Einige Rutherford-Broschüren zusammengefasst

(ohne Bücher)

Nach eigenen Angaben wurden bis Ende 1933 mehr als 205 Millionen Bücher und Broschüren von J. F. Rutherford weltweit verbreitet.

Anlass genug, sich einige von Ihnen etwas näher anzusehen

Rutherford's "Die Welt in Not"
(1923)

In dieser 1923 erstmals erschienenen WTG-Broschüre, bewegt sich Rutherford noch im "Gedankenkorsett" von Russell. Zugleich gab es davon noch eine von der WTG-Druckerei in Bern veranstaltete Ausgabe, unter dem geringfügig variierten Titel "Die Welt-Bedrängnis". Letztere differiert auch in der Seitenzählung, im Vergleich zur WTG-Ausgabe Barmen 1923.

1923, dass war noch das Jahr, indem Deutschland als Folge des ersten Weltkrieges, von der Inflation geschüttelt wurde. Die Vokabel "Not" sprach daher etliche durchaus existentiell an. Sie bewirkte denn auch das anschwellen der deutschen Bibelforscher, von der "Handvoll" von rund 500 vor 1914 auf rund 10 000 ums Jahr 1925. Bis 1933 setzte sich das Wachstum der deutschen Bibelforscher zwar fort, aber doch auch nicht mehr mit dem Tempo, wie gerade in den frühen zwanziger Jahren. Zieht man noch den Leserkreis der WTG-Zeitschrift "Das Goldene Zeitalter" mit in die Betrachtung ein (und bezeichnet deren ständige Leser mal als "Sympathisanten"), dann kann man mit Fug und Recht sagen: Das Sympathisantenumfeld war in Deutschland in jenen Jahren weit größer, als in den USA, wo die Bibelforscher unter "ferner liefen" damals rangierten.

Hat Rutherford mit seinem Satz (S. 11) "Aber warum sehen wir überall Krieg, Hungersnot, Streit, Bolschewismus und andere furchtbare Dinge?" den Nerv seiner Klientel getrofffen? Möglich!

Aber was bot er als Antwort auf seine eigene Fragestellung an? Schon einleitend (S. 3) kann man die zur Kenntnis nehmen. Dort schreibt er:

"Warum läßt ein gerechter, weiser und liebevoller Gott die Menschheit so lange Zeit vom Bösen heimsuchen?

Böses erzeugt Not und gebiert Verfall …Warum ließ Gott zu, daß unsere Stammeltern von Satan versucht und zur Übertretung seines Gebotes veranlaßt wurden? Hätte er nicht alle diese Übel … verhindern können? Da Jehova, wie die Heilige Schrift erklärt, allmächtig ist, so würde er, wenn seine Weisheit es für gut befunden hätte, dies ohne Zweifel verhütet haben können. Die Tatsache aber, daß es nicht geschah, beweist, daß er das Böse zu einem besonders weisen und guten Zweck zugelassen hat."

Mit letzterem ist denn auch die Kernthese der Russell-Rutherford's beschrieben. Ein ominöser "göttlicher Plan" zur Lösung aller Problem. Peinlich nur, dass er sich auf den "Sankt Nimmerleinstag" verschiebt und "zwischendurch" die Menschheit von immer neuen Problemen geschüttelt wird. Reichte nicht ein erster Weltkrieg vollends aus, im Sinne dieser Theorie?! Mußte dann die Menschheit noch das Trauma eines zweiten Weltkrieges erdulden? Peinlich auch dass immer neue Generationen, mit immer neuen Problemen konfrontiert werden. Rutherford's zitierte These erweist sich als durch und durch fadenscheinig.

Noch anders formuliert. Die Rutherford's und Co wähnen sich als "Erklärer" eines "göttlichen Planes", den es mit Verlaub gesagt, so überhaupt nicht gibt. Sie gedenken ihren Lebensunterhalt als symbolische "Priester" als "Erklärer Gottes" zu gestalten. Und offenbar ging diese Rechnung bis heute auf, wenn man sich beispielsweise die Auflagenzahlen der WTG-Literatur mit ihrem philosophischen Schrott ansieht. Es muss klar auch an dieser Stelle ausgesprochen werden. Es gilt auch für die Rutherford's und Co die Kritik. Die Philosophen (und Religionen) haben die Welt nur verschieden erklärt; es kommt aber darauf an sie zu verändern. Und wer mit dem Autor dieser Aussage absolut nichts am Hut hat; der kann es dann auch mit jenem Spruch halten, der in der Legende dem Martin Luther zugeeignet wird.

Und wenn morgen der jüngste Tag anbricht, so will ich heute dennoch mein Apfelbäumchen pflanzen!

Auch Rutherford's Broschüre "Die Welt in Not" hatte so ihre Highlights. Eines davon noch in Faksimile.

 

"Die Welt in Not" stand so ziemlich noch mit am Anfang der Rutherford-Ära. Bemerkenswert auch ihr Ende. Da publizierte die WTG um 1995 ein Video mit dem Titel "Bis ans Ende der Erde". Es thematisiert ihre Missionarsschule Gilead. Bemerkenswert schon die Einleitung. Es werden Bilder vom 1942-er Kongress gezeigt, auf dem der neue "König Knorr" seinen epochemachenden Vortrag "Weltfriede ist er von Bestand?" hielt. Kommentar in diesem Video. Die Kongreßbesucher erwarteten, dass der noch andauernde zweite Weltkrieg in Harmagedon ausmünden werde. Knorr hingegen ließ verlautbaren. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges kommt noch eine "kurze Friedenspause". Und damit der Anhängerschaft, dieser blökenden Herde geführt werden wollender, das ganze etwas schmackhafter werde, eben auch die Einrichtung der Missionarsschule mit dem Ziel der weiteren Expansion.

Von "Weltfriede ist er von Bestand?" veröffentlichte die Schweizer WTG im Jahre 1945 (also zeitversetzt zu den USA) auch noch eine gleichnamige Broschüre. Die ist aber meines Erachtens im Vergleich zum USA-Original inhaltlich schon etwas "entschärft". Immerhin finden sich in ihr (S. 24, 25) auch die folgenden Ausführungen:

"Welchen Frieden auch immer Religion unter den Nationen durchsetzen wird, sie wird sie nicht zu dem Frieden mit Gott, zudem von ihm gebilligten und allein auf Gerechtigkeit gegründeten und dauerhaften Frieden hinführen!

Von den 'zehn Königen' lesen wir, daß sie ihre Macht und Gewalt dem 'Tiere' geben und mit ihm 'herrschen eine Stunde'. In dieser 'einen Stunde' glaubten wir die kurze Periode, die zwischen dem Ende des jetzigen Krieges und der Schlacht von Harmagedon liegt, erkennen zu können, das heißt eine verhältnismäßig kurze Zeit. Während dieser Zeit wird die Welt-Friedens-Organisation mit dem Segen der organisierten Religion herrschen und mit den Verkündigern des Königreiches Gottes … 'Krieg führen', das heißt die Botschaft vom Königreiche, als für die Interessen der Welt Satans schädlich, bekämpfen."

Und die S. 28 schließt mit dem Ausruf:

"Nochmals stellen wir die Frage: Ist der kommende Friede von Bestand? Und wir antworten mit einem entschiedenen Nein des Wortes Gottes!"

Wie schon angedeutet, muss dieser Einstandsvortrag von Knorr als durchaus "revolutionär" eingeschätzt werden. Legte er doch die akute Endzeiterwartung zum xten mal wieder zu den Akten und vertagte sie. Angeblich auf eine "kurze Zeit". Wie "kurz" diese Zeit war, darüber können die heutigen sich sicherlich ein eigenes Urteil bilden, denn auch die Knorr-Ära gehört inzwischen schon der Vergangenheit an.

Aber um den vorstehend skizzierten Sachverhalt richtig zu würdigen, muss man sich auch nochmals den Ausläufer der Rutherford-Ära vor Augen führen. Hatte doch Rutherford besonders in seiner Altersphase die Endzeiterwartungen künstlich geschürt. Etwa in "Schau den Tatsachen ins Auge", mit der dortigen Forderung, mit dem Heiraten bis "nach Harmagedon" zu warten. Auch sein berüchtigtes Buch "Kinder", 1941 in Englisch publiziert. In Deutsch (in der Schweiz) um 1943 spielt auch auf diesem "Klavier". Schon bezeichnend die dortige, zwar relativ harmlose Polemik auf Seite 348/49, die jedoch durchaus in den Gesamtkontext eingeordnet werden muss. Und dieser bestand (und besteht) in der WTG-Forderung, sich total für sie zu verausgaben. Auf der genannten Seite konnte man lesen:

"Manche Eltern, darunter auch etliche, die behaupten Jehova und seinem Königreich völlig ergeben zu sein, ziehen heute ihre Kinder im Müßiggang auf. Sie handeln nach der Theorie, Kinder sollten spielen und keine Arbeit tun. Dies steht in Widerspruch mit Gottes Gesetz."

Auch in dieser Publikation wird die These vertreten mit dem Heiraten bis "nach Harmagedon" zu warten. Etwa wenn man auf S. 366 die "Empfehlung" liest:

"Unsere gegenwärtige Pflicht ist klar: Wir müssen jetzt Zeugen für den Namen Jehovas und sein Königreich sein. Wir können weiterhin bei unseren Eltern wohnen, solange dies Gottes Wille ist, und wir werden am Dienste des Herrn teilnehmen, indem wir die Botschaft von seinem Namen und Königreich andern überbringen, die nach der Gerechtigkeit hungern."

Und was den Endzeitaspekt anbelangt, lässt Rutherford in diesem Buch (S. 312) verkünden:

"Von der Zeit an, da die 'andern Schafe' zum Herrn hin versammelt werden, bis Harmagedon verfließen nur einige wenige Jahre. Diese ganze Zeit ist eine Zeit großer Drangsal, und sie endet mit der größten Drangsal, die die Welt je gekannt hat."

Und als Motivationserklärung für dieses künstliche hochspielen von Endzeiterwartungen erklärt Rutherford im gleichen Buch (S. 252) noch:

"In ganz Europa werden die Diener des Reiches Gottes heute grausam verfolgt. Dasselbe gilt für Asien und Afrika. In Kanada, das jetzt von einem religiösen Diktator beherrscht ist, sind Jehovas Zeugen als 'illegale' Organisation erklärt worden und werden gefangengenommen…"

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Rutherford's "Trost für das Volk"
(1925)

Zwei Autoren war sie eine besondere Zitierung wert, die Rutherford-Broschüre aus dem Jahre 1925 mit dem Titel "Trost für das Volk".

Einer von ihnen, Martin Riemer in seinem 1926 erschienenen Buch "Die neuzeitlichen Sekten und Häresien" schrieb darüber:

"Er (Rutherford) geht z. B. in seiner Schrift 'Trost für das Volk' von einer Äußerung Lloyd Georges aus, der vom Jahr 1924 sagt:

'Der tiefste Eindruck, den mir das Jahr 1924 hinterließ, ist der einer Welt, die aufs neue in tiefe Nacht versinkt usw.'

Dann zitiert er Zeitungsartikel, stellt die fieberhaften Rüstungen der Völker fest und deutet die Furchtbarkeit eines zukünftigen chemischen Krieges an, der eine Stadt wie London im Augenblick verwüsten und Hunderttausende in wenigen Augenblicken töten kann. Solche Schauerberichte werden in der Zeitschrift der I.V.E.B. im 'Goldenen Zeitalter' auch durch Bilder scharf unterstrichen."

Der zweite Autor, der auf diese Rutherford-Broschüre zu sprechen kommt ist Jonak, mit seinem in der Nazizeit erschienenen Buch über die Zeugen Jehovas. Jonak allerdings zitiert diese Broschüre nicht separat. Er vermengt Zitate aus ihr, mit Zitaten aus anderen WTG-Schriften, die auf ähnlicher Wellenlänge schwingen. Immerhin ist nicht zu übersehen, dass für Jonak diese Zitate das "gefundene Fressen" sind, um die Bibelforscher als etwas "unterbelichtet" darzustellen, was sie denn wohl in der Praxis auch sein dürften.

Jonak ergoss seinen Spott über die nachfolgenden Passagen:

"Doch gehen wir zu lustigeren Sachen über. Auf Seite 104 (Schriftstudien Band VII, Ausgabe 1922) wird das Buch Hiob 40, 10 bis 41, 25 interpretiert und behauptet, daß Hiob in seinen Prophezeiungen die Errungenschaften heutiger Zeiten, die Dampfmaschine vor Bahnzügen und zur See, vorausgesagt habe. Hiobs Worte werden dabei absichtlich frei wiedergegeben und die erfundenen Interpretationen in Klammern beigesetzt. Zum Verständnis bemerke ich, daß in der mißbrauchten Stelle in Wirklichkeit Gott dem Hiob seine Allmacht an dem Behometh, einem biblischen Riesennilpferd, und an dem Leviathan, einem biblischen Riesenfisch, zeigt. Nun zitiere ich wörtlich, nur etwas gekürzt, den kommentierten Text:

'Siehe doch einen mit großen Hitze (der feststehenden Dampfmaschine), den ich mit dir gemacht habe; er wird Futter verzehren (Torf, Holz, Kohle) wie das Vieh. Siehe doch, seine Kraft ist in seinen Lenden (Kesselplatten). Sein Schwanz (Schornstein gegenüber dem Futterende) wird aufrecht stehen wie eine Zeder. Seine Gebeine (Stangen des Kesselrostes) sind wie Eisenstangen.'

Über die Weissagung der L o k o m o t i v e heißt es auf Seite 105:

'Du wirst den Leviathan (die Lokomotive) mit dem Angelhaken (automatische Kuppelung) ausdehnen oder mit einer Schlinge (Kuppelbolzen), mit der du seine Zunge (Kuppelverbindung) sich senken lassen wirst. Willst du nicht einen Rink (Kolben) in seine Nase (Zylinder) legen ? Wird er viel Flehens an dich richten (entgleisen)?

Oder wird er dir sanfte Worte geben (durch einen schrillen Ton mit der Dampfpfeife)?'

Auf Seite 115 werden die Worte des Propheten Nahum (2,3_5), der über die Bestrafung der Assyrer und die Zerstörung Ninives schreibt, folgendermaßen verdreht:

'Nahum weissagte von einer in weiter Ferne liegenden Erfindung, die um die Zeit, wann das Königreich errichtet ist, eine alltägliche Erfahrung für die Menschheit geworden ist. Er beschreibt einen Eisenbahnzug in voller Fahrt (nicht ein Automobil, wie einige glauben), und wir können genau sehen, was er in seiner Vision sah. Zuerst steht der Prophet da und sieht die Lokomotive auf sich zukommen und sagt dann: Die Schilde sind gerötet (die Kopflaterne scheint hell), die tapferen Männer (der Zugführer und der Heizer) sind in Karmesin gekleidet (wenn die Flammen den Lokomotivführer beleuchten, indem der Heizer die Kesseltür öffnet). Die Wagen (Eisenbahnwaggons) glänzen von Stahl. Dann versetzt der Prophet sich im Geiste in das Innere des Zuges und blickt zum Fenster hinaus, wobei sich ihm der Anblick bietet, das die Lanzen werden geschwungen (die Telegraphenstangen längs des Geleises scheinen auf und ab zu tanzen). 'Ihr Aussehen ist wie Fackeln' (ein Zug sieht bei Nacht in voller Fahrt wie eine sich schnell bewegende riesige Fackel aus). Des weiteren sieht der Prophet im Geiste den Kondukteur, der die Fahrkarten einsammelt, und sagt: 'Er gedenkt seiner Edlen' (der Kondukteur verwendet fast seine ganze Zeit darauf, seine Passagiere zu zählen); 'sie straucheln auf ihren Wegen' (versuchen in dem schnellfahrenden Zug zu gehen); sie eilen zu ihrer Mauer (zur nächsten Ortschaft), und das Schutzdach (das Stationsgebäude) wird aufgerichtet.'"

Nachdem Jonak so die "Schriftstudien" Band VII aufgespießt hatte, geht er zu Rutherford's "Trost für das Volk" über:

"Selbstverständlich sei auch das R a d i o von den Propheten vorausgesagt worden:

'Gott hat den Gebrauch des Radios vor mehr als 3000 Jahren durch seine Propheten geschildert. Gott kannte es von Anfang an. Wir wissen wohl daß Elektrizität zum Radio nötig ist, aber wir wissen nicht, was Elektrizität ist. Wir wissen, das es angebracht ist, von elektrischen Ladungen als von Blitzen zu schreiben. In dunkler Sprache schrieb hierüber der Prophet Hiob in Kap. 38, Vers 35: ,Kannst du Blitze entsenden, daß sie hinfahren, daß sie zu dir sagen: Hier sind wir?' Der Prophet verstand zu jener Zeit nicht, was er schrieb, aber Gott verstand es, und er wollte, daß die Menschen es verstehen sollten, wenn es geschehen würde.' ('Trost für das Volk', S. 8.)

Jawohl, der gute Hiob hat wirklich nicht ahnen können, daß es einmal Phantasten geben werde, die die Prophezeiung des Rundfunks ihm in den Mund legen. Die gleiche Stelle aus Hiob mißbraucht Rutherford, um in seiner Broschüre 'Die letzten Tage', S. 15, zu beweisen, Gott habe damit den drahtlosen Nachrichtenverkehr vorausgesagt.

Ähnlich hat Rutherford entdeckt, daß auch die Erfindung des L u f t s c h i f f e s von dem Propheten Isaias in Kap. 60, ;Vers 8, vorausgesagt wurde; Rutherford schreibt:

'Auch das Luftschiff hat Gott durch seinen Propheten schon vor Jahrtausenden vorausgesagt: Wer sind diese, die wie eine Wolke geflogen kommen, und gleich Tauben zu ihren Schlägen?' ('Die letzten Tage', S. 15.)

Sehr gelungen macht sich folgende Interpretation. In 'Schriftstudien' VII, S. 365, wird die Stelle aus Offenbarung, Kap. 18, Vers 1, zitiert:' Nach diesem sah ich einen anderen Engel aus dem Himmel herniederkommen, welcher große Gewalt hatte, und die Erde wurde erleuchtet von seiner Herrlichkeit.'

An das Wort 'Herrlichkeit' knüpft nun Russell folgende Auslegung:

'Einige der Herrlichkeiten des neuen Tages, alle seit 1874 entdeckt, sind eine Menge großartiger E r f i n d u n g e n wie z. B.: Additionsmaschinen, Aluminium, antiseptische Chirurgie, automatische Bahnkuppelung, Automobile, Dynamit, elektrische Schweißmethoden, feuerlose Kochapparate, künstliche Farben, Leuchtgas, Luftschiffe, Nordpol, Panamakanal, Radio, Rahm Separatoren, rauchloses Pulver, riesenhohe Geschäftsgebäude, Röntgenstrahlen, Schuhnähmaschinen, Streichholzmaschinen, Telephon, Unterseeboote, Vakuum Teppichreiniger, Zweiräder usw.' (Ebenso in 'Harfe Gottes', S. 220, und 'Schöpfung', S. 304.)

Die Worte in Offenbarung 20,9: 'Und Feuer kam von Gott hernieder aus dem Himmel und verschlang sie' legt Russell dahin aus, daß der Prophet die Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl gemeint habe, indem er interpretiert: 'Sie werden auf barmherzige Art in einem Nu elektrisch hingerichtet, nicht gequält.' ('Schriftstudien' VII, S. 413.)

Ich glaube, das dürfte genügen, den Ernst der Ernsten Bibelforscher darzutun. Es ist ja richtig, daß seit 1874 eine Unzahl Entdeckungen gemacht wurde. Aber was hat das schon mit der 'Herrlichkeit' der Offenbarung Johannis zu tun? Über diese Art der Bibelauslegung können wohl nur ganz ungebildete, geistig minderwertige Menschen staunend den Mund aufreiben. der halbwegs Gebildete aber muß über die Frechheit solcher Bibelfälschung entweder lachen oder, was mehr zu empfehlen ist. empört sein."

Soweit Jonak.

Flankierend zu diesen Ideen ist auch eine entsprechende Abbildung im "Goldenen Zeitalter"

Der gewählten Thematik entsprechend mag es einmal angebracht sein, sich die Broschüre "Trost für das Volk" etwas näher anzusehen. Daher nachstehend (im weiteren kommentarlos) einige Zitate aus ihr

"Das Jahr 1925 ist gekommen. Denkende Menschen versuchen am Beginn eines neuen Jahres den Horizont zu erfahren, um zu sehen, wie die Aussichten für das Jahr sind. …

Aber jetzt gibt es viele Dinge, die nicht nur zu Bestürzung, sondern sogar zu Verzweiflung treiben können und kaum zu begreifen sind. Zehn Jahre sind nun seit Beginn des großen Weltkrieges vergangen. Als der schreckliche Sturm vorüber war und Friede wurde, dachten wir … es würden wieder blühende Zeiten kommen und erwarteten, dass es besser werden würde, aber wir merken immer noch nichts davon. Die Weltlage scheint mir wirklich so zu sein, wie sie ein großer Staatsmann am Schlusse des Jahres 1924 beschrieb, als er sagte:

'Der tiefste Eindruck, den mir das Jahr 1924 hinterließ, ist der einer Welt, die aufs neue in tiefe Nacht versinkt. Nach dem Weltkriege stiegen die Regenbogenfarben einer neuen Hoffnung am Himmel auf, nachdem sie durch das schlechte Wetter, dass auf den Friedensschluß folgte, mehr und mehr verblaßten und verdarben, sind sie schließlich während des letzten Jahres gar ganz vergangen und ein dichtes Grau hängt über der Erde.'

Prophezeiung bedeutet in Wahrheit vorher geschilderte Weltgeschichte. Solche Prophezeiungen konnten nur durch den Geist Gottes gegeben werden. …

Die meisten Menschen betrachten geistliche Dinge wie Sachen, die man nicht verstehen kann, und versuchen es auch darum gar nicht erst, sie zu verstehen. Es ist aber der Wille Gottes, dass sie zur bestimmten Zeit verstanden werden. Es erfüllt sich jetzt jeden Tag biblische Prophezeiung vor unseren Augen. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen.

Das Radio ist erst seit fünf Jahren bekannt, d. h. vor fünf Jahren wußte man noch wenig von einem drahtlosen Telephon. Vor fünfundzwanzig Jahren hielt man es noch für unmöglich, dass zwei Menschen auf meilenweite Entfernung ohne einen verbindenden Draht miteinander sprechen könnten. Jetzt sitzen Sie abends bei geschlossenen Fenstern und Türen in Ihrem Heim, drehen einen kleinen Knopf an einem kleinen Kästchen, und schon klingen durch die Wände liebliche Stimmen von Sängerinnen oder die Worte von Rednern, die meilenweit von Ihnen entfernt sind. Sie hören sie so deutlich, als ob sie in Ihrem Zimmer wären. Als Sie das zum ersten Male hörten, sagten Sie: 'Das ist ja wunderbar, das ist ja herrlich!' Freilich ist es das. … das ist erfüllte Prophezeiung!

Gott hat den Gebrauch des Radio vor mehr als 3000 Jahren durch seine Propheten geschildert. Gott kannte es von Anfang an. Wir wissen wohl, dass Elektrizität zum Radio nötig ist, aber wir wissen nicht, was Elektrizität ist. Wir wissen, dass s angebracht ist, von elektrischen Entladungen als von Blitzen zu schreiben. In dunkler Sprache schrieb hierüber ein Prophet Gottes vor langen Zeiten: 'Kannst du Blitze entsenden, dass sie hinfahren, dass sie zu dir sagen: Hier sind wir?' - Hiob 38:35.

Der Prophet verstand zu jener Zeit nicht, was er schrieb, aber Gott verstand es, und er wollte, dass die Menschen es verstehen sollten, wenn es geschehen würde.

Durch den Propheten Daniel sagte Gott voraus, dass in der Zeit des Endes die Erkenntnis sich mehren werde. (Daniel 12:4) Wir sehen, wie auch dies sich jetzt erfüllt! Auch das ist erfüllte Prophezeiung. …

Sie und Millionen anderer Menschen sagen, dass der Weltkrieg die Völker geschwächt habe, und dass seitdem offenbar alle Völker einem großen Zusammenbruch entgegengehen. Warum soll man denn nicht versuchen, einen Grund für alle diese Umstände zu finden? Wenn der erhabene Geist Gottes das Radio, Flugzeuge, Eisenbahnen und andere Verkehrsmittel und das große Zunehmen der Erkenntnis vorausgesagt hat, warum sollten wir dann nicht in der Bibel forschen, um auch die Ursache für die Drangsal der Welt und das, was folgen wird, zu suchen? Und wenn wir den Grund für diese Drangsal in der Bibel verzeichnet finden, können wir dann nicht auch erwarten, dass der allweise und liebreiche Gott uns auch ein Heilmittel zeigen wird? Nun beachten Sie; dieses Heilmittel habe ich gefunden, und das ist der Grund, warum ich inmitten aller Leiden und Sorgen und allen Wirrwarrs glücklich sein kann. Ich freue mich nicht darüber, dass die Menschen soviel zu leiden haben, ich bin vielmehr glücklich, weil ich weiß, was das alles zu bedeuten hat, und was Gutes darauf folgen wird.

Es ist schon viel über das Jahr 1925 gesagt worden. Viele Menschen haben es als ein wichtiges Jahr bezeichnet, auf ihre eigene Weisheit vertrauend. Andere haben dasselbe, aber unter Bezugnahme auf die Bibel gesagt, welche ja auch wirklich die einzige wahre Quelle aller Belehrung über diesen Gegenstand ist. Viele Leute erwarten aufsehenerregende Ereignisse. Jedoch, wenn wir erkennen, dass wir in der Zeit leben, in welcher sich die Prophezeiungen erfüllen, sollte dies uns völlig genügen, sodaß wir ohne Erregung und sorgfältig warten, auf welche Weise sie sich erfüllen, wissend, dass ein großer, weiser, liebevoller Gott die Geschicke derer, die ihm zu dienen suchen, schon in den rechten Bahnen leiten und sie schließlich reichlich segnen wird. Eine sorgfältige Beachtung der Prophezeiung wird Sie in den Stand setzen, allem, was auch kommen mag, ruhig entgegenzusehen und alles hinzunehmen, wie es auch kommt.

Gott ließ seinen (Satans) Einfluß auf die Völker der Erde zu, ohne einzugreifen. Der Grund, warum er nicht eingriff, ist offenbar der, dass Gott den Menschen durch die schmerzhaften Folgen der Sünde eine wirkungsvolle Lektion zuteil werden lassen wollte, damit, wenn er zu seiner festbestimmten Zeit die Herrschaft über die Angelegenheiten der Erde an sich nimmt, die Menschheit eine rechte Wertschätzung für die Gerechtigkeit haben wird. …

Der Herr zeigt deutlich, dass diese 'Zeiten der Nationen' 2520 Jahre dauern sollen. Das heißt: für eine Zeit von 2520 Jahren hatte Gott beschlossen, nicht in die Angelegenheiten der Nationen einzugreifen, sondern er ließ sie selbst tun, was irgend sie konnten, um sich ein befriedigendes Regierungssystem zu schaffen. Während dieser ganzen Zeit beherrschte aber offenbar Satan die Gesinnung der die Welt beherrschenden Klassen. Doch ist zu erwarten, dass am Ende jener Zeit der Herr selbst in die Angelegenheiten der Welt eingreifen wird.

Als im Jahre 606 v. Chr. das Königreich Israel gestürzt wurde, errichteten die Heiden ein Universalreich unter dem König Nebukadnezar. Wenn wir 606 v. Chr. und 1914 n. Chr. zusammenzählen, erhalten wir 2520 Jahre, genau die Zeit, welche die Bibel als 'Herrschaft der Nationen' bezeichnet. …

Das Volk weiß wohl, dass die Nationen zu einem furchtbaren Krieg rüsten, wie der Kriegsberichterstatter schreibt. … Diese Nationen haben sich zunächst versammelt. Sie schlossen einen Völkerbund, durch den sie sich miteiander verbanden. Gott sagte dies durch seinen Propheten voraus; er sagte aber auch voraus, dass dieser Völkerbund fehlschlagen würde. 'Tobet ihr Völker; und werdet zerschmettert! Und nehmet es zu Ohren, alle ihr Fernen der Erde! Gürtet euch und werdet zerschmettert, gürtet euch und werdet zerschmettert! Beschließet einen Ratschlag, und er soll vereitelt werden; redet ein Wort, und es soll nicht zustande kommen; denn Gott ist mit uns.' (Jesaja 8:9, 10) Niemand glaubt heute im Ernste, dass der Völkerbund die Nationen vor weiteren Kriegen bewahren kann. In Wahrheit hat Gott die Nationen zu einem besonderen Zweck versammelt. …

Es wird Ihnen interessant sein zu hören, dass der Prophet Gottes vor 2500 Jahren einen solchen Zustand voraussagte: 'So spricht Jehova der Heerscharen: Siehe, Unglück geht aus von Nation zu Nation, und ein gewaltiger Sturm macht sich auf von dem äußersten Ende der Erde. Und die Erschlagenen Jehovas werden an jenem Tage liegen von einem Ende der Erde bis zum anderen Ende der Erde; sie werden nicht beklagt und nicht gesammelt noch begraben werden; zu Dünger auf der Fläche des Erdbodens sollen sie werden.' - Jeremia 25: 32, 33.

Auch das Wucher- und Schiebertum in den letzten Tagen wurde von Gottes Propheten vorausgesagt. …

Als der Völkerbund zustande kam, war es die Geistlichkeit, die ihn 'eine politischen Ausdruck des Reiches Gottes auf Erden' nannte. Und gerade die Geistlichkeit sollte wissen, dass das falsch ist. Im Jahre 1923 beschäftigten sich z. B. 150.000 Pastoren und Hirten der Vereinigten Staaten eine ganze Woche lang - die man die Trieb-Woche nannte - damit, für den Eintritt der Vereinigten Staaten in den Völkerbund zu wirken. Auch dies geschah in Erfüllung der Prophezeiung und ist ein Beweis dafür, dass sie sich fälschlicherweiser Vertreter des Herrn nennen. Sie sagen dem Volke, dass der Völkerbund die Welt vor einem weiteren Kriege bewahren, und dass ihm nichts Böses geschehen würde. Der Prophet Gottes sagt: "'Sie sagen stets zu denen, die mich verachten: 'Jehova hat geredet: ihr werdet Frieden haben; und zu jedem, der in dem Starrsinn seines Herzens wandelt, sprechen sie: Es wird kein Unglück über euch kommen …

Der Jude ist von den Nationen und in den Königreichen dieser Welt allgemein sehr verachtet gewesen, nur in den letzten Jahren sind die Menschen auch in dieser Beziehung toleranter geworden, und heute kehren die Juden nach Palästina zurück. Auch diese Rückkehr ist, wie die anderen Dinge, die ich besprochen habe, eine Erfüllung biblischer Prophezeiung. Als Gott die Juden aus Palästina vertrieb, tat er ihnen kund, dass sie genau solange in seiner Ungnade stehen würden, wie sie bis dahin unter seiner Gnade gestanden hatten. - Jeremia 16:18.

Es war am zehnten Tage des Monats Nisan (ungefähr im April) des Jahres 33 n. Chr., als Jesus in Jerusalem einritt und dort als der offizielle Stellvertreter Gottes das Volk der Juden verwarf. Vom Tage ihrer Organisation bis zu jener Zeit waren 1845 Jahre vergangen. Da jene Zeitperiode, wie vom Propheten Jeremia vorausgesagt war, verdoppelt werden sollte, so würde dies erfordern, 1845 Jahre zu dem Jahre 33. n. Chr. hinzuzählen, wodurch man auf das Jahr 1878 kommt. Genau zu jener Zeit, im Juni 1878 fand der bekannte 'Berliner Kongress' unter dem Präsidium des englischen Premierministers Lord Beaconsfield statt. Auf diesem Kongress wurde der erste Schritt zugunsten der Juden in Palästina getan. Aber in den darauffolgenden Jahren geschah in dieser Richtung wenig oder nichts. Vom Jahre 33 n. Chr. bis zu der Zeit, wo die letzte Festung Palästinas fiel, war es genau auf den Tag 40 Jahre. Wir wollen auch diese Zeit verdoppeln. 1878 plus 40 bringt uns zu dem Jahre 1918. Genau zu diesem Zeitpunkt begannen sich bemerkenswerterweise auch wieder die Vorteile für die Juden zu mehren. In diesem Jahre bewilligte die britische Regierung eine Kommission zum Wiederaufbau Palästinas und unter der Führerschaft Dr. Weizmanns und Dr. Ruppins begann dann dieses Werk.

Heute haben die Juden fünfundsiebzig landwirtschaftliche Ansiedlungen in Palästina. Sämtliche bewohnten Städte haben sie erbaut, darunter Tel Aviv, das jetzt eine Bevölkerung von 22.500 Einwohnern, nur Juden, hat. Durchschnittlich kehren bis zu 3.000 Juden im Monat nach Palästina zurück, wie Rebelsky berichtet, und man erwartet, dass sich im Jahre 1925 30.000-40.000 neue Ansiedler dort ansiedeln werden. Wenige von ihnen kommen aus Amerika und Kanada, aber fast alle sind aus Rußland. Das ist eine Erfüllung der Prophezeiung: 'Darum siehe, Tage kommen, spricht Jehova, da nicht mehr gesagt werden wird: So wahr Jehova lebt, der die Kinder Israel aus dem Lande Ägypten herausgeführt hat! Sondern: So wahr Jehova lebt, der die Kinder Israel heraufgeführt hat aus dem Lande des Nordens und all den Ländern, wohin ich sie vertrieben habe! Und ich werde sie in ihr Land zurückbringen, das ich ihren Vätern gegeben habe.' - Jeremia 16: 14,15.

Das von den Juden in Palästina während der letzten wenigen Jahre gekaufte Land beträgt jetzt 833 qkm. Der Prophet schildert, dass sie dieses tun würden: 'Und es sollen Felder gekauft werden in diesem Lande, von welchem ihr saget: Es ist öde, ohne Menschen und ohne Vieh, es ist in die Hand der Chaldäer gegeben. Man wird Felder um Geld kaufen und Kaufbriefe schreiben und sie versiegeln und Zeugen nehmen im Lande Benjamin und in der Umgebung von Jerusalem und in den Städten Judas, sowohl in den Städten des Gebirges als auch in den Städten der Niederung und in den Städten des Südens. Denn ich werde die Gefangenschaft wenden, spricht Jehova,' - Jeremia 32: 43, 44.

Überall sieht man die Juden, wie sie sich jetzt Wohnhäuser bauen im Lande ihrer Väter, und auch hierüber redet der Prophet: 'Und sie werden Häuser bauen und bewohnen, und Weinberge pflanzen und ihre Frucht essen. Sie werden nicht bauen und ein anderer es bewohnen, sie werden nicht pflanzen und ein anderer essen; denn gleich den Tagen der Bäume sollen die Tage meines Volkes sein, und meine Auserwählten werden das Werk ihrer Hände verbrauchen. Nicht vergeblich werden sie sich mühen, und nicht zum jähen Untergang werden sie zeugen; denn sie sind der Same der Gesegneten Jehovas, und ihre Sprößlinge werden bei ihnen sein.' - Jesaja 65: 21-23

In den vergangenen Jahren wurden in Palästina Hunderttausende von Bäume angepflanzt. Das stimmt ebenfalls mit der Aussage Jesajas überein: 'Ich werde Zedern in die Wüste setzen, Akazien Myrten und Olivenbäume werde ich in die Steppe pflanzen - Cypressen, Platanen und Scherbinzedern miteinander; damit sie sehen und erkennen und zu Herzen nehmen und verstehen allzumal, dass die Hand Jehovas dieses getan und der Heilige Israels es geschaffen hat.' - Jesaja 41: 19,20.

Jesus sagte betreffs der Zeit, in der die Gnade Gottes zu diesem Volke zurückkehren würde: 'Und sie werden fallen durch die Schärfe des Schwertes und gefangen weggeführt werden unter alle Nationen und Jerusalem wird zertreten werden von den Nationen, bei die Zeiten der Nationen erfüllt sein werden.' (Lukas 21:24) Die Zeiten der Nationen endeten 1914 und von jener Zeit an sah man, wie sich in Palästina eine rege Tätigkeit entfaltete.

Nach einem Jubeljahrsystem, dessen Einrichtung Gott durch Moses gebot, fällt das letzte 'vorbildliche' Jubeljahr der Juden auf das Jahr 1925, und unmittelbar danach dürfen wir erwarten, dass die Segnungen, die Gott auch 'dem jüdischen Volke verheißen hat, anfangen werden, offenbar zu werden. Wir können mit Sicherheit eine deutliche Kundgebung der Gnade Gottes für das Ende des Jahres 1925 oder bald darauf erwarten.

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Rutherford's "Panier für das Volk"
(1926)

Zumindest in der Anfangszeit, und wohl auch noch lange Jahre danach, war die Bibelforscher-Religion eine ausgesprochene "Proletenreligion". Diejenigen die sich von ihr angesprochen fühlten, dass waren doch die, welche eigentlich auch die Kommunisten in der Weimarer Republikzeit als "Klientel" erreichen wollten, aber dies nicht schafften, dieweil als Hinderungsgrund die religiöse Sozialisation dabei im Wege stand. Die Kommunisten hingegen hatten Gott und Religion bereits über Bord geworfen. Da wollte die Klientel der Bibelforscher nicht mitziehen. Gott und Religion sollte schon weiter sein. Nur eben nicht die Religion des Staatskirchentums wie es nach wie vor dominierend war.

Eine Religion (Made in "Großkirchen"), die allerlei politische Schwenks, fast tagespolitisch synchron mitvollzog, hatte sich in den Augen beider Sorten von "Proleten", von denen eingangs die Rede war, desavouiert. Sollte die eines Tages untergehen, so deren Sicht: Je eher, je besser. Die Kommunisten versuchten denn auch diesen Untergang, so möglich, zu beschleunigen. Die "religiösen Kommunisten" (salopp formuliert) ließen es mehr bei verbalen Attacken bewenden.

Es war also ein gewisser Nährboden vorhanden. Es war nur eine Frage von Zeit und Umständen, dass sich auch Rattenfänger fanden, die sich bemühten, diesen Nährboden in ein "Flötenspiel" umzusetzen.

Kommunisten, das war für viele zugleich d e r Bürgerschreck. Die Meldungen, die da aus der Sowjetunion herüberkamen, waren soweit sie unzensiert, alles andere als "ermutigend". In jenen vermeintlich "gelobten Land" hatte sich im Namen "höherer Werte" ein Terrorregime installiert, dass allen Bürgerlichen und etlichen anderen darüber hinaus, Angst und Schrecken einflößte. Dies war die Stunde des Rattenfänger Adolf H. Indem er klar jenem bolschewistischen Sumpf den Krieg ansagte, zunehmend aufatmen bei den Bürgerlichen. Das ist zwar alles noch ziemlich wirr und unausgegoren, befand so manch Bürgerlicher. Aber angesichts der bolschewistischen Gefahr sollte man dem Adolf H. durchaus mal eine Chance geben, damit er zeigen könne, was er denn so wirklich "auf dem Kasten hat".

Wie man weiß, nahm Adolf H. den angebotenen kleinen Finger, um rücksichtslos sich damit n i c h t zu begnügen. Alles oder nichts so seine Devise. Er bekam denn anfangs auch alles und später nichts.

Berührte Adolf H. auch die "religiösen Kommunisten"? Das wird man wohl kaum sagen können. Mit den buchstäblichen Kommunisten schon vermochten sie nichts rechtes anzufangen, weil ihnen da Gott fehlte, und mit dem Rattenfänger-Erbe aus dieser Linie, den Neuaufkömmling Adolf H. ebensowenig.

Sie sahen sich durch die "nationale Flötenmusik" in keiner Weise angesprochen. Wie es oftmals am Markt so ist. Da trat eines Tages in diese Marktlücke ein neuer "Flötenspieler" an. Sein Name Rutherford, jenseits des großen Teiches residierend. Seine Flötenmusik entsprach jetzt offenbar den Ambitionen jener "religiösen Kommunisten", die da durch die anderen Angebote sich nicht angesprochen fühlten. Viel von Gott war da die Rede. Schon mal wichtig für diese Klientel. Politik, Finanz, Religion, alles ein Abwasch verkündet Flötenspieler Rutherford weiter. Der Jubel kannte jetzt keine Grenzen mehr. Genau so ist es, sagten sich die geistig Unterbelichteten. Da spricht einer unsere Sprache die wir verstehen können. Und Flötenspieler Rutherford konnte sich eines erfreuen, einer zunehmenden Anhängerschaft in einem von Weltkriegsfolgen und Inflation gebeulteten Land namens Deutschland.

Die engere Anhängerschaft der aktiven Gefolgsleute hielt sich in Grenzen; dieweil der "religiöse Markt" schon damals kein Zukunftsmarkt mehr war. Aber man agierte geschickt. Hitler versprach auch allen - alles. Genauso machte es auch Flötenspieler Rutherford. Sein Instrumentarium war dazu die Zeitschrift mit dem programmatischen Titel "Das Goldene Zeitalter". Und sie erreichte in Deutschland gar ein Millionenpublikum. Das alles ließ Flötenspieler Rutherford auf eine kräftige, zukünftige Beute hoffen. Es gab in Deutschland gar Regionen, besonders im Erzgebirge, die Gegend um Chemnitz, wo in ländlichen Bezirken fast jeder Haushalt das "Goldene Zeitalter" las.

Dies alles gefiel Flötenspieler Adolf H. nicht so sonderlich. Es gefiel auch nicht den vermeintlichen "Großkirchen", die in Wahrnehmung der politischen Großwetterlage, sich dem Adolf H. an den Hals schmissen. Man kannte ja nur ein Ziel. Jeweils mit den Mächtigen zu heulen, wer immer das auch sein mag. Flötenspieler Adolf H. wäre nicht ein exzellenter Virtuose gewesen, hätte er nicht gewusst, wie er sich den ihm Anbiedernden zu begegnen habe. Nicht sie, sondern er diktierte die Bedingungen! Darob schon mal ein erster Katzenjammer bei den Babylonikern. "Aber noch ist Polen wohl nicht verloren" sagten sich wohl auch die Babyloniker. Das Prinzip Hoffnung wurde von ihnen weiter hochgehalten. Vorerst jedenfalls. Da ein neuer Lichtblick.

Mit den Kommnisten hatte Adolf H. schon kurz nach seiner Machtanreißung begonnen kurzen Prozess zu machen. Was aber ist mit den "religiösen Kommunisten"? fragten und bedrängten die Babyloniker auch Adolf H.? Der seinerseits ließ sich dann auch nicht lange bitten. Und so fand man eine gemeinsame Basis, um auch den Erzgebirglern wieder ihr "Goldenes Zeitalter" aus den Häusern hinauszutreiben.

Ein neuer Leidensweg begann. "Überzeugt" hatte Adolf H. seine Opfer damit mit Sicherheit nicht. Und so hielt denn ein harter Kern, dem Flötenspieler jenseits des großen Teiches weiter die Treue. Unbeirrt folgten sie ihrem Rattenfänger von Brooklyn-Hameln bis ins bittere Ende.

Das alles könnte ein Märchen aus Grimms Märchenbuch sein. Leider ist es aber kein Märchen.

So mag man denn fragen, was sind denn das eigentlich für Flötentöne, die der Rattenfänger aus Brooklyn da aufspielte. Nun, sie lassen sich vielfach dokumentieren. Unter anderem auch mit der Rutherford-Broschüre aus dem Jahre 1926 mit dem Titel "Das Panier für das Volk". Aus ihr mal nachstehend ein paar charakteristische Zitate:

Man kann die Menschen, die auf Erden leben, in zwei Klassen teilen, in Herrschende und Dienende. Die Mehrzahl gehört zu letzterer Klasse. Die, welche die herrschende Klasse bilden, können in drei Teile eingeteilt werden, eine kapitalistische, eine politische und eine kirchliche.

Die herrschende und die dienende Klasse befinden sich häufig im Widerstreit miteinander. Unter richtigen Verhältnissen sollte dies nicht sein. Ihre Interessen sollten gegenseitig und übereinstimmend sein.

Im Namen und unter dem Scheine von Demokratie haben das kapitalistische, das politische und das religiöse Element ihre Interessen vereinigt und halten ein gemeinsames Panier für die Menschen hoch, mit der Inschrift: 'Die gegenwärtigen Regierungssysteme sind göttlicher Ordnung, darum sollten alle Menschen damit in Übereinstimmung sein. Wir brauchen größere Steuereinnahmen, damit wir zum Kriege rüsten (z. B. Polen, Frankreich u. a. die [WTG] Übers.) Und dadurch den Frieden sichern können. Wir müssen alle Macht in der Regierung zentralisieren, um gegen unsere Feinde stark zu sein. Wir brauchen eine orthodoxe Religion, und die kapitalistischen, politischen und religiösen Elemente müssen treu zusammenhalten. Die Kirche muß die Reichsten und Einflußreichsten innerhalb ihrer Mauern sammeln, um diesen Macht und Göttlichkeit zu verleihen. Das ganze Volk muß uns patriotisch im Frieden wie im Kriege unterstützen, damit wir unsere gegenwärtige Einrichtung aufrecht erhalten und die Interessen und Wohlfahrt des Volkes wahren können. Unser Banner weist euch den Weg zu Frieden, Wohlstand, Leben, Freiheit und Glück.'

Aber das Volk weiß aus Erfahrung, daß diese Behauptungen nicht wahr sind. Es sieht die Reichen täglich selbstsüchtiger werden, immer größere Reichtümer aufhäufen und durch Trust usw. allen Wettbewerb unterdrücken, damit sie ihren selbstsüchtigen Weg ohne Behinderung verfolgen können. Das Volk sieht, wie sich manche Staatsmänner ungestraft der Intrige, der Doppelzüngigkeit und des Betruges bedienen. Es weiß, daß der Widerspruch der Lehren der verschiedenen namenkirchlichen Systeme nicht in Übereinstimmung mit der Wahrheit sein kann. Ihre Lehren sind weder in Übereinstimmung miteinander noch mit den wohlverstandenen Regeln der Gerechtigkeit.

Alle erkennen, daß das ganze soziale, finanzielle, politische und geistliche System oder 'die Systeme' vollständig versagt haben und den Menschen keine Befriedigung ihres Verlangens bringen konnten.

Warum hat wohl keines der Paniere, die von den kapitalistischen, politischen und religiösen Führern, vereint oder getrennt, emporgehalten wurden, gehalten, was es versprach? Die Antwort lautet: Weil sie alle im Gegensatz zum Plane Gottes standen. Der Sinn der Entwerfer all dieser Pläne oder Paniere war von dem wahren Gott abgewandt und vom Feinde auf dunkle Abwege geführt werden. All diese Paniere, die von den Menschen empor gehalten wurden, mißachteten Gottes Wege.

Es muß zugegeben werden, daß der Mensch nach allem jahrhundertelangen Bemühen, keine Besserung der Verhältnisse zustande bringen konnte. Er ist nicht fähig, eine befriedigende Regierungsform aufzustellen. Wer aber kann es dann tun, wer hat die Macht dazu? Die Antwort lautet: Jehova Gott!

Die Geistlichkeit hat gelehrt, daß die gegenwärtigen Reiche auf Erden das Königreich Gottes bilden; und sie stimmt (in vielen Ländern) der Ankündigung zu, daß der Völkerbund der politische Ausdruck des Königreiches Gottes sei. Ist das die Wahrheit oder nicht? Es ist nicht nur unwahr, sondern gänzlich falsch. Der Völkerbund ist das, was in der Heiligen Schrift bezeichnet wird als 'das Bild des Tieres' (Offenbarung 13: 14, 15) ein weiteres Werk des Teufels, durch das er die Nationen und Menschen auf Erden zu beherrschen und zu unterdrücken sucht, um sie in Unterwürfigkeit zu halten und ihre Herzen von dem wahren lebendigen Gott und seinem Königreiche abzuwenden.

Wer die Billigung Gottes erlangen will, muß demütig vor ihm wandeln; d. h. Seine ganze Handlungsweise muß willige Unterwerfung unter die Gesetze Gottes sein.

Die Menschenfreunde, die Zusammenarbeit und soziale Verbesserungen anstreben und andere ähnliche Organisationen gegründet haben, glauben, daß auf diese Weise die Menschheit aufgerichtet werden kann. Sie haben aber versäumt, das Wort Gottes zu befragen, ob ihre Wege in Übereinstimmung mit seinen Wegen sind.

Die sog. Freisinnigen Religionsvertreter dagegen leugnen Gott, sein Werk und seinen Erlösungsplan direkt und berufen sich auf blinde Kraft der Natur als Heilmittel für den unglücklichen Zustand des Menschengeschlechtes. Die sog. Orthodoxen geben zwar vor, der Bibel zu glauben, verleugnen aber gleichzeitig diese Behauptung durch ihre Handlungsweise; denn sie stellen unrichtige und den Namen Gottes entehrende Lehren von Hölle, Fegefeuer u. ä. auf und sind mit den politischen und finanziellen Mächten der Welt verbündet in der unverantwortlichen Behauptung, daß sie vereint imstande seien, Gottes Königreich (d. h. die Menschheit beglückende Zustände) auf Erden zu schaffen. Dies alles zusammen wirkt unbewußt unter der Beeinflußung Satans erneut dahin, Gott beiseite zu setzen und seinen Namen zu verunehren. Das Ergebnis ist, daß die Völker unter dem schweren Druck der sie ausbeutenden Welt-Finanzmächte und deren Bundesgenossen weiter schmachtend, das Vertrauen zu ihren politischen Führern verloren haben und auch keine Ehrfurcht mehr den religiösen Führern, die sie irreleiteten, entgegenbringen. Durch das Irrlicht eines solchen gegen Gottes Willen gemachten und unheiligen Bündnisses verführt, sind die Völker in Finsternis geraten.

Die größte Krisis aller Zeiten steht unmittelbar vor der Tür und ist im Begriff hereinzubrechen; denn die alte Weltordnung hat ihr Ende erreicht und Satans Machtdauer ist abgelaufen.

Vorstehende WTG-Thesen sind mit einem kurzen Satz bewertbar:

Opium für das Volk!

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Rutherford: Schlagt die Kirchen, wo immer ihr könnt
(1927)

Schon zu Russell's Zeiten war es ein Lieblingsthema der Bibelforscher, die Ablehnung der konventionellen Höllenlehre und damit verbunden auch des "Fegefeuers". In überlegener Pose meinte Russell den "Wasserstrahl" auf die "Hölle" gerichtet zu haben. Helle Aufregung bei den orthodoxen Dogmatikern, ob dieses "Frevels". Siehe dazu auch Freude der Ungläubigen.

Auch Russells Nachfolger, Rutherford, übernahm diese These. Aber einschränkend muss man schon sagen. Wenn zwei über dasselbe Thema referieren, so kommt durchaus nicht das gleiche Endergebnis heraus. Nicht, dass Rutherford hier grundsätzlich andere Akzente setzte. Sehr wohl aber die "Tonlage" ist durchaus anders. Sie macht es schon in etwa, etwas verständlicher, weshalb so mancher Bibelforscher, der schon zu Russells Zeiten mit dabei war, sich so garnicht mit dem neuen kämpferischen Stil von Rutherford anfreunden konnte.

Das Beispiel Höllenlehre bietet einen plastische Vergleichsmöglichkeit. Noch aus der Russell-Zeit stammend, publizierte die WTG zuletzt 1925, eine Broschüre ohne Verfasserangabe mit dem Titel: "Wo sind die Toten?" Der Untertitel zu dieser Broschüre lautet: "Sind sie im Grabe? Im Fegefeuer? In der Hölle? Die Antwort der Bibel".

Nur zwei Jahre später (1927) publizierte die WTG, diesmal unter dem Verfassernamen von Rutherford, erneut eine Broschüre mit dem Titel "Wo sind die Toten?" Der Untertitel reduziert sich diesmal lediglich auf die Zeile: "Die Antwort der Bibel".

Ein inhaltlicher Vergleich zeigt, dass es sich hierbei um zwei völlig verschiedene Schriften handelt; obwohl beide den gleichen Haupttitel tragen und im gleichem Verlag erschienen.

Pauschal zusammengefasst kann man sagen. Russell bemühte sich noch um Konzilianz bei der Ausbreitung seines Themas. Rutherford hingegen ist diese Wesenseigenschaft fremd. Wo immer möglich, kann er es sich nicht verkneifen gezielte Spitzen gegen die kirchliche Konkurrenz mit einzubauen. Das gab es so, bei Russell noch nicht. Russell begnügte sich damit nur seinen anders akzentuierte Auffassung zum Thema darzulegen. Für Rutherford hingegen heißt ganz offensichtlich die Devise: Schlagt die Kirchen, wo immer ihr es könnt.

Zur Veranschaulichung ein paar Zitate aus beiden Broschüren.

In der Russell-Broschüre liest man:

"Wir fangen damit an, unseren glaubenslosen Freunden, die sich ihrer unbeschränkten Freiheit des Denkens rühmen, die Frage vorzulegen. Was sagt ihr 'Freidenker' auf unsere Frage: 'Wo sind die Toten?' Sie antworten: 'Wir wissen es nicht.'

Wir danken unseren ungläubigen Freunden für die höfliche Antwort, haben aber das Gefühl, daß sie weder unseren Verstand noch unsere Herzen befriedigt; … rufen aus, daß es ein zukünftiges Leben geben muß oder geben sollte" (S. 3).

"Wir können unseren katholischen Freunden für eine so freundliche Darlegung dieser Sache nur danken. Wir wollen sie nicht fragen, wo ihr Fegefeuer ist, auch nicht, wie sie die Einzelheiten hierüber erfahren haben, weil sie sich durch solche Fragen beleidigt fühlen würden, und weil wir sie nicht zu beleidigen wünschen. Wir wünschen ja nur ihre reifsten, klarsten und gediegensten Gedanken über unsere Frage. Wir bedauern, sogar sagen zu müssen, daß die Antwort nicht das bietet, was wir an Klarheit, Vernünftigkeit und Schriftgemäßheit hoffen dürften" (S. 5).

Demgegenüber weht einem in der Rutherford-Broschüre ein anderer "Wind" entgegen. Es fängt schon damit an, dass man schon dort einleitend lesen kann:

"Zu Beginn des Krieges predigten viele Geistliche für den Krieg und ermunterten die jungen Männer, in die Armee einzutreten, indem sie von den Kanzeln herab sagten, daß die, welche in der Schlacht sterben, direkt in den Himmel kommen würden. Einige nehmen deshalb an, daß wenn die Geistlichkeit in ihrer Schlußfolgerung Recht hätte, es für alle angebracht wäre, auf dem Schlachtfelde zu sterben. Offenbar glaubten diese Geistlichen ihren eigenen Aussagen nicht, weil sie selbst sich meist von der Front fernhielten" (S. 4).

"Katholische Geistliche schrieben, daß, wenn ein guter Katholik, der seiner Kirche völlig treu, sterben würde, er bei seinem Tode direkt in den Himmel gehe, aber wenn jemand kein guter Katholik war und im Halten seiner Gelübde nur ein wenig zu kurz gekommen sei, so gehe er beim Tode in das Fegefeuer und müsse dort unbestimmte Zeit bleiben; aber von diesem Zustande des Leidens könne er befreit werden durch die Gebete der Priester oder Prediger. Aber, wenn jemand sterbe, der kein Katholik oder kein Glied irgendeiner Kirche und deshalb gottlos war, so gehe er beim Tode an einen Ort ewigen Leidens, ewiger Qual, einen Zustand, aus dem es keine Befreiung geben könnte, und diesen nannten die Prediger Hölle.

Die protestantischen Geistlichen wichen in ihren Ausführungen von denen der katholischen etwas ab. Die Zusammenfassung der Schlußfolgerung protestantischer Prediger war: Wenn jemand stirbt, der zur Zeit seines Todes ein Mitglied guten Rufes in irgendeiner Kirche ist, kommt er sofort in den Himmel und freut sich von der Zeit an endloser Segnungen; aber wenn der Betreffende bei seinem Tode kein Mitglied einer Kirche ist und deshalb zu denen gehört, die man allgemeinen als die Gottlosen bezeichnet, so geht er an einen Ort ewiger Qual, wo er fürchterliche Schmerzen leiden muß - ewig an Dauer - von denen es niemals eine Befreiung geben wird" (S. 5).

Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen verweist Rutherford dann auf das mittelalterliche Buch von Dante, wo schon diese Lehre in ihren drastischen Details aufbereitet worden war. Rutherford, als philosophisch kaum gebildet anzusehen, verschweigt aber (oder vielleicht ist ihm das aufgrund seiner mangelhaften Bildung auch nicht bewusst gewesen), dass der Stoff für die Ideenkette Dante - Fegefeuer; eine weiter zurückliegende Wurzel hat. Und zwar in dem bei der Zusammenstellung des biblischen Kanons "aussortierten" Buche "Offenbarung des Petrus". In ihr findet man schon all jene Elemente der Ideenkette Dante - Fegefeuer.

Neuerdings sind diese Quellenschriften auch relativ leicht erreichbar, etwa in der Edition von Alfred Pfabigan. Eine zusammenfassende Referierung der "Petrusapokalypse" auch in der "Geschichte der ZJ" S. 559, Anmerkung 114.

Aber um die Darlegung dieser Hintergründe geht es Rutherford auch gar nicht. Ihm geht es vorrangig darum, den Konkurrenzreligionen eins "auszuwischen" So auch in seinem Statement auf S. 47, mit dessen Zitierung diese Referierung beendet sei:

"Die Heilige Schrift zeigt, daß über solche Geistliche in kurzer Zeit große Schande kommen wird, weil sie das Volk falsch belehrt haben. Seit vielen, vielen Jahren haben sie das Fegefeuer und die ewige Qual gelehrt und damit ein schreckliches, geistliches System aufgebaut, das nun ein Teil der herrschenden Faktoren der Welt geworden ist. Sie predigen oft die jungen Männer in den Krieg, und sagen ihnen, daß sie wenn sie auf dem Schlachtfelde sterben, geradewegs in den Himmel kommen, und daß die, die sich weigern, in den Krieg zu gehen und ihre Mitmenschen zu töten, in die ewige Qual gehen. Manche dieser Geistlichen geben jetzt zu, daß so etwas wie einen Ort der ewigen Qual nicht gibt, und die Zeitungen veröffentlichen dies sogar. Wenn erst den Leuten die Augen aufgehen, werden die Geistlichen vor ihnen beschämt dastehen müssen. … Wenn die Menschen erfahren werden, wie sie irregeführt worden sind, werden Männer, die sich zu Werkzeugen hergaben, den Menschen eine solch gotteslästerliche Lehre zu lehren, ein Abscheu sein. Dann werden Geistliche nicht mehr wünschen, an der besonderen Art ihrer Gewänder, die sie jetzt tragen, erkannt zu werden."

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Mit Speck fängt man Mäuse!
(1928)

"Das Volk merkt die harte, grausame und ungerechte Behandlung, die ihm von der Hand des gottlosen Bundes zuteil wird. Dieser ruchlose Dreibund, zusammengesetzt aus großen Profitmachern, Berufspolitikern und glaubenslosen Predigern, hat die Menschen getäuscht und verführt und ihre Herzen von dem wahren Gott und dem einzigen Weg zur Abhilfe und zur Segnung weggewandt."

Mit diesen Worten offerierte Rutherford auch in der 1928 erschienenen Broschüre "Wohfahrt sicher" (S. 46) den Speck, den er seinen Mäusen anzubieten pflegte. Würden sie zugreifen säßen sie in der Mausefalle, in der nicht mehr die von ihm kritisierte Politik, Religion, Finanz das sagen hätte, sondern nur noch er als der vermeintliche "Gottesvertreter".

Und damit seinen Mäusen der Speck um so verführerischer erscheinen möge, offeriert er ihnen schon auf dem Titelbild eine paradiesische Idylle.

Ein Haus am See, zuzüglich eigenem Springbrunnen. Auch ein eigenes Auto vor der Tür. Das ganze im Jahre 1928. Nun wer hätte nicht Lust in einem solchem Ambiente "lustzuwandeln"?!

Pech für die Mäuse, dass sie nur nahezu gebannt auf diesen Köder starrten. Das ihnen nicht im voraus ausreichend klar war, was sie wirklich erwarten würde. Ein Leben permanenten Gehetztseins für Rutherdford's Organisation. Anstatt im "Paradies lustzuwandeln" den Klinkenputzer und Buchverkäufer spielen.

Aber auch dies muss man sagen. Rutherford sprach insbesondere eine ganz spezielle soziologische Schicht an. Das war diejenige, aus der sich in Deutschland beispielsweise auch ein wesentlicher Teil der Sympathisanten der Kommunistischen Partei jener Jahre zusammensetzte. Die da auch eine unbändige Wut im Bauch hatten über Politik, Kapital und Religion. Der wesentliche Unterschied dabei war allerdings der. Die Kommunisten hatten in der Regel das Thema Religion für sich zu den Akten gelegt. Religion - dafür hatten sie in der Regel keinen Bedarf mehr. Indes nicht alle jener soziologischen Schicht waren so gestimmt. Da gab es etliche auch noch, vielfach eine religiöse Sozialisation schon seit den Kindertagen habend, die in diesem Punkt den Kommunisten nicht folgen wollten und konnten.

Religiös wollten sie schon sein und bleiben. Nur eben nicht in der Form wie sie die Großkirchen, vielfach hochgradig verweltlicht, offerierten. Hier setzte Zampano Rutherford mit seinem Angebot ein. Hier erfuhr er in gewissem Umfang auch eine entsprechende Rückresonanz. Mit anderen Worten: Sein Angebot verhallte nicht völlig resonanzlos.

Noch etwas.

Was viele die Schwankend geworden waren, besonders berührte war das Thema Religion und Krieg. Die Großkirchen hatten da in der Tat eine Rolle gespielt, die rückblickend gesehen, keineswegs für sie sprach. Hier setzte nun Rutherford ein. Und indem was er dabei aussprach hatte er letztendlich den Nerv seiner Klientel getroffen. Mag alles andere seiner Ausführungen vielleicht auch als zweitrangig bewertet worden sein. Hier war die Basis der direkten Ansprache und Überzeugung gegeben. Das gilt es auch zu sehen.

Beleg dafür sind auch die nachfolgenden Zitate aus genannter Broschüre:

"Es bestand nie irgendwelche Gefahr, daß Deutschland in Amerika einfallen könnte. Jeder vernünftige Mensch wußte, daß dies ausgeschlossen war. Dennoch zählten die Geistlichen zu den eifrigsten Befürwortern des Eintritts Amerikas in den Krieg.

Der Geistliche S. Parkes Cadman, ein in Amerika ansässiger Engländer, der Präsident der Organisation, genannt "Bundesrat der Kirchen Christi in Amerika", rief kurz vor dem Kriege, als er vor dem Bedforder Zweige des Christlichen Vereins junger Männer in Brooklyn Fragen beantwortete, in leidenschaftlicher Erregung aus:

'Rüstet! Rüstet! Rüstet zum Kriege!' Als er um seine Meinung über Studenten, die sich weigerten an militärischen Übungen teilzunehmen, befragt wurde, antworte er:

'Sie sind Schmarotzer, Blutsauger und Kehricht. Ein Lehrer, der sie lehrt, daß sie keine Waffen für den Staat tragen dürften, sollte von seinem Post verjagt werden.' …

Die Vereinigung der Geistlichen von Massachusetts war eine der ersten, die für Amerikas Eintritt in den Weltkrieg ihre Stimme erhob; und eine Abordnung der hervorragendsten Geistlichen kam nach Washington, um gegen den 'unchristlichen Einfluß' der Pazifisten anzukämpfen. Sie machten es zu ihrer Aufgabe, ihre Kirchen für Kriegspredigten zu gebrauchen. Als die amerikanische Regierung das Aushebungsgesetz verfügte und einen Abschnitt eingefügt hatte, der es einem Christen ermöglichte, aktiven Militärdienst abzulehnen, bekämpfte fast jeder Geistliche im Lande diejenigen, die von dieser Vorkehrung Gebrauch machten. Sie sprachen von solchen Männern als von 'armen, weichfüßigen Pazifisten.' …

Als Wahrheitsbeweis, wie sehr die politischen Machthaber ihre Bundesgenossen, diese Prediger, wertschätzten, diese das Wort des Kriegssekretärs Lane: 'Der Krieg hätte ohne die Kirche nicht geführt werden können.'" (S. 20, 21, 26)

Nimmt vorstehendes auch auf USA-Verhältnisse bezug, so kann kein Zweifel darüber bestehen, dass auch in Deutschland sich etliche durch solche Argumentationskette beeindruckt zeigten. So verständlich dies alles ist; es ändert nichts an der eigentlichen Sachlage, dass die Kernsubstanz des Rutherford'schen Speckes, die wundersame göttliche Rettung aus allen Nöten dieser Welt, Illusion war, ist und bleiben wird.

Freiheit wurde versprochen. Eine Mausegefängnis wurde geliefert!

Post Skriptum:

Zumindest für einen sollte jenes Ambiente ansatzweise Wirklichkeit werden:

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Rutherford: Die letzten Tage
(1928)

Hält man einen Augenblick inne und fragt sich, was der Zeichner des Broschürenumschlages zu Rutherford "Die letzten Tage", mit seiner Zeichnung zum Ausdruck bringen wollte, so registriert man neben dem Bankgebäude, als Symbol der wirtschaftlichen Nöte, die etliche auch im Jahre 1928 plagten; auch noch diverse technische Fortbewegungsmittel. Man erkennt Flugzeuge, Luftschiffe, Eisenbahnen, Lastkraftwagen, Schiffe. Die technische Präsenz dieses Titelbildes ist unübersehbar. Und dies in einer Broschüre obigem Themas. Da bietet es sich an, doch einmal ein paar Auszüge aus dieser Broschüre vorzustellen, in der die Thematik des Titelbildes näher umrissen wird.

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"Das Radio ist Jehovas Erfindung"
(1929)

In der Rutherford-Broschüre "Des Volkes Freund" aus dem Jahre 1929 gelesen

Das Radio ist Jehovas Erfindung. Der Mensch hat lediglich herausgefunden, wie es zu gebrauchen ist. Die Zeit wird noch kommen, da Jehova Gott es seinen treuen Vertretern ermöglichen wird, von Jerusalem aus klar und deutlich vernehmbar zu allen Völkern der Erde zu reden. … Daher ist es nur passend und zeitgemäß, daß Jehova Gott den größten jemals auf der Erde über ein Netz vereinigter Radiostationen gehörten Rundspruch zum Ruhme seines Namens gebrauchen ließ. Das geschah in Detroit, Michigan, am Sonntag den 5. August 1928.

Die Washingtoner "Post", die führende Tageszeitung der Hauptstadt der Vereinigten Staaten, schrieb am Morgen des folgenden Tages über diesen Vortrag:

"Radionetz von 100 Stationen stellt neuen Rekord auf … 'Ich habe ein Telegramm von einer der New Yorker Tageszeitungen erhalten', erwähnte Richter Rutherford im Laufe seines Vortrages, worin gefragt wird, wieviel dieser Vortrag koste und wer ihn bezahle. Meine Antwort ist, daß er 50.000 Dollars kostet und von einer Anzahl Christen in den Vereinigten Staaten bezahlt wird, die froh sind, es tun zu können.'

Wie kommt es, daß eine dieser Korporationen, nämlich die National Broadcasting Company (Nationale Rundfunkgesellschaft), mit der Geistlichkeit einen Bund schloß und, mit ihr zusammenwirkend, bestimmen will, was das Volk über Religion und Bibel hören oder nicht hören soll? In den europäischen Ländern - einschließlich Deutschland und der Schweiz - bemühen sich die Überwachungsausschüsse ängstlich zu verhindern, daß das Volk über Radio irgendwelche Vorträge hört, die einer gewissen Klasse nicht angenehm sind.

Das Radio und seine Leitwege der Äther gehören Gott, und alle Menschen haben ein gleiches Recht daran, diese Dinge, die Gott darreicht, zu gebrauchen.

Euphorisch verbreitet sich Rutherford auch in der 1932 erschienenen Broschüre "Was du nötig hast":

"Das Radio gehört Jehova Gott. Der Gebrauch des Radios ist nicht etwa der vermehrten Weisheit des Menschen zu verdanken. Es wird in diesen letzten Tagen benutzt, weil Gottes bestimmte Zeit da ist, das Volk aufzuklären. Es gab einmal eine Zeit, wo in den Kirchen die Bibel gelehrt wurde. Jene Zeit ist von der Erde verschwunden. Jetzt aber können sich die Leute in ihren Wohnungen eine kurze Erklärung einiger Bibelwahrheiten durch Radio anhören."

 

Zur Radioeuphorie die Bibelforscher kann man auch vergleichen:

Der verlorene Kampf

Die unterdrückte Wahrheit

Die Substanz dieser Broschüre erschöpft sich nicht in vorstehendem. Insbesondere nimmt auch sie weitere gesellschaftskritische Aspekte auf. Etwa in den nachfolgenden Ausführungen:

Die Vereinigten Staaten sind mit Bezug auf Naturschätze das reichste Land der Erde; und doch sind in diesem Landes des Überflusses Millionen Menschen ohne Arbeit und leiden große Not, weil sie sich die einfachsten Lebensnotwendigkeiten nicht beschaffen können. Überdies ist die Steuerlast so drückend und Erpressung und Diebstahl durch öffentliche Beamte sind so groß geworden, daß es kaum mehr zu ertragen ist. Die Tageszeitung 'The New York American' sagt in ihrer Ausgabe vom 17. Dezember 1927:

'Behördlicher Diebstahl und amtliche Fäulnis sind der Fluch einer Regierung. Nirgendwo ist seine Last schwerer als in New York … Der Durchschnittsbürger kommt an die Grenze des Erträglichen, wenn unehrliche Politiker und unehrliche Geschäftsleute zusammenarbeiten, um die Kosten zu verdoppeln. Viele Grundeigentümer in Queens (New Yorker Stadtteil), einschließlich Hauseigentümer, werden mit der Versteigerung ihres Eigentums bedroht, wenn sie außerstande sind, die übermäßigen Steuern für die Abzugskanäle des Distrikts zu entrichten. Einige schätzen, daß die Hälfte der sechzehn Millionen Dollars zur Herstellung der Abzugskanäle in Jamaica von diebischen und bestechlichen Beamten eingesackt worden ist."

Der gigantische Trust für Erzeugung von Licht und elektrischer Kraft hat die Wurzeln der Regierung zerfressen, indem er in die Hochschulen eingedrungen ist, die Lehrer bestochen hat und systematisch versuchte, die Gedanken der heranwachsenden Jugend von gerechten Regierungsgrundsätzen abzuwenden. Der 'New York American' vom 21. Juni 1928 bringt folgende Äußerung La Guardias, eines Abgeordneten des amerikanischen Kongresses:

"Die Enthüllungen im Senat und die Untersuchungen der Bundes-Handelskommission den Kraft-Trust betreffend, haben offenbart, daß er eine der bedeutendsten Monopolmächte ist, die jemals in diesem Lande organisiert worden sind. Die elektrische Kraft ist in den Händen eines gänzlich unabhängigen Monopols und die Enthüllungen scheinen anzudeuten, daß Millionen Dollars für Beamtenbestechung, Beeinflussung der Gesetzgebung und Förderung gewisser Lehren in öffentlichen und privaten Hochschulen im ganzen Lande zur Verfügung stehen."

Diese unheilvolle Korporation ist aber von denen, die die sichtbare Regierung der amerikanischen Nation bilden, nicht einmal getadelt worden.

Die 'New York Times' vom 3. Juni 1928 bringt folgende Äußerung des Senators Underwood:

"Die Leute, die die Macht ausüben, sind nicht immer die Leute, über die sie ausgeübt wird. Organisierte Minderheiten herrschen jetzt. Das allgemeine Volk ist nicht organisiert. Es hat keine Vertreter in der Hauptstadt, die seine Interessen schützen; es ist vielfach falsch unterrichtet und durch unwahre Propaganda irregeleitet … Reichlich die Hälfte aller Gesetze, die jetzt gemacht werden, dienen anfänglich irgendwelchen Versuchszwecken und führen zu unglücklichen Ergebnissen. Die Regierung ist eine verwickelte Beamtenschaft geworden, die täglich bedrückender wird."

Senator Reed, Mitglied des Senats der Vereinigten Staaten, hat von der Rednerbühne und in der Presse erklärt, daß die Regierung der Vereinigten Staaten jetzt in den Händen eines "Haufens von Schwindlern, Erpressern und berufsmäßigen Kongreßbestechern" sei. … Ähnliche Schäden in allen anderen Nationen der Erde könnten hier angeführt werden, wenn die Zeit dies erlauben würde.

Was soll diese ganze Detailkritik, die sich auch in weiteren Rutherfordschriften nachweisen läßt, etwa in seinem Buch "Regierung"? Welchen Zweck verfolgt ihr Autor damit? Will er animieren, Veränderungen herbeizuführen? Will er zumindest, wenn er sich selbst dazu nicht imstande sieht, daraufhin orientieren, diejenigen direkt oder indirekt zu unterstützen, die das auf ihr "Panier" geschrieben haben? Auch diese Frage muss man verneinen.

Rutherford geht es eigentlich nur um eines: Um eine "dunkle Folie", auf der er sein "Patentrezept" zu offerieren gedenkt. Und dieses heißt: Hoffe und harre bis zum Sankt Nimmerleinstag! Mag man auch anderen Religionen vorhalten. Auch sie vertreten und kultivieren religiöse Opium. So doch wohl keine andere so ausgeprägt, wie die Zeugen Jehovas-Religion!

Dies kann man indirekt auch daran ablesen, welche Kommentare denn Rutherford auch den Konkurrenzreligionen angedeihen lässt. Zum Beispiel den:

Es gibt zwei Hauptklassen von Geistlichen; die einen nennen sich Modernisten, fortschrittlich, freisinnig usw., und die anderen nennen sich Fundamentalisten, aber auch Orthodoxe, Positive usw. Laßt uns gerne annehmen, daß beide Klassen aufrichtig in ihren Ansichten sind; aber dann muß zum mindesten ein böser Einfluß vorhanden sein, der bewirkt, daß sie so wesentlich voneinander abweichen, und dies läßt die Frage entstehen: Wem dienen sie eigentlich? Die Stellungnahme der Modernisten ist, kurz gesagt, die folgende: Der Mensch ist nicht von Jehova Gott erschaffen worden, sondern er ist das Resultat eines Fortentwicklungsvorganges; der biblische Bericht über die Erschaffung des Menschen und seinen Sündenfall ist unwahr und der Beachtung unwert; der Mensch benötigt keinen Erlöser und hat auch nie eines Erlösers bedurft; daher ist das Blut, das Jesus Christus auf Golgatha vergoß, ohne eigentlichen Wert für die Menschheit. Die Modernisten bestreiten also damit Gottes Wort.

Nachstehend folgen Aussagen einiger Geistlicher über die Frage der Evolution, die im schroffen Widerspruch zur biblischen Darlegung über die Erschaffung des Menschen stehen. Diese Aussagen mögen dem Volke behilflich sein, zu erkennen, wen die so orientierten Modernisten vertreten.

Charles Darwin war einer der hervorragendsten Vertreter der Evolutionslehre. Er bestritt die Wahrheit des biblischen Berichtes über die Erschaffung des Menschen durch Gott und verfocht die Lehre, daß der Mensch von einer sehr niedrigen Tierart abstammte.

Dr. S. Parkes Cadman, der Vorsteher des Kirchenbundes in Amerika, schreibt in dem Werk "Evolution und Christentum" in Kapitel 14 über den Einfluß des Darwinismus:

"Darwin war der erste, der ein Licht empfing und weitervermittelte, das ohne ihn vielleicht sehr lange verhüllt geblieben wäre … Darwin gebührt daher die Anerkennung, seinen eigenen Zeitgenossen und nachfolgenden Generationen die majestätische Auffassung einer ununterbrochenen und unwiderstehlichen Fortdauer des Lebens gegeben zu haben; eines Lebens von innewohnenden Eigenschaften, die seine Fortdauer sichern; eines Lebens, das niemals abwärts geht, sondern stets von Niedrigem zu Höherem fortschreitet … Der durch weiteres Nachdenken gewonnene Vorsprung trennte ihn schließlich von der Verankerung biblischer und wissenschaftlicher Überlieferungen … Ich halte die Darwinsche Erklärung für die größte, die ich je über die Wesenheit des überragenden Geistes kennengelernt habe. Wenn die Kirche sich die Umstände schnell zunutze gemacht hätte, dann hätte ihr die Darwinsche Entdeckung gute Dienste geleistet."

Der Geistliche Harry Emerson Fosdick sagt im 16. Kapitel desselben Buches:

"Sowohl unsere größten Lehrer als auch die bedeutendsten, die Tiefreligiösen wie auch die Religionsverächter, glauben an die Fortentwicklung … Entschieden ist die Idee von einem innewohnenden Gott, der der Gott der Evolution ist, unendlich großartiger, als von dem gelegentlichen Wunderwirker, wie der Gott der alten Theologie es ist."

Der Bischof von Birmingham, England, sagte von seiner Kanzel herab:

"Darwins Behauptung, daß der Mensch vom Affen abstammt, hat über fünfzig Jahre der Probe kritischer Untersuchungen standgehalten. Vermehrte Kenntnis und sorgfältige Untersuchungen haben ihre Wahrheit nur bestätigt. Das Resultat ist, daß die Geschichten von der Erschaffung Adams und Evas, von ihrer ursprünglichen Unschuld und ihrem Falle Märchen geworden sind. Darwins Triumphe haben das ganze theologische Lehrgebäude über den Haufen geworfen."

In diesem Zusammenhang sind die Worte des Dr. A. Wakefield Slaten erwähnenswert:

"Ich bin in einer theologischen Schule erzogen worden und kann mir kaum vorstellen, wie es möglich ist, daß ein Mensch als Priester oder Prediger seine ihm vorgeschriebene Ausbildung erhalten und dabei als ehrlicher Mensch die Schule verlassen kann …"

Von dem Geistlichen Chaunery J. Hawkins, Pastor der Ersten Unabhängigen Kirche in San Franzisko, berichtet die Presse folgendes:

"Ein mutiges Bekennen zu der wissenschaftlichen Lehre, daß der Mensch ursprünglich ein niedriges Tier war und sich zu seinem gegenwärtigen Zustande fortentwickelt hat, war die von dem Pastor vorgebrachte Lösung der Probleme, denen die moderne Kirche gegenübersteht. Er erklärte, daß die organisierte Religion niemals ihre Stellung als wesentlicher Bestandteil im Leben der Menschheit zurückgewinnen werde, wenn sie sich nicht von dem Glauben an die Geschichte vom Ursprung des Menschen, wie sie im ersten Buche Mose erzählt ist, lossage. Die Kirche ist schwankend inmitten eines unheilvollen Weltzustandes.

Wie die Presse ferner berichtet, hat der Geistliche Dr. Haynes Holmes von New York folgendes erklärt:

"In den letzten 2000 Jahren haben sich große Dinge ereignet. Die Psychologie des Apostels Paulus hat ihren Tag gehabt. Der moderne Mensch sitzt heute zu den Füßen des Gelehrten, des Astronomen, des Soziologen und Biologen. Der moderne Mensch liest Biologie, nicht Theologie. Der moderne Mensch lehnt es ab, an irgend etwas Geheiligtes zu glauben …

Eine neue Religion wird sich aus den Nebeln des zeitgeschichtlichen Judaismus und Christentums erheben. Diese neue Religion wird jede besondere Religion als göttlich und heilig erkennen. Sie wird nicht einen Gott und einen Glauben haben."

Die "New York Times" bringt folgende Äußerung des Dekans Shailer Matthews von der theologischen Fakultät der Universität Chikago:

"Können wir Christen sein und dennoch unsere Intelligenz gebrauchen? Oder müssen wir unsres Glaubens wegen auf den Gebrauch unseres Intellekts verzichten? Das Christentum braucht nicht durch die Bibel beschränkt zu werden."

Der amerikanische Staat Tennessee hat ein Gesetz erlassen, das den Universitäten und Mittel- und Volksschulen verbietet, Theorien zu lehren, die den biblischen Bericht von der göttlichen Erschaffung des Menschen leugnen und statt dessen behaupten, daß der Mensch von einer niedrigen Tierart abstamme; und nach dem Gesetz dieses Staates ist es ein Vergehen, in den Schulen die Evolutionstheorie zu lehren. Ein gewisser Professor Scopes wurde wegen Verbreitung dieser Lehre angeklagt und vor Gericht geladen. Der kürzlich verstorbene Wm. J. Bryan (einstiger Staatssekretär der U. S. A.) hielt eine mutige Verteidigungsrede zugunsten der Bibel. Das Untersuchungsgericht ließ die Sitzungen regelmäßig mit dem Gebet eines Fundamentalisten eröffnen; aber das gefiel den Modernisten durchaus nicht. Prediger dieser Richtung, die den Sitzungen beiwohnten, richteten folgendes Ersuchen an das Gericht:

"Wir bitten Sie, die Tatsache zu berücksichtigen, daß unter den Personen, die mit den Gerichtsverhandlungen gegen John T. Scopes in enger Verbindung stehen und daran teilnehmen, sich manche befinden, für die die Gebete der Fundamentalisten nicht geistig erhebend und manchmal auch anstößig sind. Da Ihrer Anordnung gemäß alle Personen im Gerichtssaal durch Erheben von ihren Sitzen an den Gebeten teilzunehmen haben, so scheint es uns nicht mehr als recht und billig zu sein, daß wir gelegentlich auch ein Gebet hören, bei dem kein geistiger Vorbehalt unsererseits nötig ist, und an dem wir mit ruhigem Gewissen teilnehmen können. (gezeichnet:) Pastor C. F. Potter, Prediger der Weltweite-Unitarier-Kirche, N. Y.; Rabbiner Jerome Mark, Tempel Beth-El, Knoxville, Tenn.; Pastor F. W. Hagan, Erste Unabhängige Kirche, Huntigton, W. Pa; Pastor D. M. Welch, Prediger der Unitarier-Kirche, Knoxville, Tenn."

Dr. McAfee hat, wie die Presse berichtet, bei einer Konferenz der Präsidenten von siebenundfünfzig Presbyterianischen Universitäten und Technischen Hochschulen folgende Aussage gemacht:

"Der Gott der Evolution ist eine gewaltigere Macht im Leben als der Gott der Bibel."

Die "Northwestern" Universität sandte Fragebogen an Geistliche, um deren Einstellung zum Modernismus und Fundamentalismus zu erfahren. Das Folgende entnehmen wir einem Leitartikel des "Atlanta Georgian" vom 17. Mai 1928:

"Von den 436, die Antwort gaben, drückten 47 Prozent ihre Überzeugung aus, daß Gott die Welt erschaffen hat, und zwar so wie in der Schöpfungsgeschichte im ersten Buche Mose berichtet ist. 61 Prozent hingegen erklärten, daß die Evolutionsidee nicht im Widerspruche mit einem Glauben an Gott stünde.

Nur 80 Prozent erklärten, daß Gott allmächtig ist, und nur 68 Prozent sind der Ansicht, daß Gott gelegentlich auch seine Allmacht durch Wunder kundtue. In diesem Punkte stimmen nahezu ein Drittel der Prediger, die eine Antwort eingesandt haben, mit dem einstmals berühmten "Ungläubigen", dem Obersten Ingersoll überein, dessen Unglaube darin bestand, daß er behauptete, Wunder seien Täuschung."

In Kommentierung seiner eben gebrachten Zitate äußert Rutherford dann unter anderem noch:

Ein Vergleich der vorher angeführten Aussagen der modernen, fortschrittlichen, freisinnigen Geistlichen mit dem klaren Zeugnisses des Wortes Gottes ergibt die Antwort auf die Frage: Wen vertreten und wem dienen diese Geistlichen: Gott oder dem Teufel?

Es ist unschwer zu erraten wie Rutherford selbst seine Frage beantwortet. Es ist unschwer zu erkennen, auf wessen Seite er im auch international Aufsehen erregenden "Affenprozeß" von Dayton, Tennesse stand, den er "nur" mit der Lapalie der Frage welche Form von Gebeten dort gesprochen wurden, miterwähnt. Mit den von ihm favorisierten Fundamentalisten, vermag er sich allerdings auch nicht so recht zu solidarisieren. Zum Beispiel kreidet er ihnen deren Dreieinigkeitslehre an, die er nicht mittragen will. Weit bedeutender ist aber vielleicht der Dissenz, der in dem nachfolgenden Satz zum tragen kommt:

In vielen in den Weltkrieg verwickelten Ländern gab es treue Nachfolger Jesu Christi, die überzeugt waren, daß sein Gebot "Du sollst nicht töten!" Buchstäblich zu befolgen ist. Sie zogen es vor, dem Herrn mehr zu gehorchen als Menschen, und darum waren sie entschlossen, keinen Menschen zu töten. Deshalb weigerten sich diese christlichen Laien, Waffen zu gebrauchen und zu töten. Dafür wurden sie verfolgt und gesellschaftlich geächtet; viele wurden eingekerkert, und andere wurden grausam geschlagen und getötet. Die Menschen, die bei dieser Christenverfolgung Anführerdienste taten, waren fast immer Geistliche. Die von der I. V. B. in Brooklyn, N. Y. herausgegebene Zeitschrift "The Golden Age" veröffentlichte in ihrer Nr. 27 umfassendes spezialisiertes Beweismaterial über den Anteil, den viele Geistliche an dieser Verfolgung genommen haben.

Es ist richtig, wenn salopp formuliert, gesagt wird: Es laße sich nachweisen. Auch etliche Funktionäre des Christentums haben sich als solche erwiesen, die die Jugend "in die Schützengräben hineingepredigt" haben. Auf ein Beispiel dieser Art, den Pastor Karl Gerecke, bin ich in der "Geschichte der ZJ" S. 436f. näher eingegangen.

Rutherford redet weiter, auch zu recht, von christlichen Laien, die sich wohltuend davon unterschieden. Diese Begrenzung auf "Laien" ist in der Tat zu konstatieren. Jedenfalls waren es keine hauptamtlichen Christenfunktionäre die man da in relevanter Zahl nennen könnte.

Das läßt sich auch gut am Beispiel der "Siebenten-Tags-Adventisten" verdeutlichen. Nur wenige Jahrzehnte vor den Bibelforschern am deutschen Markt "etabliert", hatten sie zu Beginn des ersten Weltkrieges schon einige organisatorische Reichtümer aufgehäuft. Sie hatten also auch im buchstäblichen Sinne etwas zu verlieren. Und es zeigte sich alsbald, die Funktionäre waren nicht zum verlieren bereit. Sie gingen die geforderten Kompromisse zum organisatorischen Überleben ein. Aber es gab auch bei den Adventisten "Laien", die ihre Funktionäre darob des Verrats schalten, und auch die Konsequenzen zu tragen bereit war. Eine Minderheit - sicherlich. Immerhin eine Minderheit die sich daher von den Siebenten-Tags-Adventisten separierte und die letztere bis heute, nicht mehr vermochten neu zu integrieren. Also auch dort tat sich ein unüberwindlicher Graben auf.

Was die Bibelforscher in Deutschland hingegen betrifft, so schwammen die, solange Russell noch lebte, mit auf Kriegskurs. Das änderte sich erst in dem Moment, als Rutherford das Steuer fest in der Hand hatte. Dann das Beispiel des zweiten Weltkrieges, mit Wehrdienstverweigerungen in Hitlerdeutschland. Wer verweigerte dort? Die einstmals hauptamtlichen Funktionäre der WTG Balzereit und Dollinger, jedenfalls nicht.

Wiederum waren es "Laien" bzw. Untergrundfunktionäre, welche die Last der einsamen Entscheidungen trugen. Was hatte ein Untergrundfunktionär wie Cyranek beispielsweise, zu verlieren? Solange er in Freiheit noch lebte, war er bereits gehetztes "Wild". In dem Moment seiner Verhaftung, konnte ihm schon im voraus klar sein. Mit oder ohne Wehrdienstverweigerung. Ein "Happyend" gibt es für ihn nicht.

Jene Zeugen-Untergrundfunktionäre kann man daher nicht vergleichen mit jenen STA-Funktionären im Ersten Weltkrieg, die zur Sicherung ihrer materiellen Besitztümer die notwendigen Kompromisse dafür, eingingen.

Noch eins. Es gab schon einige Jahrzehnte früher religiös motivierte Wehrdienstverweigerer. Besonders zu nennen die Mennoniten, auch die Quäker. In beiden Fällen offenbarte sich, wenn es für hauptamtliche Funktionäre wirklich hart und rücksichtslos brenzlig wird; dann gibt es die vom Staat erzwungenen Kompromisse, namentlich auf der Ebene der hauptamtlichen Funktionäre, denen dann vielfach das Hemd näher ist als der Rock.

Rutherford hat also zu Recht von den Laien gesprochen, die Träger diesbezüglich anderer Entscheidungen sind. Eine international, noch dazu streng zentralistisch orientierte Organisation, mag da vielleicht größere Wiederstandskräfte haben, als wie eine primär national begrenzte. Indes kein Widerstand ist unbrechbar. Siehe auch das Beispiel Schweiz. Auch Helden von gestern sind manchmal die Verräter von morgen!

Zu weiterem dieses Thema betreffend siehe auch: Wehrdienstverweigerung

Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen kritisiert Rutherford, wie gehabt, auch den Völkerbund, als angeblicher Konkurrenz zum "Königreich Gottes". Damit ist seine Linie klar. Fundamentalismus mit betonter Spezialisierung auf den Endzeitglauben. Und damit nur eines: Erziehung zum Hoffen und Harren!

Also sprach Rattenfänger Rutherford: "Kauft meine Schriften"

Siehe auch den Reklameanhang zu der 1932 erschienenen Rutherford-Broschüre: "Was du nötig hast".

Zum mitgenannten Thema Evolution vergleiche man auch noch

Evolutionslehre (1918)

Atheist oder Deist

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Prohibition

Es war eine amerikanische Erfindung, jenes totale Alkoholverbot in den zwanziger Jahren in den USA, dass in der Praxis aber auf die vielfältigste Weise unterlaufen wurde. Wer Geld hatte, der konnte auch Alkohol haben. Es waren besonders die Kirchen, die sich auf jenes Alkoholverbot vieles zugute hielten. Und es war wiederum bezeichnend, dass ebenfalls ein religiöser Führer, namens Rutherford, mit zu den schärfsten Kritikern der Prohibition gehörte. Der Fairness halber wird man einräumen müssen, dass Rutherford mit seiner Agitation gegen die Prohibition, so "schief" nicht lag. Die Kritik gilt in diesem Punkt also eher seinen kirchlichen Kontrahenten.

Ein Beispiel, wie Rutherford gegen die Prohibition argumentierte, kann man auch seiner 1932 erschienenen Broschüre "Frohe Botschaft" entnehmen, wenn darin ausgeführt wird:

"Bei der Hinausführung seiner Pläne gebraucht Satan stets Betrug und Täuschung, wodurch viele Menschen guten Willens irregeführt werden. Zum Beispiel waren manche Leute mit guten Absichten dabei behilflich, in Amerika ein Prohibitionsgesetz [Alkoholverbot] einzuführen, und manche behaupteten sogar, daß Jehova dessen Einführung und Durchführung überwaltete. Trotz ihrer guten Absichten wurde das Prohibitionsgesetz ein Grund für die große Zunahme von Verbrechen. Das allein beweist, daß Jehova Gott mit diesem Gesetz nichts zu tun hatte. Satan möchte, daß die Menschen denken sollen, Gott sei der Urheber des Alkoholverbots, und damit glaubt Satan viele nüchtern denkende Menschen dahin zu bringen, ihr Vertrauen zu Gott zu verlieren und sich von ihm abzuwenden. Jehova ist allmächtig, und wenn er einmal damit beginnen wird, das Alkoholübel und andere ähnliche Übel auszurotten, so wird er es gründlich besorgen, und es wird nicht notwendig sein, eine ganze Armee von fanatischen, mit Gewehren ausgerüsteten Menschen anzustellen, um diesen Zweck zu erreichen.

Die Schlacht von Harmagedon wird bald ausgetragen werden, und durch sie wird jede ruchlose Organisation unter der Sonne gänzlich vernichtet werden."

Ein besonders markantes Dokument dazu, ist in der (Schweizer) Ausgabe des "Goldenen Zeitalters" vom 1. 11. 1930 in der Form einer Frage und ihrer Beantwortung abgedruckt. Im einzelnen wurde dort dazu ausgeführt:
"Frage: Da das Prohibitionsgesetz in Amerika hauptsächlich von der Geistlichkeit befürwortet wird, möchte ich gern wissen, ob die Bibel etwas darüber sagt? …

Das Prohibitionsgesetz stützt sich in keiner Weise auf die Bibel. Auch mit dem gesunden Verstande kann man es nicht gutheißen, während die Bibel sowohl wie auch der gesunde Verstand zu Mäßigkeit rät. Die Bibel verwirft Trunkenheit. Wenn aber die Menschen ein Gesetz aufstellen, dass jemand, der auch nur mäßig berauschende Getränke genießt, lebenslänglich ins Zuchthaus wandern muß, so ist das ungerecht, brutal und böse.

Warum also von allen Ausschweifungen gerade eine herausgreifen und zu einem Verbrechen machen? Ist ein Mensch, der in mäßiger Weise gegorenen Fruchtsaft genießt, deshalb in irgend einem Sinne des Wortes ein Verbrecher? Er schadet weder sich noch anderen damit, während ein unzüchtiger Mensch oder jemand der dem Tabakgenuß frönt, sich selbst schädigt und anderen lästig wird. Warum sperrt man nicht lieber solche lebenslänglich ein?

Außerdem hat Gott niemals einem Menschen oder einer Gruppe von Menschen das Recht gegeben, den freien Willen oder die sittliche Entscheidung anderer zu beeinträchtigen. Wenn wir uns anmaßen, einen Menschen im mäßigen Genuss von Dingen, die Gott nicht verboten hat, zu hindern, so ist das eine Beschränkung der Gewissensfreiheit unseres Nächsten und ein unberechtigtes Eingreifen in die Anordnungen Gottes.

Man verstehe uns jedoch ja nicht so, als wollten wir für einen übermäßigen Genuss berauschender Getränke eintreten. Keineswegs, wir betrachten die Sache nur vom Standpunkt des Prinzips und der göttlichen Gesetze aus, und sind selbst gegen jede Unbotmäßigkeit im Trinken wie im Essen.

Außerdem hat das Alkoholverbot in Amerika das Gegenteil von dem bewirkt, was bezweckt war. Das ganze Land ist mit Verbrechen und Gewalttat erfüllt. Es gibt heute mehr des giftigen Wirkens und des Bootlegginggeschäftes als früher. Dieses Gesetz ist das Ergebnis menschlicher Weisheit, die nicht nach Gott fragt, und die Torheit bei Gott ist, wie uns die Bibel sagt. Es ist nichts weiter als ein Bestreben einer gewissen Klasse, Gewalt über ihre Mitmenschen zu bekommen und wie alle anderen Gewaltmaßnahmen muss auch diese ein Fehlschlag sein."

Eine Polemik in Sachen Prohibition ist auch in der 1930 (dt.) erschienenen Rutherford-Broschüre "Verbrechen und Unglück" enthalten. Nachstehend das entsprechende Zitat (S. 9-11):

"Die Vereinigten Staaten traten 1917 in den Weltkrieg ein und sandten Millionen ihrer Männer auf die Schlachtfelder. In deren Abwesenheit erwirkten die daheimgebliebenen selbstischen Interessengruppen, gedrängt durch die Geistlichen und Spirituosenschmuggler, daß der sogenannte achtzehnte Verbesserungsantrag zu einem Teil der Verfassung der Vereinigten Staaten erklärt wurde. Die Tatsache, daß dabei die Geistlichkeit eine führende Rolle spielte, veranlaßte viele Millionen ordnungsliebender Leute, zu glauben, sie müßten sich dieser Bewegung anschließen. Bald hierauf aber begannen die Verbrechen überhandzunehmen, und seither haben sie weiter zugenommen, und die Schuld hierfür ist großenteils den fanatischen Religionsführern zuzuschreiben, die die Einführung und die grausame Handhabung des Gesetzes veranlaßt haben. Berauschende Getränke werden in Amerika immer noch in Überfluß hergestellt, und gewisse Leute können sie sich ohne Schwierigkeit verschaffen, aber der arme Mann muß, wenn bei ihm auch nur eine kleine Menge Alkohol gefunden wird, dafür Strafe verbüßen. Die Geistlichkeit und andere Fanatiker haben auf die strengste Durchführung des Alkoholverbots gedrängt, ungeachtet dessen, wie viele andere Gesetze dabei verletzt werden.

Die New Yorker Tageszeitung 'American' schreibt am 11. Dezember 1929:

'In Towanda, Pennsylvanien, wurde etwas über ein Viertelliter Branntwein in der Mauer eines Ladens gefunden, wofür Georg Vogle zu drei Jahren Gefängnis und 5000 Dollar Geldstrafe, seine Schwester zu einem Jahr Gefängnis und 1000 Dollar Geldstrafe verurteilt wurden. Am gleichen Tage wurde in Philadelphia Edward Beaner zu zwei Jahren Gefängnis und 200 Dollar Geldstrafe verurteilt, weil in der Seitentasche seines Automobils ein Viertelliter Schnaps gefunden wurde."

Im November 1929 veröffentlichte der Washingtoner 'Herald' Auszüge aus öffentlichen Berichten, woraus hervorgeht, daß 1360 Männer, Frauen und Kinder bei den Maßnahmen zur Durchführung des Alkoholverbotes getötet worden sind. Die Zeitung 'New York American' bezeichnet es als ein 'Flinten-Alkoholverbot'.

Ein Gericht in den Vereinigten Staaten entschied kürzlich, daß jemand, der wisse, daß sein Nachbar im Besitze berauschender Getränke sei, und es unterlasse, dies der Behörde anzuzeigen, sich eines Kapitalverbrechens schuldig mache. Die grausame, ungewöhnliche Weise, in der dieses Gesetz durchgeführt wird, ebnet den Weg und veranlaßt die Bürger, sich gegenseitig zu bespitzeln, um andere in Schwierigkeiten zu bringen. Auch hat das Gesetz gewissenlosen Menschen den Weg geebnet, giftigen Schnaps herzustellen und zu verkaufen, der den Tod von Tausenden verursacht hat."

Das Thema Prohibition war für die WTG offenbar so bedeutsam, dass sie dazu (in Englisch) im Jahre 1930 eine eigene Broschüre veröffentlichte von J. F. Rutherford. Deren Titel:

"Prohibition und Völkerbund. Aus Gott oder dem Teufel geboren. Was ist der richtig? Der biblische Beweis". Sie beinhaltet ein Konglomerat mehrerer kleinerer Vorträge, die Rutherford auch über das Radio publiziert hatte (Watchtower national chain program). Auch darin erteilt er der offensichtlich besonders von kirchlichen Kreisen getragenen Anti-Akoholbewegung (oder wie in dieser Broschüre formuliert wird Anti-Salon-Liga) eine klare Absage. Ein Zitat daraus:

"Die Wirkungsmethoden der Liga haben das hervorgebracht, was man als Schwarzbrenner kennt. Jemand verschafft sich billigen Whisky und macht ihn noch schlechter, und dann bietet er ihn den Leuten zu einem exorbitanten Preis an, und daraus ergibt sich viel Leid und Tod. Der Schwarzbrenner bereichert sich und verdirbt viele Leute. Niemand kann ehrlich behaupten, dass Gott so etwas auch noch unterstützt.

Ein großes Heer von Beamten ist von der Regierung dazu ernannt und bevollmächtigt worden, dem Prohibitionsgesetz Geltung zu verschaffen. Diese Männer sind mit tödlichen Gewehren ausgerüstet und angewiesen, sie zu benutzen, wenn es nach ihrem Dafürhalten notwendig ist. Der professionelle Blockadebrecher kommt an diesem Heer bewaffneter Beamter vorbei, vorausgesetzt, er teilt seinen Profit genügend. Der arme und harmlose Bürger, der die Straße entlangfährt und den man zum Halten auffordert und der das nicht sofort tut, wird von einem Angehörigen dieses Beamtenheeres unter dem Vorwand, der Mann besitze verbotenen Alkohol, sofort niedergeschossen. Oft findet man, dass der arme Mann nichts derart hatte und dass sein Tod vollkommen ungerechtfertigt war. Der vor einigen Monaten veröffentlichte offizielle Bericht zeigt, dass bei dem gescheiterten Versuch, dem Prohibitionsgesetz Geltung zu verschaffen, bereits 1 360 Menschen getötet wurden."

Die Anti-Salon-Liga sagt, wenn diese Beamten unschuldige Menschen niederschössen, so sei das gerechtfertigt, weil sie für eine gerechte Sache töteten. Recht häufig beschlagnahmen diese Beamten, die von Übeltätern zu Unrecht besessenen Alkohol, nehmen diesen an sich zum eigenen Gebrauch und verkaufen ihn gesetzeswidrig an andere. Die Operationen der Anti-Salon-Liga fördern daher das Lügen, Stehlen und Morden. Alles dies wird durch das Wort Gottes angeprangert. Diese Früchte, die die Liga und ihre Anhänger bei den Menschen tragen, beweisen über jeden Zweifel erhaben, dass die Anti-Salon-Liga kein Abkömmling Gottes ist und in keinerlei Hinsicht seine Anerkennung genießt. Die Anti-Salon-Liga setzt sich großenteils aus professionellen Religionsführern zusammen, die den Anspruch erheben, Gottes Wort zu predigen, die das aber nicht tun."

Mag man Rutherford in dieser seiner Argumentationsdiktion auch weitgehend zustimmen. Mag man die amerikanische Prohibitionspolitik als in der Sache verfehlt einschätzen. Dennoch gibt es auch etwas an Rutherford selbst zu kritisieren. Er selbst bringt in seiner Broschüre das Beispiel Russland, wo sich eine starke antikirchliche Strömung breit gemacht hat. Er erwähnt aber auch (und da hat er so unrecht nicht), dass dort das Pendel in die andere Richtung ausgeschlagen ist. Das Gegenteil der sowjetischen Entwicklung war das Staatskirchentum der Zarenzeit in Russland. Rutherford befürchtet nun, dass die kirchlichen Prohibitionisten, mit ihrer überspannten Politik, vielleicht gar auch in den USA eine solche Entwicklung provozieren könnten und das möchte er vermeiden. Soviel zu seiner Motivation.

Er äußert aber noch einen anderen bedeutsamen Satz:

"Aber jemand mag fragen: 'Ist es heute nicht die Pflicht eines Christen, die Welt zu erneuern zu versuchen sie zu bessern?' Die Bibel antwortet darauf mit einem 'Nein', weil das unmöglich ist. Ein Christ hat die Aufgabe, ein Zeuge für den Namen und das Wort Jehova Gottes zu sein und den Menschen zu sagen, warum es soviel Leid auf der Erde gibt, und die Menschen und die Herrscher auf die bevorstehende Drangsal und auf die Segnungen des darauf folgenden Königreiches aufmerksam zu machen. Das ist der einzige Grund dafür, heute das Evangelium über Rundfunk, von Haus zu Haus oder durch gedruckte Publikationen zu predigen."

Mit anderen Worten: In einer innenpolitischen Kontroverse in den USA, unter maßgeblicher Beteiligung kirchlicher Kreise. In einer Kontroverse, wo man festzustellen hat, dass diese kirchlichen Kreise eine verfehlte Politik mittrugen, wenn nicht gar deren Motor waren. In dieser Kontroverse sagt Rutherford nicht einfach nur: Ändert eure Politik. Nein, er geht darüber hinaus und nimmt dies zum Anlass um den klassischen Opiatcharakter der Religion zu betonen. Er möchte also seine kirchlichen Gegner auch in die Ecke jener drängen, die durch ihre Praxis die Religion zum Opium des Volkes degradieren. Indem der Dealer Rutherford gravierende Fehler seiner kirchlichen Kontrahenten wahrnimmt, glaubt er eine günstige Chance diesbezüglich zu haben. Dies ist der reale Kern der Zeugen Jehovas-Religion. Auch am Beispiel des Prohibitionsstreites belegbar!

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Rutherford's Heim und Glück
(1932)

Auch in der 1932 erschienenen Broschüre "Heim und Glück" spielt Rutherford wieder sein allbekanntes Lied: Gesellschaftskritik gemixt mit religiösem Opium (Fata Morgana Hoffnungen) und das ganze mit der Zielstellung, jene die sich durch seine Gesellschaftskritischen Ausführungen angesprochen fühlen; zu paralysieren; sie zur Untätigkeit zu verdonnern; zumindest Untätigkeit in dem Sinne, dass sie nichts sinnvolles tun.

Untätigkeit generell, ist mit Sicherheit nicht sein Ziel. Und keiner der je auf seinem Fliegenfängerleim raufgekrochen ist, hatte anschließend ein Leben der "Untätigkeit". Sehr wohl hält er seine Klientel in Beschäftigung; und sei es "nur" damit, treppauf, treppab, seine Ergüsse unters Volk zu bringen. Das wissen auch die Veranstalter von Schneeballaktionen. Sie, die an der Spitze stehen, können nur dann "kassieren", wenn ihre Opfer immer neue Opfer anwerben. Mag man jene Schneeballaktionen auch mehr oder weniger der Neuzeit zuordnen; so muss man wohl sagen. Der "religiöse" Zampano Rutherford, hatte schon vor ihnen, dieses System zu beachtlicher Perfektion ausgestaltet.

Schon einleitend verlautbart sich Rutherford mit den Worten:

"Worauf könnte da das Volk seine Hoffnungen gründen, dass die jetzt herrschenden, unglücklichen Zustände beseitigt werden? Die ... Antwort ist: Gottes Königreich ist das Heilmittel. Es ist das einzig sichere, und völlig hinreichende Heilmittel; ein anderes gibt es nicht."

Ausgehend von dieser Prämisse unterstellt er dann: "dass der Herr ungefähr im Jahre 1875 begann, die Wahrheit seinen Nachfolgern zurückzugeben". Weiter meint er verkünden zu können, "daß die große Schlacht von Harmagedon in sehr naher Zukunft geschlagen" wird.

Damit ist erst mal der Köder ausgelegt. Nun gilt es diejenigen zu finden, die ihn herunterschlucken sollen. Die glaubt er offenbar in jenen Kreisen zu finden, die sich durch seine nachfolgenden Ausführungen angesprochen fühlen:

"Das Volk befindet sich heute in sehr bedrängter Lage. Die Zustände waren schon vor dem Weltkrieg schlimm genug, aber seither haben sie sich weit verschlimmert. Verbrechen, Streit und Armut nehmen fortwährend überhand, und alle Nationen rüsten für den Krieg. Einige überaus selbstische Leute treiben Handel mit den Früchten der harten Arbeit anderer und werden dabei reich, während die Volksmassen immer tiefer im Sumpfe der Armut versinken. Die Steuerlasten, Hypothekarzinsen und die ständig steigenden Kosten der Lebenshaltung drücken das Volk zu Boden. Furcht und Ratlosigkeit hat die Herrscher mit starker Faust gepackt, und ihre Kriegsrüstungen und ihre Bemühungen, sich zu erhalten, vermehren die Lasten und die Not des Volkes."

Bezugnehmend auf die USA äußert er dann:

"Die Vereinigten Staaten besitzen den größten materiellen Wohlstand aller Länder der Erde, und doch gibt es in diesem Lande Millionen Arbeitslose und hungernde Kinder, und es ist voll Leiden. Es liegt also auf der Hand, daß etwas durchaus verkehrt sein muß. ...

Wie die amtlichen Statistiken zeigen, haben in den letzten zwanzig Jahren die Verbrechen in den Vereinigten Staaten um volle dreihundertfünfzig Prozent zugenommen. Die Unfähigkeit, den Menschen durch Gesetze Moral beizubringen, ist durch den mißlungenen Versuch zur Durchführung des Alkoholverbotes zur Genüge dargetan worden. Das Land ist voller Banditen, Erpresser, Räuber und Mörder, und die Entartung der Jugend in sittlicher Hinsicht hat wahrscheinlich nie zuvor einen solchen Tiefstand erreicht wie gerade heutzutage."

Dann zu seiner eigentlichen Zielstellung überleitend, nämlich die anderen noch madiger zu machen, als sie vielleicht ohnehin sind. Um sich als "glorreiche" Alternative zu verkaufen, äußert er dann:

"Die kommerziellen und politischen Machtgruppen der Welt versprechen dauernden Frieden, und die Geistlichkeit erklärt bombastisch, diese Mächte verbürgten Friede und Sicherheit, und eine völlige Garantie dafür sei der Völkerbund. Gott aber erklärt in seinem Worte ... 'Wenn sie sagen: Friede und Sicherheit! Dann kommt ein plötzliches Verderben über sie, gleichwie die Geburtswehen über die Schwangere; und sie werden nicht entfliehen."

Und als Quintessenz "krönt" er das ganze dann noch mit der rhetorischen Frage:

"Warum sollte das Volk noch länger auf die Sprache von anmaßenden Männern hören, die von der Macht dieser Welt trunken und von Satan, dem Feinde aller, darüber verblendet sind, wie der Friede zustande kommen soll."

Um auf diese rhetorische Frage auch noch zu antworten. Wer von dem Rutherford'schen Becher genippt hat, der wird in der Tat nicht mehr auf "anmaßende Männer dieser Welt hören". Die sind für ihn "abgehakt". Und wie weiter? Wird er nun deswegen, um ein neueres Beispiel zu bemühen, wegen "Hartz IV" auf die Straße gehen? Genau auch das wird er eben nicht tun. Er wird seelenruhig zusehen, wie seine Schlächter das Messer an ihn setzen, und dabei vielleicht auch noch "Halleluja" singen.

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Rutherford's „Schlüssel des Himmels"
(1932)

 

Markig verkündet Rutherford in seiner 1932 erschienenen Broschüre „Schlüssel des Himmels":

„Diesem Gebote gehorchend gehen jetzt die wahren Nachfolger Christi Jesu mit der Botschaft vom Königreiche Gottes zu den Menschen und unterrichten sie über die Wahrheit, um das Volk instand zu setzen, sich zum Empfang des Königreiches zu bereiten. Sie kommen mit der Botschaft in Buchform zu Ihnen ins Haus. … Die Feinde der Wahrheit möchten die Menschen glauben machen, daß diese Predigt des Evangeliums vom Königreiche Propaganda wäre, und bringen darum diese falsche Behauptung vor. Die Zeugen Jehovas suchen jedoch keineswegs irgend jemand zum Anschluß an irgendeine Organisation anzuwerben, sondern dem Gebote des Herrn gehorchend, verkündigen sie lediglich dem Volke die Wahrheit über sein Königreich. Demnach können sie keine Propaganda betreiben."

Und an anderer Stelle in dergleichen Broschüre verbreitet er sich mit den Worten:

„Eine Weigerung, die Botschaft anzuhören, oder die Vernichtung der Bücher, die sie enthalten, wird keinen entschuldigen zu sagen, er hätte nicht gewußt, daß dieser große Akt Gottes bald ausgeführt werden würde. Die Schlacht von Harmagedon rückt eilends heran."

Die Widersprüchlichkeit dieser Aussage liegt offenbar. Einerseits wird vorgegaukelt, es ging nicht um den Anschluss an „irgendeine Organisation". Um „irgendeine" geht es sicherlich nicht. Wohl aber um den Anschluss an jene, die wie gelesen sich berufen fühlt, vor „Harmagedon" mittels diverser Bücher zu warnen, und die droht, selbst wenn diese Bücher vernichtet würden, gälte jene Warnung weiter. Wenn das mal nicht eine Steigerung des Druckes ist, sich dieser Organisation anzuschließen; mit dem feinen Unterschied: Ein Anschluss zweiter Klasse. Kein formaljuristischer Akt; wohl aber moralischer und Gruppendruck, der den in der Praxis viel wirksamer denn alle formaljuristischen Floskeln ist.

Wer nicht predigt, wird nicht als Zeuge Jehovas anerkannt, las man dann einige Jahre später in dem WTG-Buch „Gott bleibt wahrhaftig". Hier schon legte Rutherford den Grundstein dazu. Bücherverkauf, später dann mehr aufs „predigen" umfunktioniert, wobei der Verkaufsaspekt mehr ins zweite Glied zurücktrat, keinesfalls aber prinzipiell aufgegeben wurde, sei gemäß Rutherford, der „Schlüssel zum Himmel".

Nun verstehen etliche Konkurrenzkirchen unter „Schlüssel zum Himmel" etwas grundsätzlich anderes. Die bekommen denn prompt auch in dieser Broschüre „ihr Fett weg"; etwa wenn über sie ausgesagt wird:

„Aus demselben Beweggrunde hat Satan die Menschen seit vielen Jahrhunderten gelehrt, daß alle Stürme, das Ungeziefer und anderes Unheil darum über das Volk käme, weil es seine Kirchen nicht genügend mit Geld unterstütze und ihnen nicht ergeben sei; deshalb hätte es sich Gottes Mißfallen zugezogen und sende er ihm diese Heimsuchungen."

Angesichts solcher Aussagen muss man doch wohl die Frage so stellen: Wer da das bessere Ausbeutungsrezept hat. Ein wirklich qualitativer Unterschied, wenn jemand permanent den Spendenbeutel vor die Nase gehalten bekommt, und wenn das Spendenvolumen nicht die gewünschte Höhe erreicht, sich entsprechende Drohpredigten anhören darf. Oder wenn jemand dazu motiviert wird, sich permanent als Bücherverkäufer für Rutherford zu betätigen. Treppauf , treppab. Ein wirklich „qualitativer Unterschied" zwischen diesen formal unterschiedlichen Ausbeutungsmechanismen, ist ohnehin nicht erkennbar.

Aber es ist offensichtlich. Das Geschäft mit der Angst (egal ob unter dem Firmenschild „Hölle" oder „Harmagedon") kann nur dann gedeihen, wenn es wirklich angsteinflößende Rahmenbedingungen gibt. Die gab es Anfangs der dreißiger Jahre sehr wohl. Sowohl in Deutschland, die dem braunen Rattenfänger den Aufstieg ermöglichten, als auch in den USA.

Als Zeitzeuge berichtet William Schnell beispielsweise, wie Zeugen Jehovas in den USA selbst alte Autobatterien und Autokühler im Tausch für die WTG-Literatur entgegennahmen. Damit wird deutlich, das weite Verelendungsprozesse, als Folge der Weltwirtschaftskrise stattgefunden hatten, die zu solchen Ergebnissen führten.

Auch in der hier besprochenen Broschüre, findet man dafür Belegstellen. Etwa wenn Rutherford ausführt:

„Die Vereinigten Staaten sind das reichste Land unter der Sonne. Der materielle Reichtum dieses Landes übersteigt alle Schätze Salomos, und doch gibt es in diesem Lande Millionen, die bitteren Mangel an Nahrung und Kleidung leiden. Der Landwirt, der mit großen Auslagen und großer Mühe eine Getreideernte erzielt hat, muß damit zu Markte fahren und sie dort unter seinen Gestehungskosten verkaufen. Der arme Arbeiter in der Stadt, der diesen Weizen nötig hat, wird gezwungen, dafür mehr als viermal soviel zu bezahlen, wie der Farmer erhielt. Jemand erntet dabei einen Profit für etwas, woran er nicht gearbeitet hat. Das Gut des Landwirts ist stark hypothekarisch belastet, und dafür muß er hohe Zinsen entrichten. Außerdem muß er seine Steuern bezahlen. Falls er die Zinsen und die Steuern nicht aufbringen kann, verliert er nicht nur die Früchte seiner Arbeit, sondern auch seine Heimstätte. Er leidet sehr unter der drückenden Last und verzweifelt, weil er keinen Ausweg sieht. Er hat mehrere Kinder, die er innig liebt, und ihr Anblick zerreißt ihm das Herz vor Mitleid und Kummer. Er hat für sie keine Zukunftsaussichten. Die Regierung fährt fort, sein hartverdientes Geld zum Bau Kriegsschiffen, Flugzeugen und andern Werkzeugen der Zerstörung zu verschleudern, aber irgendwelche Abhilfe zu schaffen, unterläßt sie.

Der Mann, der in der Fabrik oder in der Werkstatt schwer arbeitet, sucht seinen Lebensunterhalt zu sichern und für eine Zeit, wo er sein Geld noch nötiger haben wird, zu sparen. Er legt seine Ersparnisse in einer Bank an. Die Bank aber wird entweder unrichtig oder verbrecherisch geführt, sie geht bankrott, und seine Ersparnisse gehen in Rauch auf. Dazu kommt noch, daß ihm sein Lohn verkleinert wird, oder gar, daß er ganz entlassen wird, und so sieht er sich schließlich ohne Arbeit und sich und seine Familie mittellos. Schwer lastet die grausame Hand der Bedrückung auf ihm; er fühlt und sieht sie; aber er weiß nicht, wie und woher ihm irgendwelche Erleichterung kommen soll.

Ein Geschäftsmann betreibt seit einiger Zeit einen rechtmäßigen kleinen Handel, wodurch er sich einen ehrlichen Lebensunterhalt verschafft. Eine gigantische Korporation erscheint auf dem Schauplatz, unterbietet den kleinen Geschäftsmann, bis er ruiniert und aus seinem Geschäfte vertrieben ist; hierauf schraubt sie die Preise der Waren, die das Volk nötig hat, wieder hinauf. Das Ende vom Liede ist, daß der kleine Händler aus dem Dasein verschwindet und das Volk leidet. So werden sowohl der Geschäftsmann als auch seine Kunden von der riesigen Macht der Korporationen bedrückt.

In den letzten Jahren ist das Bestreben darauf gerichtet gewesen, den Reichtum und die Macht in den Händen einiger weniger zu vereinigen. Heute kontrollieren etliche wenige, überaus reiche Leute die Finanzmänner des Landes, die Industrie-Konzerne, die Tagespresse, die Nahrungsmittelvorräte, die öffentlichen Beamten, ja, tatsächlich alles, während die Volksmassen unter der Bedrückung leiden und am Rand der Verzweiflung angelangt sind. Eines jeden Hand scheint gegen seinen Mitmenschen zu sein, die Eigenliebe führt das Zepter, und selten wird einer gesehen, der bestrebt ist, seinen Mitgeschöpfen zu helfen.

Solche Rahmenbedingungen, wie von Rutherford auch beschrieben, sind üblicherweise Rahmenbedingungen, die direkt davon Betroffene zu revolutionieren vermögen. „Revolution" ist allerdings nicht gleich „Revolution". Es fragt sich, wohin denn ihr Pendel ausschlägt. Das konnte man in den dreißiger Jahren auch besonders in Deutschland studieren. Die vermeintlich das „Revolutionserbe" gepachtet habenden Kreise, die da in der Sowjetunion ihre „Sonne" zu sehen glaubten, müßten erfahren. Sie bekamen Konkurrenz. Mehr noch, die Konkurrenz wurde immer stärker, und finanziell gehätschelt um ihren Aufstieg zu befördern. So konnte schließlich ein Hitler für sich die Macht usurpieren, und seine Gegner, die vermeintlichen Revolutionäre, fanden sich in den Hitler'schen KZs wieder.

Die Situation in den USA unterschied und unterscheidet sich auch heute noch dadurch, dass dort alles weit mehr sich auf der irrationalen Ebene, der Verklärung irdischer Interessengegensätze in der Form der Religion sich widerspiegelt. Das ist das eigentlich traurige an der Sache, die Verneblung irdischer Interessengegensätze.

Hitler, auch durch Finanzspritzen aus den USA, zeitweiliger Sieger in diesem Ringen, hat wohl einen ebenbürtigen Demagogiekollegen in den USA gehabt, der offenbar, wie man bildlich auch sehen kann, von seiner Demagogie auch persönlich, ganz gut leben konnte!

 

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Rutherford's Freiheit's-Broschüre
(1932)

In der Regel wurden die deutschsprachigen Rutherford-Broschüren der zwanziger und dreißiger Jahre in Magdeburg, respektive auch (oder nur - nach dem Hitlerverbot) in Bern gedruckt. Es ist aber durchaus interessant zu registrieren, dass deutschsprachige Exemplare offenbar auch noch zusätzlich in Brooklyn gedruckt wurden.

Einem solchen Beispiel kann man in der 1932 erschienenen Broschüre "Freiheit" begegnen.

Die Magdeburger Edition enthält folgenden, auch in anderen dort gedruckten Rutherford-Schriften enthaltenen Standardtext:

"Dieses Buch wurde in Amerika geschrieben. Der Verfasser beleuchtet die Verhältnisse in Amerika und Groß-Britannien. Das Buch wurde aus dem Original übersetzt, damit das deutsche Volk auch jene Zustände kennenlerne."

Lässt man sich diesen Reverstext mal ruhig auf "der Zunge zergehen", kommt man nicht umhin das als eine Art indirekter Distanzierung zu bewerten. Nach dem Motto. Was da gesagt wird, treffe "nur" in erster Linie für die USA zu. Das alles hat natürlich einen tieferen Sinn. Redet man heute von den Zeugen Jehovas der dreißiger Jahre in Deutschland, so fällt gleich auf Anhieb das Stichwort "Hitlerverbot". Dies jedoch ist eine verkürzte Wertung. Erwähnen muss man auch, dass schon 1931 in Bayern fast alle Rutherfordschriften, in namentlicher Aufzählung, polizeilich verboten worden waren. Nun ist Bayern zwar nicht das gesamte deutsche Reich, aber doch ein relevanter Teil von ihm. Dieses Verbot schmerzte natürlich. Und wie kaum anders zu erwarten setzte die WTG "Himmel und Hölle" in Bewegung, um seine Aufhebung zu erreichen. Erfolglos übrigens, wie man rückblickend zu konstatieren hat. Für diese Erfolglosigkeit war sicherlich mit verantwortlich, dass schon zwei Jahre später, der braune Spuk die Herrschaft über Gesamt-Deutschland an sich gerissen hatte. Das ist unstrittig.

In den diesbezüglichen Verhandlungen bekam den WTG-Syndikus Dollinger auch knallhart ins Gesicht gesagt: Was ihr macht, das ist kommunistische Propaganda. Ihr appelliert an die "untersten Instinkte" der "unteren Schichten" und das sind wir nicht gewillt hinzunehmen. Deshalb dieser "Denkzettel" via Schrifttumsverbot. In der Konsequenz dessen, ist dann der eingangs zitierte Distanzierungsrevers entstanden.

Ein Beleg ist dafür auch, der Fall der das Gesamtdeutsche Zeugenverbot massiv fördernden Broschüre "Die Krise" aus dem Jahre 1933. Über diesen Vorgang meint die WTG in ihrem 1974er Jahrbuch aussagen zu können:

"In Magdeburg hatten Regierungsorgane das Büro wissen lassen, daß das Bild auf der Titelseite der Broschüre (ein Krieger mit einem bluttriefenden Schwert) anstößig sei, und hatten verlangt, daß es entfernt würde. Bruder Balzereit, der wiederholt seine Kompromißbereitschaft gezeigt hatte, befolgte die Anweisung, die farbigen Umschläge von den Broschüren zu entfernen, sofort."

Man vergleiche dazu auch 19332Krise

Um jetzt wider auf die genannte deutschsprachige USA-Ausgabe der Broschüre "Freiheit" zurückzukommen. In ihr findet man den Distanzierungs-Revers nicht. Statt dessen liest man dort an dieser Stelle die Rutherford belobhudelnden Worte:

"Geehrter Richter Rutherford:

'Ihre Bücher sind unvergleichlich und erstaunlich aufschlussreich. Ehe ich die angeführten Schriftstellen nicht selber nachgeprüft hatte, konnte ich nicht glauben, dass die Bibel eine solch befriedigende Erklärung des göttlichen Vorhabens der Menschheit hier auf Erden Leben, Freiheit und Glück zu schenken, enthält.'"

Teil des Titelbildes (vormaliger Besitzstempel abgedeckt)

Inhaltlich wiederholt sich diese Broschüre. Zum nicht mehr zahlbarem Maße meint Rutherford darin darlegen zu sollen, die Menschhheit hätte nur eine "Hoffnung - Gott". Am Sanktnimmerleinstag: dass allerdings vergass der Rattenfänger Rutherford bewusst mit hinzuzufügen. In der geschichtlichen Wertung ist eigentlich nur interessant, in welchem Umfang und mit welchen Worten er gesellschaftskritische Aspekte beschrieb, die wie vorstehend beschrieben, selbst seinen deutschen Satrapen nicht so recht behagten. So eröffnet schon der erste Aufsatz in dieser Broschüre mit der Überschrift: "Die Zivilisation zum Untergang geweiht". Nachstehend einige charakteristische Auszüge daraus:

"Die Reichsten der Reichen nehmen beständig an Macht zu, während auch dieLeiden der Armen im gleichen Verhältnis anwachsen. Noch nie zuvor in der Menschheitsgeschichte war auf der Welt ein so ungeheurer Reichtum an brauchbaren und nützlichen Dingen vorhanden wie heute. Und noch nie zuvor hat es so große Not und soviel Leiden unter denen gegeben, die nichts weiter wollen, als eine Gelegenheit, sich ihren Lebensunterhalt ehrlich zu verdienen. In Amerika ist fast alles Ackerland hypothekarisch belastet durch Geldleute, die selber nichts erzeugen, und die Lasten der Zinsen und Steuern können kaum noch getragen werden.

Durch die Steuern werden Millionen aus dem Volke herausgewunden, die in fruchtlosen Bemühungen und in der Durchführung unvernünftiger Gesetze verschwendet werden. ...

Einer dieser Herren sagte kürzlich auf einem Weltkongreß: 'Nur Gewalt regiert die Welt! Wenn Sie diese Überzeugung nicht ausrotten, ist die Zivilisation dem Untergang geweiht.'

Die Herrscher fürchten, dass der Bolschewismus oder Kommunismus die Zivilisation vernichten werde. Aber darin irren sie. Die herrschenden Mächte sind zu stark und zu fest verschanzt, um je vom Bolschewismus, dem Kommunismus oder ähnlichem Bewegungen überwältigt zu werden. ...

Der Tag der Rache Gottes ist gekommen. Wir leben jetzt in der Zeit, in der er seinem gerechten Zorn gegen die Mächte der Bosheit Ausdruck verleiht ...

Alle wirklich denkenden Menschen müssen erkennen, dass die gegenwärtigen unglücklichen Verhältnisse nicht mehr lange dauern können. Die Lasten, die dem Menschen jetzt aufgebürdet werden, sind zu groß, als dass sie sie tragen könnten, ohne darunter zusammenzubrechen. ..."

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Der Hölle den Laufpass
(1933)

Im sich gegenseitig die Taschen volllügen, haben es einige Religionsvertreter zu beachtlicher Perfektion gebracht. Im ausstellen ungedeckter Schecks sind sie allesamt "Weltmeister". Wichtig für sie offenbar auch die "Scheckgebühren". Das wirtschaftliche davon Leben können auf Kosten jener, die da ihre Theorien konsumieren.

Die einen meinen, Wiederverkörperung sei möglich. Die Putzfrau von heute ist nur deshalb Putzfrau, weil sie im vorigen Leben als Kaiser von China zu rabiat mit ihren Nebenbuhlern umgegangen sei. Oder wie man in einem Buch liest, indem auch ein Zeuge Jehovas als Autor mit vertreten ist:

"Nachdem ich in meiner vorigen Inkarnation noch nicht 17 jährig 1945 den Heldentod gefunden hatte (schuld daran ein Oberleutnant Kunze, der einen Sturmlauf gegen eine feindliche Stellung befohlen hatte; vielleicht erinnert sich noch jemand daran), inkarnierte ich mich 1949 neu und wurde am 30. Juni in München als ältestes von drei Geschwistern geboren…"

Das sind dann aber doch wohl eher Theorien, die außerhalb des Christentums kursieren. Lange Jahrhunderte kursierte im Christentum als ungedeckter Scheck, die Theorie einer gar schrecklichen Feuerhölle. Einfältige gibt es immer wieder, die sich durch solche Angsttheorien ins Boxhorn jagen lassen. Dann trat eines Tages der Bibelforschergründer Russell auf den Plan, und richtete seinen "Wasserstrahl" auf jene Feuerhölle.

Unerhört, vor allem geschäftsschädigend, fanden die Scheckverkäufer, die davon leben. Das verziehen sie ihm nie, bis heute nicht. Nur, man muss wohl weiter fragen. Und wie hielt es denn Russell ansonsten noch? Bot er überhaupt keinen ungedeckten Scheck zum Kauf an? Mag der ungedeckte Scheck der Feuerhöllen-Gläubigen in roter Farbe hergestellt sein, so der des Russell und Nachfolger in "grüner" Farbe. Das ist wohl der einzigste Unterschied. Ungedeckt sind beide Schecks. Ob man die Menschen mit einer Feuerhöllenlehre oder Harmagedonängsten ins Boxhorn zu jagen sucht, ist wirklich kein qualitativer Unterschied.

Wie hielt es nun Rutherford's Nachfolger Rutherford damit? Der gab ja einigen Russellehren den Laufpass. Was er nicht ummodelte, mussten dann dessen Nachfolger noch tun. Heute würde wohl ein Russell in einer Zeugen Jehovas Gemeinde eher das Schicksal ereilen als vermeintlicher Sektierer, gegenüber der "gegenwärtigen Wahrheit" der WTG bewertet zu werden, und schlimmstenfalls der Ausschluß ereilen. Knallhart schrieb denn auch "Erwachet!" im Jahre 1951 schon:“Wer aber verbreitet (heute) die Lehren Pastor Russells? Gewiss nicht Jehovas Zeugen! Sie können nicht beschuldigt werden, sie folgen ihm nach, denn sie führen ihn weder als Autorität an, noch veröffentlichen oder verbreiten sie seine Schriften." (Erwachet!" 22. 7. 1951)

Immerhin ist wohl die Ablehnung der Feuerhöllenlehre mit eine der wenigen Lehren, die Rutherford nicht ummodelte. In ihren Grundzügen hat sie sich bis heute bei den Zeugen Jehovas erhalten. Als einzige Akzentuierung kann man bei Rutherford erkennen (aber das ist auch bei anderen Beispielen so), dass er sie als bewusste Abgrenzungswaffe einsetzte. Nach dem Motto: Kauf keine roten ungedeckten Schecks. Kauft nur grüne ungedeckte Schecks!

Ein Beispiel dafür begegnete man auch in der 1933 erschienenen Rutherford-Broschüre "Jenseits". Aus ihr nachstehend mal ein paar Auszüge:

Männer die sich als Lehrer der Bibel ausgeben und sich Geistliche nennen, lehren die Menschen, dass die Hölle ein feurig heißer Ort sei, wo das Feuer niemals erlösche, dass Gott einen solchen Ort vorgesehen habe, um die Bösen dort ewig zu quälen, und dass der Teufel der oberste Heizer sei. Diese Lehre hat viele aufrichtige Menschen gegen Gott gekehrt und sie veranlaßt, ihm zu fluchen. Wenn diese Lehre wahr wäre, dann wäre Gott der ärgste Feind, den es überhaupt geben könnte und kein rechtschaffener Mensch sollte ihm dienen.

Ein Beispiel dafür finden wir in Mark. 9: 47, 48: 'Und wenn dein Auge dich ärgert, so wirf es weg. Es ist dir besser, einäugig in das Reich Gottes einzugehen, als mit zwei Augen in die Hölle des Feuers geworfen zu werden, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt.'

Niemand wird so töricht sein zu behaupten, dass ein Mensch dadurch Zutritt zum Himmel erlangen könne, dass er sein Auge ausreißt. Es ist daher sofort erkenntlich, dass die Worte, die Jesus in diesem Text anwendet, sinnbildlich sind.

Die Grundlage für die falsche Behauptung von der ewigen Qual ist Satans Lüge über die 'angeborene Unsterblichkeit der Seelen'.

Kein intelligenter Geistlicher glaubt heute aufrichtig an die Lehre von der ewigen Qual, obwohl die Geistlichen es waren, die diese falsche Lehre in die Herzen der Menschen eingeprägt haben und doch tun sie nichts, diese Lehre wegzuschaffen ...

Zweifellos sind Millionen Menschen zu dem Glauben verleitet worden (und sie haben es geglaubt), dass ihre lieben Toten im Fegefeuer sind, dass sie bei Bewusstsein sind und dort bleiben, und dass ihnen durch die Gebete von Menschen auf Erden geholfen werden kann. Indem sie dies glaubten, haben sie den Geistlichen Geld gegeben, damit diese für die Toten Gebete sagen möchten, in der Hoffnung, dass dies etwas nützen möchte. Wenn diese Fegefeuerlehre falsch ist, bedeutet es, dass Millionen unrechterweise veranlaßt wurden, ihr schwer verdientes Geld preiszugeben unter der Vorstellung, dass ihr Opfer ihren Toten nützen würde. Hierin ist den Lebenden ein Unrecht geschehen. Wenn die Lehre falsch ist, so ist es ein noch weit größeres Unrecht damit geschehen, dass Jehovas Gott dargestellt wurde, als hätte er diesen Ort, Fegefeuer genannt, vorgesehen.

Dieses Gleichnis (reicher Mann, armer Lazarus; Luk. 16: 19-31) ist daher eine prophetische Äußerung Jesu, dass der Tag nicht fern sei, wo der reiche Mann, nämlich die israelitische Nation, die Gunst Gottes verlieren würde und die armen heidnischen Nationen diese Gunst empfangen sollten.

Andere Schriftstellen zeigen, dass Gottes Gunst wieder zu Israel zurückkehren wird, und dass die Gehorsamen in Israel wiederhergestellt werden sollen. Die festgesetzte Zeit ist jetzt gekommen, wo alle Menschen, Israeliten wie auch Heiden, eine Gelegenheit haben sollen, die Wahrheit kennenzulernen.

Freude der Ungläubigen

Pech, Schwefel und Kolophonium

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"Zuflucht zum Königreich"
(1933)

"Zuflucht zum Königreich". So lautet der Titel einer jener vielen Broschüren, die Rutherford auch im Jahre 1933 veröffentlichen ließ. Im Impressum wird zwar auch das Magdeburger WTG-Büro als Kontaktadresse mit genannt; indes gedruckt wurde diese (deutschsprachige) Broschüre direkt in den USA. Schon seit Anfang 1933 überstürzten sich die Ereignisse in Deutschland für die WTG. Mit Ausnahme von Preußen, hatten bereits etliche deutsche Bundesländer Verbotsverfügungen herausgebracht, unter anderem auch das für die Bibelforscher wichtige Sachsen. Selbst das Magdeburger Büro wurde schon im April 33 zeitweilig geschlossen; wobei es der WTG dann allerdings nochmals gelang, eine Galgenfrist zu erstreiten. In dieser Konstellation ist es durchaus schon verständlich, dass der Druck dieser Broschüre nicht mehr in Deutschland erfolgte.

Inhaltlich ist es bemerkenswert, dass in ihr einige der bis dato aufgelaufenen Opposition gegen die WTG, beim Namen genannt wurde. Bezeichnenderweise wird der diesbezüglich auch relevante Fall Deutschland, darin mit keiner Silbe erwähnt. Auch ein Indiz für den nachweisbaren Kompromisskurs der WTG in jenem Jahre. Ganz offensichtlich glaubte man, noch etwas "retten zu können" und wollte sich diese Chance nicht durch scharfe Worte selbst verbauen. War man sich doch dessen bewusst, dass die Vorgängerbroschüre "Die Krise", bereits scharfe Reaktionen auf nazistischer Seite, aber auch andernorts, wie in Polen, heraufbeschworen hatte..

Nachstehend einige Auszüge aus dieser Broschüre:

Einleitend rühmt man sich, dass diese Ausführungen bereits über ein Netz von 230 Radiostationen in den USA, Frankreich und Holland gehalten worden sei. Zugleich sieht sich Rutherford genötigt, auf diesbezügliche Opposition zu sprechen zu kommen. Er glaubt zwar, dies noch von der "überlegenen Warte" aus tun zu können. Indes es ist offensichtlich, dass dies ihn sehr wohl "wurmt". Etwa wenn er äußert:

In Kanada, das einen Bestandteil der "Christenheit" bildet, haben Männer in hohen amtlichen Stellungen das Volk jenes Landes daran gehindert, Gottes Botschaft im Rundfunk zu hören. … Ich werde den Führer jener Kommission nicht durch Nennung seines Namens auszeichnen. Er hat mich nicht beleidigt und kann mich nicht beleidigen, weil die Botschaft, die ich überbringe, nicht meine Botschaft ist. Er kämpft gegen Gott.

Nachdem Rutherford seine Verkündigung dergestalt metaphysisch überhöht hat, sattelt er noch eins drauf:

Jehova Gott ist durch jenen in Kanada wohnenden überheblichen Zensor herausgefordert und sein Wort und sein Name sind geschmäht worden. Jehova Gott wird jenem gesetzlosen Menschen und seinen bösen Komplizen und Ratgebern gerechte Vergeltung erstatten. Er gibt zu, daß die Geistlichen seine Berater sind … Das Geschick, das solche Menschen erwartet, hat Jehova Gott angekündigt, und ich werde sogleich Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken.

Und dann lässt Rutherford seinen sadistischen Intentionen freien Lauf:

Jene Kriege des Altertums sind … in der Bibel als bloße Beispiele für das aufgezeichnet worden, was über die Nationen der "Christenheit" kommen soll … Die große Schlacht des Tages Gottes, des Allmächtigen, wird im Vergleich mit andern Schlachten alle andern Kriege als Kinderspiel erscheinen lassen … daß Harmagedon der größte Krieg und das furchtbarste Blutbad sein wird, das der Mensch je gekannt hat.

Trotz seiner starken Worte, sieht sich Rutherford immer wieder genötigt, auf das ihn bedrückende Kardinalproblem zurückzukommen. Die Opposition gegen seine Verkündigung. Etwa wenn er klagt:

Nicht nur Kanada sucht zu verhindern, daß das Volk die Wahrheit über Gottes Königreich höre, sondern auch die zwei großen, dem Großgeschäft in Amerika gehörenden und von ihm betriebenen Radiokorporationen tun alles was sie können, zu verhüten, daß das Volk die Botschaft des Königreiches vernehme.

Triumphierend mein Rutherford weiter:

aber es gelingt ihnen nicht. Selbst wenn jede Rundfunkstation auf der Erde es ablehnte, die Königreichsbotschaft auszusenden, würde Gott sie dennoch zu den Menschen, die sie hören wollen, gelangen lassen. Sprechmaschinen werden jetzt hergestellt und in Amerika und andern Ländern weit verbreitet, wodurch den Menschen die Botschaft in lautverstärkter Form gegeben wird. Der Vortrag, den ich jetzt halte, wird auf elektrischem Wege auf eine Schallplatte übertragen, und so wird es den Völkern in der ganzen Christenheit ermöglicht, die Botschaft zu hören. Überdies wird diese Rede in gedruckter Form veröffentlicht und in Millionen Exemplaren verbreitet werden.

Und damit seine andächtige Zuhörerschaft weiterhin entsprechend motiviert sei, lässt er denn noch verlauten:

Das Zeugnis ist bereits in jeder Nation der "Christenheit" gegeben, und zu diesem Zwecke befinden sich jetzt über 140 Millionen die Botschaft enthaltende Bücher in den Händen der Menschen; das alles ist inmitten großer Anfeindung geschehen.

Das Stichwort Anfeindungen aufnehmend, liefert Rutherford selbst noch ein weiteres Beispiel, wenn er äußert:

Daß die Verkündiger des "Heiligen Jahres" Feinde Gottes und seines Königreiches sind, beweisen ihre Taten. Als kürzlich Jehovas Zeugen die Königreichsbotschaft in gedruckter Form nach Italien brachten, da taten der Pontifex und seine politischen Verbündeten der Verteilung dieser Botschaft Einhalt und beschlagnahmten und vernichteten die betreffenden Broschüren. England und Kanada haben verhindert, daß die Botschaft vom Königreiche Gottes durch den Rundfunk ausgesandt werde. In den Vereinigten Staaten haben die Geistlichkeit und ihre Bundesgenossen die sogenannten "hohen Herren", Befehl gegeben, daß die Botschaft vom Königreiche hierzulande von gewissen Radiostationen nicht ausgesandt werde und haben auf diese Weise auch die Aussendung der heutigen Botschaft gehindert.

Rutherford nannte es bereits, ein weiteres Stichwort: "Heiliges Jahr". Dafür hatte der römische Papst in der Tat das Jahr 1933 proklamiert. Was können solche Proklamationen bewirken? In der Regel nicht sonderlich viel. Sie sind eher als eine Art "Symbol" als eine Art "Demonstration" zu verstehen. Auch den Zeugen Jehovas ist solche Symbolik nicht fremd. Ihre New Yorker Kongresse von 1953 und 1957 (im Buch von Cole "verewigt") sind auch Ausdruck solcher Symbolik. Es wäre weltfremd anzunehmen, dass die katholische Kirche prinzipiell auf analoges "verzichten" würde. Wie man weiß tut sie das auch nicht.

Einen "heiligen Rock" beliebte sie zu Trier wallfahren zu laßen, Lourdes in Frankreich über das Emile Zola mal einen lesenswerten Roman schrieb sind auch Ausdruck solcher Symbolik. Und eben auch besagtes "Heilige Jahr 1933". Hätte der Papst im voraus gewußt, was sich auf der politischen Bühne des Jahres 1933 alles noch so abspielte; er wäre mutmaßlich etwas zurückhaltender diesbezüglich gewesen. Aber nun war es erst mal proklamiert und das "Prinzip Hoffnung" mit ihm eng verquickt.

Man kann es Rutherford durchaus konzedieren, dass er nicht gerade ein "Fan" jener Proklamation war. Wenn er sie also kritisierte, ist das durchaus legitim. Aber, und jetzt kommt das berühmte Aber, er ging in seiner diesbezüglichen Kritik zu weit. So äußerte er z. B. zum "Heiligen Jahr"

Die Einsetzung und Ausrufung eines "Heiligen Jahres" zur Herbeiführung von Frieden und Wohlfahrt ist eine vermessene Sünde vor Gott, dem Allmächtigen ist eine vermessene Sünde vor Gott, dem Allmächtigen - keinem Menschen und keiner Gruppe von Menschen ist die Leitung der Angelegenheiten Gottes so restlos übertragen worden, daß sie ermächtigt wären "Zeiten und Gesetz zu ändern", wie in Daniel 7:25 erklärt wird.

Und jetzt kommt der Kardinalsatz:

Friede und Wohlfahrt können in der gegenwärtigen ungerechten Welt nicht erwartet werden; denn Jehova hat beschlossen, daß sie zerstört werden soll.

Als Russell seine Bibelforscher gründete, da war eines seiner "Markenzeichen", dass er z. B. die konventionelle Höllen und auch Seelenlehre ablehnte. Beide genannten Elemente erwiesen sich und erweisen sich noch heute als existentiell in dem Sinne, das mit diesen Elementen der Charakter zur Jenseitsreligion festgeschrieben wird. Mag in dieser Welt noch so vieles aus dem Ruder laufen, im Jenseits erfolgt der entsprechende Ausgleich.

In einem quälend langen, keineswegs als "beendet" zu betrachtenden Prozess, haben sich nicht unwesentliche Teile des Christentums außerhalb der Zeugen Jehovas, allmählich von dieser Art "Philosophie" entfernt. Sie sind nolens, volens einzuräumen bereit, dass der Christ nicht nur eine Verantwortung für das Jenseits, sondern eben auch für die Gegenwart, für das hier und heute hat.

Demgegenüber stellt Rutherford die "glasharte" Alternative: Nur Orientierung auf das "Jenseits" (in der Zeugen Jehovas-Terminologie, die Zeit "nach Harmagedon"). Natürlich werden die Vokabeln vom "Jenseits" seitens der Zeugen Jehovas nicht verwandt. In der Sache läuft ihre "Philosophie" auf genau dass hinaus: Zerstörung dieser Welt. Hoffnung das dies zugleich den "positiven Urknall" bewirke.

Ein Karl Marx hätte mit seiner Religionsthese, von der Religion als dem Opium des Volkes, am Beispiel der Zeugen Jehovas, seine "hellste Freude" über dieses plastische Veranschaulichungsbeispiel!

)

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Die "unterdrückte Wahrheit"
(1934)

Den Kampf ums Radio hatte die WTG bekanntlich verloren. Schleichend verloren. Die Opposition, namentlich der katholischen Kirche in den USA, machte sich stark, um Rutherford endgültig aus dem Radio zu vertreiben. Ihr war letztendlich der Sieg beschert. Die WTG war über diese Entwicklung derart frustriert, dass sie sogar ihren eigenen Sender WBBR schließlich "freiwillig" aufgab. Bis es soweit war, gab es einige Zwischenetappen. Verzicht war für die WTG keineswegs eingeplant. Ganz im Gegenteil. Man setzte "Himmel und Hölle" in Bewegung, um die Komunikationsbasis Verkündigung über das Radio, zu behalten bzw., sofern "möglich" gar auszubauen.

Böse Zungen sind geneigt einen Vergleich auf die Gegenwart zu übertragen. Auch heute (noch) setzt die WTG hochdotierte Rechtsanwälte ein und sogar Theologieprofessoren aus "Babylon der Grossen", ebenfalls wohl kaum zum "Nulltarif", um ihre vermeintlichen "Rechte" in Sachen "Körperschaft des öffentlichen Rechtes" durchzusetzen. Wird am Ende (ein Jahrzehnt währt der Streit ja schon) ein ähnliches Ergebnis stehen wie in Sachen Radio?

Ende 1934 veröffentlichte die WTG (in Englisch) eine Broschüre mit dem Titel:

"Die Wahrheit. Wird sie unterdrückt oder wird der Kongress die Rechte der Menschen schützen?" Sie war einzig und allein dem Radiostreit in den USA gewidmet. Wegen ihrer spezifischen USA-Bezogenheit wurde sie wohl nicht in weitere Sprachen übersetzt.

Wir der Titel schon verdeutlicht, versuchte die WTG durch Petitionen an das USA-Parlament (Kongress) ihre vermeintlichen Rechte durchzusetzen (auch darin läßt der Körperschaftsstreit grüßen).

Schon einleitend erfolgt die Aufforderung: "Lies sorgfältig dieses kleine Buch, und dann schreibe deinem Kongressabgeordneten, was du von ihm erwartest, um deine Interessen zu wahren."

Man scheut nicht, handfeste Drohungen auszusprechen. Unter der Überschrift "Warnung" wird namentlich die katholische Kirche attackiert:

"Jehovas Zeugen, bei einem Kongress in Atlanta, Georgia, versammelt, erklären als Zeugnis für den Namen Jehovas und für Sein Königreich und zur Hilfe für alle Menschen, die Gerechtigkeit lieben, hier und jetzt öffentlich:...

DASS etwa im dritten Jahrhundert eine religiöse Organisation unter dem Namen und Titel der römisch-katholischen Hierarchie das Hauptwerkzeug Satans auf Erden in dem Bemühen wurde, die Menschen davon abzuhalten die Wahrheit über Gottes Königreich kennenzulernen; dass von jener Zeit an bis jetzt besagte religiöse Organisation das Hauptwerkzeug gewesen ist und noch ist, das Satan benutzt, um die Menschen zu täuschen und in Unwissenheit über Gottes gnädige Vorkehrungen zu ihrem Segen zu halten; DASS besagte römisch-katholische Hierarchie versucht hat, alle Nationen der „Christenheit" unter ihre Kontrolle zu bringen, und dass sie nun einen raffinierten und trügerischen Feldzug unternimmt, um die völlige Kontrolle über die Regierung der Vereinigten Staaten zu erlangen. ... dies tut, während sie unter Namen wie Faschisten und Nazis agiert, indem sie in den Vereinigten Staaten umstürzlerische Propaganda verbreitet, die vom Sitz dieser fremden Macht in der Vatikanstadt in der Nähe von Rom angezettelt wird. Dies alles widerspricht den grundlegenden Prinzipien der Vereinigten Staaten und ist gegen das Gesetz Gottes "

Wie es in den Wald reinschallt, so ruft das Echo zurück, kann man dazu nur sagen. Wundert man sich wirklich, angesichts solcher Töne, wenn die katholische Kirche zurückschlug?

Rutherford's Katzenjammer kommt in der Klage zum Ausdruck:

"Die genannte Petition, die dem Kongress Anfang des Jahres übergeben wurde, erhebt die Beschuldigung, dass die National Broadcasting Corporation, die Columbia Broadcasting Corporation und die römisch-katholische Hierarchie und andere unrechterweise durch Drohungen, Zwang und anderen ungehörigen Einfluss viele Stationen daran gehindert haben, bestimmte Programme auszusenden. Damit haben sie die Stationen ihrer rechtmäßigen Einkünfte und Millionen von Bürgern des Vorrechts beraubt, zu hören, was sie hören wollen. Die dargebotenen Beweise, die diese Beschuldigungen untermauern, zeigen nicht nur, dass die besagten beiden großen Rundfunkkettengesellschaften sich weigern, ihre Einrichtungen zu vermieten und von Jehovas Zeugen benutzen zu lassen, sondern dass sie versuchen, andere Radiostationen, die ihnen nicht gehören, daran zu hindern, solche Programme zu akzeptieren und zu senden. Die Beweise zeigen auch, dass die römischkatholische Hierarchie während des vergangenen Jahres einen Feldzug durchgeführt hat, um durch Zwang und Boykottdrohungen Jehovas Zeugen daran zu hindern, Radiostationen zur Sendung zu benutzen. Sie hat auch versucht, viele Radiostationen dazu zu bringen, sich zu weigern, Programme zu senden, die ihnen auf gesetzmäßige Weise angeboten wurden. Vertreter der römisch-katholischen Hierarchie erhoben bei Zeugenaussagen vor dem Kongresskomitee die Anschuldigung, die erwähnte Petition sei durch Betrug zustande gekommen."

In der gleichen Broschüre druckt die WTG auch eine ihrer Eingaben in Sachen Radio ab;

" [Information der VOLKSKANZEL-VEREINIGUNG]

AN DIE EHRENWERTE FEDERAL COMMUNICATIONS COMMISSION

Abteilung Rundfunk ...

Das Radio ist keine Erfindung von Menschen. Es ist Gottes Schöpfung, die Er in diesen letzten Tagen zur Aufklärung der Menschen wirken lässt. Der richtige Gebrauch des Radios wäre es, Jehova Gott, den allmächtigen Schöpfer, zu ehren. Der allmächtige Gott wäre zwar tatsächlich in der Lage, den Gebrauch des Radios ausschließlich auf Seinen Dienst zu beschränken, aber es gefällt Ihm, Menschen zu erlauben, zu dieser Zeit in seinem Gebrauch ihren freien Willen auszuüben und damit Menschen eine Gelegenheit zu geben, Seinen Namen zu ehren oder zu entehren....

Geschaffen und gebildet für den Zweck, die Menschen über die lebenswichtigen Wahrheiten, die in Gottes Wort, die Bibel genannt, enthalten sind, zu informieren, hat die VOLKSKANZELVEREINIGUNG im Jahre 1923 in New York eine unter der Bezeichnung WBBR bekannte Rundfunkstation erbaut und seit dem 24. Februar 1924 diese Rundfunkstation zum Nutzen der Menschen betrieben, insbesondere in Angelegenheiten, die das Wort Gottes betreffen. Zum Wohle und zur Freude der Menschen sendet sie auch Programme mit Nachrichten aus der Welt, mit klassischer und halbklassischer Musik (Chor-, Orchester- und Orgelmusik), mit Hörspielen und Ansprachen zu Gesundheit, Haushalt und bäuerlichen Themen aus...

Aufgrund der unrechten Praktiken bei der Verwendung von Rundfunkstationen, und wegen der unrechten Methoden, die benutzt werden, um die Leute daran zu hindern, die Botschaft der Wahrheit über das Radio zu hören, wurde eine Petition in Umlauf gebracht und von annähernd zweieinhalb Millionen Bürgern der Vereinigten Staaten unterschrieben. Sie wurde dem 37. Kongress überreicht. In Übereinstimmung mit Satans Methode der Falschdarstellung wurde die Feststellung getroffen und von gewissen religiösen Zeitungen weit und breit veröffentlicht, die Namen der Unterzeichner der Petition seien durch Betrug und Falschdarstellung erlangt worden. Ich brandmarke diese Feststellung hier als vorsätzliche und infame Lüge, die aus dem Grund veröffentlicht wurde, die Kommission und den Kongress voreingenommen zu machen ...

Um der öffentliche Nachfrage zu entsprechen und diese wichtige Information zu den Menschen zu bringen, waren Jehovas Zeugen in dem oben erwähnten Jahr gezwungen, eine private Senderkette aufzubauen.

Das Senden in dieser privat errichteten Kette wurde unter Mitarbeit der Firma Bell Telephone zustande gebracht. Diese private Vorkehrung hat für Jehovas Zeugen zu unvernünftig hohen Ausgaben geführt. Diese exorbitanten Kosten und Ausgaben waren sie während der letzten sieben Jahre zu tragen gezwungen, und dazu kommt noch, dass sie unnötig und ungerechterweise von vielen der höchst attraktivsten Radiokanäle und -stationen in Amerika ausgeschlossen waren.

Während der letzten sieben Jahre mussten Jehovas Zeugen für private Kettensendungen von nur

128 Programmstunden über $ 600.000 aufwenden. Wären dieselben Programme über die gesamten Einrichtungen der National Broadcasting Company oder des Columbia Broadcasting System zu dem höchsten kommerziellen Preis gesendet worden, hätten die Kosten für Jehovas Zeugen weniger als $ 200.000 betragen....

Der Widerstand gegen Jehovas Zeugen von seiten der National Broadcasting Company und des Columbia Broadcasting System hörte nicht da auf, wo sie nur die Nutzung ihrer Sendeanlagen ablehnten; sie sind weiter gegangen und haben versucht, Radiostationen in Privatbesitz daran zu hindern, Programme von Jehovas Zeugen anzunehmen und auszusenden.

Die genannten Rundfunkgesellschaften streiten ab, sich bei Radiostationen in Privatbesitz einzumischen und sie daran zu hindern, Kettenprogramme der Zeugen Jehovas zu senden."

Noch viele Worte der Entrüstung seitens der Zeugen Jehovas folgten. Sie änderten indes nichts an der Sachlage, dass die WTG diesen Streit verloren hat.

Der verlorene Kampf

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Rutherford's "Oberherrschaft"
(1934

Ein Schreckensszenario zeichnet auch die 1934 erschienene Rutherford-Broschüre "Oberherrschaft" auf. Über 200 Millionen Exemplare - so rühmt sich Rutherford - seien bis zu diesem Zeitpunkt bereits von seinen Schriften verbreitet worden. Setzt man demgegenüber die maximale Verkündigerzahl von 115.240, Ende 1942, also beim Ende der Rutherford-Ära in Vergleich, so ist wohl ein nicht unerheblicher Teil dieser 200 Millionen, dem Bereich "Schwund" zuzuordnen. Ab - in den Müll!

Über die zeitgenössische USA meint Rutherford kommentieren zu können:

"Seine Naturschätze machen Amerika zur reichsten Nation der Erde, und doch leiden nun mindestens zehn Millionen seiner Bürger unter Arbeitslosigkeit, Not und Verwirrung, wobei die regierenden Mächte fortfahren, den Massen des Volkes schwere Bürden aufzuerlegen. Oft wird von denkenden Leuten daher die Frage aufgeworfen: kann die amerikanische Regierung bestehen bleiben? Die Antwort lautet: Nein, sie wird im Gegenteil bald nicht mehr sein."

Dieses vermeintliche "bald" quantifizierte er dann in seinen letzten Lebensjahren noch dahingehend, mit dem Heiraten bis "nach Harmagedon" zu warten, da es sich ja nur um einige "wenige Jahre" noch handeln könne. Indes die Wirklichkeit stimmte mit Rutherford's Endzeit-Wunschdenken in keiner Weise überein.

Mehr in die Details übergehend, äußert er dann noch in dieser Broschüre:

"Die Handelsriesen und Berufspolitiker arbeiten bei der Beherrschung des Volkes Hand in Hand, und die religiösen Führer stehen ihnen in jeder Weise bei; alle diese drei Gruppen verunehren den Namen Jehovas.

Durch geschickte Finanzoperationen mit dem Vermögen der Nation hat das Großgeschäft sozusagen allen Grundbesitz in seine Hände gebracht. Was dem gewöhnlichen Volke noch verblieb, entschwindet ihm unter den Händen infolge seiner Unfähigkeit, übertriebene Steuern und hohe Zinsen zu zahlen.

Die Bankgesellschaften, Eisenbahnen und andere Verkehrsmittel, das Telephon und der Telegraph, die Bergwerke, Fabriken und großen industriellen Unternehmungen sind alle im Besitz oder in der Gewalt des Großgeschäftes. Der Kraftrust macht sich die Naturkräfte der Erde zunutze und zwingt die Massen, übermäßige Preise für den Gebrauch des Lichtes und der Kraft zu zahlen.

Heer, Flotte und Kriegsausrüstung hält man nicht zu dem Zwecke, einen Feind von außen zurückzudrängen, sondern um selbstische kommerzielle Interessen zu schützen. Das Großgeschäft bedient sich zur Förderung seiner Sache der gewiegtesten Rechtsgelehrten des Landes und beeinflußt in ungeziemender Weise die Gerichte. Dieselbe eigennützige Macht ist im Besitz und in der Gewalt der Zeitungen, Zeitschriften und anderer Mittel, die dazu dienen, für sich selbst Proganda zu machen, die Menschen zu täuschen und unter ihre Botmäßigkeit zu bringen."

Etwas in die Geschichte zurückgehend, äussert Rutherford dann:

"Das Großgeschäft hat in Amerika wahrhafte Männlichkeit unterdrückt. Im Jahre 1917 stieß es das amerikanische Volk in den Weltkrieg und ließ durch seine Propagandablätter und seine Geistlichen das Schlagwort ausgeben: 'Der Krieg wird die Welt für die Demokratie reif machen.' Ein jeder weiß heute, dass dieses Schlagwort falsch war, und dass die Demokratie von der Erde verschwunden ist. Millionen junger Leute zogen in den Krieg und mehr den 100.000 schlafen heute in Frankreichs Erde. Mächtige Scharen ihrer Kameraden kehrten körperlich gebrochen, mittellos heim."

Wieder zur Gegenwart übergehend geht es weiter mit der Gesellschaftskritik:

"Obwohl die amerikanische Regierung in den vergangenen Jahren Millionen von Dollar ausgab, um dem Volke fremder Nationen zu helfen, wird doch für ihre heute notleidenden Bürger wenig getan."

Was soll eigentlich diese Gesellschaftskritik? Will Rutherford damit etwas erreichen? Der Pferdefuß indes, wie bei den Zeugen Jehovas üblich, seit ihren ersten Tagen, kommt alsbald. Kritik als "Folie" um sich als vermeintliche "Alternative" darzustellen. "Alternative"? Doch wohl eher nur ein Paralysieren. Der Kern aller Rutherford-Aussagen erschöpft sich in dem zusammenfassenden Satz: "Hoffe und Harre", der allerdings noch mit einem Zusatz, berechtigterweise ergänzt werden müsste: Bis zum Sanktnimmerleinstag!

Rutherford's Politik des paralysierens kommt auch in dieser Broschüre zum Ausdruck. Etwa wenn er äußert:

"Wird die Regierung durch eine Revolution ihrer Bürger hinweggerafft werden? Nein. Es gibt keinen Mann, der eine Revolution erfolgreich durchzuführen vermag, und da das Großgeschäft Amerika beherrscht, Heer und Flotte inbegriffen, ist eine Revolution von vornherein, ehe sie überhaupt beginnt, zum Scheitern verurteilt."

Weiter Rutherford:

"Die Menschen befürworten allerlei verschiedene Projekte zur Abhilfe, zum Beispiel den Kommunismus, die Revolution oder andere Gewaltakte. Gott wendet sich durch seinen Propheten an sie und gebietet ihnen, aufzumerken und zuzusehen, was er tun wird."

"Gott"? Nochmals gefragt "Gott?" Doch wohl nur der selbstfabrizierte "Gott" namens Rutherford!

Weiter Rutherford: "Er sagt auch in Zephanja 3.8: 'Darum harret auf mich, spricht Jehova, auf den Tag, da ich mich aufmache zur Beute! ... Jetzt noch einem andern Weg, der aus diesem Dilemma hinausführt, zu suchen, ist nutzlos, weil es keinen anderen gibt."

Und damit hatte Rutherford dann in der Tat sein eigentliches "Evangelium" verkündet. Das verabreichen einer überdimensionierten Portion religiösen Opiums!

Ergänzend sei noch hinzugefügt, und das ist zeitgenössisch sehr wohl bedeutsam, dass sich in dieser Broschüre auch eine Argumentationslinie in Sachen Wehrdienstverweigerung vorfindet. Auch hierbei sind die Details interessant. Basierend auf seine gewagten Obrigkeitslehrverdrehung von 1929. Mit erwähnend. In den USA jener Jahre, könne man als Wehrdienstverweigerer noch halbwegs über die Runden kommen. Offenbar aber nicht in einigen anderen Staaten, auf die das auch schematisch übertragen wurde!

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Rutherfords "Begünstigtes Volk"
(1934)

"Böse Zungen" drängt sich zu diesem Titelbild einer 1934 erschienenen Rutherford-Broschüre nur ein Kommentar auf: Religiöser Kitsch.

Da sieht man also in "strahlende Gesichter" jener, die da Rutherfords Schriften anpreisen. Von dem tatsächlichen Alltag, der mühseligen Klinkenputzertätigkeit um selbige los zu werden, keine Spur. Dies wäre mehr das formale. Wichtiger dürfte schon sein, was da inhaltlich offeriert wurde. Es war ein Sammelsurium von sieben Themen. Keines sonderlich herausragend. Im allgemeinen wäre es doch wohl eher angezeigt, das ganze in Zeitschriftenartikel zu "verkaufen". Von einer Broschüre erwartet man doch eher, dass sie nur mehr oder weniger ein Thema behandelt. Fehlanzeige.

Dennoch ist diese Broschüre durchaus in der Form "beachtlich", was sie m einleitenden Beitrag zum Thema Juden verkündet. Es lag noch gar nicht so lange zurück, dass hatte auch jener Rutherford die Juden einst hochgelobt, als Gottes "Begünstigtes Volk". Das war nun inzwischen Schnee von gestern geworden. "Böse Zungen" sagen auch dazu als Kommentar. Auch eine "Morgengabe" an die antisemitischen Nazis! Und So findet man in jener 1934 erschienenen Broschüre im Anhang, wo die einzelnen WTG-Länderbüros aufgelistet sind, immer noch mit die Angabe:

"Deutschland, Fuchsberg 4/5, Magdeburg". Als wenn es eben in jenem Deutschland nicht eine auch für die Zeugen Jehovas bedrückende Entwicklung gegeben hätte. Aber offensichtlich ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Rutherford-Schrift, immer noch das "Prinzip Hoffnung" aktuell gewesen!

Jene, man kann es schon so sagen, antisemitischen Ausfälle in dieser Rutherford-Broschüre, wurden nicht ohne Grund noch mit sechs weiteren Themen die keinesfalls im direkten Zusammenhang zum ersten Thema standen, "ergänzt". Der "Zeugen Jehovas"-Leser, der den neuen antisemitischen Kurs von Rutherford erst mal verdauen musste, sollte nicht zu tief ins "Grübeln" hineingeraten. Folgerichtig wurde, nachdem er die erste "Kröte" geschluckt hatte, sein Sinn auf andere unverfänglichere Dinge umgelenkt. Nachstehend einige Auszüge aus genannter Schrift:

Nicht jeder, der vorgibt Jude zu sein und der hebräisch spricht, ist nach der Schrift ein Jude. Ein Mensch mag von Abraham abstammen, ja vom Stamme Jude selbst, und dabei doch kein wahrer Jude sein. Bevor jemand im biblischen Sinne ein Jude ist, muß er den Glauben Abrahams bekunden, Jehova preisen und seinen Dienste ergeben sein.

Es ist oft gesagt worden, daß alle, die die Segnungen des Königreiches unter Christus erhalten möchten, Juden werden müssen. Die Schrift unterstützt diese Schlußfolgerung nicht, sondern zeigt im Gegenteil, daß der Maßstab ein durchaus anderer sein wird. Durch die verkehrte Anwendung der Schrift ist man zu falschen Schlüssen gekommen. (S. 4)

Die heute als "jüdisch" bezeichnete Nation der Erde ist ein Handelsvolk. In ihr finden sich einige der reichsten, habsüchtigsten Leute, die die Welt je gesehen hat. Gewisse Leiter des Großgeschäfts werden Juden genannt. Viele davon sind eingebildet, hochmütig und äußerst selbstsüchtig. Sie haben wenig oder gar keinen Glauben an Gottes Wort und glauben überhaupt nicht, daß Jesus Christus der Herr und Erlöser der Menschheit ist. Es liegt kein Grund vor, und ist auch nicht schriftgemäß, anzunehmen, daß der Herr dieses Volk besonders auszeichnet, indem er ihm die ersten Segnungen seines Königreiches zuteil werden läßt. Im Gegenteil, die Schrift zeigt, daß das heute als Juden bekannte Volk mehr Mühe haben wird, sich der Herrschaft Christi anzupassen, als andere Völker. (S. 5)

Weil man den Menschen gesagt hat, daß sie, um Leben zu erlangen, Juden werden müssen, haben sich viele geweigert, auf die Wahrheiten der Schrift zu hören. Sie haben den selbstsüchtigen Geschäftssinn der sogenannten "Juden" erkannt und wünschen keineswegs zu dieser Klasse zu gehören. (S. 6)

Wenn wir aber verstehen, daß der Name "Jude" oder "Judäer" Lobpreis und Dienst für Gott bedingt, so erscheint die Sache ganz anders.

Dadurch daß die jüdische Nation ihren Bund mit Gott verwarf und Christus Jesus kreuzigte, hatte sie ihren Untergang verdient. (Hervorhebung von mir. M. G.) (S. 7)

Dies war als das "neue Licht", dass die WTG auch im Jahre 1934 verkünden ließ, wo besagte Juden bereits in Hitlerdeutschland massiv entrechtet wurden!

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Zynischer - geht es nicht mehr!
(1934)

Rutherford war zwar ein Vielschreiber, ein "Qualitäts"schreiber indes war er nicht. Das offenbart sich dann auch an solchen seiner Schriften, wie beispielsweise seine 1934 erschienene Broschüre "Jenseits des Grabes". Wild zusammengewürfelt darin die Themen die abgehandelt, und von denen einige "fast" soweit vom Broschürentitel entfernt sind "wie die Erde vom Mond".

So liest man darin beispielsweise folgende "Erkenntnis":

"Oft wird behauptet, Elektrizität sei eine moderne Erfindung, und einer gewissen Person komme ein besonderes Verdienst für diese Erfindung zu, und deshalb müßte sie als ein 'großer Mensch' betrachtet werden, als eine Persönlichkeit, deren Name und Ruhm unsterblich seien. Auf diese Weise verherrlichen die Menschen die Namen der sogenannten 'großen' Männer und preisen und ehren sie. … Statt eine moderne Erfindung, ist die Elektrizität eines der Mittel, die Jehova Gott schuf und das er dazu verwendete, die Wolkensäule zu erhellen, die vor den Israeliten herzog, um sie in der Nacht zu leiten, und er bediente sich derselben Kraft zur Beleuchtung des Allerheiligsten in der Stiftshütte, die er für die Juden in der Wüste hatte erbauen lassen. Satan aber wünscht das Volk zum Glauben zu verleiten, der Mensch habe die Elektrizität erfunden."

Zwei Fliegen mit einer Klappe glaubte Rutherford offenbar damit geschlagen zu haben. Einmal will er ein vorwissenschaftliches Weltbild als äußerst "modern" verkaufen und wer die geringsten Zweifel daran hege, wird prompt als von "Satan" verführt dargestellt. Ob indes die Nachfolger Rutherford's in Sachen Elektrizität heutzutage es noch wagen würden, die gleichen Naivthesen zu formulieren, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ein antisemitischer Bibelforschergegner aus den zwanziger Jahren, der unter mehreren Pseudonymen schrieb, wie zum Beispiel "Jens Jürgens", "Hermann Wieland" und "Hans Lienhardt". Der aber in Natura Karl Weinländer hieß und sich zeitgenössisch als einer der wüstesten Bibelforscher-Hetzer erwies; das dieser Weinländer alias "Jens Jürgens" usw. auch eine Hetzschrift fabrizierte, auch mit gezielter Spitze gegen die Bibelforscher, in der er analog wie Rutherford den missglückten Versuch unternahm zu "beweisen, dass der "biblische Moses - ein ägyptischer Bergwerksdirektor" und angeblich nach dem "Zeugnis der Bibel auch noch ein Pulver- und Dynamitfabrikant" gewesen sei.

Wer dieses Pamphlet des "Jens Jürgens" mal gelesen und auch Rutherford's Elektrizitätsthesen kennt, der stellt bemerkenswerte Übereinstimmungen, der ansonsten weit voneinander entfernten "Brüder" fest. Näheres dazu in der "Geschichte der ZJ" S. 131f.

Rutherford verfolgte mit seiner Elektrizitätsthese nicht nur einen missglückten Versuch der Technikerklärung, ihm ging es um noch etwas ganz anderes. Das kommt auch in seiner Äußerung zum Ausdruck:

"Gott schaut mit Mißfallen auf Menschenverehrung, weil Satan diese dazu benutzt, irdische Geschöpfe zu erheben und die menschliche Familie … von Gott abtrünnig zu machen."

Das war schon immer das "Geschäft" der Religionsfunktionäre. Ihre dummen Schafe in den Staub zu drücken, auf das sie sich umso widerstandsloser nach allen Regeln der Kunst scheren und ausnehmen lassen mögen. Auch Rutherford unterbricht diese Kontinuitätslinie nicht.

Wie schon gesagt, wird in der genannten Broschüre ein thematisch ungeordnetes Sammelsurium abgehandelt. Ein weiterer Aspekt der da hervorsticht ist die Drohung von Rutherford:

"Möchten alle, die Jehovas Zeugen unter dem Vorwand verfolgen, sie betrieben einen Hausierhandel, ohne von der Polizei eine Bewilligung eingeholt zu haben, den Warnruf vernehmen: Wie Gott es zum voraus anzeigt, wird er ihre Handlungen nicht unberücksichtigt lassen."

In den heutigen liberalen Gesellschaften westlichen Zuschnitts, ist es ja wahrlich nichts ungewöhnliches mehr, mit ungebetener Werbung unterschiedlichster Coleur förmlich zugeschüttet zu werden. Es gibt auch Zeitgenossen, denen das schon so "auf den Keks" geht, dass sie gar an ihren Briefkästen oder ähnlich Mitteilungen hinterlassen, von der Werbebelästigung verschont zu bleiben. Vielfach aber nur mit geringem Erfolg.

Solch belästigendes Ausmaß gab es nicht schon immer. Aber gerade in Zeiten, wo das noch nicht so war, waren es eben besonders die Zeugen Jehovas, die da als lästige Ideologieverkäufer in Erscheinung getreten sind. Vielfach buchstäblich als Verkäufer der WTG-Literatur. Dagegen gab es immer schon Widerstand. Mal mehr, mal weniger. Und diesen droht hier nun Rutherford unverhohlen. Und zu seiner besonderen Geschäftsstrategie gehört dann auch, sein materielles Geschäft als "Gottesdienst" verkaufen zu wollen.

Wahrlich - zynischer geht es kaum mehr!

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Rutherford's Rache
(1934)

Rache. Eine Vokabel. Was drückt sie nicht alles aus? Wut, Enttäuschung, den Wunsch zur Vergeltung usw. Rache ist nichts anderes als gewöhnlicher Krieg, wie ihn weltliche Staatsführungen auch gelegentlich zu inszenieren pflegen. Verbindet man mit dem Christentum auch die Vokabeln Rache und Krieg? Reduziert man das Christentum auf die Bergpredigt, fällt ein solches Votum sehr schwer. Bezieht man das sogenannte Alte Testament der Bibel mit in den Gesichtskreis ein, sieht das ganze schon anders aus. Nun redet Rutherford von "Seiner Rache" davon, dass er seine Zeugen das lediglich verkündigen lässt; selbige aber nicht die Hand dazu anlegen würden. Es ist ein schmaler Grat, der da beschritten wird. Ein Pfad, bei dem man den Eindruck hat, es gibt sehr leicht Abstürze vom "rechten Weg". Wer mit Vokabeln wie Rache hausieren geht, der muss es sich gefallen lassen, dass solche kritischen Rückfragen gestellt werden.

Apropos Kritische Rückfragen. Gerade ihnen gegenüber zeigt es sich, inwieweit die Racheprediger ihre Emotionen unter Kontrolle haben oder nicht. Eine Analyse der Geschichte der Zeugen Jehovas ergibt, dass sie dabei keineswegs als "strahlender Siegesmann" im Sinne der Bergpredigt erscheinen.

Rache. Diese Emotion ist selbstredend nicht "bloß" auf Zeugen Jehovas beschränkt. Auch andere Bevölkerungsschichten, die mit ihnen durchaus nichts am Hut haben, sind von ihr durchtränkt. Beispielsweise die Kommunisten oder ihre geschichtlichen Gegner in Deutschland, die Nationalsozialisten. Bleiben wir einen Moment bei den Kommunisten, so wird man sagen können, dass sie im besonderem vom Gedanken der Rache durchdrungen sind. Sie, die sich als Enterbte fühlen, wollten, solange sie die Macht noch nicht in den Händen hatten, tatsächliche Rache ausüben. Und ihre Gegner wollten sich wiederum dafür an ihnen rächen. Es ist ein bitterer Kreislauf, der sich da offenbarte und letztendlich in Gulags, Konzentrationslager und im Zweiten Weltkrieg sein bitteres Fanal fand.

Der Gedanke der Rache ist daher einer, der durchaus "mit spitzen Fingern" angefasst werden sollte. Nun gehört a u c h Rutherford zu den Rachepredigern. Sein besonderes Racheobjekt waren die Konkurrenzreligionen, die nicht so lehrten, wie er es wollte. Rechenschaft darüber, ob seine Lehre überhaupt akzeptabel ist, gab er sich nicht.

Sein Heimatland, die USA, kennzeichneten sich auch dadurch, dass in ihr, Kommunisten, etwa nach deutschem oder sowjetischem Vorbild zu keinem Zeitpunkt eine nennenswerte Rolle spielten. Bedeutet dies nun das die USA wirklich die "Insel der Seligen" sind, in der es keine gibt, die sich als enterbt bewerteten? Schwerlich wird man dies so sagen können. Als faktischer Nutznießer aus dem Ersten Weltkrieg hervorgegangen; andere zerfleischten sich und die USA machten ihre Geschäfte. Aufgrund des damit verbundenen höheren Gesamtvolkseinkommens der USA, haben dortige soziale Verwerfungen sich nicht so formieren können, wie dies in Deutschland beispielsweise in der kommunistischen Bewegung der Fall war. Gleichwohl gab und gibt es auch in den USA soziale Verwerfungen. Der entscheidende Punkt aber ist offenbar der, dass dieses Potential von Bewegungen wie den Rutherford'schen Zeugen Jehovas aufgenommen und neutralisiert wurde und wird.

Ein Beispiel dafür ist auch die Rutherford-Broschüre "Seine Rache", in der er auch gegen die "oberen Zehntausend" in den USA in zahnloser Weise polemisiert. Etwa, wenn er dort (S. 22) schreibt:

"Hier ein Beispiel: In der großen Hauptstadt Amerikas wurde kürzlich ein sogenanntes 'Kirchen'-Gebäude errichtet. Multimillionäre kamen für seine Baukosten auf. Als Präsident dieser 'Kirche' amtet ein Modernist, der eher alles andere als biblische Lehren predigt, der die Inspiration der Schrift leugnet und auch nicht daran glaubt … Dies ist ein treffendes Beispiel für fast sämtliche 'Kirchen'-Organisationen des Landes, deren Führer sich vor dem Volke brüsten, als ob sie im Namen Gottes des Herrn Werk hinausführten, während sie in Tat und Wahrheit Täter der Gesetzlosigkeit sind. Die Hauptpersonen sind die 'oberen Zehntausend', die die Völker der Erde beherrschen."

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Völkerbundhetze

Ein Beispiel geschichtlicher Art der Hetze seitens der Bibelforscher/Zeugen Jehovas stellt auch die Rutherford-Broschüre aus dem Jahre 1934 "Der gerechte Herrscher" dar

Schon als einleitende Präambel, sozusagen als Grundsatzthese, liest man darin:

"Der Mensch hat sich seit vielen Jahrhunderten bemüht, eine ideale Regierung zu schaffen. Das Ergebnis aber ist Mißerfolg."

Und weiter:

"Diese Wahrheiten werden Ihnen über alle Zweifel hinaus beweisen, daß jetzt ein großer Wechsel in den Angelegenheiten der Welt vor sich geht; daß in kurzer Zeit die Angelegenheiten der Menschen auf der Erde in strikter Gerechtigkeit geregelt werden sollen"

Leider, oder doch nicht verwunderlicherweise, hat der Scharlatan Rutherford es auch an dieser Stelle verabsäumt konkret zu definieren, was er denn so unter "kurzer Zeit" verstehen will. Meint er damit jene "kurze Zeit", die schon sein Amtsvorgänger bemühte? Meint er damit jene "kurze Zeit", die bis zum aushauchen seines irdischen Lebensodems noch bestehen würde? Meint er mit "kurzer Zeit" vielleicht die Jahrzehnte von damals gerechnet, bis zur Jahrhundertwende?

Oder ist für ihn eine "kurze Zeit" die Jesuanische Aussage, dass Jesu Jünger mit dem aufsuchen der Häuser Israels nicht fertig werden würden, weil vorher schon das Ende eintreten werde. Es fragt sich wirklich, wer der größere Scharlatan ist. Der geschichtliche, oder der neuzeitliche Plagiator namens Rutherford?

Sicherlich ist Rutherford dahingehend zuzustimmen, dass mit der "idealen Regierung" hat bisher nicht so geklappt. Es wird voraussichtlich auch weiterhin nicht so recht klappen; da die Menschheit nur das Schicksal erleidet, dass sie sich selbst bereitet. Und es wird auch aus dem Grunde nicht klappen, weil Destrukteure wie Rutherford und Nachfolger, eventuell positive Ansätze noch zusätzlich madig machen. Gerade Rutherford's Hetze gegen den Völkerbund ist auch ein Beleg dafür.

So liest man in genannter Broschüre beispielsweise:

"Angesichts der drohenden Gefahr eines Weltzusammenbruches haben die Machthaber der Erde den Völkerbund als Ersatz für Gottes Königreich organisiert, und der religiöse Bestandteil der Welt preist die Liga der Nationen als den 'politischen Ausdruck des Königreiches Gottes auf Erden an' ... Damit wird die Meinung ausgedrückt, der Völkerbund sei die einzige Hoffnung der Welt. Ich warne aber das Volk davor, weil der Völkerbund das Machwerk Satans ist und errichtet wurde, um die Menschen gegen die Wahrheit vom Königreiche Gottes zu verblenden." (S. 15)

Wie üblich wird das ganze dann bei Rutherford mit Pseudo-biblischen Aussagen drapiert. So etwa wenn er meint:

"Es ist durchaus gewiß, daß der Völkerbund zusammen mit den anderen Bestandteilen der Satansorganisation untergehen wird. Gott hat diesen Bund der Nationen vorausgewußt und auch vorausgesagt. Durch seinen Propheten hat er gesagt: 'Verbündet euch, ihr Völker und werdet zerschmettert! ... Verbindet euch, und werdet zerschmettert! Beratschlagt zusammen, und es soll zunichte werden'. Jesaja 8: 9,10; lt. engl. Übersetzung ...

Ein jeder, der bei der Liga der Nationen Zuflucht sucht, wird Unheil über sich bringen. Gottes Königreich unter der Herrschaft Christi ist die einzige Hoffnung des Menschengeschlechtes, und Zuflucht kann nur in Gottes Organisation gefunden werden." (S. 16)

Rutherford erdreistet sich dann, seine Verkündigung mit den zehn Plagen über die Ägypter, laut Bibelbericht, zu vergleichen. Vielleicht hat er ungewollt damit sogar recht. Diese Art destruktiver Verkündigung ist in der Tat eine Plage.

Rutherford gibt vor, in weltpolitischen Dimensionen zu denken. In Wahrheit denkt er und seine Nachplapper-Papageien, bestenfalls auf Hinterhof"niveau". Ein Beispiel in dieser Broschüre auch die Andeutung, dass sich da in den USA zunehmend Kräfte "stark gemacht" hätten, mit der Zielstellung Rutherford aus dem Radio "herauszubefördern". Sein "Jehova" habe aber in "weiser Voraussicht" schon eine Lösung dafür. Das liest sich dann so:

"Widersacher der Wahrheit Gottes mögen es Ihnen bald auch in Amerika unmöglich machen, die Botschaft vom Königreiche Gottes durch das Radio zu hören; doch hat Jehova bereits ein anderes Mittel gegeben: Diese Rede und andere, Gottes Botschaft enthaltende Vorträge, sind elektrisch auf Schallplatten übertragen worden und werden so in allen Gegenden des Landes für das Volk wiedergegeben." (S. 26)

Wen erreichte denn Rutherford mit dieser Verkündigung? Die Saturierten, die Wohlhabenden? Die doch wohl nicht. Erreicht hat er in der ersten Generation die, denen es schon so nicht gut ging, die nach jeden Strohhalm griffen. Das bedauerliche daran ist nur. Rutherford's Sendungsbewusstsein trug mit zur Zementierung der Zustände bei. Man gebe dem Armen einen illusionären Köder und alles bleibt so wie es ist. Das ist in der Tat, die Substanz der Zeugen Jehovas-Religion. Auch im Falle Rutherford vielfach belegbar.

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Ganz auf der Linie der Völkerbundhetze liegt auch die 1933 erschienene Rutherford-Broschüre "Ursache des Todes". Formal zwar ein Sammelsurium von Themen abhandelnd; faktisch aber durch ihre Völkerbundhetze herausragend.

Etwa wenn darin behauptet wird:

"Um ein besseres Verständnis dafür zu erhalten, was eine Sünde der Anmaßung ist, seien hier einige Beispiele angeführt."

Und dann geht's bei Rutherford weiter:

"Am Ende des Weltkrieges wurde von den politischen Führern der Völkerbund aufgerichtet. Sein angekündigter Zweck war und ist, den Krieg als ungesetzlich zu erklären und unter den Völkern bleibenden Frieden zu erhalten, und ferner die Erde zu einer angenehmen Wohnstätte zu gestalten. Unmittelbar danach gab der nationale Kirchenbund in Amerika, der vorgibt, Gott zu dienen und für ihn und seinen Christus reden zu dürfen, eine kühne und anmaßende Erklärung ab, nämlich, dass der Völkerbund der politische Ausdruck des Reiches Gottes auf Erden sei, oder anders gesagt, dass die in einem Bunde zusammengebrachten Nationen der Erde es übernommen hätten, im Namen Gottes und Christi auf Erden Frieden einzuführen." (S. 20)

Dagegen polemisiert Rutherford mit den Worten:

"Jene Erklärung ist und war eine ungeheure Sünde der Anmaßung. Es ist eine Übertretung des ausdrücklichen Gesetzes Gottes, sich in unberechtigterweise die Autorität zu nehmen, um das auszuführen, was Gott allein tun kann und wird."

Damit wird deutlich, worum es Rutherford geht. Um die Festnagelung der Religionsformen auf den puren Opiumcharakter. Sein vermeintlicher Joker Gott, soll alles richten. 2000 Jahre lang hat er es zwar nicht getan; aber Rutherford wähnt, jetzt, zu seinen Lebenzeiten, wäre es soweit.

Die Destruktivität seiner Gedankengänge kommt auch in seiner Aussage zum Ausdruck:

"Durch den Völkerbund kann niemals dauernder Friede gebracht werden, weil der Herr in Jesaja, im 8. Kapitel, spricht: 'Beschließet einen Ratschlag … und es soll nicht zustande kommen.' Und wiederum sagt der Herr in 1. Thessalonicher 5: 'Wenn sie sagen: Friede und Sicherheit! Dann kommt ein plötzliches Verderben über sie.' Gerade zur Zeit, wenn diese Nationen sich zusammenschließen, schamlos vorgeben, Gott zu vertreten und in spöttischer Weise behaupten, sein Königreich aufzurichten, haben die Worte des Propheten Gottes in Daniel 2:44 Anwendung, wo es heißt: 'Und in den Tagen dieser Könige wird der Gott des Himmels ein Königreich aufrichten, welches ewiglich nicht zerstört, und dessen Herrschaft keinem andern Volke überlassen werden wird; es wird alle jene Königreiche zermalmen und vernichten, selbst aber ewiglich bestehen.'" (S. 25)

Dies interpretiert Rutherford dann mit den Worten:

'Hier haben wir die positive Erklärung, dass weder der Völkerbund noch irgendein Zusammenschluß von Menschen etwas mit Gottes Königreich unter Christi Herrschaft zu tun haben wird."

Auch für Rutherford's Weltbild gilt das zusammenfassende Urteil:

Die Philosophen (und Religionen) haben die Welt nur (oftmals nutzlos) verschieden interpretiert. Worauf es ankäme wäre jedoch, sie zu verändern.

Das genau dieses im konstruktiven Sinne (außerhalb des Technikbereiches) nicht geschieht, dazu trägt maßgeblich auch die Rutherfod-Religion, nebst Nachfolger bei.

Albert Schweitzer (Theologe)

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Rutherford's "Seine Werke"
(1934)

An abenteuerlichen Thesen hat es in der Geschichte der Bibelforscher/Zeugen Jehovas wahrlich nicht gefehlt. Man muss dabei nicht unbedingt auf ihre Endzeitthesen hinweisen. Gleichwohl sind sie der Kern, um dem sich etliches anderes rankt. Einige dieser Ranken sind zwar zwischenzeitlich auch schon verdorrt. Dennoch auch sie hatten einmal ihre Glanzzeit für das gläubig-staunende Publikum. Beispielsweise die gläubige Gewissheit, mit der man Endzeitdaten auch glaubte in den Maßen der ägyptischen Pyramiden wahrzunehmen. Oder wie man die Erfindung des Radios metaphysisch verklärte; gleichfalls die modernen Fortbewegungsmittel und anderes mehr.

Im Weltbild der Bibelforscher war alles "ganz einfach". Es gab eigentlich nur zwei Pole. Der gute Gott und der böse Satan. Böse Zungen sind gar geneigt zu sagen, gäbe es den Satan nicht bereits in der Bibelforschertheologie. Er hätte eigens noch erfunden werden müssen.

Eines von vielen Beispielen auch die Rutherford-Broschüre "Seine Werke" aus dem Jahre 1934. Schon das Umschlagbild symbolisiert diese Sachlage. Vorne der gestreichelte Löwe als Symbol des guten Gottes und auf der Rückseite ein schauriges Vernichtungszenario als Ausdruck der Herrschaft Satans.

Zitat aus dieser Broschüre (S. 7):

Die mancherlei Plagen, die dem Landbebauer die Arbeit erschweren, die wilden Tiere, die seine Ernten zerstören, die Krankheiten, denen die Menschen ausgesetzt sind und die ihnen Leid und Tod bringen, alles ist Satan und seinem in Bosheit mit ihm Verbündeten zuzuschreiben.

Im zarten Kindesalter pflegen Eltern vielfach ihren lieben Kleinen das Staunen auch mit dem erzählen von Märchen beizubringen. Hier haben wir im Namen der Religion eine modifizierte Märchentante in Aktion, deren Klientel offenbar aus jenen besteht, die nie richtig erwachsen geworden sind und immer noch der Märchen als "seelischer Stütze" bedürfen.

Könnte man das vielleicht noch hinnehmen. So wird es doch aber bedenklich, wenn diese Märchentante sich erdreistet andere Märchentanten als "Gefängniswärter" abzuqualifizieren. So auch bildmäßig in dieser Broschüre. Sollen die Märchen der Bibelforscher wirklich einer Erlösung aus einem Gefängnis gleichkommen. Dies glauben zu wollen, kommt einem noch größeren Märchen gleich.

Inhaltlich "glänzt" diese Broschüre besonders dadurch, dass sie den Versuch unternimmt zu "erklären"; weshalb es beispielsweise Raubtiere im buchstäblichen Sinne gäbe. Gemäß Bibelforschertheologie würden die allesamt mal zu Grasfressern werden. Das wäre in der Tat eine Revolution, die dem Harmoniebedürfniss von Märchengläubigen sehr entgegenkommen würde. Und wenn sie nicht gestorben sind, so glauben sie ihr Märchen noch heute, mag man dazu nur noch als Kommentar sagen.

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15. Oktober 1932

Besonders in adventistischen Kreisen, wo dem Jahre 1844 der gleiche Stellenwert beigemessen wird, als einem „Grunddatum", wie bei den Zeugen Jehovas dem Jahre 1914; wird sehr viel wert gelegt auf Berechnungen, die auf den in Daniel Kap 8:14 erwähnten 2300 Tagen basieren.

So schreibt etwa der adventistische Autor E. Rühling in seinem Buch „Am Scheideweg":

„Bis zweitausenddreihundert Abende und Morgen um sind; dann wird das Heiligtum wieder geweiht werden", lautete die göttliche Antwort an Daniel."

Und weiter derselbe Autor:

„Wenn wir von der großen Zeitweissagung der 2300 Jahre die für die Juden vorgesehenen 490 Jahre abrechnen, bleiben noch 1810 Jahre übrig. Rechnen wir diese vom Jahre 34 n. Chr. weiter, so kommen wir in das Jahr 1844. Oder zählen wir die 2300 Jahre als Ganzes vom Jahre 457 v. Chr. an, so enden wir ebenfalls im Jahre 1844. Zu dieser Zeit, so lautete die Weissagung, sollte die Weihe oder Rechtfertigung des himmlischen Heiligtums beginnen."

Charles T. Russell nahm nun in seinen „Schriftstudien" Band 3 eine Änderung dergestalt vor, dass er die 2300 Tage nicht mehr genau 1844 enden lassen wollte. Ansonsten aber war seine Rechnung ähnlich, wenn er schrieb:

„Wohlan denn, in Anerkenntnis, daß die symbolischen siebzig Wochen oder 490 Tage als in Jahren erfüllt ein Siegel der 2300 Tage sein sollten, fangen wir da zu messen an, um zu sehen, wo der ganze Abschnitt erfüllt sein wird. Von den 2300 die 490 am ersten Advent erfüllten abziehend, erhalten wir als Rest 1810. So müssen also 1810 Jahre (prophetische, symbolische Tage) das Maß vom Ende der siebzig Wochen bis zu der Zeit sein, da die Heiligtum-Klasse von den verschiedenen Verunreinigungen des Papsttums -- des verwüstenden Greuels, der so lange Jahrhunderte den Tempel Gottes verunstaltet hatte -- gereinigt sein werde.

Der Tod des Messias fand, wie gezeigt, im Frühjahr des Jahres 33 statt, und dies war die Mitte oder inmitten der letzten siebzig Wochen. Das volle Ende derselben war daher eine halbe Woche oder 3 ½ Jahre später -- im Herbst des Jahres 36. So markiert also der Herbst des Jahres 1846 (1810 Jahre seit dem Herbst 36) das Ende des Gesichts von den 2300 Tagen und das Datum, da das Heiligtum gereinigt werden sollte.

Dies sind sicherlich nicht die einzigsten Auslegungen, die man jener ominösen Zahl zukommen ließ oder zukommen lassen könnte.

So berichtet Herr Hans-Hermann Dirksen in seinem die Zeugen Jehovas in der DDR bezüglichen Buch darüber (S. 30):

„In der Zeit von 1950 bis 1966 wurden ca. 2300 Zeugen Jehovas (in der DDR) zu Zuchthausstrafen verurteilt."

Diese Angabe von Dirksen hat allerdings nie den Rang einer offiziellen WTG-Bibelauslegung erreicht. Es wäre wohl auch etwas abenteuerlich, wollte man jene 2300 auch in der Bibel vorher gesagt wissen. Indes was die Abenteuerlichkeit betrifft, so hat die WTG wohl noch nie besondere Skrupel gehabt. Man sehe sich doch mal ihre derzeit noch gültige Auslegung zu diesen „2300 Tagen" etwas näher. Einen diesbezüglichen Überblick kann man auch ihrem 1975er Jahrbuch entnehmen.

Genanntes Jahrbuch schreibt:

„Zu Beginn der vorhergesagten 2 300 Tage erschien der zweiteilige Artikel „Organisation" im Wachtturm (engl. Ausgabe vom 1. Juni und 15. Juni 1938). Im ersten Teil hieß es: „Jehovas Organisation ist in keiner Weise demokratisch. Jehova ist der Höchste, und seine Herrschaft oder Organisation ist streng theokratisch." Teil 2 enthielt eine Resolution, die von den Versammlungen der Zeugen Jehovas angenommen wurde und in der darum gebeten wurde, daß in sämtlichen Versammlungen alle amtierenden Diener theokratisch (von oben nach unten) ernannt würden.

Wenn man vom 1. Juni 1938 an zählt, endeten die 2 300 Tage am 8. Oktober 1944. Rechnet man sie vom 15. Juni 1938 an, so endeten sie am 22. Oktober 1944. Am Ende dieser Zeit wurde wieder Nachdruck auf die theokratische Organisation gelegt, indem auf dem Kongreß und der Jahresversammlung, die nacheinander vom 30. September bis zum 2. Oktober 1944 in Pittsburgh (Pennsylvanien) stattfanden, Vorträge über die Organisation und die Änderungen gehalten wurden und indem im englischen Wachtturm vom 15. Oktober („Zum Schlußwerk organisiert") und vom 1. November 1944 („Theokratische Organisation in Tätigkeit" und „Heutiges Anpassen an theokratische Richtlinien") Artikel über die theokratische Organisation veröffentlicht wurden. … siehe Wachtturm vom 15. März 1972, Seite 167—184)."

Raymond Franz konnte es sich daher nicht verkneifen, in seinem Buch „Der Gewissenskonflikt" (S. 90) dazu zu kommentieren:

„Und dennoch wurde die Annahme dieser Satzungsänderung zum Stimmrecht in

Wachtturm -Artikeln der Ausgabe vom 15. März 1972 (Verfasser: Fred Franz) als so

bedeutend dargestellt, daß sie den Schlüssel zur Deutung der Prophezeiung aus

Daniel 8:14 bildete, wo von 2300 Tagen die Rede ist, in denen ,die heilige Stätte in

ihren rechten Zustand gebracht werden' solle. Unter tausend Zeugen Jehovas, denen

man diesen Bibelvers heute vorlegt, wird wohl kaum ein einziger die Stelle mit dem

Jahr 1944 und der damaligen Satzungsänderung in Verbindung bringen. Dabei ist das

die bis heute - gültige offizielle Auslegung dieser Prophezeiung. Auch das war ein

Beispiel dafür, wie man ein unbedeutendes Ereignis hernehmen und mit großer

symbolischer Bedeutung befrachten kann."

Indes sind das nicht die einzigsten WTG-Auslegungen zu diesem Thema.

In ihrem 1958 erschienenen Buch „Dein Wille geschehe" kann man weiteres dazu lesen.

Zu dieser Zeit interpretierte man das wie folgt:

„Wenn wir nun vom 25. Mai 1926, dem Beginn der internationalen Hauptversammlung in London, 2.300 Tage von Abenden und Morgen vorwärtszählen, kommen wir zum 15. Oktober 1932. … Dort erscheint der Beschluß, den die Gruppe der Zeugen Jehovas in New York am 5. Oktober 1932 faßte. Darin wurde eine Säuberung der Versammlungsorganisation, eine Wiederherstellung derselben zu dem rechtmäßigen Stand der Heiligtumsklasse Jehovas, verlangt. Auf welche Weise? Durch die Entfernung der „Wahlältesten" oder Ältesten aus der Organisation, die von den Gliedern der Versammlung durch Handerheben gewählt und in ihr Amt eingesetzt wurden, wie dies bei einer demokratischen oder Volkswahl geschieht …

Zu Gottes bestimmter Zeit erschien nun der Artikel, betitelt ,,Jehovas Organisation", im Wachtturm, und zwar der 1. Teil in der Ausgabe vom 15. September 1932 und der 2. Teil in der Ausgabe vom 1. Oktober. In diesem Artikel wurde gezeigt, daß das ,,Wahlältesten" - System eine Anpassung an die demokratische Handlungsweise dieser Welt darstellt und somit eine unreine, nichttheokratische Einrichtung ist, da man sich dadurch dem großen Theokraten, der sein Heiligtum von oben nach unten regiert, nicht unterordnete. Durch dieses demokratische Vorgehen bei der Wahl von Ältesten wurden manche Männer zu diesem Amte gewählt, die in Wirklichkeit nicht reif oder geistig nicht erwachsen waren."

Genau dieses Datum, 15. 10. 1932, nennt Rutherford auch in seiner 1934 erschienenen Broschüre „Welt-Wiederaufbau" S. 55f. als „Erfüllungsdatum" Großmäulig rühmt er sich jenen Vortrag „Welt-Wiederaufbau" am 12. Nov. 1933 über eine Reihe von Radiosendern habe halten zu können; und wer denn nicht zu jenen Zuhörern gehörte, der hätte ja auch zu den Lesern seiner 205 Millionen Exemplare umfassenden Bücher und Broschüren bis zu diesem Zeitpunkt, gehören können.

Ein Mann, der seine Verkündigung in diesem Umfang verbreiten kann, der will beachtet sein. Und so mag es denn angebracht sein, neben vorgenannten Rechenkünststückchen, sich diese Broschüre mal etwas näher anzusehen.

Schon einleitend weiß Rutherford eine Erfolgsmeldung zu verkünden. Die Prohibition in den USA ist gekippt. Sicherlich hatte auch er seinen Anteil daran, denn massiv genug gegen diesen kirchlichen Weltverbesserungsversuch, hatte auch er Stellung bezogen. Aber auch das sagt er; deshalb nun in Euphorie zu verfallen, erachte er als unangebracht. Das liest sich dann so:

„In Amerika wurde das Alkoholverbot der Staatsverfassung einverleibt, und manche guten Leute glaubten, die Verbrechen würden nun abnehmen. Jedoch nach einem zehnjährigen Experiment war das Gegenteil feststellbar. Nun ist die Prohibition durch Abstimmung des Volkes wiederum aufgehoben, und so hoffen jetzt viele, dass die Verhältnisse sich bessern und es weniger Verbrechen geben werde. Aber ihre Hoffnungen werden sich nicht verwirklichen."

Und als Erklärung dazu meint Rutherford interpretieren zu können:

„Der Teufel veranlasste die Alkoholgesetzgebung in seinem Bemühungen, die Menschen von dem wahren Gott und seinem Königreich abzuwenden und sie in seine selbstsüchtigen weltlichen Systeme hineinzubringen. Die gleiche Macht bewirkte die Aufhebung des Prohibitionsgesetzes und zwar für denselben Zweck. Drangsal und Verbrechen werden zunehmen, bis der große Höhepunkt in der Schlacht von Harmagedon erreicht sein wird."

Selbstverständlich ist es für Rutherford ausgemachte Sache, dass niemand anders (außer er selbst) ein „Heilsrezept" habe. Und so spart er denn nicht mit weiterer Kritik in alle Richtungen. Unter anderem weiß er zu belehren:

„Männer, die von hohen Idealen beseelt und mit den gegenwärtigen Verhältnissen unzufrieden waren, haben verschiedene Heilspläne vorgeschlagen. Bis zur gegenwärtigen Stunde haben aber diese weltlichen Mittel keine Rettung gebracht; keines davon wird überhaupt je erfolgreich sein."

Und weiter ins Detail gehend:

„Russland zum Beispiel, das lange unter ´Bedrückung zu leiden hatte, zerbrach das alte Joch, errichtete die Sowjetregierung und hat gehofft, durch diese Regierungsmethode der Welt zum Segen sein zu können. Sein Regierungsplan ist jedoch nicht erfolgreich und wird es nicht sein.

Dann kam Italien mit seinem tatkräftigen, politischen Führer, der eine Regierungsform bildete in der Hoffnung, die Welt zu verbessern.

In Deutschland erdenkt Hitler einen Plan und bringt ihn zum Ausdruck mit dem selbstbezeugten Vorhaben, dadurch die Welt zu beherrschen und zu erneuern. Außerhalb Deutschlands glauben nur wenige an ihn. Auch sein Plan wird niemals zustande kommen, wie gut auch immer seine Absichten sein mögen."

Nochmals zur Erinnerung. Dieser Radiovortrag datierte vom November 1933. Da dürfte es doch wohl schon in aller Welt deutlich geworden sein; wohin „der Hase läuft" bezüglich Deutschland.. Da noch von „guten Absichten" des Hitler zu reden… Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Das aber nur am Rande.

Von Verfolgung der Zeugen Jehovas ist in dieser Broschüre auch die Rede. Aber getreu dem Motto das Rutherford das Hemd näher ist als die Hose, erwähnt er Hitlerdeutschland zu diesem Zeitpunkt nicht. Er weiß nur von Verfolgung, direkt in den USA zu berichten.

Zitat:

„Der Teufel und seine irdischen Vertreter bekämpfen natürlich Jehovas Zeugen bei diesem Zeugniswerk …Das ist der Grund, weshalb die katholische Hierarchie, die Hauptvertreterin des Teufels auf Erden, unentwegt Jehovas Zeugen verleumdet, sie verfolgt und auf Grund falscher Anklagen ihre Verhaftung und Einkerkerung veranlasst. Ein auffallendes Beispiel dieser Verfolgung der Zeugen Jehovas durch Satans Vertreter finden wir heute in gewissen Teilen des Staates New Yersey."

Rutherford beschränkt sich nicht, nur nach außen den erhobenen Zeigefinger zu präsentieren. Nein, auch nach innen. Etwa wenn er verkündet:

„Während der Elia-Zeit, (womit die Russell-Epoche gemeint ist) stellten sich diejenigen, die bei Hauptversammlungen zusammengekommen waren, gewöhnlich die Frage: ‚Wie lange wird es wohl noch dauern, bis unser Werk vollendet ist?'

Heute aber fragen wir uns gegenseitig: ‚Was können wir tun, um noch wirkungsvoller die uns übertragenen Pflichten zu erfüllen und uns unserer Vorrechte würdig zu erweisen?' Wir kümmern uns nicht mehr darum, wie lange wir wohl noch auf Erden sein werden. Wir wissen, dass, nachdem wir in die Organisation des Herrn hineingebracht worden sind, sofern wir treu ausharren, wir auf immerdar mit dem Herrn sein werden, sei es nun im Organismus des Fleisches oder im Geiste."

Ganz so glatt, wie vorstehende Worte den Eindruck erwecken, ist wohl diese Umstellung von konkreter Endzeiterwartungen, mehr in die Richtung des nebulösen Sankt Nimmerleinstages, wohl nicht vonstatten gegangen, denn an innerorganisatorischer Polemik, spart auch Rutherford nicht in dieser Broschüre. So etwa wenn er ausruft:

„Was auch immer die ‚Ältesten' gewirkt haben mögen als sie versuchten, das Volke Gottes in vergangenen Zeiten zu lehren, so ist doch gewiß, dass sie nicht Lehrer derer sind, die in den Tempel gesammelt wurden.

Es gibt einige Törichte frühere Älteste, die sich jetzt mit den Gruppen des Volkes des Herrn zu verständigen suchen, indem sie denken, es sei ihr gutes Recht, Einladungen von gewissen Gruppen anzunehmen und hierhin und dorthin zu reisen, um vor den Gruppen Ansprachen zu halten. Sie glauben immer noch, dass sie Lehrer seien, doch sind sie es nicht. …

Wenn es in einer Gruppe Glieder gibt, die die Organisation des Herrn nicht schätzen und die nicht willig und gerne bereit sind, Organisationsanweisungen zu befolgen und vielmehr darauf bestehen, ihren eigenen Weg zu gehen, so kann sogleich geschlossen werden, dass diese sich außerhalb des Tempels befinden. Wer murrt, klagt und widerspenstig handelt, ist außerhalb des Tempels."

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Mord auf dem amerikanischen Kontinent
(1935)

Wer hätte das gedacht? Zu der Zeit, in der das Naziregime in Deutschland wütete, hatten die Zeugen Jehovas auch auf dem amerikanischen Kontinent ihre Märtyrer, die mit ihrem buchstäblichem Leben bezahlen mussten. Nicht direkt in den USA; wohl aber im benachbartem Mexiko. Diesen Umstand kann man der 1935 erschienenen Rutherford-Broschüre "Regierung. Ein Vortrag von weltweitem Interesse …" entnehmen.

Das man zur fraglichen Zeit auf das Naziregime nicht mehr gut zu sprechen war, liegt offenkundig auf der Hand. Und so liest man denn in dieser Broschüre auch den markigen Satz:

"Deutschland hat sich offen für den Teufel und gegen Gott und Christus Jesus erklärt."

Um daran den Fragesatz anzuhängen:

"Werden das amerikanische Volk und die anderen Nationen dem deutschen Beispiel folgen oder werden sie Jehova und seiner Regierung unter Christus dienen?"

Das es in den deutschen Gefängnissen und Konzentrationslagern auch Todesfälle der dort Inhaftierten gab, ist bekannt und bedarf keines Detailnachweises. Nun aber Mexiko. Auch dort verzeichneten die Zeugen Jehovas Märtyrerhafte Todesfälle, ohne dass es dort die Institution KZ in vergleichbarer Form gab! Würden die Zeugen nicht selbst über diesen Umstand berichtet haben, würde man das eher ungläubig beiseite schieben. Aber sie haben darüber berichtet. Zeitgenössisch in der englischsprachigen Ausgabe ihres "Goldenen Zeitalters" und erneut in dieser vorgenannten Broschüre.

Zu vorgenannten Fakt liest man dazu:

"Als Herr und Frau Carlos V. Calderon, Gatte und Gattin, eingeborene Bürger Mexikos, gegen Ende Mai 1935 im Staate Hidalgo von Haus zu Haus gingen, um den armen von den Priestern beherrschten Leuten Gottes gnädige Vorkehrung für ihre Segnung unter dem Königreich kundzutun, welches die einzige Hoffnung für die leidende Menschheit ist, wurden sie in gemeiner Weise ermordet. Ein katholischer Priester trägt die Schuld an diesem schrecklichen Verbrechen.

Diese zwei harmlosen Leute wurden erschossen und ihre Leiber auf die Straße geworfen. … Katholiken machten ihrem Werk mit Schießpulver und Bleikugeln ein Ende. …Weitere Auskunft über diesen Fall erteilt auf Wunsch die mexikanische Gesandtschaft in Washington (D. C.)."

Wenn es also schon soweit ist, dass es zu buchstäblichen Lynchmordfällen kommt; dann muss man doch wohl weiter fragen. Nur die Verkündigung der zeitgenössischen Zeugen Jehovas-Botschaft, soll den Anlaß dazu gebildet haben. Das über diese katholische Priester nicht gerade "erfreut" sind, kann man nachvollziehen. Dennoch werden sie sich deshalb, in der Regel jedenfalls, nicht zu Mordaktionen hinreißen lassen. Hier aber lag offensichtlich eine Ausnahme von dieser Regel vor.

Das wiederum beinhaltet die weitere Fragestellung: Wie sah denn die zeitgenössische Zeugen Jehovas-Verkündigung im Detail aus? War sie völlig unprovokativ? Oder ist das Gegenteil der Fall?

Was die beiden Mordopfer anbelangt, kann man mangels konkreter Nachweise keine verbindliche Aussage machen. Wohl aber kann man über ihr Haupt, J. F. Rutherford, sehr wohl eine Aussage machen. Auch in dieser Broschüre lässt er seinen Frust so richtigen Lauf.

Was Rutherford offenbar besonders "auf die Palme" brachte, war der Umstand, dass seine expansiven Radiopläne zunehmend wirksamen Widerstand erfuhren. Diesen Widerstand gab es zwar schon einige Jahre. Offenbar verschärfte er sich aber zusehends. Just im Jahre 1935 war ein diesbezüglicher Kulminationspunkt erreicht, der wie man so zu sagen pflegt, das sprichwörtliche Fass zum überlaufen brachte. Auch darüber erfährt man einiges in dieser Broschüre. Zum Beispiel dieses:

Vom 30. 5 bis 3. 6. 1935 veranstalteten die Zeugen Jehovas in Washington (USA) einen ihrer Kongresse. Dessen Hauptvortrag "Regierung" wurde von Rutherford selbst gehalten. Gemäß der Rutherforddoktrin, dass Radio sei von Jehova für die "Endzeit" für die Verkündigung "seiner" Botschaft bereitgehalten worden, wurden schon im Vorfeld umfangreiche Anstrengungen unternommen, diesen Hauptvortrag auch über diverse Radiostationen mit verbreiten zu lassen. Dazu liest man:

"Durch die Mitarbeit der Bell-Telefongesellschaft und der R. C. A. (Radiogesellschaft Amerikas) wurde der Vortrag nach allen Teilen Englands, nach Schottland, Irland, Wales, Island, Skandinavien, Belgien, Frankreich, Schweiz und ferner nach Afrika, Australien, China, den Philippinen und anderen Inseln des Meeres übertragen.

Verschiedene Zeitungen Großbritanniens waren schriftlich zur Aufnahme eines Inserats zur Ankündigung des Vortrages verpflichtet worden, aber im letzten Moment verweigerten diese Zeitungen unter allen Umständen die Annahme des Inserates. Die englische Rundfunkgesellschaft weigerte sich ebenfalls, das Programm zu übernehmen. Dagegen wurde der Vortrag mittels Telefonverbindungen in manche über ganz England verteilte Säle und an andere Orte übertragen, wo sich Menschen versammelten.

Der Vortrag wurde in Washington (D. C.) vor einer über 20.000 Menschen zählenden sichtbaren Zuhörerschaft gehalten, und gleichzeitig durch Radio ausgesendet.

Diese Tatsache war von großem Interesse für das Volk, aber die Zeitungen brachten nicht ein Wort darüber. Sie behaupten, die Nachrichten und Neuigkeiten zu veröffentlichen, ließen aber dieses Ereignis unbeachtet."

Wie eben gelesen, strafte die "große Presse" jene Rutherfordveranstaltung mit Missachtung. Ergo ging man einen Schritt weiter. Die Rundfunktätigkeit war ja nur gegen klingende Münze möglich. Also entschloss man sich auch, flankierend, entsprechende bezahlte Zeitungsinserate aufzugeben. In der Regel drucken Zeitungen, gegen klingende Münze, auch solche Inserate ab, ohne ihren Inhalt zu bewerten. Das wäre auch in diesem Fall "fast" so gelaufen. Aber eben nur "fast".

Dazu liest man:

"Zwei führende Zeitungen Washingtons, die 'Post' und der 'Star', verpflichteten sich, gegen Bezahlung den ganzen Vortrag 'Regierung' zu veröffentlichen. Die 'Post' verlangte $ 887,- und der 'Star' $ 1371,51. Dem 'Star' wurde dieser Beitrag gegen Quittung bezahlt.

Beide Zeitungen waren damit einverstanden, den Vortrag zu drucken, nachdem sie ihn sorgfältig durchgelesen hatten. Sie setzten ihn und er war druckbereit. Plötzlich wurde von irgend einer einflußreichen Seite her ein Druck ausgeübt, der beide Zeitungen veranlaßte, ihre Verträge zu brechen und die Aufnahme des Vortrages zu verweigern, oder den Vortrag zu drucken mit Ausnahme des Teiles der sich auf EINE AUSLÄNDISCHE MACHT, DIE GEGEN DIE INTERESSEN DES AMERIKANISCHEN VOLKES ARBEITET, beziehe."

Damit wäre erst einmal die "Katze aus dem Sack". Offenbar hatte sich Rutherford mit seiner antikatholischen Polemik zu weit aus dem Fenster gelehnt, was denn selbst diesen Zeitungsredaktionen unheimlich wurde. Bemerkenswert auch ihr Kompromissangebot. Abdruck des Vortrages ja, aber nur entschärft, ohne die antikatholische Polemik. Zu einem solchen Kompromiss ist es offenbar nicht gekommen, und deshalb blieben diese Rutherford-Ausführungen in der "großen Presse" ungedruckt. Seinen Frust über diesen Umstand lässt nun Rutherford auch in dieser Broschüre freien Lauf. Davor schon in seinem "Goldenen Zeitalter", dass diesbezüglich rezitiert wird.

Dazu liest man:

"Die Zeitschrift 'Das Goldene Zeitalter' (engl. Ausgabe) veröffentlichte in seiner Ausgabe vom 19. Juni 1935 einen Bericht über diesen Vertragsbruch, wie auch den Vortrag selbst, und wir entnehmen daraus folgendes:

Wer regiert Amerika?

Sind Sie dafür, dass Amerika durch seine eigenen Leute regiert werde? Oder soll die Nation durch jene FREMDE MACHT vom Vatikan in Rom aus regiert werden?

Warum der Washingtoner 'Star' und die Washingtoner 'Post' für Rom Partei ergriffen.

Sie werden sich wahrscheinlich daran erinnern, dass ich (Rutherford) vor mehr als zwei Jahren in einem öffentlichen Vortrag, der durch den Rundfunk gesendet wurde, den Beweis dafür erbrachte, Amerika durch einen Diktator regieren zu lassen. Jedermann kann das heute sehen, wenn er überhaupt etwas sehen will. Und bald wird das Volk auch erkennen, dass die Jesuitenorganisation der römisch-katholischen Hierarchie hinter dieser Bewegung steht, um das amerikanische Volk all seiner Rechte zu berauben. Die katholische Hierarchie ist heimlich am Werk, die Regierung der Vereinigten Staaten zu beherrschen. Aus diesem Grunde befolgt sie die gleiche Taktik wie alle ähnlichen ungerechten Organisationen: Sie will das Volk der Wahrheit gegenüber in Blindheit halten bis es zu spät ist.

Die Furcht der Presse, der römisch-katholischen Hierarchie zu mißfallen, hat sie in vollständige Unterwürfigkeit unter eine Handvoll Priester getrieben. Priester und Presse verstecken sich hinter der Formel 'Wir lieben den Frieden und drucken nichts, was zu Streitfragen Anlaß gibt.'"

Offenbar waren die beiden genannten Zeitungen nicht die einzigsten, die es ablehnten, Rutherford willfährig zu sein. Das kommt auch in der Notiz zum Ausdruck:

"Die Radiostation WMCA, New York schloß einen Vertrag ab, den Vortrag 'Regierung' von Washington durch Radio zu senden. Als der Redner in seinem Vortrag die 'fremde Macht mit ihrem Hauptquartier in der Vatikanstadt Rom' erwähnte, unterbrach diese Radiostation sofort das Programm und gab den Zuhörern bekannt: 'Unsere Richtlinie ist, nichts zu senden, was Streitfragen bringt.'"

Derart brüskiert holt Rutherford zum Gegenschlag aus und wirft seinen Kontrahenten vor:

"Die Presse, die großen Radiostationen, die gesetzgebenden und gesetzausführenden Behörden arbeiten Hand in Hand mit diesen großen Wucherern, die auf betrügerische Weise Geld zusammenraffen, und deshalb sind sie alle an dem Verbrechen beteiligt."

Der letztere Hieb saß denn. Man lasse sich nochmals seine Vokabeln auf der Zunge zergehen:

"Wucherer, betrügerische Weise Geld zusammenraffen, Verbrechen beteiligt …"

Da bietet sich doch eine kleine Einfügung an. Wir hier, leben (etliche) in Deutschland. Wer nicht gerade von Zeugen Jehovas-Betriebsblindheit geschlagen ist, hat die Chance, sich auch mal mit dessen Geschichte etwas näher auseinanderzusetzen. Sollte er das tun, und die Jahre vor dem Beginn des Hitlerregimes in sein näheres Blickfeld nehmen, dann kann er auch eines feststellen.

Vor Beginn des Ersten Weltkrieges gab es in Deutschland Staatskirchen. Religionskritiker hatten in dieser Zeit, in organisatorischer Hinsicht einen äußerst schweren Stand. Das Kirchenmonopol, erdrückte vieles diesbezügliche.

Nach Ende des ersten Weltkrieges, war auch in Deutschland die Welt nicht mehr die, die sie vordem war. Auch das Monopol vormaliger Großkirchen begann zu erorisieren. Vorher unbedeutende Konkurrenz, so auch die jetzigen Zeugen Jehovas, hatten in dieser Geschichtsphase eine ihrer "Sternstunden". Aber nicht nur sie. Nicht jeder, der sich nunmehr von den Monopolkirchen abwandte, wollte dafür als Ersatz "Bibelforscher" (Zeugen Jehovas) oder adäquates werden. Ein beträchtlicher Teil jener, die den Monopolkirchen ade sagten, ging weiter, und erweiterte dies generell auf die Religion. Sich organisatorisch verfestigend im sogenannten Freidenkertum. Die Monopolkirchen standen zusehends mit dem Rücken an der Wand; und in ihrer Hoffnungslosigkeit sahen einige von ihnen nur noch in dem Strohhalm namens Adolf Hitler ihre Rettung.

Wie das so mit Strohhalmrettungsangeboten zu sein pflegt. Sie erweisen sich als gigantische Selbsttäuschungen. Das sollte man noch bitter genug erfahren. Und eine Auferstehung aus diesem "Tal der Tränen" gab es denn auch erst dergestalt, dass die westlichen Siegermächte, allen voran die USA, dann nach 1945 die Religion massiv förderten, mit Auswirkungen bis in die Gegenwart.

1933 aber, als Hitler den gebeutelten Großkirchen den Köder vorhielt: Er lehne es ab, sich auf Funktionäre des Freidenkertums (inzwischen auch verboten bzw. aufgelöst) zu stützen. Damals meinten die Kirchen noch, in diesem Strohhalm, einen großen tragfähigen Balken zu erblicken. Schon nach ganz kurzer Zeit zerbrach auch dieser Strohhalm. Die Hitler'sche Ablehnung mit Freidenkerfunktionären zusammenzuarbeiten, erwies sich als Farce. Diese Ablehnung war ohnehin politisch motiviert. An den Freidenkern störte Hitler vor allem, ihre zum Teil beträchtliche Orientierung hin auf seinem Erzfeind, namens Moskau.

Einige Wendehälse erkannten die Chance. Legten sie die Moskau-Orientierung ab, und dies glaubhaft, hatten sie die Chancen ihr religionskritisches Gedankengut unverblümt weiter zu propagieren. Selbst in Hitlers engstem Umkreis (Rosenberg) saß einer, der das vor aller Welt vorexerzierte. Die Kirchen hatten sich wieder einmal, gründlich verkalkuliert.

Jetzt auf die Freidenker zurückzukommen. Rutherfords Worte bezogen auf die Kirchen:

"Wucherer, betrügerische Weise Geld zusammenraffen, Verbrechen beteiligt …", dass war doch genau das Standardrepertoir der Freidenker. Nunmehr durch einen in den USA auch propagiert (Rutherford), der da zu allem Überfluss noch vorgab, ein "Gottesdiener" zu sein. Und da sollten die Konkurrenzkirchen passiv bleiben, gegenüber solchen Attacken? Das ist wohl etwas zuviel des Guten verlangt. Oder wie es die Satire-Webseite Spiessburger einmal formulierte:

Unter Jehovas Zeugen gäbe es auch alle Arten von Menschen. Folglich auch Unterbelichtete. Das solch einer noch an ihrer Spitze stand, macht die ganze Sache auch nicht besser.

Das Rutherford in seiner Wertung der Weltgeschehnisse, sich auf dem sprichwörtlichen nicht als besonders "hoch" einschätzbarem Niveau der "Lieschen Müller" bewegt, macht z. B. auch seine Aussage in dieser Broschüre deutlich:

"Die römisch-katholische Hierarchie organisiert politische Agitatoren, wie. z. B. die Kommunisten, finanziert und fördert solche Organisationen und läßt sie in den Vordergrund treten. Solche Agitatoren benützt sie dann als Vorwand, eine andere politische Partei angeblich zur Rettung der Regierung zu organisieren, welche Partei dann die Regierung den Händen des Volkes entreißt. Das ist genau, was kürzlich in Deutschland getan wurde. Sowohl die Kommunisten, als auch die Nationalsozialisten wurden von der römisch-katholischen Hierarchie organisiert und beide gegeneinander ausgespielt, um das Volk zu täuschen und einen Grund zur Ergreifung der Regierungsgewalt in Deutschland zu haben."

Letztere These betreffend, kann man vergleichsweise auch heranziehen:

Knapke

Was die antikatholischen Ressentiments anbelangt, ist festzustellen, dass sie auch in der Nach-Rutherford-Zeit bei den Zeugen Jehovas fortleben. Mit dem Unterschied allerdings, besonders anfechtbare Aussagen zu vermeiden. Aber wenn aus aktuellem Anlaß die Möglichkeit besteht, in den Chor der Kritiker der katholischen Kirche mit einzustimmen, wird diese Möglichkeit von der WTG durchaus genutzt. Ein exemplarisches Beispiel dafür war die Erstveröffentlichung des "Stellvertreters" von Rolf Hochhuth, die in der Zeugen Jehovas-Literatur massive flankierende Unterstützung fand.

Was das "Gemeindetheologische" Niveau der Zeugen Jehovas anbelangt, dass heißt ihre vorherrschenden Meinungen, außerhalb der offiziellen Verlautbarungen, so konnte man einem markanten Beispiel dazu auch auf der seinerzeitigen Satire-Webseite "Spiessburger" begegnen, mit einem Essay über die zu "stoppende Katholikenflut".

Ein Linkhinweis zu letzterem Text ist auch enthalten in

Cartoon

dort unter der Überschrift

"Da begab sich die Spiessburger-Webseite aber aufs Glatteis"

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Gerade-bevorstehend
(1935)

"Die gerade bevorstehende Schlacht von Harmagedon …" Mit diesem Satz klingt die Rutherford-Broschüre aus dem Jahre 1935, "Wer wird die Welt regieren" so ziemlich aus. Sie ist der Kern, um dem alles andere herum drapiert ist. Zwar wird vermieden dieses "gerade bevorstehend" näher zu quantifizieren. Indes ist die Tendenz klar. Es ist durchaus im Sinne einer akuten Naherwartung gemeint. Ja sein Verfasser wähnt gar, mit zu jenen noch zu gehören, die das erleben würden. Zu diesem Zweck kann er sich nicht genug daran tun, ein Schreckenszenario aufzumalen.

Der Schrecken mag real sein, dennoch wird man ihm mit dem Rattenfänger von Hameln vergleichen müssen. Seine Thesen trugen nichts zur Lösung anstehender Probleme bei. Diese Probleme dienten nur als Kulisse um sein eigenes Rattenfängerprogramm um so wirksamer darbieten zu können.

Nachstehend ein paar Zitate, aus der Schwarzmalenden Sicht, wie sie in dieser Broschüre dargestellt wird:

Das Volk wurde veranlaßt, zu glauben, der große Krieg von 1914 würde bewirken, dass die Demokratie in der Welt sichergestellt würde. Wäre diese phantastische Voraussage verwirklicht worden, so hätte man eine Regierung des Volkes für das Volk und durch das Volk gehabt. Die Parole erwies sich jedoch noch unzuverlässiger als ein Traum.

Italien befand sich auf der Seite der Sieger im Kriege, und heute wird jene Nation von einem Diktator beherrscht und Demokratie ist dort unbekannt.

Das russische Reich fiel im Kampfe, die Sowjets kamen an die Macht und in jener Regierung gibt es keine Demokratie.

Deutschland befand sich auf der Seite der Besiegten und jetzt wird jene Nation willkürlich von einem Diktator regiert und das Volk steht in großer Furcht. Jede der Diktaturen sucht ein Weltherrscher zu sein.

In Amerika gibt es noch was man eine Demokratie nennt; das Volk hat jedoch wenig oder nichts zu sagen, was die Regierung betrifft. Die Bürger geben wohl ihre Stimme ab für die öffentlichen Beamten, aber die Erwählten tun das was ihnen von einigen wenigen Leuten befohlen wird. Bürokratie würde ein besserer Name für die Regierung sein.

Als nächstes kommt in Rutherford's Weltsicht der Völkerbund dran:

Aus dieser ganzen Weltverwirrung heraus wurde der Völkerbund geboren, und es wurde behauptet, dass er Frieden und Wohlfahrt aufrichten und die Welt harmonisch regieren würde. Jene Machenschaft aber ist bereits ein Fehlschlag, sie ist dem Untergang geweiht und wird der Menschheit keine nützlichen Früchte hinterlassen.

Die nächste Spitze trifft die katholische Kirche:

Seit Jahrhunderten hat eine fremde Macht, die den Sitz ihrer Tätigkeit in Rom hat und unter einem religiösen Namen paradiert, ihre lüsternen Augen auf Amerika gerichtet. Diese geheime Macht scheint heute einen übernatürlichen Einfluß auf andere menschliche Organisationen auszuüben, und mit List und Schlauheit geht sie voran, um ihre unsaubere Hand nach dem Reichtum der Nationen auszustrecken und dem Volke die letzten Überbleibsel seiner Freiheit zu rauben. Um dies tun zu können, spekuliert sie, die Nation durch eine gepanzerte Faust zu regieren. ICH WAGE DIE BEHAUPTUNG, DASS WENN NICHT EINE GEHÖRIGE ÄNDERUNG IN IHREN HANDLUNGEN EINTRITT, INNERHALB ZWEI JAHREN DER ZUSAMMENSCHLUß RELIGIÖSER, KOMMERZIELLER UND POLITISCHER MÄCHTE SO WEIT DURCHGEFÜHRT HABEN WIRD, dass das amerikanische Volk ganz und gar gebunden und seine von ihm so gerühmte Freiheit gänzlich verschwunden sein wird. (Hervorhebung von mir).

Was die USA betrifft, so entwirft für sie Rutherford auch ein düsteres Gemälde:

Wie aber steht es mit der amerikanischen Nation, in dem Lande, das einst als "das Land der Freien und die Heimat der Tüchtigen" gepriesen wurde? Was ist aus den edelmütigen Staatsmännern geworden, die einmal die allgemeine Wohlfahrt des Volkes beschützt haben? Sie sind beinahe gänzlich verschwunden. Es gab eine Zeit in Amerika, wo der Farmer sein Land sorgenlos bestellen, sich abends in Frieden zur Ruhe begeben und ungestört schlafen konnte. Heute sind die Bauern so bedrängt und ratlos, weil verlangt wird, dass sie einen Teil ihrer Ernten wieder umpflügen und dass sie ihre Schweine vernichten müssen, so daß etliche Farmer aus lauter Verzweiflung Selbstmord begangen haben. Die Steuerlasten des Volkes werden täglich erhöht, während die Regierung zinstragende Wertpapiere herausgibt, durch deren Verkauf Geld erhält und dann das Geld gebraucht, um es durch Hypotheken gesichert an die Farmer auszuleihen. Innerhalb einer kurzen Frist wird dieser Plan es den Politikern und ihren Verbündeten möglich machen, das gewöhnliche Volk einfach zu Sklaven zu machen.

Rutherford, der sich selbst einst in Sachen Aufhebung des Alkoholverbotes in den USA (genannt Prohibition) stark gemacht hatte; streift auch diesen Aspekt:

In Amerika hat die Prohibition das Verbrechertum anschwellen lassen und viele sind frühzeitig ins Grab gesunken und eine größere Anzahl ist entartet worden. Die Aufhebung des Alkoholverbotes hat noch schlimmere Zustände und eine fortgesetzte Zunahme von Verbrechen mit sich gebracht.

Dieses schwarzmalen ist für Rutherford zweckbestimmt.

Der Umstand, dass "schwere Zeiten" gekommen sind und dass das Volk leidet, trauert und in Verzweiflung ist, ist ein … Beweis dafür, dass wir die letzten Tage, die vor langer Zeit in der Bibel vorhergesagt wurden, erreicht haben.

Nachdem er so hetzerisch aktiv geworden ist, meint er in "bewährter" Selbsterfüllungsart die Reaktion darauf deuten zu können. Das liest sich dann so:

Diese Prophezeiung erfüllt sich heute, indem die römisch-katholische Hierarchie an der Spitze eines weltweiten grausamen Oppositionsfeldzuges gegen die Zeugen Jehovas vorgeht, was endgültig beweist, dass dieser Widerstand auf Befehl des Teufels organisiert wurde. … Diese Geistlichen, Finanzfürsten und Großpolitiker sind der Dreibund, der die Völker der Erde beherrscht, und ihr Gott oder unsichtbarer Herrscher ist Satan, der Teufel, der Fürst alles Bösen.

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Kriegshetzer
(1936)

Zitat:
"Das Radio ist eines der von Gott geschaffenen Mittel, dem Volke die Wahrheit zu bringen. Die schriftlich niedergelegten Zeugenaussagen der kürzlich von der 'Federal Cummunications Commission' (Bundeskommission für den Nachrichtenverkehr) betreffs des Rundfunks gemacht wurden, sind nun dem Kongreß der Vereinigten Staaten vorgelegt worden. Dieses amtliche Protokoll zeigt, daß die zwei großen Rundfunkgesellschaften Amerikas … mit der Geistlichkeit eine Abmachung getroffen haben, der gemäß Jehovas Zeugen die Benützung ihrer Radioeinrichtungen zur Verkündigung der Wahrheit von Gottes Königreich vollständig verwehrt werden soll. … Jedes Kongreßmitglied, das für das Weiterbestehen der gegenwärtigen Methode der Beherrschung der großen Radiostationen, welches es der selbstsüchtigen Geistlichkeit mittels Boykott und Zwang ermöglicht, Jehovas Zeugen die Benutzung dieser Radiostationen zu versagen, stimmt, stellt sich dadurch in dieser großen Streitsache auf des Teufels Seite und kämpft gegen Gott."

So tönte im Jahre 1935; wer schon: Wie unschwer zu erraten: Der damalige Zeugen Jehovas-Häuptling Rutherford. Er versäumt es auch nicht, im gleichem Atemzug auf die für seine Gefolgschaft wenig erfreulichen Verhältnisse in Hitlerdeutschland hinzuweisen. Auch über das Nachbarland Kanada entrüstet er sich. Zitat:
"Erst vor ein paar Tagen wurden in Quebeck (Kanada) zwei Zeugen Jehovas fälschlicherweise des Aufruhrs bezichtigt, weil sie eine Broschüre die von Gottes Königreich unter Christus handelt, unter dem Volke verbreiteten." Dezent nennt Rutherford zwar nicht den Namen der inkrimierten "Gottesbroschüre". Aber es ist klar. Sein Name prangt auf ihr. Und nun wurden seine Geschäftsambitionen auf die vorbeschriebene Weise gestört.

Rutherford, der sich offenbar in der Rolle des "Sprachrohr Gottes" auf Erden sieht, verkündet weiter:

"Würden die Regierungsmänner der 'Christenheit' wirklich glauben, daß die Bibel das inspirierte Wort Gottes ist, so würden sie sich vom Völkerbund abwenden, alle Teile der teuflischen Organisation verlassen und sich Gottes Königreich unter Christus, welches die einzige Hoffnung der Nationen ist, zuzuwenden."

Der Rattenfänger Rutherford vergaß nur hinzuzufügen, dass eine solche These, spätestens seit seinem Endzeitdatum 1925, völlig unannehmbar ist. Und weil alle die noch ein bisschen logisch denken, seine Hirngerspinste im "Namen Gottes" ablehnten, droht er ihnen mit Krieg. "Weltweiter Krieg nahe!" so "folgerichtig" auch der Titel seiner Broschüre, aus der vorstehende Zitate entnommen wurden.

Sicherlich hat man einzuräumen, dass die weltliche Säkulargeschichte zur fraglichen Zeit vielerlei Hinweise auf einen sich anbahnenden tatsächlichen Krieg enthielt. Man lese beispielsweise mal die von der Exil-SPD in jenen Jahren herausgegebenen "Deutschland-Berichte" und man wird auch dort - von säkularer Warte aus - vielerlei Hinweise auf das sich anbahnende kriegerische Geschehen vorfinden. Indes Rutherford will mehr. Er verklärt dies alles zugleich mit den maßgeblich von ihm verantworteten Schwierigkeiten, die sein Sektenhaufen sich auch in diesen Jahren eingehandelt hat. Es geht ihm auch nicht darum, die sich anbahnende kriegerische Entwicklung zu stoppen. Nein, sie möge kommen, so Rutherford. Sie ist auch gekommen. Nur trotz seiner Spekulationen folgte keine wundersame "Errettung" seiner Anhängerschaft. Eher war das Gegenteil der Fall. Was ist also von dieser Art "Propheten" zu halten? Der Menschheit wird einiges erspart bleiben, wenn es gelänge, solche Möchte-gerne-Propheten, die nur noch zusätzliches Öl ins Feuer gießen, in die Schranken zu verweisen!

Aber auch handfeste Politik betrieb der sich schon widerlich penetrant mit einem weltlichen juristischen Titel (Richter) schmückende Rutherford. So droht er etwa in seiner 1936 erschienenen Broschüre "Entscheidung Reichtum oder Ruin, Was wählst du" den Amerikanern:

"Möge das amerikanische Volk fortfahren, Männer wie Mr. Roosevelt oder andere Werkzeuge der Hierarchie es sind, mit der Führung zu betrauen und ihnen noch größere Vollmachten zu geben, so wird es nicht lange währen, und Rom wird Amerika beherrschen, und die Redefreiheit wird ein Ding der Vergangenheit sein, genau wie es heute in Deutschland der Fall ist."

Das "Niveau" seiner Milchmädchenlogik wird auch anhand seiner Einschätzung der deutschen Entwicklung deutlich. So glaubte er allen Ernstes doch behaupten zu können:

"In Deutschland organisierten die Jesuiten die kommunistische Partei und brachten sie in Schwung, um sie dann in diplomatischerweise auszunutzen, die Menschen in Schrecken zu versetzen; das schaffte eine Grundlage, die nationalsozialistische Bewegung zu organisieren, die die Herrschaft über die Nation ergriffen hat und sie nun mit eiserner Faust regiert."

Dazu hat man zu sagen. Aus den Widersprüchen, die auch aus dem Ersten Weltkrieg resultierten, mit seinem Versailler Vertrag, der Deutschland schier unendliche Reparationen auferlegte. Aus dem Faktum dass die USA eine große Furcht beherrschte, dass ein Ergebnis des Ersten Weltkrieges auch die Etablierung des sowjetischen Gesellschaftsmodelles war. Aus der Furcht das dieses auch auf Deutschland überschwappen könnte, wurden seitens der USA politische Konsequenzen gezogen. Während etwa Frankreich auf die peinlich genaue Erfüllung der Reparationsbestimmungen bestand, schalteten die USA politisch um. Erkennend, dass mit einer weiteren Ausblutung Deutschlands, letztendlich nur der Kommunismus gestärkt würde, wurde eine Art vorgezogener "Marschallplan" schon in den zwanziger Jahren inszeniert. Damit war die kommunistische Gefahr keineswegs gebannt. Es galt auch politisch die Dinge in den Griff zu bekommen. Der sich als besonderer Antikommunist verstehende Hitler erhielt deshalb auch aus USA-Kreisen wichtige finanzielle Spritzen in der Startphase. Insofern kann man es schon verstehen, wenn Verschwörungstheoretiker das immer wieder thematisieren. Indes muss man dabei sachlich bleiben. Fakten reden lassen und nicht ins irrationale Geleise abdriften. Genau dies aber tat Rutherford mit seiner völlig unbewiesenen Behauptung, ausgerechnet die "Jesuiten" hätten die Kommunisten "organisiert".

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Aldi, Lidl und Co
(1936)

In einer Veröffentlichung aus dem Jahre 1936 gelesen. Wo? Nicht in Deutschland. Dort herrschte zu jenem Zeitpunkt keine Meinungsfreiheit. Wohl aber (noch) in der Schweiz. Da wurde den Schweizern offeriert:

"Sie haben kein Grammophon? Dann haben Sie die günstige Gelegenheit, sich ein neues, sehr leichtes und tragbares Grammophon anzuschaffen. Es eignet sich ausgezeichnet für Reisen, oder zum Besuche von Freunden und Nachbarn … Es ist nicht sehr groß und aus sehr gutem, dauerhaften Material. Sein Gewicht beträgt 4,5 kg."

Ein Versandhauskatalog der selbiges offerierte? Mitnichten. Als Kaufpreis werden genannt 50,- Schweizer Franken. Als Kombiangebot mit 4 Schallplatten, dann 58,- Schweizer Franken. Kein reguläres Versandhaus, dass wurde schon gesagt. Aber offenbar durch eine Art "Verkaufsfirma". Ob sie mit ihrem Angebot größere Umsätze erzielte, mag man anzweifeln. Immerhin erinnert solch ein Angebot durchaus an etwas neuzeitlichere Angebote. Die Lebensmittelketten "Aldi" und "Lidl" beispielsweise pflegen ja auch in gewissen Abständen heutzutage Computer anzubieten; obwohl man von der Sortimentsstruktur solche nicht unbedingt in Lebensmittelketten erwartet. Da gab es also schon im Jahre 1936 einen Vorläufer für Aldi und Lidl! Sein Hauptangebot bestand mitnichten aus technischen Geräten. Sein Hauptangebot treu per "Klinkenputzer" angeboten bestand aus "Religion"? Auch nicht richtig.

Vehement verwahrte sich jener Konzern dagegen. In jener Publikation aus der vorstehendes Zitat stammt liest man auch:
"Religion ist Humbug"

so sagen ernstdenkende Menschen, wenn sie vom "Christentum" sprechen." Und der nächste Satz dieses Zitates lautet: "Dies trifft aber auf die Bibel nicht zu."

Verwundert reibt man sich die Augen ob solch widersprüchlicher These. Immerhin wenn jene Firma auch Grammophone vertreibt, obwohl man es von ihr nicht unbedingt erwartet, dann muss man wohl auch solch unkonventionelle Thesen in Kauf nehmen.

Also fragt man weiter "interessiert". Wie wird denn nun diese auf den ersten Blick doch recht abenteuerlich erscheinende These näher begründet? Also sieht man sich diese Publikation unter diesem Gesichtspunkt etwas näher an, und wird dabei wie folgt belehrt:

"Die Menschen verstehen allgemein unter Religion und Christentum ein und dasselbe; aber das ist eine sehr irrige Ansicht".

Weiter geht die Belehrung mit dem Satz:

"Heute werden auf Erden verschiedene und zahlreiche Religionen ausgeübt. Es gibt nur ein Christentum, und das ist durchaus keine Religion, noch gleicht es einer solchen."

Weiter geht's mit einem Rückblick in die "graue Vorzeit" nach "Babylon", wo, folgt man dem Autor, angeblich Religion begründet wurde. Weil aber der Durchschnittsleser des Jahres 1936 in den USA oder der Schweiz nicht mehr allzuviel mit "Babylon" anzufangen weiß, meint der Autor dann ihm ein etwas "verständlicheren" Vergleich bieten zu können. Der liest sich dann so:

"Die römisch-katholische Hierarchie besteht aus einigen Männern, die über eine große Anzahl von Menschen, die sie die 'katholische Bevölkerung' nennen, herrschen. Dieser Bevölkerung ist geboten sich dem Einfluß und den Lehren der Hierarchie, das heißt, der Geistlichkeit der Jetztzeit, hinzugeben. …

Die römisch-katholische Organisation war die erste, die die von Menschen erdachten Lehren und ein Formenwesen einführte, das 'christliche Religion' genannt wurde. Diese wurde bis auf den heutigen Tag ausgeübt. Dann kam die sogenannte 'protestantische Organisation', die nach einiger Zeit ebenfalls ein Formenwesen annahm, das sie als 'Gottesdienst' bezeichnete; und auch sie nannte ihr Formenwesen 'christliche Religion'. Später entstanden Hunderte verschiedener Sekten und Denominationen, die auch heute noch bestehen. Sie alle übten aus, was sie 'christliche Religion' nennen, und ihre Lehren und Formen sind alle in mancher Beziehung voneinander verschieden."

Schon der "Amtsvorgänger" unseres zitierten Autors hatte eine revolutionäre Erkenntnis. Besagter pflegte auch in Religion zu machen (die Vokabel wurde zu seiner Zeit noch anerkannt). Aber er registrierte missmutig, dass seine auch angebotenen religiösen Bücher in regulären Buchhandlungen liegen blieben "wie sauer Bier"; bzw. die Buchhändler, die mangels Kundeninteresse erst gar nicht orderten. Und da er ein ordentlicher "Yankee" war, kam ihm die Erleuchtung. Neue Vertriebswege müssen her. Also dass muss man schon sagen: Aldi, Lidl und Co sollen sich garnichts auf ihre Vertriebsmechanismen einbilden. Ein "Yankee" hatte das schon lange vor ihrer Zeit praktiziert.

Wie das so mit Computern ist. Sie veraltern ziemlich schnell. Kaum haben sie das Geschäft verlassen, bietet die Industrie schon wieder neue, "bessere" Modelle an. Es erging unserem Yankee ähnlich. Seine "Wahrheiten" wurden sehr schnell zum Schnee von gestern. Immer neue "Modelle" mussten nachfolgen. Langsam wurde das "Kaufpublikum" ob dieser rasend nachfolgenden "Neuangebote" des vielen kaufens überdrüssig. Also musste man dem Publikum immer neue Anreize bieten, um sie doch zum kaufen zu animieren. Wir heutigen haben zwar die 1930-er Jahre in der Regel nicht bewusst miterlebt; aber man kann sich durchaus vorstellen, dass ein Grammophon zu seiner Zeit durchaus mal den Neuigkeitswert hatte, wie das für spätere Generationen beispielsweise Fernsehen oder eben auch die Computertechnik darstellt. Also die Firma die das damals anbot, hatte in gewisser Hinsicht durchaus einen ähnlichen Geschäftssinn wie die Aldi, Lidl und Co.

Was nützt das beste technische Gerät, wenn es nicht gelingt dem potentiellen Kunden von der "Notwendigkeit" seines Erwerbes zu überzeugen? Verständlicherweise nützt es nicht viel. So wie es heutzutage gelegentlich "Freaks" gibt die auf ein bestimmtes "Betriebssystem schwören" und voller Verachtung auf jene herabblicken die nicht den gleichen Enthusiasmus an den Tag legen, so war es auch bei unserem Yankee. Seine Parole lautete nun:

Das "Betriebssystem der anderen ist Formenwesen". Mein Betriebssystem heisst: Klinkenputzen! Konventionelle Buchhandlungen können von mir aus, weiter den "Bach herunter fahren". Die brauche ich nicht. Schneeballsystem heißt mein Geheimtipp. Jeder Klinkenputzer möge möglichst weitere Klinkenputzer anwerben. Dann "läuft das Geschäft". Und ich der große Zampano namens Rutherford lach mir ins Fäustchen!"

Gelesen und kommentiert aus seiner 1936-er Broschüre:

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Rattenfänger
(1937)

Über seine Publicity in ihm nicht gerade "wohlgesinnten" Kreisen vermerkt Rutherford in der 1937-er Broschüre "Sicherheit - Trost":

"Hat kürzlich ein religiöses Blatt eine Erklärung veröffentlicht, die sich auf die Person des gegenwärtigen Sprechers (Rutherford) bezieht: 'Wir möchten ihn mit feurigen Gabeln aufspießen'. Ein anderer gewalttätiger Religionist sagte: 'Ich möchte ihm mit diesem Messer grad den Hals abschneiden" (S. 29).

Rutherford gab sich ob solcher Äußerungen entsetzt. Ohne Zweifel entsprechen sie nicht dem, was man unter einer kultivierten Auseinandersetzung versteht. Dennoch konnte doch wohl auch ihm nicht entgangen sein, was die Ursache solcher Bewertungen war. In der gleichen Broschüre verlautbart er auch:

"Ihr Politiker habt Religionisten unterstützt, weil ihr dachtet, es sei eine gute Politik! Ihr Männer des Handels habt Religionisten finanziert, weil ihr dachtet, es sein eine wohlfeile Lebensversicherung und ein gutes Geschäft. Allein, es wird euch nichts nützen. … Religionisten haben das Volk in Furcht gehalten und es dadurch verleitet, Religionisten und Religion zu unterstützen und das sauer verdiente Geld, ohne Entschädigung dafür zu erhalten, herzugeben. Dadurch sind die Menschen um ihr Geld gekommen …"

Angesichts solcher Töne fragt man sich nochmals. Wer hat das geäußert? Ein militanter, antiklerikaler Freidenker? "Nein" lautet die Antwort. Diese Äußerung stammt tatsächlich von einem der selbst in Sachen Religion agiert.

Wie sagt der Volksmund so schön: "Was Peter über Paul erzählt - das sagt mehr über ihn selbst aus, als wie über Paul". Analoges darf man auch Rutherford attestieren. In seinem unbändigen Hass gegen die religiöse Konkurrenz schlägt er selbst solche Töne an, bei denen sogar militante, Antiklerikale noch vor Neid erblassen könnten. Und dies alles noch dazu über Rundfunkstationen publiziert. Hier sagt ein Rattenfänger mit seinen Vorwürfen in der Tat mehr über sich selbst aus als ihm eigentlich lieb sein könnte!

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Am Vorabend des zweiten Weltkrieges
(1938)

Am Vorabend des zweiten Weltkrieges, in der 1938 erschienenen Rutherford-Broschüre "Warnung", hämmerte die WTG noch mit aller Wucht auf dem Endzeitklavier herum. Symptomatisch auch ihre diesbezügliche Grundsatzthese

"So sagt Gott voraus, was in kurzem in Harmagedon geschehen wird." (S. 56).

In kurzem, Harmagedon. Das war es, was denn auch den Sinn der Rutherford-Anhänger beflügelte.

Nicht so sehr die tatsächlich bedrohliche Weltlage stand dabei im Vordergrund. Die diente nur als willkommene "Kulisse" der eigenen Endzeittheorien. Man kennt das auch auf der politischen Ebene. Die sich nach dem ersten Weltkrieg als Abspaltung der der SPD verfestigenden kommunistischen Kreise gaben auch die Parole aus. "Diesem System keinem Mann und keinen Groschen". Ihr Idol war auch die "Revolution", nicht die Evolution. Wohin das denn führen sollte, hat unter anderem George Orwell in seiner "Farm der Tiere" plastisch vor Augen geführt. Da gab es auch Tiere, die "gleicher als die anderen" wurden. Letztendlich wurden die ehrlichen Erwartungen der Revolutionsgläubigen schmählichst hinters Licht geführt.

Es bietet sich durchaus an, diesen Vergleich auch auf die WTG zu übertragen.

Die bedrohliche Weltlage interessierte Rutherford nur dergestalt, als seine Organisation von ihr auch in Mitleidenschaft gezogen wurde, und das in zunehmendem Maße. Es war also eine "Nabelschau" die da veranstaltet wurde.

Schon einleitend redet Rutherford von der "grössten Krise aller Zeiten" die "der Welt jetz bevorstehe". Dies sei der "verheerendste Sturm aller Zeiten".

Er geht weiter und belehrt:

"Nicht blos ein Krieg zwischen Menschen und Nationen wird diese große Drangsal bedeuten, wie zum Beispiel der Weltkrieg von 1914, sondern es ist die Schlacht Gottes, Jehovas und all seiner Streitkräfte, die Menschenaugen jetzt nicht sehen und die unter der Führung des Herrn Jesus Christus alle Feinde Gottes und des Menschen in die Vernichtung stürzen werden. Auf der Gegnerseite sind Satan der Teufel und seine ganze Heerschar böser Engel, die Religionseinrichtungen, die Armeen und Flotten, die Land- und Luftstreitkräfte aller Nationen der Erde - alle vom Geiste des Teufels erfüllt, dadurch angetrieben und zum Vernichtungskampf entschlossen."

Alsdann verkündet er drohend:

"Die Schlacht von Harmagedon wird so schrecklich sein, dass menschliche Sprache sie nicht hinreichend zu schildern vermag. Alle Nationen werden hinein verwickelt sein und keine einzige wird entfliehen dürfen."

Sich als Geschichtsphilosoph versuchend behauptet Rutherford dann:

"Der Mann namens Nimrod wurde der Gegenstand der Verehrung des Volkes und war der absolute Diktator des Volkes, gerade so wie Hitler das Volk zu zwingen sucht, ihm als Retter des Volkes 'Heil' zuzurufen. "

Widersprüchlich auch Rutherfords These, dass der "endgültige Beweis" erbracht sei, "dass die Religion vom Teufel ist und von diesem betrügerischen Feind dazu gebraucht wird, Menschen zu täuschen und sie ins Verderben zu führen".

Da eine solche These nicht unbedingt auf besondere "Gegenliebe" stößt, versucht er sich dann wenig überzeugend mit den Worten zu verteidigen:

"Religionisten beschuldigen Jehovas Zeugen, sie suchten boshaft das Bollwerk der Nationen durch Angriffe auf die Geistlichkeit und die Religion niederzureissen." Diese These meint er dann noch mit der unbewiesenen Behauptung krönen zu sollen: "Diese Beschuldigung entbehrt jeder Grundlage." Offenbar muss Rutherford wohl an hochgradiger Schizophrenie leiden, wenn er solche Behauptung an die ein paar Seiten vorher geäußerte These anhängt. "Religion sei vom Teufel".

Wieder sich als vermeintlicher Geschichtsphilosoph betätigend, belehrt er dann seine gläubige Leserschaft:

"Die Weltkriegsbefürworter posaunten die Losung: 'Der Krieg wird der Welt die Demokratie sichern.' Im Widerspruch dazu sind Demokratien von der Erde sozusagen verschwunden. Der Völkerbund wurde als ein Ersatz für Gottes Königreich hervorgebracht, damit er die Erde regiere, und diesen Bund kündigten die Religionsführer als das an, was auf der Erde an Stelle von Christus herrschen sollte … Durch dieses Handeln gaben die Religionsorganisationen offen bekannt, dass sie ein Teil dieser Welt sind, und Gottes Wort erklärt, dass die gegenwärtige böse Welt unter der Gewalt des Teufels steht. …

Aus dieser Völkerverbindung heraus ist ein mächtiges Ungeheuer gewachsen, dem heute die Religionisten völlig zustimmen. Dieses Ungeheuer ist die Regierung der verschiedenen Nationen unter einem einzigen Willkür-Diktator, das heißt eine diktatorische Regierung, mit einem Ausdruck 'totalitäre Herrschaft' genannt. Zuerst erhob es sich in Russland unter der Maske des Bolschewismus oder Kommunismus. Dann trat es in Italien unter dem Namen des Faschismus in Erscheinung und in Deutschland unter der Bezeichnung Nationalsozialismus."

Dieser These über die totalitären Regime mag man noch zustimmen. Dann aber interpretiert Rutherford weiter:

"Die große Organisation, die in der Religion der Welt führend ist, unterstützt dieses Ungeheuer, und das unbekümmert um den Namen oder die Maske, unter der es erscheint. Diese Monster-Diktatur-Regierungen suchen Vorschriften oder Gesetze zu erzwingen, wonach zum Beispiel Menschen 'Heil' zugerufen, zwangsweise Flaggen salutiert und ähnliches mehr getan werden soll."

Es ist offensichtlich, dass Rutherford besonders die katholische Kirche ins Visier nimmt. Das wird auch in der nachfolgenden Aussage deutlich:

"Über tausend Jahre lang stellte die römisch-katholische Kirche Jehova Gott über den 'Staat' oder das Gesetz von Menschen. Damals erschien es dieser Organisation passend, so zu handeln. Da sie nach zeitlicher Macht lechzte, hat diese Religionsorganisation nun offen und schamlos ein Abkommen mit dem radikalen Element, das die Nationen regiert, getroffen, und als Gegenleistung hat die faschistische Regierung dem Haupte der katholischen Organisation die zeitliche Macht wiedergegeben.

Der Vatikan stimmt jetzt dem grausamen Eroberungskrieg gegen die Abessinier, der Revolution und dem erbarmungslosen Gemetzel in Spanien und dem ungerechten Krieg Japans gegen China zu.

Dieselbe Religionsorganisation hat ein Abkommen mit dem Nazi-Diktator getroffen, und sich so … der jetzigen Monster-Diktatur-Herrschaft der Welt angepasst.

Alle jetzt herrschenden Diktaturen oder radikalen Elemente setzen den 'Staat' über den allmächtigen Gott und bestehen darauf, dass jedermann den Gesetzen von Diktaturen gehorche, selbst wenn solche Gesetze dem Gesetz Jehovas Trotz bieten.

Die Diktatoren und Religionsorganisationen, besonders die Führer, tun sich jetzt zur Verfolgung der Zeugen Jehovas zusammen. … Die Religionsorganisationen der Welt, mit der römisch-katholischen Hierarchie an der Spitze, setzen nun den 'Staat' oder die diktatorische Regierung über Jehova Gott und sein Gesetz, in der Absicht etwas gegen Jehovas Zeugen zu finden …"

Damit hat meines Erachtens Rutherford sein Credo offenbart. Bedauernd stellt er fest. Es gab mal eine Zeit, da stand die Kirche über dem Staat. Die Gegenwart sei allerdings nicht diese Zeit. Da stellt sich eher der Staat über die Kirche, und letztere versucht mit Opportunismus für sich zu retten, was zu retten ist. Das ist nicht das "Ideal", das Rutherford vorschwebt. In seiner Lesart, habe der religiöse Glaube über den Staat zu stehen. Da dies in der Konstellation totalitärer politischer Regime unweigerlich zu Konflikten führt, hat Rutherford, für seinen Bereich die Grundsatzentscheidung getroffen. Kein Opportunismus mit dem Staat (jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt). Dafür aber die Konfrontationsstrategie.

Das kennt man ja auch schon aus dem Urchristentum. "Kein Teil der Welt" wollten die ersten Endzeitsüchtigen sein. Ihre Sucht nutzte ihnen nichts. Die weltlichen Gesetzmäßigkeiten gingen ihre eigenen Wege. Die Nachfolger der ersten religiösen Narren mussten alsbald erkennen. Wir "müssen wohl die Kurve kriegen". Also, als es dann soweit war, und selbst der Staat es mit der Korrumpierung der religiösen Narren versuchte (Kaiser Konstantin), da konnte es ihnen gar nicht schnell genug damit gehen, sich korrumpieren zu lassen. Sei es damals als Staatskirche, oder heute eine Hausnummer niedriger; als "Körperschaft des öffentlichen Rechts".

Zu Zeiten Rutherfords war das noch nicht soweit, da war die Konfrontation angesagt. Es wäre in der Tat eine "Schauspiel für Engel und Menschen", würde heute ein Rutherford auferstehen und sich den KdöR-Begierigen Zeugen Jehovas anschliessen. Letztere hätten wohl nichts eiligeres zu tun, als ihn aus ihren Reihen wieder auszuschliessen. Treffend hatte schon Dostojewski diesen Konflikt in seinem "Großinquisitor herausgearbeitet.

Man vergleiche dazu: Parsimony.8527

Als nächstes versucht sich Rutherford in der Rolle des Propheten:

"Man beachte indes folgendes. Dadurch, dass die Religionisten den 'Staat' über Jehova Gott gesetzt haben, sind sie zu weit gegangen und in eine Lage geraten, aus der sie sich nicht mehr zurückziehen können. Der Tag ist nahe, da zur grossen Qual der Religionisten das radikale Element, das heisst Faschisten, Nazi und derartige Herrscher, in der Erkenntnis, dass die Religionsführer Heuchler sind, sich gegen die Religionisten wenden und sie vcrnichten werden."

Auch diese Kalkulation Rutherfords ging letztendlich nicht auf. Im Jahre 1938 im Blick auf Hitlerdeutschland und der Sowjetunion etwa, mag einigen eine solche These schlüssig erschienen sein. Aber auch Rutherford konnte im voraus nicht wissen, dass es Politik namentlich der USA-amerikanischen Politik nach 1945 sein würde, Religion in allen Formen wieder aufzupäppeln. Insofern erwies sich Rutherford als ein Fehlspekulator. Fehlkalkulationen und Einschätzungen unterlaufen sicherlich auch anderen. Die allerdings nehmen (in der Regel) für sich nicht in Anspruch, ein "Sprachrohr Gottes" zu sein.

Rutherford setzte aber zeitgenössisch auf die Karte: Konfrontation mit den anderen Konkurrenzreligionen. Beispielhaft dafür sind auch seine Aussagen:

"Wie Jesus mutig erklärte, dass die Religion vom Teufel dazu erfunden worden sei, Menschen zu täuschen und sie von Gott weg ins Verderben zu ziehen, gerade so verkündigen heute Jehovas Zeugen im Gehorsam gegen die göttlichen Gebote die gleiche Botschaft, indem sie darauf hinweisen, dass Religion der verheerendste Racket ist, der je erfunden oder am Volke verübt worden ist."

Die Schablone in die Rutherford dabei die zeitgenössischen Geschehnisse hineinpresste, kann man auch aus dem nachfolgenden Textauszug entnehmen, mit den Textanstreichungen zeitgenössischer Zeugen Jehovas.

Auch die USA blieben von seiner Kritik nicht verschont. Etwa wenn er äußert:

"In den Vereinigten Staaten von Amerika rückt dieses Ungeheuer, der Diktator Geist, der den Staat über Gott stellt, rapid vor, und die Freiheiten des Volkes sind am Verschwinden. Der zwangsweise Flaggengruss und derartige Zeremonien sind nur ein Mittel oder ein Schritt, alle Menschen zu zwingen, sich der totalitären Regierung zu fügen. Es werden jetzt Nazivereine gegründet, die überall in den Vereinigten Staaten wirken und sich öffentlich für den Faschismus oder diese Monster-Regierungsform erklären."

Zusammenfassend wird man sagen können. Auf einige brennende Wunden hat Rutherford seinen Finger gelegt. Das ist unbestritten. Die unmittelbare Zeit vor Beginn des zweiten Weltkrieges war alles andere als eine "heile Welt". Indes nicht die Beschreibung kritikwürdiger Zustände ist es doch wohl, was ihm Zulauf verschaffte (das spielte mit herein, war aber nicht das Wesentliche). Das Wesentliche indes war, was er als "Rezept" anbot. Das angeblich "nahe" bevorstehende Harmagedon. Keiner der seine Rezepte annahm, hatte in der Folge eine "beschauliches Leben". Sei es, dass er sich in den Hitler'schen KZs wiederfand, sei es, dass er in den USA Wutausbrüche die bis zum teeren und federn gingen, auf sich zog. Rutherford gaukelte seiner Anhängerschaft eine Seifenblasen-Fata Morgana vor. Die Probleme der Welt wurden durch seine Doktrinen nicht gelöst. Politisch aktives Handeln war nicht sein Bier. Eher lähmte er politisch aktives Handeln.

So nahmen die Dinge so oder so, ihren abschüssigen weiteren Lauf. Rutherford ging es nur um eines. Um seine Machtausdehnung (siehe Beispiel Predigtdienst, Literaturverkauf). Dafür und nur dafür, wollte er das letzte aus seiner Anhängerschaft herauspressen. Und wo das aufgrund staatlicher Rahmenbedingungen eben so nicht mehr möglich war; dann auch billigend in Kauf zu nehmen, die eigene Anhängerschaft Märtyrerhaft zu verheizen.

Es war die "Kinderschar" des Rattenfängers aus
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"Religion ein Racket, ein verschlagener Feind der Menschen"

Diese sicherlich als pointiert zu bewertende These kann man unter anderem auf Seite 18 einer WTG-Publikation aus dem Jahre 1938 nachlesen. Gemeint ist die Rutherford-Broschüre "Heilung". Letztere macht schon auf dem Titelblatt mit den Fragen auf:

"Brauchen wir mehr Religiosität?

Bringt Religion den Menschen und Nationen Heilung?

Was ist Christentum?"

Wer Rutherford kennt, der weiß, dass er diese Fragen keineswegs im Sinne des konventionellen Christentums beantwortete, wie sich dies auch bei der Durchsicht dieser Schrift dann noch bestätigen soll. Und damit der Leser auch in die rechte Stimmung versetzt werde, verkündet man mit stolzgeschwellter Brust, diese Publikation habe eine Erstauflage von 10 Millionen Exemplare. Da müssen die relativ gesehen - Handvoll Zeugen Jehovas zu damaliger Zeit in den USA - wahre Höchstleistungen an "Treppenterriertätigkeit" vollbracht haben, um diese 10 Millionen Exemplare unters Volk zu bringen. Es ist wohl kaum anzunehmen, dass eine solche Menge kommerziell veräußert werden konnte. Der allergrößte Teil dürfte verschenkt worden sein; wobei der Schenker der einzelne Zeuge Jehovas ist, der sie aus seinem Portemonnaie bezahlte.

Schon einleitend wird ein düsteres Schreckenszenario aufgemalt:

"ALLE NATIONEN sind krank zum Sterben. Geistige und körperliche Leiden lasten auf allen Völkern. Furcht vor dem, was unmittelbar über sie hereinzubrechen scheint, macht ihre Lage unerträglich."

Im Detail wird dann noch ausgeführt:

"Einige der zur Heilung der Nationalübelstände angepriesenen Heilmittel sind: Faschismus, Kommunismus, Diktaturherrschaft und der Völkerbund. Faschismus und Nazitum was ein und dasselbe ist, stellen das Volk in Reih und Glied, nehmen ihm Beine Denk- und Handlungsfreiheit weg, überbürden es mit Steuern, vernichten wahre Mannhaftigkeit und bringen die Menschen zum Unglauben. Der Kommunismus ist gleicherweise ein völliger Fehlschlag und diente und dient noch als Schreckgespenst vor dem Volke, mit dem man selbstsüchtigen Menschen den Weg zur Aufrichtung einer Diktaturherrschaft bahnt. Der Völkerbund ist ein ständiger Misserfolg und hat wiederholt seine Unfähigkeit bewiesen, irgendeinem Volke oder einer Nation zum Guten zu dienen."

Die sich daraus ergebenden Ableitungen beschreibt Rutherford mit den Worten:

"Als Heilmittel für die Übel die jetzt Menschen und Nationen plagen, wird Religion empfohlen. In ihrem verzweifelten Bemühen ein Heilmittel zu finden sagen Politiker: 'Wir brauchen mehr Religiosität, um Stadt und Nation zu festigen und zu retten'".

An diesem Punkt setzt Rutherford dann im Verlauf seiner weiteren Ausführungen an. Das "Religionsrezept" wird von ihm, zumindest in verbalen Worten, negativ bewertet.

Schon in seiner abwertenden Wortwahl kommt dies zum Ausdruck. Etwa in dem Satz:

"Die Religionisten lassen ihre Organisationen unter der Flagge der "christlichen Religion" segeln, aber das ist ganz falsch."

Die ganze Weltöffentlichkeit war im Jahre 1938 bereits darüber alarmiert, was sich in Hitlerdeutschland, seit 1933 bezüglich der Juden abspielte. Man weiß, dass die dortigen Berufsantisemiten ihr Wirken auch durch historische Vergleiche zu "legitimieren beliebten . So der wüste Rassenhetzer Streicher, so auch Hitler selbst, die auf antisemitische Beispiele aus der "glorreichen" christlichen Geschichte verwiesen. Angesichts dessen muß man sich doch fragen, ob es nicht eine Instinktlosigkeit sondergleichen ist, wenn man von Rutherford im Jahre 1938 Töne wahrnimmt, die in der Wortwahl den verteidigenden Ausreden der Herren Hitler und Streicher verdächtig nahekommen. Bezüglich der Juden ließ sich Rutherford mit den Worten aus:

"Die 'Religion der Juden' … brachte die ruchlose Kreuzigung Jesu Christi, die Ermordung des Stephanus und die weitverbreitete böswillige Verfolgung zahlreicher Christen, der Jünger Jesu Christi, zustande … Jesus Christus stellte den jüdischen Religionskult als einen Betrug hin und die sie Ausübenden als Heuchler. Der jüdische Religionskult war die Ursache der völligen Zerstörung Jerusalems und der ganzen Zerstörung Jerusalems und des Verderbens der ganzen Nation Israel und seither hat jene Nation nie mehr ab Nation bestanden und , wird nie wieder als solche bestehen dürfen. Juden-Religionisten fahren fort, ihre Religion auszuüben, aber offenbar findet die Menschheit darin keine Hoffnung."

Die katholische Kirche wird in diesem Rutherford-Statement unter anderem mit den Worten bedacht:

"Diese Religonsorganisation hat den brutalen Krieg, der von den Faschisten Italiens unlängst gegen das harmlose Volk von Abessinien geführt wurde, völlig gebilligt und unterstützt, und jetzt unterstützt die katholische Religionsorganisation offen den Aufstandskrieg gegen die spanische Nation, einen Krieg durch den unschuldige Menschen massenhaft hingeschlachtet und in ein frühes Grab gebracht werden. Diese gleiche Religionsorgansation, die fälschlich vorgibt im Namen Christi zu wirken, steht nun in einem Bunde mit Japan in seinem unheilvollen Eroberungskrieg gegen China."

Auch ansonsten kommt der Katholizismus bei Rutherford nicht "gut" weg. Symptomatisch dafür auch sein Ausruf:

"Um ihr Ziel zu erreichen, organisierten die Religionisten den Faschismus, ergriffen dadurch die Macht über Italien und gaben dann schnell ihr volles Einverständnis mit der römisch-katholischen Hierarchie bekannt. Kurz nachher der Faschismus unter dem Namen Nationalsozialismus von der gleichen Klasse von Religionisten in Deutschland organisiert. Die Religionisten hatten den Kommunismus vorgeschoben und ihn als Mittel benutzt, das Volk zu schrecken und unterwürfig zu halten, und das setzte die Religionisten, Faschisten oder Nazis instand, die Macht über Deutschland an sich zu reißen und Deutschland ist nun von einem Diktator beherrscht. Faschismus und Nazismus und römischer Katholizismus, alles ein und dasselbe unter drei verschiedenen Namen, wirken fortgesetzt daraufhin, die Zeugen Jehovas … zu verfolgen."

Wer die 1940 erschienene WTG-Publikation "Rutherford enthüllt die Fünfte Kolonne" kennt, weiß, dass man darin auch über eine abenteuerliche Aussage stolpern kann. Behauptete er doch allen Ernstes:

"Die Hierarchie hat in den gesamten Vereinigten Staaten gewaltige und teure Bauwerke errichtet. Sie ist eine militärische Organisation. In ihren Kellern oder Krypten sind eine große Menge Schußwaffen und Munition gelagert, bereit, zur passenden Zeit gegen alle Gegner vorzugehen; wobei alle die Personen Gegner sind, die die Wahrheit über sie verbreiten und die auch für die Freiheit in Amerika einstehen.

Warum nicht die öffentliche Presse den Kongreß fordern lassen, die Keller und Krypten der katholischen Kathedralen in den Vereinigten Staaten untersuchen zu lassen und der Öffentlichkeit zu beweisen, ob sie eine große Menge Waffen und Munition gelagert haben, die gegen die Regierung eingesetzt werden sollen?

Warum nicht das Dies-Komitee der Hierarchie und den Nazis nachstellen lassen? Wenn die Hierarchie abstreitet, eine große Menge Schußwaffen und Munition gelagert zu haben, dann sollten sie sich nicht einer Untersuchung verweigern. Wenn sie es nachdrücklich leugnen, ist das der beste Grund, warum eine Untersuchung stattfinden sollte.

Es gibt viele Personen in den Vereinigten Staaten, die daran gearbeitet haben, diese Krypten und Keller zu erbauen, und andere, die abzuladen geholfen haben, was Klavierkisten zu sein schienen, die aber voller Gewehre waren und die in diesen Krypten gelagert sind. Ich bin nicht daran interessiert, eine solche Untersuchung durchzuführen … Wenn die öffentliche Presse so interessiert daran ist, die Tatsachen herauszufinden, dann RICHTEN SIE EINE SUCHE UND UNTERSUCHUNG EIN, UM ZU ENTHÜLLEN, WER DIE WAHREN FEINDE DER AMERIKANISCHEN EINRICHTUNGEN SIND."

Man vergleiche dazu auch: Rutherford enthüllt die Fünfte Kolonne

Dies im Sinn ist es meines Erachtens durchaus bemerkenswert, dass schon in der hier referierten 1938-er Broschüre ähnliches verlautbart wurde. In "Heilung" liest man dazu:

"Berichten aus guten Quellen zufolge werden in Kellergeschosse vieler römisch-katholischer Kathedralen in Amerika Kisten verbracht, die Klaviergehäusen ähnlich sehen aber mit Gewehren und Munition gefüllt sind. So handeln Religionisten. Das Volk darf von Religionisten nie dauernde Heilung oder Hilfe erwarten."

Der Protestantismus wird mit den Worten bedacht:

"Der ursprüngliche Protestantismus ist tot. Die neuzeitliche 'protestantische' Organisation ist nur noch eine Filiale der römisch-katholischen Hierarchie."

Den Höhepunkt seiner Ausführungen kann man wohl in dem "Ein Racket" überschriebenen Abschnitt sehen. Zu der Vokabel "Racket" vermerkt eine Fußnote: "Amerikanischer Ausdruck für Gimpelfang, Erpressung."

Und Rutherford legt los:

"Der Religionskult hat sich ohne allen Zweifel als ein Racket schlimmster Art erwiesen."

Bezüglich der katholischen Fegefeuerlehre kommentiert er:
"Sie wissen wohl, daß es einen Ort wie das 'Fegefeuer' gar nicht gibt. Ihr Religionskult setzt sie daher instand, Geld unter falscher Vorspiegelung zu erlangen."

Nachdem er also die religiöse Konkurrenz nach "Strich und Faden madig gemacht" hat, glaubt Rutherford sich auch noch als "Prophet" produzieren zu sollen:

"Darum soll gleich zu Beginn der Schlacht des großen Tages Gottes, des Allmächtigen, welche 'Harmagedon' genannt ist, die gesamte Religion von der Erde verschwinden. Das wird durch Gottes 'außergewöhnliche Arbeit' geschehen."

Er sagt es auch noch expressis verbis. Werkzeuge dieser "außergewöhnlichen Arbeit Gottes" sind die Zeugen Jehovas.

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Rutherford's "Tatsachen"
(1938)

Das muss man schon sagen: Sie ragt inhaltlich durchaus heraus, aus dem Gros der sonstigen WTG-Publikationen. Die Rede ist von der 1938 erschienenen Rutherford-Broschüre "Schau den Tatsachen ins Auge und erkenne den einzigen Weg des Entrinnens". In ihr skizziert er "Schwarz in schwarz", auf der Endzeitklaviatur spielend, die zeitgenössischen Verhältnisse. Er verweist auf Hitler und Mussolini als Buhmänner. Er betont, dass selbst der amerikanische Präsident in kürzester Zeit die Möglichkeit hätte, sich zu einem ähnlichen Diktator aufzuschwingen. Er beklagt, dass seine Organisation in einigen britischen Kolonialgebieten, gleichfalls Verboten ausgesetzt sei.

Er zögert auch nicht, angesichts dieses düsteren Szenarios seiner Anhängerschaft den dringenden Rat zu geben, es mit dem Heiraten bis "nach" Harmagedon sein zu lassen. Abgeschlossen wird diese Schrift noch durch die Zitierung der in Polen erschienenen Zeitung "Der Deutsche Weg", allerdings ohne diese eigentlich notwendige Quellenangabe.

Nachstehend einige Faksimile-Auszüge daraus:

 

Rutherford's berühmt-berüchtigte Broschüre "Schau den Tatsachen ins Auge" aus dem Jahre 1938, "glänzte" auch mit der Forderung mit dem Heiraten "bis nach Harmagedon" zu warten. Heilige Einfalt, mag man dazu nur sagen. Immerhin, zeitgenössisch widersprach keiner öffentlich dieser Einfalt. Im Gegenteil. Sie klatschten noch Beifall, die Claquere wie N. H. Knorr und Konsorten. Wollten sie ihn doch beerben, was sich alsbald auch verwirklichte. So wie heute, die WTG-Hauptamtlichen, wieder besseres Wissen, versuchen die WTG als ihre Erwerbsquelle, mit mehr oder weniger Geschick, am laufen zu halten. Und das Fußvolk tut es ihnen vielfach nach. Auch eine Form von "heiliger Einfalt".

Es ist vielleicht nicht uninteressant sich die Detailbegründung näher anzusehen, die Rutherford damals für seine "heilige Einfalt" zum besten gab. Nachstehend der diesbezügliche Auszug aus der genannten Broschüre (S .46 - 51 ):

Wenn diese Schlußfolgerung der Heiligen Schrift entspricht, dürfte daraus hervorgehen, daß jene Männer und Frauen, die die "große Volksmenge" bilden, heiraten und Kinder hervorbringen werden in Gerechtigkeit und zum Leben. Heute gibt es auf Erden Jonadabe, die dem Herrn ergeben sind und sich ohne Zweifel als treu erweisen werden. Wäre es schriftgemäß, daß sie jetzt heirateten und Kinder aufzuziehen begännen? Nein, lautet die Antwort, die von der Heiligen Schrift gestützt wird. Aber zurück zum prophetischen Bilde: Noahs Söhne und ihre Frauen hatten weder vor noch während der Sintflut Kinder, und es wurden ihnen keine solchen geboren, ehe die Wasser der Flut aufgetrocknet waren. Aus dem Bericht geht hervor, daß zwei Jahre nach der Sintflut verstrichen, ehe wieder die Geburt von Kindern erwähnt wird (l. Mose 11: 10, 11). Es gibt auch keinen Schriftbeweis, daß irgendwelche Kinder in die Arche hineingenommen worden wären. sondern es wurden nur acht Personen hineingenommen: "Und Jehova sprach zu Noah: Gehe in die Arche, du und dein ganzes Haus; denn dich habe ich gerecht vor mir erfunden in diesem Geschlecht" (1. Mose 7: 1). Das beweist uns, daß die Klasse derer, welche von den in die Arche Genommenen dargestellt ist, auf Grund ihres Glaubens und Gehorsams als gerecht angesehen werden wird, was daraus hervorgeht, daß sie durch Harmagedon hindurchgebracht werden. Die Schrift unterstützt vollauf die Schlußfolgerung, daß das Füllen der Erde nicht vor, sondern erst nach Harmagedon fällig ist Die folgenden Worte Jesu stützen diese Folgerung ebenfalls: "Wehe aber den Schwangeren und den Säugenden in jenen Tagen!" (Matth. 24: 19).

Den Jonadaben wird nun das große Vorrecht zuteil, zu erkennen, daß das Königreich gekommen ist und daß ihnen, wenn sie leben möchten, die heilige Pflicht zufällt, es vollauf zu unterstützen und daß zu tun, was der Herr ihnen geboten hat, nämlich Gerechtigkeit und Demut zu suchen, mit dem Überrest gemeinsame Sache zu machen und der Welt vom Reiche Gottes unter Christus Zeugnis abzulegen. Es wird weit besser sein für sie, ohne Hemmschuh und Bürde zu sein, damit sie des Herrn Willen tun können, so wie der Herr es befiehlt, und auch während Harmagedon durch nichts gehindert zu werden.

Manche von den Jonadaben, die dem Herrn und seinem Reiche völlig ergeben sind, haben Kinder und können wohl noch mehr bekommen. Was muß von ihnen erwartet werden? Den Eltern obliegt die Pflicht, ihre Kinder die Wahrheit vom Königreiche zu lehren und sie so auf rechten Wegen zu führen, damit auch sie Gerechtigkeit und Demut suchen möchten. Wenn die Kinder das tun, soll auch ihnen Gottes verheißener Schutz zuteil werden. Kinder, die jetzt zur Welt kommen, sind dem bösen Einfluß Satans und seiner Organisation ausgesetzt und haben nur den einen Schutz, daß sie belehrt werden und sich Gott und seiner Königreichsorganisation weihen. Sie müssen Gerechtigkeit und Demut suchen, indem sie den Willen Gottes verstehenlernen und tun. Darum haben die Jonadab-Eltern heute die große Verantwortung, ihre Kinder richtig zu unterweisen und sie auf dem rechten Wege zu führen, bis sie das Alter persönlicher Verantwortung erreichen, zu welcher Zeit solche Kinder, was den Dienst Gottes betrifft, selbst handeln müssen. Wenn es auch nicht die Pflicht der Gesalbten ist, Kinder anderer Leute, Nicht-Geweihter, herauszusuchen und sie zu unterweisen, so sollten sie es doch als ein großes Vorrecht betrachten, solche Kinder anderer, die zu ihnen kommen und wirklich die Wahrheit suchen, entsprechend zu unterrichten. Dies wird durch die Tatsache bewiesen, daß am Wochen- und am Laubhüttenfest die Israeliten sich versammelten, wobei die Fremdlinge und ihre Kinder unter ihnen aufgenommen und unterwiesen wurden, was den Geweihten der Gegenwart als Wegleitung dient (5. Mose 16: 9-15).

Nach Harmagedon

Infolge der Sünde verfehlten Adam und Eva, den göttlichen Auftrag auszuführen. Nach Harmagedon werden die willentlichen Übertreter des göttlichen Gesetzes von der Erde verschwunden sein. Die entartete Nachkommenschaft Adams ist dann tot und wird daher die Lebenden nicht mehr beeinflussen können. Satan wird gebunden und darum all sein unheilvoller Einfluß beseitigt sein. Religionisten oder Religionsorganisationen auf Erden, die die Kinder unrichtig beeinflussen, wird es keine geben. Christus Jesus, dem das Menschengeschlecht unumschränkt unterstellt ist, wird das ausführen, was Luzifer zu tun verfehlte. Damit wird klar vor Augen geführt werden, daß der göttliche Auftrag, die Erde mit einem gerechten Volke zu füllen ausgeführt werden kann und ausgeführt wird. Das bedeutet eine Rechtfertigung des Namens Jehovas und wird beweisen, daß Satan ein Lügner ist.

Für den vollkommenen Adam und die Eva war es passend und recht, sich zu mehren und Kinder zur Welt zu bringen, und es wird bestimmt in Harmonie mit dem Willen Gottes sein, daß die Glieder der großen Volksmenge, als Gerechte, nach Harmagedon heiraten und Kinder hervorbringen. Der Rat bezüglich Heirat, wie er im siebenten Kapitel von 1. Korinther erscheint, bezog sich nicht auf den vollkommenen Adam und sein Weib und bezieht sich nicht auf die große Volksmenge nach Harmagedon.

Es scheint keinen Schriftgrund zu geben, weshalb Harmagedon das Band einer schon vor Harmagedon bestehenden Ehe von Jonadaben, die Harmagedon überleben, lösen sollte. Wenn es daher jetzt Jonadabe gibt, die verheiratet sind, mögen sie mit tiefer Freude der Fortsetzung ihrer ehelichen Beziehungen nach dem Ende von Harmagedon entgegenschauen, zu welcher Zeit sie die ihnen von Gott verliehenen Fähigkeiten betätigen dürfen.. Sie können jetzt das große Vorrecht erkennen und verstehen, welcher Segen es sein wird, dann in Glückseligkeit und Gerechtigkeit zusammenzuwohnen und zum Ruhme Gottes in Gerechtigkeit Kinder zu zeugen und hervorzubringen.

Jonadabe, die jetzt ans Heiraten denken, würden, wie es scheinen will, besser tun, einige wenige Jahre zu warten, bis der feurige Sturm Harmagedons vorüber ist, und dann die ehelichen Beziehungen aufzunehmen und die Segnungen zu genießen, die mit einer Anteilnahme am Füllen der Erde mit gerechten und vollkommenen Kindern verbunden sind.

Mögen die Jonadabe nun ruhig, nüchtern und mit tiefer Freude die vor ihnen liegende wunderbare Aussicht betrachten! Jehovas unveränderliche Verfügung geht dahin, daß die Erde mit einem gerechten Volke gefüllt werde, das, in Gerechtigkeit verharrend, ewiges Leben durch Jesus Christus empfangen soll; ferner, daß die Harmagedon Überlebenden, die die große Volksmenge bilden, in Gottes Augen gerecht sein werden und das wunderbare Vorrecht erhalten, den zuerst dem Adam erteilten Auftrag auszuführen, was unter der Aufsicht des gerechten Herrschers, Christi Jesu, geschieht, der allen, die Leben empfangen Leben spenden wird; daß die große Volksmenge und ihre Kinder immerdar in Frieden und Freude leben sollen und sich nie mehr vor dem Tode zu fürchten brauchen, sondern daß diese Treuen mit den Fürsten der Erde zusammen die gerechte Regierung auf der Erde, auf welcher Gottes Wille geschehen soll wie im Himmel völlig erleben werden. Das alles ist durch den unbedingten Gehorsam Christi Jesu bis zum Tode, durch seine Auferstehung und sein Königreich möglich gemacht worden.

Was sollten die Jonadabe jetzt tun? Sie sollten sich gänzlich den Königreichsinteressen Christi widmen und dazu sehen, daß ihre Mittel nun zum Ruhme Gottes und seines Reiches gebraucht werden. Die Jonadabe sollten sich als Gefährten den Überrestgliedern des Leibes Christi, die jetzt auf Erden sind, anschließen Und tatkräftig Zeugnis ablegen vor den Menschen, sollten diesen die Warnung übermitteln und ihnen von den Königreichssegnungen erzählen, die den Gehorsamen zufließen werden. Die Treuen, die von Abel an bis auf Johannes lebten, schauten, nach dem Kommen der gerechten Regierung Gottes aus und opferten alles, damit sie unter dieser Regierung einen Platz empfangen möchten. Nun ist das glorreiche Königreich voll in Sicht und wird bald unumschränkt wirksam sein, und die di Gott lieben, werden jetzt freudevoll alles, was in ihrer Kraft steht, tun, um andern von den Segnungen dieses Reiches zu erzählen. Es ist das Reich Gottes unter Christus, das jetzt allem, was zu Satans Organisation gehört, feindlich gegenübersteht, und die Jonadabe müssen sich kompromißlos auf die Seite des Herrn stellen und ihm und seinem Reiche allezeit treu dienen.

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Freiheit oder Romanismus

In gewisser Hinsicht stellt sie ein Novum dar, jene Broschüre, die im Jahre 1938 in Australien publiziert wurde. Ihr Herausgeber war die dortige Watchtower Bible and Tract Society. Es ist nicht bekannt, dass diese englischsprachige Publikation auch in den USA sonderliche Verbreitung gefunden hätte. Die dortigen WTG-Oberen werden sicherlich Belegexemplare davon gehabt haben, aber für das "gemeine Fußvolk" in den USA war sie mit Sicherheit nicht bestimmt. Selbstredend wurden von der WTG davon auch keine autorisierten Übersetzungen in andere Sprachen vorgenommen. Die Schrift war spezifisch auf australische Verhältnisse hin konzipiert und dürfte auch nur dort, ihren relevanten Verbreitungskreis gefunden haben.

Diese zugegebenermaßen etwas ungewöhnliche Ausgangsbasis wird erst verständlich, wenn man sich ihren Inhalt näher ansieht. Da wollte also Rutherford anlässlich eines Zeugen Jehovas-Kongresses auch in Australien erscheinen. Wie bei den Zeugen Jehovas üblich, wurden die diesbezüglichen Vorarbeiten minutiös durchgeführt. In Sydney wollte er in der dortigen Stadthalle seinen Vortrag absolvieren. Aber nicht nur diese relativ kleine Örtlichkeit sollte genutzt werden. Es wurde auch eine eine ganze Reihe von australischen Rundfunkstationen herangetreten mit der Maßgabe, den Rutherford-Vortrag möglichst landesweit zu übertragen. Ein solches Ansinnen war auch für australische Verhältnisse ziemlich ungewöhnlich.

Im Prinzip agierten die dortigen Rundfunkstationen mehr oder weniger als Regionalsender. Das da ein Yankee anzureisen gedachte, der zu einem bestimmten Zeitpunkt fast das gesamte australische Rundfunknetz zu benutzen wollte, löste schon einiges Staunen aus. Das der Yankee zahlungskräftig war, konnte nicht in Zweifel gezogen werden. Also unter monetären Gesichtspunkten wäre die Sache, so ungewöhnlich sie auch gewesen sein mag, durchaus gelaufen. Aber das änderte nichts daran, dass dies Rutherford'sche Ansinnen, auch für australische Verhältnisse höchst ungewöhnlich war. Hohe und höchste Stellen befassten sich daher schon im Vorfeld damit. Und auch der katholischen Kirche blieb dieser "Rutherford-Anschlag", wenn ich es mal salopp so formulieren darf, nicht verborgen. Aber Rutherford war für die katholische Kirche keineswegs ein "Unbekannter". Man verband mit ihm, aus kirchlicher Interessenlage, übelste Befürchtungen. Und man handelte. Entweder wir oder der. Mit dieser Devise wurden verantwortliche Stellen massiv unter Druck gesetzt. Und der Druck trug Früchte.

Rutherford befand sich nach auf dem Schiff das ihn nach Australien brachte, als er schon unterwegs die Mitteilung zutelegraphiert bekam, mit der Stadthalle von Sydney als Versammlungsort, das wird nichts mehr und gleichfalls auch nichts mit seinen Radioambitionen. Am 24. 6. 1938 sollte seine große Rede starten, die nun wie eine Seifenblase zu zerplatzen drohte.

Aber untätig blieb Rutherford nicht. Sofort nachdem er in Australien gelandet war, mobilisierte er seine Anhängerschaft eine groß angelegte Protestaktion gegen die missliche Lage in Szene zu setzen. Glaubt man der WTG-Verlautbarung, wurde die gar von 120 000 Personen unterzeichnet. In der fraglichen Broschüre ist auch das diesbezügliche Protestschreiben abgedruckt. Einige Sätze daraus:

"Gott hat den Rundfunk als Mittel vorgesehen, Menschen zu erreichen; aber Er hält den Teufel nicht davon ab, sich an seiner Verwendung schaffen zu machen. So gibt er dem Teufel und seinen Agenten die Gelegenheit, ihr wahres Gesicht zu zeigen, ehe Er so mit ihnen verfährt, wie Er es verheißen hat. Zur Verständigung der Leute waren zweiundzwanzig Rundfunkstationen in Australien verpflichtet worden, um die Rede von Richter Rutherford zu übertragen. Das versetzte die Faschisten und die römisch-katholische Hierarchie so sehr in Furcht, daß sie einen verzweifelten Versuch begannen, die Übertragung zu stoppen. … Der Postminister wurde daraufhin dazu bewegt, zu fordern, daß zuerst eine Niederschrift oder Abschrift der Rede von ihm genehmigt werden müsse, ehe die Benutzung der Leitungen gewährt werden könne."

Das erwies sich als Knackpunkt. Wohl zu recht argwöhnte Rutherford, dass dieses Verfahren nichts anderes als eine handfeste Zensur seiner beabsichtigten Rede bewirken solle. Aber an einer "zahnlosen Rede" war Rutherford selbstredend nicht interessiert. Also lief das ganze letztendlich darauf hinaus, dass beide Seiten sich in ihren Maximalpositionen verhärteten. Es kam nicht zu der geplanten Radioübertragung. Wohl aber kam es im Vorfeld zu intensiven Bemühungen, diese doch wenn irgend möglich noch zu gewährleisten.

So schrieb beispielsweise am 21. 4. 1938 Rutherford an den australischen Postminister einen Brief. Neben etlichen in höflicher "Diplomatendiktion" gehaltenen Wendungen findet sich darin aber auch der nachfolgende Satz:

"Die einzige Äußerung, die ich machen werde und die auch nur dem Punkt einer Ablehnung nahekommt, ist diese: daß die Faschisten, Nazis und die 'römisch-katholische Machthierarchie' des Vatikanstaates darin übereinstimmen, die Macht über die demokratischen Nationen zu ergreifen und deren Völker durch Diktatoren zu beherrschen.

Sicherlich kann man nicht bestreiten, daß es ein solches Bemühen gibt, die Demokratien der Erde zu vernichten und anstatt ihrer diktatorische Herrschaften zu errichten. Sicherlich kann keine unvoreingenommene Person in Australien ernsthaft eine solche Feststellung, die in der Öffentlichkeit gemacht und per Rundfunk übertragen wird, übelnehmen."

Der australische Postminister hatte verstanden. Auch ihm waren die Wendungen des Diplomatenmilieus geläufig. Dem Herrn Rutherford direkt zu widersprechen? Dies wäre doch zu plump. Es reichte ja wenn die Nichtzugänglichkeit der australischen Rundfunkstationen für Rutherford weiter aufrecht erhalten würde. Wenn er weiterhin mit all seinen Vorstoßen gegen eine Mauer rennen würde. Und so lief es denn auch ab.

Wurde es auch nichts mit der Radioübertragung, so gelang es den Zeugen Jehovas dennoch eine neue Örtlichkeit, die Sports Grounds in Sydney zu mieten und Rutherford konnte dort vor 25 000 Anhängern seinen Vortrag halten. Aber sicherlich. Seine Verschnupftheit über den geplatzten Radiocoup konnte er nicht verbergen und er machte auch nicht die geringsten Anstrengungen dazu. Bei allem wettern über diesen Affront, versäumte er es auch nicht seine Grundsatzthese (unabhängig von den australischen Bedingungen) deutlich auszusprechen. Etwa mit seiner Bemerkung:

"Faschisten und Nazis haben in völliger Mißachtung der Rechte anderer das Land Abessinien zerstört, die Macht in Österreich ergriffen, Tausende von Christen in Deutschland verhaftet, weil sie die Bibel besaßen, und sie verfolgen einen aufrührerischen Krieg gegen die Regierung Spaniens; und das alles billigt die römisch-katholische Hierarchie vollkommen. Und jetzt versucht dieselbe unheilige Allianz, allen Nationen eine diktatorische Herrschaft aufzuzwingen. Gegen dies alles protestieren wir energisch."

An anderer Stelle seines Vortrages, wiederholt Rutherford seine These noch einmal, etwas ausführlicher. Auch diese Passage sei zitiert:

"Aus diesem Bündnis von Nationen ist eine Ungeheuerlichkeit herausgewachsen, die heute von den Religionisten vollkommen unterstützt wird. Diese Ungeheuerlichkeit ist die Herrschaft der verschiedenen Nationen unter einem tyrannischen Diktator, das heißt, eine Diktatur, die man auch als totalitäre Herrschaft bezeichnen kann. Sie kam zuerst in Rußland unter dem Deckmantel des Bolschewismus oder Kommunismus auf. Dann zeigte sie sich in Italien als Faschismus, in Deutschland läuft sie unter dem Namen Nationalsozialismus.

Die große Organisation, die in der Religion der Welt vorangeht, unterstützt nun diese Ungeheuerlichkeit, und das ungeachtet dessen, unter welchem Namen oder Deckmantel sie auftaucht. Diese monströse Diktatorenherrschaft versucht, Vorschriften oder Gesetze durchzudrücken, wie zum Beispiel die, daß man Menschen das "Heil" entbieten müsse, daß man zwangsweise die Fahne grüßen müsse und ähnliches mehr, womit die Menschen veranlaßt werden sollen - oder es wird versucht, sie dazu zu veranlassen -, anzuerkennen, daß ihr Schutz und ihre Rettung von Menschen und der Macht über die Menschen kämen, die durch ein Emblem oder eine Fahne dargestellt werden.

Anders gesagt, die Religionisten haben wirklich dem zugestimmt, daß Schutz und Rettung von menschlicher Macht kämen und nicht von Jehova Gott durch Jesus Christus. Die Religionsorganisationen fügen sich völlig in die Lehre, daß der "Staat" über Jehova Gott und seinem König Jesus Christus steht und höher ist. Durch ihre Verfügung und ihre Handlungsweise zeigen sie, daß sie glauben, der "Staat" dürfe alle Arten von Gesetzen erlassen, die völlig im Gegensatz zu Gottes Gesetz stehen und Gott mißachten, und daß alle Menschen diesem Gesetz des Diktators gehorchen müßten, egal was Gottes Gesetz gebietet.

Jetzt unterstützt der Vatikan vollkommen den grausamen Eroberungskrieg gegen die Abessinier, die Revolution und das ruchlose Abschlachten in Spanien und den ungerechten Krieg Japans gegen China. Dieselbe Religionsorganisation hat mit dem Nazidiktator ein Abkommen getroffen, und sie willigt darin ein, daß der Diktator die Macht über andere Nationen ergreift."

Im Gegensatz zu den Zeitgenossen, hat man aus der rückblickenden Perspektive eher die Möglichkeit "Licht und Schatten" abzuwägen.

Ich nehme mir die Freiheit für meine Person zu erklären, dass ich Rutherford's Einschätzung der katholischen zeitgenössischen Politik sehr wohl nachvollziehen kann. Die Apologeten der katholischen Kirche und ihre Kompagnons auch in der Evangelischen, haben mich bis heute nicht davon überzeugt, dass ihre zeitgenössische Politik nicht eine äußerst trübe war. Rutherford hat einiges deutlich ausgesprochen, was ich bezüglich genannter Herrschaften nur mit unterschreiben kann.

Dennoch auch Rutherford findet meine Kritik. Er hat es klar ausgesprochen, dass für ihn "Gott über den Menschen" steht und dass er gewillt ist, es diesbezüglich zum Konflikt kommen zu lassen. Die Praxis hat ja denn auch bewiesen, dass dem so ist.

"Gott" bedeutet indes in der Rutherfordterminologie er selbst (als dessen Sprachrohr). Wirft er seinen Gegnern Diktatur vor, so nur um seine eigene um so besser ausbauen zu können. Rutherford, sein Vorgänger und seine Nachfolger sind für mich alle, in einem kardinalen Punkt unglaubwürdig. Und das ist der, dass angeblich die Probleme der Menschheit "nur" durch Gott und durch die Endzeitspekulationen seiner "Sprachrohre" "lösbar" wären. In diesem Punkt - und das ist für mich der kardinale - gibt es keinen Konsens.

Menschen machen Fehler. Auch Rutherford, auch die heutige WTG. Fehler können ihr Korrelativ nur durch gegenteilige Argumentation finden. Also im Prinzip die Grundsätze der Demokratie.

Rutherford und seine Nachfolger reden indes primär von der "Theokratie" die praktisch nur eine religiös bemäntelte Diktatur ist.

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Rutherford "Warnung"
(1938)

Seine 1938 in Englisch (ohne offizielle deutsche Übersetzung) erschienene Broschüre "Warnung" leitet Rutherford mit den Worten ein:

"DIE GRÖSSTE KRISE aller Zeiten steht jetzt der Welt bevor." In seinen Worten:

"Es ist eine Zeit der Bedrängnis, die jeden Staat und jede Einrichtung der Welt vollständig zerstören, jede Religion und alle religiösen Einrichtungen vernichten, kommerzielle und politische Organisationen und alle Menschen auslöschen wird, die sich weigern, sich dem Schutz des Herrn Jesus Christus, rechtmäßigen Herrschers der Welt, zu unterstellen."

Wie man unschwer daraus entnehmen kann, spielt er auch in dieser Veröffentlichung kräftig auf der "Endzeitklaviatur". Und damit seine "Bibelforscher" auch das "rechte" Sendungsbewusstsein hätten, sagt er ihnen:

"Die Aufmerksamkeit der Menschen wird auf diesen großen bevorstehenden Krieg gelenkt, und dieser Ruf erschallt nun als Warnung, weil Gott geboten hat, dass dies getan werden soll."

Da diese Praxis nicht unbedingt mit derjenigen in anderen Religionsgemeinschaften "konform" geht, läßt er weiter verlautbaren:

"Von Natur aus wohnt dem Menschen der Wunsch inne, eine wirkliche oder eingebildete höhere Macht anzubeten. Der Teufel, der diesen innewohnenden Wunsch im Menschen kennt und der sein Vorhaben ausführen will, die Menschen von Gott abzuwenden, führte vor langer Zeit die Religion ein."

Seine "Philosophie" weiter ausbauend belehrt er:

"Der Mensch Nimrod wurde das Objekt der Anbetung durch die Menschen, und er war der absolute Diktator des Volkes, geradeso wie Hitler versucht, die Menschen zu zwingen, ihm als dem Retter der Menschen „Heil" zu sagen.

Nimrod war daher das Mittel des Teufels, bei den Menschen die Religion und religiöse Praktiken einzuführen. Dann setzte sich Nimrod selbst als König ein und führte so unter den Menschen die Politik ein. Er brachte die Menschen zusammen und erbaute eine Stadt und führte dort unter den Menschen den Kommerz oder Verkehr ein. Sofort begannen - und sind seither geblieben - drei Dinge, die sich zusammenfügten, um die Welt zu beherrschen und treulose Geschöpfe von Gott abzuwenden: Politik, Kommerz und Religion."

Weiter Rutherford: "So etwas wie „die christliche Religion" gibt es nicht, weil Religion und Christentum einander diametral entgegengesetzt sind. Die Religion entehrt und schändet den Namen Jehova Gottes. Das Christentum ehrt und rechtfertigt den Namen des allmächtigen Gottes, und darum werden wahre Christen immer von Religionisten verfolgt."

Damit das ganze nicht blos im theoretischen steckenbleibe, wird er konkret. So etwa in seinem Ausruf:

"Diese Ungeheuerlichkeit ist die Herrschaft über die verschiedenen Nationen unter einem willkürlichen Diktator, das heißt, eine diktatorische Regierung, auch „totalitäre Herrschaft" genannt. Sie kam zuerst in Russland in Gestalt des Bolschewismus oder Kommunismus auf. Dann kam sie in Italien unter der Bezeichnung Faschismus auf, und dann in Deutschland als Nationalsozialismus. Die große Organisation, die in der heutigen Welt in der Religion die Führung innehat, stützt diese Ungeheuerlichkeit, egal unter welcher Bezeichnung oder in welcher Gestalt sie erscheint. Solche monströsen diktatorischen Regierungen versuchen, Regeln oder Gesetze zu erzwingen, wie jemandem „Heil" sagen, den Zwangsfahnengruß und ähnliches, womit sie die Leute veranlassen - oder es wenigstens versuchen -, anzuerkennen, dass ihr Schutz, ihre Rettung von Menschen kommt und die menschliche Macht durch irgendein Emblem oder eine Fahne dargestellt wird. Andersherum gesagt: Die Religionisten haben bereitwillig zugestimmt, dass der Schutz und die Rettung für die Menschen aus menschlicher Macht kommen und nicht von Jehova Gott durch Jesus Christus. Die religiösen Organisationen lassen sich völlig die Lehre gefallen, dass „der Staat" über oder höher als Jehova Gott und sein König, Jesus Christus, steht."

Namentlich die katholische Kirche, bekommt (auch) in dieser Veröffentlichung ihr zusätzliches "Fett weg". Etwa in der Bemerkung:

"Über tausend Jahre lang setzte die römisch-katholische Kirche Jehova Gott über den „Staat" oder menschliche Gesetze. Damals schien es für diese Organisation vorteilhaft, dies zu tun. Gierig nach weltlicher Macht, hat diese religiöse Organisation jetzt offen und schamlos eine Übereinkunft mit dem radikalen Element, das die Nationen beherrscht, geschlossen, und in Anbetracht dessen hat die faschistische Regierung die weltliche Macht für das Oberhaupt der katholischen Organisation wieder hergestellt. Jetzt billigt der Vatikan den grausamen Eroberungskrieg gegen die Abessinier, die Revolution und das unbarmherzige Abschlachten in Spanien und den ungerechten Krieg Japans gegenüber China. Dieselbe religiöse Organisation hat eine Übereinstimmung mit dem Nazidiktator getroffen und sich damit im Widerstand gegen Gott und seinen Christus der gegenwärtigen ungeheuerlichen diktatorischen Herrschaft der Welt angepasst. Alle Diktatoren oder radikalen Elemente, die jetzt herrschen, setzen den „Staat" über den allmächtigen Gott und bestehen darauf, dass jedermann den Gesetzen von Diktatoren gehorcht, auch wenn solche Gesetze in Missachtung des Gesetzes Jehovas bestehen. Die Diktatoren und religiösen Organisationen, und insbesondere die Führer, machen jetzt gemeinsame Sache bei der Verfolgung der Zeugen Jehovas, weil diese Christen die wahren Nachfolger Jesu Christi sind und sein Königreich verkünden."

Um das "Sendungsbewusstsein" der Zeugen zu stärken ruft Rutherford dann nochmals aus:

"MÖGE ALLEN MENSCHEN BEKANNT WERDEN, dass wir, Jehovas Zeugen und ihre Gefährten, nichts gemein haben mit Kommunismus, Nazismus, Faschismus und Religionen - und dass wir ihnen alles andere als wohlwollend gegenüberstehen -, weil sie alle den Namen Jehovas, des Höchsten und allmächtigen Gottes, in Verruf bringen und gegen sein Königreich unter Christus sind."

Die weltpolitische Lage in sein Weltbild einbauend äußert er dann noch:

"der Teufel (weiß). dass er bis zum Schlusskampf nur noch wenig Zeit hat. Er benötigte eine Monstermacht, die seine ungerechte Sache auf der Erde verfechten sollte, und daher erwuchs im Jahre 1917 ein solcher Verfechter in Form eines totalitären Staates oder einer Willkürherrschaft, genannt „Kommunismus" oder „Bolschewismus", und diese Herrschaft ist gänzlich widergöttlich und gegen Gottes Königreich. Es stellt den „Staat" als Höchstes und über dem allmächtigen Gott stehend heraus. Es erklärt sich gegen alles, das behauptet, Gott zu dienen, und fordert alle Religionen und Religionisten heraus. Diese Willkürherrschaft, bekannt als Kommunismus, erklärte sich nicht nur gegen die Religion der orthodoxen Kirche, sondern sie beschlagnahmte den Kirchenbesitz und errichtete den „Staat" als Höchstes. Daher wurden die Religionisten äußerst alarmiert und fürchteten, dass ihr Streben, die Welt zu beherrschen, fehlschlüge. Der Bund der Nationen, der Völkerbund, wurde errichtet, und die römisch-katholische Hierarchie, führend in der Religion, kletterte auf den Rücken dieses Völkerbundes. Das tat sie in der Hoffnung, die Welt zu beherrschen. Die Hierarchie behauptet, die Kirche zu sein, aber sie ist tatsächlich eine politische Organisation. Bestrebt zu herrschen, greift die Hierarchie alles auf, das ihr weiterhin die Gelegenheit sichert, zu herrschen. Dann wurde der neuzeitliche Riese oder die große Ungeheuerlichkeit, die durch den Riesen Goliath dargestellt wurde, in anderer Verkleidung vorgebracht, diesmal unter der Bezeichnung Faschismus. Auch er widerstand der Religion und trotzte den Religionisten, und diese Religionisten, voller Furcht vor dem Riesen oder der Ungeheuerlichkeit, schlossen Frieden und einen Bund mit den Faschisten. Der Faschismus stellt den „Staat" über Jehova Gott und erhebt den Anspruch, der Diktator des „Staates" sei die oberste Macht. In diesen Anspruch haben sich die Religionisten gefügt. Das Haupt der religiösen Organisation, das Papsttum, unterwarf sich nicht nur dem Faschismus, sondern wurde auch zu seinem Unterstützer; und Mussolini, der Diktator, ist Katholik geworden. Und diese Allianz stellt den Staat oder die totalitäre Herrschaft jetzt über Gott und beansprucht das Recht des Staates, alle Menschen zu reglementieren und zu zwingen, Menschen zu gehorchen und Gott ungehorsam zu sein. Um sein Vorhaben weiter auszuführen, brachte der Teufel im Jahre 1933 dieselbe, identische Ungeheuerlichkeit, dargestellt durch Goliath, hervor, diesmal in wieder anderer Verkleidung, „Nationalsozialismus" oder Nationalismus genannt, und errichtete diese Herrschaft in Deutschland, das auch jedem trotzt, das für Jehova Gott und seinen König, Jesus Christus, ist. Es ist gegen alles, das den Namen Gottes und Christi erwähnt. Wieder machten die Religionisten, angeführt durch die römisch-katholische Hierarchie, eine Allianz mit dem Nationalsozialismus, indem sie in eine Übereinkunft mit diesem riesigen Ding eintrat. Sie taten es aus Furcht, die Gelegenheit zu verlieren, zu herrschen. Wiederum zeigten Religionisten offenen Widerstand gegen Gott und sein Königreich.

Heute überflutet die totalitäre Herrschaft alle Nationen. Sie ist ein ungeheuerliches Ding, eine fanatische Herrschaft, und sie bestreitet das unveräußerliche Recht der Menschen, Gott anzubeten, und trotzt Gott und Christus ganz offen."

Das war also das Weltbild der Zeugen Jehovas in der fraglichen Nazizeit. Ihr Sendungsbewusstsein wird man ihnen bestätigen können. Indes gesandt kann man für vieles werden. Auch für einen weltanschaulichen Irrtum!

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Rutherford: Herrschaft und Friede
(1939)

Was war er eigentlich: Theologe oder doch mehr Politiker?

Es fällt schwer diese Frage mit einem klaren Ja oder Nein zu beantworten. Die Rede ist - wieder einmal - von J. F. Rutherford. Eines war er aber sicherlich: Er war geltungssüchtig. Er liebte es im Rampenlicht zu stehen, wie dies auch jene, wenn auch unscharfe Aufnahme, aus dem New Yorker "Madison Square Garden" verdeutlichen kann. Jene eben genannte Eigenschaft war und ist sicherlich nicht "nur" auf Rutherford beschränkt. Man kennt noch genug solcher "Selbstdarstellungskünstler" in Vergangenheit und Gegenwart.

Wie alljährlich - so auch im Jahre 1939. Die Anhängerschaft wurde wieder einmal mit einem neuen Rutherford-Buch "beglückt". Sein englischer Titel "Salut". Seine deutschen Übersetzer schwankten bei der Festlegung des deutschen Titels. Ursprünglich wollten sie es in "Das Heil benennen. So wird es denn auch in der aus Anlass dieser "Buchfreigabe" mit präsentierten Broschüre "Herrschaft und Friede" denn auch genannt. Tatsächlich erschienen, im Deutschen ist es dann aber unter dem Titel "Die Rettung". Interessant daran auch die müde Verteidigung in Sachen Fürstenvilla "Beth Sarim."

Nicht jenes Buch soll hier jetzt im besonderem Blickpunkt stehen; wohl aber die Broschüre "Herrschaft und Friede". Am Rande mit vermerkt. Eine französischsprachige Ausgabe davon "Gouvernement et Paix", gelangte auch in den Bestand der Berliner Staatsbibliothek. Es ist nicht ganz klar, ob dies schon zeitgenössisch geschah. Die Signaturangabe (20 A 14739) lässt eher darauf schließen, nach 1945, zu kommunistischen Zeiten, in deren Bestand eingestellt. Immerhin ist es einer der wenigen Rutherfordtitel des Zeitraumes 1933-1945 die in genannter Bibliothek nachweisbar ist.

Wieder einmal lässt Rutherford sich feiern, dass über 75 Radiostationen seine Ansprache vom 25. 6. 1939 verbreitet wurde, und in 10 000 000 Druckexemplaren. Seine Zeugen Jehovas haben noch nicht einmal heute diese Zahl erreicht, womit deutlich wird, dass die "Handvoll" die es zu jener Zeit speziell in den USA gab, eine enorme Leistung vollbringen mussten, um diese Literaturmengen unters Volk zu bringen; sofern sie sie nicht "im eigenen Keller" vergammeln ließen. Bezahlt im Vorkasseverfahren, haben die Zeugen Jehovas sie sowieso. Ob sie indes die verauslagten Gelder je wieder hereinbekamen, erscheint doch mehr als zweifelhaft. Wie auch immer. Die Kasse von Rutherford und seiner "Society" stimmte auf jedem Fall!

Politisch wird Rutherford wieder einmal mit seiner Aussage: "Darum ist die Gottesherrschaft die einzige Regierung, die das Ersehnte bringen kann" (S. 4). Es sei eingeräumt, dass zu jenem Zeitpunkt, andere, weltliche Regierungen, ihren Völkern keineswegs eine "ersehnte" Politik offerierten. Insofern hat hier Rutherford durchaus einen neuralgischen Nerv getroffen. Aber er geht weiter, und spricht diesen anderen Regierungen die grundsätzliche Legitimation ab. Etwa wenn er erklärt:

"Infolgedessen bezieht sich die biblische Erklärung von Römer 13:1 und 1. Petrus 2:13,14 hinsichtlich der 'obrigkeitlichen Gewalten' nicht auf irgendwelche Herrscher der Welt, sondern allein auf die christliche Organisation" (S. 9). Ein glasharter Alleinvertretungsanspruch - kann man dazu nur sagen.

Und weiter: "Es muß den Menschen kundgetan werden, daß die Religion das raffinierteste Mittel des Teufels ist, das dazu dient, die Menschen zu verführen und sie von Gott abspenstig zu machen."

Dann wettert er weiter und kritisiert die Nazipolitik; immer gekoppelt mit einer antikatholischen Komponente. Nun ist es in der Tat so, dass man die Nazipolitik zurecht kritisieren kann. Zurecht kann man auch das Verhalten der katholischen Kirche in dieser Geschichtsphase kritisieren. Da habe ich durchaus Verständnis dafür. Dann stellt sich aber zugleich auch die Frage; bei einer solchen Position. Kann man da noch zurecht beanspruchen "nur Religion" oder da Rutherford dieses Wort ablehnte, meinetwegen auch "wahres Christentum" zu sein? Mit einer solchen Position ist die "metaphysische Religionsschiene" schon bereits bedenklich verlassen und ins primär Politische umgeschlagen!

Die WTG selbst berichtet darüber, wie diese Verkündigung bei den beabsichtigten "zehn Millionen Empfängern" "angekommen" ist. Wenn man eine einzelne Broschüre in solch einer Größenordnung herstellen lässt, dann kann man sich wohl kaum auf den Standpunkt stellen, dass eine bestimmte, unliebsame Gruppe, nicht zu deren Adressaten gehören soll. Und so kam es denn auch. Die WTG schreibt in ihrem "Verkündiger"-Buch (S. 658):

"Bevor sich Jehovas Zeugen 1939 im Madison Square Garden versammelten, hatten Anhänger des katholischen Priesters Charles Coughlin gedroht, die Zusammenkunft zu sprengen. ... Nachdem der Vortrag begonnen hatte, strömten mindestens 200 Katholiken und Nationalsozialisten, angeführt von verschiedenen katholischen Priestern, auf den Balkon. Auf ein Signal hin veranstalteten sie ein schreckliches Geheul und riefen "Heil Hitler!" und "Viva Franco!" Sie gebrauchten alle möglichen Schimpfwörter und Drohungen und griffen viele Saalordner an, die gegen die Störung einschritten."

Saalschlachten. Das kannte man auch in der Weimarer Republik. Kommunisten und Nazis pflegten bei solchen Anlässen die Einrichtung in "Kleinholz" zu verwandeln, nebst ärgeren. Ähnliches nun bei Rutherford. Auch damit wird deutlich, dass er die Grenze zum "Bereits-Politiker" in der Tat überschritten hatte!

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"Faschismus oder Freiheit"
(1939)

Im "Jahrbuch 1940 der Zeugen Jehovas" (S. 258-260) findet sich auch die Meldung über das Verbot einer Zeugen Jehovas-Schrift durch schweizerische Behörden:

"So müssen wir heute … die für ein demokratisches Land beschämende Tatsache erwähnen, dass die Schweizerische Bundesanwaltschaft dem Druck der Hierarchie nachgegeben hat und zum Verbot der Broschüre 'Faschismus oder Freiheit' geschritten ist. Das beweist, dass die Schweiz an einem Scheideweg angelangt ist. Offiziell stützt sich diese Polizeimaßnahme auf einen kürzlichen Bundesratsbeschluß, der alle Angriffe auf fremde Staatsoberhäupter verbietet. Ferner wurde erklärt, die Broschüre übe 'maßlose Kritik an der katholischen Kirche.' Die Broschüre spreche ferner von einer Verschwörung zwischen Faschismus und römisch-katholischer Hierarchie. Damit würden einfach Tatsachen festgestellt. Gerade dieser neuerliche Versuch, die Behörden der Schweiz zur Unterdrückung einer zeitgemäßen biblischen Botschaft mobil zu machen, sei ein weiterer Beweis für diese Verschwörung. Die Nazis und die katholische Hierarchie gingen bei der Verfolgung unserer Geschwister Hand in Hand. Über 100 Zeitungen der Schweiz brachten nun aus Anlass dieses ersten Großangriffes auf unser Werk in den Tagen vom 7. bis 12. August eine Notiz über das Verbot der Broschüre 'Faschismus oder Freiheit'. Der Tatbestand wurde aber besonders von den katholischen Zeitungen sehr verzerrt dargestellt."

Angesichts dieser Information, mag es nun angezeigt sein, sich für die eigentliche Broschüre „Faschismus oder Freiheit" etwas näher zu interessieren. Analysiert man diese Rutherford'sche Schrift, so stellt man fest, dass ein wesentlicher Kern in den Klagen der Zeugen Jehovas bestehen, katholische Kreise hätten es in den USA erreicht, dass ihnen beispielsweise Versammlungsstätten kurzfristig wieder gekündigt wurden oder das Druck auf Radiostationen ausgeübt wurde. Rutherford kommentiert:

"Die Hierarchie hat die öffentliche Presse und die Eigentümer vieler Radiosender eingeschüchtert, ins Bockshorn gejagt und sie durch Drohungen in Furcht versetzt, damit das Volk nicht die Wahrheit höre" (S. 23).

Als Beispiel nennt er: "Am 11. September des vergangenen Jahres hielt ich in London einen Vortrag, der durch Radio nach vielen Ländern übertragen wurde. Mehr als 100 Radiosender in Amerika vermittelten diese Ansprache betitelt 'Schau den Tatsachen ins Auge.' Um die Leute zu hindern, eine Darlegung der Tatsachen anzuhören, ließ die katholische Aktion vielen Radiostationen eine Flut von Drohbriefen zukommen, und aus Furcht gaben einige Sender ihrem Verlangen nach" (S. 19).

Aber auch Rutherford versuchte in gleicher Weise mobil zu machen. Wenn auch, mit weniger Erfolg: "Angesichts dieser Tatsachen und zur Ermutigung der Radiosenderleiter, die diese Rede im Interesse der Allgemeinheit ausstrahlen, dringe ich in alle Zuhörer, Jehovas Zeugen und alle andern die Freiheit und Gerechtigkeit lieben, an die Radiostation, der sie lauschen, sofort brieflich ihren herzlichen Beifall für die Sendung dieser Rede auszudrücken" (S. 30).

Es war offensichtlich, dass ein gewichtiger Abschnitt dieser Rutherford-Rede auch den Verhältnissen in Deutschland gewidmet war. Verständlich, dass er auch dabei eine deutliche Sprache bevorzugte. So wiederholte er etwa wieder sein Lieblingszitat aus der Wochenzeitung "Der Deutsche Weg" vom 29. 5. 1938, ohne hinzuzufügen, dass es sich dabei um die in Lodz (Polen) seinerzeit erschienene Ausgabe handelte. Dieser Hinweis wäre auch aus dem Grunde wichtig gewesen, weil es noch eine andere Zeitschrift gleichen Namens gab, die inhaltlich eine deutsche Exilzeitschrift darstellte und mit der Ausgabe aus Lodz in keiner Weise vergleichbar ist.

Vielleicht mit am deutlichsten ist das folgende Rutherford'sche weltpolitische Resümee:

"Seitdem dieses scheußliche Ungeheuer, die totalitäre Herrschaft erschienen ist, sind die Freiheiten des Volkes jäh geschwunden. Stets wachsendes Elend ist über die Nationen gekommen. Zu diesen Nöten und Verbrechen gehören folgende:

Der Raub Abessiniens; das leichtfertige Morden Unschuldiger in Spanien; die grausame Verfolgung von Juden und Christen in Deutschland und Italien, und nun der ungerechtfertigte Angriff auf die Tschechoslowakei; ferner der heimtückische Versuch, die Bewohner Englands und Amerikas ihrer Freiheiten zu berauben. Wenn der Wahnsinn ausgetobt hat und die Drangsal vorüber ist, wird die wahre Geschichte der Welt unter gesunden Verhältnissen geschrieben. Es wird sich dann völlig herausstellen, dass die Strafbareren, also die, welche an diesen Verbrechen und Nöten die Hauptschuld tragen, jene sind, die die römisch-katholische Hierarchie bilden, unter dem Vorsitz des (inzwischen verstorbenen) Papstes, der die katholische Aktion einführte.

Das Haupt der Hierarchie schien es gut zu verstehen, sich mit seinen politischen Bundesgenossen in eine Linie zu stellen. Eine Stunde nachdem das Schicksal der Tschechoslowakei mit Zustimmung der päpstlichen Bundesgenossen festgesetzt worden war, rief der Papst, zur Betonung der Wichtigkeit des religiösen Elementes in dem Bunde, die treuen Katholiken zum Gebet für den Frieden auf.

Als Italien die Abessinier hinmordete, als Franco, der Rebell, und andere Faschisten Tausende von Unschuldigen in Spanien umbrachte und weiterhin umbringt, und auch als sein Freund Hitler von Österreich Besitz ergriff und wehrlose Juden und Christen vertrieb, da hat es dem Papst nicht für ratsam erschienen, für den Frieden zu beten.

Nun aber betet er um Frieden, und Hitler kann ungestört die Tschechoslowakei einsacken (was inzwischen auch geschehen ist).

Den Christen ist es völlig klar, dass wir in den letzten Tagen und daher in der Zeit großer Gefahr leben" (S. 27, 28).

Im Zusammenhang mit dem Verbot der obigen Broschüre, veröffentlichten die Zeugen Jehovas in der Schweiz im Jahre 1939 auch eine „Verteidigungsschrift zur Abwehr der unerhörten Presse-Angriffe gegen Jehovas Zeugen." In ihr, wurde relativ umfänglich, zu dem Verbot der „Faschismus oder Freiheit"-Broschüre, aus der Sicht der Zeugen Jehovas Stellung genommen. Man konnte darin lesen:

„Man hat also die Bundesanwaltschaft solange bestürmt, bis das Verbot einer Broschüre der Zeugen Jehovas … zustande kam, nachdem die Verbreitung der gesamten Auflage von 12 Millionen - davon 150 000 in der Schweiz - beendet war, ohne dass eine Erschütterung des Friedens und der öffentlichen Sicherheit hervorgerufen worden wäre. Tausende von faschistischen Propagandaschriften kursieren im Schweizerland. Sie zielen ab auf die Beseitigung dessen, was es in der Schweiz zu verteidigen gilt. Aber um das Verbot dieser antidemokratischen Literatur bemühen sich diejenigen, die gegen Jehovas Zeugen wühlen, nicht.

Tausende von Zeugen Jehovas, die auch heute noch in Deutschland - fast als einzige unter 80 Millionen - dem Wüten des abgöttischen Nazi-Faschismus mutig widerstehen, sind Beweise für das eben Gesagte. Ihre Standhaftigkeit entspringt klarer biblischer Erkenntnis von der Art wie sie in der verbotenen Broschüre 'Faschismus oder Freiheit' vermittelt wird.

Schweizerbürger, du bist am Scheideweg!

Wenn heute in einer Demokratie ausgerechnet das unterdrückt wird, was die wirklich christlichen Bürger des Landes gegen die Seuche des Faschismus immun machen könnte, so ist das dem gemeinsamen Druck der Nazis und der römisch-katholischen Hierarchie zuzuschreiben.

Schweizerbürger, nimm zur Kenntnis, dass die Schweiz die einzige Demokratie ist, wo diese Broschüre nunmehr als verboten gilt!

Wie wird nun so etwas begründet?

Zunächst sollen Ausführungen über Hitler als fremdes Staatsoberhaupt der Verbot der Broschüre veranlasst haben… Aus schweizerischen Kantonen, vorab aus dem Kanton Freiburg, beklagt man sich darüber, dass ein paar offene Wahrheiten über Hitler gesagt werden? Sind wir schon so weit? Sitzen schon in allen Teilen der Schweiz, Schweizer, die nach einer Bestrafung derjenigen schreien, die es wagen, über Hitler die Wahrheit zu schreiben und zu sagen? Wer sind die Beschwerdeführer?

Nicht etwa bloß Nazijünger von der Art der Frontisten, sondern auch aktive Mitglieder der Katholischen Aktion!

Natürlich stört an dieser Broschüre nicht am meisten das, was über Diktatoren gesagt, sondern das, was über das Zusammengehen der römisch-katholischen Hierarchie mit den Diktatoren enthüllt wird. … Immerhin nehme man zur Kenntnis, dass sich Leute der Katholischen Aktion mit ihren Protesten an die Bundesanwaltschaft zu Verteidigern des Ansehens Hitlers im Ausland machen! … Obwohl sich in der … Broschüre … Nur ein paar Zeilen mit Hitler befassen - und auch das sind keine persönlichen Angriffe, sondern er wird als Vertreter einer abgöttischen Staatsidee erwähnt -, haken seine katholischen Verteidiger auf diese paar Worte ein …

Der scheinbar am stärksten inkriminierte Satz auf Seite 11 der Broschüre besagt, wie ein Mensch in einem Nachbarland zur Macht erhoben wurde, der in gänzlicher Missachtung der Freiheiten des Volkes vorging. Solche Dinge durften vor kurzem noch gesagt werden ohne polizeiliche Maßnahmen zu gewärtigen, und daher kann man uns nicht mutwillige Bosheit vorwerfen, zumal da dieselben Dinge seit Jahren immer wieder in unserer Literatur gesagt worden sind und auch gesagt werden durften.

Obwohl gerade Jehovas Zeugen in katholischen Presseorganen maßlos beschimpft werden - als 'Sendboten Moskaus' etc. -, erfährt man aus Zeitungen, dass 'maßlose Angriffe auf die katholische Kirche' der weitere Grund für das Verbot dieser Broschüre sein sollen.

In einem Fastenhirtenbrief vom Jahre 1937 erlaubte sich der Bischof von Chur den verleumderischen und beleidigenden Ausspruch: 'Für den Kommunismus arbeiten auch eine ganze Reihe verschiedener Sekten, unter denen ich heute ganz besonders auf die 'Ernsten Bibelforscher' oder 'Zeugen Jehovas' hinweisen möchte.' …

Ergänzt wird diese Stellungnahme noch durch den auszugsweisen Abdruck einer Eingabe an die Schweizer Bundesanwaltschaft vom 21. 7. 1939. Im Prinzip werden die vorgenannten Argumentationselemente wiederholt. Geäußert wird darin auch:

„Die Grenzen einer maßlosen und berechtigten Kritik werden in dieser Broschüre gewiss nicht überschritten. Bei der Übertragung des englischen Originals ins Deutsche ist die besondere Lage der Schweiz durchaus nicht außer acht gelassen worden. Kräftige Ausdrücke, die in Amerika bei der freien Einstellung der Amerikaner kein besonderes Aufsehen erregen, wurden in der deutschen Übersetzung abgeschwächt, eben, weil auch wir durchaus nicht verkennen, dass der Schweiz, einem kleinen Lande in gefährdeter Position, die schwere Aufgabe zufällt, seine Selbstständigkeit zu wahren. …

Die Broschüre enthält allerdings Ausführungen, wobei Hitlers Name genannt ist. Doch warum sollte sie deswegen verboten werden? Wenn z. B. von Hitler gesagt wird, er sei fanatisch, so könnte er das selbst nicht als Schmähung auffassen, weil für ihn Fanatismus ein Ideal ist und nach seinen eigenen Aussagen nur fanatische Menschen etwas Rechtes leisten und alle echten Nazis Fanatiker sein müssten.

Doch selbst, wenn die Beschwerden, die der Bundesanwaltschaft aus verschiedenen Kantonen zugegangen sein sollen, diesen Punkt - fremdes Staatsoberhaupt - nennen sollten, so steht es außer Zweifel, dass dies für die Beschwerdeführer nur als Vorwand dient.

Die Broschüre spricht ferner von einem Bündnis zwischen Faschismus und der katholischen Hierarchie. Damit werden einfach Tatsachen festgestellt. Gerade dieser neuerliche Versuch, die Behörden der Schweiz zur Unterdrückung einer zeitgemäßen biblischen Botschaft mobil zu machen, ist ein weiterer Beweis für diese Verschwörung. Die Nazis und die katholische Hierarchie gehen auch bei diesen Anfeindungen Hand in Hand. …

Das Verbot der obengenannten Broschüre muss den Eindruck erwecken, dass der Bock zum Gärtner gemacht wird, weil es sich zugunsten jener Elemente auswirkt, die nicht im geringsten erkennen lassen, dass ihnen etwas daran liegt, im eidgenössischen Garten die Freiheit, den Frieden und die Gerechtigkeit aufrechtzuerhalten, deren wir uns bisher mit Dankbarkeit erfreuen konnten."

Hinweis: Die Textunterstreichungen wurden von zeitgenössischen Zeugen Jehovas vorgenommen

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Futterneid
(1940)

"Die amerikanischen Tageszeitungen meldeten, dass durch die vereinten Anstrengungen der verschiedenen Religionssysteme sowie politischer und finanzieller Größen im ganzen Lande eine Bewegung zustande gekommen ist, die das Volk den Kirchen zuführen und der Welt aus ihrer mißlichen Lage heraushelfen will. Man bedient sich dabei der Losung: 'Gott, das Licht der Welt; folgt dem Lichte, zurück zur Kirche!' Ob dabei der wahre oder der Scheingott gemeint ist, wird nicht gesagt."

Diese markigen Worte liest man in der 1940 erschienenen Rutherford-Broschüre "Erhabene Wahrheit"

Weiter geht's im selben Kontext:

"Statt die Leute wieder den 'Kirchen' zuzuführen, wo sie für ihr sauerverdientes Geld nichts weiter als Spreu erhalten, sollte das ganze Land von einer Bewegung erfaßt werden, die dem Volke zu Erkenntnis und Verständnis des Vorhabens Jehovas, wie in der Bibel dargelegt, verhilft."

Was besagen denn, diese Ausführungen? Nun, doch wohl dies. Kauft nicht die saure Milch der Konkurrenz? Nein, kauft nur die supersaure Milch Marke Eigenbräu. Schlichtweg religiöser Futterneid offenbart sich darin.

Noch so eine Weisheit Made in Rutherford:

"Die Feinde des Königreiches Gottes möchten das Volk in Unkenntnis halten über die Tatsache, dass das Königreich herbeigekommen ist. Darum verschreien sie die Tätigkeit der Zeugen des Herrn als Propaganda, ganz zu Unrecht; denn mit Bezug auf Gottes Königreich kann niemand Propaganda treiben. Das Evangelium vom Königreich ist einfach die Bekanntgabe einer Tatsache, damit das Volk unterrichtet sei. Es ist Gottes Botschaft, nicht die eines Menschen. Gott treibt keine Propaganda."

Wo ist da eigentlich der Unterschied? Die einen wähnen, Jesus habe zu Petrus gesagt, auf seinem "Felsen" werde er eine Kirche bauen. Und ihre Enkel usw. wähnen sich als rechtmäßig in dieser "Kontinuitätslinie" stehend. Die anderen reden von einem fiktiven "Königreich Gottes". Da aber außer ein paar Unbedarften, wohl keiner nach San Diego gepilgert ist, um den dortigen "Königreichsrepräsentanten" die Huldigung zu erweisen, ist nun großes "Hallerlilalo".

Was man selbst macht sei keine Propaganda. Das machen immer "nur die anderen". Rutherford's Größenwahn hat offenbar schon grenzenlose Dimensionen erreicht!

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Rutherford enthüllt die Fünfte Kolonne
(1940)

Kurt Hutten berichtet in der ersten (1950 erschienen) Auflage seines langjährigen Standardwerkes: "Seher Grübler Enthusiasten" auch darüber, dass die 1940 erschienene 32-seitige WTG-Broschüre "Rutherford enthüllt die Fünfte Kolonne" in einer Auflagenhöhe von fünfeinhalb Millionen Exemplaren verbreitet worden sei. Hutten, stützt sich dabei auf die Erkenntnisse eines Forschungsaufenthaltes in den USA; namentlich besonders auf die Dissertation von Herbert H. Stroup. Vergleiche dazu: Herbert H. Stroup Stellt man in Rechnung, dass es gemäß WTG-Angaben, im Jahre 1940 nur cirka 58 000 Zeugen Jehovas in den USA gab, wird man sagen müssen, daß die in einer Art "Gewaltaktion", Unmengen davon verbreitet haben.

Eine deutsche, von der WTG veranstaltete offizielle Übersetzung davon gibt es nicht. Dies hängt auch damit zusammen, dass die WTG auch in der Schweiz, Anfang der 40er Jahre der staatlichen Zensur, für ihre Neuveröffentlichungen unterworfen wurde. In Folge dieser Politik musste auch in der Schweiz, der Wachtturm sein Erscheinen einstellen. Eine ganze Reihe von WTG-Publikationen dieser Jahre, konnte daher auf offiziellem Wege, auch in der Schweiz in jenen Jahren nicht erscheinen. In etlichen Fällen verzichtete daher die WTG von sich aus, sich um eine Veröffentlichung zu bemühen, da man sich schon vorab ausrechnen konnte, die Chancen sie durch die Zensur durchzubekommen, sind "gleich Null". Das trifft offenbar auch für diese Broschüre zu.

Die nachfolgenden Ausführungen nehmen auf die englischsprachige Vorlage bezug. Ich danke an dieser Stelle einigen (hier nicht namentlich genannten) Unterstützern. So besteht nun erstmals auch für die deutsche Öffentlichkeit die Möglichkeit, sich ein Bild über diese Publikation zu machen.

Eingeleitet wird damit, dass Rutherford die Aufforderung zu einem Interview von einer größeren Tageszeitung ("New York Post") erhalten habe. Rutherford zeigt sich über diese Anfrage ziemlich konsterniert, was er auch mit den Worten zum Ausdruck bringt:

"Die letzten fünfzehn Jahre über habe ich auf Bitten der öffentlichen Presse wiederholt Informationen über das Wirken unserer Organisation gegeben, und das, ohne daß irgend etwas von den Tatsachen veröffentlicht wurde. Häufig pflegte die Presse das, was gesagt worden war, falsch darzustellen und uns in einem ganz anderen Licht erscheinen zu lassen, als es die Fakten zeigen. Zehn Jahre lang habe ich durchschnitlich 240 Rundfunkstationen pro Woche benutzt, um der Öffentlichkeit wichtige Informationen im einzelnen darzustellen."

Rutherford versäumt es auch nicht hinzuzufügen:
"Im Verlauf der letzten zwanzig Jahre habe ich an die 99 Bücher geschrieben und veröffentlicht, und das in 87 verschiedenen Sprachen; über dreihundert Millionen wurden in die Hände der Menschen gelegt - und doch bittet die Presse um Informationen. Ich frage mich manchmal, was die Presse herausfinden möchte außer Sensationellem."

Diese Einleitung macht schon mal deutlich, dass Rutherford auf die Presse nicht sonderlich gut zu sprechen ist. Aber da ihn nun mal solch eine Liste von Pressefragen übermittelt wurde, beschloss er dennoch sie zu beantworten. Allerdings handelte er dabei nach dem Grundsatz: "Selbst ist der Mann". Darauf zu vertrauen, dass die "New York Post", im günstigen Falle, sein Interview veröffentlichen würde. Das wollte er nicht. Zumal er ja selbst über eigene Publikationsmöglichkeiten verfügte. Und eine Auflage von 5 ½ Millionen konnte ihm die "New York Post" mit Sicherheit nicht zusagen. Also ließ er sein Interview in der oben genannten Broschüre veröffentlichen und hatte die Gewissheit, dass seine Anhängerschaft, sich für dessen Verbreitung "die Hacken abrennen" würde.

Die erste Frage an Rutherford lautete:
"Warum hat es Ihrer Meinung nach kürzlich diesen plötzlichen Ausbruch von Gewalt gegen Jehovas Zeugen in weit auseinanderliegenden Landesteilen gegeben?"

Seine Antwort dazu:
"Weil die römisch-katholische Hierarchie, durch die von ihr so genannte 'Katholische Aktion', ein gut angelegtes Komplott durchführt, um alles auf dieser Welt zu zerstören, das die Wahrheit veröffentlicht; und dies tut die Hierarchie, um ihre eigene böse Handlungsweise zu tarnen, zu versuchen, die Kontrolle über die Nationen der Erde zu ergreifen.

Die römisch-katholische Hierarchie, von der Vatikanstadt in Rom aus betrieben, hat jeden Teil jeder Nation unter der Sonne durchdrungen. Ihr Ziel ist es, wieder das alte 'Heilige Römische Reich' aufzuichten. Die Nazis, die Faschisten und die Kommunisten sind alle für einen korporativen Staat und entschlossen, Republiken zu zerstören. Die 'Hierarchie der Macht' des katholischen Systems wirkt mit diesen Totalitären zusammen, die Erde zu beherrschen. ...

Jeder weiß, daß Jehovas Zeugen gegen den totalitären Staat sind. Keine Organisation hat so viel gegen den Nazismus, den Faschismus und den Kommunismus veröffentlicht wie die WATCH-TOWER BIBELE & TRACT SOCIETY, deren Präsident ich bin. Die Veröffentlichung dieser Tatsachen hat die Hierarchie sehr wütend gemacht, und die Hierarchie ist entschlossen, alle Zeugen Jehovas zu vernichten. Böswillig hat die Hierarchie Jehovas Zeugen beschuldigt, die 'Fünfte Kolonne' zu sein, wohl wissend, daß sie lügt und damit nur ihre eigene Bösartigkeit in dem Versuch, die Leute zu täuschen, tarnen will, während sie in Amerika die 'Katholische Aktion' fördern. ...

Im Jahre 1938 hielt ich in der Royal Albert Hall einen Vortrag über das Thema 'Sieh den Tatsachen ins Auge', der per Rundfunk über fast die gesamte Erde übertragen wurde. In zahlreichen Bundesstaaten der USA versuchten katholische Priester zusammen mit den unter ihrer Kontrolle stehenden radikalen Elementen, zu verhindern, daß dieser Vortrag im Rundfunk gesendet oder in andere Säle übertragen wurde. ... Kurz darauf hielt ich eine Rede in New York City, die per Rundfunk in viele andere amerikanische Bundesstaaten übertragen wurde, und die katholischen Priester versuchten, diese Zusammenkünfte zu sprengen. Am 25. Juni 1939 hielt ich eine öffentliche Ansprache im Madison Square Garden, und die katholische Hierarchie versuchte zusammen mit Nazivertretern diese Zusammenkunft zu sprengen ...

Die Hierarchie hat wiederholt Rundfunkstationen in Amerika gezwungen, zu verhindern, daß ich zur Öffentlichkeit spreche. Daher lautet die Antwort auf Ihre erste Frage kurz und knapp: Der Ausbruch von Gewalt gegen Jehovas Zeugen in den gesamten Vereinigten Staaten, der zu der Zeit stattfand, als der Supreme Court sein Urteil zur Flaggengrußfrage in Pennsylvanien veröffentlichte, wurde in jeder Hinsicht von der 'Katholischen Aktion' gestartet und getragen."

Eine weitere Frage lautete:
"Nach Zeitungsberichten ... schienen Anstrengungen gemacht zu werden, Jehovas Zeugen das Etikett von Sympathisanten des Nazismus oder des Kommunismus umzuhängen. Alle Ihre Publikationen, die ich gelesen habe, zeigen nachdrücklich, daß Sie allen solchen Diktaturen ablehnend gegenüberstehen. Warum, denken Sie, wird dieser Versuch gemacht, ihre Haltung verzerrt darzustellen?"

Die Antwort dazu:
Es "wurde der Versuch unternommen, Jehovas Zeugen das Etikett von Sympathisanten des Nazismus oder des Kommunismus umzuhängen. Dies ist eine weitere Machenschaft der 'Katholischen Aktion'. Wenn sie so etwas tun, wissen sie sehr wohl, daß sie lügen. In keiner unserer Publikationen, bei keiner Äußerung von jemandem, der zu uns gehört, ist ein Wort zu finden, daß wir mit den Nazis oder den Kommunisten sympathisieren. Im Gegenteil; es gibt reichlich Veröffentlichungen unserer Organisation, die zeigen, daß Nazis, Katholiken, Kommunisten und Faschisten zusammenarbeiten."

Die nächste Frage bezieht sich auf die zeitgenössisch Einschätzung der Zeugen Jehovas in der amerikanischen Öffentlichkeit. Dazu Rutherford:

"Die römisch-katholische Hierarchie ist das Hauptinstrument des Teufels auf der Erde. Das erzwungene Grüßen der Fahne durch Schulkinder wurde unter der Leitung der römisch-katholischen Hierarchie angezettelt, mit der Absicht, die Freiheiten der Menschen zu zerstören. Es wurde in subtiler Weise anscheinend aus patriotischen Gründen angefangen, aber der wahre Grund ist der, die Gewissensfreiheit, die Gedankenfreiheit und die Freiheit der Anbetung zu vernichten.

Schon seit über 150 Jahren gehorchen ehrliche Menschen in Amerika den Gesetzen, für die die Fahne steht, und das, ohne gezwungen zu werden, zu salutieren. Die katholische Hierarchie kennt sehr genau die Haltung wahrer Christen, was das Verbeugen vor Bildern und das Grüßen jeglicher Flaggen angeht, und in diesem Wissen hat die Hierarchie das erzwungene Grüßen der Fahne als ein weiteres Mittel aufgegriffen, ihr Ziel zu erreichen, jeden schlecht zu machen, einzuschüchtern und zu nötigen, der für die Freiheit des Gewissens und der Anbetung eintritt.

Ich habe von 1922 bis 1934 viel Zeit in Deutschland verbracht. Ich habe die allmähliche Entwicklung des Nazismus dort unter katholischer Führung beobachtet. Ich habe beobachtet, wie dieselbe Methode in Amerika angewandt wurde. Die "Katholische Aktion" zusammen mit dem Nazismus hat alle Freiheiten zerstört. Und jetzt soll das gleiche in Amerika passieren!...

Sie haben wahrscheinlich eine Depesche von United Press aus Berlin bemerkt, die um den 6. dieses Monats herum veröffentlicht wurde und worin es heißt: 'Berlin, 6. Juni - Besonderes Treffen der römisch-katholischen Bischöfe aus ganz Deutschland führt zu der Entscheidung, Danksagungsgottesdienste für den deutschen Sieg in Belgien und Flandern abzuhalten, wurde heute berichtet.'

Dies zeigt, daß gelegentlich ein Körnchen Wahrheit bekannt wird, daß die 'Katholische Aktion' die Nazis und die Faschisten unterstützt, egal wieviel Unrecht dem gemeinen katholischen Volk zugefügt wird. Die Bevölkerung in Belgien ist großenteils katholisch, und dennoch macht die Hierarchie mit den Nazis gemeinsame Sache, um diese Menschen zu vernichten, um die Kontrolle über das Land auszuüben."

Rutherford führt dann Beispiele an, wie sich der Hass gegen die Zeugen Jehovas auch in den USA entlud. So wurden nach Rutherford "beispielsweise in Texas neunzig Männer, Frauen und Kinder von Jehovas Zeugen in eine Gefängniszelle geworfen und dort vierundzwanzig Stunden ohne Nahrung oder Wasser, nicht einmal mit einer Sitzgelegenheit, gehalten. Sie wurden aus dem Gefängnis genommen und in der Hitze eine Eisenbahnlinie entlang getrieben, wobei Vertreter der 'Katholischen Aktion' und der Amerikanischen Legion neben ihnen auf der Landstraße entlang marschierten, sich über sie lustig machten und ihnen nicht erlaubten, zu halten und sich zu erfrischen. Viele von ihnen fielen ohnmächtig um. Gleichzeitig brüllten diejenigen, die Jehovas Zeugen störten und sie marschieren ließen, 'Heil Hitler'. … Überwiegend bleibt die amerikanische Presse still oder spricht in sarkastischer Weise über Jehovas Zeugen, als wären sie Kriminelle, und dies alles geschieht auf Ersuchen einflußreicher Personen, die mit der Presse zusammenhängen und die unter dem Kommando der römisch-katholischen Hierarchie handeln."

Rutherford kann es sich nicht versagen, sich auch in diesem Interview als großer Prophet herauszustellen. Daher seien auch einige seiner diesbezüglichen Prophezeiungen zitiert. Der rückblickende Leser hat ja heute die besten Möglichkeiten zu vergleichen, worin Rutherford Recht hatte oder auch nicht. Also er äußerte auch:

"Ich gründe meine Schlußfolgerungen auf das Wort des allmächtigen Gottes, das wahr ist. Prophezeiungen wurden vor langem aufgeschrieben und konnten nicht verstanden werden, bis sie dabei waren, sich zu erfüllen. Nun hat der Herr die greifbaren Tatsachen herbeigeführt und sie zur Beachtung der Menschen gebracht, die ihm geweiht sind, und es ist leicht zu sehen, was das Ergebnis sein wird. Gegründet auf diese Autorität, habe ich in einer öffentlichen Ansprache in Paris vor über drei Jahren festgestellt, daß die Nazis und die Faschisten Frankreich überrennen würden. In einer öffentlichen Ansprache in Bern in der Schweiz habe ich gesagt, daß die Nazis und die Faschisten sich beizeiten die Schweiz aneignen würden.

Passen Sie darauf auf, wie dies in naher Zukunft vollbracht werden wird. In einer öffentlichen Ansprache in London, die im ganzen britischen Empire übertragen und 1938 gehalten wurde, habe ich festgestellt, daß die Nazis und die Faschisten entschlossen sind, das britische Empire zu zerstören, und daß sie dies erreichen würden. … Ihre Absicht ist es, die Regierung über die Vereinigten Staaten zu ergreifen, wie dies auch mit Holland und anderen Ländern geschehen ist."

Auch auf Rutherford's Rundfunk-Publizistik wurde in diesem Interview eingegangen. Dazu die entsprechende Frage und Antwort:

"Wir verstehen, daß Sie einmal Zeit in vielen Rundfunkstationen gekauft haben, aber daß sie das jetzt nicht mehr tun. Ist das so, weil irgendeine Gruppe die Rundfunkstationen dazu gezwungen hat, sie fernzuhalten?"

ANTWORT: Es scheint seltsam zu sein, daß eine große öffentliche Zeitung eine solche Frage stellt. Es ist schon seit über zehn Jahren bekannt, daß ich jede Woche 240 Rundfunkstationen benutzt habe. Es ist bekannt, daß über zwei Millionen Menschen gegen die Bemühungen der Hierarchie protestierten, zu versuchen, mich aus dem Äther zu nehmen. Diese Petition, von zweieinhalb Millionen Menschen unterschrieben, wurde dem Kongreß vorgelegt. Im Jahre 1937 zog ich mich freiwillig aus den landesweiten Rundfunkübertragungen zurück - den Grund habe ich in meiner Rede genannt, die damals gehalten und veröffentlicht wurde. Ich wurde nicht durch die katholische Organisation aus dem Äther genommen."

So werden also Niederlagen in Siege umgefälscht, mag man als Kommentar zu vorstehendem nur noch hinzufügen.

Aber es kommt noch "besser". Der betreffende Journalist nahm sich auch die Freiheit, Rutherford bezüglich einiger finanzieller Aspekte "auf den Zahn zu fühlen". Das war dem Zeugen Jehovas-Häuptling nun durchaus nicht recht. Seine Antwort darauf bestand in einem massiven Gegenangriff. Dabei stellte er auch ungeheuerliche Behauptungen mit auf, ohne sie jedoch im Detail zu beweisen. Diese Beweislast wollte er der Presse überbürden, obwohl nicht sie, sondern er es gewesen ist, der diese Behauptungen aufstellte.

Rutherford behauptete in seiner hier referierten Broschüre allen Ernstes:

"Die Hierarchie hat in den gesamten Vereinigten Staaten gewaltige und teure Bauwerke errichtet. Sie ist eine militärische Organisation. In ihren Kellern oder Krypten sind eine große Menge Schußwaffen und Munition gelagert, bereit, zur passenden Zeit gegen alle Gegner vorzugehen; wobei alle die Personen Gegner sind, die die Wahrheit über sie verbreiten und die auch für die Freiheit in Amerika einstehen.

Warum nicht die öffentliche Presse den Kongreß fordern lassen, die Keller und Krypten der katholischen Kathedralen in den Vereinigten Staaten untersuchen zu lassen und der Öffentlichkeit zu beweisen, ob sie eine große Menge Waffen und Munition gelagert haben, die gegen die Regierung eingesetzt werden sollen?

Warum nicht das Dies-Komitee der Hierarchie und den Nazis nachstellen lassen? Wenn die Hierarchie abstreitet, eine große Menge Schußwaffen und Munition gelagert zu haben, dann sollten sie sich nicht einer Untersuchung verweigern. Wenn sie es nachdrücklich leugnen, ist das der beste Grund, warum eine Untersuchung stattfinden sollte.

Es gibt viele Personen in den Vereinigten Staaten, die daran gearbeitet haben, diese Krypten und Keller zu erbauen, und andere, die abzuladen geholfen haben, was Klavierkisten zu sein schienen, die aber voller Gewehre waren und die in diesen Krypten gelagert sind. Ich bin nicht daran interessiert, eine solche Untersuchung durchzuführen … Wenn die öffentliche Presse so interessiert daran ist, die Tatsachen herauszufinden, dann RICHTEN SIE EINE SUCHE UND UNTERSUCHUNG EIN, UM ZU ENTHÜLLEN, WER DIE WAHREN FEINDE DER AMERIKANISCHEN EINRICHTUNGEN SIND."

Ich vermute mal, dass Rutherford nicht unbedingt mit den Einzelheiten des Falles des Atheistenhäuptling's Leo Taxil, der seinerzeit auch Schlagzeilen machte, vertraut gewesen ist. Aber angesichts dieser Rutherford'schen Ausführungen über angebliche Waffenlager in Kirchenkellern, erscheint mir dies wie eine verspätete Ehrenrettung für Paul Bräunlich (einem namhaften Bibelforschergegner der zwanziger Jahre). Ich habe zu Bräunlich ein durchaus ambivalentes Verhältnis. Seine geschichtliche Leistung, den Fall Taxil umfassend referiert zu haben, akzeptiere ich und zolle ihr auch meine Hochachtung. Seinen Ableitungen, die er darauf aufbauend, auf die Bibelforscherfrage vornahm, vermag ich in der Bräunlichen'schen Diktion nicht beizupflichten.

Immerhin hat Bräunlich auch eines bei mir bewirkt, dass ich mich mit dem Fall Taxil auch mal näher beschäftigt habe. Und da ist mir keineswegs jene Szene entgangen, wo Taxil in seiner Atheistenzeit, analog zu Rutherford, eine ähnliche These in die Welt hinausposaunte. Dazu ein kleines Zitat aus meinen Ausführungen zum Fall Taxil:

"Taxil schildert in seinen Bekenntnissen weiter, wie er in seiner Freidenkerzeit unter Verwendung eines Pseudonyms erfundene Geschichten in antiklerikalen Blättern lancierte. Über eine solche vermerkte er:

'Ein anderes Mal erzählte ich, wie die Domherren von Notre-Dome in unterirdischen Räumen zusammenkämen um alte Folterwerkzeuge zu putzen und sich in der sichern Aussicht auf die demnächstigste Wiederherstellung der legitimen Monarchie auf ihren Gebrauch einzuüben.' Er selbst redet davon, dass er das Blatt, dass diese Märchen abdruckte damit 'mystifizieren'
wollte (S. 203-205). Diese 'Technik' beliebte er auch einige Jahre später anzuwenden, wie gewisse Kreise zu ihrer Erschütterung dann noch feststellen sollten." Man vergleiche dazu: Leo Taxil

Somit hat Bräunlich doch recht, wenn er de facto, Rutherford als neuzeitlichen Leo Taxil persiflierte. Das auch ich mal solch verspätete Ehrenrettung für Bräunlich aussprechen würde, hatte ich mir allerdings mit Sicherheit, v o r der Lektüre dieser Rutherford-Broschüre nicht träumen laßen!

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Verschwörung gegen die Demokratie
(1940)

Mit der Rutherford-Schrift von 1940 "Verschwörung gegen die Demokratie", der Schrift des gleichen Verfassers mit dem Titel "Theokratie"und der Rutherford-Schrift von 1941 "Gott und der Staat", liegen drei WTG-Veröffentlichungen vor, die nicht mehr auch ins Deutsche übersetzt wurden. Von der Gedankenführung her, weisen alle drei nicht zu übersehende Gemeinsamkeiten auf, so das es durchaus legitim ist, sie in "einem Abwasch" zu referieren.

Mit Sicherheit ist festzuhalten, dass die katholische Kirche in ihnen nicht "gut" abschneidet. Es werden eine ganze Reihe von Interpretierungen genannt, die das belegen sollen.

Auch heute werden katholische Kreise über die darin gemachten Aussagen, wohl kaum in "Jubel" ausbrechen. Es ist in der Tat so, dass die "Opposition" gewisse Sachverhalte vielfach deutlicher sieht und ausspricht als die jeweils Herrschenden. Das gilt auch im Verhältnis Zeugen Jehovas - katholische Kirche. Ich persönlich habe da keine Schwierigkeiten, diese historische Kritik angemessen gelten zu lassen. Ich habe das bereits in meiner "Geschichte der Zeugen Jehovas" dokumentiert. Katholische und überhaupt kirchliche Kreise, gehören sicherlich nicht zu deren "Bejublern". Schon bei der Auswahl des Titelbildes habe ich den Dissens Zeugen Jehovas - katholische Kirche mit herausgearbeitet. Wer das Buch kennt, der weiss, dass Titelbild thematisiert auch die Koalition zwischen katholischer Kirche und Nazismus. Meine Ausführungen zum Falle Jonak liegen auf der gleichen Ebene.

Dennoch füge ich eine wesentliche Erkenntnis mit hinzu. Sie kommt meines Erachtens treffend in dem Spruch zum Ausdruck: "Die Progressiven von gestern - die Konservativen von heute". Damit ist zugleich gesagt, dass die seinerzeitigen Verdienste der Zeugen Jehovas, keineswegs auf die Gegenwart unreflektiert übertragbar sind, auch wenn letztere es gerne so haben möchten.

Kommen wir zuerst zu "Verschwörung gegen die Demokratie".


Einleitend schreibt Rutherford: "DIE SELBSTREGIERUNG des Volkes verschwindet rapide von der Erde. Harte, verächtliche Diktatoren übernehmen die Macht."

Er versäumt es in diesem Zusammenhang nicht, sich auch wirkungsvoll zu verkaufen:

"Weil Jehovas Prophetie unmissverständlich vorhersagte, dass Diktatoren die Herrschaft über Europa erlangen würden, war es mein Vorrecht, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit vor über drei Jahren auf diese Tatsache aufmerksam zu machen und die europäischen Nationen vor der gegenwärtigen Katastrophe zu warnen, die nun dort herrscht. Bei dieser Gelegenheit werde ich darauf hinweisen, was die Prophezeiungen zeigen, das gewiss über Amerika kommen wird und welche Rolle die Religion in dieser Sache spielt."

In diesem Zusammenhang wiederholt er seine sattsam bekannte Religionstheorie:

"RELIGION bedeutet, alles zu tun, was dem Willen des allmächtigen Gottes zuwider ist.

CHRISTENTUM bedeutet, freudig das zu tun, was in voller Übereinstimmung mit dem Willen des allmächtigen Gottes ist, „dessen Name alleine Jehova ist." Satan der Teufel führte die Religion beim Menschen ein. Jesus Christus ist der Begründer und das Haupt des Christentums."

Seine Interpretation der aktuellen Tagespolitik kleidet er in die Worte:

"Die „Machthierarchie" hat immer einen totalitären oder korporativen Staat begünstigt und unterstützt. Für eine Zeitlang war diese Organisation in ihren Bewegungen, die Welt zu beherrschen, verzögert, aber seit dem (Ersten) Weltkrieg ist sie wieder sehr aggressiv geworden und obwohl sie behauptet, Gott zu dienen, lässt sich die „Machthierarchie" zu allen unheiligen Mitteln herab, um die Welt zu erobern. Die Hierarchie handelt in völliger Übereinstimmung und Verbindung mit den grausamen Diktatoren, darunter Stalin, Hitler, Mussolini und andere mit gleichem politischem Ehrgeiz. Das Haupt dieser großen Religionsorganisation ist Ratgeber und enger Verbündeter Hitlers, der gedroht hat, alle Demokratien der Welt zu überrennen. Die Religion hat die Freiheit der Nationen Europas zerstört und richtet ihre bösartigen Klauen auf die Republiken der westlichen Welt.... In meinen Schlussfolgerungen ..., habe ich die Nationen Europas in einer öffentlichen Rede in London davor gewarnt, dass das totalitäre religiöse Kombinat über die Freiheiten der Menschen herfallen und sie wegnehmen werde. Das ist nun erreicht"

Die Politik der zeitgenössischen katholischen Kirche charakterisiert er mit den Worten:

"Dr. Barnett, einmal ein tätiger Priester, hat unter dem Titel „Rom lässt sich zu Eroberungen herab" ein Buch veröffentlicht, das Fakten enthält, die für die amerikanische Freiheit und für alle gerechtigkeitsliebenden Menschen von entscheidender Bedeutung sind. Alle aufrichtigen Menschen täten gut daran, das Buch zu lesen. Ich zitiere daraus kurz wie folgt: „Papst Pius XI. ... hat das Beste seiner einmaligen Fähigkeit für die Überwaltung und Leitung der katholischen Kampagne in Amerika gegeben. ... Die Eroberung Amerikas ist das höchste Ziel, das er sich gesteckt hat. ... Pius ist sich dessen sehr wohl bewusst, dass die katholische Kirche niemals hoffen kann, die zivilisierte Welt zu beherrschen, solange nicht Amerika, geschlagen und bereuend, zu ihren Füßen kniet. ... Katholisch-faschistische Verschwörer in Kanada, angeführt von Adrien Areand und geleitet vom Vatikan aus, beabsichtigten, während des Jahres 1940 in Kanada die Macht zu ergreifen. Adrien Areand und andere sind verhaftet worden. Unter den vielen Dokumenten, die den kanadischen Beamten in die Hände fielen, ist das folgende soeben veröffentlicht worden. An Areand war folgender Brief adressiert: „Vom Komitee für Universelle Aktion, Rom: Seit langem folgen wir den faschistischen Aktivitäten, die Sie in Ihrem großen und ehrwürdigen Lande fördern, und ein langes Gespräch mit der Person, für die ich die Begleitnote an Sie weiterleite, hat mich das Ziel Ihrer Heiligen Schlacht besser kennenlernen lassen. Wir konnten auch erfahren, dass Sie gute faschistische Arbeit in Kanada leisten, faschistische Arbeit reiner Mussolinischen Natur, das heißt, RÖMISCH UND KATHOLISCH."

In ähnlichem Sinne auch die Aussage:

"Die Taten und Worte der gegenwärtig machthabenden Funktionäre dieser Organisation täuschen über einen guten Zweck hinweg. Ihr gegenwärtiger nationaler Befehlshaber ist ein römischer Katholik und Kolumbus-Ritter, eine Organisation, die Befehle von der Hierarchie in der Vatikanstadt entgegennimmt. Die Legion ist gegen die demokratische Regierungsform. Ihr früherer nationaler Befehlshaber Owsley sagte in aller Öffentlichkeit: „Vergessen Sie nicht, dass die Faschisten für Italien dass sind, was die Amerikanische Legion für die Vereinigten Staaten ist." Der gegenwärtige nationale Befehlshaber verunglimpft in einer kürzlich gehaltenen Rede offen die Versammlungsfreiheit und die Redefreiheit und hat eine Ergänzung zur Freiheitsurkunde gefordert. Überdies trat derselbe Befehlshaber in einer Rede vor ein paar Tagen für eine Privatarmee durch die Legion ein. Diese Armee existiert bereits und ist gut ausgerüstet; sie wartet auf den Einsatzbefehl der Hierarchie."

Als Beispiel aus der Praxis wird erwähnt:

"In Richwood, West Virginia, wurden amerikanische Bürger, die ihr verfassungsmäßiges Recht ausübten, Unterschriften für eine Petition zu sammeln, von der Amerikanischen Legion gewaltsam angegriffen - diese zerstörte das Eigentum von Jehovas Zeugen. Dann misshandelte ein katholischer Priester diese schutzlosen Menschen in aller Öffentlichkeit, und währenddessen griff ein Polizist in bösartiger Weise einen dieser Christen an, weil dieser eine Bibelstelle zitierte. Neun von diesen Christen wurden wie Vieh mit Stricken zusammengebunden. Ein Arzt mit einer Magenpumpe zwang Rizinusöl durch ihren Schlund. Zusammengebunden, wurden diese Zeugen wie wilde Tiere aus der Stadt geführt, während die Führer der Amerikanischen Legion sie in widerwärtiger Sprache beschimpften und gegen diese Zeugen ausriefen: „Hitlerspione; Fünfte Kolonne!" Ich kann hier nur ein paar von diesen Vorfällen erwähnen, aber ich füge eine Liste der Beamten hinzu, die dem Rat von Mr. Kelly, dem Kommandeur der römisch-katholischen Legion, gefolgt sind, SUMMARISCHE Bestrafung gegen unschuldige amerikanische Bürger zu verhängen, weil diese ihre verfassungsmäßigen Rechte ausgeübt haben. Die Legionäre und andere Schurken unter dem Kommando der Hierarchie haben sich zu einer Bürgerwehr gemacht, die summarische Bestrafung gegen unschuldige Bürger verhängt. Das Gesetz des Landes fordert, dass der bösartigste Mörder ein Gerichtsverfahren vor einer Jury von Gleichrangigen haben muss, dass er eine anständige Rechtsberatung erhält und sich verteidigen kann. Die Hierarchie und die Legion, die sich als Patrioten ausgeben, bestrafen Unschuldige, ohne ihnen auch nur zuzugestehen, dass sie zu ihrer eigenen Verteidigung angehört werden. Das ist das, was die Religion für Amerika vollbracht hat."

Genannt wird auch:

"Solch grausame und ungesetzliche Vorgehensweise durch Hierarchie und Legionäre ist nichts anders als die Wiederbelebung der alten römischen Hierarchie und ihrer grausamen Inquisition.

Hitler war zeit seines Lebens römisch-katholisch. Hitler hat Gott beschimpft und seine Absicht erklärt, das „Heilige Römische Reich" wiederzuerrichten und den Westfälischen Frieden aus dem Jahre 1648, der einen dreißigjährigen Religionskrieg zum Abschluss brachte und der zum Ergebnis hatte, dass die Anbetungsfreiheit erlangt wurde, wegzuwischen.

Mussolini ist Katholik geworden und arbeitet mit der Hierarchie zusammen und erhält seinen Rat vom Papst. Franco, ein katholischer Diktator, zerstörte die spanische Republik und hat jetzt die katholische Kirche und den Staat in Spanien vereint. Frankreich ist keine Republik mehr, es ist nun ein katholischer totalitärer Staat. Kanada hat sich finsterem religiösem Einfluss der Hierarchie unterworfen und seine Bürger daran gehindert, die Versammlungsfreiheit und die Freiheit, den allmächtigen Gott anzubeten und sein Wort zu studieren, auszuüben."

Weiter Rutherford:

"Kürzlich hat sich eine Anzahl pflichtbewusster katholischer Priester aus der Organisation der katholischen Hierarchie zurückgezogen und versucht nun, die Leute durch die Publikation einer Zeitschrift mit dem Titel „Der bekehrte Katholik" aufzuklären. Ich zitiere aus dem Leitartikel vom Juni 1940 wie folgt: Hitlers Ambitionen, die Welt zu erobern, „waren geplant und erwünscht, lange bevor Hitler oder irgendeiner seiner Achsenpartner die Szene betraten." Hitlers „Ziele sind dieselben wie die des jesuitengeführten Katholizismus seit vierhundert Jahren in seinem Bemühen, die Auswirkungen der Reformation zunichte zu machen. Nazi-faschistische Diktatoren, alle Produkte der katholischen Kirche, haben die Mittel beschafft, die diese Ziele schnell der Verwirklichung näher bringen.

In Deutschland und in Zentraleuropa hat Hitler sich vorgenommen, alle Freiheiten des Geistes völlig zu zerstören, und sein Angriff kann auf der Gewinnseite der katholischen Kirche verbucht werden."

Die deutsche Besetzung von Belgien ist Rutherford den Kommentar wert:

"Nazi-Faschisten versuchen, völlig die Freiheiten in allen Nationen abzuschaffen, und bei diesem Versuch werden sie völlig von der Hierarchie der Vatikanstadt unterstützt. Als das katholische Volk von Belgien wie wilde Tiere aus ihren Häusern getrieben wurde, wurde die folgende Depesche aus Berlin abgeschickt und am 6. Juni auf der ganzen Welt veröffentlicht: „Berlin, 6.Juni

1940. - Besondere Treffen der römisch-katholischen Bischöfe in ganz Deutschland haben zu der Entscheidung geführt, Danksagungsmessen für den deutschen Sieg in Belgien und Flandern abzuhalten, hieß es heute."

Weiter kommt er besonders noch auf die Flaggengrußproblematik zu sprechen, die ihm offenbar schwer im Magen liegt. Dazu Rutherford:

"Zwangsfahnengruß und „Heil Hitler" wurden in Deutschland von Religionisten eingeführt, um die Unterwerfung des Volkes unter religiöse Diktatoren zu erzwingen und Gott zu verunehren. Die Geheimpolizei oder Gestapo trat zur selben Zeit auf den Plan und gebrauchte in brutaler Weise Gewalt gegen Menschen, die es ablehnen, der religiösen Zeremonie nachzugeben, die Hakenkreuzfahne zu grüßen oder Heil Hitler zu sagen. Die Hierarchie ist die wahre Triebkraft des Zwangsfahnengrußes und der Verehrung von Geschöpfen. Weil die Christen in Deutschland sich weigerten, sich solchen religiösen Zeremonien zu unterwerfen, wurden Tausende von ihnen in Gefängnissen eingekerkert und viele von ihnen umgebracht. Sie erlitten lieber den Tod, als ihren Bund zu brechen, dem allmächtigen Gott zu gehorchen. In Amerika wurde auf Betreiben der Hierarchie der Fahnegruß durch Schulkinder eingeführt. Er erschien in Form von Patriotismus, aber in Wirklichkeit richtet er sich gegen die, die Gott in Geist und Wahrheit anbeten.

Die Absicht war, vielen Menschen Furcht einzuflößen und das individuelle Gewissen und die Hingabe an den allmächtigen Gott zu zerstören. In 150 Jahren amerikanischer Geschichte hat niemand je daran gedacht, jemanden dazu zu zwingen, die Fahne zu grüßen, und nun zwingt man sogar schon Schulkinder dazu.

Der Oberste Gerichtshof hat im Fall Gobitis nur entschieden, dass Schulleitungen Regeln durchsetzen können, die Kinder zwingen, die Fahne zu grüßen, und das gegen ihr Gewissen. Das Gericht unternahm keinen Versuch zu entscheiden, ob Erwachsene die Fahne grüßen müssen. Das stand hier nicht zur Entscheidung an. Es gibt kein Gesetz in Amerika, das Erwachsene zwingt, die Fahne zu grüßen. Aber die Hierarchie und die Verbündeten versuchen, um das Volk einzuschüchtern, pflichtbewusste Christen zu zwingen, entgegen dem Gesetz des Landes Gottes Gesetz zu brechen."

Besonders in "Gott und der Staat" wird das Thema des Flaggengrußes weiter behandelt.

Die Problematik wird mit den Worten umrissen:

"Solche Menschen, mit dem Ehrgeiz, als bejubelte Hüter des öffentlichen Wohls zu erscheinen, haben die Vorstellung vermittelt, man müsse Schulkinder zwingen, an einer festgelegten Zeremonie des Flaggengrußes teilzunehmen. Die Vorstellung erschien anderen, die Gottes Wort nicht beachten, als gut, und bald schon begannen Schulkollegien damit, Vorschriften aufzustellen, um alle Kinder zur Teilnahme an einer solchen Zeremonie zu zwingen. Dies ist fortgeschritten, bis jetzt eine allgemeine Hysterie im Lande herrscht, die zur Bestrafung von Kindern durch schlechte Behandlung und zum Hinauswurf aus Schulen geführt hat, weil sie nach ihrem Gewissen handeln und es ablehnen, an der religiösen Zeremonie des Fahnengrußes teilzunehmen."

Den Dissens in der Flaggengrußfrage sieht Rutherford besonders darin:

"Gemäß maßgeblichen Definitionen ist der Fahnengruß eine religiöse Zeremonie, die entgegen dem Gesetz Gottes Verehrung und Anbetung darstellt. Diese Definitionen lauten:

„Die Fahne ist wie das Kreuz geheiligt ... Die Regeln und Vorschriften in Bezug auf die Haltung von Menschen gegenüber nationalen Standarten gebrauchen starke, ausdrucksvolle Worte wie 'Dienst für die Fahne', ... 'Verehrung für die Fahne', 'Ergebenheit gegenüber der Fahne'." - Encyclopedia Americana, Band 11, Seite 316.

GEHEILIGT bedeutet „für eine religiöse Zeremonie herausgehoben".

HINGABE bedeutet „eine Form des Gebetes oder der Anbetung." - Webster.

VEREHRUNG bedeutet „Ehrfurcht, Ausdruck eines Gefühls der Ehrfurcht, Anbetung".

GRUSS bedeutet „mit einem Kuss grüßen, sich niederbeugen und Höflichkeit entgegenbringen, eine Kopfbedeckung abnehmen, jemanden umarmen oder mit der Hand winken oder dergleichen ... förmlich oder mit zeremonieller Anerkennung jemanden zu ehren". (Century Dictionary, Seite 5321) „Mit einem Zeichen des Willkommens, der Liebe oder des Respekts, wie einem Beugen oder einer Umarmung, oder einem Winken der Hand, zu grüßen." - Webster.

Unter dem Wort „Bildnis" gibt Websters Wörterbuch diese Definition: „Bildnis legt im modernen Sprachgebrauch gewöhnlich den Gedanken an RELIGIÖSE VEREHRUNG nahe." Nach der Bibel schließt das 'Niederbeugen vor einem Symbol oder Bildnis' alle Körperhaltungen und Posituren gegenüber einem Bildnis ein, selbst einen Kuss. (Siehe 1. Könige 19:18; Hosea 13:2; Hiob 31:25-27.) So erkennen weltliche Lexikografen den Fahnengruß als EINEN RELIGIÖSEN FORMALISMUS an. ... Der Grund, dass solch ein Fahnengruß eine Verletzung dieses Gebotes ist, liegt darin, dass der Gruß die Rettung dem Staat zuschreibt, den die Fahne repräsentiert, womit der Staat zu einem Mächtigen oder „Gott" gemacht wird, wo doch die 'Rettung allein Jehova, dem allmächtigen Gott, gehört', und niemandem sonst".

... Die heuchlerische Zeremonie des Fahnengrußes oder Menschen „Heil" zu sagen, hat ihren Ursprung in Deutschland bei den Nazis und ist ein weiteres Bemühen seitens des Teufels, die treue Hingabe an den allmächtigen Gott durch Menschen, die gelobt haben, Gott zu dienen, zu brechen.

Dieselbe satanische, totalitäre Herrschaft versucht, sich gewaltsam über die Nationen der Erde auszubreiten. In den Vereinigten Staaten sind die Menschen 150 Jahre oder länger zurechtgekommen, ohne gezwungen zu werden, Fahnen zu grüßen; und das Grüßen von Fahnen hat nicht die Kriminalität vermindert. Die begeistertsten Fahnengrüßer in Amerika sind heute die, die vor den Gesetzen von Menschenden wenigsten Respekt und keine Achtung vor dem Gesetz Gottes haben."

In der Schrift "Theokratie" ragt besonders die Polemik gegen die US-Tageszeitung "New York Post" hervor.

Rutherford beklagt:

"Zeitungen suchen durch ihre Vertreter nach Interviews, um Material für eine „Story" zu erhalten, und aus den in den Informationen enthaltenen Tatsachen wird eine „Story" zusammengestellt.

Zweifellos schreiben die Reporter, die diese Informationen sammeln, viele Tatsachen in ihren Berichten, aber der Mann, der im Drehstuhl sitzt, sagt: „Das reicht nicht. Wir müssen das groß aufmachen und so auftischen, dass es den Sensationsfanatikern passt und wir nicht die hohen Tiere beleidigen." Ein passendes Beispiel ist das der New Yorker Post, einer Zeitung, die ihre Reporter losschickte, um eine „Story" zu erhalten, die sich über Jehovas Zeugen veröffentlichen ließ. Der Reporter wurde gebeten, seine Fragen schriftlich einzureichen. Das tat er, und es wurden Antworten auf seine Fragen verfasst. Als die Geschichte in der New Yorker Post erschien, war sie völlig anders als die gelieferten Fakten."

Offenbar hatte die "Post" besonders das WTG-Finanzgebaren aufs Korn genommen. Dazu liest man bei Rutherford:

"Die Post scheint den Eindruck zu erwecken, dass die WACHTTURM BIBEL- UND TRAKTAT-GESELLSCHAFT große Summen an Geld mit der Veröffentlichung ihrer Literatur macht, und zu diesem Zweck veröffentlicht die Post, was vorgibt, Information aus einer ungenannten Quelle über die Kosten von Büchern und anderen Veröffentlichungen zu sein. Das tut man mit der Absicht, den „Gewinn" der Gesellschaft abzuschätzen. Die Post nimmt überhaupt nicht die Tatsache zur Kenntnis, dass der Druck von Büchern oder Literatur eine Sache ist, die Kosten der Verbreitung aber eine völlig andere. Die Post verschwendet keinen Gedanken an die Tatsache, dass der ganze Büroapparat der Gesellschaft zusätzlich zu dem Druckerpersonal, das in der Zentrale arbeitet, auf Kosten der Gesellschaft ernährt und untergebracht werden muss; und auch nicht an die weitere Tatsache, dass die Verpackung, der Versand, das Ausfahren mit Lastwagen und andere Versandkosten auch von der Gesellschaft zu bezahlen sind. Und dann kommen noch die Kosten hinzu, sie an die Prediger zu verteilen, sowie deren Tätigkeit, die auch Geld kostet.

Dann sind da noch Ausgaben für die Verbreitung des Königreichswerkes über Rundfunk und andere legitime Mittel und auch die schwere finanzielle Bürde für die Gesellschaft, Jehovas Zeugen vor Gericht zu verteidigen, die unrechtmäßig angegriffen und ins Gefängnis geworfen und anderweitig von religiösen Fanatikern behindert werden, die Kosten für Kongresse, die Ausgaben für ihre vielen reisenden Diener und für die Millionen von Büchern, die für das Ausland hergestellt und versandt werden, für das keinerlei Geld als Gegenwert erhalten wird, sowie für die Millionen von Büchern, die an aufrichtige Menschen abgegeben werden, die zu arm sind, etwas dafür zu geben."

Weiter interpretiert Rutherford:

"Die Religionisten und ihre Vertreter, die Zeitungen herausgeben, scheinen sehr zu wollen, dass diese Gesellschaft ihre Bilanz veröffentlicht. Was wollen sie damit erreichen? Sie haben kein vernünftiges Interesse an diesem Werk, sondern widersetzen sich ihm im Gegenteil und können das nur aus einem selbstsüchtigen Grund verlangen. Warum bitten die Post und andere ähnliche Publikationen nicht die römisch-katholische Hierarchie, ihre Bilanz zu veröffentlichen und die Leute zu informieren, was sie mit den riesigen Summen an Geld tut, die sie für das Aufsagen von Gebeten für die Toten erhält, und mit dem Geld, das sie aus anderen Quellen erhält? Es ist bekannt, dass die römisch-katholische Hierarchie überall in den Vereinigten Staaten, ja, auf der ganzen Welt, Besitztümer hat, und die Rechtstitel und die Kontrolle über diesen ganzen Besitz in der Vatikanstadt liegen, und dass große Summen an Geld von den Leuten eingesammelt und der Hierarchie übergeben werden, aber nie hat jemand erlebt, dass die Hierarchie ihre Bilanz veröffentlicht. Die WACHTTURM BIBEL- UND TRAKTAT-GESELLSCHAFT hat kein Interesse an dem, was die Hierarchie mit ihrem Geld tut. Wir halten uns an unsere eigenen Dinge, die der Herr uns gegeben hat.

Damit wir uns richtig verstehen: Die WACHTTURM BIBEL- UND TRAKTAT-GESELLSCHAFT erhält kein Geld von einem Gegner. Keine politische Partei liefert einen Penny, und auch sonst niemand liefert einen Penny außer denen, die an der Förderung der Königreichsinteressen interessiert sind.

Die katholische Hierarchie verwendet, wie bekannt ist, zusätzlich zu den zahlreichen Geldern, die sie von den Leuten einsammelt, auch noch öffentliche Mittel, die durch Steuern erhoben werden, um gewisse Teile ihrer Organisation am Leben zu erhalten. Die Post ist nicht an der Wahrheit interessiert, sie tut vielmehr alles mögliche, um die Verkündigung der Wahrheit zu behindern."

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Rutherford: "Theokratische Gesandte"
(1940)

Einigen Staub wirbelte sie schon auf, jene Rutherford-Broschüre aus dem Jahre 1940, mit dem Titel "Theokratische Gesandte". Man ist zwar geneigt zu sagen: Da wurde unverdientermaßen "Staub aufgewirbelt", denn diese Schrift enthält nichts, was vom gleichen Autor schon "x-mal" auch andernorts gesagt wurde. Fakt ist aber, dass es in der Schweiz einen katholischen Priester namens Rober Mäder gab, der sich angesichts dieser Broschüre so richtig "aufplusterte".

Sein Missfallen erregte insbesondere, dass auch in dieser Schrift die konventionelle Dreieinigkeitslehre der Großkirchen abgelehnt wird. Und weil er schon mal dabei war sich zu erregen, so lies er denn sein Missfallen auch noch über ein paar andere Bibelforscheraussagen mit aus. Das alles "verpackte" er dann in eine Broschüre mit dem reißerischen Titel: "Dynamit unter dem Schweizerhaus" (1941 erschienen).

Sehen wir uns das von Mäder geortete "Dynamit" etwas näher an. Auf Seite 2 seiner Kampfschrift macht er schon mal keine Mördergrube aus seinem Herzen, wenn er den sein Missfallen in die Worte kleidet:

"Ein Attentat gegen den christlichen Gottesbegriff. Eine antichristliche Offensive gegen unseren Erlöser. Ein Bekenntnis zu religiösem Anarchismus. ... Die Grundlage des Christentums ist das Dogma von der heiligen Dreifaltigkeit. Dem gegenüber behauptet die Bibelforscherei: 'Die Dreieinigkeitstheorie ist durchaus vernunftwidrig und auch mit der Bibel unvereinbar. Sie ist satanischen Ursprungs.'"

"Starke Worte" kann man dazu nur sagen. Aber es kommt noch "besser". Die nächste Attacke von Mäder (S. 4):

"Wir verlangen im Namen der Ehrlichkeit, daß die Bibelforscherei mit offenem Visier auf den Kampfplatz tritt. Als das, was sie ist, als maskiertes Judentum. Und darum Antichristentum". So tönte 1941 in der Schweiz Herr Mäder.

So "bläuaugig" dürfte er doch wohl nicht gewesen sein um sich nicht im klaren darüber zu sein, dass just zu jenem Zeitpunkt, ähnliche Thesen, im Nachbarland Deutschland ihre Runden machten. Ein fader Nachgeschmack bleibt bei alledem auf jedem Fall mit zurück. Mäder repräsentierte eine Form des Katholizismus, wie er vor dem Zeiten Vatikanischen Konzil (in den 1960-er Jahren) nicht selten anzutreffen war. Und zur Schande von Teilen der katholischen Kirche sei es gesagt, bei ihren Ewiggestrigen noch heute anzutreffen ist. Man sehe sich nur das Schrifttum des Pro fide catholica Verlages mit seinen Autoren Robin de Ruiter oder Helmut Friedlmayer an. Und man hat handgreifliche Beweise, dass die Ewiggestrigen, keinesfalls "ausgestorben" sind.

Die nächste Attacke von Mäder (S. 5, 6):

"Wir lehnen schließlich die Bibelforscherei ab als Geist des Anarchismus. Sie ist vor allem religiöser Anarchismus. Sie spricht verächtlich von den 'Religionisten' aller Zeiten. ... Vom religiösen Anarchismus ist erfahrungsgemäß ein kleiner Schritt zum politischen."

Dieses Votum aus katholischem Munde ist in gewisser Hinsicht durchaus verstehbar. Demokratie ist auch für die Catholica eine ungeliebte Sache. Und vor allem in den eigenen Reihen duldet sie keine diesbezüglichen Ansätze. Ob ihre Attacke indes bei den Bibelforschern, den "richtigen" Partner gefunden hat, erscheint doch sehr zweifelhaft. Denn auch die halten n i c h t s von Demokratie.

Vielleicht kommt man dem Kern des Problems näher, wenn man auch das Schlusswort von Mäder mit in die Betrachtung einbezieht. Dort äußert er:

"Was beweist die Bewegung der Bibelforscher? Was alle Reformbewegungen unserer Tage beweisen, die revolutionären und die gesunden. Das Chaos der Gegenwart ist untragbar geworden. Wir alle, Katholiken und Kommunisten, Sektierer aller Schattierungen und Materialisten, schreien nach einer neuen, besseren und schöneren Zeit, wo die Gerechtigkeit wohnt (2. Petr. 3,13). Worin wir aber auseinander gehen, das ist der Weg und das Ziel, also ziemlich alles."

Mein abschließender Kommentar: Weder der Katholizismus a la Mäder noch die Bibelforscherei bieten hierfür einen akzeptablen Weg!

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Rutherford "Flüchtlinge"
(1940)

Was wäre die WTG ohne das Auf und Ab im politischen Weltgeschehen? Sie wäre so etwas ähnliches wie der "Fisch ohne Wasser". So war es auch im Jahre 1940. Die Welt hielt damals den Atem an. Der Zweite Weltkrieg war bereits ausgebrochen. Polen, Tschechoslowakei, Österreich und andere waren bereits von Hitlerdeutschland überrannt. Der Spanische Bürgerkrieg hatte einen Sieger gefunden; und der dortige Verlierer hieß die Demokratie. Das alles waren in der Tat Geschehnisse die einem Angst und Bange machen konnten. Und wie nicht anders zu erwarten sprang auch Rutherford auf den fahrenden Zug, der weiteren Schürung solcher Ängste. Seine 1940-er Broschüre "Flüchtlinge" ist auch ein solches Dokument.

Schon einleitend verlautbart er: "Alle Nationen schauen heute dem Untergang entgegen. Im weltweiten Kriege von Harmagedon, das heißt in dem 'Kriege jenes großen Tages Gottes des Allmächtigen' werden alle Nationen untergehen. Das bedeutet nicht den 'Tod' der Nationen durch die Hände anderer Nationen, sondern den Tod, den die Allmacht des Himmels bewirkt, das heißt 'die obrigkeitlichen Gewalten' (Römer 13:1), die aus Jehova Gott und Christus Jesus bestehen" (S. 6).

Im Klartext. Die real greifbaren kriegerischen Geschehnisse überhöht er noch um zu drohen, dass damit ein göttliches "Harmagedon" verbunden sei. Und er versäumt es auch nicht gleichzeitig die Spitze mit einzubauen, dass er weltlichen Regimen jegliche Kompetenz als "Obrigkeit" gemäß Römer 13, abspricht. Für die Anhängerschaft bedeutete dies zugleich in die Alltagssprache übersetzt: Wir müssen Rutherford mehr gehorchen als dem Staat.

Und auch den weltlichen Staaten droht er pauschal die Vernichtung an:

"In jener Schlacht des großen Tages Gottes des Allmächtigen werden die Demokratien, werden die kommunistischen Regierungen noch der Nazismus, die Monarchien oder den Imperialismus überdauern; den jegliche Form menschlicher Regierungen wird auf ewig verschwinden" (S. 7).

Und weiter: "Harmagedon rückt jetzt nahe heran. Jeder denkende Mensch kann erkennen, daß die große Drangsalszeit kurz bevorsteht" (S. 27). Und seine Spitze gegen die Konkurrenzreligionen richtend verlautbart er dann noch:

"Ein großer Religionist, dem das Religionssystem der römisch-katholischen Organisation zur Seite steht, führte den Krieg in Spanien von 1936 bis 1939, in dem viele Menschen umkamen. Beinahe alle Bewohner Spaniens waren damals Anhänger der römisch-katholischen Religion, doch wurde durch diese Religion keiner von ihnen verschont oder beschützt. Die Religion bot ferner der Bevölkerung Polens oder der Tschechoslowakei, die fest zum katholischen Religionssystem und dessen Kult hielt, keinerlei Schutz" (S. 11).

Im zweiten Teil dieser Broschüre polemisiert Rutherford wieder einmal gegen die sogenannten "Wahlältesten", deren Entmachtung er ja mit Vehemenz vorangetrieben hatte. Der Hintergrund dafür ist darin zu sehen, dass sie ihm zu unabhängig waren. Seine erklärte Zielstellung war, alle Mitglieder in dieser Religionsorganisation haben ihren eigenen Willen an der "Garderobe abzugeben", und sich als willenloses Werkzeug durch Rutherford dirigieren zu lassen, der allein bestimmte, wo "es langging". Ein Symptom der diesbezüglichen Auseinandersetzung kann man auch auf S. 46 genannter Broschüre nachlesen, wo diesbezüglich zu lesen ist:

"Gottes bestimmte Zeit zur Erfüllung des Gleichnisses mit Bezug auf den armen Mann kam herbei, und Gott offenbarte dann seinem treuen Volke, daß die 'große Volksmenge' eine irdische Klasse ist, die ewig auf der Erde leben wird. … Diese Botschaft vom Herrn wurde seinem Volke im Jahre 1935 ausgerichtet, und sie brachte den Menschen guten Willens, die sie hörten, grenzenlose Freude. … Hat sich denn auch die 'Wahlältesten'-Klasse daran beteiligt, ihre Freude auszudrücken, indem sie die frohe Botschaft den Menschen guten Willens überbrachte? Nein, weit davon entfernt. Im Gegenteil, jene selbstgerechten 'Wahlältesten' die Klasse des 'bösen Knechts', sagten damals und sagen noch: 'Wo finden wir Anzeichen dafür, daß die große Volksmenge eine irdische Klasse sein wird? Worin liegt der Beweis, daß die große Volksmenge jetzt versammelt wird? Wir sehen keine große Volksmenge.'

Solche, die zur Klasse des 'bösen Knechts' gehören, haben bis heute an der Theorie festgehalten, die 'große Volksmenge' sei eine Klasse, die einen Glauben zweiten Grades besitze und worin die Halbtreuen landen können, falls sie unfähig wären, die himmlische Herrlichkeit zu erreichen. "

Die Rutherford-Broschüre "Flüchtlinge" ist neben der Englischen, auch in einer deutschen Ausgabe erschienen. Ein Belegexemplar davon befindet sich auch im Bestand der Schweizerischen Landesbibliothek Bern (Signatur: N 45330 37) Gleichwohl ist einzuräumen, dass bedingt durch die kriegerischen Verhältnisse in Europa, ihr Bekanntheits- und Verbreitungsgrad relativ gering ist. Diesem Umstand ist es zuzuschreiben, dass der erste Teil dieser Broschüre (also rund 50%) erneut, unabhängig von der WTG, ins Deutsche übersetzt wurde. Dem Übersetzer ist es dabei entgangen, dass sie bereits in deutscher Edition vorliegt. Wie das bei Übersetzungen so der Fall ist. Es treten auch unterschiedliche Wortwahlen auf. Das ist auch in diesem Fall so. Diese nachträgliche Übersetzung stimmt daher in der Wortwahl nicht immer mit der WTG-Übersetzung überein; wohl aber in der Sache. Da diese von der WTG unabhängige Teilübersetzung nun aber existiert, so sei sie nun auch über nachfolgendem Link dargeboten.

Rutherford Flüchtlinge Text

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"Das Ende"
(1941)

Rutherford's 1941 erschienenes Buch "Religion", konnte nicht mehr (offiziell) in Deutsch veröffentlicht werden, weil es die WTG aufgrund seines Inhaltes nicht durch die Schweizerische Zensur (in den Kriegsjahren) hindurch bekam. Aus gleichem Grunde musste auch der "Wachtturm" 1940 in der Schweiz sein offizielles Erscheinen einstellen. Lediglich die Parallelzeitschrift "Trost" erschien dort weiter; unter der Auflage: Einreichen der beabsichtigten Ausgaben bei der Zensurbehörde, vor Erscheinungsbeginn.

Man kennt das aktuell noch aus der "DDR". Zum ersten war "Selbstzensur" angesagt. Hatte die "Schere im Kopf" nicht ausreichend funktioniert, kam es zusätzlich zu Textlöschungen. Letztere "weiße Stellen" sind auch im "Trost" nachweisbar.

Konnte schon "Religion" nicht über die Bühne gehen, so auch nicht eine Reihe weiterer kleinerer Broschüren, bei denen die WTG offenbar auch erst gar nicht diesbezügliche Bemühungen unternahm, im vorherigen Bewußtsein der Aussichtslosigkeit dieses Unterfangens. Das trifft auch für die Broschüre "Das Ende" zu, die in der Substanz als eine Begleitschrift zum Rutherford-Buch "Religion" zu bewerten ist und offiziell nur in Englisch vorliegt. Nachstehende Ausführungen nehmen auf eine deutsche (nicht von der WTG) erfolgte Übersetzung bezug.

Um das Rutherford-Buch "Religion" entsprechend zu verkaufen, wurde eigens auf den 1941-er WTG-Kongressen, wo sie noch stattfinden konnten, eine "großartige Resolution" in Szene gesetzt. In ihr konnte man lesen:

"Der Teufel und seine verbündeten unreinen Dämonen, die durch jetzt auf der Erde lebende grausame Diktatoren und religiöse Riesen handeln, die alle Religion praktizieren, haben die Nationen versammelt, um gegen DIE THEOKRATIE, das Königreich Gottes unter Jesus Christus, mit der Absicht Schlacht zu führen, die zu vernichten, die dem Herrn dienen. Diese „Schlacht des großen Tages Gottes des Allmächtigen" steht unmittelbar bevor und wird die größte je erlebte Drangsal sei."

Und selbstredend wurde auf der ach so nahen Endzeitklaviatur gespielt. So auch in dem Aufforderungssatz:

"Dieses Buch, Religion, das jetzt für die Öffentlichkeit freigegeben wird, wird es dir ermöglichen, in der Bibel schnell die Schriftbeweise zu finden, die dir jeden Schritt zeigen, den du gehen musst, um den Weg zur Sicherheit zu finden. Beeile dich, ehe Harmagedon ausbricht."

Wie bei den Zeugen Jehovas so üblich, wurde auch für diesen Rutherford-Erguss wieder einmal "Der Herr" bemüht. So in der Aussage:

"Der Herr hat in seiner Gnade für ein weiteres Instrument für den Gebrauch durch Sein Volk in diesem Schlussfeldzug gesorgt. Er hat denen, die Ihn lieben, deutlich gemacht, dass Dämonismus und Christentum das genaue Gegenteil von einander sind. Die Dämonenreligion geht vom Teufel aus; das Christentum von und durch Jesus Christus. Millionen von Menschen guten Willens, die jetzt auf der Erde leben, möchten diesen Unterschied kennen lernen und den rechten Weg einschlagen. Dieses Buch mit dem Titel Religion enthält die ganze Information. Erwerbt euer Exemplar und lest es schnell, und dann bringt es anderen, damit sie Gottes Vorkehrung für ihre Rettung und die Rettung all derer, die ihn lieben und ihm dienen, kennen lernen."

Schon einleitend beginnt diese Broschüre mit dem Ausruf:

"JEHOVA GOTT leitete seinen Propheten, niederzuschreiben: „Das Ende verzögert sich noch bis bestimmten Zeit." (Daniel 11:27) Das bedeutet notwendigerweise, dass das Ende eindeutig festgelegt ist und sich nicht verspätet. Diese und andere Prophezeiungen wurden vor langer Zeit geschrieben, damit Gottes Volk heute auf Erden in dieser Zeit großer Weltprobleme Trost haben möchte und stark in der Hoffnung ist.

„Das Ende", von dem in dieser Prophezeiung gesprochen wird, bedeutet den endgültigen Abschluss, der kommt, wenn das „befremdende Werk" Gottes vollendet ist und die „seltsame Arbeit" beginnt. (Jesaja 28:21) Es ist die Zeit, wo „dieses Evangelium vom Königreich" als ein Zeugnis für die Nationen der Erde gepredigt worden ist und dieses Predigen abgeschlossen ist."

Vermeintliche "Beweise" werden mit den Worten interpretiert:

"Alle Beweise deuten nun stark auf die Tatsache hin, dass Harmagedon sehr nah ist und dass wir bald Zeugen der Niederlage Satans und der völligen Rechtfertigung des Namens Jehovas sein werden."

In der Tat war die WTG-Tätigkeit in dieses kritischen 40-er Jahren, nicht nur in Deutschland, zunehmenden Restriktionen unterworfen. Sie werden in der genannten Schrift mit den Worten verklärt:

"Während sich die Tür der Gelegenheit, an Gottes „seltsamer Arbeit" teilzuhaben, schnell schließt und sie in vielen Teilen der Erde schon geschlossen ist, und während die Verfolgung treuer Christen an Schwere zu nimmt, sind Gottes gesalbtes Volk und seine Gefährten in keiner Weise bestürzt. Sie sind aus den Offenbarungen der Prophezeiungen vorhergewarnt und wissen, dass diese Dinge geschehen müssen, die jetzt sichtbar werden."

Wie üblich wird der bei den Zeugen Jehovas hoch im Kurs stehende Bibelspruch "Friede und Sicherheit als Zeichen des Verderbens (sinngemäß zitiert), auch in dieser Schrift bemüht. Etwa in der Wendung:

"Es sind die, die die Führer des gottlosen Elements der Menschen auf Erden sind. Es sind die, die Propaganda verbreiten, um die leichtgläubige Öffentlichkeit zu täuschen und zu beherrschen. Das Wort „sie", das der Apostel verwendet, meint ganz klar die Menschen, die wegen ihrer äußersten Selbstsucht die ganze Welt entgegen dem Willen Gottes kontrollieren und beherrschen wollen. Sie sind es daher, die gegen DIE THEOKRATIE, die große Regierung Jehova Gottes mit Jesus Christus als König, dem rechtmäßigen Herrscher der Welt, eingenommen sind.

Man beachte wiederum, dass „sie", die „Friede und Sicherheit" sagen, die sind, deren Friede durch die Veröffentlichung der Wahrheit über Religion und der Wahrheit, die die große THEOKRATIE verkündigt, gestört wurde."

Die aktuellen politischen Weltverhältnisse werden in dieser Schrift mit den Worten verklärt:

"Satan der Teufel, der weiß, dass seine Zeit bis zum abschließenden Entscheidungskampf kurz ist, geht jetzt weiter und setzt eine totalitäre Herrschaft in den verschiedenen Nationen der Erde ein, und das im Widerstand gegen Gottes Königreich. … Jeder Diktator auf der Erde ist der Vertreter Satans, und zusammen mit dem Papstsystem arbeiten sie fieberhaft daran, die Herrschaft über jede Nation auf Erden zu erlangen. Daher wirken Stalin, Hitler und Mussolini alle zu einem einzigen Zweck. Sie alle sind Widersacher DER THEOKRATISCHEN REGIERUNG, und alle sind sie daher erbitterte Gegner jedes Geschöpfes, das den Namen Gottes und den Jesu Christi verherrlicht und von DER THEOKRRATIE berichtet. Das ist der Grund, warum Jehovas Zeugen von den herrschenden Mächten gehasst werden."

Auch so ein Satz, der mit Sicherheit nicht von den Zensurbehörden "toleriert" würde:

"Das totalitäre Kombinat, das politische wie das kirchliche, beanspruchen jetzt, statt Christus die Welt zu beherrschen, und damit stellen sie das Greuel der Verwüstung dar. Alle Personen guten Willens müssen jetzt zu dem Königreich Zuflucht nehmen, wenn sie leben möchten."

Die "Geschichtsphilosophie" der Zeugen wird in dieser Publikation mit den Worten umrissen:

"Der Slogan des (Ersten) Weltkrieges war: „Wir werden die Welt sicher für die Demokratie machen." Dieser falsche Slogan stammte vom Teufel mit der Absicht, die Leute zu täuschen und sie dazu zu bringen, Menschen zu vertrauen, während diese Menschen selbstsüchtig große totalitäre herrschende Mächte errichteten. Kurz nach dem Weltkrieg begannen die Totalitären, sich zu organisieren und gingen sofort daran, alle Demokratien zu zerstören und insbesondere DER THEOKRATISCHEN REGIERUNG unter Christus zu widerstehen. . Wer hat bei dieser Verschwörung die Führung übernommen? Die römisch-katholische Hierarchie, die von der Vatikanstadt aus operiert. Diese Einrichtung hat die politischen und wirtschaftlichen Elemente zu dem Glauben verführt, dass Jehovas Zeugen umstürzlerisch und Feinde aller Regierungen seien und vernichtet werden müssten.

Die Religionisten und Totalitären haben sich nicht nur gegen DIE THEOKRATIE und ihre Diener verschworen, sondern haben auch gegenwärtig viele offene Akte gegen Gottes Diener begangen. … Praktisch alle europäischen Länder haben es unmöglich gemacht, dies Werk weiterzuführen, und in jedem Fall stand hinter dieser Verfolgung die römisch-katholische Hierarchie"

Auf einen Nenner gebracht. Weil die Interessen der WTG in jenen Jahren massiv beeinträchtigt wurden, bemächtigte sich der WTG-Führung eine buchstäbliche Endzeitstimmung. Noch anders formuliert: Wenn die Hegemoniebestrebungen der USA tangiert werden, dann ist "Endzeit"!

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