Annotationen zu den Zeugen Jehovas
Atheist oder Deist

Vorab erst zur Definition. Georges Minois berichtet in seiner „Geschichte des Atheismus":
„Eine sehr viel längere Geschichte hat das Wort 'Deist', auf dessen Auftauchen Pastor Viret im Jahre 1563 hinweist und es dem Wort 'Atheist' entgegenstellt:
Es gibt mehrere [Freigeister], die zwar bekennen, es gebe irgendeinen Gott und irgendeine Gottheit, wie die Türken und die Juden, aber alles, was Jesus Christus und die Lehre der Evangelisten und Apostel angeht, halten sie für Fabeln und Träumereien. Ich habe gehört, dass es in dieser Bande welche gibt, die sich Deisten nennen, ein ganz neues Wort, das sie dem Wort 'Atheist' entgegensetzen. Da Atheist jemanden bezeichnet, der ohne Gott ist, wollen sie damit zu verstehen geben, dass sie keineswegs ohne Gott sind, weil sie ja glauben, dass irgendein Gott ist, den sie sogar als Schöpfer des Himmels und der Erde anerkennen, aber wer Jesus Christus ist, wissen sie nicht und halten nichts von ihm und seiner Lehre."

Aus einer Definition des Begriffes "Deismus".

Entnommen aus "Kirchliches Handlexikon" Hrsg. von Carl Meusel Band 2 (1889)

Es wurde zum Ausdruck gebracht, dass gewisse Vertreter von christlichen Religionsgemeinschaften, alle die ihrer Weltsicht nicht zu folgen vermögen in das Raster „Atheist" einordnen. Meines Erachtens ist dies eine zu grobe Vereinfachung.

Für meine Begriffe ist ein Atheist auch eine Art Gläubiger. Er glaubt („felsenfest") es gebe keinen Gott, die Welt, das Leben habe sich selbst erschaffen usw. usf. Diese vollmundigen Thesen unterschreibe ich so nicht. Es gibt Fragen z. B. der vorgenannten Art, auf die es keine letztendlichen Antworten derzeit gibt. Es kann so oder auch anders gewesen sein. Auch Christen haben keine verbindliche Antwort darauf - Ihre Antwort heißt Glauben. Glauben ausgelegt auf biblischer Basis. Auch andere (Nichtatheisten) glauben, dann aber beispielsweise auf der Basis des Koran oder anderem vergleichbaren.

Hermann Samuel Reimarus (1694 – 1768) in:
"Apologie: oder, Schutzschrift für die vernünftigen Verehrer Gottes"

Derselbe Autor:

Wie? Wenn sie (die Apostel) gesagt hätten: es kann noch wohl siebzehn, achtzehn und mehr Jahrhunderte wehren, ehe Jesus zu seinem Reiche aus den Wolken wiederkommt, und die Freude derselben angeht: würde man sich nicht mit solcher Verheissung ausgelacht haben?
Würde wohl ein einziger Mensch sich zur Entäusserung alles Vermögens entschlossen haben, um seine übrige Lebenszeit in Hunger und Kummer zuzubringen, und seine eigene Nothdurft nunmehr andern aus den Händen zu sehen? Ja, würde man nicht die an sich schlecht bewehrte Auferstehung Jesu desto mehr für eine Erfindung gehalten haben, weil die Bestätigung derselben durch die Wiederkunft von Himmel, über 40, 50 Generationen oder Menschenleben, ins unendliche hinausgesetzt würde.

Ich unterschreibe allerdings den Bibelsatz, dass der Mensch nicht allein vom Brot lebt. Er braucht auch einen geistigen Halt. Ich respektiere, wenn Christen meinen, ihn in ihrer Form der (unterschiedlichen) Bibelauslegung gefunden zu haben. Wogegen ich mich allerdings vehement wende ist, wenn Christen diese Art von Bibelauslegungen dazu benutzen um sich als „Propheten" zu fabrizieren. Christen wissen genauso viel oder besser genausowenig über die Zukunft, wie Nichtchristen. Ihre Prophezeiungen sind Spekulationen, mit einem mehr oder weniger rationalem Kern. Ich verweise beispielsweise in der "Geschichte der Zeugen Jehovas", auf die Ausführungen über den Fall Walter Küppers oder im Abschnitt „Das Jahr 1933 nähert sich" über den Paul Neef.

Dies gilt es auch noch zu sehen. Friedrich Nietzsche, wie immer man auch zu ihm stehen mag, prägte mal das Bonmot „dass Gott tot sei". Viel wichtiger indes erscheint mir seine Aussage zu sein, dass die Christen eigentlich viel erlöster aussehen müssten, wenn er ihre Weltsicht teilen solle. Nun ist Nietzsche eine äußerst umstrittene Person. Obwohl einem Pastorenhaushalt entstammend, entwickelte er Thesen, die diametral zum Christentum stehen. Es gilt auch die Auswirkungen zu sehen. Die Nazis waren geistesgeschichtlich gesehen, vom Sozialdarwinismus beeinflusst. Überleben des Stärkeren auf Kosten des Schwachen. Humanität ein Fremdwort. Letztendlich konnten sie sich wieder von Nietzsche ableiten, der aus seiner These das „Gott tot sei", schlussfolgerte, nunmehr müsse der „Übermensch" oder bei den Nazis der „Herrenmensch" her. Am Fall des von mir auch referierten Alfred Rosenberg lässt sich das durchaus im Detail aufzeigen.

Der Sozialdarwinismus hat letztendlich auch bei den Zeugen Jehovas (aber nicht nur bei Ihnen) dergestalt Einzug gehalten, dass sie die faktische These ausgegeben haben, Konkurrenz „bis aufs Messer" gegenüber anderen religiösen Strömungen oder sonstigen geistesgeschichtlichen Erscheinungen. Eine partielle Zusammenarbeit mit diesen Konkurrenten? Für die Zeugen Jehovas der Rutherford-Ära aber auch der Knorr-Ära, ein Unding. Erst in letzter Zeit gibt es einige vorsichtige Aufweichungen dieses festgefügten Feindbildes. Dann aber auch nur unter dem Gesichtspunkt einer Kampfgemeinschaft gegen „gemeinsame Feinde", bzw. einer Kampfgemeinschaft zwecks Erringung bzw. Ausweitung staatlicher Privilegien. Im Prinzip ist also der Sozialdarwinismus in der Ausprägung durch die Zeugen Jehovas nach wie vor latent.

Also, indem festgestellt wurde, dass die vollmundigen Thesen der Atheisten nicht unterschrieben werden, beinhaltet dies noch lange nicht, die kritiklose Übernahme gewisser christlichen Weltsichten. Es gilt hierbei auch auszusprechen, was Ludwig Feuerbach in seinem berühmten Werke „Das Wesen des Christentums" einmal in die Worte kleidete:

„Der Glaube an die Vorsehung ist der Glaube an den eigenen Wert - daher die wohltätigen Folgen dieses Glaubens, aber auch die falsche Demut, der religiöse Hochmut, der sich zwar nicht auf sich verlässt, aber dafür dem lieben Gott die Sorge für sich überlässt -, der Glaube des Menschen an sich selbst, Gott bekümmert sich um mich; er beabsichtigt mein Glück, mein Heil; er will, dass ich selig werde; aber dasselbe will ich auch; mein eigenes Interesse ist also das Interesse Gottes, mein eigener Wille Gottes Wille, mein eigener Endzweck Gottes Zweck - die Liebe Gottes zu mir nichts als meine vergötterte Selbstliebe. Woran glaube ich also in der Vorsehung als an die göttliche Realität und Bedeutung meines eignen Wesens?

Aber wo die Vorsehung geglaubt wird, da wird der Glaube an Gott von dem Glauben an die Vorsehung abhängig gemacht. Wer leugnet, dass eine Vorsehung ist, leugnet, dass Gott ist oder - was dasselbe - Gott Gott ist; denn ein Gott, der nicht die Vorsehung des Menschen, ist ein lächerlicher Gott, ein Gott, dem die göttlichste, anbetungswürdigste Wesenseigenschaft fehlt. Folglich ist der Glaube an Gott nichts anderes als der Glaube an die menschliche Würde, der Glaube des Menschen an die absolute Realität und Bedeutung seines Wesens."


Zu sehen gilt es auch die Außenwirkung gewisser christlicher Strömungen. Sie lassen sich treffend mit dem berühmten, in die Weltliteratur eingegangenen Lehrstück von Gotthold Ephraim Lessing veranschaulichen. In seinem „Nathan der Weise" lässt er auch sagen:

„Du kennst die Christen nicht, willst sie nicht kennen. Ihr Stolz ist Christen sein, nicht Menschen. Denn selbst das, was noch von ihrem Stifter her mit Menschlichkeit den Aberglauben würzt, dass lieben sie, nicht weil es menschlich ist: Weil's Christus lehrt; weils Christus hat getan. Wohl ihnen, dass er so ein guter Mensch noch war! Wohl ihnen, dass sie seine Tugend auf Treu und Glauben nehmen können! Doch was Tugend - seine Tugend nicht; sein Name soll überall verbreitet werden; soll die Namen aller guten Menschen schänden, verschlingen. Um den Namen um den Namen ist ihnen nur zu tun."

Weite Teile des sogenannten Christentums, repräsentieren den Typus des "Kulturchristen." Gott ist für die ein guter Mann, das war es dann aber auch schon. Fällt bei dieser Sorte "Chrstentum" dann noch "Vitamin B" (B = Beziehung) mit ab, und lässt sich vielleicht gar die eigene Kariere damit fördern, dann ist für diese Herrschaften die "Welt noch in Ordnung". Indes auch diesen Typus Christentum gibt es noch, den Maxim Gorki in seiner Novelle "Nachtasyl" ein beeindruckendes Denkmal gesetzt hat.


In der Zeitschrift MIZ (Heft 4/2000), veröffentlichte der dort (damals) presserechtlich verantwortliche Redakteur, unter der Überschrift: "Sind AtheistInnen die besseren Menschen? Anmerkungen zur Kriminalgeschichte des Christentums" auch einen bemerkenswerten Aufsatz. Daraus nachstehend einige Sätze:

Deschners "Kriminalgeschichte des Christentums" ... Doch: So richtig es auch ist, die frohe Botschaft des Christentums an ihren wenig erfreulichen Früchten zu messen, ein solcher Schuss kann durchaus nach hinten losgehen: Viele AtheistInnen übersehen nämlich allzu gerne, dass zahlreiche "Staatsatheisten" in der Vergangenheit kaum ein besseres Bild abgaben als z.B. der Initiator des ersten Kreuzzugs, Papst Urban II.

Joseph Stalin beispielsweise, der sich bekanntlich im Theologischen Seminar von Tiflis zum überzeugten Atheisten mauserte (2), ging als einer der größten Schreibtisch-Massenmörder in die Geschichte ein. In der Zeit des "Großen Terrors" (1936-38) ließ er breit angelegte "Säuberungsaktionen" durchführen, die u.a. auch das Ziel hatten, die "letzten Reste der Geistlichkeit zu liquidieren". ...

Im Laufe der letzten Jahre traf ich aber im freigeistigen Spektrum eine beachtliche Anzahl von Menschen, auf die der Satz dummerweise doch erschreckend zutraf: Atheisten, die so religiös fanatisiert über Atheismus sprachen, dass sie auf mich den Eindruck missionierender Wanderprediger machten, freigeistige Märtyrer, die das Misslingen ihres eigenen Lebens ausschließlich auf das Wirken klerikaler Seilschaften zurückführten, Menschen, die alle Katastrophen der letzten 2000 Jahre der katholischen Kirche anlasteten und deren Kirchenhass das Einzige zu sein schien, was ihrem Leben noch Halt zu geben vermochte.

Ich hatte den Eindruck, dass diese Menschen, die in der Regel der christlichen Religion entflohen waren, zwar ihren Gottesglauben verloren, das entscheidende Problem aber nicht gelöst hatten: Sie waren religiös geblieben, überzeugt von der unumstößlichen Wahrheit ihrer Glaubenssätze. So fest sie zuvor glaubten, Gott existiere, so waren sie nun davon überzeugt, dass er (sie oder es) nie existiert habe. Ihre Propheten der Wahrheit hießen nun nicht mehr Markus, Matthäus, Lukas und Johannes, sondern Nietzsche, Marx und Feuerbach. Widerrede war verpönt wie eh und je, die Schwarz auf Weiß gedruckte Wahrheit durfte nicht in Frage gestellt werden.

Wenn wir die Kriminalgeschichte des Atheismus Revue passieren lassen, wird deutlich, dass die anfangs gestellte naive Frage, ob Atheisten die besseren Menschen sind, in dieser Generalisierung sicherlich nicht positiv zu beantworten ist. Wohl gemerkt: Dies bedeutet nicht, dass nicht doch einige gute Argumente für den Atheismus sprechen. Hier sind vor allem die Widersprüche zu nennen, in die sich die Vertreter personaler Gottesbilder beinahe zwangsläufig verstricken müssen


Aber - um dies noch einmal zu wiederholen: Die erkenntnistheoretischen Vorteile des Atheismus sind nicht notwendigerweise mit einem Zuwachs an Humanität verbunden. Das entscheidende Problem ist nicht die Frage, ob Götter oder Göttinnen existieren. Das entscheidende Problem ist die weitgehend anerzogene Unfähigkeit vieler Menschen, sich der eigenen Vernunft zu bedienen, ihr fehlender Mut, vermeintlich unantastbare Behauptungen in Frage zu stellen. ...

Es ist an der Zeit, nicht nur aus der Kriminalgeschichte des Christentums, sondern auch aus der Kriminalgeschichte des Atheismus die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Im Jahre 1958 glaubten die Kommunisten einmal in Euphorie verfallen zu können. Gelang es ihnen doch, mit dem Weltraumstart des "Sputniks" eine neue Phase der wissenschaftlich-technischen Entwicklung zur eröffnen. Prompt zögerten sie auch nicht, diese günstige Gelegenheit zu nutzen, um damit zugleich ein paar Breitseiten gegen die Religion im allgemeinen, abzufeuern. Die in der DDR erschienene Propagandaschrift "Der Sputnik und der liebe Gott" ist ein Beispiel dafür. Auch die WTG sah sich genötigt auf das Thema Sputnik einzugehen. In ihrem eilends veröffentlichten Buch "Dein Wille geschehe" (parallel schon mal als Vorabdruck auch im Wachtturm zu lesen) konnte man beispielsweise lesen:

"Weniger als zwei Monate später, am 4. Oktober, bereitete er (der vorgebliche Nordkönig) dem amerikanischen Mitglied des Königs des Südens eine große Demütigung, wodurch dieser in Bestürzung und Aufregung geriet, als er nämlich den 83,6 kg schweren Sputnik I in eine Kreisbahn um die Erde schoß."

Die WTG meinte sich auf die "überlegene" Position zurückziehen zu können, dass die "letzte Stellung" schon besetzt sei. Inzwischen sind einige weitere Jahrzehnte vergangen. Genug Anlass eine "Zwischenbilanz" zu ziehen. Die seinerzeitige sowjetische Euphorie ist Vergangenheit. Im wissenschaftlich-technischen Wettlauf wurden sie abgehängt. Trotz des Sarkasmus der zitierten atheistischen Propagandisten existiert die Religion weiter. Sowohl in Ost, West, Nord, Süd. Was lehrt dies? Es lehrt dass die Kommunisten mit ihrer atheistischen Argumentation "Schaumschläge" machten. Das sie es einfach nicht wahrhaben wollten, dass die Probleme auf einer ganz anderen Ebene liegen. Und diese Ebene ist nach wie vor. Das Religion tiefe soziale Ursachen hat (die sie allerdings in irrationaler Form reflektiert). Solange diese sozialen Ursachen nicht beseitigt sind, wird immer ein diesbezüglicher Nährboden bestehen, denn vermeintliche Sinnanbieter zu nutzen sich bemühen.

Allerdings auch dies sei noch gesagt. Werden politische Inhalte über das Medium Religion transportiert (lasst mal alles schön so wie es ist - Verändern "darf nur Gott") wird immer auch Anlass bestehen, Religion kritisch zu bewerten. Auch in der Gegenwart. Auch und besonders im Falle der Zeugen Jehovas.


Namentlich die in religiösen Kreisen besonders beliebte Kritik an Evolutionsthesen, nimmt da die Funktion eines trojanischen Pferdes wahr.
Einerseits wissen die Religiösen genau so viel oder wenig wie sie das den Evolutionisten unterstellen. Andererseits koppeln sie ihr Nichtwissen aber mit selbstherrlichen Thesen, etwa denen des Marionettentheaters, in welchem der Mensch keinerlei bestimmende Macht (sei sie positiver oder negativer Art) ausüben könne. Nur der Marionettentheaterbesitzer könne dies in ihrer Lesart tun.
Zu den „Events" des Marionettentheater-Taschenspieler-Gauklers, können dann schon mal auch brennende Auschwitzöfen gehören, um ein selbsternanntes angebliches „Gottes-Augapfel-Volk" dorthin zu scheuchen wo der Marionetten-Gaukler, noch schlimmer, seine selbsternannten „Stellvertreter" auf Erden, wähnen, sie müssten „dorthin". Dabei sind dem Marionetten-Gaukler also selbst brennende Auschwitzöfen „recht und billig", da in seinem Marionettentheater keinerlei andere Option dafür „vorgesehen" sei. „Vorsehung" indes müsse sein, dieweil ohne „Vorsehung", die selbsternannten Statthalter des Obergauklers sich als das entpuppen, was sie sind.
Als Ober-Ober-Ober-Gaukler!

Was mit dem Begriff „trojanisches Pferd" veranschaulicht werden soll, mag auch nacholgendes Zitat verdeutlichen:

Zitat
„Die Pharisäer die sich da auf den Standpunkt stellen, "nur" die Zeugen Jehovas seien wüste Endzeitspekulanten, irren grundsätzlich. Dasselbe gibt es unter anderem Firmenschild auch andernorts. Besonders beliebt dabei der Staat Israel als vermeintliches Gotteszeichen. Markant zum Ausdruck kommend auch in einem in der evangelikalen Zeitschrift IDEA veröffentlichten Leserbrief im Jahre 1999. Liest man den nachfolgenden Text könnte man in der Tat den Eindruck haben, die Zeugen Jehovas haben da Pate gestanden. Ist aber in direkter Form nicht der Fall. Indes eine gewisse Geistesverwandschaft ist nicht zu übersehen. Der Spekulant, Scharlatan den genannte Zeitschrift das Wort gab äußerte:
"Israel ist in der Tat der Zeiger an der Weltenuhr Gottes! Über 40 Prophezeiungen der Rückkehr der Juden nach Israel im AT sprechen eine deutliche Sprache! Die Wiederherstellung des Staates Israel im Jahre 1948 ist das .Zeichen der (End)Zeit«! Denn 1948 sind die »7 Zeiten der Nationen« (Dan 4/ Luk 21,22), die »Heidenzeiten«, die 609 v.Chr. mit dem Toddes letzten unabhängigen Königs Josia 12 bei der Schlacht von Megiddo (Harmagedon) begonnen haben, abgelaufen. Diese 7 Zeiten dauerten 2.557 Jahre, denn nach Hes 4,6 gilt 1 Tag = 1 Jahr; 7 Zeiten sind also 7 x 365,2422 Jahre (genaue astronomische Jahreslänge) = 2.557 Jahre. 609 v.Chr. verlor Israel seine staatliche Souveränität und Unabhängigkeit, seitdem hatten fremde Herrscher die Oberhoheit über Israel (2. Kön 23,33-35 + 24,1/2. Chr 36,3f + 10). Erst nach 2.557 Jahren wurde Israel am 14. Mai 1948 wieder neu geboren, womit sich alle Vorhersagen des AT bzgl. Israel (= der Feigenbaum lt. Luk 21,29f) erfüllten! (z.B. Jes 66,8/ Hes 37,12 -14; 21) Auch Jerusalems Befreiung am 7. Juni 1967 passierte 2.557 Jahre nach der Belagerung Nebukadnezars im Jahre 590 v.Chr. Damit steht fest: Mit der Staatsgründung Israels 1948 begann die eigentliche Endzeit!!! Wie lange sollte die »letzte Zeit« vor dein Kommen Jesu sein? Der Herr gibt dazu selbst in Luk 21,32 die Antwort: »Dies Geschlecht/diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles geschieht.« 1 Generation ist 1 Menschenalter und dürfte wohl zwischen 70-80 Jahre (gem. ist Psalm 90,1) dauern. Die Generation, die Jesus gemeint hat, ist die, welche die Wiedererstehung Israels erlebte! Somit steht fest: Unser Herr kommt bald!"


Hier hat man ein exemplarisches Beispiel wie bis in die Unendlichkeit weiter spekuliert wird. Weltgeschichtliche Ereignisse wird es auch weiterhin geben; und die Spekulanten-Scharlatane der vor zitierten Art werden es nicht versäumen sie in das Prokrustesbett ihres Wunschdenkens einzuordnen. Und vor allem. Die derzeitigen Zeugen Jehovas lassen ihren Endzeitkalender bei 1914 beginnen. Hier aber sagt man 1948. Man hat also erst mal Zeit gewonnen fürs weitere spekulieren. Selbstverständlich immer so, als träfe alles nur für die eigene Generation zu.

Ist die Generation dann "vergangen", veranstalten nachfolgende dass wieder für die ihrige.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann spekulieren sie noch übermorgen!

In einer Diskussinsabfolge bei Infolink kamen diese Aspekte auch mit zum tragen. Einige Auszüge daraus:

Von Drahbeck am Dienstag, den 2. April, 2002 - 15:06:

Es wird Christel nicht "trösten". Zu dem Thema: "Die besseren Christen" äußerte sich schon mal einer, der allerdings zugegebenermaßen auch nicht zu den von Christel "Geschätzten" gehört. Besagter Herr pflegte seine Ausführungen noch in einen weiteren Wortschwall einzubetten. Dieser ist nun nicht mehr so "interessant". Daher sei aus diesem Wortschwall nur eine Passage hier wieder gegeben. Entnommen der Webseite: http://www.mlwerke.de/me/me04/me04_191.htm

"Auch das ohnehin langweilige Gerede über den Kommunismus kann man sparen", meint unser beobachtender Herr Konsistorialrat. "Wenn nur diejenigen, die den Beruf dazu haben, die sozialen Prinzipien des Christentums entwickeln, dann werden die Kommunisten bald verstummen."

Die sozialen Prinzipien des Christentums haben jetzt achtzehnhundert Jahre Zeit gehabt, sich zu entwickeln, und bedürfen keiner ferneren Entwicklung durch preußische Konsistorialräte.
Die sozialen Prinzipien des Christentums haben die antike Sklaverei gerechtfertigt, die mittelalterliche Leibeigenschaft verherrlicht und verstehen sich ebenfalls im Notfall dazu, die Unterdrückung des Proletariats, wenn auch mit etwas jämmerlicher Miene, zu verteidigen.
Die sozialen Prinzipien des Christentums predigen die Notwendigkeit einer herrschenden und einer unterdrückten Klasse und haben für die letztere nur den frommen Wunsch, die erstere möge wohltätig sein.
Die sozialen Prinzipien des Christentums setzen die konsistorialrätliche Ausgleichung aller Infamien in den Himmel und rechtfertigen dadurch die Fortdauer dieser Infamien auf der Erde.
Die sozialen Prinzipien des Christentums erklären alle Niederträchtigkeiten der Unterdrücker gegen die Unterdrückten entweder für gerechte Strafe der Erbsünde und sonstigen Sünden oder für Prüfungen, die der Herr über die Erlösten nach seiner unendlichen Weisheit verhängt.
Die sozialen Prinzipien des Christentums predigen die Feigheit, die Selbstverachtung, die Erniedrigung, die Unterwürfigkeit, die Demut, kurz alle Eigenschaften der Kanaille, und das Proletariat, das sich nicht als Kanaille behandeln lassen will, hat seinen Mut, sein Selbstgefühl, seinen Stolz und seinen Unabhängigkeitssinn noch viel nötiger als sein Brot.
Die sozialen Prinzipien des Christentums sind duckmäuserisch, und das Proletariat ist revolutionär.
Soviel über die sozialen Prinzipien des Christentums.

Von Drahbeck am Mittwoch, den 3. April, 2002 - 08:06:

Zu dem von Christel auch mit angesprochenen Thema. Umwälzung 1989 in Ostdeutschland und die Rolle der Kirchen dabei.
"Streicheln, bis der Maulkorb fertig ist. Die DDR-Kirche zwischen Kanzel und Konspiration". So betitelte Dietmar Linke ein 1993 erschienenes, durchaus lesenswertes Buch. Einleitend (S. 11) schreibt er schon:

"Die Geschichte der DDR und auch der Kirche in diesem Land wird noch einmal neu geschrieben werden müssen. Die Zeit der Konspiration, der Geheimniskrämerei ist vorbei. Wir müssen es der Öffentlichkeit zumuten, daß wir ans Licht bringen, was bisher verborgen war. Alte Bilder, wie das von der Kirche als Träger der Revolution des Herbstes 1989, werden dabei zerbrechen."

Auch Linke räumt ein, dass es sehr wohl kirchliche Kreise gab, die maßgeblich zum November 1989 beigetragen haben. Aber dabei macht er eine wesentliche Differenzierung. Dazu schreibt er (S. 74):

"Nicht zu übersehen ist auch, daß inzwischen eine neue Generation herangewachsen war, die nicht durch die Erfahrungen des Kirchenkampfes der fünfziger Jahre, durch den 17. Juni 1953 oder andere Einschnitte der Geschichte verängstigt war. Diese Generation war in der DDR aufgewachsen, nahm ihre Gegebenheiten als Voraussetzungen, aber nicht um sie als 'Errungenschaften' zu preisen, sondern um sie zu verändern. Der Konflikt zwischen Basis und Leitung der Kirche war in diesen Jahren auch ein Generationskonflikt. Während die Älteren erst gelernt hatten, den Sozialismus zu akzeptieren und anzunehmen, ihre Loyalität zu bekunden, ging es den Jüngeren um dessen Reform. Sie hielten nichts von faulen Kompromissen. Sie benannten die Missstände der Gesellschaft und brachten so manchen Kirchenfürsten in Konflikt, der aus Rücksichtnahme vor dem Staat sich selbst die Hände gebunden und Schweigen verordnet hatte."

Ehrhart Neubert, Verfasser einer voluminösen "Geschichte der Opposition in der DDR 1949 - 1989" und inzwischen bei der "Gauckbehörde" hauptamtlich angestellt, schrieb auch ein 1993 erschienenes Buch "Vergebung oder Weißwäscherei. Zur Aufarbeitung des Stasiproblems in den Kirchen":
Schon gleich einleitend kommt er auf einen Fall zu sprechen, der etwa dem Fall Wolfgang Kirchhoff bei den Zeugen Jehovas vergleichbar ist. Nur, dass der von Neubert zitierte Fall eben sich in den Gefilden der evangelischen Kirche abspielte.
Über in schreibt Neubert (S. 10):

"Schließlich bekommt die Kirchenleitung den offiziellen Bericht aus der Gauck-Behörde: (Detlef) Hammer war ein eingeschleuster Agent des MfS, seit 1977 sogar Offizier im besonderen Einsatz (OibE). Eine Presseerklärung der Kirchenprovinz (Magdeburg) vom 3. August 1992 stellt nun nüchtern diesen Tatbestand fest: "Er hat über viele Personen und Dienstbereiche im Evangelischen Konsistorium und in der Kirchenleitung berichtet und selbst strategische Vorschläge zur Durchdringung des Konsistoriums der Kirchenleitung durch das MfS gemacht. Er ist für seinen Einsatz ausgezeichnet worden und hat auch finanzielle Zuwendungen erhalten.' Das also blieb vom Bruder Hammer und seinen positiven Wirkungen in der Kirche übrig."

Zur katholischen Kirche merkt Neubert an (S. 85):
"Kardinal Meisner, der damals Bischof von Berlin war, hatte schon während der Unruhen im Januar und Februar 1988 aus Anlaß der Verhaftung und Ausweisung von Bürgerrechtlern in Berlin die politisch geprägten Fürbittengottesdienste in evangelischen Kirchen und die sich damit anbahnenden Massenproteste in einem Rundbrief an die katholischen Mitarbeiter diskreditiert, indem er den Veranstaltungen absprach, als Gottesdienste gelten zu können.
Das machte die katholische Kirche zu einem unkritischen Partner des Staates, der wohlwollend zur Kenntnis nahm, daß in ihr keine oppositionellen Haltungen reproduziert wurden. In Berlin ging damals auch das Wort eines Mitarbeiters des Staatssekretariates für Kirchenfragen um, wonach die katholische Kirche einen 'Preis für Loyalität' gegenüber dem Staat verdient hätte."


Weiter Neubert (S. 84f.)
"Aufgrund dieser Haltung blieben, bis auf wenige Ausnahmen, die katholischen Kirchen während der Herbstrevolution 1989 solange geschlossen, bis praktisch die SED-Macht gebrochen war."

Fast überflüssig anzumerken, dass auch Jehovas Zeugen keine aktive Rolle diesbezüglich gespielt haben. Gleichwohl sich aber heute als Trittbrettfahrer gebärden.
Zu dem auch genannten Wolfgang Kirchhoff. Siehe auch:
Y....htm
(Ziemlich am Schluss bei der Besprechung des "Im Visier der Stasi") Da dies ein sehr umfänglicher Text ist, der noch diverse andere Themen mit anreißt, so die entsprechende Kirchhoff-Passage daraus hier noch kopiert:

In dem neuen Y...-Buch findet sich allerdings auch die Erwähnung des Falles Wolfgang Kirchhoff, ausgezeichnet im Jahre 1977 mit dem Vaterländischen Verdienstorden in Bronze der DDR. Wofür war der DDR-Staat wohl bereit eine solch hohe Auszeichnung zu gewähren? Die Antwort bleibt das Y...-Buch (wenn auch an versteckter Stelle) nicht schuldig. Er lieferte der Stasi unter anderem die Namen die DDR-Leitung der Zeugen Jehovas, was letzterer wiederum die letzte größere Verhaftungsaktion in den 60-er Jahren ermöglichte. Eine solche "Heldenleistung" war dem DDR-Staat schon mal eine hohe Auszeichnung wert.

Es ist zu registrieren, dass im Y...-Buch jener Fall knapp erwähnt wird, obwohl man sich die gleiche Ausführlichkeit gewünscht hätte, die dort der Kritikerszene zuteil wurde. Nur eines sollte man noch hinzufügen. Jener Messerlieferer konnte seine Tat nur vollbringen, weil es ihm zuvor gelungen war, in höchste Führungspositionen innerhalb der DDR Zeugen
Jehovas-Organisation aufzusteigen!

Die Zeugen Jehovas meinen den Kritikern ihrer Organisation das Recht absprechen zu können, über "Verrat, Denunziation und Erpressung", die es in der Geschichte ihrer Organisation auch gegeben hat, zu sprechen. Nun ist ohne Zweifel einzuräumen, dass genannte Fakten in der Regel von Außenstehender Seite (sprich: staatlichen Repressionsorganen) initiiert wurden. Wie war das eigentlich bei den Kommunisten im NS-Regime. Wer sich mit dieser Frage näher beschäftigt, der wird eine überraschende  Entdeckung machen. Dem Naziregime ist es auch gelungen, bei "einzelnen" Kommunisten in der NS-Zeit Vorgänge auszulösen, die man durchaus mit den Vokabeln "Verrat, Denunziation und Erpressung" umschreiben kann. (Man vergleiche dazu beispielsweise: Marion Detjen "Zum Staatsfeind ernannt", München 1998 S. 36).

Die offizielle DDR-Geschichtsschreibung ist auf diese Vorgänge in der Regel nicht eingegangen. Und wenn doch, so in herunter spielenden Nebensätzen. Genau die gleiche Sachlage ist bei den Zeugen Jehovas zu registrieren. Das ihnen unbequeme wird heruntergespielt. Den Kritikern, die das dennoch thematisieren wird (wenn der Versuch ihnen einen "Maulkorb" zu verpassen nicht fruchtet), auf der persönlichen Ebene "geantwortet". Es ist offensichtlich, dass auch die Kritiker eine Biographie haben.
Die Frage ist jedoch, ob der Betreffende sich dazu bekennt oder sie abstreitet. Hierbei dürfte evident sein, dass das apologetische Bemühen bei den Zeugen Jehovas weit ausgeprägter ist.

Von Drahbeck am Mittwoch, den 3. April, 2002 - 12:38:

Moral hat auch etwas damit zu tun, in welche Richtung sie "programmiert" wird. Ein Computer (Hardware) läuft ohne Software bekanntlich nicht. So auch im übertragenem Sinne, beeinflussen Erziehung und Umwelteinflüsse auch den Menschen (und dies unabhängig davon, wie er die Gottesfrage bewertet). Lessing lässt in seinem "Nathan den Weisen" ausrufen: "Ihr Stolz ist Christen zu sein - nicht Menschen". Damit ist ausgesagt, dass auch die Moral von Christen kritisch bewertet werden kann.

Einer der schlimmsten Schreibtischtäter der jüngeren Vergangenheit (H. Himmler) unterschied sich von seinen "Mitgenossen" dadurch, dass er ein (relativ gesehen) nicht übermäßig anstößiges Privatleben führte. Ich sage bewusst relativ, weil mir klar ist dass dieser Vergleich hinkt. Jedenfalls war er im Privatleben weit anspruchsloser etwa als Göring, den schon zeitgenössisch die Kabarettistin Cläre Waldorf mit dem Spruch attackierte:
"Links Lametta, rechts Lametta und der Bauch wird immer fetter."

Himmler ließ seine Schergen mit dem Spruch bedenken. Unsere Ehre ist Treue. Was für eine "Ehre" mag man da nur rückfragen. Die "Ehre" für ein vermeintlich "höheres Ziel" auch über buchstäbliche Leichen zu gehen.

Christen sind nicht davor gefeit, für ein vermeintlich höheres Ziel "die Ehre Gottes", ihre wirkliche Moral, nämlich das naturgegebene Gewissen, an "der Garderobe abzugeben". Gleichwohl, wie die beiden unterschiedlichen Vergleiche verdeutlichen, ist dies kein "nur" christliches Spezifikum.

In diesem Punkt widerspreche ich Karlheinz Deschner, dessen Recherchenarbeiten ich durchaus zu schätzen weiß, der alles Übel dieser Welt auf den Faktor Religion subsumiert. Gleichwohl wenn ich mir das erdrückende Material ansehe, dass er in seinen bisher  Bänden der "Kriminalgeschichte des Christentums" vorgelegt hat, komme auch ich nicht umhin zuzugeben, dass sein von ihm gewählter Titel, durchaus Hand und Fuß hat.

Von Drahbeck am Donnerstag, den 4. April, 2002 - 11:43:

Christel lässt immer wieder dezent durchblicken, dass Ihrer Meinung nach, jene die sich auf Gott berufen (von Einzelfällen abgesehen) eine höhere oder qualitativ bessere Moral haben. Nun erachte ich die Frage Gott ja oder nein nicht als diejenige auf die es ankommt. Ich würde aber sagen wollen, dass die Gottgläubigen in der Regel mehr Autoritativ orientiert sind.

Beispielsweise ist auch die katholische Kirche ein durchaus treffendes Beispiel dafür. Der Papst (bzw. die von ihm bestimmte Hierarchie bestimmt). Sofern auf der Gegenseite nicht auch solche Autoritätsgläubigkeit sich verfestigt hat (und dass gibt es auch dort: Führer Adolf Hitler. Oder der "geniale Stalin" und anderes mehr), besteht dort eben nicht solche gleichmacherische Konformität. Ob z. B. die seinerzeitige Papstenzyklika "Humanae vitae" eine angemessene Antwort auf die Fragen des 20. Jahrhunderts war, wage ich schlicht weg zu bestreiten.

Oder um eine Ausgabe der Zeitschrift Focus zu zitieren.(30. 3. 2002). Darin eine Reportage über die Opus Dei-Niederlassung in München. Auch in diesem Orden herrscht strenges Zölibatgebot. Focus berichtet. Die Opus Dei-Männer lassen sich aber von weiblichen Mitgliedern der katholischen Kirche versorgen. Angefangen vom Mittagessen, bis über die Reinigung der Räume (in der dafür vorgesehenen Zeit verlassen die männlichen Opus Dei-Mitglieder das Gebäude) über das Wäschewaschen usw., alles dies besorgen für die männlichen Zölibatäre des Opus Dei Frauen, die übrigens im selben Haus (in getrennten Räumen) ihre Unterkunft haben.

Noch so ein diesbezügliches Schlaglicht. Besteht Bedarf irgendwelche Detailfragen zu klären, erfolgt das grundsätzlich nur übers Telefon. Weiter berichtet Focus z. B. zum Thema Mittagessen. Das fertigestellte Essen wird in eine Schleuse gestellt, die anschließend geschlossen wird. Erst wenn die tatsächlich zu ist, werden auf der männlichen Seite die Speisen entnommen um so jeglichen Blickkontakt zu unterbinden.
Sorry vielen "Dank" für solche Art von "Moral". Hat das auch Gott angeordnet???

Im Unterschied zu den Gottgläubigen sehen Atheisten (jedenfalls einige von ihnen) ihre Moralgrundlage in dem Satz:
Die Philosophen und Religionen haben die Welt nur verschieden interpretiert - es kommt aber darauf an sie zu verändern.

Damit ist keineswegs gesagt, dass diesbezügliche Veränderungsunmternehmen nicht auch kritisch hinterfragt werden können und müssen. Aber jedenfalls ist mir diese Art von Philosphie und Ethik auf jedenfall glaubwürdiger als die des (beispielsweise) Opus Dei.

Im übrigen. Ich persönlich bezeichne mich nicht als Atheist, sondern als Deist. In der Gottesfrage maße ich mir nicht an, ein "letztendliches" Votum abgeben zu können. Es kann so oder auch anders gewesen sein
Auch sollte man mal beachten, dass es selbst Atheisten gibt, die kritische Fragen zu ihresgleichen stellen. Man sehe sich beispielsweise mal einiges von Schmidt-Salomon an. Letzterer, (damals) presserechtlich verantwortlicher Redakteur der Print-Zeitschrift "MIZ. Materialien und Informationen zur Zeit". Jene Zeitschrift wurde früher ganz offiziell vom sogenannten "Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten" (IBKA) herausgegeben. Letzterer ist zwar nicht mehr Herausgeber der MIZ, gleichwohl dominiert er sie nach wie vor.
http://home.t-online.de/home/M.S.Salomon/atheismus.htm
http://home.t-online.de/home/M.S.Salomon/zeigefing.htm
http://home.t-online.de/home/M.S.Salomon/gutboes.htm

Milton G. Henschel und Bertrand Russell

Kahl, Das Elend des Christentum

Auch darüber gilt es zu reflektieren:

Voltaire und Newton

geschrieben von:  Drahbeck

Datum: 22. Dezember 2012 01:51

Einer für WTG-Verhältnisse eher ungewöhnlichen kritischen „Würdigung" kann man in der „Erwachet!"-Ausgabe vom 22. 12. 1962 begegnen. Diesmal verliert „Erwachet!" auch ein paar Worte über den französischen Schriftsteller Voltaire. Was da WTG-seitig mitgeteilt wurde, dürfte sich wohl auf das in Lexikas/Enzyklopädien zusammengelesene zum Thema erschöpfen. Kaum indes, auf eigenem Studium der Schriften Voltaires.
Marley Cole etwa meint in seinem WTG-gesponserten Buch, darin über C. T. Russell auch ausführen zu sollen:
Er sei Zielscheibe des vereinten Widerstandes der strenggläubigen Christenheit. Zum erstenmal seit Luther, stellten die Bibelforscher fest, fanden sich Katholiken, Protestanten selbst Juden "auf gemeinsamen Boden in den Anfeindungen von Pastor Russell."

Und weiter Cole in Zitierung eines Dritten:

„daß "keiner der gottlosen Schriftsteller, wie Hume, Voltaire oder Ingersoll, jemals so unbarmherzige Angriff erdulden mußte wie Pastor Russell."

Mag dies auch eine überzogene Bewertung sein, so liefert die WTG-Geschichte in der Tat Beispiele der Angriffe, denen Russell ausgesetzt war.
Zum Beispiel der Angriff in Russell's eigenen Worten, er sei auch angegriffen worden, weil die von ihm begründete Organisation keinerlei karitative Tätigkeit ausübe.
Siehe etwa:
Der Schmach preisgegeben
Oder auch der Angriff, dass Russell sich nicht zu Schade war Erbschaften einzukassieren. Auch dann wenn als Folge davon vielleicht noch umfängliche gerichtliche Auseinandersetzungen damit verbunden waren. Das hinderte Russell und seine Satrapen nicht daran, erst mal zu kassieren, und es auf jene gerichtliche Nachbehandlung ankommen zu lassen. In der Hoffnung, trotz aller fallweisen Gerichtskosten, wird sich das schon für die WTG rechnen.
Ein solches Beispiel wäre:
Der Fall Galbraith
Ein weiteres zitierenswertes Votum in Sachen Voltaire, wäre das der Tagesanbruch Bibelstudien Vereinigung (einer WTG-Absplitterung) in ihrer Schrift „Gott und Vernunft". Und da der Apfel selten weit vom Stamm zu fallen pflegt, kann man dieses Votum auch analog der WTG anlasten.
Besagter „Tagesanbruch" meinte in seiner „heiligen" Einfalt, auch zu Protokoll geben zu sollen:

„Voltaire, der berühmte französische Skeptiker, verspottete den grossen Newton gar sehr wegen seiner Unklugheit, eine übereilte Vorhersage dieser Art gemacht zu haben und dann gar noch die Bibel zum Beweis dafür anzuführen. Was würde Voltaire wohl heute sagen, wenn er jetzt plötzlich von den Toten aufstünde?"

Ja was würde er wohl sagen zu den Auslassungen des Herrn Isaac Newton, Isaac (1643 - 1727)?
In eher vornehmen Worten formuliert über letzteren das Lexikon „Die Religion in Geschichte und Gegenwart" (3. Auflage):

„Seine theologischen Studien über Daniel und die Apokalypse zeigen ihn als einen gelehrten Ausleger der Weissagungen.."

In weniger vornehmen Worten, kann man auch Newton als Endzeitspinner, „als Narr vor dem Herrn" betiteln. Es hat schon eine gewisse Folgerichtigkeit, wenn andere Endzeitnarren sich dann auch auf ihn zu berufen pflegen, wie ja bereits festgestellt wurde.
Helmut Obst bescheinigt jenem Herrn Newton beispielsweise:

„Isaak Newton gehörte beispielsweise zu jenen, die mit Eifer um eine Aktualisierung der prophetischen Bücher bemüht waren.
Ihm, wie anderen Auslegern, fehlte aber ein fester Bezugspunkt, der chronologische Fixpunkt zur zeitlichen Entschlüsselung. Sie warteten auf die »Hauptrevolution«, auf die angekündigte Umwälzung aller Verhältnisse, die allein zum Ausgangspunkt aller Berechnungen gemacht werden könne. Es war nicht verwunderlich, daß eine Reihe von Auslegern glaubte, diesen lange gesuchten Punkt in der Französischen Revolution von 1789 gefunden zu haben."

Ein weiteres Votum in Sachen Newton konnte man in der zum Umfeld der Bibelforscher gehörenden Zeitschrift „Die Aussicht" lesen. Und zwar dieses:

„Der große christliche Philosoph Isaak Newton ... hat die Weissagung des Daniel studiert und aufgrund derselben gesagt:

"Mich sollte es nicht wundern, wenn die Menschen eines Tages mit einer Geschwindigkeit von 50 englischen Meilen die Stunde reisen würden."

Voltaire, der ungläubige Philosoph, der 1778 starb, in einer Zeit, da über die Dampfkraft schon viel mehr bekannt war, erklärte voll Verachtung über die Weissagung Daniels, daß sie aus Isaak Newton einen Narren gemacht habe.."

Ich meinerseits glaube, dass Voltaire auch heutzutage den allergeringsten Anlass sehen würde sein Urteil über Newton als einem Narren, zu revidieren. Das indes wollen die anderen Supernarren, aus derselben Narrenschule eben nicht wahrhaben.

Völlig unerwartet, begegnet man in dem Buch des Eckhard von Süsskind, zwar nicht von ihm selbst, wohl aber in einer Verlagsseitig angefügten Leseprobe im Buchanhang einem weiteren Votum in Sachen Newton.
Jene Leseprobe aus einem Buch von Ernst Lerle, hat zwar die Tendenz, Goethe möglichst zu demontieren. Indes „gegen den Strich gelesen" zitiert Lerle auch ein Votum J. W. v. Goethe, in Sachen Newton. Letzterer soll auch gesagt haben:

„In der Einleitung zum polemischen Teil seiner Farbenlehre urteilt Goethe über Newton: »Wie er nun zu Werke geht, um das Unwahre wahr, das Wahre unwahr zu machen, das ist jetzt unser Geschäft zu zeigen und der eigentliche Zweck des gegenwärtigen polemischen Teils." (S. 123f.)

Also selbst für Goethe musste Newton als abschreckendes Beispiel eines Supernarren herhalten. Auch wenn Lerle das relativieren will, und nur auf die „Farbenlehre" bezieht, so ist doch der Umstand, dass es dieses Urteil Goethe's über Newton gibt, an und für sich schon bemerkenswert.
Ein gewisser Herr David Watson publizierte in einem berüchtigten Deutschsprachigen evangelikalen Verlag auch ein Buch, welchem er den Titel gab: „Die große Gehirnwäsche.Schöpfung oder Evolution?".
Und darin gibt es auch die nachfolgende Passage über Newton:

„Sir Isaac Newton überprüfte Usshers Chronologie und konnte darin keinen Fehler finden." (S. 156).

Nun ist besagter Herr Ussher für sein Datum 1996 berühmt-berüchtigt bekannt. Also nennt jenes Datum der Newton selber nicht, so verweist er dennoch auf andere Narren, die das getan haben, und bescheinigt denen die „Rechtgläubigkeit". So schließt sich auch an diesem Beispiel wieder der Kreis.
Um wieder mehr zur Voltaire zurückzukehren. Dessen Schrifttum wird auch andernorts als ziemlich umfänglich, für einen einzelnen kaum überschaubar beschrieben. Insoweit mag eine weitere Lexikonnotiz über Voltaire noch zitiert werden, das dessen

„Roman "Candide, der durch das Erdbeben von Lissabon veranlaßt, schärfte Angriffe auf den Glauben an eine göttliche Vorsehung enthält."

Verkäufer eine Variation der vermeintlichen „göttlichen Vorsehung" ist dann ja auch die WTG. Insoweit verwundert es nicht, dass sie an Voltaire keinen guten Faden lässt, was ja auch in der genannten „Erwachet!"-Ausgabe zu beobachten ist.
Allerdings, dass kann auch festgestellt werden. Die Brüchigkeit und innere Hohlheit eines Glaubens an eine göttliche Vorsehung, ist damit nicht widerlegt!

Exkurs:
Eine Leseprobe aus Voltaire „Candide" (Im Internet auch vorfindlich)

Pangloß lehrte die Metaphysikotheologokosmonarrologie. Er bewies auf unübertreffliche Weise, daß es keine Wirkung ohne Ursache gebe, und daß in dieser besten aller möglichen Welten das Schloß des gnädigen Herrn das beste aller möglichen Schlösser und die gnädige Frau die beste aller möglichen gnädigen Freifrauen sei.
»Es ist erwiesen,« sagte er, »daß die Dinge nicht anders sein können: denn da Alles zu einem Zweck geschaffen worden, ist Alles nothwendigerweise zum denkbar besten Zweck in der Welt. Bemerken Sie wohl, daß die Nasen geschaffen wurden, um den Brillen als Unterlage zu dienen, und so tragen wir denn auch Brillen. Die Beine sind augenscheinlich so eingerichtet, daß man Strümpfe darüber ziehen kann, und richtig tragen wir Strümpfe. Die Steine wurden gebildet, um behauen zu werden und Schlösser daraus zu bauen, und so hat denn auch der gnädige Herr ein prachtvolles Schloß; der größte Freiherr im ganzen westfälischen Kreise mußte natürlich am besten wohnen, und da die Schweine geschaffen wurden, um gegessen zu werden, essen wir Schweinefleisch Jahr aus, Jahr ein. Folglich sagen die, welche bloß zugeben, daß Alles gut sei, eine Dummheit: sie mußten sagen, daß nichts in der Welt besser sein kann, als es dermalen ist.«

Dann sei noch auf diese Passage verwiesen:

Er wandte sich hierauf an einen Mann, der in einer großen Versammlung eine Stunde lang ganz allein über die christliche Nächstenliebe gesprochen hatte. Der Redner sah ihn über die Achseln an und fragte: »Was wollt Ihr hier? Seid Ihr hier für die gute Sache (pour la bonne cause)?«
»Es giebt keine Wirkung ohne Ursache (sans cause),« erwiderte Kandid bescheiden; »Alles steht mit einander in nothwendiger Verkettung und ist aufs beste geordnet. Ich mußte aus Fräulein Kunigundens Nähe fortgejagt werden, mußte Spießruthen laufen und muß jetzt mein [48] Brot betteln, bis ich es verdienen kann. Dies Alles konnte nur so und nicht anders kommen.«

»Mein Freund,« fragte der Redner weiter, »glaubt Ihr, daß der Papst der Antichrist sei?«

»Ich habe noch nichts davon gehört,« antwortete Kandid, »doch mag er es sein oder nicht, ich habe kein Brot.«

»Du verdienst keins zu essen!« fuhr jener ihn an; »fort, Schurke! pack Dich, elender Wicht! komm mir nie wieder unter die Augen!«
Die Frau des Redners sah eben zum Fenster hinaus, und da sie einen Menschen gewahrte, der noch zweifelte, ob der Papst der Antichrist sei, begoß sie ihn von oben bis unten mit einem vollen... Gerechter Himmel! wie weit geht doch der Religionseifer bei den Damen!

Oder auch dieses:

Nach dem Erdbeben, wodurch drei Viertel von Lissabon zu Grunde gegangen waren, hatten die Weisen des Landes kein wirksameres Mittel, um der gänzlichen Zerstörung vorzubeugen, ausfindig gemacht, als daß man dem Volke ein schönes Auto da Fe gebe. Die Universität Coimbra hatte den Ausspruch gethan, daß das Schauspiel einiger Menschen, die mit gehöriger Feierlichkeit bei langsamem Feuer gebraten würden, ein untrügliches Mittel zur Verhütung der Erdbeben sei.

Vor Betäubung und Entsetzen ganz außer sich, blutend und an allen Gliedern bebend sprach Kandid zu sich selbst: »Wenn das die beste aller möglichen Welten ist, wie mögen denn erst die andern aussehen? Es möchte drum sein, wenn ich nur gepeitscht wäre, das bin ich schon bei den Bulgaren gewohnt geworden; aber, o mein theurer Pangloß, Du Krone der Philosophen! Dich mußte ich hängen sehen, ohne zu wissen, warum? o mein guter Jakob, bester der Menschen! Du mußtest vor meinen Augen eine Beute der Wogen werden? o Kunigunde! Perle der Mädchen! Dir mußten sie den Leib aufschlitzen?«

Zur vermeintlich "besten aller Welten" gehört dann auch nachweisbare Bilder, welche das "Fressen und gefressen werden in der Natur dokumentieren. Zumindest der Kommentar dazu noch, dass die "göttlichen Design-Verfechter" einer sehr selektiven Wahrnehmungsform huldigen.

Abschließend ist Nietzsche in einer Detailaussage zuzustimmen:

Was wäre zu schaffen, gäbe es Götter fragt Nietzsche sinngemäß. Nichts, was nicht auch ohne Götter schaffbar wäre!

Noch eine thematische Meinungsäußerung:

Das Lehrbeispiel über das Wesen des Christentums. Der Fall Hank

Die "beste aller Welten"

Ein beispielhafter Disput in Sachen Evolution

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