Blut rettet erlöschendes Leben

Die nachfolgende Kurznotiz war in der Schweizer Ausgabe des „Goldenen Zeitalters" vom 1. 11. 1931 zu lesen:

„Ein Handel mit Blut

In der Stadt New-York sind jetzt nach den Angaben der führenden Ärzte über 3000 Personen, die ihr Lehen damit zu fristen suchen, dass sie ihr Blut zu Blutübertragungen zum Kauf anbieten. Die Zahl derer, die sich zu Bluttransfusionen anbieten, ist jetzt dreimal so gross. wie vor diesem Jahre. Die Blutspender müssen eine gesetzliche Genehmigung haben."

Ende der Durchsage im GZ.

Nun kann man darüber streiten. Sollte diese Meldung einen Abscheu gegen das ausgesagte erzeugen, oder nicht?

Meines Erachtens wäre die Unterstellung es sollte damit Abscheu erwirkt werden, zu weitgehend. Hätte man damals diese Absicht schon gehabt, hätte es sich sicherlich angeboten, es nicht bei dieser Kurzmeldung zu belassen, sondern statt dessen noch ein paar eigene kommentierende Worte mit hinzuzufügen. Genau das aber ist nicht geschehen.

Es drängt sich vielmehr der Eindruck auf, diese Meldung hatte für das GZ den gleichen Stellenwert und Rang, wie etwa ihre Meldung darüber, das Blut erlöschendes Leben zu erretten vermag.

Offenbar muss man bei der Bewertung der vorstehenden Notiz, auch die Magdeburger Ausgabe des „Goldenen Zeitalters" vom 1. 12. 1931 mit in die Betrachtung einbeziehen. Selbige enthielt einen „Blutspenden" betitelten Beitrag, der offenbar auf ähnliches bezug nahm, nur etwas ausführlicher. Was man damals schrieb, müsste man sich eigentlich im Kontext der späteren Ant-Bluttransfusions-Agitation der Zeugen Jehovas nach 1945, besonders „auf der Zunge zergehen" lassen.

Damals schrieb man:

Blutspenden ist ein Gewerbe geworden. Besonders in Amerika hat sich der Beruf organisiert; es gibt in New York etwa 1300 Blutspender, die sich für die Blutübertragungen zur Verfügung stellen. Welchen Einfluß wiederholte Blutentnahmen zeitigen, haben amerikanische Forscher untersucht. Männer ertragen den Verlust besser als Frauen; ihnen kann man in Zwischenräumen von 3-5 Tagen ohne Gefährdung 1-5mal je 400 ccm Blut entziehen.

Die Spender fühlen sich im allgemeinen sehr wohl, geben an, arbeitswilliger zu sein als früher und manche Krankheit, an der sie litten, Stuhlverstopfung und Hautausschläge, dadurch verloren zu haben. - Der Preis für eine Menge Blut von 200 bis 500 ccm beträgt 100 bis 200 Mark.

Das New Yorker Gesundheitsamt hält die Blutspender unter dauernder Aufsicht. Sie werden sorgfältig untersucht, vor allem daraufhin, ob sie frei sind von Syphilis, Malaria, Tuberkulose, Asthma, Herzkrankheiten etc. Die Blutgruppe, der sie angehören, wird bestimmt.

Von einem Blutspender, Kane, wird berichtet, daß er 147 Bluttransfusionen hinter sich hat, von denen er 87 gratis gab. Er war niemals krank, hat normalen Blutdruck und erholt sich in ungewöhnlich schneller Zeit von seinem Blutverlust.

Daß diese Blutentziehungen keinen gesundheitlichen Schaden bringen, im Gegenteil sich als nützlich erweisen, nimmt nicht Wunder. Ist solche Blutentnahme doch nichts anderes als ein Aderlaß, der, in früheren Zeiten viel angewendet, allzuoft, dann in Vergessenheit geraten, sich in neuerer Zeit wider bei manchen Krankheitszuständen als segensreich erweist."

Folgende Notiz konnte man in der Ausgabe vom 1. 11. 1930 des "Goldenen Zeitalters" zur Kenntnis nehmen (S. 328, 329). Es handelt sich um die Wiedergabe eines Agenturberichtes, ohne eigene Kommentierung. Weder Pro noch Contra. Brisanz hat diese Notiz dergestalt, dass nach 1945 in der Sache dazu, noch eine negative Kommentierung erfolgen sollte.

1930 aber schrieb man noch:

"Blut rettet erlöschendes Leben.

Die moderne Wissenschaft hat ein Heilmittel von unermesslichem Wert in den Dienst der Medizin gestellt. Dieses Mittel ist der Saft des Lebens, das Blut selbst.

In den letzten Jahren ist das Blutspenden in den Krankenhäusern sehr oft angewandt worden. Es gibt Hunderte von freiwilligen Blutspendern und auch solche, die ihr Blut gegen eine entsprechende Entschädigung zur Verfügung stellen. Erstmalig ist es dem Kameramann gelungen, im größten Krankenhaus Deutschlands, in der Ersten Medizinischen Klinik an der Charité in Berlin, den Vorgang der Bluttransfusion im Bilde festzuhalten."

Eine weitere pseudowissenschaftliche Notiz zum Thema Bluttransfusion sei noch aus dem "Goldenen Zeitalter" zitiert (1928 S. 338). Wiederum charakteristisch, dass dabei ein anderes Presseorgan dazu zitiert wird. Wenn die Ausführungen zwar auf einen "Ersatz" der Bluttransfusion hinauslaufen, so ist jedoch auch jener Kommentar nicht zu übersehen, der von einer "großen Selbstverleugnung" der bereitwilligen Spender redet, also das Blutspenden als solches nicht unbedingt in Frage stellt. Im einzelnen konnte man dort lesen:


"Orangensaft anstatt Blutübertragung. Der Herausgeber der amerikanischen Zeitschrift 'Health Culture' (Gesundheitspflege) schreibt, nachdem er all denen, die zugunsten anderer unter großer Selbstverleugnung ihr Blut zur Übertragung hergegeben, seine Anerkennung zollt, dass nach den Erfahrungen, die er gemacht hat, eine Obertasse voll süßen Orangensaftes, durch den Mund dem Körper zugeführt, dieselben Dienste tut, wie die Blutübertragung. Die Beobachtung in den Krankenhäusern haben ergeben, dass sich bei Anwendung dieses einfachen Mittels die Blutübertragung erübrigte."

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1930er Rückblick zur Zeugen Jehovas-Geschichte