiten, eine einmalige öffentliche Zurückweisung.
Die Münchner katholische Kirchen-Zeitung Nr. 31 brachte auf Seite 359 einen Artikel, in welchen dem anderen Unwahrheiten u. a. berichtet wurde, wie folgt:

Das Oberlandesgericht Dresden hat das Haupt der deutschen Bibelforscher, Balzereit, wegen Verletzung des § 166 belangt: "Wer öffentlich eine der christlichen Kirchen oder ihre Einrichtungen und Gebräuche beschimpft." ---
Balzereit wurde zu Mk. 100,- Geldstrafe und Einziehung der Schrift verurteilt.

Diese Behauptung ist von A bis Z eine frei erfundene Unwahrheit.
Wir sandten der Münchner katholischen Kirchen-Zeitung eine Zurückweisung obiger Unwahrheit und hielten uns naturgemäß nur kurz und knapp an den Sachverhalt, weil wir wissen, dass aufgrund des § 11 des Pressegesetzes nur eine Richtigstellung verlangen kann, wenn sie kurz und sachlich nur auf den Gegenstand der Verleumdung selber eingeht, und wir wissen weiter, dass man nicht nötig hat, eine Berichtigung aufzunehmen, wenn sie über das Maß des Richtigzustellenden hinausgeht, infolgedessen lautete unser Anschreiben knapp und klar wie folgt.

"In Nummer 31 ihres Blattes auf Seite 359 bringen sie eine den Tatsachen widersprechende Schilderung einer Gerichtsverhandlung, in der angeblich der Leiter der internationalen Bibelforscher Vereinigung verurteilt worden ist.
Mit Bezugnahme auf § 11 Pressgesetzes ersuchen wir Sie um Veröffentlichung beiliegender Richtigstellung in der nächsten Nummer ihres Blattes."
Die Berichtigung selbst beschränkte sich streng auf das, was wir als völlig aus der Luft gegriffen und unverantwortliche Unwahrheit bezeichnen müssen und wollen.
Unsere Richtigstellung lautete wie folgt:

"Die Nummer 31, Seite 359 der katholischen Kirchen-Zeitung bringt unter dem Titel: "Die ernsten Bibelforscher haben etc." über den Leiter des deutschen Zweiges diese Vereinigung eine Schilderung die wie folgt berichtigt wird.
Es ist nicht wahr das Herr Balzereit beim Oberlandesgericht Dresden wegen Verletzung des § 166 St. G. B. angeklagt war oder verurteilt wurde.
Richtig ist, dass der "Sternverlag" Leipzig, wegen dieser Angelegenheit vor Gericht stand."

Aber wenn es keine jesuitischen Verdrehungsmethoden in Deutschland gebe, dann würde man streng dem Gesetz angepasste Richtigstellungen bringen, ohne durch Wortschwall und neue Verleumdungen zu versuchen, die Aufmerksamkeit von der Tatsache abzulenken, dass man unwahre Dinge berichtete, und das hat die Münchner katholischen Kirchen-Zeitung mit der oben genannter Behauptung getan.
Unsere Rechtsstellung wird nun zwar von ihr in einem Artikel gebracht, aber nach bekanntem Rezept vollkommen verschandelt, in dem man sie in neue Verdächtigungen und Schmähungen eingehüllt hat.
Damit denen die dieser erneuten Schmähungen lesen, unsere letzte Antwort, die wir der Münchner katholischen Kirchen-Zeitung gaben, nicht unbekannt bleibt, geben wir hiermit zur Kenntnis, was wir auf diesen neuesten Angriff dieses "christlichen" Blattes geantwortet haben:

"Im Hinblick auf Ihren Artikel auf Seite 418 dieses Jahrganges haben wir abschließend vorzutragen:
"Wir geben es auf, Sie zu objektiven Darstellung zu bewegen, da wir eingesehen haben, dass die Art, mit der sie in ihrem christlich sein wollenden Blatte den Kampf führen, vornehme Gesinnung und Tatsachen, die als Beweisführung zu gelten hätten, nicht durchdringen lässt.
§ 11 des Pressegesetzes zwingt den Angegriffenen in dem Rahmen des zu berichtigenden Artikel gesagten, doch sind sie Meister, das in der sachlich gebliebenen Berichtigung Genannte umgehend, das Nicht-Genannte als Beweisführung zu sehen und zudem zu machen was im fraglichen Artikel auf Seite 418 durch ihre Kunst geworden ist: eine Entstellung der Tatsachen."

Hinzuzufügen haben wir noch: Die ganze mit großem Geschrei vorgebrachte, gegen die Bibelforscher bezw. den Leiter der Bibelforscher Herrn Balzereit, gerichtete Behauptung ist von A bis Z frei erfunden, denn Herr Balzereit ist wieder angeklagt noch bestraft worden, sondern die Klage richtete sich gegen Sternverlag in Leipzig und es ist nicht wahr, dass der Sternverlag ein Verlag des Herrn Balzereit ist. Wahr ist das der Sternverlag ein Handelsgerichtlich eingetragene selbstständiger Verlag ist, und sein Inhaber ist Herr Rudolf Floegel, wohnhaft Leipzig Hafenstraße 35.

Allerdings haben Bibelforscher große Vorliebe an - und verbreiten auch mit Vorliebe - Literatur, die sich gegen Rom und seine die Welt umschließenden alle wahre Geistesfreiheit fesselnden Intrigen richtet, und dass Rom und die von ihm zur Erreichung seiner Pläne bezahlten Blätter und Blättchen hieran keine Freunde haben, ist uns ebenso verständlich.
Aber im übrigen der auch in den ersten Schmähartikel wieder durchsichtig die Aufforderung gemacht wird, die Staatsanwaltschaft wurde in ihren eigenen Interesse handeln, wenn sie gegen die Bibelforscher vorginge, denken wir, dass die Zeit einmal kommen wird, wo die Staatsanwaltschaft sich ernstlich beschäftigen wird mit jenen Einflüssen, die von Rom kommend, klag und heimlich so vieles veranlassten, was Deutschlands Zerrissenheit durch partikularistische Bestrebungen zu einer Kette ununterbrochener trauriger Geschehnisse für Volk und Verhältnisse unseres Heimatlandes gemacht hat.

Es wäre in der Tat Zeit, wenn die Staatsanwaltschaft sich ernstlich befassen wollte mit Leuten, die öffentlich auffordern zu Mord und Totschlag, auffordern, andere Christen zu erschießen wie zum Beispiel indirekt in den "Kinzingthtaler Nachrichten" vom 27. August 1926 durch einen katholischen Schreiber geschickt, die allerdings eine alte Frau vorschiebt, aber nichtsdestoweniger sich merken sollte, daß wenn dort wirklich Bibelforscher hinterrücks erschossen werden, dies auf das Konto seiner indirekten Ketzerei kommt. Die betroffene Aufforderung, Bibelforscher zu erschießen, lautet:

"Eine alte Frau äußerte sich, derlei Leute - es wird vorher über die Bibelforscher skandaliert - gehören nicht zum Ort hinausgejagt, sondern zum Ort hinaus"geschossen".

Und dann sagte Schreiber: "Wir haben nichts dagegen, wenn es wahr wird."

(Und um der Effekt nicht gar zu auffällig werden zu lassen, fährt nach jesuitischer Manier dieser Satz dann fort),

"wie eine wackere Frau im Nachbarort entgegnete."

usw. usw.
Es ist kennzeichnend, wenn Menschen einer Geistesrichtung, die so offen durch ihre Anhänger zu Verbrechen auffordern, nachdem Staatsanwalt schreien.
Ein ganzes Kapitel unsagbarer Repressalien gegen unsere Missions-Gehilfen in den Gegenden, wo die Freunde und Gesinnungsgenossen der katholischen Kirchen-Zeitung wohnen, sind zu berichten. Prügel, mit Steinen beworfen werden, die Schuljugend hinter sich gehetzt sehen, die Namen der Bibelforscher, d. h. die Angehörigen einzelner Ortsgruppen in der Zeitung öffentlich nennen, das heißt sie an den Pranger ziehen und viele andere Dinge mehr sind die Martern und Folter, die moderne Inquisition, mit der Rom und seine Freunde noch heute, wo sie die Macht haben, im freien Deutschland das Gewissen, das religiöse Recht und die religiöse Freiheit Andersdenkender vergewaltigen und sie mit Füßen treten."

Man vergleiche thematisch auch:
Balzereits "Geheimmacht"-Schrift

Mysnip.92723

Da hatte das GZ nun also so richtig mal "Dampf abgelassen". Auffällig nur wieder einmal, dass die MKZ-Ausführungen auf Seite 418 (1926) der MKZ, vom GZ zwar als Quelle genannt; nur eben nicht im Wortlaut vorgestellt werden. Ich habe sicherlich nicht die Catholica und ihr zeitgenössisches agieren zu verteidigen. Nicht selten drängt sich da auch mir der Eindruck auf: Sonderlich "gut" ist das wohl nicht. So mag man auch seine Vorbehalte zu den Ausführungen auf Seite 418 (1926) der MKZ haben. Dennoch seien sie hier nachstehend (kommentarlos) noch mit vorgestellt.

"Eine schwere Niederlage der Bibelforscher
Ist der Leiter ihres deutschen Zweiges, Herr Balzereit, Verfasser einer gerichtlich eingezogenen Schmähschrift?
Die ernsten Bibelforscher haben ein Buch in 250.000 Exemplaren verbreitet: "Die größte Geheimmacht der Welt", dessen Einziehung das Oberlandesgericht Dresden, nunmehr verfügt hat.
Unter all den vielen, einfältigen Büchern, die in den letzten Jahren erschienen sind, ist dieses Buch das dümmste, ein ganz unglaublich unwissenschaftliches Machwerk, eine maßlos ungerechte, gehässige und gemeine Schmähschrift. In welcher Art darin der Kampf gegen Rom geführt wird, dafür ein Beispiel:

S. 76: "Im Jahre 1914 schlug die Uhr der Zeitalter die Stunde zum Beginn der von Gott verordneten Vernichtung des Romreiches."
S. 82: "Roms Herrschaft war und ist das Königreich des Teufels auf Erden. Solange Diese Errichtung des Satans besteht ... Kann der ideale Zustand, den die Bibel Königreich Christi nennt nicht kommen. Aber alles beweist: der Morgen steht vor der Tür, daher Los von Rom!"

Nebenbei bemerkt, ist der Verfasser auch in diesen Schmähungen nicht originell, sondern nur gelehriger Schüler seiner großen Väter Russell und Rutherford, die im 7. Band ihrer "Schriftstudien" verkünden:

S. 361: "Die Christenheit soll wüster gemacht werden als die Wildnis, die Palästina umgibt. Sie soll von der Erdoberfläche weggefegt werden.
Dazu S. 375: "Wer die meisten Geistlichen tötet, ist der eifrigste Jünger des Herrn. Die katholische Kirche ist des Satans Hauptvertreter, die Mutter der Hure, die protestanischen Kirchen sind die "Töchter der großen Hure."
S. 420: "Die Anarchisten werden buchstäblich Kirchendiener zu Millionen töten." ...

Das vorgenannte Buch "Die größte Geheimmacht der Welt ist anonym erschienen. Aber Verfasser, Besteller, Geldgeber und Verbreiter sind trotz aller Anonymität jetzt unzweifelhaft festgestellt. ...

Dagegen schickt uns die "Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft Magdeburg", gez. Balzereit, eine "Berichtigung", die wertlos ist in dem was sie berichtigt, dagegen hochinteressant und für die Bibelforscher geradezu vernichtend in dem, was sie stillschweigend eingesteht.
Bemerkenswert ist, daß hier "der Leiter des deutschen Zweiges" der Bibelforscher und die bei uns gar nicht genannte höchste Spitzenorganisation sich zu verteidigen suchen. Balzereit und Magdeburg, das den Versand der gerichtlich gebrandmarkten Schmähschrift besorgt hat, auch keine Ruhmestat und keine Ehrenkrone für die "freien Bibelforscher"!

Diese "Berichtigung", welche die gerichtlich so arg ramponierte Ehre "freier Bibelforscher" nicht wiederherstellen kann, sondern ihnen nur neue Schmach und Schande bringt, hat folgenden Wortlaut:

"Die Nummer 31, Seite 359 der kath. Kirchenzeitung bringt unter dem Titel "Die ernsten Bibelforscher haben" über den Leiter des deutschen Zweiges (Balzereit, d. Red.) Eine Schilderung, die wie folgt berichtigt wird.
Es ist nicht wahr, daß Herr Balzereit beim Oberlandesgericht Dresden wegen Verletzung des § 166 StrGB. angeklagt war oder verurteilt wurde. Richtig ist, daß der "Sternverlag", Leipzig, wegen dieser Angelegenheit vor Gericht stand."

Ei, ei, wie Herr Balzereit, der wilde Mann gegen Rom und Wittenberg, so ganz jungfräulich säuseln kann: "Der Sternverlag stand wegen dieser Angelegenheit vor Gericht!"
Nein, nein! Ist dieser Sternverlag nicht der Verlag des Wachtturms Magdeburg und des Herrn Balzereit? Und "der Sternverlag stand nicht bloß vor Gericht", er wurde zu hundert Mark Geldstrafe und zur Einziehung der Schrift verurteilt. Warum? Weil der oder die Verfasser, unanständige und deutsche Feiglinge, nicht so viel Mut und deutsches Ehrgefühl aufbrachten, sich selbst als die Hauptschuldigen zu bekennen und den immerhin weniger schuldigen Verleger zu entlasten.

Das Oberlandesgericht Dresden, hat diese in erster Linie Schuldigen, d. h. den oder die Verfasser - einer allein kann solchen blühenden Blödsinn, solch klassische Unwissenheit kaum fertigbringen! - offenbar nicht gekannt.
Aber jetzt wird das Oberlandesgericht Dresden sich wohl die Frage vorlegen, warum "der Leiter der deutschen Bibelforscher", Balzereit, in seiner mehr als naiv ungeschickten "Berichtigung" kein Wort dagegen findet, daß wir und andere ihn selbst wiederholt als den Verfasser bezeichnet haben.

Das Landesgericht wird bekennen: wenn in irgendeinem Fall, dann gilt in solch wichtiger "Berichtigung", der Grundsatz:
Wer schweigt, der gibt zu. Das Oberlandesgericht ist damit in der Lage, die Anklage und Verurteilung wegen Verletzung des § 166, d. h. "wegen öffentlicher Beschimpfung einer der christlichen Kirchen oder ihrer Einrichtungen oder Gebräuche" auch auf den in erster Linie schuldigen Hauptmissetäter, auf den Verfasser selbst auszudehnen. Die Staatsanwaltschaft tut mit ihrer Anklage nicht bloß ihre verfassungsgemäße Pflicht gegenüber dem Christentum, sie handelt in ureigensten Interesse des Staates."

Einen "Nachschlag" zum Thema gab es dann noch in der Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 1. 12. 1927. Obwohl als weitgehend gesicherte Feststellung gesagt werden kann: Balzereit war der Verfasser, bekannt selbiger sich jedoch nie zu ihr in eindeutiger Form, sondern versteckte sich hinter (ziemlich durchsichtigen) Pseudonymen.
Nach jener vor erwähnten gerichtlichen Auseinandersetzung gab es noch eine weitere, etwas variierte Ausgabe der inkriminierten Schrift. Nun wurde aus dem Verfasser J. P. G. Gerhrhard, plötzlich ein "Ludwig Hado", ohne das dieses in der Schrift selber, oder anderswo, etwa im "Goldenen Zeitalter", näher erläutert wurde.

Nachdem es im "Goldenen Zeitalter" in der Sache (ebenfalls ohne nähere Begründung) merklich still geworden war, wähnte Balzereit offenbar, nach dem Erscheinen der Neuauflage, Morgenluft. Und sicherlich darf man unterstellen. Es ging ihm dabei wohl auch um deren Bekanntmachung, wenn nicht gar (was allerdings so nicht erwiesen), um damit verbundene Tantiemen für den Autor. Wie auch immer. Verpackt in einen neuerlichen Angriff, liest man dazu im GZ vom 1. 12. 1927 (S. 364):

"In der im Sternverlag in Leipzig erschienenen kleinen Broschüre "Die größte Geheimmacht der Welt", die in einigen Hunderttausend Exemplaren in Deutschland verbreitet wurde, macht der Verfasser aufmerksam auf Umtriebe des politischen Roms, und zeigt, daß das Priestergewand sehr oft nur ein Deckmantel für politische Machtgelüste war und ist. Warnend wird gezeigt, daß das kirchenpolitische Rom auch nicht davor zurückschreckt - wenn es irgendwo seine Machtbelange bedroht sieht . "Waffen" zu ergreifen und mit Gewalt und Blut die Erfüllung seiner ehrgeizigen Wünsche der Errichtung eines Weltkirchenstaates durchzusetzen, also direkt staatsfeindlich wird.

Man fand dann allerdings in dieser Broschüre ein paar Worte, die gebraucht werden konnten, um eine Beschlagnahme durchzusetzen. Es tut eben immer weh, wenn die Wahrheit gesagt wird!
Die Broschüre ist mittlerweile unter Fortlassung dieser beanstandeten Worte im Neudruck erschienen und verdient Beachtung überall im deutschen Lande, um so viel mehr, als auch hierzulande die Machtbestrebungen des kirchenpolitischen Roms überall deutlich fühlbar sind. Schulgesetz und andre Dinge mehr sind solche angebahnten Brücken des Versuchs der Knebelung des deutschen Volkes durch eine nur der Rückständigkeit huldigende Macht; ein Versuch schon der geistigen Versklavung der Jugend. ...
Zur Hinausführung seiner Absichten aber gilt eben der jesuitische Grundsatz: Der Zweck heiligt die Mittel. Der Welt und auch dem deutschen Volke könnte kein schlimmeres Unglück widerfahren, als daß diese dunkle Macht, der einstmals das Mittelalter der Folter und Inquisition zu danken war, wieder ans Ruder kommt.

Diese kleine, im Sternverlag Leipzig erschienene Broschüre, 84 Seiten stark, sollte weiteste Verbreitung finden. Der Preis beträgt 50 Pfennig."

Zu nennen ist auch die massive Reklamewelle, welche die deutsche Ausgabe des "Goldenen Zeitalters!" für diese "Geheimmacht"-Schrift betrieb. Immer jeweils eine volle Druckseite umfassend, dass sie auch ja niemand übersehe. Und wie dann (ohne ein Wort der Erklärung) jene Reklamewelle genauso abrupt abbrach, wie sie einst begonnen. Eine Erläuterung weshalb das so ist, kann man sicherlich auch aus den Ausführungen der MKZ entnehmen.

Im Nachfolgenden Posting (kommentarlos) diese Reklamewelle, wie sie sich im deutschen "Goldenen Zeitalter" darstellte:

Reklamewelle für den "Stern"-Verlag im "Goldenen Zeitalter"
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 19. Oktober 2011 02:48
Beginnend mit der Magdeburger Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 1. 9. 1924 begegnet man in selbigen (mit Unterbrechungen) diverse Male ganzseitigen Reklametexte für das Buch "Die größte Geheimmacht der Welt".
Das "Strickmuster" ist immer dasselbe. Eingepasst in irgendwelche "zweckdienlich" erscheinende sonstige Tagesmeldungen.

Der Reklameaufwand der da für dieses Buch faktisch im GZ betrieben wurde, überstieg eindeutig den Reklameaufwand, der zur gleichen Zeit im "Goldenen Zeitalter" für die Rutherford-Schriften betrieben wurde.
Man kann unschwer erraten, dass der allgewaltige Herr in Brooklyn, über diesen Umstand nicht sonderlich erfreut gewesen sein dürfte. Bezeichnend auch der Umstand. Die Schweizer Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" erwähnte nicht ein einziges in der vorbeschriebenen Form ganzseitiger Inserate, jene Schrift. Das blieb einzig und allein der Magdeburger Ausgabe vorbehalten. Es kann als inzwischen gesicherte Erkenntnis gelten, dass der Pseudonym-Autor dieser Schrift, kein anderer als der deutsche WTG-Fürst Paul Balzereit war.

Nachstehend seien diese Reklametexte einmal gesammelt vorgestellt (unkommentiert).

Goldene Zeitalter" (Magdeburg) 1. 9. 1924

"Gegenreformation
"im Lager der Hochkirchlichen Vereinigung
Kennzeichnende Beiträge zu dem, was die Überschrift des hier Genannten besagt, bringt die diesmalige Monatsschrift der Hochkirchlichen Vereinigung Nr. 6, wo in einem Artikel 'Aufgaben und Bekenntnis der Hochkirchlichen Vereinigung', unter anderem folgendes zu lesen ist:

"Sie ladet alle diejenigen zur Mitarbeit ein, welche auf dem Grunde des Evangeliums stehen und mit Ernst Christen sein wollen. Hiernach ist es nicht zweifelhaft, daß sich die H. K. nicht bloß an die Kreise der deutschen Landeskirchen wendet. Denn auf dem Grunde des Evangeliums wollen alle Christen stehen, die römischen Katholiken gewiß nicht zuletzt. Wenn im ersten Satze von den Kirchen der Reformation gesprochen wird, so geschieht das deshalb, weil die katholischen Kirchen einer solchen Ausgestaltung ihrer Verfassung und ihres Kultus, wie sie die Reformationskirchen leider nötig haben, nicht bedürfen. Ebenso wenig bedürfen sie der Erweckung des Bewußtseins, zur Gesamtkirche Christi zu gehören oder eines Breviers. Sie haben das alles.
Die H. K. ist meiner Überzeugung nach Produkt der Erkenntnis, daß wir deutschen Protestanten vom Reichtum der katholischen Kirche Christi enterbt sind, und daß wir uns unser Erbe wieder holen wollen, das die Römer und Griechen, Anglikaner und Altkatholiken niemals in dem Maße aufgegeben haben wie wir. Aus dem Aufsatze des Herrn Pfarrer Eberhard aber spricht ein Geist stolzer Hoffnung, daß wir innerhalb der Reformationskirchen oder der einmal zu erreichenden 'evangelisch-katholischen Kirche als der reinsten Ausprägung der una sancta" (S. 69) dem Willen Christi besonders gerecht würden. Ich dagegen meine, daß die H. V. eine Bußbewegung sei. Mag Rom vor Gott verantworten, was in seiner Kirche unevangelisch ist. Uns ziemt es zu bekennen, wie selbstgerecht das Pochen auf unser 'reines Evangelium ist, wie verfehlt das Überbordwerfen so vieler Riten und Ämter, so vieler frommer Sitten war, das ja weit weniger Luther als dem Calvinismus und Rationalismus schuld zu geben ist. Wir deutschen Protestanten haben sehr wenig Grund, uns in dem Bewußtsein zu sonnen, daß uns das Erbe Luthers an sich schon eine besondere evangelische Haltung verbürge. Es ist eine recht evangelische Haltung, anzuerkennen, daß wir von den Brüdern in Rom, in England usw. zu lernen haben. Deren, nicht unsere Sache ist es, zu prüfen, ob sie nicht auch von uns zu lernen hätten. Es genügt, daß wir einsehen, daß wir der Einheit des Leibes Christi nicht genug tun, daß es also "evangelische" Forderung für uns ist, daß wir von ganzem Herzen und mit vollem Bewußtsein wieder Glieder der "katholischen Kirche Christi werden.

Die Aufgabe der H. V. ist nur die eine: die Vertretung des katholischen Gedankens. Für diesen gilt es überall Menschen zu sammeln, wo er bisher noch keine Heimat hatte. Die H. V. sollte, ohne Rücksicht auf die Landeskirchen, die wir in ihrem Bestand gar nicht antasten, versuchen, Zehntausende, ja Hunderttausende von Menschen hinter sich versammeln, die katholische Christen sein wollen. Und dann sollte sie zu den Landeskirchen sagen: Seht, und tragt diesen religiösen Bedürfnissen, die bei euch eine Heimat verlangen, Rechnung! Zum Katholischsein aber gehört das katholische Bekenntnis."

Trotz manchem Mäntelchen, das den wahren Absichten dieser Bestrebung umgehängt ist, sollte jeder erkennen, wohin die Fahrt geht: sie geht nach Rom. Damit man die wahren Ziele Roms erkennen kann, empfehlen wir allen lieben Lesern des "Goldenen Zeitalters" dringend den sofortigen Bezug der im Sternverlag in Leipzig, Eilenburgerstraße 53, erschienenen Broschüre "Die größte Geheimmacht der Welt", einfach broschiert 30 Pfennig, in besserer Ausführung 50 Pfennig.
Auch das in dieser Broschüre Gesagte ist ein deutlicher Beweis des Nahens des Königreiches Gottes, denn die Schrift sagt uns, daß, bevor dieses aufgerichtet wird, der Antichrist sich aufs neue erheben werde

"Goldene Zeitalter" (Magdeburg) 15. 9. 1924

Im Berliner Lokal Anzeiger Nr. 336
ist in einem Artikel zu lesen:

Der Marsch ins Mittelalter
Es ist keinesfalls meine Absicht, dem Katholizismus in irgendeiner Weise ausfällig aufzutreten; aber wohl, - dem Treiben fanatischer Überkatholiken Posens, das zu einem gewaltigen Anschwellen des Sektiertums führt. Dieses Treiben erinnert fürwahr an die düsteren Zustände im Reiche der byzantinischen Kaiser des 12. bis 14. Jahrhunderts, als die Anbeter der Heiligenbilder ihre Gegner in den Kirchen während des Gottesdienstes überfielen und mordeten. Das geschah auf dem Balkan vor 600 Jahren. Im polnischen Staate des 20. Jahrhunderts aber liest man des öfteren ganz unglaubliche Zeitungsberichte über die kleinen Religionskriege ...
Wir wollen einige Beispiele aus hunderten herausholen: Drei Tage lang wurden (vor etlichen Monaten) die Gemeindemitglieder der Mariavitengemeinde in Zgierz (dicht bei Lodz) von den "Rechtgläubigen" in der marivitischen Kirche belagert und nur mit Hilfe einer großen Polizeiarmee aus ihrer Gefangenschaft befreit ...
Vor kurzem bestürmten die Katholiken, von ihrem Pfarrer geführt, das lutherische Bethaus in Konskawola (Woiwodschaft Lublin) und selbst ein Bischof (namens Fullon), ließ in der Cholmer Diözese der ruthenisch-orthodoxen Kirchen mit Pyroxilin und Dynamitbomben sprengen. Vor wenigen Tagen wurde eine Gemeindeversammlung der "Ernsten Bibelforscher" in Posen von einer Bande der Gläubigen überfallen, mit Revolvern und Knütteln christlich bearbeitet und mit den Rufen: "An den Beichtstuhl, in die Kirche, ihr Ketzerpack!" auseinandergejagt.

Viel zu wenig ist das Volk aufgeklärt über Roms Tätigkeit in Polen und man sollte allgemein hören, wem Deutschland den Verlust Oberschlesiens zu verdanken hat.
Jeder Mann und jede Frau in Deutschland sollte die Broschüre lesen:
Die größte Geheimmacht der Welt
Ein Jahrhunderte alter Betrug aufgedeckt
Bestellen Sie im Sternverlag, Leipzig, Eilenburgerstr. 53
96 Seiten, einfach 30 Pfg., besser 50 Pfg.

"Goldene Zeitalter" (Magdeburg) 1. 11. 1924

Die Diplomaten des Vatikans vor Mißerfolgen
Der in Straßburg erscheinenden Zeitung "Die Republik" zufolge, schreibt die "Tribuna"

Rom, 24. Sept.
Gleichzeitig mit den Nachrichten aus Paris, welche die Aufhebung der französischen Botschaft am Vatikan und die Haltung der Regierung gegenüber verschiedenen religiösen Genossenschaften bestätigen, treffen auch Telegramme aus Buenos-Aires ein, welche melden, daß sich die heikle Frage der Ernennung von Mgr. Dandres zum Erzbischof der argentinischen Hauptstadt durch die kategorischen Forderungen des argentinischen Senats bedeutend zugespitzt hat. Der Vatikan steht nunmehr vor der Alternative, entweder die diplomatischen Beziehungen abzubrechen oder Bedingungen anzunehmen, der er früher schon abgelehnt hat. Die "Tribuna" fügt hinzu: Dies sind nicht die einzigen Sorgen des heiligen Vaters. Die Beziehungen zwischen dem Vatikan und England drohen ebenfalls eine alarmierende Wendung nehmen zu wollen. Was sich in Palästina zugetragen hat infolge der Machenschaften der Israeliten, die von den Engländern unterstützt wurden, hat im Vatikan eine schmerzliche Atmosphäre geschaffen. Aus Rußland treffen Nachrichten ein, wonach die Sowjetregierung rücksichtslos die päpstliche Mission liquidiert. In der Tschechoslowakei schien das Konkordat mit Rom beinahe abgeschlossen; aber auch hier scheinen unvorhergesehene Schwierigkeiten in den Weg treten zu wollen. In einem gewissen Sinne hat diese Situation sogar in Italien ihre Rückwirkung gehabt. Die höheren Kreise der Kurie wollen in all dem und noch manchen anderen Symptomen eine großangelegte internationale Offensive gegen den heiligen Stuhl erblicken und befassen sich deshalb mit der Prüfung der Mittel um derselben vorzubeugen oder entgegenzutreten!

Soweit dieser Presseartikel. Wir bemerken hierzu: Die Welt kann solche Zeichen nur begrüßen. - Die Religion hat auf dem Gebiete der Politik nichts verloren; und wo sie, wie es bei der "CURIA ROMANA" in ausgeprägtem Maße der Fall ist, sich dennoch politisch betätigt, ist der Beweis erbracht, daß die Religion nur als Deckmantel für politische Ziele benutzt wird. Jeder aufrichtige Wahrheitssucher sollte gewisse Machenschaften, die - in dieser Richtung liegend - von Rom kommen, kennen lernen. Wir empfehlen allen Lesern das Studium der kleinen, im Sternverlag, Leipzig, Eilenburgerstraße 53 erschienenen Broschüre
"Die größte Geheimmacht der Welt"
einfach 30 Pfg. besser 50 Pfg.

"Goldene Zeitalter" (Magdeburg) 15. 11. 1924

Christenheit!
Wahre Deine Rechte"
Durch die Presse geht augenblicklich eine Notiz:
"Der Papst über das Bibelstudium". Was man hier liest, erinnert allgemein an eine Schriftstelle, die da sagt in Offenbarung 13, Vers 16-17, daß (Speise) "weder kaufen noch verkaufen kann, der nicht das Malzeichen des Tieres oder seines Bildes" an der Hand hat. Hier wird Bezug genommen auf die Tatsache, daß einmal, unter irgendeinem gewissen Verhältnis Zustände entstehen würden, unter welchen niemand kaufen oder verkaufen könne, er gehöre denn irgendeinem besonderen Systeme an, bezw. zolle demselben Anerkennung. Alles was die Offenbarung Johannes sagt, ist mehr oder minder symbolisch zu verstehen, und hier handelt es sich natürlich nicht um Verkaufen irdischer Dinge, sondern um Verkaufen (darreichen) geistiger Dinge. Die Heilige Schrift nimmt den Standpunkt ein, daß Milch, Brot und Wein, d. h. das Stärkende des Wortes Gottes umsonst gegeben werden sollte. Siehe Jesaja 55, Vers 1, während es Tatsache ist, daß das allgemeine Kirchenwesen unserer Tage das Evangelium und die Verkündigung des Evangeliums zu einer Erwerbsquelle gemacht hat, d. h. bemüht bleibt, das Wort Gottes in dem eben genannten Sinne zu verkaufen, und hier kommt nun die weitere Erfüllung hinzu, daß man bemüht bleibt, dieses Verkaufen - Darreichen - des Wortes Gottes zu beschränken, so, überhaupt das "unentgeltliche Abgeben des Wortes Gottes", wie es von denen geübt wird, die Gott und sein Wort und das Volk des Herrn über alles lieben, ganz und gar zu unterbinden. Wir glauben aber, daß man in dieser Beziehung, in dem, was man mit diesen jetzt im Werden begriffenen Maßnahmen vorhat, sich verrechnet, denn inzwischen wird ein anderer die Flügel ergreifen, und er wird allen solchen das freie Bibelstudium hindernden Maßnahmen ein entschiedenes "Halt!" zurufen. Nicht mehr lange und Gottes Königreich kommt, und alle angemaßte Macht der Menschen und auch alle angemaßte Macht von durch Menschen gemachten Priestern wird weichen müssen und das königliche Priestertum, das in 1. Petrus 2:9 genannt wird, wird dann mit Christo zusammen regieren im Königreiche Gottes.

"Der Papst über das Bibelstudium.
K.-B. Rom, 17. Mai
Die Blätter veröffentlichen ein Motopropio des Papstes über die Studien der Heiligen Schrift für Vortragende in Seminarien und katholischen Instituten. Dieses Motoptoprio stellt die akademischen Grade, die die Bibelkommission oder das Bibelinstitut erteilen, denen aller anderen päpstlichen oder katholischen Institute gleich und ordnet an, daß niemand aus dem Volke die Heilige Schrift lehren dürfe, der nicht im Bibelfach graduiert ist, daß niemand in den Seminarien die Heilige Schrift lehren dürfe, der nicht die akademischen Grade von der Bibelkommission oder vom Bibelinstitut erworben hat."

Nur wenig Menschen verstehen, wohin diese Maßnahmen führen und was ihr schließliches Ziel ist. Aller Menschen Augen sollten sehend werden.
Lesen Sie sofort die bedeutsame Broschüre:
"Die größte Geheimmacht der Welt"
Erschienen im Stern-Verlag zu Leipzig, Eilenburgerstr. 53
96 Seiten, einfach 30 Pfg., besser 50 Pfg.

"Goldene Zeitalter" (Magdeburg) 1. 12. 1924

Staat und Kirche in Frankreich

Paris, 5. Oktb.: Der französische Innenminister hielt auf einem demokratischen Bankett in Tours eine innerpolitische Rede, in der er besonders an die Unterstützung aller Republikaner appellierte, angesichts der heftigen Kämpfe, die auf religiösem Gebiet entfesselt seien. Die Regierung habe die feste Absicht, alle Religionsausübungen und die Gewissensfreiheit zu garantieren. Er warne alle Agitatoren, mögen sie noch so hoch gestellt sein. Es werde ihnen nicht gelingen, ungestraft die öffentliche Ordnung zu stören. Aus den Kundgebungen der Kardinale gehe das weitere Ziel der Opposition klar hervor. Es scheine, daß die religiösen Kongregationen dank der Langmut der französischen Regierung im Widerspruch mit den formellen Versicherungen des Papstes eine Ausdehnung genommen hätten, die der von 1900 entspräche und die nun bald eine schwere Gefahr für die Republik werden könnte. Es sei deshalb im ganzen Lande eine Untersuchung über die Tätigkeiten der Kongregationen angeordnet und man werde bei Bekanntgabe des Ergebnisses die Aufmerksamkeit aller Republikaner erwecken. ---

In jedem Lande der Welt verrichten Propagandeure Roms ihre klug den Verhältnissen eines jeden Landes angepaßte Unterminier- und Werbearbeit zugunsten der Erreichung politisch orientierten Religions-Einflusses.
Aufklärung hierüber bietet das im Sternverlag. Leipzig. Eilenburgerstraöe 53, erschienene Buch:
Die größte Geheimmacht der Welt
Gut broschiert 50 Pfg.

"Goldene Zeitalter" (Ausgabe Magdeburg) 15. 4. 1925

Deutsches Volk! Die Augen auf!
Deine Rechte und Freiheiten in Gefahr!
Protestantismus, wo bleibt dein Protest?
Die "Mecklenburger Warte" schreibt in Nr. 49:

"Wenig beachtet von der deutschen Oeffentlichkeit ging in Bayern Mitte Januar der Kampf um ein Abkommen zu Ende, das in seiner politischen und kulturellen Auswirkung weit über die bayrischen Grenzpfähle hinaus von schwerwiegender Bedeutung ist. Stellt doch bei Licht betrachtet das bayrische Konkordat mit dem Vatikan einen Vertrag dar, den ein Volk mit gesunden Sinnen und mit einem Gefühl für kulturelle und geistige Selbstständigkeit nie hätte annehmen dürfen."

Wenn man die einzelnen Punkte dieses Konkordats, das auch die Rechte und Freiheiten des übrigen Deutschland zu knebeln droht, betrachtet, wundert man sich nur, daß nicht ein Empörungsschrei durch alle Lande ging, um dieser mittelalterlichen Nacht, die unserer Erde naht, ein Halt zuzurufen.
Artikel 1 des Konkordats lautet:

"Der bayrische Staat anerkennt das Recht der Kirche, im Rahmen ihrer Zuständigkeit Gesetze zu erlassen und Anordnungen zu treffen, die ihre Mitglieder binden. Es wird die Ausübung weder hindern noch erschweren."

Wie kann ein deutscher Staat einem fremden ausländischen Souverän, wie es der Papst ist, Herrscherrechte vorbehaltlos einräumen? Und noch dazu einer Macht, deren Geschichte noch in erinnerungsnahen Zeiten blutige Blätter füllt?
Die Bestimmungen des Konkordats über das Schulwesen sind von geradezu bevormundender Bedeutung und nehmen der Menschheit das Recht selbstständiger religiöser Entscheidung. Mit Recht fragt das vorgenannte Blatt, was zu erwarten sein soll, wenn einem römischen Priester so weitgehende Vorherrschaft eingeräumt wird, wenn man dazu den Wortlaut des derzeitigen Amtseides der katholischen Bischöfe bedenkt wie folgt:

"Die Irrlehre, die vom apostolischen Stuhl Getrennten (also alle Nichtkatholiken), die Empörer wider unsern Herrn und seine Nachfolger, werde ich nach Kräften verfolgen und bekämpfen."

Der Artikel schließt dann mit den folgenden Worten:

"Wehe dem deutschen Volk, wenn es Rom gelänge, ein ähnliches Konkordat wie in Bayern auch im Reich in Kraft zu setzen! Damit wäre die kulturelle und geistige Unabhängigkeit und Freiheit des deutschen Volkes besiegelt."

Wir empfehlen allen Lesern vorstehender Zeilen sowie allen Deutschen
Lesen Sie die Broschüre
"Die größte Geheimmacht der Welt"
Erschienen im Sternverlag, Leipzig, Eilenburgerstr. 53, gut broschiert 50 Pfg.

"Goldene Zeitalter" (Magdeburg) 1. 5. 1925

Roms und Polens Trennung von Deutschland.
Die "Ostmark" Februar 1925 bringt einen Artikel "Eine Litanei der Polnischen Nation" aus dem wir das Wichtigste zitieren:

"Im Frühjahr 1918 erschien im Verlage der Universitätsdruckerei in Krakau "des Hochwürdigsten Bischofs Bandurski in Krakau Litanei der Polnischen Nation." Ihrer großen Wichtigkeit wegen lassen wir einige Auszüge folgen:
Kyrie eleison, Christie eleison, Kyrie eleoson!
Christus höre uns, Christe erhöre uns.
Vater vom Himmel, Gottes Sohn,
Erlöser der Welt, Gott, heiliger Geist.
Gott, heilige Dreieinigkeit, einziger Gott,
Über Polen, unser Vaterland,
Über die Nation der Märtyrer,
Über das Dir treue Volk,
Erbarme Dich unser!

Ihr heiligen politischen Bekenner, Märtyrer, Arbeiter,
Krieger - betet für uns!
Heilige Johanna, Patronin des gerechten Krieges,
Bete für uns!
Maria, Gottgebärerin, Königin der polnischen Krone,
Bete für uns!

Von unserer langen, schweren Buße
Von den Zeiten der Knechtschaft,
Von den Einflüsterungen des Verrats,
Von unserer Feinde Bosheit,
Von Bosheit, Haß und jedem bösen Willen,
Befreie uns, o Herr!

Die Stimme des Blutes unserer Märtyrer,
Die Stimme des Blutes unserer Soldaten,
Das Weinen der Mütter, Gattinnen und Waisen
Das Gestöhn aus den moskowitischen Kerkern,
Das Weinen der für das polnische Vaterunser gemißhandelten Kinder,
Die Klage der aus dem Vatererbe vertriebenen Landwirte,
Die Seufzer des beeinträchtigten Arbeitervolkes,
Das Klirren unserer zerspringenden Ketten
Vernimm, o Herr!

Glauben an Dich und Vertrauen auf uns selbst,
Hoffnung auf den Sieg der guten Sache,
Liebe zu Polen unserem Vaterlande,
Dienst in Deiner heiligen Sache auf Erden,
Freiheit, Ruhm und Glück,
Gib uns, o Herr!

Durch Deine wunderbare Himmelfahrt gib uns ein großes,
Freies, göttliches Vaterland, o Herr!
Durch das heilige Opfer der Königin Hedwig vereinige
unser Polen von neuem, o Herr!
Gott der Piasten, der Jagelonen, der Sobleski,
Gott der Priester Kordecki und Koscinszkos,
Vergiß uns nicht, o Herr!
Jesu, vernimm uns, Mutter erhöre uns!
Kyrie eleison, Christe eleison, kyrie eleison!

Gebet:
Allmächtiger Gott, Herr der Heerscharen, wir fallen Dir zu Füßen mit Danksagung dafür, daß der Russe bereits unser Land verlassen hat! Wecke in der Nation das Verlangen nach dem Kampfe um die Freiheit von ganz Polen, bewirke, daß wir würdig werden, uns mit eigenen Händen ein eigenes Königreich zu erringen, wie in den alten Zeiten unseres Ruhmes! O, Du gerechtester Herr, geleite in Ruhm unsere polnischen Heere, unsere Brüder, herein, die da kommen werden, um uns zu schützen vor Unrecht und Verfolgung! O, führe sie recht bald herein und segne ihre Waffen! Diejenigen unserer Abteilungen aber, die den Kampf bereits begonnen haben behüte und schütze, allmächtiger Gott! Schütze sie mit Deiner Macht vor den Kugeln der Feinde, gib ihnen Sieg, vermehre ihre Reihen! Uns den Polen, die bisher im feindlichen Heere dienten, gib, daß sie sich recht bald mit der Nation vereinigen! Amen!

Dazu schreibt die "Polnische Ostmark" weiter:

Fürwahr, ein artiges Machwerk`! Man muß bedenken, daß die Litanei im Frühjahr 1918 herausgeben wurde, als man bei den Mittelmächten schon anfing, um den Ausgang des Krieges besorgt zu werden. Da hetzten die Polen ganz offen zum Abfall und zum Kampfe gegen die erlahmenden Mittelmächte

Was nun die Litanei selbst angeht, so ist es eine politische, niemals eine kirchliche und dürfte niemals die kirchliche Genehmigung erhalten. Sie ist ein empörendes, wegen seines blasphemischen Charakters in seiner Seele verletzendes Machwerk, das, wenn es von einem Bischof ausgeht, das Ansehen des Katholizismus schädigen muß. Der Mißbrauch des Wortes Litanei und der darin vorkommenden, kirchlich richtigen Gebetsworte mit dem Gemisch von solchen, die politisch verhetzen und zur Empörung führen sollen, übersteigt alles, was man sonst nur auf jesuitischer Seite zu hören gewohnt ist! Der Sinn des Gebetes ist doch die Aufhetzung des preußischen Polen! Das spricht dasselbe doch deutlich genug aus!

Jedenfalls beweist die Litanei die Anteilnahme des polnischen Klerus an der polnischen Aufstandsbewegung, die gerade jetzt wieder so lebhaft in Abrede gestellt wird.

Wir würden den Lesern vorstehender Zeilen auch ein Studium des interessanten Büchleins
"Die größte Geheimmacht der Welt"
empfehlen. Es ist erhältlich im Sternverlag, Leipzig, Eilenburgerstraße 53. Der Preis des 64 Seiten starken Büchleins ist 50 Pfg.

"Goldenes Zeitalter" (Magdeburg) 15. 5. 1925

Ein Mantel, der sich nach dem Winde hängt
Ein Fähnchen, das nur für den Vorteil schwenkt
Nach der Welt am Abend vom 20. April 1925 trat noch am 15. Januar das Zentrum für die

"Erhaltung einer starken Monarchie"

ein und kurz vor dem November 1918 schrieb der Generalsekretär des Volksvereins für das katholische Deutschland:

"Eines schickt sich nicht für alle! So auch die Demokratie nicht für uns Deutsche!"

Am 12. Mai 1917 schrieb die "Kölnische Volkszeitung":

"Das Zentrum wird die Rechte der Krone und des Thrones verteidigen, wo immer sie angegriffen werden"

, also ganz im Sinne des Wortes, das der bekannte Zentrumsführer Karl Bachem im Frühjahr 1911 anläßlich des 40. Geburtrstages der Zentrumspartei sagte:

"Die Kraft der Zentrumsfraktion besteht darin, daß sie Autorität und Ordnung hochhält, dem Kaiser und dem Landesherrn treu anhängt und allem revolutionären Beginnen Widerstand leistet."

? Und heute?
Wir sonderbar, daß man so wandlungsfähig ist. Das deutsche Vaterland könnte es begrüßen, wenn wirklich der Wunsch nach Gerechtigkeit und wahrer Demokratie die Triebfeder dieser Wandlung wäre; aber wie war doch das kleine Lutherwort im Munde jenes Redegewaltigen? Er sagte, es gäbe Leute, die da sprechen: "Hier stehe ich, ich kann auch anders!"
Beifall wie der obige liegt immer nur dort, wo der Vorteil winkt. Nichts ist so wandlungsfähig wie diese Politik Mimikry. Was aber geschieht, wenn einmal eine Regierung Politik zu machen wagt, die in Rom unangenehm empfunden wird, das hat Ministerpräsident a. D. Heriot unter der Schulstreik-Revolte französischer Bischöfe und auch durch andere Repressalien geschmeckt.

Weitere Aufklärung hierüber verschafft ihnen das kleine Büchlein im Sternverlag:
Die größte Geheimmacht der Welt
96 Seiten brosch. 50 Pfennig

"Goldenes Zeitalter" Ausgabe Magdeburg 1. 6. 1925

Ein Konkordat mit dem Reich?
So meldet die "Deutsche Tageszeitung" Nr. 17 ds. Js.:

"Aus Kreisen des Vatikans wird mitgeteilt, daß auf Grund der Unterzeichnung des Konkordats zwischen dem päpstlichen Stuhl und Bayern der päpstliche Nuntius Pacelli mit der Reichsregierung wegen Unterzeichnung eines Konkordats zwischen dem päpstlichen Stuhl und Deutschland Verhandlungen anknüpfe. Das neue Konkordat soll an Stelle des zwischen dem päpstlichen Stuhl und Preußen abgeschlossene treten."

Deutsches Volk, halte die Augen auf,
Solche Verträge gebären Scheiterhaufen denen, die den Mut haben, die Wahrheit zu sagen. Wenn einmal das Recht, gegen religiöse Ungereimtheiten zu protestieren, durch Gegenseitigkeits-Verträge genommen ist, dann, deutscher "Protest"-antismus, ist im Grabe des Protestrechtes auch dein Grab. Aufgepaßt, ihr alle, die es angeht! In Bayern haben berufene Vertreter des Protestantismus ihr "Ja" gegeben zum oben Angedeuteten - die Folgen dieses Konkordates werden sie in Bälde schmecken. Aufgepaßt! Schon greift des Sensenmannes Knochenhand nach dem Totenglöcklein, er möchte so gerne dem Recht der freien Meinungsäußerung das Sterbeliedlein singen.
Deutscher Protestantismus, willst du sterben?
Die im Sternverlag in Leipzig erschienene Broschüre
Die größte Geheimmacht der Welt
96 Seiten, Preis 50 Pfg., gibt interessanten Aufschluß über manches Wissenswerte über diesen Gegenstand.
Im gleichen Verlag erschienen:
"Das Papsttum im Widerspruch zur Bibel"
Preis 20 Pfg.

(Redaktionelle Einfügung bei letzterer Freikirchlichen Kreisen zuzuordnenden Schrift, schon in einer Auflage, Bad Homburg 1913 nachweisbar von James Gardner mit vorstehendem Titel, handelt es sich um einen Nachdruck, jedoch um keine Originalschrift).

"Goldene Zeitalter" (Magdeburg) 15. 6. 1925

Und doch ist's wahr
Das "Deutsche Volksblatt" Stuttgart erregt sich über einen Artikel des "Alb-Boten"; und dennoch enthält dieser Artikel so viele Wahrheiten, daß wir einige der wichtigsten hier nennen:
Der "Alb-Bote", das unabhängige deutschnationale Volksblatt in Ebingen, ergeht sich in der übelsten Konfessionshetze. Heuchlerisch und unwahrhaftig, wie diese Kreise nun einmal sind, werden zunächst Versicherungen abgegeben, wie schön die unduldsamen Herrschaften mit den Katholiken zusammenzuleben bereit sind, dann aber geht die Hetze los.
Wir bringen das infame Machwerk als Brandmal der Schande im vollen Wortlaut zum Abdruck. Das ist das deutsche Unglück, das jede politische Frage von gewissen Kreisen zur
Konfessionellen Hetze
benutzt wird.
Da die Rechtspresse gegen den Politiker und Staatsmann Marx nicht aufzukommen vermag, verfällt sie auf den Glaubenskrieg! Die Bayrische Volkspartei und die "nationalen Katholiken" mögen daraus erkennen, wessen Geschäfte sie mit der Wahl Hindenburgs besorgen!
O Reichsblock und Hindenburgkompagnie, wie tief bis du gesunken!
Der "Alb-Bote" (Nr. 87 vom 16. April 1925) schreibt also:

Auf dem Wege zur schwarzen Monarchie!
Wird Marx Reichspräsident, dann ist der Papst der ungekrönte deutsche König.
Wir sagen nichts gegen die katholische Religion und den Glauben des einzelnen Katholiken, aber wir verwahren uns dagegen, daß seitens geschäftstüchtiger Politiker die Angehörigen dieser Religion, mittels ihres religiösen Gefühls, als Vorspann zur Erreichung machtpolitischer Ziele benützt werden.
Der Klerus gehört in die Kirche, die Politik wollen wir selber machen.
Wir sprechen der Kirche nicht in ihre Angelegenheiten, sie möge ihrerseits auch die Finger aus den staatspolitischen Geschäften lassen.
Wenn wir die Verhältnisse überschauen, dann dürfte die Parole sicherlich lauten. Hie Rom, hie Deutschland.
Wir wollen die persönliche Glaubensfreiheit für Katholiken und Protestanten, aber wir wollen nicht, daß eine Reihe nicht deutscher, teilweise feindlich gesinnter Kirchenfürsten mitbestimmend sei über die weltlichen, die politischen Geschicke unserer Heimat. Wir Deutschen wollen in Deutschland selber regieren. Wie wir das machen ist letzten Endes unsere Sache, auf jeden Fall soll es durch uns selber geschehen.
Die versteckter liegende Aufgabe und im Sinne Roms viel wichtigere, im Sinne Deutschlands viel einschneidendere Aufgabe des Zentrums ist: Der Vortrupp zu sein zur Wiedereroberung der weltlichen Macht und Obrigkeit der römischen Kirche in Deutschland.
Wir "Ketzer" wollen das nicht. Wir wollen kein zweites Canossa, wir wollen nicht, daß der Klerus, auch der protestantische nicht, in den Besitz der weltlichen Obrigkeit gelangt.
Es war mit ein Grund zum Verderb Österreichs der Vorkriegszeit, daß nicht die Habsburger, sondern "pa res societatis Jesu" der Abtei in Feldkirch, die Beichtväter der Habsburger in Österreich, wenn auch indirekt die machinitischen Ziele Roms verfochten haben.
Innerhalb der letzten sechs Jahre sind durch Rom in Deutschland einige hundert weitere Ordensniederlassungen investiert worden, die ebenfalls und ausschließlich dem Zwecke dienen, die Bevölkerung auf die Wiederaufrichtung der politischen, kirchlichen Macht einzuschulen.
Die furchtbarste Reaktion für das deutsche Volk dürfte diejenige sein, die zwangsläufig dazu führen müßte, die Macht der Kirche auch in weltlichen Angelegenheiten wieder herzustellen.
Die durch die Dominikaner durchgeführte Inquisition gegen die Ketzer in der ganzen Welt war um kein Haar humaner als die moderne Tscheka!!!
Der Zweck heiligt die Mittel, dieser Satz der Brüder vom Orden des Ignaz von Loyola beginnt sich in die Wirklichkeit umzusetzen.
Das Zentrum in Württemberg, in Sachsen und Österreich wäre heute noch für eine Monarchie zu haben, weil man sich von dem jetzt regierenden katholischen Monarchen Förderung der Ziele verspräche, das Zentrum in Bayern desgleichen. Das Zentrum des monarchischen Staates Preußen ist antimonarchistisch nur deshalb, weil der Monarch Protestant wäre. Der Zweck heiligt die Mittel.
Für das Reich hat man sich einen republikanischen Mantel umgehängt, weil man davon überzeugt ist, allein mit dem Wörtchen Republik die republikanisch eingestellten Arbeiterkreise und die fanatischen Verfechter der Republik, die bürgerlichen Demokraten, ködern zu können.
Diesen beiden Parteien wirft man den Brocken der Gefahr der Republik hin, und wie heißhungrige Wölfe stürzten sie sich darauf, ohne zu merken, daß der Köder vergiftet ist, mit dem Gifte der Unterwerfung unter Rom.
Die Freiheit des Volkes ist in Gefahr, wir wollen nicht durch die Kardinäle, sondern durch die Beamten des deutschen Volkes regiert werden.
Rom oder Berlin, darum geht es bei der nächsten Wahl.
Wie sehr diese Worte wahr sind, und daß er sich bei allem, was von dieser Seite kommt, gar nicht um den Schutz der Republik, sondern um Mehrung des Einflusses Roms handelt, ist ganz offenbar. Der schwerste Fehler, den die Republikaner bei der Aufstellung ihres Kandidaten machten, war die Wahl Marx.

Nach der Bibel ist die Zeit gekommen, wo aller Einfluß Roms enden soll, und wer immer sich mit ihm verbündet, wird verlieren.
Wir empfehlen allen Lesern vorstehender Zeilen das im Sternverlag in Leipzig, Eilenburgerstr. 53, erschienene interessante kleine Büchlein
Die größte Geheimmacht der Welt
96 Seiten, gut brosch. 50 Pfennig

Mexiko
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 13. November 2011 04:06
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Mexiko

In der neueren kritischen Berichterstattung über die Zeugen Jehovas, ragen, wenn das Thema Mexiko angesprochen wird, besonders zwei Aspekte heraus, auf die schon Raymond Franz in seinem "Gewissenskonflikt" hinwies.
Das wäre einmal die mit "Agurenlächeln" geduldete Praxis, mittels Bestechungsgeldern sich Bescheinigungen über "absolvierten" Wehrdienst zu beschaffen. Zum anderen der gewählte rechtliche Status dort als "kulturelle Vereinigung".

Ich schätze Herrn Robin de Ruiter
in seiner Publizistik (namentlich auch die Zeugen Jehovas bezügliche) keineswegs sonderlich und habe dies schon verschiedentlich erklärt. Da etliches davon von ihm zuerst in spanischer Sprache niedergeschrieben (und deutsch keineswegs seine "Muttersprache" ist. Jedenfalls scheint er Spanisch erheblich besser zu beherrschen als Deutsch). Ergibt sich zum Teil die Tragikkomische Situation, dass seine auch in Deutsch vorliegenden ZJ-Schriften, prüft man angegebene Belegstellen nach, ein bemerkenswertes Ergebnis zeitigen:
Am angegebenen Ort nicht nachweisbar. Auf Grund seines "Sprachenmixes" hat er da wohl häufig Spanischsprachige Quellen zitiert, und unterstellt (bzw. kümmert sich nicht darum), ob selbige auch an gleicher Stelle in deutschen WTG-Veröffentlichungen nachweisbar sind. Nichts weniger als das!

Dann stört mich bei de Ruiter vor allem - und das ist der Hauptdissenz - seine
Verschwörungstheoretische Orientierung .

Mit den gebotenen Vorbehalten, und "mit der Kneifzange angefasst", mag (ausnahmsweise) auch mal de Ruiter zitiert werden, dieweil er eben vieles erst Spanischsprachig herausbrachte (und danach Deutsch). Im Spanischsprachigem Kulturkreis kenne ich mich selbstredend nicht aus. Insofern würde ich ihm (ausnahmsweise) mal konzedieren, dass er dort bessere Einblicke hat. Jedenfalls ist auch de Ruiter auf Mexiko zu sprechen gekommen. Seine Interpretation besagt:

"Viele Jahre lang verweigerte das mexikanische Gesetz allen religiösen Organisationen einschließlich der katholischen Kirche das Recht auf eigenen Besitz.
Alle Gotteshäuser und sonstige Gebäude einer Religionsgemeinschaft wurden zu Staatsbesitz erklärt.
Um aber dennoch Eigentümerin ihrer Liegenschaften in Mexiko - Räume, Landbesitz und großen Druckereien in der Hauptstadt - zu bleiben, leugnete die WTG von 1946 bis 1989, dort eine Religionsgemeinschaft zu sein.
Offiziell war sie hauptsächlich für die Alphabetisierung der Bevölkerung da. Die Aufgabe ihrer Anhänger bestand darin, der Bevölkerung das Lesen und Schreiben beizubringen. Der enorme Druckereikomplex, den die Organisation in Mexiko-City besitzt, firmiert bis heute noch nicht unter dem Namen der Zeugen Jehovas oder der WTG.
Er ist als ein Privatunternehmen namens Grupo Editorial Ultramar S.A. de C. V. eingetragen. Alle diese Jahre hindurch machte die Führung die mexikanischen Zeugen Jehovas wahrheitswidrig glauben, daß die Regierung ihnen die Religionsausübung oder den Gebrauch der Bibel nicht gestatte und daß man während der Versammlungen nicht beten oder
singen dürfe."

Da auch Raymond Franz sich Mexiko bezüglich ähnlich äußert, besteht kein Anlass, die Substanz der vorzitierten Aussage in Frage zu stellen.
Nach Raymond Franz habe sich die Wachtturm-Gesellschaft in Mexiko mehr als ein halbes Jahrhundert lang den Status einer "kulturellen" Vereinigung bedient.
Im Wachtturm vom l. Januar 1990 (Seite 7) gab sie bekannt, im Jahre 1989 habe sich der "Status der Zeugen" Jehovas geändert. Es heißt, die Zeugen in Mexiko könnten jetzt zum ersten Mal die Bibel von Haus zu Haus einsetzen und die Zusammenkünfte mit Gebet eröffnen. ...

Auch schon früher ist Mexiko auffällig gewesen in der WTG-Geschichte. Etwa mit der dortigen Ausgabe des "Golden Age" unter dem Titel "Luz y Verdad" die schon Jonak mal aufspießte mit den darin enthaltenen Passus:

"Wir, die Zeugen Jehovas (Los Testigos de Jehova) treten für keine religiöse Propaganda ein. Wir sind in unversöhnlicher Weise antiklerial und antireligiös ..."

Ein solches Votum aus dem Munde einer Organisation, welche andernorts den Status "Religion" beansprucht, wirkt schon etwas verwunderlich, wenn nicht gar noch mehr. (Man vergleiche die 1936 bezügliche Jahrgangsdatei ).

Da Jonak schon genannt wurde, bietet es sich an, noch eine weitere Mexiko bezügliche Replik von ihm zu zitieren. Da spießt er in Sonderheit die
Balzereit-Schrift "Die größte Geheimmacht der Welt" auf

"Welche Verbindungsfäden da laufen, habe ich (Jonak) bereits an dem amerikanischen Freimaurerbrief gezeigt. Aber weil nun schon die Bibelforscher den Brief für gefälscht erklären, muß ich mich auf einen Verteidiger der Ernsten Bibelforscher berufen, der unter dem Namen P. B. Gotthilf in einer Schmähschrift "Die größte Geheimmacht der Welt", worunter er das Papsttum versteht, seine Stellungnahme sowohl zum Freimaurertum als auch zum Bibelforschertum eindeutig kundgibt.

In seiner Bewunderung für die Freimaurerei erklärt er z.B. daß in Mexiko aller Fortschritt den Freimaurern zu verdanken ist.
Dies schrieb Gotthilf zu einer Zeit, wo in Mexiko eine der blutigsten Christenverfolgungen der Neuzeit begann.
Und über die Ernsten Bibelforscher sagt Gotthilf.

"Es mag sich nun irgendein Mensch zu den Lehren der Bibelforscher, soweit sie interkonfessionelle Fragen angehen, stellen, wie er will; eines muß aber jeder vorurteilslose Prüfer ihrer Literatur zugeben: sie leisten mit ihrer Kampfesarbeit gegen Rom, die
sie, nebenbei bemerkt, in aller Sachlichkeit, ohne die sonst übliche Gehässigkeit nur allein mit Darlegungen aus der Bibel führen, der Menschheit einen unschätzbaren Dienst." ("Die größte Geheimmacht der Welt.", S. 83.)"

Just jener von Balzereit gerühmten "Kampfesarbeit gegen Rom" mit Mexiko-Bezug, kann man auch im "Goldenen Zeitalter (Magdeburger und Berner Ausgabe) vom 1. 11. 1926 begegnen. Da wird ein Pressebericht zitiert. Insofern ist das kein Eigenbericht. Aber die Eigenleistung ist schon darin zu sehen, in der Auswahl und Weitergabe dieses Berichtes. Eine zwangsläufige Notwendigkeit, den so zu zitieren, bestand ja nun wirklich nicht. Insofern es dennoch getan wurde, unterstreicht man zugleich die vermeintliche Wichtigkeit dieses Berichtes, der offenbar ins eigene Weltbild hineinpasste. Er ergänzt in gewisser Hinsicht die vorzitierten Mexiko-Passagen, und sei nachstehend noch kommentarlos vorgestellt:

"Wir entnehmen der Schweizer Zeitung "Freier Aargauer" Nr. 175 folgenden Artikel:

Bekanntlich wird zur Zeit in Mexiko von Seiten der Regierung der Kulturkampf gegen die katholische Kirche geführt. In ganz Europa und weit darüber hinaus führt nun die katholische Kirche einen fortwährenden Pressefeldzug gegen Mexiko. Wir haben unsere Leser schon zu wiederholten Malen über die mexikanischen Verhältnisse unterrichtet. Vor einiger Zeit wurde von mexikanischer Seite nun unter obigem Titel (Mexiko und der Vatikan) der "N.Z.Z." der nachstehende Artikel übermittelt, den wir unsern Lesern nicht vorenthalten wollen:

"Während bisher nur inoffizielle Nachrichten über die Leiden der katholischen Kirche Mexikos verbreitet wurden, gibt nun der Protest des Papstes die Veranlassung, den mexikanischen Kulturkampf zu schildern, wie er in Wahrheit ist. Die entscheidende Phase dieses Kampfes fällt in die Zeit des Weltkrieges. Man hatte damals anderes zu tun und kümmerte sich nicht um mexikanische Verhältnisse.

Die katholische Kirche herrschte bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts unumstritten in Mexiko. Eine andere Konfession oder Religion war nicht geduldet. Protestanten oder Juden durften keinen Grundbesitz erwerben. Man weiß, daß Mexiko dadurch Texas verlor und ebenso vordem Kalifornien. Die Geschichte dieser beiden Länder zur Zeit des Anschlusses an die Vereinigten Staaten zeigt, daß die Volksbewegung nur durch die starre Intoleranz der katholischen Kirche Mexikos gegen Andersglaubende hervorgerufen wurde.

Der Sieg der Demokraten über die Klerikalen schien unter Juarez sicher, aber es gelang den Klerikalen, durch die Kaiserin Eugenie den Kaiser Napoleon III. zu einer Intervention zu bewegen, die mit dem tragischen Tode des unglücklichen Maximillian ihr Ende fand.

Wohl hatten die Demokraten gesiegt, aber die im Jahre 1859 beschlossene Trennung der Kirche vom Staat blieb auf dem Papier stehen; bis zum Jahre 1910 herrschte der Klerus weiter fast unbeschränkt. Das Vermögen der Kirche betrug damals zwei Drittel des Nationalvermögens. Aus den Staatsmitteln flossen ihr weitere ungeheure Summen zu. So bezog der Erzbischof von Mexiko ein Jahresgehalt von 123.000 Pesos, der von Puebla 110.000, der von Maretta 100.000 usw. Auf 13 Millionen Einwohner kamen in 1073 Pfarreien 22.300 Laienpriester; in 204 Klöstern wurden 8.000 höhere Würdenträger unterhalten, die Anzahl der männlichen Orden betrug 19, die der weiblichen 23; es gab Tausende von Mönchen und Nonnen. Man schätzt die Zahl der Geistlichen, mit Einschluß der Nonnen auf 150.000. Der Pomp der Kirche spottete jeder Beschreibung. Der nach Rom gesandte Peterspfennig erreichte den Betrag von 10 Millionen Pesos. Daß es der Kirche daran liegen mußte, diesen Zustand zu erhalten ist begreiflich. Sie konnte es dadurch, daß sie die Einwohner in Unwissenheit hielt. Alle Schulen waren in der Hand der Kirche. Nur die höheren Klassen ließen ihre Kinder lesen und schreiben lernen, der größere Teil der Landbevölkerung ist des Lesens und Schreibens unkundig.

Noch schlimmer war es, daß die Taxen der Kirche horrend hoch waren; es war z. B. dem Landarbeiter oft unmöglich, die Kosten einer Trauung zu erschwingen, sodaß der größere Teil der Landbevölkerung in wilder Ehe lebte. Flaudrau erzählt in seinem "Vivo Mexico" eine tragikkomische Geschichte von einem Gutsbesitzer, dem es durch Stiftung einer Kapelle gelang, einen Priester zu erhalten, der die Leute trauen mußte; er schildert ergreifend, wie von allen Seiten die Arbeiter mit Kindern und Kindeskindern herbeiströmten, um sich trauen zu lassen.

Im Jahre 1910 begann die soziale Revolution, die zur Befreiung führte. Dem Weltkrieg verdankt Mexiko, daß es die Revolution gegen die starken Widerstände der Klerikalen durchführen konnte. Im Jahre 1917 wurde die im Jahre 1859 beschlossene Trennung von Kirche und Staat in die Tat umgesetzt. Ein neues Gesetz erklärte alle Religionen und Konfessionen für gleichberechtigt. Alle Klöster wurden aufgehoben, die Schulen verstaatlicht. Keine Kirche darf eine Volksschule oder Krankenhäuser und Altersheime unterhalten. Gottesdienst in der Oeffentlichkeit ist verboten. Die Priester müssen das mexikanische Bürgerrecht besitzen.

Man hat der römischen Kirche Zeit gelassen, sich auf die veränderten Umstände einzustellen. Aber die katholische Kirche wollte das gar nicht. Die Klagen des römischen Klerus sind unberechtigt, er erfreut sich derselben Freiheit wie die Geistlichen anderer Religionen, sobald er sich auf den Boden des mexikanischen Gesetzes stellt.

Der Papst erwähnt in seinem Rundschreiben die Austreibung des Nuntius Caruma. Caruma war nach Mexiko mit einem Paß der Regierung von Puerto-Rico gekommen, worin er fälschlich als Volksschullehrer bezeichnet wurde. Herr Caruna war aber kein Volksschullehrer, sondern Bischof von Puerto Rico und päpstlicher Nuntius. Die mexikanische Regierung hätte ihn eigentlich bestrafen müssen, weil er unter Vorspiegelung falscher Tatsachen die mexikanische Grenze überschritten hatte. Sie hat aber von einer Bestrafung abgesehen und den Prälaten nur energisch ersucht, Mexiko sofort wieder zu verlassen; sie hat ihm dann einige Polizeibeamte zur Seite gestellt, damit der Befehl auch ausgeführt wurde.
Schon zwei Jahre vorher war einem päpstlichen Nuntius, Ernesto Philippi, die Einreise untersagt worden.

Die mexikanische Regierung sieht sich in den katholischen Fragen von einer heiklen Situation. In Mexiko hat sich eine nationale katholische Kirche gebildet, die große Ähnlichkeit mit den Altkatholiken hat. Wenn in einer Stadt die Mehrzahl der Gemeindeglieder dieser Richtung angehört, so wird dieser größere Teil auch die Kirche beanspruchen. Das geht nicht überall ohne interne Reibereien ab. Wenn es zu Gewaltätigkeiten kommt, muß natürlich die öffentliche Gewalt einschreiten. Rom macht aus solchen Vorfällen eine Staatsaktion.

Die mexikanische Regierung ist entschlossen, den Gesetzen nachdrücklichen Gehorsam zu verschaffen. Sie ist daran gegangen, die noch immer bestehenden Klöster zu schließen und das Kirchengut in eigene Verwaltung zu nehmen. Die Regierung ist stark genug, ihre Gesetze durchzuführen. Sie hat den syrischen Flüchtlingen, die nicht Franzosen werden wollten, beinahe 50.000 Muselmanen, das Land geöffnet. Zahllose Japaner leben in der mexikanischen Republik nach ihrem heimatlichen Ritus. Sie hat 6.000 jüdische Familien, die nicht nach Nordamerika reisen durften, aufgenommen. Jede Religion ist geschützt, die sich den Gesetzen des Landes unterwirft. Es bedarf wohl nur dieses Hinweises, um bei allen vorurteilslosen Menschen die Angriffe des Vatikans auf das richtige Maß zurückzuführen.
Preiserhöhung
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 25. November 2011 03:10
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Preiserhöhung

"Leider sind wir gezwungen, den Abonnementspreis für das kommende Jahr um einen Franken zu erhöhen. Wir bitten deshalb die lieben Leser davon Kenntnis zu nehmen, daß der Abonnementspreis ab 1. Januar 1927 für das Inland Fr. 5.-- beträgt ...."

teilt die Schweizer Ausgabe des "Goldenen Zeitalters in ihrer Ausgabe vom 15. 11. 1926 mit.
Obwohl selbige, laut Impressum, auch Leser in Elsass-Lothringen und Saargebiet, in Österreich und (deutschsprachige Teile) der Tschechoslowakei mit versorgt, darf die Auflagenhöhe der Schweizer Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" wohl als nicht sonderlich hoch eingeschätzt werden. Jedenfalls nicht so hoch, wie die der Magdeburger Ausgabe, die zeitgleich auf der Titelseite mitteilt, derzeit eine Auflagenhöhe von 270.000 zu haben. Die Schweizer Ausgabe macht indes keinerlei Angabe zu ihrer Auflagenhöhe, was man wie vorstehend beschrieben, deuten kann.

Zwischen 0,10 (für das Einzelheft) bis maximal 3,20 RM (Postversand) für einen kompletten Jahrgang, beziffert zur gleichen Zeit, die Magdeburger Ausgabe ihre Preise. Es ist eine Binsenweisheit. Je höher die Auflage, umso kostengünstiger kann produziert werden. Ist das nicht gegeben, braucht man sich über Meldungen der vorzitierten Art nicht zu verwundern.

Schürung von Abscheu gegen das Impfen
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 25. Dezember 2011 00:09
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Schürung von Abscheu gegen das Impfen

Sowohl die Magdeburger als auch die Berner Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 1. 12. 1926 präsentiert unter der Überschrift "Die furchtbare Macht des medizinischen Aberglaubens" einen umfänglichen Artikel, dessen Tendenz klar ist: Abscheu gegen das Impfen zu erzeugen. Laut Untertitel, wird vermerkt: Entnommen dem amerikanischen "The Golden Age". Also die Impfgegnerschaft wird quasi internationalisiert.

Einleitend geht es schon los mit dem Votum:

"Der Impfzwang ist eine Ungeheuerlichkeit, eine Mißgeburt von Irrtum und Unwissenheit; und als solche sollte er überhaupt keinen Platz in der Hygiene und der Arzneikunst haben ... Laßt euch nicht täuschen, das Impfen ist ein weltweiter Betrug, etwas ganz Unwissenschaftliches, ein schrecklicher Aberglaube, - dessen Folgen heute, 116 Jahre nach seiner Geburt, an Tausenden von Toten, Erkrankten und Krüppeln durch Tränen und Leiden ohne Ende offenbar geworden sind" (Dr. med. Carlo Nuata, Professor an der Universität zu Perugia, Italien, im November 1898).

Weiter zitiert das GZ einen emotionalisierten Augenzeugenbericht mit den Worten:

"Ihre Eltern kämpften einen harten Kampf, sie wußten, daß ihr Kind gesund und stark genug war, um gegen die Ansteckungsgefahr der Blattern widerstandsfähig zu sein; aber die Autoritäten, die Spitzen der medizinischen Autokratie, wußten es besser. Sie impften in den blühenden herrlichen Körper den giftigen Eiter aus den Wunden einer kranken Kuh ein.
Und dieser tat sein tödliches Werk. Das Gift durchdrang ihren Körper, und die Rosen schwanden von ihren Wangen. Sie wurde blaß und kränkelte dahin, wurde schwächer und immer schwächer - und starb. Die Autoritäten sagten, sie sei an Lungenentzündung gestorben, aber ich wußte es besser, und ebenso viele andere Ärzte, die den Fall sahen und erörterten. Ihr Tod war durch das Gift verursacht, das verbrecherischer Weise in ihren blühenden Körper, in ihr Blut eingeführt wurde."

Und kommentierend liest man dazu im GZ noch:

"Dieser Bericht von einem traurigen Ausgang jenes abergläubischen, unmenschlichen Brauches der Impfung, der sicherlich von niemand angezweifelt wird, außer von solchen, die ihn aus persönlichen, finanziellen Gründen nicht glauben wollen."

So so, da unterstellt das GZ also prinzipiell niedere Motive!

Weiter geht es im GZ-Text:

"Dieser Bericht "erschien von der Feder des bekannten Arztes Dr. med. Louis Kozolf in einer amerikanischen medizinischen Zeitschrift. Dieser Arzt schreibt, daß er sich lieber eine Kugel durch den Kopf schießen würde, als jemals wieder Lymphe in einen menschlichen Körper zu bringen."

Weiter meint das GZ unter Verweis auf tatsächliche (oder zweifelhafte) Autoritäten (das sei jetzt mal dahingestellt) vom Stand des Jahres 1926 sagen zu können, über die Blattern (denen vielfach mit der Impftechnologie begegnet wird), wisse man so gut wie nichts (Ursachen usw. betreffend). Dazu wird ein gewisser Dr. Osler mit den Worten zitiert:

"Mit unserer jetzigen Erkenntnis über Blattern ist es nicht möglich, eine Theorie über die Art der Infektion aufzustellen, die erwiesen und erklärlich wäre. Wir wissen nichts ... Ebenso unwissend ist man über den Impfstoff, der angewendet wird, um die Impfpocken hervorzurufen, die die Schutzimpfung hervorrufen soll."

Nun mag es in der Tat so sein, dass die Medizin bei all diesen Fragen im "Nebel herumgestochert" hat, und nicht selten das Ergebnis hieß: "Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn". Selbst wenn dem so ist, kann der auch vom GZ propagierte Fatalismus, nicht die Antwort darauf sein. Selbiger ist ursächlich auch in dem Dogma begründet. Man dürfe Gott "nicht ins Handwerk pfuschen".
Spätestens nach den brennenden Krematoriumsöfen von Auschwitz ist feststellbar. Dieser Gott hat es offenbar mehr als nötig, das man ihm in sein "Handwerk" hineinpfuscht.

Im weiteren lässt es sich das GZ angelegen sein, emotionalisiert zu beschreiben, wie denn Impfstoffe hergestellt werden. Das ist dann wohl dasselbe, als wenn man einen Wurstfabrikanten im Detail beschreiben lässt, wie und in welchen Stufen bei ihm zu dem Endergebnis führen. Auch da soll es ja Leute geben, welche dazu als Kommentar nur eines zu sagen vermögen. Weis man das alles im Detail, bekommt man kaum einen Bissen davon mehr herunter.

Hierbei haben aber so Gestimmte immerhin noch die Möglichkeit, auf andere Ernährungsformen umzusteigen. Auch das wiederum erweist sich nicht selten als Trugschluss. Wer will wissen (oder weis) wieviel Chemie auch bei landwirtschaftlichen Produkten zum Einsatz kommt?!

Man kommt letztendlich um Kompromisse nicht herum. Man wird demzufolge auch der Medizin konzedieren müssen, experimentieren zu können. Das "warten auf den großen Zampono" erweist sich in beiden Fällen als kontraproduktiv.

Siehe auch die Kommentierung zum "Goldenen Zeitalter vom 1. 4. 1924 und 15. 5. 1925
Mysnip.25711

"Was lesen meine Kinder?"
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 26. Dezember 2011 00:25
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - eine Zeitreise
"Was lesen meine Kinder?"

"Was lesen meine Kinder?" fragt das "Goldene Zeitalter" in seiner Ausgabe vom 1. 12. 1926 und in Fortsetzung auch in der Ausgabe vom 15. 12. 1926, um damit, laut Untertitel einige Empfehlungen "für den Weihnachtstisch" zu verbinden. Weihnachten wurde ja damals noch von den WTG-Hörigen gefeiert.
Zu den dann offerierten Empfehlungen gehört - aus dem eigenen Verlag - auch die Buchausgabe des "Photodrama der Schöpfung" sowie der dubiose "Weg zum Paradiese" des W. E. Van Amburgh.
Das ist aber nicht alles. Es gibt auch Buchempfehlungen solcher Titel, welche eben nicht im WTG-Verlage erschienen sind. Verschämt werden allerdings grundsätzlich keine Verlagsangaben gemacht. Lediglich eine Bezugsquelle wird wieder ausdrücklich genannt. Und indem diese Adresse zum wiederholten Male auftaucht, erfüllt sie schon mehr als nur den Tatbestand der Schleichwerbung. Da muss man sich schon fragen. Welches persönliche Interesse (vielleicht sogar pekuniärer Art), der deutsche (damalige) WTG-Fürst Balzereit damit verband?
Man ahnt die Adresse schon. Genau: Wieder einmal ist es der "Sternverlag, Leipzig, Eilenburgerstraße, Ecke Riebeckstraße"

Verlag ist für diese Firma wohl eine etwas hochgegriffene Bezeichnung. Sachgemäßer wäre es von einer Verlagsbuchhandlung zu sprechen, denn der Hauptanteil seiner Wirksamkeit, erstreckte sich offensichtlich auf das Buchhandelsgeschäft. Eigentliche Verlagstätigkeit nahm da eher eine untergeordnete Position ein. Zudem erschien keines der offerierten Bücher selbst im "Sternverlag". Der nahm also blos die kommissarische Bestellung und Besorgung eingehender Bestellungen war.

Wie schon erwähnt bestand der WTG-Anteil bei diesen Buchempfehlungen nur aus zwei Titeln. Die übrigen Empfehlungen lassen sich in zwei Gruppen aufteilen.
Einmal Bücher mit angegebenen Verfassernamen.
Zum anderen Bücher, wo der Verfassername (zumindest im GZ) schamhaft verschwiegen wurde.
Zu den mit Namen genannten Verfassern gehört Waldemar Bonsels mit seinem "Himmelsvolk"

http://www.archive.org/stream/himmelsvolkeinbu27220gut/27220-0.txt

und als zweites Buch der "Biene Maja und ihre Abenteuer" .
Weiter wird namentlich genannt die Autorin Margarete Thiele mit ihren Buchtiteln:
"Häschen, ein Frühlingsmärchen"
"Das Wunderland am Murmelbach"
Und "Was drei kleine Bären im Walde erlebten".
Eine dritte genannte Autorin ist Elisabeth Gnauck-Kühne mit ihren "Goldene Früchte aus Märchenland".

Dann gibt es noch drei Buchempfehlungen, ohne Verfasserangabe.
Erstens "Tage und Nächte in Urwald und Sierra"
Dabei handelt es sich ausweislich bibliographischer Daten um eine Schrift eines Kurt Faber über Peru, Bolivien, Brasilien.
Zweitens: "Neue Menschen auf alter Erde" Autor ein Felix Salten der über eine Palästinafahrt berichtet, was dann ja auch kongruent mit der eigenen zeitgenössischen Zionsmusbegünstigung ist.
Drittens "Der Fürst aus Davids Hause" Verfasser selbiger ein amerikanischer Prediger namens Joseph H. Ingraham der darin über "drei Jahre in der heiligen Stadt" berichtet.

Das darf man wohl auch noch sagen. Solcherlei Buchempfehlungen (außerhalb dessen was auf dem eigenen Mist gewachsen), wären bei der heutigen WTG kaum denkbar. So ändern sich die Zeiten. Und das nicht zum besten hin!

Bonsels "Biene Maja"
Vielleicht haben es der WTG im Falle von Bonsels "Biene Maja" auch solche darin eher karikierende Passagen besonders angetan, wie die:

"Kürzlich sah ich den Pfarrer Sündepiek fast einen Meter hoch springen, um einer kleinen Schlange zu imponieren, die vor ihm über den Weg lief. Seine Verachtung gegen alles, was nicht Springen war, ging dabei so weit, daß er seine Pfeife fortschleuderte, ohne die kein Pfarrer leben kann."

http://www.archive.org/stream/diebienemajaundi21021gut/21021-0.txt

Gnauck-Kühne
Beschränkt man sich auf das offerierte Buch der Frau Gnauck-Kühne, mag man solcherlei Empfehlung ja noch halbwegs nachzuvollziehen. Zumindest vom Titel her. Eher schon fraglich ist, ob die Empfehler denn dieses Buch auch mal selbst gelesen haben.
Noch fraglicher ist, ob sie sich für deren Autorin im Detail mal näher interessiert haben. Nimmt man einschlägige Beiträge im Internet zur Kenntnis
Etwa

de.wikipedia.org/wiki/Elisabeth_Gnauck-Kühne
[Hinweis: Wikipedia-Verlinkungen, welche Umlaute enthalten, erweisen sich offenbar als problematisch. So auch in diesem Fall. Der entsprechende Artikel existiert aber]
drängt sich doch der Eindruck auf. Frau Gnauck-Kühne ist sicherlich völlig unschuldig, auch von den Bibelforschern vereinnahmt worden zu sein. Das ist unstrittig. Aber auch das darf man auch sagen. In deren Reihen würde sie so gut "heineinpassen" wie etwa ein Eskimo in Landestracht bei Besuch eines afrikanischen Negerstammes.

In ihrem Geleitwort lässt Frau Gnauck schon wissen:

"Keine Dichtungsart entspricht dem deutschen Wesen mehr als das Märchen, als die symbolisierende Naturbetrachtung. Unsere heidnischen Vorfahren haben in dem Rauschen der Eichen mehr gehört als Windeswehen, und die Stimmen der Tiere und der geheimnisvollen Wechsel der Gestirne waren ihnen bedeutungsvoll und vertraut. Auch der christlichen Vorzeit blieb der innige Zusammenhang mit der Natur erhalten."

Bild-Illustrationen gibt es auch. Etwa eine zur ihrer Erzählung "Der Wildbach". Die wird es den Buch-Empfehlern wohl besonders angetan haben, weis man doch dank dieser Zeichnung nun endlich, wie man sich den lieben Gott vorzustellen habe.

http://www.manfred-gebhard.de/Gnauck.jpg

Biblische Allegorien findet man auch verarbeitet. Auch eine solche, welche eigentlich ein beliebtes Standardthema der Bibelforscher/Zeugen Jehovas ist. Ob letztere da mit Frau Gnauck konform gehen. erscheint wiederum fraglich. Haben sie doch ihre eigene fest ausgeprägte Interpretation, wie denn der arme Lazarus in einem der Jesuanischen Gleichnisse zu deuten sei.

Auch Frau Gnauck hatte offenbar Verwendung für die Lazarus-Parabel. In ihrer Interpretation habe ein guter Mitmensch, dem Lazarus eine Geranienblüte in die Hand gedrückt, damit er, der sonst nichts zu lachen hatte, sich auch einmal freuen könne. In ihrer Lazarus-Geschichte lässt sie selbige wie folgt ausklingen:

"Am Abend aber, als ihn der Nachbar heimholte, brach dieser gute Mann die Blume für ihn ab, und Lazarus nahm sie wie ein Kleinod in die Hand und ließ sie auch nicht wieder los, als er auf sein Strohlager gelegt wurde.
In der Nacht starb er, und die Engel trugen ihn in Abrahams Schoß, die Blüte aber ließen sie in seiner Hand. So kam das Geranium in das Paradies, wo es so schön ist, daß auch der gelehrteste Mann keine Worte dafür hat.
Hier blüht es nun immer und ewig. Als es sich von seiner Himmelfahrt erholt und an den Glanz und die Wonne ein bißchen gewohnt hatte, blickte es forschend um sich, ob die Bäume aus dem Garten schon in den Himmel gewachsen wären. Aber es war noch nichts von ihnen zu sehen."

Felix Salten
Seit 1894 war er Redakteur der "Wiener Allgemeinen Zeitung", weis die Wikipedia über ihn zu berichten.
http://de.wikipedia.org/wiki/Felix_Salten

Danach noch für andere unterschiedliche Presseorgane tätig.
Über sein 1925 erschienes Buch "Neue Menschen auf alter Erde. Eine Palästinafahrt" heisst es im Vorwort einer 1986 erschienenen Neuauflage selbigem:

Er erkannte "bereits, daß sich der von ihm hochgeschätzte Herzl zumindest in einem wichtigen Punkt geirrt hatte. In seinem Roman "Altneuland" (1902) einer Vision eines zukünftigen Judenstaates, stellt sich Herzl eine besonders friedliche und fruchtbare Koexistenz von Arabern und Juden vor. Diese Prophezeiung Herzls erwies sich bereits 1924 als völlig unzutreffend."

Und weiter über diesen Autor:

"Felix Salten, der als Schöpfer von "Bambi" in aller Welt bekannt geworden, aber als Palästina-Reisender in Vergessenheit geraten ist."

Nun wie man sieht, hat die zeitgenössische WTG sicherlich keinen Anteil an dem "Vergessen", sondern eher dem Gegenteil.

Zu Saltens Eindrücke in Palästina gehört dann wohl auch der (S. 61):

"Ein Teil dieser Jugend glaubt nicht mehr an Gott, aber an Palästina glauben sie alle."

Damit reduziert sich die jüdische Kolonisation, auf ökonomische Ursachen und Zwänge. Ihre Verklärung auf religiöse Elemente, ist dabei so überflüssig wie ein Kropf. Natürlich kann man die religiösen Elemente, die maßgeblich mit zum Wesen des Judentums gehören, nicht prinzipiell ausblenden. Es geht lediglich um deren Überhöhung in metaphysische Sphären, zudem auch die zeitgenössische WTG mit beitrug.

Nach Rutherford's faktischem Kniefall vor dem zeitgenössisch erstarkenden Antisemitismus in den Büchern "Rechtfertigung" dann zwar nicht mehr. Dafür haben andere aus der evangelikalen Szene in der Gegenwart diesen Part übernommen.
Ihre einseitige Verklärung einer der in Palästina ansässigen Religionsformen, besitzt dabei durchaus den Status einer (abgewandelten) "Herrenmenschenideologie". Die einen meinen selbige biologisch (rassistisch) begründet zu haben. Die anderen eben mit Gott aus der grauen Vorsteinzeit.

Mögen die Ansätze dabei durchaus unterschiedlich sein. Eines eint sie beide (im Bunde mit dem Dritten der da verkündet, das am amerikanischen Wesen die Welt genesen solle). Ihre Kontraproduktivität, ihr bewusstes in Kauf nehmen (ja sogar fördern), die eigenen Interessen, unter Totalausblendung der Interessen anderer, durchsetzen zu wollen.

Kommen dann noch Interessen wie Erdöl hinzu, ist wieder mal die klassische Gemengelage für Kriege gegeben.

Kann man den Bericht des Felix Salten als den eines Augenzeugen bezeichnen, so reduziert sich das Ingraham'sche Buch eindeutig auf die Form eines verklärenden Romans. Immerhin findet man in ihm auch solche Sätze wie den:

"Menschenhand kann die Stadt Gottes nicht zerstören" - sagte der Rabbi mit stolzer Zuversicht - "sie wird ewiglich bestehen!"

amit dürfte die Motivation der Bibelforscher für die Empfehlung dieses Buches offenkundig sein. Gehörte doch die Verklärung Jerusalems, von dereinst aus Abraham, Isaak usw. ausgerüstet mit Radiostationen
und "Areoplanen", regieren würden, zum eigenen (damaligen) Standard-Repertoire

Die Wikipedia widmet diesem J. H. Ingraham einen eigenen Artikel

http://de.wikipedia.org/wiki/J._H._Ingraham

Im zufolge habe selbiger sich seit den 1850er Jahren, auf christliche Romane spezialisiert. Das im GZ offerierte erschien erstmals 1855, hat danach noch diverse Auflagen erlebt. Unter anderem in Deutsch, 1987 auch die in einem katholischen Verlag.

Kurt Faber
Auf den ersten Blick fragt man sich, weshalb das Buch des "Weltenbummlers" Kurt Faber "Tage und Nächte in Urwald und Sierra", welches noch 1943, in Nazi-Deutschland erneut verlegt wurde. Weshalb denn dieses Buch auch zu den Empfehlungen gehört.
Auf den zweiten Blick indes, wird der Hintergrund schon deutlicher.
Der Slogan von der "gelben Gefahr", war für die nach allerlei "Endzeitzeichen" Ausschau haltenden Bibelforscher, innerhalb ihres diesbezüglichen Ideologiegerüstes, ein Art "Kassenknüller", die sogar Außenstehende, ihnen nicht Zugehörige veranlasste, ihnen "andächtig" zuzuhören.
Sogar in einer Verfremdungsform soll besagte These noch heute einige inspirieren.
Ökonomische Verwerfungen sind immer "gut" als Thema für die "Bild-Zeitungs-Gebildeten", obwohl es damals eine Zeitung gleichen Namens noch nicht gab. Wohl aber deren Klientel der "Halbgebildeten", die folgerichtig (noch heute) für allerlei Verschwörungstheorien, besonders empfänglich sind. Solcherart Gemengelage ist auch der Slogan der "gelben Gefahr" zuortbar. Und just in diesem Buch, findet man den eigenen "Kassenknüller" von der "gelben Gefahr", zwar nicht biblisch verbrämt, aber eben doch - ökonomisch verbrämt - wieder. Etwa (Auflage 1943) S. 70.

"Die 'gelbe Gefahr', die an der Pazifikküste des nördlichen Kontinents für ehrgeizige Politiker so oft das Steckenpferd ist, auf dem sie vorwärts zu reiten hoffen in die Gefilde der Ministermöglichkeiten ..."

Wenn man denn der Frage nachgeht, weshalb man es auch im Naziregime als interessant bewertete, jenes Buch zu dieser Zeit neu zu verlegen, so findet man die Antwort in einem Satz: "Stammtischparolen". Selbige werden auch in diesem Buch offeriert. Zum Beispiel die (S. 303f.):

"Und ... noch eine andere Sorte von deutschen Einwanderern, die nicht zum Ruhme ihres Mutterlandes beitrugen. Shimmytanzend, zigarettenrauchend, Novemberkavaliere. Seltsame Gestalten, wie sie nur heranwachsen konnten in diesen sieben mageren Jahren von Krieg, Revolution und Inflation. ... Der Vater Staat hatte bisher für sie gesorgt, und nun trugen sie den naiven Glauben an die Fortdauer dieses komfortablen Zustandes auch über das Wasser. ...
Aber siehe, es gab gar keine Arbeitslosenunterstützung. Das war ihnen unfaßbar.
Keine Unterstützung? Und wie, Herr, denken Sie wohl, daß wir leben sollen in dieser kapitalistischen Weltordnung?
Gehen Sie arbeiten.
Ar-bei-ten? Das war ihnen unfaßbar. Arbeit - was wußten Sie davon? Ein bißchen Umherlungern ... Ein bißchen Betriebsrat spielen und dann wieder stempeln und daneben kleine Schiebergeschäfte..."

Mag man "Lieschen Müller" auch nicht zur Kategorie der "Stammtischbesucher" direkt zuzählen. Von ihrem "Level" ist sie es sicherlich. Und "Lieschen Müller" nebst sonstigen "Stammtischpredigern", werden die von dem Herrn Faber ausgesprochenen Thesen, sicherlich als auch aus ihrem Herzen gesprochen, empfunden haben. So einfach ist das alles! Man muss nur einem Herrn Faber mal lesen, der einem das alles "erklärt". Angesichts der praktizierten Wolfsmoral der WTG, kann man deren Empfehlung dieses Buches sogar nachvollziehen!

Der famose Herr Urquhart
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 27. Dezember 2011 04:16
Im "Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
Der famose Herr Urquhart

Wieder einmal "kultiviert" in Form eines Bildes, eine Ausgabe des Schweizer "Goldenen Zeitalters" (in der Magdeburger Parallelausgabe aber nicht nachweisbar) den glühenden Philosemitismus der zeitgenössischen Bibelforscher.

http://www.manfred-gebhard.de/Bethlehem.jpg

Einer diffizilen Frage sucht sich das "Goldene Zeitalter" in seiner Ausgabe vom 15. 12. 1926 zu stellen. Die gestellte Frage lautet:"

Da manche Schwierigkeiten haben hinsichtlich des Punktes "Rote Rasse", ist die Frage allgemein: Wie entstand die Trennung zwischen dieser Rasse von den übrigen Söhnen Noahs und ihren Nachfahren, welchen Stamme entspringt diese Rasse? ..."

Dazu meint nun dass GZ, "daß die menschliche Familie aus einer Quelle stammt." Und weiter:

"Wir wissen uns keine bessere Antwort als sie in einem alten religiös-wissenschaftlichen Werk, betitelt Urquhart "Die neueren Entdeckungen und die Bibel" niedergelegt ist."

Dabei handelt es sich wohl um einen Reverend aus den USA namens John Urquhart, und um ein voluminöses Werk von fünf Bänden. Ohne Not tut sich keiner solch einen umfänglichen "Schinken" an. Immerhin scheinen diese fünf Bände um die Jahrhundertwende vom 19 zum 20. Jahrhundert auch in Deutsch herausgekommen sein. Es sei also konzediert, dass nur das erwähnt werden kann, was das GZ von diesem Herrn da zitierte. Wer es denn mag, kann ja versuchen den Wälzer selbst zu sichten. Meinerseits verzichte ich mit "Kompliment" darauf. Die Kunst "in der Kürze liegt die Würze" scheint jedenfalls Herrn Urquhart unbekannt gewesen zu. Jedenfalls muss man zu dem Resultat kommen, wenn man das liest, was das GZ von ihm da so zitiert. Bei jedem zweiten Satz drängt sich nämlich die Frage auf: Was will denn dieser Herr nun eigentlich mitteilen? Und das was er da mitteilt, was hat das mit der eigentlichen Fragestellung zu tun?

Jedenfalls habe ich seine weitschweifigen Ausführungen recht verstanden, unterstellt er. Es gab auch menschliche Überlebende "zur Zeit der Sinflut", die außerhalb "Noah's Arche" überlebten! Ein "interesanter" Gedankengang, den man allerdings in den eigentlichen WTG-Gefilden, ansonsten in dieser Deutlichkeit noch nicht vernommen hat!

Allerdings muss man wohl auch einräumen, dass Herr Urquhart sich in einer Art und Weise verbreitet, dass jeder das was ihm beliebt, daraus herauslesen kann, und das können höchst unterschiedliche Resultate sein.
Eine Kostprobe gefällig? Nun denn, das GZ zitiert ihn beispielsweise mit den Worten (als originär Urquhart'sche Worte).

"Prichard, dessen "Untersuchung der physischen Geschichte des Menschengeschlechtes" lange das wichtigste Werk über diesen Gegenstand gewesen ist, bewies, daß die Wissenschaft nicht verantwortlich sei für die Einwände, die in ihren Namen erhoben werden. Wie vollständig denen, welche für das Vorhandensein verschiedener Menschenarten stritten, der Boden unter ihren Füßen weggenommen ward, kann man aus dem folgenden Auszug aus "Die Spur der Schöpfung" sehen. Wir brauchen den Leser kaum daran zu erinnern, daß dies Buch geschrieben ward, um eine ganz andere Schöpfungstheorie als die der Bibel zu verteidigen. "Die Spur" von Robert Chambers war der Vorläufer von Charles Darwins "Ursprung der Art". Chambers Theorie war die, daß es zwei Anfänge des Menschen gäbe, einen für die Asiaten, Amerikaner und Europäer und einen für die Afrikaner. ..."

Wenn man sich also auf die Linie verständigen könnte:
Genaues, weis man nicht.
Dann ist genau diese Feststellung auch die einzigste, die auch Herr Urquhart (unfreiwilligerweise) dargelegt hat!

1926

GZ Zeitreise 1925

GZ Zeitreise 1927

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