Der vorangegangene Jahrgang     1907

Vor (mehr als) 50 Jahren

Was 1908 Wahrheit war

Die sieben letzten Schlussjahre

Im "Zions Wacht Turm" vom April 1908 gelesen:

Nach unserem Verständnis der Bibel ist, wie in den Tages-Anbruch-Bänden dargelegt, das Erntewerk seit Oktober 1874 im Gange, und wird im Verlauf von 40 Jahren - zum Oktober 1914, beendet sein. Wir erwarten bestimmt, daß innerhalb dieser Zeit der gesamte Weizen in die Scheune gesammelt, verherrlicht sein wird, während das Unkraut in Bündel gebunden werden wird, wenn nicht schon bis dahin das Verbrennen desselben begonnen hat.

Wir verstehen das Verbrennen des Unkrauts nicht so, als ob es mit buchstäblichem Feuer geschähe.

Aus dem Vorhergehenden ist ersichtlich, daß unserm Dafürhalten nach die Christenheit im Oktober 1907 in die sieben Schlußjahre der Erntezeít eingetreten ist. genau um dieselbe Zeit setzte die gegenwärtige große Finanzkrisis ein, deren Panik der Christenheit eine krampfhafte Erschütterung brachte, und nach unsrer Erwartung werden die ganzen so begonnenen sieben Jahre Zeuge sein von aufeinanderfolgenden Paniken und Schwierigkeiten, von denen jede die Interessen der Menschheit immer empfindlicher berühren wird, die Reichen sowohl als auch die Armen, und jede wird Verhältnisse mit sich bringen, die immer etwas schwerer wie die vorangegangenen sein werden», bis mit dem Abschluß der sieben Jahre, im Jahre 1915 nach der Bibel unsrer Erwartung zufolge die Anarchie die Oberhand und Herrschaft in der ganzen Christenheit gewinnen wird, indem sie die gegenwärtigen Einrichtungen, bürgerliche und religiöse, finanzielle und soziale umstürzt, und im allgemeinen die arme Welt in die. schrecklichste Trübsal stürzt, die sie je erfahren hat.

Wir prophezeien nicht; wir sagen nur, welcherlei unsre Erwartungen sind, während die biblische Begründung für dieselben sich schon in den sechs Bänden von "Tages-Anbruch" in den Händen unsrer Leser befindet. Wir behaupten nicht einmal, daß sich kein Fehler in unsrer Deutung der Prophezeiung und unsrer Berechnung der Chronologie befände. Wir haben lediglich diese Tatsachen dargelegt, und überlassen es jedem einzelnen, seinen Glauben oder Zweifel in bezug auf sie in Tätigkeit zu setzen, wobei aber unser Glaube durch unsre Werke bewiesen werden sollte. Selbst unsre Feinde müssen zugeben, und viele von ihnen geben es auch zu, dass diese tatsächliche Entwicklung der Ereignisse von Jahr zu Jahr, seit wir im Jahre 1876 sie dargelegt haben, in sehr wunderbarer und bemerkenswerter Weise zugetroffen sind und noch fortfahren zuzutreffen.

Die Juden zum Beispiel hatten noch an keine Rückkehr in ihr eigenes Land gedacht, als wir im Jahre 1878 darauf hinwiesen, daß die Zeit der Wiederkehr der Gunst für jenes Volk chronologisch angefangen hatte. In ähnlicher Weise hat auch die schriftgemäße Darstellung der Zelt der Trübsal ihre Bestätigung erhalten. Schritt für Schritt haben sich die Verhältnisse auf den großen Gipfelpunkt hin zugespitzt, von dem die Schrift redet, Erziehung und Bildung, allgemeine Aufklärung und Erfindung - alles Segnungen, die dem jetzt anbrechenden Morgen der neuen Zeitverwaltung angehören - haben die Welt aufgeweckt und sie in die Bahnen der gegenwärtigen hastigen Entwicklung geleitet, wobei der Sinn der großen Massen sich in einem bemerkenswerten Grade der Selbstsucht und dem Mammonsdienst zugewendet hat.

Diesem Mammonsdienst wird nicht nur allein von den Reichen, sondern auch von den Armen gehuldigt. Der eine jagt nach einem Vermögen von tausend Mark, der andere nach einem solchen von einer Million, und wieder ein anderer nach hundert Millionen, aber fast alle streben nach Reichtum. Wenn man einwendet, daß dies mehr auf das Volk der Vereinigten Staaten von Amerika als auf Europa zutrifft, so erwidern wir, daß dem so sein mag, weil die Amerikaner in jedem Sinne des Wortes wenigstens zehn Jahre früher erwacht sind wie Europa; doch alle Anzeichen sprechen dafür, daß die ganze Welt sehr schnell erwacht, und ihr Erwachen wird ein rauheres sein als das unsrige, mit nicht weniger einschneidenden Resultaten.

Wir tadeln das Volk nicht dafür, daß es am Morgen erwacht; auch tadeln wir die Leute nicht, weil sie in ihrem Hunger nach einem Anteil an den wunderbaren Segnungen, welche Gott für die gegenwärtige Zelt vorgesehen hat, selbstsüchtige Energie entfaltet haben zum Schutze ihrer Rechte und zur Erlangung größerer Vorrechte vermittelst Arbeiter-Vereinigungen und Bündnissen. Indes sind wir geneigt, die ungerechten und unvernünftigen Forderungen zu tadeln, deren man sich oft bedient. Und doch auch hier empfinden wir in großem Maße Mitgefühl, wenn wir daran denken, daß diese Leute, hungrig auf ihren Anteil an den gegenwärtigen Segnungen, die Leitung des Herrn, Seines Wortes und Seines Geistes nicht haben, um ihnen den richtigen und weisen Pfad zu zeigen. Einige ihrer Maßnahmen schlagen daher nicht nur verderbenbringend für sie selbst aus, sondern bereiten auch einigen der wohlwollendsten Kapitalisten und Arbeitgeber unnötige Schwierigkeiten. Andrerseits darf es uns auch nicht überraschen, wenn scharfsinnige Kapitalisten, die das Leben als einen Kampf und ein Spiel ansehen, ihre größere Intelligenz benützen, um ihre eigene Stellung zu kräftigen, damit der Vorteil in ihren eigenen Händen verbleibt und sie denselben durch Kombinationen und Bildung von Ringen vermehren, was zur

Lahmlegung der Konkurrenz, aber zur Stärkung der eigenen Vorteile dient.

Was anderes könnten wir vom natürlichen Menschen erwarten, der unter natürlichen Gesetzen sein Fortkommen sucht, wobei er mehr und mehr das göttliche Wort mißachtet, und mehr und mehr der Evolutionstheorie in die Arme treibt - daß nämlich dem Naturgesetz zufolge nur das Lebenskräftigste ein Anrecht auf Fortbestand hat, und daß man mit dem übrigen ungeeigneten Material nicht zuviel Mitgefühl haben dürfe, und dass für dasselbe nur übrig bleibe, daß es aus dem Wettlauf nach Reichtum und Stellung - auch wohl gar von der Daseinsberechtigung - ausscheide . Wir befinden uns so an der Schwelle der letzten, sieben Jahre dieses Evangeliumszeitalters.

Wunderweizen

Die folgende erstaunliche Geschichte weiss "Zions Wacht Turm" in seiner Ausgabe vom Oktober 1908 zu berichten:

Durch die Presse geht die Nachricht von einem "Wunder-Weizen", dessen Halme bis zu 142 Ähren getragen haben, welchen ein Farmer Namens K.B. Stoner in Fincastle, Botetourt County, Virginia, in den Vereinigten Staaten, gefunden hat. Der Bericht lautet:

Es ist kaum glaublich., als im Jahre 1842 ein Franzose bekannt gab, daß er in den Ländern des Mittelmeeres eine Art Weizen entdeckt habe, die pro Pflanze 4 Ähren trägt, sagte man, er sei von Sinnen, doch hier ist eine Pflanze mit 143 Ähren!

Herr Stoner hob die Ähren sorgfältig auf, um sie im nächsten fahr wieder zu säen, Dies tat er auch im folgenden Jahre, da er sich dessen bewußt war, daß er eine ungeheuer wichtige Art Weizen entdeckt habe, Sein Erstaunen wuchs mit jedem Jahre.

Im ersten Jahre nach der Entdeckung der Pflanze erhielt er 2000 Körner, 1906 erhielt er 16 Buschel (Scheffel), und jetzt bat er bereits 800 für Samenzwecke gezogen und sorgfältig aufgespeichert.

Das Merkwürdige an der Sache ist, daß in der Weizengegend jener Provinz in besten Falle sonst nur l7 Büschel pro Acker (460 Ruten) gezogen werden konnten, während der Wunderweizen einen Ertrag von 56 Büschel pro Acker aufzuweisen hat. Beim gewöhnlichen Weizen sind ungefähr zwei Büschel Samen für einen Acker erforderlich, während vom "Wunder-Weizen" ein halber Busche! genügt, In der Nachbarschaft des Herrn Steiner erhält man von gewöhnlichen Weizen für jeden gesäeten Büschel 8 Büschel Ertrag: Stoner dagegen erhält für jeden gepflanzten Büschel "Wunder-Weizen" durchschnittlich 75 wieder.

Der Bericht der Bundesregierung lautet:

Im letzten Jahre wurden Beamte der Bundesregierung für den Wunder-Weizen interessiert; der landwirtschaftliche Assistent H.A. Hiller wurde an Ort und Stelle gesandt, um denselben zu untersuchen, In seinem Bericht sagt er folgendes:

Der Weisen, der einen unbekannten Ursprung hat, ist in jedem Jahre, sowohl in der Pflanzenschule, wie auf dem Felde, mit ausgezeichneten Resultaten gezogen worden. Der Ertrag ist zwei bis dreimal größer als derjenige anderer Sorten, welche auf derselben Farm unter denselben Verhältnissen gezogen werden, Es wird ein halber Büschel Samen pro Acker gebraucht, während man bei anderen Arten gewöhnlich zwei Büschel nötig hat.

Mahlversuche haben gezeigt, daß der neue Weizen wenigstens so gut ist - wenn nicht besser - als andere Arten Winter-Weizen. Die durchschnittliche Höhe desselben ist 4 Zoll (130 cm)

Ist dies Weizen der heranbrechenden Wiederherstellungszeit? Auch wenn nur die Hälfte des oben gegebenen Berichtes wahr sein sollte, so würde das von neuem beweisen , daß Gott wohl fähig ist, hinreichende Mittel zu schaffen, für die "Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge, von welchen Gott durch den Mund seiner heiligen Propheten von jeher geredet hat". (Apg. 3,19-21).

Seit wir obiges gelesen, kommt eine weitere Bestätigung des Sachverhaltes, die dahin lautet, daß es ein Herr Adams aus Minneapolis durch Experimente fertig gebracht hat, im Einzelfalle den Ertrag des Wunder-Weizens, den man "Alaska" genannt hat, auf 277 Büschel pro Acker zu erhöhen . Die Landwirtschaftliche Hochschule von Idaho hat eine Prüfung des Weizens vorgenommen und gefunden, daß die Körner dick und gesund sind, und daß sie besseres Brot abgeben sollten, als der gewöhnliche Weizen.

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In Positur mit dem "Wunderweizen"

(Bild: der kritischen Literatur über die Zeugen Jehovas entnommen).

Man vergleiche auch dazu:

Die Gesellschaft wurde der Schmach.preisgegeben

Der Wunderweizen-Bericht im Goldenen Zeitalter

Die Opposition regt sich

Vor dem ersten Weltkrieg war in Deutschland - auch de jure - das Staatskirchentum angesagt. Jene mächtige Staatskirche wies aber durchaus deutlich wahrzunehmende Merkmale der Saturiertheit auf. Auch der Unfähigkeit auf sich anbahnende Zeitfragen eine angemessene Antwort zu finden. Kraft ihrer Staatskrücken, ersparte man sich eine detaillierte Antwort, auf kritische an den Kirchenmoloch herangetragene Fragen. Es war offenkundig, dass letztendlich die Bibelforscherbewegung auch Nutznießer aus dieser Erstarrtheit war.

Ein diesbezügliches Beispiel kann man auch aus der Nummer 8 des "Zions Wacht Turm" des Jahres 1908 entnehmen. Da ist ein mit Paul Helbig und Frau unterschriebener Brief abgedruckt, der die damit verbundenen Konflikte verdeutlicht.

Besagter Helbig schreibt:

Habe am 10. Juni meinen Austritt aus der evang.-luth. Kirche bewirkt, aber wie war ich erstaunt über die grobe Behandlung, die mir zuteil geworden ist von einem so hohen geistreichen Superintendenten, der auf Christi Stuhl sitzet, wo nur Liebe, Sanftmut und Milde zu walten hat; die Frage war, warum?

Meine Antwort: Weil verschiedene Irrtümer gelehrt werden, die nicht mit dem wahren Worte Gottes übereinstimmen.

Da ging aber das Schelten los: Sie hochmütiger, sie heiliger, sie dummer Mensch, da sind sie viel zu dumm, das verstehen sie gar nicht.

Meine Dummheit hat er mir 5-6mal vorgeworfen, mir zweimal die Türe gezeigt....

Dieser Bericht erinnert denn in bemerkenswerter Übereinstimmung auch an jene Charakterisierung, die da Gerhart Hauptmann in seinem Emanuel Quint auch zu Papier gebracht hat. Man vergleiche Emanuel Quint

Ein monolithischer Block war die deutsche Staatskirche sicherlich nicht. Da gab es schon unterschiedliche Strömungen. Und auch nicht zuletzt, machte sich das soziologische Gefälle im deutschen Volke, auch in dieser Staatskirche, in solchen Strömungen bemerkbar. Großbürgertum und Bürgertum auf der einen Seite, für die Religion zusehends zur "Kulturetikette" verkam. Die Christen waren, "weil man eben Christ sein muss" wolle man nicht als gesellschaftlicher "Paria" dastehen. Die aber schon damals zum theologischen Hausgezänk, nur noch eine "bescheidene" Beziehung hatten. Der "liebe Gott ist ein guter Mann." Und "das Christentum müsse dem V o l k e erhalten bleiben". Auf diese zwei Sätze reduzierte sich ihr "Christentum" nicht selten, in der Praxis.

Nicht all und jeder gab sich mit diesen beiden Axiomen zufrieden. Namentlich jene nicht; die soziologisch eben nicht zum Bürgertum gehörten. In jenen deklassierten Schichten konnte man durchaus noch jenen begegnen, die wie im Urchristentum eschatologischen Gedanken zufieberten. Ja in ihnen das eigentliche, das wesentliche des Christentums zu erblicken glaubten. Die Zerrissenheit der Staatskirche offenbarte sich auch in der Existenz der sogenannten "Landeskirchlichen Gemeinschaften". Großbürgerliche Kreise rümpften nicht selten über sie die Nase. Nein, für sich persönlich, hat der Großbürger keine Verwendung dafür. Da er sich aber immerhin auch zu dem Satze durchgerungen hatte, "dass die Religion dem V o l k e erhalten bleiben müsse", lag es in der Konsequenz, dass diese "Landeskirchlichen Gemeinschaften" etwas mehr auf das Volk zugeschnitten waren.

Es wäre ein Irrtum zu meinen, nur beispielsweise die Bibelforscher oder die Neuapostolen, Adventisten und vergleichbares, machten der Staatskirche zu schaffen. Nun davor schon gab es Bewegungen, auf die das auch zutraf. Heutzutage allgemein eher unter dem Sammelbegriff "Freikirchen" zusammengefasst. Deren Verhältnis zu Staatskirche war auch nicht ungetrübt. Herrscht heute mehr oder weniger Burgfrieden zwischen diesen Gruppen; so war das nicht immer so. Zu Zeiten wo heutige Freikirchen und damalige Staatskirche noch hart aneinander gerieten. Genau in dieser Phase der Kirchengeschichte, traten auch die "Landeskirchlichen Gemeinschaften" auf den Plan. Der Unterschied zwischen "Landeskirchlichen Gemeinschaften" und heutigen "Freikirchen" ist denn im wesentlichen nur ein organisatorischer; kaum aber ein inhaltlicher. Was "Landeskirchliche Gemeinschaften" und "Freikirchen" trennt ist eigentlich nur, das erstere die Nabelschnur zur bürgerlichen Staatskirche nicht vollends kappten. Während die "Freikirchen" in der Tat auch organisatorisch den Selbstständigkeitsstatus ergriffen.

Das Besondere ist nun; wenn die Staatskirche sich auch von den Bibelforschern attackiert wähnte, so traf es in Sonderheit die "Landeskirchlichen Gemeinschaften". D i e waren das eigentliche Revier, wo auch die Russellbewegung "wilderte". Die hatten die Austritte zu verkraften; weniger aber der bürgerliche Teil der Staatskirche. Es war offenkundig, dass die "Landeskirchlichen Gemeinschaften" mit als erste und mit am lautesten Alarm schlugen, über die neue Konkurrenz in Deutschland, in Form der Russellbewegung.

Einen Beleg dafür kann man auch aus dem Nachfolgenden Ausschnitt aus "Zions Wacht Turm" vom November 1908 entnehmen:

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(Rubrik Leserbriefe)

Quasi als eine Art "Hauptorgan" der "Landeskirchlichen Gemeinschaften" kann man auch die Zeitschrift "Licht und Leben" (deren Redaktion auch wie die des deutschen "Wachtturms" im Wuppertal ansässig war) bezeichnen. "Licht und Leben" hat denn auch diverse male "Alarm" geschlagen in Sachen Russellbewegung. Dabei ging es nicht immer "fein" zu. Eine erste größere Auseinandersetzung von "Licht und Leben" mit der Russellbewegung findet man schon im Jahrgang 1908

Licht und Leben über die Bibelforscher

Nachstehend sei einiges aus dem Votum von "Licht und Leben" zitiert. In der Nr. 36/1908 liest man beispielsweise:

Zions Wachtturm hat sich (1908, 9, S. 144( mit L(icht)- u. L(eben) beschäftigt.

Der Artikel ist überschrieben: Die allgemeine deutsche Gemeinschaftskonferenz in Wernigerode. Schon diese Überschrift läßt auf mangelnde Kenntnis der Verhältnisse schließen.

Und dann nennt der Verfasser des Artikels ...die Pastoren Krwawielitzki, Stockmeyer, Ströter und Schrenk in einem Atemzug, als hätten sie alle dieselbe Anschauung, während sie gerade bei den heuen verhandelten Fragen stark auseinandergehen. Die Milleniumsleute nehmen die Vertreter der in Gnadau vorgetragenen, aber abgewiesenen Anschauungen für sich in Anspruch; wir denken, die Br. Krawielitzki, Stockmeyer und Ströter werden sich dafür bedanken. Der Verfasser macht es nun L(icht) u. L(eben) zum Vorwurf, daß es die Widerlegung des Zions Wachtturm zwar für das zweite Quartal 1908 in Aussicht gestellt, aber bis jetzt noch nicht gebracht habe. Und daraus scheint der Verfasser den Schluß zu ziehen, daß er nicht zu widerlegen sei.

Nachstehend der entsprechende Artikel aus "Zions Wacht Turm" September 1908

Überschrift des Artikels "Die allgemeine deutsche Gemeinschaftskonferenz in Wernigerode

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Bezüglich der angekündigten Wiederlegungsshrift von "Licht und Leben" wird ausgeführt:

Auch ist das Manuskript wegen der gründlichen Berücksichtigung aller 6 Bände etwas lang geraten, so daß es sich fragen kann, ob man es nicht sofort in Heftform drucken soll. Wir werden unsere Leser seinerzeit davon benachrichtigen, und Zions Wachtturm, der ja unser Blatt genau zu lesen scheint, wird es dann auch zu wissen kriegen. Vorerst sei gesagt, daß bereits eine Schrift zur Aufklärung über Zions Wachtturm erschienen ist ... von Prediger F. Kaiser verfaßt und heißt: Zionswachtturm oder Milleniums-Irrlehren.

Wir bemerken nebenbei, daß das deutsche Hauptquartier des Zions Wachtturmes nicht mehr in Elberfeld, sondern in Barmen ist. Die Gesellschaft nennt sich: Bibel- und Traktatgesellschaft und hat ihren Sitz in Barmen, Wertherstraße. In Barmen, Wertherstraße wohnt aber schon längst auch unsere altbewährte Wuppertaler Traktatgesellschaft. Sollte es auf eine Verwechslung abgesehen sein?

Der Wachtturmgesellschaft wollen wir einstweilen noch zu bedenken geben, was wir jüngst im 'Saemann' (1908, Nr. 30, S. 236f.) lasen:

Das vergangene Jahr brachte wieder allerlei in mannigfachen Zeitströmungen; da möchten wir, daß manche unserer Geschwister noch vorsichtiger wären mit der Aufnahme von Leuten und Schriften unbekannter Herkunft.

Wo man hinkommt, wenn man sich mit geriebenen, unbekannten Leuten abgibt, lehrt folgende Geschichte. Eine Frau ließ sich - in Abwesenheit des Mannes, der zur Stadt war - von einem unbekannten Menschen, der vorgab, Uhrmacher zu sein, bereden, die stillstehende, alte Hausuhr reparieren zu lassen. Da ging's an die Arbeit: es währte lang, indessen mußte tüchtig aufgetischt und hernach ordentlich gezahlt werden. Als der Fremde fort war, hatte die Frau natürlich eine rappelige Uhr und - zwei Rädchen, die nach dem Vorgeben des Uhrmachers zu viel im Uhrwerk gewesen, die er aber nicht mehr auf die rechte Stelle hatte bringen können.

Solche "Uhrmacher" ziehen schon seit Jahren durch die Lande, wenden sich hauptsächlich an das unerfahrene, gutmütige Geschlecht; können bei schlechtem Verkauf auch sehr zudringlich und dreist werden! Sie haben ihr Hauptbureau meistens in Amerika, diesem Tummelplatz der schrankenlosen Freiheit und Wunderlichkeit. Wenn da irgend eine Person oder Richtung Einfluß und Geldmittel erreicht hat, gehört es zum Ehrenstand auch in der alten Welt Europas Anhang zu haben. Also mit Seelenheil hat das nichts zu tun! Ehre bei den Großen und Geldgewinn bei den Kleinen ist der Beweggrund. Es ist alles Geschäft; die gute Meinung einiger einfältiger Leute, die mitlaufen, ausgenommen! Und eine gewisse Richtung will uns, wie jener Uhrmacher, auch erzählen, dass gewisse, bis dahin nötige Rädchen überflüssig, ja hinderlich seien, wie die Lehre von der Hölle, von dem unmittelbaren Fortleben nach dem Tode, von der ewigen Gottheit Christi usw. - Wir verwerfen natürlich alle Übertreibung dieser ernsten und hohen Wahrheiten, wie sie hier und da im 'Volksmund' zuweilen vorkommt, brechen aber keinem Menschen zuliebe etwas von dem Ernst des Wortes Gottes ab: 'Nur, wer den Sohn hat, der hat das ewige Leben!'

Wir geben diese Worte dem Zionswachtturm einstweilen zur Überlegung.

Die Antwort von "Zions Wacht Turm" an "Licht und Leben"

In der Novemberausgabe 1908 von "Zions Wacht Turm" liest man:

In Nr. 36 von 'Licht und Leben' werden wir wieder einmal angegriffen. Wir bedauern aufrichtig, daß die Redaktion und der Schreiber, so ganz entgegen dem Gesetz der Liebe, die Vermutung aussprechen, als suchten wir absichtlich eine Verwechslung mit der 'Wuppertaler Traktat-Gesellschaft' herbeizuführen, daß wir nach Barmen in die Werterstraße gezogen seien. Warum diese Mutmaßung? Warum uns betrügerische und verführerische Absichten unterschieben wollen! Das ist gewiß keine edle Vorbereitung der Leser von 'Licht und Leben' für die demnächst zu erscheinende Kritik (über das Evangelium und den ganzen Ratschluß Gottes). Wir hatten wohl schon von einer Wuppertaler Traktat-Gesellschaft gehört, doch haben wir in den fünf Jahren unseres Bestehens noch keinen Traktat dieser Gesellschaft in die Hände bekommen und wußten auch nicht, daß sie ihre Adresse in der Werterstraße in Barmen hatte, bis uns 'Licht und Leben' die Information brachte.

Eine zweite lieblose und wegwerfende Bemerkung ist die, daß 'sich die Brüder Krawielitzki, Ströter und Stockmeyer dafür bedanken würden', uns als Gleichgesinnte in Christo anzuerkennen. Nun, wir haben kein Wort davon gesagt, daß wir diese Herren für uns 'in Anspruch nehmen.' Wir haben vielmehr die betreffenden Berichte so gebracht, wie sie in der 'Volkszeitung für Westdeutschland' und in 'Licht und Leben' zu finden sind.

Sodann wird gesagt, daß es erfreulich ist, daß nun auch von anderer Seite aus der herrliche Plan Gottes in etwa erkannt und ohne Menschenfurcht dargelegt wird. Daß dies geschehen ist, davon kann sich 'Licht und Leben' durch einen Vergleich des Berichtes von der Wernigeroder Konferenz mit Band I unserer Schriftstudien 'Der Plan der Zeitalter' selbst überzeugen. Daß 'Licht und Leben' sich unser schämt und 'das Angesicht vor uns verbirgt', erinnert uns an die Erfahrungen Jesu unter seinem Volke.

Wir freuen uns aufrichtig, daß die in 'Licht und Leben' angekündigte Widerlegung der sechs Bände von Tagesanbruch bald erscheinen soll,

1. weil wir sicher sind, daß man es bei dem Versuch, dem Leser möglichst viel gegen die sog. Orthodoxie Verstoßendes aufzuführen, wird nicht vermeiden können; die Wahrheit und das Biblische unseres Standpunktes durchsickern zu lassen:

2. weil wir für bestimmt wissen, daß wir für unsere biblischen Ausführungen die Sympathien der edelgesinnten aller Benennungen haben; und daß ein Versuch, die Herz und Sinn verwirrende und verrohende Lehre von der ewigen Qual zu rechtfertigen, nur dazu beitragen kann, diesen Edelgesinnten für die Wahrheit die Augen zu öffnen.

Einen besonderen Todesstoß versucht uns 'Licht und Leben' zu versetzen, indem es von der 'staatlich verbotenen' (derzeitigen) Vielweiberei der Mormonen spricht und in geschickter Weise die Bemerkung in Klammern stellt: (Die 'Wachtturmgesellschaft' gehört auch in diese Rubrik. D. R.) Diese Behauptung läßt entweder 'auf mangelnde Kenntnis der Verhältnisse schließen' oder ist eine lieblose Unwahrheit.

Wir möchten 'Licht und Leben' nur Gutes wünschen und tun, und wünschten darum, die Redaktion wäre frei von besonderer staatlicher Vergünstigungen und Anerkennung, um allein in der Kraft des heiligen Geistes der Wahrheit, und in der Überzeugungsfähigkeit des wahren Evangeliums wirken zu können.

In Heft 12/1908 setzt "Zions Wacht Turm" seine Kontroverse mit "Licht und Leben" fort.

Konnte man die vorgenannten Ausführungen noch als im weiteren Sinne, sachbezogen bewerten. So ging es nun in der Fortsetzung der Kontroverse auch auf die persönliche Ebene. So meint der "Wachtturm" auch das Recht nunmehr zu haben, persönliche Briefe, adresssiert an den Schriftleiter von "Licht und Leben" in die Öffentlichkeit zu zerren. So druckt er etwa die folgenden Schreiben ab:

Herrn Pastor Gauger, Elberfeld.

Geehrter Herr: - in der Nummer 43 von 'Licht und Leben' erlauben Sie sich wieder einmal, eine Kritik über 'Milleniumstages-Anbruch' zu bringen. Das können wir Ihnen nicht verdenken; das mögen Sie ruhig noch mehr tun, wenn Sie sachlich bleiben. Wenn Sie aber behaupten, daß diese Schriften 'mit unlauteren und verderblichen Mitteln' verbreitet werden, dann läuft das auf eine Verleumdung hinaus, denn das ist eine Behauptung, die sie nicht beweisen können, weil sie völlig unwahr ist.

Wer gibt Ihnen das Recht, unseren Glauben öffentlich als 'Torheiten' zu stempeln, dem 'ein vernünftiger Mensch keinen Glauben schenken könne' - und uns als 'unvernünftige Menschen' zu schelten, und nicht allein uns, sondern sehr viele Gotteskinder, von deren Aufrichtigkeit und gesundem Menschenverstand wir die beste Überzeugung haben? Bedenken Sie nicht, daß Sie denjenigen gleichen, die unsern Herrn Beelzebub hießen?

Wenn Sie uns besuchen wollen, sind wir gerne zu einer persönlichen Aussprache bereit, oder wir können auch zu Ihnen kommen. Falls sie gar nicht antworten - in acht bis zehn Tagen -, werden wir andere Schritte tun müssen, laut dem Worte der Heil Schrift: 'Lasset euer Gut nicht verlästert werden.'

Hochachtungsvoll und mit christlichem Gruß zeichnet,

Wachtturm, Bibel- und Traktat-Gesellschaft,

O. A. Koetitz.

Eben zitiertes Schreiben macht deutlich, dass die Sachkontroverse mittlerweile schon die Formen offener Drohung annahm, wie das auch die Wendung deutlich macht: "andere Schritte tun müssen"; gekoppelt mit einer kurzen Terminfrist.

Es war offenkundig, dass Gauger dieses WTG-Schreiben in dem Sinne werten musste - als offene Drohung. Das macht auch sein Antwortschreiben deutlich, dass auch vom "Zions Wacht Turm" abgedruckt wird:

Elberfeld, am 2. November 1908

An die 'Wachtturm'-Gesellschaft in Barmen

Auf Ihren Brief vom 27. Oktober erwidere ich zunächst, daß ich nur einen Zeitverlust in persönlicher Aussprache sehen kann. Verständigen werden wir uns sicherlich.

Der Ausführung Ihrer Drohung sehe ich mit Ruhe entgegen

Hochachtungsvoll Pfr. Gauger

Die WTG mußte also registrieren. Gauger läßt sich trotz ihrer offenen Drohung,

n i c h t ins Boxhorn jagen. Nun sah sie sich genötigt, zumindest rhetorisch, zurückzurudern.

Das liest sich dann so:

Das ist also die Genugtuung des geehrten Herrn, der mit Ruhe von seinem hohen Roß auf uns herabsehen kann, die wir uns schmerzlich berührt fühlen, wenn mit Hufeisen auf uns herumgetrampelt wird.

Da es sich für Christen nicht geziemt, vor der Welt 'wider einander' zu klagen, so haben wir nur diese Rechtfertigung und private Beantwortung von Briefen mittels oben gegebener Korrespondenz als 'Schritte' zu Gebote, um Röm. 14, 16 zu erfüllen. Wir alle aber, liebe Geschwister, wollen uns mit Jak. 5,8 trösten und ermuntern: 'Habt auch ihr Geduld, befestigt eure Herzen, denn die Gegenwart des Herrn ist nahe.

Nun mag es noch angebracht sein, einen Blick in die genannte Nummer 43 von "Licht und Leben" zu tun, welche für die WTG der Vorwand ihrer Nötigungs-Drohung war. Was liest man dort? Nun, nur die folgenden dürren Worte (S. 687):

Wegen empfindlichen Raummangels können wir die Artikel über den Millenium-Tagesabruch nicht mehr im Jahre 1908 bringen, obwohl sie druckfertig vorliegen. Wir bitten um Geduld bis zum Anfang des Jahres 1909. Wem die Aufklärung über die verderblichen und mit unlauteren Mitteln verbreiteten Irrtümer jetzt schon dringend und notwendig ist, den verweisen wir auf die in der heutigen Bücherschau besprochenen Schriften.

Auf die tatsächlich dann im Jahre 1909 erschienene Artikelserie von Robert Geiges in "Licht und Leben" wurde schon früher eingegangen. Siehe dazu: Robert Geiges

Jetzt gilt also das Augenmerk der im Buchhandel erschienenen selbstständigen Schrift von Friedrich Kaiser über "Die Hauptirrlehren des Millenium Tagesanbruchs", auf die "Licht und Leben" schon früher hinwies, und über die es nun eine eigene Buchbesprechung veröffentlichte.

Die Kaiser'sche Wertung von "Hauptirrlehren"

In Heft 43/1908 von "Licht und Leben" liest man die nachfolgende Buchbesprechung bezüglich der Schrift von Friedrich Kaiser: "Die Hauptirrlehren des Millenium-Tagesanbruchs":

Schon seit Jahren entfaltet die Russellsekte eine rührige Propaganda, durch welche nicht nur viele in unangenehmster Weise belästigt, sondern auch manche in ihr Netz gelockt werden.

Der Verfasser hat sich in sehr dankenswerter Weise der Aufgabe unterzogen, eine solche zu schreiben, und beleuchtet darin klar und allgemeinverständlich die Hauptirrlehren des amerikanischen Schwärmers: vor allem seine verkehrten Behauptungen in Bezug auf Christi Person und sein Werk. Ferner die Lehre, daß die menschliche Seele ebenso sterblich sei wie die Tierseele, und also mit dem Tod eigentlich alles aufhöre; zwar wurden im tausendjährigen Reich alle Menschen auferweckt, aber dann werde jedem das Seligwerden ganz leicht gemacht, denn es gebe dann nicht bloß zwei Wege, einen breiten und schmalen, sondern noch einen bequemen Hochweg, auf dem auch die Toren nicht irren könnten. Wer aber auch dann noch widerstrebe, der käme nicht etwa in die ewige Verdammnis, sondern werde vernichtet. Also eine Hölle und ewige Qual gibt es nicht, das ist eine Satanslehre. Ein recht passendes Evangelium für den fleischlichen Sinn! -

Endlich weist der Verfasser auf die Torheit der Russell'schen Rechnereien hin:

1872 sind 6000 Jahre seit Erschaffung der Welt vergangen und hat das 7. Jahrtausend begonnen. 1874 ist Christus wiedergekommen und ist nun durch Russell und seine Sekte gegenwärtig! 1878 hat Er die Aufrichtung seines himmlischen Königreichs begonnen, die Apostel und alle Ueberwinder sind auferstanden als Geistwesen! 1881 ist die Gnadentüre so ziemlich geschlossen und die Kirche verworfen worden. 1914 wird das Tausendjährige Reich völlig aufgerichtet; bis dahin muß die letzte große Trübsal vorüber und alle Geweihten d. h. Anhänger der Sekte, müssen gestorben und in Geistwesen verwandelt sein.

Doch genug dieser Torheiten von denen man nicht denken sollte, daß ein vernünftiger Mensch ihnen glauben schenken könnte. Aber es ist kein Irrtum so groß, er findet seine Anhänger.

So sehr wir dem Verfasser für die Schrift danken, so ist sie doch nach unserer Meinung zu umfangreich (107 Seiten), dabei nicht frei von Wiederholungen. Auch bedauern wir, ihm nicht in allen seinen eschatologischen Ausführungen folgen zu können. In der Hauptsache aber stehen wir ganz auf seiner Seite und können seine Broschüre nur empfehlen.

Um dem erstgenannten Fehler abzuhelfen, hat der Verfasser noch einen Auszug aus dieser Schrift verfertigt unter dem Titel: 'Zions Wachtturm- oder Millenium-Tagesanbruchslehren'. ... Kurz (28 Seiten), und dabei doch das Hauptsächlichste enthaltend kann das Schriftchen zu weiter Verbreitung empfohlen werden. Möchte es vielen gefährdeten Seelen die Augen öffnen."

Soweit "Licht und Leben".

Nun mag es angebracht sein, die größere (107 Seiten) Schrift von Kaiser, etwas näher zu betrachten. Nachstehend einige kommentarlose Auszüge der dort wesentlichen Thesen:

S. 3:

In den letzten Jahren ist in Deutschland eine Anzahl Bücher mit der Ueberschrift "Millenium Tagesanbruch" verbreitet worden.

In diesem Werk sind viele falsche Lehren enthalten; und mancher hat durch das Lesen dieser Bücher Schaden genommen an seiner Seele. Das ganze Werk umfaßt (damals) 5 Bände, und das gefährlichste ist, daß die Irrtümer aufs ganze verteilt und so zwischen bestimmte Wahrheiten eingestreut sind, daß ein jeder sie nicht sogleich entdeckt. Dann findet auch der fleischliche Sinn an manchen dieser Lehren Gefallen und was dem Werke bei vielen noch einen besonderen Sinn verleiht, ist, daß darin alles zugespitzt wird auf die letzten Dinge.

S. 5:

Im Herbst 1874 ist seiner Meinung der Herr wiedergekommen, von da ab ist auch der Ruf erschallt: "der Bräutigam kommt, geht aus, ihm entgegen."

Die Lehre von Christus, wie sie Russell in seinen Büchern vorträgt, ist nicht biblisch

a) Christus ist nach ihm nicht die zweite Person in der Gottheit, eine göttliche Dreieinigkeit gibts nicht (Band V, S. 55).

S. 6:

Obwohl das Wort "Dreieinigkeit Gottes" nicht in der Bibel steht, so ist sie doch nicht unbiblisch.

S. 27:

Wie schon eben angedeutet lehrt R(ussell) auch im Widerspruch mit der heiligen Schrift und dem innersten Bewußtsein der Seele, den Seelenschlaf oder besser den Seelentod.

Was R(ussell) hier lehrt, ist eine Lüge, die vom "Vater der Lüge" stammt. Daß die Menschen nach dem Tode noch existieren, sehen wir deutlich in der Geschichte vom reichen Mann (Luk. 16, 23 ff.).

S. 37:

Für unser Gefühl scheint es freilich hart zu sein, daß die Gottlosen eine ewige Qual erdulden sollen; und der Gedanke, daß solche Bestimmung mit dem Gott der Liebe nicht gut in Einklang zu bringen sei, steigt wohl auf in unserer Seele. Indessen gilt auch hier: "Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken." Seine Liebe übersteigt all unsere Erkenntnis, so groß ist sie; aber andererseits ist er auch nicht so sentimental, wie wir ihn uns nach unseren weichen und darum die Sünde irregeleiteten Gefühlen wohl vorstellen. Wenn wir auch nicht verstehen können, wie seine Einrichtungen und Verordnungen im einzelnen mit seiner Barmherzigkeit und Liebe in Übereinstimmung zu bringen sind, so gebührt er uns doch, daß wir uns vor ihm beugen und sein Tun als richtig und gut anerkennen.

S. 38:

R(ussell) irrt sehr darin, daß er meint, die Leute würden sich mehr dem Christentum und der Bibel zuwenden, wenn man die Lehre von der ewigen Qual preisgäbe und an ihrer Statt die Vernichtung der Gottlosen predigte. Seine Auffassung in dieser Beziehung zeugt davon, daß er weder den Menschen noch die Kirchengeschichte richtig kennt. Da, wo man verkündet, daß die Seele nach dem Tode nicht mehr existiert und alle ungerechten und Sünder endlich vernichtet werden, schwindet auf die Dauer alle Furcht vor Gott und der Sünde.

Vor dem kurzen Vernichtungsprozeß werden sich die Menschen, welche die Sünde und das Vergnügen lieben, nicht viel fürchten. Es läuft für die Unbekehrten dann ziemlich auf das hinaus, was die Mehrzahl der Sozialdemokraten und alle Materialisten in dieser Hinsicht von allen Menschen behaupten. Das Sündenleben ist dann nicht mehr so schlimm, und die Folge davon wird sein, daß Unordnung, Zuchtlosigkeit und gottloses Wesen überhand nehmen.

Welch gewaltig erzieherisches Moment in Bezug auf Gottesfurcht, Ordnung und Sitten liegt hingegen im Calvinismus mit seiner Lehre von der Gnade und ewigen Verdammnis!

In Genf, den Niederlanden, England, ja wo die reformierte Lehre besonders Eingang gefunden hat, ist bis auf diesen Tag noch vielfach eine fast mustergültige Zucht und Ordnung zu finden, und die Leute haben im allgemeinen große Ehrfurcht vor Gott und seinem Worte.

Wo aber die Vernichtung der Gottlosen verkündigt wird, werden die Menschen lax und fleischlich und nehmen Schaden dadurch an ihrer Seele, aber wenn man ihnen sagt, daß sie des ewigen Feuers Pein leiden müssen, wenn sie dem Evangelium nicht gehorchen werden, so liegt darin ein Ansporn für sie, etwas, das mächtig auf ihren Willen einwirkt und sie antreiben kann, dem zukünftigen Zorn zu entfliehen.

S. 65:

Und darum ist es nur Torheit, wenn man es macht wie Russell und bestimmt behauptet, daß im Jahre 1872 n. Chr. 6000 Jahre nach Erschaffung der Welt abgelaufen seien.

Dächsel behauptet (dasselbe) im Jahre 1995 1/2

S. 67:

Uebrigens stammt diese Berechnung der Zeit nicht von Russell; schon lange vor dem Erscheinen seiner Bücher hatte man dasselbe gelesen.

G. Guinneß und andere geben auch die Zeiten der Heiden auf 2520 Jahre an und lassen sie ebenfalls bei Nebukadnezar und der Wegführung der Kinder Israels in die babylonische Gefangenschaft beginnen.

Das alles sind aber menschliche Gedanken und Vermutungen; die Heilige Schrift sagt über diese genannten Zeitpunkte und Perioden gar nichts. Nach G. Guinneß fallen die Schlußjahre der sieben Zeiten zwischen 1915 und 34 n. Chr.

S. 87:

Seine große Rechenkunst hat Russell rasend gemacht; Gott möge sich über ihn erbarmen, daß er nüchtern werde, ehe der Zeitpunkt kommt, an dem es offenbar wird, auf welches Fundament er seine Lehren und Thesen gebaut hat. Fast alle, die ähnliche Berechnungen gemacht haben wie Russell, sind damit hereingefallen. Die Adventisten hatten in der ersten Zeit ihre Erwartungen an das Jahr 1844 geknüpft; aber sie wurden ganz und gar damit zu schanden. Sogar der große Bengel hat sich in dieser Beziehung geirrt. Dächsel, G. Guinneß u. a. bezeichnen das Jahr 1897 als die Zeit, in welchem die Zertretung Jerusalems durch die Heiden ihr Ende erreicht haben soll. Dächsel meint freilich, der eigentliche Antichrist würde erst im Jahre 1992 in dem aus dem Totenreich wiederkehrenden Napoleon I. auftreten. Das alles sind unsichere Theorien.

Seit 1897 hat sich schon herausgestellt, daß sie teilweise nicht richtig sind. Die Welt ist nach Dächsels Berechnung im Jahre 4005 v. Chr. erschaffen und 1995 n. Chr., 6000 Jahre nach ihrem Bestehen werde der Weltsabbat anbrechen.

S. 106:

Ich muß sagen, ich habe keine Bücher gelesen, in denen ich so viel Irrtum und Schriftwidriges gefunden habe, wie in diesen. Es ist meine Ueberzeugung, daß die Schriften und Bücher, in denen Gott und Christus öffentlich geleugnet wird, nicht so gefährlich sind wie diese. Es ist Gift darin. Sie haben den Schein der Geistlichkeit aber das Wesen des wahren Christentums verleugnen sie.

Preußische Kirchenzeitung

Wie schon ausgeführt, stellte die protestantische Staatskirche, auch in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg, k e i n e n monolithischen Block dar. Man begegnet in ihnen nicht selten Strömungen, die sich gegenseitig "nicht grün" sind; die den anderen lieber außer- denn innerhalb dieser Staatskirche sähen. Lediglich äußeren Zwängen geschuldet, spricht man das nicht immer so deutlich aus. Waren die Bibelforscher auch in erster Linie "Thema" der "Landeskirchlichen Gemeinschaften"; so bedeutet das nicht, dass "nur" sie mit ihnen sich auseinandersetzten. Andernorts vielleicht nicht so intensiv wie auf Seiten der "Landeskirchlichen Gemeinschaften"; das ist unbestritten. Aber solche Auseinandersetzungen gab es auch andernorts. Mit an forderster Stelle ist dabei die "Preußische Kirchenzeitung" zu nennen, in der man gleichfalls im Jahre 1908 einiges dazu lesen konnte.

Ein dort zum Thema schreibender W. Siegmeyer macht schon eingangs deutlich, dass er mit den "Landeskirchlichen Gemeinschaften" nicht allzu viel am Hut hat.

In der "Preußischen Kirchenzeitung" vom 4. 10. 1908 liest man:

Andere Führer (der Gemeinschaftsbewegung) wie Samuel Keller u. a., leugnen kühn die Ewigkeit der Höllenstrafen. Kurz, es steckt in der heutigen Gemeinschaftsbewegung unter dem Wust erbaulicher Phrasen und eschatologischer Schwärmereien mancher Gedanke, der der modernen Theologie entlehnt ist. Man würde sich allerdings wohl hüten, ihn zu akzeptieren, wenn man wüßte, daß er aus dieser Quelle stammte. Meistens hat er einen weiten Weg zurückzulegen, ehe er hier vor den Gläubigen erscheint, er geht über England oder Amerika.

Besonders aus Amerika ist manches in die deutschen Gemeinschaftskreise eingedrungen, was der deutschen Theologie seinen Ursprung verdankt. Diese Bemerkungen wollte ich vorausschicken, ehe ich von der 'Zionswachtturm Bibel und Traktat-Gesellschaft' redete.

Seit Jahren ist in Barmen, also inmitten des Wuppertales, dem Horde pietistischer Frömmigkeit und zugleich eifrigen Sektenwesens, eine Gesellschaft unter diesem Namen tätig, und sich bemüht, durch geschickte Reklame in kirchlichen und vorwiegend in Gemeinschaftsblättern, Propaganda für ihre Ideen zu machen. Sie findet viele Anhänger in Gemeinschaftskreisen und oftmals sind selbst, wie ich gehört habe, Pastoren ihr gegenüber hilflos (allerdings muß es um deren Theologie schwach bestellt sein). Die Ideen, die von dieser Gesellschaft verbreitet werden, muten uns merkwürdig an.

Beide Arten werden mit urwüchsiger Naivität vorgetragen und von ihren Anhängern mit fanatischem Eifer als etwas ganz Neues verkündigt und verteidigt. ...

Große Mittel stehen zur Propaganda zur Verfügung; denn jedem der sich als Unbemittelter darum bewirkt, wird das große Werk von Russell gratis zugesandt.

Das Hauptcharakteristikum der erwähnten Gesellschaft ist die scharfe und oft polternde Polemik gegen die heutigen Kirchen jeglicher Konfession. Ein Zug, der sie den Darbysten sehr nahe rückt.

Ihre Ideen (ich stütze mich hier auf das erwähnte Werk von Russell, einem längeren Artikel in einer Barmer Lokalzeitung, sowie auf private Nachrichten) sind kurz folgende:

1. Die Unsterblichkeit der Seele ist heidnisch, nicht biblische Lehre und man sagt den Leuten wissentlich oder unwissentlich die Unwahrheit über diesen Gegenstand von der Kanzel aus.

2. Der Lohn der Sünde ist nicht die Qual der Hölle, sondern der Tod. Von dem erwähnten Artikel in der Barmer Zeitung drucken wir einiges ab, um unsern Lesern eine Probe von der sonderbaren Polemik zu geben. Der Titel schon ist bezeichnend, er lautet;

'Die Christenheit in großer Gefahr! Die Zeit ist da, in welcher die Fundamente der christlichen Kirche; der Trugglaube an die Unsterblichkeit der Seele und das Märchen von der Feuerqualhölle durch die Bibel selbst unrettbar gestürzt werden."

Dann heißt es in dem Aufsatz:

"Noch nie hat man die heidnische kirchliche Lehre von der Unsterblichkeit der Seele so kräftig verteidigt, wie gerade in unseren Tagen. Das hat seinen Grund darin, daß man einsieht, daß, wenn man diese Lehre fallen läßt, dann auch die die Menschen in Furcht jagende Feuerhöllentheorie fallen lassen muß.

Ist die menschliche Seele unsterblich? Der Heide Plato sagt: Ja, sie ist unsterblich. Und diese heidnische Lehre hat man dann auch den Christen als biblische Lehre aufgezwungen. Man sollte es kaum glauben! Ist's da ein Wunder, wenn man das Christentum eine Verdummuungsreligion genannt hat?!

Deutsches Volk, du bist betrogen worden, durch die Herschsüchtelein eines mittelalterlichen, ja antiken Pfaffentums! Man will dir auch heute noch nicht die Wahrheit sagen, weil man weiß, daß mit der Lehre von der Unsterblichkeit bzw. Sterblichkeit der Furcht und Schrecken jagende Lehre von der Feuerqualenhölle und vom Fegefeuer steht und fällt. Wach endlich auf; deutscher Michel! Auch deine Führer - wir nehmen sie in Schutz; denn sie meinen's gut - haben's bisher nicht besser gewußt. Wohl hat schon Luther gegen die heidnische Lehre von der Unsterblichkeit der Seele protestiert - aber - das hat man dir wohlweislich verborgen!"

Hervorragende Führer der Gemeinschaftsbewegung, wie Professor Ströter, Pastor Krawielitzki, Pastor Stockmeyer haben sich schon ganz oder teilweise dem von der "Zionswachtturm Gesellschaft" vertretenen Ideen angeschlossen.

Trotz des religiösen Enthusiasmus, mit dem sie auftreten, können diese Kolporteure nur Verwirrung anrichten.

In der Ausgabe vom 18. 10. 1908 der "Preußischen Kirchenzeitung" liest man dann noch in einem abgedruckten Leserbrief, der auf den zuvor zitierten Artikel Bezug nimmt:

Zu dem Artikel 'Zionswachtturm' ... ist ergänzend zu bemerken, daß die angeführte Barmer Zeitung eine sozialdemokratische war, nachdem, wie es zu dem betr. Aufsatz eines Pastors em. hieß, die bürgerlichen Blätter die Aufnahme des Aufsatzes abgelehnt hatten. Diese Momente scheinen für die Beurteilung der Sachlage und des Wuppertals keineswegs ohne Bedeutung zu sein. Übrigens war in jenem Aufsatz des Pastors em. weder vom Verfasser noch von der Redaktion irgendwie auf den Zusammenhang zwischen den dargelegten Ideen und dem 'Zionswachtturm' hingewiesen worden.

Auch dieser Leserbrief in der bürgerlichen "Preussischen Kirchenzeitung" ist durchaus charakteristisch. Wie gelesen, wurde es nicht versäumt, die neu aufgekommene Bibelforscherbewegung, zugleich politisch zu denunzieren. Diese Tendenz sollte sich auch in späteren Jahrzehnten noch fortsetzen.

In der Ausgabe vom 1. 11. 1908 der "Preußischen Kirchenzeitung" gibt es von dem Artikelschreiber Siegmeyer noch einen "Nachschlag". Nun erschien es ihm noch wichtig festzustellen:

In Nr. 40 der 'Preußischen Kirchenzeitung' schrieb ich, daß Ströter, Krawlieitzki, Stockmeyer sich ganz oder teilweise den Ideen der darbystisch-adventistischen 'Zionswachtturm Gesellschaft' angeschlossen hätten. Ich dachte hierbei an die Äußerungen der genannten Männer auf der diesjährigen Gnadauer Konferenz in Wernigerode. Triumphierend berichtet die Zeitschrift der 'Zionswachtturm Gesellschaft' von dieser Konferenz, daß jene Männer für ihre Ideen in herrlicher Weise gezeugt hätten.

'Licht und Leben', ein in Gemeinschaften vielgelesenes Blatt, berichtet, daß zwar die Genannten in Wernigerode wirklich solche Gedanken vertreten hätten, daß aber 'die biblische Wahrheit durchleuchtete und den Sieg gewann.'

'Die Milleniumsleute nehmen die Vertreter der in Gnadau vorgetragenen Anschauungen für sich in Anspruch; wir denken die Brüder Krawielitzki, Stockmeyer, Ströter werden sich dafür bedanken.' (Zu dem mitgenannten Ströter; siehe auch: Theologische Israelverklärung

Man lese nur die Thesen, die Krawielitzki in Gnadau seinem Vortrag über 'Die Zubereitung der Gemeinde Gottes auf den Tag Jesu Christi und die Evangelisation der Welt' aufstellte:

1. Die Gemeinde Gottes oder der Leib Jesu Christi ist die Schar von Erstlingen und Überwindern, die während dieses Zeitalters (cf 'Der Plan der Zeitalter' von Russell) aus allen Nationen gesammelt und gleichgestaltet werden soll dem Ebenbild des Sohnes Gottes, auf daß er sei der Erstgeborene unter vielen Brüdern.

2. Die Gemeinde Gottes wird vollendet bei der Entrückung in der sich das Haupt mit seinen Gliedern verbindet, so daß der Leib Jesu Christi - ein nun abgeschlossener fertiger Organismus - dem Haupte für seine weiteren Aufgaben als Werkzeug zur Verfügung steht.

In den Thesen 3 - 5 findet man Gedanken von der Bekehrung Israels und der Evangelisation der Welt, die, auf Grund des Römerbriefes entwickelt, wohl der gesamten Gemeinschaftsbewegung eigen sind.

These 6 und 7 sind bemerkenswert.

6. Zu der Gemeinde Gottes, zum Leibe Christi gehören nicht alle Erretteten, sondern nur die, welche als mit Christo Gekreuzigte, Gestorbene und Auferstandene zielbewußt unter den Leiden dieser Zeit in sein Ebenbild sich ausgestalten lassen.

7. Weder 'Volkskirchen' noch 'Freikirchen' oder 'Gemeinschaften' und 'Gemeinden' können in unserem Zeitalter 'Reichsgotteszustände' (d. h. eine heilige reine Gemeinde darstellen) herbeiführen, sondern dienen lediglich als Werkstätten oder Baugerüste, in welchen die zu der Gemeinde Gottes Gehörenden unter allen Wechseln und Verfall ausreifen zu völlig gelösten, allein an das Haupt gebundenen Gliedern.

Unschwer wird man die Verwandtschaft mit den Ideen von 'Zionswachtturm' erkennen.

Zwischenbilanz

Einem in der Märzausgabe 1908 des "Zions Wacht Turm" veröffentlichten Rückblick über das Jahr 1907 kann man entnehmen:

Beträchtliches ist in Deutschland geschehen, doch die Erfolge sind ziemlich entmutigend angesichts der aufgewendeten Mühe und des verausgabten Geldes. Die Kolportage-Arbeit scheint dort auch nicht zu gedeihen, weil die lieben Freunde es vielleicht nicht recht anfangen, oder sonst wegen der Knappheit des Geldes, oder gar wegen beider dieser Schwierigkeiten. Ohne Zweifel leben die Leute in Deutschland gut und komfortabel, und wenn sie den Wert der geistlichen Nahrung schätzen lernten, die der Herr jetzt Seinen Geweihten darbietet, so würden sie bereit sein, sich in bezug auf natürliche Nahrung und Luxus zugunsten der geistlichen zu verleugnen. Wir möchten ganz besonders die Kolporteure dort ermutigen, mit größerem Mut und vermehrtem Eifer die Sichel der Wahrheit zu schwingen. Das, was dort erreicht wurde, geschah meist durch Verbreitung von Traktaten, und leider wurde von diesen nur ein geringer Teil durch Freiwillige verbreitet, da fast alle durch Beilagen zu Zeitungen zum Versand gelangten.

Diese Angabe ist durchaus aufschlussreich. Die Russellbewegung suchte also durch Überschwemmung mit Werbematerial in Deutschland, Fuß zu fassen. Und das was Rutherford dann durchsetzen konnte, das Treppentierrierdasein der einfachen Zeugen Jehovas; war damals jedenfalls, noch nicht so durchsetzbar.

Als Statistikzahl wird genannt, dass der deutsche Wachtturm eine monatliche Auflage von 1.800 Exemplaren habe, Wenn man bedenkt, dass Russell seinen englischen Watchtower im Jahre 1879 mit einer Startauflage von 6.000 Exemplaren begann, dann sind 1.800 Exemplare nicht viel. Zudem ist es eine Binsenweisheit. Je niedriger die Auflage, umso wirtschaftlich unökonomischer ist sie.

Immerhin wollte die Russellbewegung mit Gewalt auch in Deutschland Fuß fassen. Symptom dafür ist auch die Angabe, dass im Jahre 1907 in Deutschland 6 Millionen 4seitige Traktate verbreitet wurden, davon: 4.850.000 als Beilagen in sonstigen Zeitungen und Zeitschriften.

Es war zu jener Zeit in der Tat so, dass die externe Presse die einzig relevante Logistikbasis für die Russellbewegung in Deutschland darstellte. Ein Beleg dafür ist auch der nachfolgende Bericht in der Märzausgabe 1908 von "Zions Wacht Turm":

Der letzte Antrag beispielsweise, der an uns wegen Veröffentlichung der wöchentlichen Predigt (von Russell) gestellt wurde, besagte, daß verschiedene Brüder den Herausgeber (des Presseorgans) gebeten hatten, diese Vorträge zu veröffentlichen, und daß endlich einige von ihnen sich an den Vorsteher der Abonnements-Abteilung wandten und ihm die Versicherung gaben, daß sie seinem Journal mindestens 100 neue Abonnements garantieren könnten, wenn die Predigten darin erschienen.

So gefielt es dem Herrn, die Brüder zu gebrauchen, die nicht nur ihre eigenen Wünsche bezüglich des Lesens der wöchentlichen Predigten und die Gelegenheit des Sendens von Blättern an ihre Freunde im Auge hatten, sondern überdies auch den Gedanken, daß tausende auf diese Weise in Berührung mit der Wahrheit kämen, die sonst nicht so gut erreichbar wären. Wir empfehlen dieses Vorgehen den lieben Freunden allenthalben.

Auch empfehlen wir, daß die lieben Freunde allenthalben die Herausgeber dieser Zeitungen dadurch ermutigen, daß sie von Zeit zu Zeit kurz einige Punkte in den Predigten erwähnen, die sie besonders geschätzt haben, und dadurch das gute Werk anerkennen, welches die Herausgeber dadurch tun, daß sie die Veröffentlichung dieser Predigten unternehmen. In fast allen Fällen treten Geistliche der verschiedenen Benennungen, zuweilen einzeln und zuweilen in einer Gesamtheit, an den Herausgeber heran, und bemühen sich durch falsche Darstellungen und Drohungen die Veröffentlichung der Predigten zu verhindern. Wenn die Freunde der Wahrheit kein Interesse zeigen und die Zeitungen in der Sache nicht ermutigen, und der Widerspruch tätig ist, so mag der Herausgeber leicht zu dem Schluß kommen, daß seinen Interessen besser gedient wäre, wenn er die Veröffentlichung der Predigten unterließe.

Der nächste Jahrgang    1909

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