Evolutionstheorie (1918)

Von Zeit zu Zeit findet man in den Veröffentlichungen der Wachtturmgesellschaft auch Stellungnahmen zum Thema der Evolutionslehre. In der Regel ablehnender Art. Nun ist es schon bemerkenswert den Spagat zu registrieren der dabei unternommen wird. Einerseits will man mit den "verruchten Evolutionisten" nichts zu tun haben; andererseits bedient man sich einer Argumentationsart, die einem Außenstehenden Schlichtweg das Staunen beibringen über diese Mixtur von religiöser Einfalt kombiniert mit scheinwissenschaftlicher Argumentation. In der Gegenwart mag diese Tendenz vielleicht nicht mehr so krass hervorstechen. In der Frühzeit hingegen schon. Ein Beispiel dafür ist die 1918 von den Bibelforschern herausgegebene Broschüre mit dem Titel: "Die Bibel gegen die Evolutionstheorie". Deren Konzeption basiert auf der fiktiven Diskussion zwischen einem presbyterianischen Christen (A) und einem Bibelforscher (B). Nachstehend einige Blüten aus dieser Diskussion:

"B. Mir scheint, dass, wenn es allgemein bekannt wäre, dass, wenn die Evolutionstheorie wahr ist, die Lehren der Bibel falsch sein müssen, und umgekehrt, wenn die Bibel von Gott ist - sein inspiriertes Wort, - die Evolutionstheorie absolut keinen Anspruch auf Glaubwürdigkeit machen kann, viele Evolutionisten dem Gegenstand ein tieferes Studium widmen würden, ehe sie eine Lehre annehmen, die das Wort unseres Herrn und seiner Apostel Lügen straft.

A. Sogar Professor Huxley sagt über diesen Gegenstand: 'Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist auch nicht ein Schatten von einem zuverlässigen, direkten Beweis dafür da, dass Abiogenesis (Leben von Nichtlebenden hergeleitet) stattfindet oder stattgefunden hat innerhalb der Periode, während welcher die Existenz vom Leben berichtet wird.

B. Ganz recht, es gibt nur sehr wenige, die zu dem von Ihnen erwähnten Extrem gehen. Aber ich behaupte, dass die ganze Philosophie der Fortentwicklungslehre den klarsten Aussprüchen der Schrift des Alten und Neuen Testaments zuwider ist.

Im Einklang mit der Bibel halte ich dafür, dass die wunderbare Zunahme des Wissens nicht ein Resultat der Evolution ist, sondern das Ergebnis göttlichen Einwirkens zur Jetztzeit, dass es eine der Eigentümlichkeiten dieses 'Tages seiner Zurüstung' ist, an dem sich alles vorbereitet für das Tausendjährige Reich. Wenn die Lehre von der Fortentwicklung richtig wäre, so würde diese Zunahme an Wissen während der Vergangenheit eine allmähliche gewesen sein und nicht eine plötzliche, wie sie jetzt, gegen den Schluss der Geschichte des Menschengeschlechts, in diesem Jahrhundert und besonders während der letzten 50 Jahre uns vor Augen tritt. Auch möchte ich ihre Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken, dass die 'Zunahme an Wissen' das 'Hin- und Her-Rennen' der verflossenen 60 Jahre begleitete und demselben folgten. Zu 'seiner Zeit' hat es dem Herrn gefallen die Aufmerksamkeit des Menschen auf die Kraft des Dampfes und der Elektrizität zu richten und ihm Weisheit zu geben, sich dieselbe dienstbar zu machen ...

Die ganze Welt scheint hin und her zu 'rennen', genau so, wie es den Propheten vor 2400 Jahren geoffenbart wurde. Wir selbst 'rennen' in diesem Augenblick mit einer Geschwindigkeit von 50 (engl.) Meilen die Stunde, und der Zug ist gedrängt voll, und wir wissen, dass andere Züge, in ähnlicher Weise mit Menschen belastet, nach den verschiedensten Richtungen dahin eilen. Man wundert sich, dass so viel 'Hin- und Herrennen' ist, und es nimmt jedes Jahr zu. Und merken Sie, mein Freund, dass die Eisenbahn, das Dampfschiff und die elektrische Bahn die dieses 'Hin und Herrennen' gestatten, diesem Jahrhundert angehören. Bedenken Sie ferner, dass Sie und ich seit den letzten 25 Jahren wahrscheinlich über mehr Meilen Landes gereist sind, als Ihre und meine Vorfahren in dem Zeitraum von 6000 Jahren bis auf Adam zusammengenommen.

Während vieler Jahrhunderte hatte das Wasser in Töpfen gekocht und Kesseldeckel hatten gerasselt, ehe Watts Sinn auf die Beobachtung des Dampfes gelenkt wurde und ihn zum Nachdenken darüber brachte, auf welche Weise die Kraft nutzbar abgewendet werden konnte. Ähnlich einfach waren die ersten Gedanken betreffs solcher mechanischen Erfindungen, die von der Dampf- und später von der elektrischen Kraft weiteren Gebrauch machten. Ohne jene einfachen Gedanken, zu denen, wie ich glaube, die göttliche Vorsehung zu 'seiner bestimmten Zeit' führte, mochten diese großen Faktoren des Erwachens unseres Jahrhunderts noch Jahrhundertelang unbeachtet geblieben sein, wie in den vergangenen Jahrhunderten.

Trotzdem kann man sich der Tatsache nicht verschließen, dass im Gegensatz zu allen Erwartungen, die man betreffs des Fortschritts hegte, diese vorher nie geträumten Segnungen und Annehmlichkeiten unserer Zeit augenscheinlich nicht dazu angetan sind, zur Förderung von Glückseligkeit und Zufriedenheit unter den Volksmassen beizutragen. Im Gegenteil, es ist wahrzunehmen, dass, je mehr und größer die Segnungen sind, deren man sich erfreut, desto größer im allgemeinen in den nicht erneuerten Herzen die Unzufriedenheit ist.

B. Die Schrift hebt hervor, dass die gegenwärtigen Segnungen und die Zurüstung für das herannahende Tausendjährige Reich sich am Ende unseres Zeitalters als Fluch erweisen werden, da die Zunahme an Wissen und Freiheit in Verbindung mit der angeborenen Selbstsucht des gefallenen Menschen tatsächlich zu dem Zustand führen wird, den unsere Evolutionsfreunde voraussahen und befürchteten. Aber die Schrift zeigt auch, dass dieser gefürchtete Zustand der Anarchie, mit dem dies jetzige Zeitalter enden wird, von Gott so gebraucht werden wird, dass er der Menschheit als eine praktische Lektion dienen wird, indem die Macht und der Stolz der Hohen und Reichen zunichte werden und alle die große Lektion lernen, dass menschliche Vollkommenheit nicht durch Entwicklungsprozesse erreicht wird, sondern allein durch göttliches Einschreiten zur Emporhebung der Menschheit durch die Einführung der neuen Herrschaft, welche als das göttliche Mittel, als der 'Same Abrahams in dem alle Geschlechter der Erde gesegnet werden sollen', lange vorher durch die Propheten und Apostel und durch den Herrn selbst verkündigt worden war.

Die große Pyramide im Nildelta liefert z. B. den Beweis, dass sie in Übereinstimmung mit den neuesten astronomischen Forschungsresultaten errichtet worden ist."

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1918er Rückblick zur Zeugen Jehovas-Geschichte