Kommentarserie (über „Der Wachtturm" und „Trost") 1944/1945 zusammengefasst

Einige Stichworte in diesem Jahrgang (in Auswahl)

Zensur in der Schweiz, Nordkönig, Gileadschule, WTG-Organisation - Diktatur, Seelenlehre, Antisemitismus, Brief an Hitler, Beth Sarim, „Weltfriede ist er von Bestand?", Erich Frost, Harmagedon in 10 oder 20 Jahren, Pius XII., Fritz Thyssen, „Feinde" (Buch), Robert Mäder, KZ-Berichte, Arthur Winkler, A. L. Hillinger, Rauchen, Metzler, Tödtli, Jonak, Jesuiten, Befehl-Regime,

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Geschrieben von Drahbeck am 02. Oktober 2004 06:29:52:

Mit Datum vom 25. Juni 1940 (zugestellt am 1. Juli 1940) bekam die Schweizer WTG Post von der „Pressekommission" in der Schweiz. Ein Blick auf den Kalender zeigt. Jenes Jahr war mitten im zweiten Weltkrieg, der in aller Schärfe tobte. Auch die Schweiz glaubte diesem Umstand dahingehend Rechnung tragen zu müssen, dass ihre veröffentlichte Publizistik der Zensur unterworfen wurde. Den Begriff „Pressekommission" kann man daher durchaus mit „Zensurbehörde" übersetzen.

Genannte Behörde nahm Anstoß besonders an der „Wachtturm"-Ausgabe vom 15. Juni 1940. In einer verteidigenden Stellungnahme (abgedruckt in der zweiten Zeugen Jehovas-Zeitschrift „Trost" vom 15. 8. 1940) bemerkt die WTG, die Vorwürfe der Zensurbehörde hätten sie zu einem Zeitpunkt erst erreicht, wo die inkriminierte Nummer bereits gedruckt vorlag; Änderungen also nicht mehr möglich seien. Man glaubte aber in der WTG-Antwort die Zensurbehörde noch mit den Worten besänftigen zu können:

„Der Wachtturm Nr. 13 vom 1. Juli wird Ihnen sicherlich den Beweis dafür liefern, daß wir den gewünschten Anforderungen bis zur äußersten Grenze dessen, was wir vor Gott mit unserem Gewissen verantworten können, entsprochen haben. Wir haben uns wirklich bemüht, uns in der Ausdrucksweise - vom englischen Original abweichend - den Verhältnissen in Europa anzupassen."

Inwieweit mit dieser Stellungnahme die Zensurbehörde wirklich besänftigt wurde, mag man in Wertung der nachfolgenden Geschehnisse mit einem deutlichen Fragezeichen versehen. Las man doch in der letzten WT-Ausgabe vom 1. Juli 1940 auch solche „markigen Sätzen" wie die nachfolgenden:
„Die gegenbildlichen oder neuzeitlichen Moabiter, das heißt der kommerzielle Teil der sichtbaren Organisation Satans, haben den Gesetzen der römisch-katholischen Hierarchie nachgegeben, wie dies die Tatsachen gründlich dartun. Glieder dieser ruchlosen Religionsorganisation haben wiederholt erklärt, Jehovas Knechte betrieben ein Geldgeschäft und stünden in einem Feldzug des Hasses und der Unduldsamkeit, ja sie logen ferner, indem sie sagten, Jehovas Zeugen seien Kommunisten. …Die kommerzielle Presse läßt sich zu den gemeinsten Lügen über Jehovas Knechte herab und tut das immer auf das Geheiß der römisch-katholischen Hierarchie und ihrer andern religiösen Bundesgenossen … (sie) verschreien diese Diener Gottes als Pazifisten und beschuldigen sie, unpatriotisch zu sein und die Sicherheit des Staates zu gefährden."

Nachdem auch diese eben zitierte WT-Ausgabe gedruckt vorlag, befand die Zensurbehörde: „Jetzt ist Schluss mit lustig".
Die Folge: Am 3. Juli 1940 erhielt die Berner WTG-Zentrale Besuch von einer Art „Rollkommando", mit dem Auftrag die genannte WT-Ausgabe zu beschlagnahmen; und auch ansonsten eine Hausdurchsuchung in den Räumlichkeiten der WTG durchzuführen.
Der Eklat war damit komplett. In dem schon genannten Schreiben vom 25. 6. 1940 war die WTG darüber unterrichtet worden, dass auch ihre Publikationen nunmehr der Vorzensur unterliegen würden. Sie könnten also nur nach vorheriger Einreichung bei der Zensurbehörde weiterhin erscheinen, sofern diese keine inhaltlichen Bedenken geltend macht.

Was die Zeitschrift „Trost" anbelangte, unterwarf sich die WTG diesem Verfahren. Bezüglich des „Wachtturms" zog sie es vor, der Zensurbehörde mitzuteilen. Sie stelle dessen Erscheinen nunmehr ein.

Im Jahre 1944 herrschte schon wieder eine andere politische Großwetterlage. Die Niederlage Hitlerdeutschlands war absehbar. War beispielsweise das Zürcher-Buch „Kreuzzug gegen das Christentum", im Gefolge der vorgenannten Restriktionen auch einem weiteren Verbreitungsverbot unterworfen worden; so wurde nunmehr dieses Verbot wieder aufgehoben. Und auch der „Wachtturm" durfte wieder offiziell in der Schweiz erscheinen.
Die erste Ausgabe nach der vorgenannten Zwangspause war die vom Oktober 1944.
Vorerst nur als monatliche Ausgabe erscheinend.

"Für die neue Welt leben" lautet der Studienartikel in dieser Ausgabe.
Den "Weltlichweisen" und ihren Plänen für die "Welt von Morgen" wird eine Absage erteilt; denn "in kurzem werde die dämonenbeherrschte alte Welt in der Schlacht von Harmagedon verschwunden sein."
Weil das in der Lesart des Wachtturms "in kurzem" geschehe, wird "wer Gott und seine neue Welt liebt, nicht vor der Aussicht zurückschrecken, leiden zu müssen, weil er für die neue Welt lebt." Denn der "Welt" sei nur eine "kurze, trügerische Nachkriegszeit" beschieden.
Und zum Ausklang dieses Artikels meint man prophezeien zu können:
"Die Welt taumelt von den Wirkungen des Bechers, den ihr 'Babylon' eingeschenkt hat: von dem Kriege um die Weltherrschaft (Offenbarung 17: 4; 18:3). Während der Zeit, die nach dem Kriege folgt, werden alle Nationen aus diesem Becher oder Kelche trinken und werden eine Orgie veranstalten gleich derjenigen, die beim Gastmahle Belsazars in der Nacht stattfand, als die Handschrift an der Wand erschien und das alte Babylon fiel."

Geradezu inflationär in dieser Ausgabe die Verwendung (direkt oder indirekt) des Begriffes "kurze Zeit".

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Geschrieben von Drahbeck am 02. November 2004 07:57:40:

Als Antwort auf: Drahbeck am 02. Oktober 2004 06:29:52:

Der Studienartikel der Wachturmausgabe vom November 1944, betont wieder einmal die vermeintliche Nähe von Harmagedon. Der Wachtturm meint zu wissen:

"Die Zeit der Einsammlung ist bald vorbei".


Die Außenwirkung dieser Verkündigung einschätzend sagt man:
"Dieses ist für die Religionisten 'befremdend'. Für sie ist es ein 'befremdendes Werk'; sie glauben nicht an seinen guten Zweck, sondern unterschieben ihm schlechte Beweggründe".

Das kümmert die WTG offenbar nicht sonderlich. An die eigene Anhängerschaft gerichtet stellt sie die Forderung:
"Möge niemand denken, daß wenn er ein festgesetztes, vorgeschriebenes Mindestmaß an Stunden im Dienste des Herrn oder die durchschnittliche Arbeitsstundenzahl eines Arbeiters in der Welt geleistet habe, er dann frei und berechtigt sei, nach weltlicher Art 'herumzujazzen' oder umherzuschlendern und Zeit und Körperkraft auf nichtige, zwecklose gesellige Anlässe zu verwenden."


Und weiter:
"Die Treuen müssen unaufhörlich 'Tag und Nacht', Diener des großen THEOKRATEN und seiner glorreichen Herrschaft sein. Treue in der Erfüllung der Pflicht im 'befremdenden Werk'"

Selbst solchen Fragen wie der Familiengestaltung widmet man sich in diesem Zusammenhang. Dazu tönt der Wachtturm:
"Die Tatsache, daß man der Kinder wegen am Ende dieser Welt der Dämonenherrschaft Schwierigkeiten hätte, zeigte Jesus in seiner Prophezeiung deutlich, als er sagte: 'Wehe den Schwangern und den Säugenden in jenen Tagen!' … Dies zeigt klar, warum es für diejenigen von den 'andern Schafen' des Herrn, welche Glieder der 'großen Volksmenge' zu werden hoffen, die Harmagedon überlebt und danach den göttlichen Auftrag erhält, 'die Erde mit einer gerechten Nachkommenschaft zu füllen', besser und weiser ist, die Dinge hinauszuschieben, bis die Drangsal und Zerstörung von Harmagedon vorüber ist."

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Geschrieben von Drahbeck am 02. Dezember 2004 05:22:56:

Als Antwort auf: Drahbeck am 02. November 2004 07:57:40:

Als einen Schlüsselsatz der Wachtturm-Ausgabe vom Dezember 1944 kann man wohl die Aussage ansehen:
"Ob es im Jahre 1944 zu einem Endes des Kampfes zwischen dem 'König des Nordens' und dem 'König des Südens' kommen wird oder nicht, ist unwesentlich. Eine Nachkriegszeit muß kommen …"

Damit wurden seitens der WTG jene Erwartungen zu den Akten gelegt, die da einstmals davon ausgingen, der Zweite Weltkrieg münde in Harmagedon.
Gleichzeitig unterrichtet der Wachtturm auch darüber, man habe nun in den USA die WTG-Missionarsschule "Gilead" begründet, um neue, bisher unerschloßene Gebiete für sich zu rekrutieren.

Diese Wachtturm-Ausgabe hält auch dahingehend Rückschau, dass man darauf verweist, wie es zur Zeit des Ersten Weltkrieges war. Wesentliche Teile der Rutherford-Administration, einschließlich Rutherford selbst, befanden sich im Gefängnis. Nun, im März 1919 wurden sie auf Kaution freigelassen, und der Wachtturm betont, den "neuen Elan", der damit verbunden war.
Ausgeführt wird insbesondere auch, dass man zur Zeiten Russells erwartet hatte, die WTG-Getreuen hätten eine himmlische Hoffnung. Nun setzte Rutherford ganz neue Akzente. Die "himmlische Hoffnung" sollte eigentlich um 1914 in Erfüllung gehen. Es wurde nichts daraus. Jetzt aber interpretierte Rutherford das alles ganz anders.

Dazu der Wachtturm:
"Im Frühjahr 1923 begann aber der Lehrer im Tempel zu offenbaren, daß es eine irdische Klasse gibt."
Ab 1925 ließ er eine umgeänderte 1914-Erwartung verbreiten. Nicht mehr die "Himmelfahrt" sei zu jenem Zeitpunkt angesagt, sondern die "Aufrichtung von Christi Reich im Himmel" mit einer Zwischenphase zum "demnächst" doch noch stattfindenden Harmagedon.
Hatte Russell, etwa in Band 4 seiner "Schriftstudien", jenes Harmagedon insbesondere dahingehend interpretiert, dass der "Kampf zwischen Kapital und Arbeit" wohl sein Auslöser sei, so wurde nunmehr auch diese These zu den Akten gelegt. Dazu der Wachtturm:
"Ferner wurde ihnen kundgetan, daß dieser Kampf weder ein Streit zwischen Kapital und Arbeit noch ein solcher zwischen konservativen und radikalen Gruppen oder überhaupt zwischen menschlichen Parteien oder Nationen sei".

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Geschrieben von Drahbeck am 02. Januar 2005 03:16:55:

In der „Wachtturm"-Ausgabe vom Januar 1945 mit abgedruckt, die Ansprache des WTG-Präsidenten Knorr vom 23. 6. 1943, vor den Absolventen des ersten fünfmonatigen Lehrganges der Missionarschule "Gilead". Ziemlich am Schluss die Anmerkung von Knorr, dass die besondere Zielstellung darin bestehe, dass möglichst alle Absolventen zur "gegebenen Zeit" in fremde Länder eingesetzt werden sollten. Die Option das schon im Jahre 1943 tun zu können, waren eingeschränkt. Aber man plante schon im voraus. Wenn sich die politische Großwetterlage geändert haben würde, sofort mit der Missionar-Kolonisierung anderer Länder beginnen zu können, wo dies bisher noch nicht so möglich war.
Und damit die Kolonisatoren für den "American way of Life" denn auch die "rechte" innere Motivation für ihren zukünftigen Weg hätten, gab ihnen Knorr noch mit auf den Weg:

"Wir befinden uns jetzt im Strome der Zeit an dem Punkte, da es möglich, ja sogar ziemlich wahrscheinlich ist, daß ihr alle, wenn ihr treu, wahr und vor dem Herrn standhaft bleibt, sehen werdet, wie sich Gottes Verheißung an jenen treuen Menschen der alten Zeit erfüllt ... Der vor euch liegende Weg mag lang und schwer sein. Wir sind sicher, daß er schwer sein wird, aber es mag sein, daß er nicht allzu lang wird! ... denn wir leben jetzt in den 'letzten Tagen', und das endgültige Ende ist nicht mehr fern. ..."

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Geschrieben von Drahbeck am 03. Januar 2005 03:59:02:

Als Antwort auf: Drahbeck am 02. Januar 2005 03:16:55:

Die Ausgabe des "Trost" vom 1. 1. 1945 macht schon im Titelbild mit dem "Mene tekel upharsim"-Spruch auf, dessen neuzeitliche Erfüllung man wieder nahe wähnt. Und man meint dabei drohend verkünden zu können:
„Aber nicht nur für solche Übertreter und Verächter des ewigen Bundes erscheint die Flammenschrift an der Wand. Sie wird ebenfalls flammen für jene, die in Stolz und Überheblichkeit eine Weltfriedensorganisation schaffen werden, ohne sich um das göttliche Programm zu kümmern."


Nicht nur nach außen werden Drohungen ausgesprochen. Auch nach innen. Ein Beleg dafür auch die Rubrik "Fragenbeantwortung" in dieser Ausgabe. In ihr liest man auch:

"Kann eine Mutter, die guten Willens ist, sich freuen, auf der Erde fortzuleben, wenn ihre Angehörigen nicht an ein solches Fortleben glauben ..."


"Trost" antwortet dazu:

"Wer es vorzieht, die Gemeinschaft mit Feinden oder Verächtern des Königreiches der Gerechtigkeit zu pflegen, statt mit ihnen zu brechen, ist nach diesem Wort nicht wert, auf der neuen Erde zu leben."

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Geschrieben von Drahbeck am 03. Januar 2005 06:20:00:

Als Antwort auf: Raimund am 03. Januar 2005 05:50:42:

Der Gesamtzusammenhang ist Bibelauslegung "Made in WTG".
Siehe nachstehend die entsprechende Originalseite.

Trost.1.1.45.jpg (128441 Byte)

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Geschrieben von Drahbeck am 16. Januar 2005 00:55:04:

Als Antwort auf: Drahbeck am 03. Januar 2005 03:59:02:

In einem Rückblick liest man in der Ausgabe vom 15. 1. 1945 des "Trost":
"'Millionen jetzt Lebender werden niemals sterben'. Diese Botschaft, daß Millionen jetzt auf Erden Lebender nie mehr von der Fläche des Erdbodens weggerafft werden sollen, wurde am Sonntag, 24. Februar 1918, in Los Angeles, Kalifornien, zum ersten Male proklamiert. Diese Proklamation wurde mit Erstaunen und Zweifel aufgenommen. Danach wurde die öffentliche Verkündigung dieser Botschaft über die 'Millionen Menschen' mehr als zwei Jahre lang aufgehalten"

(weil wesentliche Teile der WTG-Führung verhaftet worden waren. Nicht wegen "dieser" Verkündigung. Aber weil der USA-Staat damals befand. Die konterkarieren unsere für angemessen befundene Politik im Weltkrieg. Und das können wir nicht hinnehmen).

Weiter schreibt "Trost": "Worauf sie im Jahre 1920 wieder aufgenommen, und im September jenes Jahres kam ein Büchlein heraus, 128 Seiten stark und betitelt 'Millionen jetzt Lebender werden niemals sterben'. Die in 31 Sprachen in Umlauf gesetzten Exemplare liefen in die Millionen. Auch begann man diesen Titel bald auf der ganzen Erde als Thema bei öffentlichen Vorträgen zu benutzen."

Rückblickend hat man festzustellen, die "Millionen"-Verkündigung war es, die besonders im vom Kriege gebeutelten Deutschland, Menschen in die Arme der WTG trieb. Vor dem Ersten Weltkrieg waren die Bibelforscher hierzulande eine mikroskopisch kaum wahrnehmbare Sekte. Durch diese Verkündigung und Publicity wurden sie erst "Thema". Nicht das "die" Deutschen nun in "Scharen" zu den Bibelforschern strömten. Das war weiterhin nicht der Fall. Aber ein ganz bestimmter Bevölkerungsausschnitt, namentlich solche mit religiöser Sozialisation. Dort wiederum die, zu den "weltlich Gebeutelten" zählten, fand sich durch diese Verkündigung durchaus angesprochen.

Im Jahre 1945 konnte man ja noch der guten Meinung sein: "Warten wir's mal ab". Das wird sich noch erfüllen, so wie angekündigt. Heute indes können das nur noch die Supereinfaltspinsel unter den Einfaltspinsel für bare Münze nehmen.
Gleichwohl schon damals und auch heute war es so. Wunschdenken verdrängt die Realität.
Eine kritische Wertung jener "Millionen"-Verkündigung findet selbstredend in dieser "Trost"-Ausgabe nicht statt.

Aber ungewollt liefert auch diese Ausgabe eine Antwort. Wie üblich wird der Zeigefinger auf die religiöse Konkurrenz gerichtet, der man sich "haushoch überlegen" fühlt. Wahrnehmend dort sind genau solche Einfaltspinsel wie bei uns versammelt, attackiert man mal deren These "Dank der göttlichen Vorsehung". Und da gibt man dann als Antwort darauf eine These zum besten, mit der man sich letztendlich selbst gerichtet hat.
"Trost" schreibt:

"Menschen sind um so eher geneigt, glückliche und unglückliche Zufälle dem direkten Eingreifen Gottes zuzuschreiben, je religiöser sie sind. Wer einem bösen Anschlag entrinnt, schreibt sein 'Glück' gern dem Umstand zu, daß er die besondere Gunst des Himmels oder der Vorsehung genieße. Fast allen Menschen schmeichelt es, sich als Günstling des Himmels der staunenden Umwelt zeigen zu können. In Wirklichkeit aber hat Gott meistens nichts damit zu tun."

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Geschrieben von Drahbeck am 02. Februar 2005 07:04:46:

Als Antwort auf: Drahbeck am 16. Januar 2005 00:55:04:

Nachdem der von den Adventisten inspirierte Russell, sich mit ihnen überworfen hatte, indem er nicht mehr mit Adventisten direkt zusammenarbeitete, sondern in bewusster Konkurrenz seine Zeitschrift "Zions Wachtturm" eröffnet hatte. Nachdem es ihm gelang, dieses Projekt zu stabilisieren, stellte sich letztendlich die Frage "wohin denn die Reise gehen soll". Für's erste war es mal so, dass versucht wurde, die Leserkreise enger aneinander zu binden. Besonders in Band sechs seiner "Schriftstudien" nahm Russell auch zu organisatorischen Fragen Stellung. Sich in Kontinuität zum "Urchristentum" wähnend, wurde darauf orientiert, dass solche Leserkreise dann aus ihren Reihen "Älteste" erwählen mögen. Seinen eigenen Part sah Russell dabei aber weiterhin darin, sozusagen den Lese- und Studienstoff für solche sich bildende Versammlungen zu liefern.

Schon Russell musste erfahren, solch relativ freizügige Gruppen sind nur schwer kontrollierbar und "fest an der Leine" zu halten. Solange noch eine gemeinsame ideelle Grundlage bestand, etwa dem hinfiebern auf 1914, mag das noch einigermaßen gelaufen sein, zumal Russell als Autorität weitgehend anerkannt wurde. Aber in dem Moment, wo diese Fiebererwartung brüchig wurde, lief auch das was organisatorisch sich da gebildet hatte Gefahr, wieder auseinanderzubrechen. Das sollte allerspätestens offenbarwerden, als die Rutherfordadminstration in den Wirren des Weltkrieges, sich im Gefängnis wiederfand.

Schon davor hatte auch Russell ähnliches erfahren müssen. Etwa, als die Anfänge der Bibelforscherbewegung in der Schweiz, die sich um die Zeitschrift "Die Aussicht" scharten, zu dem Schluss kamen. Russell sagt uns interessantes. Aber ein Papst kann er deshalb noch lange nicht für uns sein. Das Schisma in der Schweiz stellte sich dann auch prompt ein. Noch war man aber bereit, im Sinne Russell's dem Jahre 1914 zuzufiebern. Als dessen Ursprungserwartungen endgültig auf dem Geschichtsmüll landeten, war auch diese Bereitschaft zusehends erloschen.

Rutherford erkannte, er könne auf keinen "grünen Zweig" kommen, lasse er diese relative Freizügigkeit weiter bestehen. Neben neuen ideellen Anreizen - etwa 1925 - orientierte er deshalb je länger, je mehr, auf die Diktatur. Hatte etwa ein Hitler der Demokratie auch den Totenschein erstellt, indem er den "Führerkultus" inszenierte, so tat Rutherford es ihm gleich. Seine (auch persönliche) Diktatur lief unter der Vokabel "Theokratie". Ende der dreißiger Jahre war dieses Ziel weitgehend erreicht. Die "Wahlältesten" waren abgeschafft, die WTG hatte die alleinige Bestimmungsmacht erreicht.

Von Zeit zu Zeit fordern Diktaturen zu Widerstand heraus; besonders dann, wenn ihr Stern zu sinken beginnt. Das sollte auch ein Hitler beispielsweise am 20. 8. 1944 erfahren. Wäre sein "Stern" nicht so selbst für Blinde sichtbar, ins sinken geraten, wäre es möglicherweise nicht dazu gekommen. Es ist ein, man kann schon fast sagen "Naturgesetz", dass gegen jede Diktatur, sich früher oder später Widerstand formiert. Der Widerstand mag vielleicht vom Erfolg gekrönt sein. Ebenso denkbar ist aber auch, dass er gnadenlos niedergeknüppelt wird. Vieles ist dabei von Zeit und Umständen abhängig. Diktaturen sind realistisch genug, mit solchen Optionen zu rechnen. Deshalb setzten sie ja als "Lebensversicherung" bewusst auch auf Polizeistaatliche Elemente. Je schwächer sie sich selbst fühlen, um so ausgebauter auch ihr Terrorapparat.

Auch die WTG-Organisation ist nüchtern betrachtet eine Diktatur. Etlichen sich regenden Widerstand vermochte sie bis heute zu unterdrücken. Ihre Manager sind sich aber im klaren darüber, dass sie letztendlich keine Sicherheit haben werden. Das von Zeit zu Zeit neue Anlässe auch neuen Widerstand zu formieren vermögen. In solchen Situationen das Schiff "fest in der Hand" zu haben, ist ihr Bestreben. Und man "lernt" im laufe der Zeit dazu. Wie man das alles noch "geräuschloser" über die Bühne bringt. Es ist zwar nur ein kleines Detail. Gleichwohl von nicht unwesentlicher Bedeutung. Die "Wachtturm"-Ausgabe vom Februar 1945 berichtet darüber, wie die WTG ihre interne Auschlusspraxis weiter vervollkommnete.
Man liest darin:

"In der Vergangenheit sind diese Worte … so gedeutet worden, daß da, wo sich jemand in einer Gruppe gegen ein anderes Glied der Gruppe verfehlt, die Sache, nachdem man alle gebührenden Versuche zur Aussöhnung gemacht habe, anläßlich einer Versammlung der ganzen Gruppe vorzulegen sei. Dort solle sie besprochen und diskutiert werden. Hernach solle dadurch eine Abstimmung erfolgen, daß gemäß demokratischen Abstimmungsmethoden jedes Glied der Gruppe die Hand erhebe. Die Gruppe solle so ihren Beschluß kundtun in bezug auf das, was mit dem als schuldig Befundenen zu geschehen habe.
Daß den Worten des Herrn dieser Sinn beigemessen wurde, hat aber in verflossenen Zeiten mehr Hader und Zwiespalt unter den Gruppen hervorgerufen als fast alles andere."

Die neue Parole des Wachtturms lautet daher: Geräuschloser agieren.
Daher weiter, so der Wachtturm:

"Wenn eine gewisse Handlungsweise sich zu einem Fehlschlage auswirkt, so ist es klug und an der Zeit, das Verfahren und die Methoden zu prüfen, die bisher angewandt wurden, um nachzuforschen, ob sie schriftgemäß seien oder nicht.
Es muß uns stets klar sein, daß die Organisation des Volkes Gottes theokratisch und nicht demokratisch ist."

Daher die neue Anweisung des "Wachtturms":
"Die zu klärende Angelegenheit soll nicht vor der ganzen Gruppe durchgesprochen werden, damit diese das Urteil spreche, und sie soll auch nicht die Zeit und das Sinnen eines jeden einzelnen in Anspruch nehmen. In aller Stille soll sie den Gliedern der Versammlung oder Gruppe vorgelegt werden, welche sie vertreten, denen, die dazu gesetzt sind, die Verantwortung für das geistige Wohl der Brüder zu tragen und ihren Dienst vor dem Herrn zu leiten."

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Geschrieben von Drahbeck am 03. Februar 2005 03:17:13:

Als Antwort auf: am 02. Februar 2005 07:04:46:

Man fragt sich, ob man sich im Datum geirrt habe? Offenbar ist das aber wohl zu verneinen. Die Rede ist von der Rubrik "Fragenbeantwortung" in der Zeitschrift "Trost", Ausgabe vom 1. Februar 1945. Wusste man zu jenem Datum noch nicht, was sich da in Hitlerdeutschland auch bezüglich der Juden abgespielt hatte? Das ist wohl kaum anzunehmen.
Da veröffentlicht also "Trost" eine "Leserfrage":

"Welche Stellen der Bibel haben Bezug auf die Leidensgeschichte der Juden in der Gegenwart?"

Schon diese Frageformulierung, mit der Vokabel Leidensgeschichte, macht doch wohl deutlich, dass man sich dieser sehr wohl bewusst ist. Man geht aber weiter und gibt vor diese auch der Bibel entnehmen zu können. Und das ist der eigentliche Skandal, diese Leiden noch metaphysisch zu verklären.
So schreibt "Trost":
"Einige Bibelstellen bestätigen diese Auffassung, daß die Juden als Volk den Fluch einer Nation auskosten müssen, die von Jehova schuldig befunden und verworfen wurde."
Schon isoliert betrachtet ist dies eine Aussage des religiösen Antisemitismus.

Zugegeben, auch andernorts antreffbar. Etwa in den "Großkirchen". Eine solche These jedoch im Februar 1945 erneut zu verkünden, offenbart mehr als Instinktlosigkeit.
Wenn der KZ-Kommandant Höß in seinen Erinnerungen den Zeugen Jehovas bescheinigt, sie waren der Meinung, die Juden müssten zu Recht leiden, dann wird diese Aussage auch durch diese Passage aus einer offiziellen WTG-Publikation bestätigt.

Verbleiben wir noch einen Moment bei jenem religiösen Antisemitismus. Der von den Nazis praktizierte war rassistischer Art. Es gibt da noch ein anderes Veranschaulichungsbeispiel. Für 12 Tage im November 1933, war auch die Religionsgemeinschaft der "Siebenten-Tags-Adventisten" in Hitlerdeutschland verboten worden. Dieser Umstand führte, wie ein Autor bemerkt, bei deren Leitung zu "pra-panischen" Reaktionen. Himmel und Hölle in Bewegung setzend, gelang es den Adventisten das Verbot wieder rückgängig zu machen. Und falls sie es nicht schon vorher waren, waren sie nunmehr endgültig gebrochene Claqueure, die sich hüteten, mit dem Naziregime irgendwie anzulegen. Dazu gehörte auch die Übernahme der antisemitischen Positionen. Lediglich religiös, nicht rassistisch verbrämt. In einer Studie schreibt Thomas R. Steininger dazu:

"Unter Zuhilfenahme einer dualistischen Exegese von Deuteronomium 28 interpretierten adventistische Theologen das jüdische Volk als ein von Gott 'verworfenes Volk', welches nunmehr seine Funktion im großen Kampf der Weltgeschichte darin hat, ein 'lebendiges Zeugnis dafür zu sein, 'daß kein Volk ungestraft die Rechte Gottes mit Füßen treten darf. Sie sind weiter ein Zeugnis … (das Gott) ohne Ansehen der Person die Sünden der Menschen heimsucht, seien sie Auserwählte oder Heiden."

Die Frage die man dabei noch stellen muss ist die. Worin unterschied sich der Antisemitismus der Adventisten von dem Antisemitismus der Zeugen Jehovas des Jahres 1945?
Ein qualitativer Unterschied ist dabei offenbar nicht festzustellen!

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Geschrieben von Drahbeck am 16. Februar 2005 07:13:49:

Als Antwort auf: Drahbeck am 03. Februar 2005 03:17:13:

Das Thema "unsterbliche Seele" beschäftigt die "Trost"-Ausgabe vom 15. Februar 1945. Bekanntlich wird dieses Dogma von den Zeugen Jehovas verworfen. Weiter beklagen sie, dass Rutherford der katholischen Kirche angeboten hätte, diesbezüglich einen öffentlichen Disput zu führen, aber niemand dort sei dazu bereit gewesen. Nun gelang es dem "Trost" wohl einen katholischen Priester zu finden, der auf dieses Disput-Angebot einging, wenn auch nur in schriftlicher Form. Und "Trost" veröffentlichte dann das diesbezügliche Für und Wider.

Der Priester meinte dabei unter anderem:
"Die Leugnung der menschlichen Seele ist schon sehr alt. Bereits indische Religionssysteme haben das Vorhandensein einer Seele geleugnet. Ebenso alle Philosophen, von den Griechen angefangen, die sich dem Materialismus ergeben haben. Sie stellen sich auch in diese Reihe der Materialisten; Sie teilen ihre Meinung offenbar? Alle, die die Seele des Menschen leugnen, können der fatalen Konsequenz nicht entgehen, daß ihre Lehre höchst
u n m o r a l i s c h ist. Den Materialisten aller Schattierungen ist diese Folgerung freilich erwünscht. Wenn nämlich mit dem Tode alles aus ist, so besteht auch kein Grund, anständig zu leben. Im Gegenteil, je gemeiner einer ist, um so vorteilhafter für ihn. Sie schalten Hölle und Fegefeuer aus. Den Himmel lassen Sie anscheinend noch zu. Warum soll also ein Mensch noch anständig leben nach Ihrer Lehre? Ich sehe das nicht recht ein. Viele werden vorziehen, sich in Nichts aufzulösen, statt in den Himmel zu gehen. Die Schlechtigkeit würde also geradezu prämiert."

Es ist nicht uninteressant zu sehen, welche Gegenargumente in diesem Schlagabtausch da seitens der Zeugen Jehovas auch bemüht wurden. Unter anderem schreiben sie als Antwort auf vorstehendes auch:
"Folgende treffliche Ergänzung zu den 'moralischen' Bedenken des Verteidigers der 'unsterblichen Seele' ist einem Buche des scharfsinnigen Denkers David Hume (1711-1776) entnommen:

Kein Verfahren bei philosophischen Streitfragen ist so üblich und zugleich aber auch verwerflicher als der Versuch der Widerlegung einer Ansicht durch die Behauptung ihrer gefährlichen Folgen für Religion und Moral. Führt eine Meinung zu Absurditäten, so ist sie gewiß falsch, aber sie ist keineswegs deswegen sicher falsch, weil sie gefährliche Folgen hat. Solche Einwände sollten daher gänzlich aus dem Spiel gelassen werden, da sie zur Entdeckung der Wahrheit nichts beitragen und nur den Gegner verhaßt machen."

Es drängt sich hierbei allerdings der Eindruck auf, dass "Trost" David Hume nicht gerade aus "Überzeugung" zitiert hat. Er wurde bloß deshalb bemüht, um dem katholischen Priester kontra zu bieten. Ansonsten hält "Trost" und die WTG es wohl eher mit denen, die Hume, als Vertreter der Aufklärung, seinerseits zu recht gebrandmarkt hat.
Man vergleiche beispielsweise:
http://www.philosophenlexikon.de/hume.htm

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Geschrieben von Drahbeck am 02. März 2005 06:12:03:

Als Antwort auf: Drahbeck am 16. Februar 2005 07:13:49:

Wer hätte etwas dagegen, würde ein "Wunder" geschehen, und all die großen und kleinen Sorgen, die die Menschheit plagen, wären verschwunden? Wohl kaum einer hätte etwas dagegen. Gleichwohl der Traum vom Schlaraffenland blieb bis heute ein Traum. Und er wird wohl auch in künftigen Generationen ein Traum bleiben, der immer wieder Menschen beflügelt, auf vielerlei Weise. Eine davon eben auch die religiöse Variante. Aber eben nicht nur diese. Auch solche die nicht unbedingt viel mit der Religion mehr am Hut haben, jagen ihm nach. Wenn kaum ein Geschäftszweig derzeit sonderlich "boomt". Für einen gilt dies offenbar nicht. Für den Geschäftszweig der Glücksspiele.
Viele zahlen dort ein, und nur sehr, sehr wenige sind Gewinner.
Ob einer via Religion oder via Lotterie glaubt das große "Glück" ergattern zu können, ist eigentlich kein wesentlicher Unterschied. In beiden Fällen ist die große Gefahr, in die "Sucht" abzudriften und dann genau das Gegenteil von dem zu erreichen, was man sich eigentlich erträumt hat.

Einen Gewinner gibt es immer. Im Falle der Lotterie deren Veranstalter, in der Regel der Staat, dessen Kassen dadurch "klingeln". Und im Falle der Religion deren Funktionäre, besonders die hauptamtlichen, wenn denn die Religions-Lotterie schon lang genug am "Markt" etabliert ist. Das Fußvolk indes ist in beiden Fällen mehr oder weniger zum "Zahlemann" degradiert, auch wenn man dies vielleicht nicht so wahr haben will.

Betrogene Betrüger sind sie allesamt, und dies nicht erst seit "heute"
Man lese auch mal "zwischen den Zeilen". Über einige solcher betrogenen Betrüger liest man beispielsweise in der "Wachtturm"-Ausgabe vom März 1945:

"Gerade bevor er (Jesus) die Erde verließ, um dahin aufzufahren, wo er früher gewesen war, fragten die Jünger ihren auferstandenen Herrn und Meister: 'Herr, stellst du in dieser Zeit dem Israel das Reich wieder her?' Darauf gab er ihnen zu verstehen, daß er dies nicht tun würde; und nach Pfingsten … begannen sie zu verstehen, daß Christus bis ans Ende der unter Satan stehenden Welt zur Rechten Gottes sitzend warten müßte. Dann, am Ende der Zeiten der Nationen, müßte er inmitten seiner Feinde zu herrschen beginnen … Dieses Kommen zu seinem Reiche würde seine Wiederkunft sein. Dann erst könnte er sein Herrscherrecht ausüben."

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Geschrieben von Drahbeck am 03. März 2005 04:09:48:

Als Antwort auf: Drahbeck am 02. März 2005 06:12:03:

Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert - es käme aber darauf an sie zu verändern.
Dieser Meinung war zumindest ein Mann, namens Karl Marx.
Was bieten Jehovas Zeugen in diesem Kontext? Wohl auch nur eine Form unterschiedlicher Welterklärung.
In der Rubrik "Fragenbeantwortung" des "Trost" vom 1. 3. 1945 liest man beispielsweise folgende Frage und ihre "Beantwortung":

Warum ließ Gott Adam und Eva, als sie gesündigt hatten, nicht gleich ausrotten und schuf schon damals eine neue, reine Welt? Er mußte doch wissen, welches Elend entstehen würde. Warum ließ er überhaupt Luzifer vorübergehend die Macht?
Antwort: … Das Buch Hiob zeigt, daß Satans Herausforderungen mit der Zulassung des Bösen (oder der Leiden unter den Menschen) zusammenhängt. Satan behauptete, ein gutgesinnter Mensch werde den Höchsten verfluchen und von Gott abfallen, wenn ihm Wohlstand und Gesundheit angetastet werde. Kein Mensch werde freiwillig, trotz teuflischer Verfolgung, an seiner Lauterkeit festhalten. Der Widersacher prahlte mit seiner Macht, alle Menschen von Jehova abzubewegen und zu veranlassen, ihm, dem Teufel, zu dienen. Durch Lockungen oder Versprechungen und durch brutalen Zwang nahm er sich vor, alle Menschen zu seinen Untertanen zu machen; und Satan behauptete, in diesem Vorhaben Gelingen zu haben und so über Jehova zu triumphieren. Gott ließ den Teufel vorübergehend gewähren, wie das Buch Hiob zeigt. …

Die schließliche Vernichtung der "Böcke" oder der Gewalttätigen und Heuchler wird überhaupt Jehovas Namen in den Sinnen der Geschöpfe hoch erhöhen. So muß also die Zulassung des Teufels und seiner finstern Welt den Ruhm Jehovas schließlich überaus groß machen.

Und weiter liest man an anderer Stelle in der gleichen "Trost"-Ausgabe:
Jehova hat die Ereignisse der heutigen Zeit genau vorausgewußt. … Die große Drangsal von Harmagedon wird bald über die Welt hereinbrechen. Schwere Trübsalswolken ziehen über jede Nation herauf. … Zu deinem eigenen Schutz und deiner Sicherheit solltest du die erwähnten biblischen Hilfsmittel bald beschaffen. Die ganze Welt ist jetzt in Gefahr, und der Tag des Zornes Jehovas wird bald hereinbrechen, weil die Zeit der Kundgebung seiner Rache nahe ist.

Wie man sieht, an der inflationären Verwendung des Wortes "bald" mangelt es in dieser "Trost"-Ausgabe (und generell im WTG-Schrifttum) nicht. Sechzig Jahre später muss es gestattet sein, zu fragen wie denn dieses "bald" zu definieren sei. Aber wahrscheinlich sind in dieser Lesart Zweitausend Jahre Menschheitsgeschichte und weiteres, auch "bald". Angesichts soviel "bald" dann nur noch eins! Adieu ihr umgewandelten Feuerhöllenverkäufer und Tetzels (Sobald das Geld im Kasten klingt - die Seel in den Himmel springt). Zwischen solchen Feuerhöllenverkäufern und den Verkäufern des "bald" besteht in der Tat kaum ein wesentlicher Unterschied!

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Geschrieben von Drahbeck am 16. März 2005 07:32:27:

Als Antwort auf: Drahbeck am 03. März 2005 04:09:48:

In der "Trost"-Ausgabe vom 15. 3. 1945 wird erneut jener Brief an Hitler aus dem Jahre 1937 veröffentlicht, den die WTG schon früher einmal publiziert hatte. Er offenbart eines: Die Bereitschaft zum Kompromiss mit dem Naziregime. Wenn daraus nichts wurde, bzw. erst sehr spät (etwa in der Himmlerplanung die Zeugen Jehovas als "Pazifizierungsmittel" für besetzte sowjetische Gebiete einsetzen zu wollen). Wenn also daraus im Jahre 1937 noch nichts wurde, dann lag mit Sicherheit die Schuld daran nicht bei den Zeugen Jehovas. Denn: ein Kompromiss kann nur dann zustande kommen, wenn beide Seiten dazu bereit sind. Man sieht es derzeit auch in der KdöR-Frage. Das Gericht bot einen freiwilligen Vergleich der Parteien an. Wie es aussieht, können beide Parteien sich dazu, derzeit nicht verständigen.

Um auf das Hitlerregime zurückzukommen. Das maximale was die Nazis zugestehen wollten, war Freilassung gegen eine Abschwörungserklärung. Das aber konnten und wollten die Zeugen Jehovas nicht akzeptieren.
Siehe dazu auch: Brief an Hitler
Noch war "Beth Sarim" in Kalifornien nicht verkauft. Das sollte erst klammheimlich einige Jahre später passieren. Jene Fürstenvilla in die faktisch nur Rutherford, nebst Anhang, eingezogen war. Noch hielt man die Fiktion aufrecht, jene Luxusvilla sei doch nur für Abraham, Isaak usw. bestimmt. Auch in dieser "Trost"-Ausgabe in einem Nebensatz nachlesbar. Etwa, wenn es da heisst:

"Da die Zeit des seit Jahrtausenden ersehnten Messiasreiches nun herbeigekommen ist und gemäß den biblischen Weissagungen (besonders Matthäus 24 und Offenbarung 11:15-18) der große, unsichtbare König seine Herrschaft 'inmitten seine Feinde' bereits angetreten hat, ist auch in ganz naher Zukunft die Auferweckung der 'Fürsten' der neuen Welt zu erwarten: Abraham, Isaak und Jakob usw. werden im Reiche Gottes auf Erden eingesetzt werden."

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Ergänzung. Vorstehende Farbaufnahmen stammen aus neuerer Zeit. Der mit sichtbare Swimingpool ist auf zeitgenössischen Schwarz-weiss-Aufnahmen zur Zeit Rutherford's noch nicht sichtbar. Also möglicherweise erst von den heutigen Besitzern angelegt wurden.
Man vergleiche auch:

Beth Sarim

18. März 2005 22:51:42 - Mumpitz

Schaut mal bei Ken Raines nach. Der hat alles sehr schön zusammengestellt. Testamentarisch war verfügt, daß nach des guten Joe Rutherfords Entrückung in den Himmel Beth Sarim dem gehören solle der sich als einer der auferstandenen Vorväter GLAUBHAFT AUSWEISEN konnte. Was leider nicht der Fall war. Also musste es eben verkauft werden.

http://www.premier1.net/~raines/bethshan.html

The deed to the Beth-Shan house and property were, like Beth-Sarim, made out to Abraham, David, and the other Old Testament "princes." In reading the deed to Beth-Shan, one could get the impression that it is simply Beth-Sarim, part II --the two deeds are very similar. Both of the residences and property were held in "trust" by the Watchtower Society's leaders for the Old Testament "princes" awaiting their return. The deed to Beth-Shan stated in part:

TO HAVE AND TO HOLD FOR THE FOLLOWING PURPOSES, to wit: Whereas the grantor herein W. P. Heath Jr., was entrusted with the duty and obligation of improving the premises hereinbefore described, and a number of persons... furnished the money for the purpose of improving said premises, and

WHEREAS the said W. P. Heath, Jr.... has erected a house and other improvements..., and

WHEREAS the grantor and the other parties interested, and who have contributed toward the improvement of said premises, thoroughly believe and expect the return of faithful men to earth who are hereafter named and who according to the Scriptures (Psalm 45:16 and Isaiah 32:1) shall be made the visible rulers on earth, and desire to prepare said property for them.

NOW THEREFORE this trust is created and said trustee shall hold the title to said property in trust for the use and benefit of the following named persons, whose names appear in the Bible at the book of Hebrews, chapter eleven, verses one to forty, to wit: Abel, Enoch, Noah, Abraham, Isaac, Jacob, Sara, Joseph, Moses, Rahab, Gideon, Barak, Sampson, Jephthae, David, Samuel,

Until such time as the aforementioned persons return and identify themselves to the legal representatives of the said WATCH TOWER BIBLE & TRACT SOCIETY and the consent of said Society take possession and control of said premises, the President of the WATCH TOWER BIBLE & TRACT SOCIETY shall have the right and be duty bound to direct the management and use of said premises hereby conveyed and to determine who shall be in possession and have the active management thereof. [4]

19. März 2005 19:39:46 - Rudi

das ist einfach nur noch absurd.
Heute wahrscheins für Keinen mehr nachvollziehbar, was damal genau gelaufen ist.
Lt. dem was ich herausgefunden habe, waren eingetragene Eigentümer entweder Tote (was normalerweise nicht möglich ist, wegen dem Erbrecht, was auch in Amerika gilt) oder Synonyme für irgendwelche Leute, die real existierten und nicht wegen Eigentumsbesitz erkannt werden wollten
Der 2. Fall scheint einfach nachvollziehbarer und logischer zu sein.
Klar, es ist Amerika, das Land ohne Grenzen, aber Tote als Eigentümer?? Es gibt zumin. in den meisten Ländern dafür keine rechtliche Grundlage. Tote, die sich dann ausweisen....wenn sie auferstehen...
Und das vor 60 Jahren, wo die Menschen noch mehr Grenzen im Kopf hatten, wie heute. Seltsam! Für die Anhänger der Beweis des echten Glaubens, für einen Realisten eher wohl der Beweis für die Wahnwitzigkeit des Glaubens in sich und die Verebbelung der Anhänger, die natürlich nie herausfinden dürfen, wie materialistisch die Führer in Wirklichkeit sind, was meiner Ansicht nach zu dem heute passt.
Es ist einfach nur "Quatsch mit Soße", entbehrt jeden menschlichen Verstandes, für 4000 Jahre alte Tote ein Haus zu kaufen.
Eigentlich sollte man meinen, dass Menschen daraus lernen könnten, doch diese irrsinnige Glaubensspirale rollt als weiter, durch die Köpfe mancher Menschen.

19. März 2005 21:08:04 - Drahbeck

Um den „Quatsch mit Soße" (Rudis Formulierung) mal in WTG-Worten wiederzugeben.
In dem 1939 erschienenen WTG-Buch „Die Rettung … Ein Lehrbuch für Jonadabe", konnte man im Brustton der Überzeugung beispielsweise die folgenden vollmundigen Sätze lesen:

„beweist eine Menge von Schriftzeugnissen überzeugend, daß die Zeit für die Schlacht des großen Tages Gottes des Allmächtigen ganz nahe ist …
In San Diego, Kalifornien, ist im Jahre 1929 auf einem kleineren Grundstück ein Haus erbaut worden, das die Bezeichnung Beth-Sarim trägt … Mit der Erwerbung des Grundstückes und dem Bau des Hauses wurde bezweckt, einen greifbaren Beweis zu schaffen, daß es heute Menschen auf Erden gibt, die … auch glauben, daß der Herr die treuen Männer alter Zeiten bald auferwecken wird …

Den Titel auf Beth-Sarim verwaltet die Watch Tower Bible and Tract Society, und dieses Besitztum soll gegenwärtig von dem Präsidenten der Gesellschaft und seinen Gehilfen benutzt werden und hernach immerdar den vorhinerwähnten Fürsten auf Erden zur Verfügung stehen....

Vielen Menschen der ganzen Erde hat dieses Haus bereits als ein Zeugnis gedient, und während die Ungläubigen darüber in Spott und Hohn ergangen haben, steht es doch da als ein Zeugnis für den Namen Jehovas, und wenn denn die Fürsten tatsächlich zurückkehren und jemand von ihnen das Besitztum benutzt, so wird das eine Bestätigung des Glaubens und der Hoffnung sein, die der Antrieb gewesen waren, das Haus Beth-Sarim zu bauen.

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Noch in dem in Europa (einschließlich Schweiz) erst nach 1945 verbreiteten WTG-Buch „Die neue Welt" (Englisch zur Zeit des zweiten Weltkrieges schon erschienen), wird ebenfalls getönt, dass diejenigen, die daran nicht glauben würden, Zitat
„mit den Zähnen knirschen würden" )

(siehe auch S. 104 in letztgenanntem Buch
NeueWelt104.jpg (104459 Byte)

Geschrieben von Mumpitz am 21. März 2005 13:08:53:

Als Antwort auf: Re: "Quatsch mit Soße" geschrieben von Rudi am 20. März 2005 02:41:05:

Immerhin verschweigt bzw. beschönigt die Sektenleitung die Beth Sharim Geschichte heute. Wer das nur erwähnt muß ein Abtrünniger sein und hat kein Vertrauen in den Sklaven, Jesus oder Jehova.

Tatsache ist daß Tausende und Abertausende diesem Mist aufgesessen sind und heuteige Sektenmitglieder davon nichts wissen wollen.

Das Ganze beweist wieder einmal daß NICHTS, aber auch NICHTS zu unsinnig, zum dumm, zu idiotisch oder zu verlogen sein kann als daß nicht doch diese Tausende und Tausende darauf hereinfallen. Was ist der Mensch.

Soll man solche Zeitgenossen überhaupt ernst nehmen die sich einer solchen Sekte anvertrauen ?

Geschrieben von Drahbeck am 21. März 2005 13:46:06:

Als Antwort auf: Die unendliche Verblödung geschrieben von Mumpitz am 21. März 2005 13:08:53:

Mit zur Geschichte von "Beth-Sarim" und den wundersam dieses Haus in Besitz nehmenden "Fürsten" gehört auch, wie die Sache weiterging. Das jene Villenanlage klammheimlich verkauft wurde, ist schon notiert worden. Aber die WTG wäre nicht die WTG, wüsste sie nicht ihre Purzelbäume der blökkenden Schafsherde als "neues Licht" zu offerieren, und gar noch Jubelstürme dafür einzuheimsen. So geschehen auf dem New Yorker Kongress 1950 der Zeugen Jehovas.

"Zeremonienmeister" damals. F. W. Franz in seiner Eigenschaft als WTG-Vizepräsident. Jenem F. W. Franz dem es schon zu einem früheren Zeitpunkt vorbehalten war, die einst von Russell hoch geschätzte Pyramide zu Gizeh, als vermeintliche zusätzliche Bestätigung seiner Endzeitdaten; nunmehr als vom "Geist des Teufels" gespeist zu verkaufen.

Derart "qualifiziert" war es besagtem Franz vorbehalten der blökkenden Schafsherde nunmhr auch beizubringen. Ach ja, und da schwellten die Brüste der Oberblökk-Schafe so richtig an. Sie nun seien jene "Fürsten". Weil sie nun die "Fürsten" seien könne man ja die Ursprungsauslegung dazu getrost nunmehr in den Papierkorb werfen.

Keine verkehrte Überlegung. Lediglich die Frage was wann Papierkorbreif ist, wäre noch zu klären. Kritiker indes meinen, nicht erst dann, wenn die WTG den Zeitpunkt dafür als geeignet ansieht, wäre das so. Sondern schon weitaus früher!

Das ist allerdings der entscheidende Dissenz.

Jene Franz-Zelebrierung, des verfrachten von Abraham, Isaak usw. in den Papierkorb, war übrigens dem WTG-Geschichtsbuch "Jehovas Zeugen in Gottes Vorhaben" mal eine eigene Seite wert. Noch heute "lesenswert"!

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Geschrieben von Drahbeck am 02. April 2005 07:51:17:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 3. 1945 (Vor sechzig Jahren) Beth Sarim + Verkauf geschrieben von P. am 18. März 2005 19:17:41:

"Der Tod der Erstgeburt" ist der Studienartikel in der "Wachtturm"-Ausgabe vom April 1945 überschrieben. Unter Bezugnahme auf das 1934 erschienene WTG-Buch "Jehova" meint man über die zehn Plagen der Ägypter und ihre "neuzeitliche Erfüllung" philosophieren zu sollen. Für den "Wachtturm" ist alles ganz einfach. "Hauptsächlich seit dem Jahre 1922 sind die Plagen besonders über die 'Christenheit' gekommen. Sie haben ihren Anfang genommen mit dem internationalen Kongreß der Zeugen Jehovas, der in jenem Jahre in Cedar Point, Ohio, stattfand, als Gottes Zeugen, in der Zahl von zehntausend versammelt, eine Proklamation an die Herrscher dieser Welt erließen".

Solche "Proklamationen" wurden dann im Jahresabstand wiederholt, und dass sei dann die "neuzeitliche Erfüllung" gewesen. Rechnet man nach, dann muss Jehova wohl eine besondere Vorliebe für die 1920er Jahre gehabt haben, in der sich der überwiegende Teil dessen abspielte. Der Höhepunkt dieser Plagen sei dann die Vernichtung "der Erstgeburt der Ägypter" gewesen.
Was aber sei denn nun die neuzeitliche "Erfüllung" der "Vernichtung der Erstgeburt?" fragt der "Wachtturm" Nun, auch darauf gibt es eine "Wachtturm"gemäße Antwort. Die liest sich dann so:

"In Ägypten wurden die Israeliten von den sieben letzten Plagen verschont. Im siebenten Jahre, von 1922 an gerechnet, also im Jahre 1928, wurde die letzte von einer Reihe jährlicher Gerichtsbotschaften verkündigt. Der Inhalt dieser Botschaft läßt erkennen, daß sich die letzte der 'sieben letzten Plagen' damals über das über das gegenbildliche Ägypten, die Welt, ergoß. … Die Erstgeborenen der Welt in Religion, Politik und Finanz sind in seinen Augen und für seine Zeugen und ihre Gefährten nun tot! (Jesaja 26: 13, 14) Sie dürfen Jehovas Zeugen nicht länger abhalten, ihm zu dienen.
Es wird erkannt, daß das Todesurteil über die Erstgeburt der drei herrschenden Elemente dieser Welt Rechtskraft erhielt, als der Herr im Jahre 1928 seinen Zeugen auf Erden offenbarte, daß die in der Bibel erwähnte 'Obrigkeit' oder 'obrigkeitlichen Gewalten' nicht die politischen und religiösen Regenten dieser Welt, sondern Jehova Gott und Christus Jesus sind. (Römer 13:1) Im gleichen Jahre offenbarte Jehova, daß das Christentum nicht eine Religion, sondern die Wahrheit ist. Die Enthüllung dieser Wahrheiten, die von 1929 an in weiterem Umfange kund wurden, rief einen gewaltigen Streit hervor. Ein großes Klagen setzte in der ganzen 'Christenheit' ein. Ihre Erstgeburt war tödlich getroffen …"

Geschrieben von Mumpitz am 02. April 2005 18:27:18:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" April 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 02. April 2005 07:51:17:

Heute ist das ein solcher Schwachsinn daß man es nicht einmal mehr kommentieren will. Was mich aber mehr und mehr erschüttert, ist daß wir solchen bodenlosen Unsinn ernsthaft hingenommen haben ...

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Geschrieben von Drahbeck am 16. April 2005 06:32:04:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 4. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. April 2005 03:33:38:

Nachdem Mitte 1940 der "Wachtturm" in der Schweiz sein offizielles Erscheinen einstellen musste, galt ein ähnliches Verbreitungsverbot auch noch für einige andere Publikationen der WTG. Mitbetroffen davon auch das Franz Zürcher-Buch "Kreuzzug gegen das Christentum". Mit der Neuzulassung des "Wachtturms" Ende 1944 wurde auch das Zürcher-Buch wieder freigegeben. In der "Trost"-Ausgabe vom 15. 4. 1944 wird es daher mittels einer ganzseitigen Annonce wieder angeboten.

Die gleiche "Trost"-Ausgabe veröffentlicht auch eine Beschwerde der Zeugen Jehovas, die einiges über das innenpolitische Klima in der Schweiz jener Jahre aussagt. "Trost" beschwert sich, dass die Stadt Bern, den Zeugen Jehovas die Anmietung des "Casino Bern", für eine geplante Veranstaltung verweigert hatte. In dem diesbezüglichen Ablehnungsschreiben vom 26. 12. 1944 war ausgeführt worden, dass diese Immobilie zwar im Besitz der Stadt Bern befindlich sei. Das gleiche treffe aber auch für die Kirchengebäude in der Stadt Bern zu. Daraus ableitend meint man, eine weltanschauliche Neutralität als nicht gegeben anzusehen. Man schlussfolgert weiter, dass die Zeugen Jehovas gegen die Landeskirche eingestellt seien, und sieht darin den Versagungsgrund.
Pikant wird das ganze aber besonders dadurch, dass die Stadt Bern offenbar keine Bedenken hatte, ihr "Casino" anderweitig zu vermieten. Eine solche Veranstaltung war beispielsweise die nachfolgende:

Einladung
Zur
HELDENGEDENKFEIER
Am Sonntag, den 11. März 1945, vormittags 10,30 Uhr
Im Bürgerratssaal des Casinos Bern
Es spricht: Generalleutnant von HORN
Millitärattache der Deutschen Gesandschaft
Angesichts der großen Opfer, die heute Front und Heimat bringen, erachte ich es als nationale Pflicht eines jeden Reichsdeutschen, an dieser Feierstunde teilzunehmen
Dr. Otto Köcher
Deutscher Gesandter

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Geschrieben von Drahbeck am 02. Mai 2005 01:48:45:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 4. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 16. April 2005 06:32:04:

Laut "Wachtturm" vom Mai 1945, schloßen von den 100 Kursteilnehmer der WTG-Schule "Gilead", deren Kurs im Januar 1945 endete, 83 mit einem "Diplom" ab. 16 warfen während des Kurses "das Handtuch"; einer bekam kein "Diplom". Näheres über diese 17 teilt der "Wachtturm" allerdings nicht mit.

Weiter liest man in dieser "Wachtturm"-Ausgabe:
"Gott setzte Luzifer, ein Geistgeschöpf, zum unsichtbaren Oberherrn über die Welt, den vollkommenen Menschen inbegriffen, ein. … Damals gab die ganze Schöpfung im Himmel und auf Erden Jehova Gott die Ehre … Eine Ausnahme von dieser Regel machte Luzifer, den es nach Dingen zu gelüsten begann, auf die er kein Recht besaß, nämlich nach dem Ruhm und der Ehre … Luzifer lehnte sich wider Gott auf und suchte sich ihm gleichzustellen. In dieser Auflehnung führte er sowohl Engel als Menschen vom Pfade der Gerechtigkeit weg, und Adam wurde in diese Rebellion hineingezogen. Dann änderte Jehova Gott den Namen Luzifer um in: 'Satan', was 'Widersacher' bedeutet, 'Drache', was auf den 'Verschlinger' hinweist, 'Schlange' was den 'Betrüger' bezeichnet und 'Teufel', was 'Verleumder' bedeutet. … Der Teufel trotzte nun Jehova und erhob die Behauptung, Gott könne keine Menschen auf Erden haben, die sich ihm gegenüber als treu und loyal erwiesen. Satan erklärte gleichzeitig, er könnte alle Menschen dahin bringen, 'Gott ins Angesicht zu fluchen' oder frevlerische Worte gegen ihn zu äußern. … Jehova Gott wollte, daß die ganze Schöpfung von der Behauptung erfahre und sie als widerlegt erkenne, damit niemals ein wirklicher Zweifel darüber entstehen könne, wer der Höchste ist. … Statt ihn aber sogleich zu vernichten, schob er den Vollzug dieses Urteils hinaus und nahm Satans Kampfansage an, damit er eine volle Gelegenheit erhalte, seine heuchlerische, herausfordernde Behauptung zu beweisen."

Wie immer man auch zu diesem Märchen, würdig an die Seite der Märchen der Gebrüder Grimm gestellt zu werden, steht. Eines ist zugleich offenkundig. Es ist ein Paradebeispiel der Bestätigung der These: Das die Philosophen die Welt nur verschieden erklärt haben. Worauf es aber eigentlich ankäme wäre, sie zu verändern

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Geschrieben von Drahbeck am 03. Mai 2005 00:43:54:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" Mai 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 02. Mai 2005 01:48:45:

Den erhobenen Zeigefinger präsentiert das "Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 5. 1945. Diesmal sind es (wieder) die Pfarrer, die "Trost" glaubt an den Pranger stellen zu können. Willkommener Anlass, dass einer dieser Berufszunft selbst einmal einige kritische Ausführungen machte, über einen Radiovortrag verbreitet, die "Trost" dann auch genüsslich zitiert. Quintessenz dieser kritischen Selbstreflektion ist die nüchterne Erkenntnis:
Was passiert, kommt ein ursprünglich idealisierter Pfarrer, in späteren Jahren zu einer ernüchternden Erkenntnis? Vor allem eines passiert dann. Das ausbrechen des "großen Katzenjammers". Das Bewußtwerden, die Aufgabe des Berufes hat zugleich auch gravierende wirtschaftliche Konsequenzen, vor denen man sich fürchtet. Also wird lieber weiter im "alten Trott" marschiert.

Trifft dies "nur" für Pfarrer zu? Wohl kaum! Es trifft im besonderen auch für die WTG-Funktionäre zu. Sie mögen sich vormal nicht Pfarrer nennen. Indes ihre höheren Chargen sind auch Hauptamtliche. Die Angst vor den wirtschaftlichen Folgen der zugebens ihrer Irrtümer sitzt auch ihnen im Nacken.
Was da "Trost" den Pfarrern vorhält, könnte die WTG sich ebenso gut auch als eigenes Spiegelbild vorhalten. Man las in diesem Artikel:

Zitat: "Noch immer gibt es … eine Menge Leute … die der Meinung sind, es lasse sich nichts Idyllischeres, Geruhsameres und Angenehmeres denken als das Leben und die Berufstätigkeit des Pfarrers. In jungen Jahren habe er sein Wissen auf der Hochschule bezogen und hause nun in seiner freundlichen Amtswohnung, hinter den Geranienstöcken, und führe ein unangefochtenes, friedevolles Dasein: lese Bücher, halte seine Unterrichtsstunden, besuche die kranken Gemeindeglieder und ziehe sich am Samstagabend in die stille Studierstube zurück, um seine Sonntagspredigt vorzubereiten, genieße die Achtung aller rechtschaffenen Leute und wisse nichts vom Sturm und Kampf des Lebens. Pfarrer, die so leben - so leben können und mögen - hat es gegeben und mag es immer wieder geben; aber sie werden immer seltener, und es wäre zu wünschen, sie stürben bald ganz aus."

Nach diesem Zitat kommentiert "Trost" dann:
Dieser Wunsch des Herrn Pfarrers wird bestimmt in unsern Tagen, nach den Verheißungen der Schrift, wirklich in Erfüllung gehen: sie sterben bald ganz aus, - wenn nämlich in Harmagedon (Offenbarung 16:16 ist davon die Rede) die alte, böse Welt mit ihrer Lust vergeht. Auf der "neuen Erde" wird es keine geistlichen Führer geben, die um Lohn predigen…

Weiter zitiert "Trost" dann noch aus dem Statement des eingangs genannten Pfarrers:
"Man denke sich in die Lage eines Pfarrers hinein, der im Alter von 45 Jahren steht, für eine Frau und mehrere Kinder zu sorgen hat, und plötzlich nach gut zwanzigjähriger pfarramtlicher Wirksamkeit, durch eine innere Krise geht und ernstlich daran zweifeln muß, ob er das Amt weiterhin mit Überzeugung werde versehen können: Wie schwer wird es ihm, das Pfarramt aufzugeben und berufslos und brotlos zu werden, und wie groß ist für ihn die Versuchung, aus Rücksicht auf seine wirtschaftliche Existenz und auf die Bedürfnisse seiner Familie, das Amt weiterzuführen, auch wenn ihm die unumgänglich notwendige Voraussetzung dafür fehlt: die Überzeugung des Herzens!"

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Geschrieben von Drahbeck am 16. Mai 2005 08:51:10:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 5. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. Mai 2005 00:43:54:

Die "Trost"-Ausgabe vom 15. Mai 1945 ist die erste, die unmittelbar nach der offiziellen Kapitulation Hitlerdeutschlands erschien. Auch "Trost" nahm diesen Fakt zur Kenntnis und schmückt denn in diesem Bewusstsein sein Titelbild mit einer Karikatur überschrieben: "Hochmut kommt vor dem Fall". Unschwer zu erraten, wer damit gemeint ist. Allerspätestens wird das dann deutlich, wenn man die in dieser Ausgabe mit abgedruckten Zitate aus dem Zürcher-Buch "Kreuzzug gegen das Christentum" mit in die Betrachtung einbezieht. Da wird dokumentiert, wie das Hitlerregime selbst davor nicht zurückschreckte, Regimegegnern die Kinder wegzunehmen, und dass Jehovas Zeugen in besonderem Maße davon mitbetroffen waren.

Man fühlt sich in dieser konkreten zeitgeschichtlichen Situation als letztendlicher Sieger. Grund genug für "Trost" auch eine Gegenüberstellung von Aussagen die als "Menschenwort" und solche die als "Gotteswort" bezeichnet werden, vorzunehmen.
Und unter den vermeintlichen "Gottes Wort" Zitaten findet sich denn auch dieses:
"Vertrauet nicht auf Fürsten, auf einem Menschensohn, bei welchem keine Rettung ist!" - Psalm 146:3

Man kann weiter gehen und sagen, dies ist das eigentliche Credo der Zeugen Jehovas. Im Angesicht der Niederlage Hitlerdeutschlands machte sich das erneute hervorzaubern dieses Spruches sicherlich gut. Zumindest sprach es die Befindlichkeit der "Trost"-Leser an. Dem jubelten sie doch mit jeder Phase ihres Seins zu. Kein Vertrauen zu weltlichen Mächten. Dafür nahmen sie es in Kauf einen hohen Preis zu zahlen.
Nun mag man sich auf dem Standpunkt stellen, gegenüber Hitlerdeutschland sei eine solche Verweigerungshaltung angemessen gewesen. Der Punkt dürfte aber doch wohl darin liegen. Sie galt und gilt eben nicht "nur" für Hitlerdeutschland.

Deutlich wird dies auch an der dreiteiligen Artikelserie "Weltfriede - ist er von Bestand?", die in dieser Ausgabe mit ihrem abschließenden Teil abgedruckt wurde. Genau mit diesem Thema als Vortrag (und Broschüre), war doch der damals neue WTG-Präsident N. H. Knorr, sozusagen als seine "Morgengabe" in Erscheinung getreten. Nicht in wörtlicher Abschrift, wohl aber in Übernahme der Kernthesen, übernimmt das auch "Trost". Rutherford hatte, noch zuletzt in seinem "Kinder"-Buch darauf orientiert, der zweite Weltkrieg "münde" in Harmagedon. Nun war der Zeitpunkt sichtbar, dass dieser Krieg sich seinem Ende näherte. Und nichts mit "Harmagedon" im Sinne der Erwartungshaltung der Zeugen Jehovas.

Grundanliegen von Knorr war es daher, wieder mal, nur eines zu erreichen: Zeit gewinnen.
Die Anhängerschaft sollte ruhig weiter dem "nahen Harmagedon" zufiebern. Das war und ist ein wesentliches Ideologieelement, um sie kräftigst für die WTG-Organisationsinteressen ausbeuten zu können. Ausbeuten kann man nur dann, wenn das Opfer entsprechend ideologisiert ist. Das Kaninchen lässt sich auch nur deshalb von der Schlange fressen, weil es von ihr hypnotisiert wird. Genauso hypnotisierte Knorr die Seinigen mit der weiteren Aufrechterhaltung der einschlägigen Endzeiterwartungen. Lediglich dass er dabei auf erneuten Zeitgewinn spielt.

In dem Artikel: "Weltfriede - ist er von Bestand?" liest sich das unter anderem so:
"Von den 'zehn Königen' lasen wir, daß sie Macht und Gewalt dem 'Tiere' geben und mit ihm 'herrschen eine Stunde'. In dieser 'einen Stunde' glauben wir die kurze Periode, die zwischen dem Ende des jetzigen Krieges und der Schlacht von Harmagedon liegt, erkennen zu können, das heißt, eine verhältnismäßig kurze Zeit. Während dieser Zeit wird diese Welt-Friedens-Organisation mit dem Segen der organisierten Religion und mit den Verkündigern des Königreiches Gottes, das allein dauernden Frieden bringen wird, 'Krieg führen', das heißt die Botschaft vom Königreiche, als für die Interessen der Welt Satans schädlich, bekämpfen und unterdrücken. …
Einige Staatsmänner haben in der Öffentlichkeit wiederholt auf die 'Schlacht von Harmagedon' und auf das Versammeln dorthin Bezug genommen. In dieser kommenden Welt-Friedens-Organisation, die alle Völker und Nationen umfassen soll, ist nichts anderes als das Versammeln der gottfeindlichen Mächte zur Schlacht des großen Tages Gottes des Allmächtigen hin zu sehen. …

Nochmals stellen wir die Frage: Ist der kommende Friede von Bestand?
Und wir antworten mit einem entschiedenen N e i n des Wortes Gottes!

… Lassen wir uns nicht täuschen. Die Herrschaft der Religion im kommenden kurzen Scheinfrieden wird bewirken, daß die Mehrheit der Bewohner der Erde das 'Tier' der Welt-Friedensorganisation bewundern werden, wie wir in Offenbarung 17:8 gelesen haben: 'Und die auf der Erde wohnen, deren Namen nicht in dem Buche des Lebens geschrieben sind …, werden sich verwundern, wenn sie das Tier sehen, daß es war [von 1919 bis 1939] und nicht ist [seit Ausbruch dieses Krieges] und [wieder] sein wird."

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Geschrieben von Drahbeck am 02. Juni 2005 04:29:07:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 5. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 16. Mai 2005 08:51:10:

Unmittelbar nach Ende des zweiten Weltkrieges tönte der "Wachtturm (Ausgabe vom Juni 1945): "Wir besitzen überwältigende Beweise, daß das endgültige Ende der Organisation Satans nahe und seine böse Welt zum baldigen Untergang verurteilt ist."

Rund sechzig Jahre später wirken solche Vokabeln wie "nahe" und "bald" wie Hohn. Immerhin in den Trümmerlandschaften die der zweite Weltkrieg hinterließ, mag das manchem als ein "rettender" Strohhalm erschienen sein. Pech nur, dass Strohhalme die grundsätzliche Eigenschaft haben, eben n i c h t tragfähig zu sein.
Weiter liest man in der gleichen WT-Ausgabe noch:

"Der Vatikan hat in verschiedenen Ländern das Total-Herrschaftssystem begünstigt. Er steht im Bunde mit der Katholischen Aktion, die mit ihrem Total-Prinzip den Plan fördern soll, alle Nationen so weit zu bringen, daß sie der römisch-katholischen Hierarchie untertan sind. Durch diese totalitären Formen der Katholischen Aktion sind die andern Nationen eingeschüchtert und durch die Anwesenheit einflußreicher Vertreter der römisch-katholischen Hierarchie weiter gebunden worden. Um eine gewisse Einheit im eigenen Lande zu sichern, ist daher das politische Element in den von Diktatoren bedrohten Ländern gezwungen, mit den Diplomaten des Vatikans zu verhandeln, als ob sein Regent ein übernationaler Universalherrscher wäre und in jedem Lande der Erde eine Monopolstellung und gesetzmäßig erlangte Rechte und Interessen hätte. Welcher Preis aber muß für ein Abkommen mit dieser religiös-politischen Organisation bezahlt werden? Es geht auf Kosten des demokratischen Regierungssystems; die Rechte des Volkes werden beschnitten, und die Religionshierarchie erlaubt sich Eingriffe in die Freiheit des Staates, in die Freiheit der Mitbürger und in das Recht, die Wahrheit zu hören … Auf solche Weise wird ein feines Netz um die politischen und kommerziellen Elemente, ja selbst um die nicht protestierenden 'protestantischen' und jüdischen Religionisten gesponnen."


Da mag man dann nur noch dazu sagen. Da kommentierte ein religiöser Totalitarist, die Praktiken eines anderen religiösen Totalitaristen. Und seine Motivation ist die. Der Neid, dass er es dem anderen religiösen Totalitaristen im Jahre 1945 noch nicht gleich tun konnte. Aber dieser Neid ist zugleich auch seine Motivationsgrundlage, eines Tages mit dem größeren religiösen Totalitaristen doch noch mithalten zu können. Und 60 Jahre später, wird man der WTG bescheinigen können: Sie ist inzwischen ein beachtliches Stück näher an ihr Ziel herangekommen. Allerspätestens ist dies auch bei ihren KdöR-Ambitionen sichtbar geworden!

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Geschrieben von Drahbeck am 03. Juni 2005 02:47:55:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 1. 6. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 02. Juni 2005 04:29:07:

Die "Trost"-Ausgabe vom 1. Juni 1945 ist von einem Thema beherrscht. Dem sogenannten "Theokratischen Kongress" zu Pfingsten 1945 in Zürich. Wie bei solchen Anlässen üblich, wurden auch da neue Publikationen "freigegeben". Das waren diesmal besonders drei. Einmal eine sogenannte "Theokratische Konkordanz", zum anderen die Broschüre "Weltfriede - ist er von Bestand?" und eine 4seitige Flugschrift mit dem Titel "Tausende von Jehovas Zeugen ein ganzes Jahrzehnt in deutschen Konzentrationslagern".
Der Zweck letzterer ist besonders klar. Jubelnd stellt "Trost" fest:

"Nach dem ersten Weltkrieg fand das Wahrheitszeugnis mehr willige Ohren als vorher, und diesmal wird es genau so sein. Die Kriegsschrecken machen aufrichtigen Menschen die abgrundtiefe Verworfenheit dieser Welt des Bösen so deutlich, daß sie in höchster Bedrängnis des Geistes nach dem göttlichen Heilmittel fragen".

In diesem Zusammenhang erwies vorgenannte Flugschrift sich sicherlich als ein wirkungsvolles Mittel Jubelnd stellt "Trost" weiter fest:
"Der Sieg unserer Glaubensgeschwister über die Naziherrschaft ist für uns alle ein neuer Beweis, daß Jehova seinen Dienern die Kraft gibt vor der ganzen Welt standhaft zu bleiben".

Allerdings war es um den Informationsstand von "Trost" zu diesem Zeitpunkt nicht zum besten bestellt; denn man meint das Publikum auch mit einem Bild des Erich Frost beeindrucken zu können: und schrieb als Kommentar dazu:
"Das ist Erich Frost, gewesener Kapellmeister, um seiner Überzeugung willen enthauptet."

Frosthingerichtet.JPG (17358 Byte)

Nun ist "Trost" zuzustimmen, dass Frost als höchster Funktionär der illegalen WTG in Hitlerdeutschland, besonders hohe Chancen gehabt hätte, hingerichtet oder auf andere Art und Weise ermordet zu werden. Man denke nur an die Beispiele Hitler-Attentäter Georg Elser, der zwar "aufbewahrt" wurde; jedoch noch 1945, kurz vor Toresschluß ermordet wurde. Oder an den gleichfalls 1945 hingerichteten Dietrich Bonhoeffer. Auch Frost hätte eine ähnliche "Chance" gehabt, sollten die Nazis der Meinung gewesen sein. Da ist noch einer unbeglichene Rechnung offen. Offenbar war für sie der Fall Frost erledigt. Das was sie von ihm wissen wollten, haben sie aus ihm herausgepresst. Damit wurde er eine "unbedeutende KZ-Nummer", mit den gleichen Vernichtungs- oder Überlebenscanchen, wie sie auch andere hatten.

Weiter jubelt man, dass anläßlich dieses Kongresses "1162 Verkündiger in 2537 Stunden 84.000 dieser Flugschriften" verbreiteten und das gegen 100 Bücher "Kreuzzug gegen das Christentum", dessen Vertrieb zeitweilig in der Schweiz untersagt war, bestellt wurden.

Auch spezifisch schweizerische Wunden glaubt man bei dieser Gelegenheit lecken zu müssen. Das liest sich dann so:
"Hier führte der Redner die verschiedenen 'Gerichtsbotschaften' an, die in der Schweiz Verbreitung fanden … und kam dann auf die Ereignisse im Jahre 1940 zu sprechen. Vorerst wurden noch die verleumderischen Angriffe von Seiten der Nazis, in der Person von Fleischhauer und der Katholiken, mit Tödtli, einem Spion, Dr. Jonak, einem Nazi, und dem berüchtigten Heinrich Metzler in St. Gallen erwähnt. Wörtlich führte dann der Redner aus:
Zwar wurde im Vorsommer 1940 ein weiterer Angriff auf Gottes Werk in unserem Lande unternommen, indem an der Allmendstraße 39 in Bern sämtliches Schriftenmaterial: Bücher, Broschüren, Zeitschriften biblischen Inhaltes weggeführt und in behördliche Verwahrung genommen wurde.
Als Hauptgrund wurde angegeben, diese Schriften würden beleidigende Ausdrücke fremden Staatsoberhäuptern gegenüber enthalten. Ja, es ist wahr, eines der Bücher aus dem Verlage der Gesellschaft, das Buch "Feinde", nannte Hitler und Mussolini "Gangster", und heute, was spricht die ganze Welt von ihnen? -
Es stimmt auch, daß die Zeugen Jehovas keine süßliche Sprache führen"

Die geschichtliche Bedeutung dieses Kongresses erschließt sich aber besonders in einem anderen Aspekt. Jahrelang hatte man dem zugefiebert. Der zweite Weltkrieg werde wohl in "Harmagedon münden". Nun wurde offenbar wieder einmal nichts daraus. Ein Mittel das der Anhängerschaft zu "verklickern", war ohne Zweifel die Broschüre: "Weltfriede - ist er von Bestand". Wie bei den Zeugen Jehovas so üblich, werden die wirklich gravierenden Thesen indes nur mündlich, oder falls doch schriftlich, dann in eher "beiläufigen" Wendungen verpackt. Diese "Beiläufigkeiten" enthalten dann den eigentlichen "Sprengstoff". Ihn geschickt zu verpacken; dafür setzt die WTG ihre ganze Kunst ein.
Das war auch im Jahre 1945 so.

Da wurde der Sprengstoff in Form eines Podiumsgesprächs "beiläufig" mit erwähnt. Das liest sich dann so:
"14.50 geht laut Programm ein biblisches Gespräch in Szene, unter dem Titel: 'Harmagedon ist nahe'. Zwei Zeugen und zwei Zeuginnen beantworten uns diese Frage in sehr interessanter Weise. Natürlich ist Harmagedon nahe, selbst wenn es noch 10 Jahre bis dahin dauern sollte …"

Genau das war es doch wohl, was die Zeugen hören w o l l t e n. Die weitere Aufrechterhaltung der Fiktion "nahe". Was sind schon zehn Jahre, mag da mancher gedacht haben. Zumal ja noch nicht mal gesagt wurde, es dauert wirklich noch zehn Jahre. Nein, viel früher könnte das alles passieren.
Der diesbezügliche Tatbestand ist schon früher mehrmals dokumentiert und kommentiert worden.
Siehe etwa das Uraniabuch S. 55 oder auch
19452Tragik

Auch ist "Trost" das ganze noch einen eigenen "Harmagedon ist nahe" überschriebenen Artikel wert. Im Uraniabuch an der angegebenen Stelle auszugsweise wiedergegeben. Man kann die Substanz dieser Ausführungen durchaus mit dem "Eitertanz" vergleichen, den einige Jahrzehnte später die WTG-Funktionäre im Zusammenhang mit dem Datum 1975 veranstalteten.

Nachstehend dieser Artikel einmal im vollen Wortlaut:
Harmagedon ist nahe
In einem Gespräch, an dem sich vier Zeugen Jehovas beteiligten, wurde die Frage besprochen: "Ist Harmagedon nahe?" Wer hat wohl recht, jene, die sagen, Harmagedon komme sehr bald, oder jene, die meinen, es komme noch nicht so bald?

Es wurde ausgeführt, dass wir weder Tag noch Stunde kennen, dass aber die Bibel uns versichert: "Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis alles geschehen ist." (Matthäus 24: 34) Es ist daher belanglos, ob man nun sagt ."bald" oder "nicht so bald". Selbst wenn die Schlußabrechnung von Harmagedon noch um zehn oder zwanzig Jahre verziehen sollte - es wurde nicht gesagt, dass es wirklich so sein wird - so muss doch des Evangelium mit aller Kraft allen Nationen verkündigt werden, so wirksam als nur möglich. Es wurde Habakuk 2:3 genannt, wo es heißt: "Wenn es verzieht, so harre sein; denn kommen wird es, es wird nicht ausbleiben." Die Schlußgedanken dieses lehrreichen Gespräches können wir ungefähr wie folgt zusammenfassen:

Es wird uns alle freuen, wenn es des Herrn Wille ist, noch einige Jahre die Botschaft zu verkündigen, fleißig zu lernen, uns geistig auszubilden, "um zu wissen, wie wir jedem antworten sollen".
Man sollte sich den Erfolg recht lebhaft vor Augen halten: Stellen wir uns vor, dass es durch Gottes Langmut oder scheinbaren Verzug möglich wird, alle Gutgesinnten aller Nationen für Jehova und sein Reich zu gewinnen, so dass sie alle in seiner Organisation versammelt sind. Wäre dieses Ergebnis, so wurden wir gefragt, nicht noch zehn oder sogar zwanzig Jahre tüchtiger Arbeit wert? Könnte das unsere Wünsche nicht ebenso befriedigen, weil es Jehovas Namen und sein Wort der Weissagung von der Scheidung vor dem Endgericht hoch erhöht? Die nach Harmagedon folgenden Zeiten des Triumphes des Reiches Jehovas würden dadurch keineswegs verkürzt.

Welchen Eindruck dieses Gespräch auf einen Kongreß-Besucher machte und was er daraus lernte, vermitteln uns die nachfolgenden Zeilen.
Hat es etwas Beängstigendes, wenn die Möglichkeit besprochen wird, bis zur Schlacht von Harmagedon könnten 10 oder 20 Jahre vergehen? Ganz gewiß nicht. Von den Kongreßteilnehmern jedenfalls wird eine solche Möglichkeit nicht als tragisch empfunden, was man aus der Reaktion im Saale feststellen konnte.

Ob man bei 20 Jahren Zeitspanne noch von "bald" reden dürfe? Natürlich. Hätte 1918 jemand erklärt: "Ein weiterer Weltkrieg, schrecklicher als der beendete, ist sehr nahe", wäre das nicht ganz richtig gewesen? Trotzdem liegen zwischen 1918 und 1939 immerhin 21 Jahre. Harmagedon ist aber nicht einfach ein dritter Weltkrieg. Wir müssen uns der Größe dessen, was mit Harmagedon zu erwarten steht, noch besser bewußt werden. Harmagedon wird eine 6000jährige Tyrannei endgültig brechen.

Dauert es jemand zu lange, dann sei daran erinnert, dass Zeit niemals lang wird, wenn man alle Hände voll zu tun hat. Haben wir etwa nichts mehr zu tun?
Die Errichtung der Theokratie ist etwas so Wunderbares, dass man leicht. ein ganzes Leben lang darauf wartete kann. Das haben alle Treuen vor Christi Zeit getan; sie alle sind im Glauben gestorben und kamen nicht in den Besitz des Verheißenen. Durch ihr Warten haben sie gar nichts verloren, aber alles gewonnen.

Lernen wir immerhin noch das eine, alle Spekulation beiseite zu lassen. Was uns not tut, über die Zukunft zu wissen, ist: nicht unsere eigenen Wünsche werden uns darüber belehren, sondern Jehova Gott. Er offenbart, was er will, und hält verborgen, was er will. Den Ablauf des Weltgeschehens im Großen läßt er uns erkennen, nicht aber den Gang der Einzelereignisse. Wir sollten uns damit bescheiden. Es ist keine Schande, zu sagen, daß wir irgend etwas nicht wissen . -

Bist du im Königreichsdienst vielleicht über deine Kräfte gegangen, weil du die Zeitspanne zu knapp eingeschätzt hast? Dann sei dein Trost, dass, wenn auch deine - Kräfte dahin sein mögen, dein Lohn doch nicht dahin ist.
Auch das Darstellen des Leibes als Schlachtopfer soll jedoch als vernünftiger Dienst, im Geiste der Besonnenheit geschehen. Hierbei bleibt es Tatsache, daß nur ganz wenige es nötig haben, gebremst zu werden oder sich selber zu bremsen.

Was aber ist die echte, zum Dienst antreibende Kraft? Etwa die Nähe Harmagedons? Diese Triebkraft wäre ungenügend. Liebe zu Jehova, zu Christus, zur Theokratie, zu den Mitmenschen muß die Triebfeder sein.
Auch ist Harmagedon nicht etwa der Hauptinhalt unserer Predigt. Gottes Königreich ist das Hauptthema. Warum kommen die Menschen guten Willens jetzt herbei? Wegen Harmagedon? Nicht vielmehr, weil sie die Wahrheit und Gerechtigkeit, weil sie Jehova lieben?
Harmagedon muß verkündigt werden; doch darf das nicht im Geiste des Einpeitschens geschehen, etwa so wie Geistliche es mit ihren Phantasiegebilden einer Höllenglut tun.
Nimmermehr wäre die Idee berechtigt, daß man sich noch nicht entscheiden brauche, weil Harmagedon wohl noch etwas auf sich warten lasse. Wer so denkt, hat nicht erkannt, wie man erkennen soll. Könnte es je zu früh sein, in den Wegen des Schöpfers zu gehen. "Gedenke deines Schöpferas in den Tagen deiner Jugend!" Zu früh kann es nie sein, zu spät aber kann es sein.

Jesus konnte mit Recht predigen: "Das Reich der Himmel ist nahe herbeigekommen." Er, der König, war ja da. Heute, fast 2000 Jahre später, nimmt es ganz andere Form und Gestalt an. Es schreitet zur Schlußabrechnung mit seinen Feinden. Mit vollem Ernst und voller Überzeugung laßt uns darum weiter verkündigen: Harmagedon ist nahe.

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Geschrieben von Drahbeck am 16. Juni 2005 01:18:31:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 6. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. Juni 2005 02:47:55:

Da hatte in der Johanneskirche zu Bern im Jahre 1945, der dortige seinerzeitige Pfarrer Stotzer eine Vortragsfolge veranstaltet. Thema "die bekanntesten Sekten", wozu er auch die Zeugen Jehovas rechnet. Im Februar und März versuchte er sich mit den Lehren von Ch. T. Russell und J. F. Rutherford auseinanderzusetzen, vermeldet "Trost" in seiner Ausgabe vom 15. Juni 1945. Wie man unschwer erraten kann, war "Trost" und die Zeugen Jehovas darüber nicht sonderlich erfreut. Diese Frustration äußerte sich dann auch in solchen Sätzen in der "Trost"-Berichterstattung wie:

"zog es Pfr. Stotzer leider vor, die halbe Vortragszeit mit belanglosen Mitteilungen über die Gründer und deren Beruf und Eheverhältnisse auszufüllen, sodann mit 'historischen' Darlegungen über die sieben Bände der Schriftstudien Russells, die seit Jahrzehnten vergriffen und völlig vergessen sind, auch hörten wir wieder einmal, daß die Aussprache des Namens unseres Gottes nicht Jehova, sondern Jahwe heißen müsse. Auch der wiederholte Namenswechsel, allerlei Mißverständnisse … über die Geldquellen … übertriebene Verallgemeinerungen wegen der Zeitberechnung und manche andere unwesentliche Gedanken wurden übermäßig breit behandelt."

Dann offeriert "Trost", sozusagen noch als Schützenhilfe einen "Privatbrief" (der so "privat" ist, dass ihn "Trost" wesentliche Teile wortwörtlich abdruckt), der von einem ehemaligen Lehrer verfasst worden sei. Dieser Herr Lehrer äußert dann über sich:
"Ich kenne Jehovas Zeugen seit dem Erscheinen der Broschüre 'Millionen jetzt Lebender werden niemals sterben', also seit 1921. Ich kenne gründlich den Inhalt der 7 Bände Schriftstudien, der 20 Jahrgänge des 'Wachtturms' und der Zeitschriften 'Goldenes Zeitalter' und 'Trost'; dazu auch alle Bücher von J. F. Rutherford."

Wie soll man diesen Herrn Lehrer wohl einschätzen? Gut, Kenntnis der 7 Bände "Schriftstudien", kann man wohl auch einem Außenstehenden zubilligen. Auch Kenntnis einiger Rutherford-Schriften. Aber er sagt ja von sich, er kennt "alles", einschließlich der Zeitschriftenbände. Das dürfte dann doch wohl etwas zuviel an Interesse für einen Außenstehenden sein. Das ist dann lediglich der Beweis, ein WTG-Anhänger, der sich mit dem Titel "Lehrer" (Ehemaliger) schmückt.

Dies wird spätestens auch bei seiner Detailargumentation deutlich. Etwa wenn er schreibt:
"Ganz falsch war Ihre Aussage im Vortrag, daß die 'Schriftstudien', Bände 1-7, von Russell das Standardwerk der Zeugen Jehovas h e u t e seien! Seit dem Jahre 1930 wird in keiner Versammlung der Bibelforscher irgendeiner jener Bände gelesen oder behandelt oder auch nur zitiert."

Weiter: "Die Zeitberechnungen auf das Jahr 1874 oder 1925 nannten Sie ein Herzstück der Bibelforscherei. Das stimmt aber seit 20 Jahren nicht mehr."

Das ist offenbar ein exemplarische Beispiel der Zeugen Jehovas-Apologetik. Dieser Pfarrer berief sich auch auf ein in den 1920er Jahren erschienenes Buch von Paul Scheurlen, und der Herr Lehrer glaubt unter Hinweis auf gewisse Ungenauigkeiten, die Gesamtkritik damit desavoieren zu können. Auch bemerkenswert, schon damals, die Abwiegelung, bezüglich der Kritik einstmals vollmundig verkündeter Endzeitthesen. Besonders signifikant festmachbar, an den Hinweis, die "Schriftstudien" gehörten ja zum alten Eisen.

Genau das ist der Punkt. Auch für die WTG gilt als Dauergrundsatz der dem Konrad Adenauer zugeschriebene Ausspruch:
"Was kümmert mich mein Gewäsch von gestern?!"

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Geschrieben von Drahbeck am 02. Juli 2005 07:11:11:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 6. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 16. Juni 2005 01:18:31:

Musterbeispiele wie die WTG sich ihre Sklaven wünscht und formt, findet man auch in der "Wachtturm"-Ausgabe vom Juli 1945. Man fragt sich dabei nur eines. Was soll man mehr bedauern? Das verblendete Opfer? Oder die Uverfrorenheit das ganze nach als "nachahmenswertes" Beispiel zu offerieren. Man liest da zum Beispiel:

"Vor einem Jahre ließen wir, meine Frau, mein kleines Mädchen und ich selbst, alles hinter uns zurück. Ich verkaufte mein Haus, welches gleich einem Schwamm beständig all mein Verdienstes aufgesogen hatte, denn immer mußten irgendwelche Verbesserungen angebracht werden, und dies hielt mich vom Dienste des Herrn ab. Ich verließ eine ideale Arbeit (vom weltlichen Gesichtspunkt aus gesehen), wobei ich sechs Jahre lang in der Stunde Dollar 1.25 verdient hatte (in den USA der 1940er Jahre). Nun begann der Teufel zu arbeiten. Zuerst trat die Versuchung an mich heran, indem mir Lohnerhöhung und Beförderung angeboten wurde, aber ohne Erfolg. Dann kamen Freunde und sagten: Wie kannst du das bloß machen und dennoch für die Familie sorgen? Hast du es dir auch genügend überlegt? Was wird mit dem Schulunterricht deines Töchterchens? Warum solltest du dich so weit weg (von Michigan bis nach Georgien) begeben, um als Pionier zu wirken? Wie soll das herauskommen, wenn man dich ins Gefängnis wirft, wer wird dann für Frau und Kind sorgen?
Hier folgt nun die Antwort auf alle diese Fragen: Ich schreibe diesen Brief hinter Gefängnismauern, und zwar sitze ich schon das zweite Mal in diesem Pionierjahr in Haft. …"

In der gleichen "Wachtturm"-Ausgabe liest man auch:
"Als Gesandte des Herrn ziehen seine beauftragten Knechte in eine Welt hinaus, die dem Herrn feindselig gegenübersteht und 'in dem Bösen liegt' … Wiewohl die Knechte als Gesandte dienen, sind doch die Evangeliums-Verkündiger deswegen nicht befugt, mit politischen Regierungen zu verhandeln, um sogenannte 'Konkordate' abzuschließen und günstige Bedingungen zu erwirken, unter denen sie das Evangelium in einem Lande predigen könnten. Wenn auch die Religionshierarchie des Vatikans mit Weltmenschen wie Hitler, Mussolini, Franco und Petain Konkordate eingeht, so dürfen doch des Herrn Gesandte sich nicht auf diese Weise zu Freunden der Welt machen und so ein Teil davon werden."

Man vergleiche mal in diesem Zusammenhang das spätere Bestreben der Zeugen Jehovas, mit Gewalt vom Staat als "Körperschaft des öffentlichen Rechts" privilegiert zu werden!

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Geschrieben von Drahbeck am 03. Juli 2005 07:32:27:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 1. 7. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 02. Juli 2005 07:11:11:

In einem "Nachklänge vom Kongreß in Zürich" überschriebenen Artikel liest man in der "Trost"-Ausgabe vom 1. Juli 1945 unter anderem:
"… möchte nur eines herausheben, das Zwiegespräch von der Nähe Harmagedons. Das hat mich sehr gefreut. Wenn die Theokratie hier ist, und sie ist hier, und wenn wir von Gottes Organisation geleitet werden, ist es da wichtig, ob Harmagedon morgen, in einem Jahr oder in 10 Jahren kommt? Käme es nicht einem Ungehorsam gleich, einen Zeitpunkt festzusetzen? Ich glaube, daß wir uns auf den Herrn verlassen können, daß er uns durch seine Organisation alles kundtun wird, also auch, wenn Harmagedon hereinbrechen wird."

Genauso wünscht sich die WTG den "idealen" Anhänger. Und aus diesem Grunde auch, veröffentlichte sie vorstehenden Brief. Der idealer WTG-Anhänger, hat das selbstständige Denken an der Garderobe abgegeben. Er läßt sich gleichsam als Computer von der WTG programmieren. Heute hüh. Und morgen hot. Mit diesen Zombies kann man nach belieben umspringen. Sie sind zu geistigen Sklaven der WTG geworden. Es ist erschreckend zu sehen, wie diese Rechnung offenbar aufgegangen ist.

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Geschrieben von Drahbeck am 16. Juli 2005 07:03:29:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 7. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. Juli 2005 07:32:27:

Zu den Kritikern der katholischen Kirche, gehörten auch die Zeugen Jehovas. Man kann es nachvollziehen, dass die Catholica darüber nicht sonderlich erfreut ist. Wie sagt der Volksmund: Streiten sich zwei, freut sich manchmal der Dritte. Es liegt mehr fern, mich als "Schönredner" für die WTG zu betätigen. Sie hat in meiner Sicht ein ebenso raffiniert totalitäres Regime aufgebaut, wie man dies auch einigen anderen vorhalten muss. Auch der Catholica.

Also um auf den Punkt zu kommen, zeitgenössische Kritik an der Catholica, aus dem Munde der Zeugen Jehovas, findet über weite Strecken auch meine Zustimmung. Beide totalitären Systeme indes haben es verabsäumt, sich der berechtigten Kritik wirklich zu stellen. Ihre einzige Reaktion in vielen Fällen ist: Abwiegeln.
Die "Trost"-Ausgabe vom 15. Juli 1945 veröffentlichte dazu einiges. Einige wesentliche Auszüge daraus nachstehend:

"Durch die letzte Rede, die Papst Pius XII. am 2. Juni hielt und in welcher er nachträglich mit den Nazis scharf abrechnet, könnte der Eindruck erweckt werden, daß die katholische Kirche und Ihr Oberhaupt Eugenio Pacelli, auch nicht im geringsten mit dem Nationalsozialismus sympathisierte oder gar mit ihm zusammen gearbeitet hat.

Es dürfte in diesem Zusammenhang interessant sein, wenn wir den Artikel 'Kulissengeheimnisse' im 'Trost' nochmals veröffentlichen. Dieser Tatsachenbericht ist schon einmal im 'Trost' erschienen, und zwar im Jahre 1940 … Hierzu gehört, was Fritz Thyssen enthüllt hat.
Dieser Mann war als Vorsitzender des mächtigen Konzerns der 'Vereinigten Stahlwerke' einer der Hauptgeldgeber Hitlers, bevor dieser zur Macht kam. Vor einigen Monaten floh er aus Deutschland in die Schweiz; und aus einem Brief von ihm an seine Mitarbeiter veröffentlichte die Basler 'Arbeiter-Zeitung' am 31. Januar 1940 die folgenden Auszüge:

'Im Laufe der vielen Jahre, während derer ich das Nazi-Regime beobachten konnte - und als Staatsrat und Wirtschaftsführer hatte ich reichlich Gelegenheit dazu - habe ich mit ständig wachsender Besorgnis und zuletzt mit wahrem Entsetzen eingesehen, welch schweren Fehler ich im Jahre 1932 beging, als ich zusammen mit den Herren von Papen, von Schroeder, Kirdorf und Krupp von Bohlen und Halbach es unternahm, die NSDAP, finanziell zu sanieren und wir sozusagen als Garanten für Hitlers gutes Verhalten Deutschland und der Welt gegenüber die Verantwortung auf uns luden, ihn zur Macht zuzulassen.

Damals, genau so wie heute, und seitdem immer, versprach Hitler alles, was wir wünschten: Herrn von Papen Macht und Würden, Herrn Krupp Aufträge und Geld, Berge von Geld. Uns allen insbesondere einen geruhigen Kurs der deutschen Politik innen und außen; Verständigung mit England; Verständigung mit der Arbeiterschaft, die durch weitgehende soziale Fürsorge für den Verlust aller politischen Rechte, die Vernichtung der Gewerkschaften und die Enteignung ihrer Vermögen entschädigt und mit dem autoritären Regime ausgesöhnt werden sollte. Es schwebte uns eine Art christlicher Ständestaat vor, dessen Autorität sich auf die Kirche - im Westen die katholische, im Osten die protestantische - und auf das Militär stützen sollte …

Hitler gelobte nun, was mir der wesentliche Punkt war, feierlich und ausdrücklich, die Rechte der katholischen Kirche nicht anzutasten. Er wiederholte dieses Gelöbnis in einer mehrstündigen Unterredung mit Monsignore Kaas, der ihn im Auftrag des damaligen päpstlichen Nuntius Pacelli, des heutigen Papstes Pius XII., und ohne Wissen des Vorsitzenden der Zentrumspartei, Reichskanzler Brüning, aufsuchte. Diese Unterredung führte den Sturz der letzten legalen deutschen Regierung Brüning herbei und bedeutete den Beginn jener Epoche deutscher und europäischer Politik, der wir den heutigen, den zweiten Weltkrieg verdanken. Der katholischen Kirche, besser gesagt, der diplomatischen Meisterschaft des Nuntius Pacelli, die recht eigentlich der gesamten Politik der letzten Jahre der Weimarer Republik ihren Stempel aufprägte, gelang der einzige Sieg über Hitler, das Konkordat, das er noch nicht offen und mit brutaler Gewalt gebrochen hat. In Wahrheit aber existiert dieses Konkordat von seinem ersten Tag an nur auf dem Papier; denn es kommt auf den Geist an, der die Buchstaben eines Vertrages mit Leben erfüllt, ihm Sinn und Inhalt gibt."

Diese Bekenntnisse, von der Basler 'Arbeiter-Zeitung' unter der Überschrift 'Pius XII - als Nuntius - brachte Hitler an die Macht' veröffentlicht, wurden von der katholischen Presse begreiflicherweise sofort scharf angegriffen und als unwahr erklärt. Ungenau ist in der Tat an Thyssens Darlegungen das Folgende: Nuntius in Berlin war zur Zeit der Reichskanzlerschaft Brünings nicht mehr Pacelli, sondern Orsenigo; Brüning war damals nicht Vorsitzender der Zentrumspartei (das war Prälat Kaas), sondern Vorsitzender der Zentrumsfraktion des Reichstages.

Prälat Kaas bestreitet von Rom aus, schon zur Regierungszeit Brünings mit Hitler konferiert zu haben. Hier steht Aussage wider Aussage. Ob Kaas mehr Glauben verdient als Thyssen, mag jeder für sich beurteilen. Das an Thyssens Darstellungen tatsächlich als falsch Erkennbare ist jedenfalls unbedeutend im Verhältnis zu den Hauptpunkten:
1. Zusammen mit v. Papen und andern katholischen Politikern schwebte Thyssen bei seinen Plänen die Errichtung eines 'christlichen Ständestraates' vor.
2. Zu diesem Zweck trafen diese Katholiken geheime Abmachungen mit dem Katholiken Hitler, finanzierten seine Bewegung und verbürgten sich in den deutschen Herrenschichten für Hitlers 'Regierungsfähigkeit'.
3. Als wesentlicher Punkt galt bei den Abmachungen mit Hitler, die Machtstellung der katholischen Kirche zu sichern und durch Abschluß eines Reichskonkordats auszubauen.
4. Eine Unterredung zwischen einem Beauftragten der römischen Kurie und Hitler hat - nach Thyssens Darstellung - diese Abmachung besiegelt.

Ob Thyssen eine sympathische Figur ist oder nicht, spielt hier keine Rolle. Sympathische Figuren hinter den Kulissen zu suchen ist sowieso meist vergebliche Liebesmühe. Andere Leute als solche von hinter den Kulissen können aber überhaupt nicht aus der Schule plaudern. Wenn Thyssen spricht, so spricht immerhin ein Mann, der mit hinter den Kulissen war, als die Freiheit des deutschen Volkes verschachert wurde. …

Ist es nun wahrscheinlich, daß Thyssen mit seinem Bekenntnis im wesentlichen die Wahrheit sagt, oder nicht?
Es gibt keine überzeugenden Gründe dafür, daß seine Enthüllungen erlogen wären; aber viele Gründe sprechen für ihre Richtigkeit. Das Spiel, das er aufdeckt, stimmt mit dem überein, was in der vatikanischen Politik in allen fünf Erdteilen zu beobachten ist.

Die Ständestaat-Idee leitet sich aus der Papst-Enzyklika 'Quadragesimo anno' ab, die im Mai 1931 herauskam, zur Zeit jener Intrigen in Deutschland also noch ziemlich neu und wohl geeignet war, einem katholischen Politiker Vorwand oder Anreiz zu einem Ränkespiel zu bieten. Mit dem Versuch, diese Idee praktisch zu verwirklichen, stehen Thyssen, v. Papen, etc. ja nicht allein da, sondern katholische Politiker und Würdenträger in aller Welt stehen neben ihnen. Auch in katholisch-konservativen Kreisen der Schweiz ist solche Propaganda zu finden. Praktische Voraussetzung für das Ständestaat-Experiment ist die Ausschaltung der Demokratie, wie sich das in Österreich, Portugal, der kanadischen Provinz Quebeck (unter Kardinal Villeneuve) etc. gezeigt hat.

Daß die sozialen und allgemein-rechtlichen Zustände im diktatorisch beherrschten Deutschland von seiten der katholischen Hierarchie grundsätzlich bekämpft würden, ist nicht der Fall. Intoleranz und Inquisition, die gemeinsamen Merkmale des Nazismus, Bolschewismus und Faschismus, sind in Reinkultur im historischen Papismus zu finden.
Vatikanische Intrigen zwecks Beseitigung der Demokratie und Einsetzung eines Diktators sind also nicht nur möglich, sondern wahrscheinlich und in vielen Ländern nachgewiesen. (Siehe auch Spanien.).

Die nachfolgenden Notizen "Aus der jüngsten deutschen Geschichte" geben einen Überblick über den etappenweisen Abbau der Freiheit in Deutschland. Thyssen behauptet nun, schon in Brünings Regierungszeit wären mit Hitler Abmachungen getroffen worden, ihm zum Einzug in die Reichskanzlei zu verhelfen. Warum soll man das bezweifeln? Hätten sonst die Schwerindustriellen damals Millionen über Millionen Reichsmark für Hitlers Partei aufgewendet, die um jene Zeit so gut wie bankrott war?

Den Gang der Ereignisse müßte man sich dann wie folgt zusammenreimen :
Brüning, der Führer der katholischen Zentrumsfraktion war seit März 1930 als Reichskanzler im Amt. Er hatte durch seine Regierungsmethoden mit dem Abbau der Demokratie begonnen, wollte aber wahrscheinlich keine offene Diktatur. SA. und SS. wurden während seiner Regierungszeit sogar verboten und aufgelöst. — Um jene Zeit wurden unter Beteiligung eines Beauftragten des Vatikans mit Hitler geheime Abmachungen getroffen, wohl ohne daß die meisten Zentrumsabgeordneten davon etwas wußten und vielleicht ohne, daß sie es damals gebilligt hätten. Für die vorgesehene Entwicklung mußten nach Brünings Rücktritt Zwischenregierungen geschaffen werden, einerseits, um das Spiel hinter den Kulissen nicht zu verraten, anderseits, weil die Position der Nazigegner noch viel zu stark war. Diese wußten ja, daß Hitler, einmal an die Macht gelangt, sofort den Rest der Demokratie in Deutschland zerschlagen würde. (Auch die katholischen Unterhändler müssen das gewußt haben.) Als Wegbereiter der absoluten Diktatur diente v. Papen. Er übernahm Anfang Juli 1932 die Reichskanzlerschaft. Sein gleichzeitiger Austritt aus der Zentrumspartei muß als Tarnung angesehen werden; denn er zerfiel weder mit dem damaligen Zentrumsführer Prälat Kaas noch mit dem Vatikan, sondern sein weiteres Wirken galt im Vatikan als verdienstvoll, was durch die nachherige päpstliche Ehrung, die ihm zuteil wurde, bewiesen wird. v. Papen verfügte sofort die Aufhebung des Verbots der SA- und SS. und löste den Reichstag auf. Die Nazipartei, der der Katholik Thyssen zu viel Geld und der Katholik v. Papen wieder zu ihren Terrortruppen verholfen hatte, steigerte bei der nachherigen Reichstagswahl die Zahl ihrer Abgeordneten von 107 auf 230. Dieser Erfolg veranlaßte Hitler, die Kanzlerschaft zu verlangen. Hindenburg wollte ihm höchstens das Vizekanzler-Amt überlassen. Daraufhin machten die Nationalsozialisten das Parlament durch ihre Opposition wieder arbeitsunfähig; es kam erneut zur Auflösung des Reichstags. Diesmal verloren die Nazis bei der neuen Wahl 15% ihrer bisherigen Mandate, waren also auf absteigender Linie. An die Stelle von Papens trat für knapp zwei Monate General Schleicher als Reichskanzler — eine nichtssagende Zwischenzeit, die man sich um die Weihnachtszeit am besten leisten konnte, gerade lange genug, um etwas Ruhe zu finden für den entscheidenden Schlag. Anfang Januar 1933 hatten v. Papen und Hitler in Köln eine Konferenz und stellten fest, daß der Zeitpunkt für den Großangriff auf die Demokratie und für Hitlers Machtübernahme gekommen sei. So geschah es dann auch.

Tausende von Ermordeten und Gemarterten; Hunderttausende von Gehetzten, Vertriebenen, Eingekerkerten; Millionen von Trauernden und Entrechteten und aber Millionen, die in der ganzen Welt durch solche Greuel gefährdet sind, den Zusammenbruch aller moralischen Werte beklagen und davor zittern, vielleicht zu den nächsten Opfern zu gehören — dieses ganze, unübersehbare Meer des Elends zeigt die schwere, auf all denen lastende Schuld, die das Aufkommen einer solchen Tyrannei ermöglicht oder begünstigt, und auch derer, die sie später anerkannt und gestützt haben. In solcher Weise aus der Vergangenheit belastet zu sein und sich trotzdem in der Gegenwart als Schiedsrichter unter den Nationen, Hort des Friedens und Führer zu einer gesegneten Völkergemeinschaft aufspielen zu wollen, ist ein Widersinn sondergleichen.

Einige Nebenbeteiligte haben sich bereits reinzuwaschen versucht von einer Schuld, die ihnen auf Grund der Enthüllungen Thyssens zugeschrieben werden könnte. Für die katholische Zentrumspartei als Ganzes unternahm der ehemalige Reichskanzler Dr. Wirth, jetzt in der Emigration lebend, diesen Versuch. Was er im "Basler Volksblatt" (Ausgabe vom 9. Februar 1940) schreibt, bestätigt aber nur, daß schon seit 1921 um das Reichskonkordat gefeilscht wurde, also auch zu einer Zeit, wo Pacelli tatsächlich Nuntius in Berlin war; und daß dieser Mann später, als vatikanischer Staatssekretär, seine diesbezüglichen Bemühungen nicht eingestellt hatte, sondern zugunsten dieses Konkordatsabschlusses auch zu einem sehr gewagten politischen Spiel bereit gewesen sein wird, kann wohl kaum bezweifelt werden.

Doch ganz abgesehen von all den angedeuteten Intrigen muß der Versuch, das Zentrum, also den politischen Katholizismus von der Mitschuld an der deutschen Tragödie reinzuwaschen, schon deshalb scheitern, weil ja neben allen bürgerlichen Parteien auch das Zentrum dem Ermächtigungsgesetz für Hitler zugestimmt hat, also mit daran beteiligt war, ihn auf vier Jahre zum unumschränkten Diktator zu erklären und ihm das deutsche Volk auf Gnade und Ungnade auszuliefern.

Warum das Reichskonkordat nicht schon im ersten, sondern erst im sechsten Monat der Regierung Hitlers unterzeichnet wurde, bedarf wohl kaum vieler Erörterungen. Erstens hatte Hitler im Anfang Dinge zu tun, die ihm wichtiger waren; er mußte sich erst einmal fest in den Sattel setzen. Zweitens wäre es gewiß von beiden Vertragspartnern als politisch unklug angesehen worden, in einem zu reichlich zwei Dritteln nichtkatholischen Lande dem Vatikan durch einen der ersten Regierungsakte Konzessionen zu machen, die alle vorhergehenden Regierungen hartnäckig abgelehnt hatten. Wurde aber nicht auch dem Vatikan bis zum Juli 1933 in genügend grauenhafter Weise gezeigt, was der neue Reichskanzler von den Menschenrechten hielt? Das alles schreckte jene Männer in Rom, die behaupten Christus zu vertreten, keineswegs davon ab, den früher eingegangenen politischen Handel jetzt durch die Unterschrift perfekt zu machen; hatte Hitler doch um jene Zeit bereits bewiesen, daß er zu Liebesdiensten für die römische Hierarchie immerhin bereit ist, so z. B. durch die von katholischen Bischöfen verlangte und von den Nazis prompt durchgerührte radikale Unterdrückung und grausame Verfolgung der Zeugen Jehovas in Deutschland.
Welch schreckliche Früchte hat doch das Zusammenspiel von Finanz, Politik und Religion durch all die Jahrhunderte hindurch gezeitigt!

In der gleichen "Trost"-Ausgabe gibt es auch einige Ausführungen über das WTG-Buch "Feinde", die nachstehend auch noch zitiert werden sollen:
Im Jahre 1937 erschien im Verlage der WATCH TOWER BIBLE AND TRAGT SOCIETY das von J. F. Rutherford verfaßte Buch "Feinde". Dieses Werk enthält eine scharfe biblische Abrechnung mit den Feinden des Königreiches Gottes, der Theokratie.

Am 11. Februar 1940 erhielt nun der Verlag von der Abteilung für Presse und Funkspruch im Armeestab, Sektion Buchhandel, folgendes Schreiben:
"Wir werden darauf aufmerksam gemacht [Anmerkung der Red.: Ohne Zweifel von katholischer Seite], daß in dem von Ihnen 1937 herausgegebenen Werke .Feinde' von Rutherford auf Seite 13 z. B. ein ausländisches Staatsoberhaupt als 'Bandenführer' bezeichnet wird. Wir müssen Sie darauf aufmerksam machen, daß solche Ausdrücke auf Grund der jetzt bestehenden Bestimmungen zum Schutz der Neutralität nicht zulässig sind und wir müssen Sie ersuchen, uns schriftlich zu bestätigen, daß bei einer künftigen Neuauflage alle solchen Stellen ausgemerzt werden. Sollte dies nicht der Fall sein, so müssen wir Sie darauf aufmerksam machen, daß Sie die Gefahr einer Beschlagnahmung der Vorräte laufen."

Verboten wurde dann das Buch "Feinde" am 18. September 1940, nachdem es schon am 24. Juli 1940 beschlagnahmt worden war.
Am 26. September 1944 hat die Bundesanwaltschaft diese Beschlagnahmung aufgehoben. Die Abteilung Presse und Funkspruch weigerte sich aber immer noch, das Buch "Feinde" zurückzugeben. Endlich, am 22. Mai 1945 wurde auch von dieser Stelle die Rückgabe nach fast fünfjähriger Beschlagnahmung angeordnet.
Wir möchten unseren Lesern aus dem Buche "Feinde" von einigen Zitaten Kenntnis geben, die zu diesem Verbot führten:

"Mussolini, ein Maurer und politischer Agitator, wurde ein politischer Bandenführer. Im Jahre 1922 veranlaßte er einen Marsch auf Rom und wurde bald darauf der Erstminister oder unumschränkte Herrscher: ein Bandenführer, der durch verblüffendes Auftreten sein Amt gewann, weil der König Angst vor ihm hatte und vor seiner einschüchternden Haltung wich… Als er sich der Regierung Italiens bemächtigte, war er ein Gottesleugner, ist seither aber sehr religiös geworden.

Dem Weltkrieg folgte in Deutschland rasch die Revolution, und dann wurde eine Regierung gebildet, die den Anschein einer verfassungsmäßigen Demokratie machte. Religionisten und Politiker verschworen sich zusammen, diese verfassungsmäßige Regierung zu stürzen und taten es auch — mit dem Ergebnis, daß ein Hitler, ein Fanatiker, absoluter Diktator und Führer der Nazis wurde. Diese Horde politischer Gangster steckte am 27. Februar 1933 das Gebäude des Deutschen Reichstages in Brand und beschuldigte dann boshafterweise eine politische Gegenpartei dieses Verbrechens der Brandstiftung. Dies wurde getan, um die Gunst des gewöhnlichen, bedrückten Volkes zu gewinnen. Wenige Wochen später gelangten die Nazis zur Macht; Hitler, als Führer in den Vordergrund gerückt, wurde Diktator, und mit der Demokratie Deutschlands war es aus. In der Angst, seine Macht und Autorität sei in Gefahr und könne ihm entrissen werden, ließ Hitler am 30. Juni 1934 sechzig oder mehr seiner vertrauten politischen Genossen brutal umbringen. Im darauffolgenden Juli veranlaßten die Nazis unter der Führerschaft des besagten Hitler, daß Dollfuß, der Diktator Österreichs, ruchlos ermordet wurde. Den Verlust ihrer Macht befürchtend, fuhren die Nazis unter Hitler fort, mit grausamer Hand zu herrschen, und töteten oder sperrten alle ein, die sie nicht offensichtlich unterstützten. Das Volk leidet, weil es seines materiellen Reichtums beraubt ist und in ständiger Furcht schwebt, Freiheit und Leben zu verlieren, und darum in großer Bedrängnis und Ratlosigkeit ist."

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Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 7. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 16. Juli 2005 07:03:29:

Einige "Studienartikel" aus der englischen Ausgabe des "Wachtturms" der Jahre 1943/44 wurden offenbar in der deutschen "Wachtturm"-Ausgabe vom August 1945 nachgedruckt. Auch solche für die Zeugen Jehovas charakteristischen Gummibandsätze findet man dort, wie zum Beispiel den:
"Man sage daher nicht: 'Wenn doch Gottes Königreich gekommen ist, warum kämpft es denn die Schlacht von Harmagedon nicht sogleich aus, macht Schluß und befreit die Menschen aus dieser Bedrängnis der Nationen?'"


In der Antwort darauf heißt es dann:

"Wenn das aufgerichtete Königreich die Schlacht von Harmagedon unverzüglich eingeleitet hätte, so gäbe es keine irdischen und menschlichen Überlebenden, nicht einmal einen Überrest der Auserwählten Gottes."

Ein typisches Beispiel für theologisch formulierte Nichtigkeiten kann man dazu nur sagen. Im Prinzip offenbart es nur eines. Das "kultivieren" des Hoffen und Harrens bis zum Sankt Nimmerleinstag.

Auch die WTG ist vom "Stamme nimm". Das sind auch andere Religionen. Allerdings, gewisse Akzentverschiebungen kann man nicht übersehen. Ist andernorts vorrangig die finanzielle Schröpfung angesagt, so bei der WTG eher die Schröpfung des Zeitkontigentes. Das kommt auch in dieser WT-Ausgabe zum Ausdruck. Nachstehend ein paar charakteristische Zitate daraus:

Nachdem die WTG die Entwicklung nach 1918 beschrieben hatte. Da liest man beispielsweise:
"Sie mußten von vielem frei werden, besonders von religiösen Gewohnheiten und Bräuchen, von sogenannter 'Charakterentwicklung' und selbstsüchtigen Bestrebungen, sich auf den Himmel vorzubereiten. Seit dem Gericht im Tempel sehen wir deutlich, daß nicht die Vorbereitung auf den Himmel oder auf das ewige Leben auf Erden das Wichtigste ist, sondern die Vorbereitung auf den Dienst als gute Knechte Jehovas".

Nach dieser Einleitung geht es dann weiter:
"Einige Geweihte sind zu der Folgerung gelangt, daß es für sie klüger sei, Geld zu verdienen und die Organisation des Herrn finanziell zu unterstützen, als ihre Ersparnisse selber im Dienste als Prediger des Evangeliums zu verwenden. … Einige mögen folgern - weil Geld zum Unterhalt des Werkes des Herrn notwendig ist -, warum man denn von Haus zu Haus gehen und zehn, fünfzehn oder mehr Stunden im Felddienste verbringen sollte, wenn man doch während dieser Zeit einer weltlichen Beschäftigung nachgehen, zwanzig bis dreißig Dollars verdienen und dies der Gesellschaft geben könnte, um so jemand anderem im Werke vorwärts zu helfen. Ein Sprichwort sagt: 'Zeit ist Geld', und Zeit, die direkt in Gottes Dienst verbracht wird, wird in einem größeren Wert für dich und andere umgewandelt, als wenn sie darauf verwendet wird, jemandes Kraft in finanziellen Gewinn zu verwandeln. …
Nicht die großen Vermögen oder große Geldschenkungen sind es, die heute das Werk des Herrn in Gang halten, nein, viel eher das 'Scherflein der Witwe', die freiwilligen Gaben, die Tausende überall auf Erden der Gesellschaft zukommen lassen."

Das bedeutet dann ja wohl nichts anderes als dies. Das die WTG es so einschätzt, der Zeitaufwand (möglichst hoch) ihrer Anhängerschaft, habe unterm Strich für sie eine größere Effizienz, als wie "nur" Geldgaben. Letztere will die WTG allerdings auch nicht vergessen wissen. Und so verabsäumt sie denn nicht, auch noch hinzuzufügen:
"Wohl ist es geziemend und richtig zu sagen, daß die Gesellschaft die großzügige finanzielle Hilfe, die ihr durch alle, seien sie reich oder arm, zuteil wird, sehr wertschätzt."

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Geschrieben von Drahbeck am 03. August 2005 07:40:15:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 1. 8. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 02. August 2005 07:52:08:

"Trost" in seiner Ausgabe vom 1. August 1945 vermeldet den Tod eines Bibelforscher-Gegners. Des katholischen Prälaten Robert Mäder, der mit seiner Kampfschrift "Dynamit unter dem Schweizerhaus" den Zeugen Jehovas empfindlich auf die Nerven gegangen war. Sagt man allgemein: Über Verstorbene soll nur gutes gesagt werden; so konnte "Trost" es sich doch nicht verkneifen, diesen Grundsatz im Falle Mäder außer Kraft zu setzen. Ein Zeichen dafür, wie tief die Verletzung saß. Eine Stellungnahme zu dieser Mäder'schen Kampfschrift in:
Gesandte

Noch eine weitere "Abrechnung" nimmt diese "Trost"-Ausgabe vor. Diesmal erwischt es die sogenannt "Bekennende Kirche" im Dritten Reich und ihren Protagonisten Pastor Niemöller. Neues teilt "Trost" dabei nicht mit. Es wiederholt nur das, was bereits 1938 dazu seitens der Zeugen Jehovas geschrieben wurde. Auch das wurde bereits kommentiert. Siehe dazu:
19382Christentum

Noch weitere Rückblicke sind in dieser Ausgabe enthalten.
Ein schwedischer Journalist der am 25. April 1945 das KZ Buchenwald besuchen konnte wird zitiert. Er beziffert als Maximalzahl seien insgesamt ungefähr 450 Bibelforscher in diesem Lager gewesen; wobei die tatsächliche Belegungsstärke, davon abwich. In dieser Zahl sind auch beispielsweise diejenigen mit enthalten, die nach anderen Lagern (z. B. der Wewelsburg usw.) verbracht wurden.
In seinem Bericht äußert dieser Journalist auch:
"Das Verhältnis der Todesfälle unter den Bibelforschern war nicht größer als unter der gewöhnlichen Menschheit."

Ganz anders offenbar die Lage in dem Konzentrationslager Bergen Belsen, über die in dieser Ausgabe auch berichtet wird. Da ist davon die Rede, dass von 83 dortigen Bibelforschern 28 übriggeblieben seien. Offenbar waren die meisten Todesfälle in der chaotischen Zeit der letzten Lagermonate zu beklagen, denn als Detail wird auch angeführt:
"Von 31 Brüdern und 52 Schwestern leben hier (am 19. 5. 1945) nur noch 3 Brüder und 25 Schwestern (innerhalb von 2 Monaten)."

Bezugnehmend auf ein von den Zeugen Jehovas darauf bezügliches Flugblatt, liest man in dieser Ausgabe auch den Bericht eines der Flugblatt-Verteiler, der da ausführt:
"In einem Engadiner-Dorf kam ich dann auch an die Tür eines Anwalts, also zu einem Manne aus sogenannten 'besseren' und gebildeten Kreisen. Er überflog die Überschrift 'Tausende von Jehovas Zeugen ein ganzes Jahrzehnt in deutschen Konzentrationslagern! Hunderte ermordet, weil sie Christen waren!', gab mir das Flugblatt energisch zurück und schrie mich an: 'Machet daß dr abfahret mit dem Schmarre!'
Und das ist ein Verteidiger und Fürsprecher der Rechte des Volkes! Ein Mann aus 'besseren' Kreisen, der es unter seiner Würde hält, einen sachlichen Tatsachenbericht zur Kenntnis zu nehmen. Wahrlich: Etwas zum Nachdenken!"

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Geschrieben von Drahbeck am 16. August 2005 07:33:33:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 8. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. August 2005 07:40:15:

"Trotz diesem (Hitler) Verbot verkündigten die Bibelforscher das Königreich Gottes als die einzige Hoffnung der Welt".

Diesen Satz findet man auch in einem Bericht über die Leiden und den Terror den die Zeugen Jehovas (auch) im KZ Buchenwald erleiden mussten und den die "Trost"-Ausgabe vom 15. 8. 1945, bezugnehmend auf eine Vorlage in der schwedischen Zeitung "Svenska Morgonbladet" nachdruckte. Nach allerlei Detaildarstellungen des Buchenwald-Terrors, meinte der berichtende Journalist, dies alles "von Anfang bis Ende als einzigartige antifaschistische Demonstration" werten zu sollen.
Eine Demonstration, war es sicherlich. Antifaschistisch auch. Einzigartig - auch das kann man noch akzeptieren; obwohl bei Verwendung letzterer Vokabel doch ein fader Nachgeschmack bleibt.

"Theokratische Kriegslist", damals noch als "Beraubung der Ägypter" glorifiziert, gab es schon damals bei den Zeugen Jehovas. Im Konflikt der widersprechenden Grundsätze (Demonstration oder Kriegslist), entschied man sich damals mehrheitlich für die Demonstration, da man wähnte die "einzige Hoffnung der Welt" zu haben. Diesen "scharfkantigen Diamanten", um mit Eugen Kogon zu sprechen, wollte man sich nicht entwinden lassen. Lieber nahm man es in Kauf, um im Bilde zu bleiben. Bei dem Versuch, den scharfkantigen "Diamanten" aus den Händen gerissen zu bekommen. Lieber nahm man es in Kauf, diesen "Diamanten" zu verteidigen, auch auf die Gefahr hin, sich arge Schnittverletzungen und ärgeres zuzuziehen.

Weiter liest man in diesem Journalistenbericht:
"Für Kalfaktorenposten wurden Bibelforscher ausgesucht, um sie zu umgarnen und für den Nationalsozialismus zu gewinnen. Damit hatte man keinen Erfolg."
Auch diese Aussage muss man doch wohl noch etwas kommentieren. Es stimmt. In Buchenwald hatten die Nazis damit keinen Erfolg. Im späteren Lager Wewelsburg sehr wohl. Denn dort gab es Kalfaktoren und Kapos aus den Reihen der Zeugen Jehovas. Dort hatte man also die Zeiger der Uhr mit den Polen Demonstration oder Kriegslist, etwas mehr in Richtung Kriegslist gestellt, als dies in Buchenwald noch der Fall war. Und es lohnte sich dergestalt, dass einige SS-Härten damit unterlaufen werden konnten. Gleiches wäre schon in Buchenwald möglich gewesen.

Das Thema Kapos ist ohnehin ein heikles. Ursprünglich von der SS vorrangig mit Kriminellen besetzt, die damit die Leiden ihrer Mitgefangenen noch um ein vielfaches verschlimmerten; erkannten die kommunistischen Mitgefangenen von Anfang an klar. Die Kriminellen müssen weg von den Kapoposten. Sie beließen es nicht bei dieser Erkenntnis, sondern bemühten sich soweit als möglich, dass auch in die Tat umzusetzen. Und sie hatten relativen Erfolg. Etliche Kapoposten befanden sich in späteren Jahren in kommunistischen Händen. Auch die Zeugen Jehovas sollten beispielsweise in Ravensbrück noch indirekt davon profitieren, indem dort die Kommunistin Buber-Neumann Lagerälteste in einem Bibelforscherblock zeitweilig war.

Auch den Kapos waren die Hände gebunden. Auch sie waren ja weiterhin Gefangene. Aber einen gewissen Spielraum hatten sie schon. Die Kriminellen hatten den nur streng egoistisch ausgenutzt. Die politisch motivierten Kapos hingegen vermochten schon, im Einzelfall die eine oder andere Härte abzumildern. Andererseits mussten auch sie Härten durchsetzen. Daraus folgt so manch ambivalente Bewertung der Kapos aus heutiger Sicht. Jedenfalls war die Demonstrations-Entscheidung, keine Kapo-Posten zu besetzen, letztendlich kontraproduktiv.

"Denn es fanden sich stets willige Handlanger …" Auch diesen Satz liest man in diesem Journalistenbericht. Im Kontext zitiert:
"Bei zwanzig Zentimeter Pulverschnee begann nun der 'Wintersport', der erst endete, als sie dampften und völlig erschöpft waren. … Ein paar, die unterm Druck williger Handlanger des Teufels, aus Furcht, geschlagen oder getötet zu werden, solche Arbeit (Waffenproduktion) annahmen, wurden sofort aus der Gemeinschaft … ausgeschlossen. Im Lager und auch im Lagerbüro wurde das bekannt, und so wurde der Druck noch verschärft; denn es fanden sich stets willige Handlanger, die sie arg plagten."

Also auch ein Beleg, in welche Richtung des Pendel in Buchenwald mehrheitlich ausschlug. In Richtung Demonstration, für eine weltanschauliche Illusion!

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Geschrieben von Drahbeck am 02. September 2005 05:13:15:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 8. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 16. August 2005 07:33:33:

Unter Bezugnahme auf das englischsprachige "Jahrbuch 1944 der Zeugen Jehovas", berichtet die "Wachtturm"-Ausgabe vom September 1945 über die neu eingerichtete Missionsschule "Gilead". Man wähnt damit eine Art Hochschule gegründet zu haben. Die Schuleigene Bibliothek beziffert man auf 1.400 Bände. Schon allein diese Zahl macht deutlich wie es um deren "Niveau" bestellt ist. Eine weltliche Hochschule mit nur 1.400 Bänden als Bibliotheksbestand, könnte sich wohl "begraben" lassen. Aber die WTG glaubt allen Ernstes damit "wissenschaftlichen" Anforderungen Genüge getan zu haben.

Zum Vergleich dazu mal ein paar Angaben über die Bibliothek der Gemeinschaft der Siebenten-Tags-Adventisten (Theologische Hochschule Friedensau bei Magdeburg in Sachsen-Anhalt)

Derzeit bietet die Bibliothek ca. 85.000 Bände (darunter ca. 400 CD-ROMs und ca. 500 audiovisuelle Medien) und ca. 330 laufend gehaltene Zeitschriften sowie ca. 3.400 Online-Zeitschriften
Sammelschwerpunkte sind Theologie, Sozialwissenschaften und Musik. Sondersammelgebiet sind deutschsprachige Adventistika. Sondersammlungen der Musikalienbibliothek und der Bibliothek des Vereins für Freikirchenforschung, Münster

Mit mehr als 28.000 Aus- und Fernleihen im Jahr hat sich die Benutzung der Bibliothek in den letzten fünf Jahren mehr als verzehnfacht.

Für eine Ausbildung in Indoktrination mag ein solch magerer Bestand bei der Gilead-Bibliothek der Zeugen Jehovas ausreichen, von dem ein wesentlicher Prozentsatz auch noch mit den eigenen WTG-Schriften identisch ist. Das lässt sich auch gut am WTG-Lehrbuch "Kurs im theokratischen Dienstamt", auf das dieselbe WT-Ausgabe hinweist erkennen. Gezielt werden da "Verkäufertricks" beigebracht. Also zugegebenermaßen ein Praxisbezogenes Lehrbuch. Indes unter einer "wissenschaftlichen" Ausbildung pflegt man üblicherweise etwas mehr zu verstehen als wie nur Rhetorik und Verkäufertricks.

Geschrieben von Prometeus am 02. September 2005 14:09:46:

Als Antwort auf: Re: geschrieben von Drahbeck am 02. September 2005 05:13:15:

Wer allen Ernstes glaubt, dass die regelmässige "Erwachet"- Lektüre den Wissenstand eines Hochschulstudiums vermittelt, dem ist so eine Mini-Bibliothek mehr als ausreichend.

Aber mehr ist ja auch nicht nötig. Man hatte ja Zugang zur UNO-Bibliothek, weswegen man ja extra NGO wurde, oder war da noch was?

prometeus

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Geschrieben von Drahbeck am 03. September 2005 08:07:59:

Als Antwort auf: Gilead- Bibliothek geschrieben von Prometeus am 02. September 2005 14:09:46:

In der Rubrik "Sie fragen - Wir antworten" liest man in der "Trost"-Ausgabe vom 1. 9. 1945:
"Jehovas Zeugen bemühen sich sehr, alle gegenwärtigen und alle zukünftig zu erwartenden Ereignisse irgendwie als vorgeschattet zu bezeichnen, aber meiner Ansicht nach hinkt die Sache denn doch oft ein wenig. Durch Simson soll der Sturz des Reiches des Fürsten dieser Welt vorgeschattet worden sein … Ohne näher auf die Tätigkeit Simsons und die in ihm wohnende ungeheure Körperkraft einzugehen, möchte ich nur fragen, was dadurch vorgeschattet war, daß er selbst ums Leben kam, als er die zwei Säulen zusammenriß, wodurch so viele Philister zerschmettert wurden.

Antwort: Ein Sprichwort sagt: Jeder Vergleich hinkt. Man muß zufrieden sein, wenn ein Bild dem Dargestellten ähnlich ist; Gleichheit soll man nicht erwarten, denn das Abbild oder Vorbild erfüllt seinen Zweck bereits, wenn Ähnlichkeit vorliegt. Vergleiche dürfen also hinken.
Jehovas Zeugen bemühen sich eigentlich nicht, für gegenwärtige oder künftige Ereignisse biblische Vorbilder zu suchen, sondern wir suchen eher umgekehrt, aus den zur Belehrung gegebenen Vorbildern die zu erwartenden Gegenbilder zu erkennen. Die wahre Bedeutung biblischer Vorbilder kann in der Regel erst erkannt werden, wenn sie im Verlauf der Erfüllung sind.
Beim Vorbild, das mit Simson zusammenhängt, erkennt man leicht, daß er gottergebene Menschen darstellt, die trotz gewisser Fehlhandlungen bereit waren, gegen die Feinde Gottes zu kämpfen, und zwar mit Gottes besonderer Kraft. Wie Simson sein Leben nicht als teuer für sich selbst erachtete, sondern bereit war, es im Dienste für Jehovas Sache oder im Kampf gegen Jehovas Feinde dahinzugehen, so sind auch alle treuen Zeugen des Höchsten heute bereit, bis in den Tod ihre Treue zu bewahren. Durch ihren treuen Dienst werden auch heute im Gegenbild die Säulen der religiösen Einrichtungen bedroht, die Jehova widerstehen oder das Haus der Gegner des Reiches Gottes stützen."

In der gleichen "Trost"-Ausgabe beginnt ein auf drei Teile aufgesplitterter Bericht mit dem Untertitel: "Memorandum über den Auszug der Zeugen Jehovas aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen vom 21. 4. bis 3. 5. 1945".

Laut "Trost" sei Arthur Winkler dessen Verfasser. In der Nr. 108 geht die CV auch auf diesen Bericht, in kritischer Wertung, etwas näher ein. Die CV unterstellt, Ernst Seliger sei dessen Verfasser. Dem steht die "Trost"-Angabe gegenüber, die das dem Arthur Winkler zuschreibt. Die Verfasserfrage indes kann nicht das Kriterium sein. Eher als Bewertungsmaßstab ist zu sehen, dass auch dieser Bericht nur so von verklärter religiöser Euphorie strotzt. Es ist verständlich, jenes Schreckenslager doch noch überlebt zu haben - die Freude darüber war riesengroß. Es hätte auch anders ausgehen können, und nicht selten stand die Situation auf des Messers Schneide. "Kommissar Zufall", oder wie Jehovas Zeugen zu interpretieren belieben, Jehova, entschied letztendlich zu ihren Gunsten.

Vorab erst mal ein paar Auszüge aus dem CV-Bericht:

Wir lesen zu Beginn in den Memorandum: "Nach fast neun bis zehnjähriger Gefangenschaft des Volkes Gottes kam im Januar 1945 nun auch für die Geschwister im KL. Sachsenhausen der Zeitpunkt der Befreiung in greifbare Nähe. Da das Kriegsglück des "Nordkönigs" sich von nun an ganz offensichtlich zu seinem Unglück wendete und der "Südkönig" von beiden Seiten immer näher an die Tore Berlins kam."


Sie bezeugten damit sich und der Welt jene falsche WTG-Endzeitprophetie in Neudeutung von Daniel 11, der "Nordkönig" sei der Hitlerfaschismus, und der "Südkönig" die demokratischen Mächte des Westens und der Sowjetunion, als "endgültige Erfüllung". (Die Neue Welt, 1942). Ernst Seliger war nach seiner Taufe im Februar 1923 von 1925 bis 1933 Mitarbeiter des "Bibelhaus Magdeburg". Er hatte also schon einmal der Welt eine falsche WTG-Prophezeiung gepredigt, nämlich daß Kaiser Napoleon im Jahre 1799 nach dem unfehlbaren "Wort des Propheten" die endzeitliche "Erfüllung" des "Nordkönigs" ist. (Die Harfe Gottes, 1926). Wer sich jetzt daran erinnerte, verdrängte diese falsche Prophezeiung jedoch bedenkenlos. …

Wir lesen weiter: "Am Morgen des 21. 4. begann nun der Aufmarsch der einzelnen Kolonnen. Zuerst die Tschechen und Polen, dann folgten auch die anderen Nationen, zuletzt sollten die Deutschen kommen. Es wurden Kolonnen zu je 600 Mann gebildet, denen je ein Häftlings-Arzt und ein Häftlings-Pfleger zugeteilt wurden. Hierdurch wurden auch die im Revier beschäftigten Brüder aufgeteilt, um dann jeweils so einer Kolonne beigegeben zu werden. Sie versuchten aber mit Ausnahmen von zwei Brüdern, sich dieser Bindung zu entziehen, um an der Gemeinschaft der übrigen Geschwister teilzunehmen."

Das bedeutete, daß sie sich der weiteren gesundheitlichen Betreuung ihrer anderen Mithäftlinge entzogen. Auch Ernst Seliger, der ebenfalls im Revier (Häftlings-Krankenbaracke) tätig war. …

Im Memorandum heißt es: "Da sich nun inzwischen die (SS) Transportleitung unserer Vertrauenswürdigkeit wieder erinnerte . . ." (S. 11). Und es wird geschildert: "Als vorläufiges Reiseziel war Wittstock a. d. Dosse genannt worden etwa 85 km von Sachsenhausen. Kaum waren wir vor dem Tor, bekamen wir den dritten und vierten Wagen dazu. Und zwar war einer mit Gepäck für die Bewachung und einer separat mit Privat-Eigentum des Lagerführers. Gerade der letztgenannte Wagen enthielt anscheinend so wertvolles "Raubgut" der hohen Herren, daß sie sich genötigt sahen, zu dessen Schutz folgende Sonderregelung vorzusehen: 1.) wurde als Transportführer für unsere gesonderte Kolonne von ca. 230 Mann (wo alle anderen Kolonnen 600 betrugen!) ein besonderer Unterscharführer zugeteilt. Er war eine seltene Ausnahme "menschlichen" Charakters, der uns nicht schlecht gesonnen war.
2.) erhielt dieser für unseren Transport besondere Vollmachten. Dadurch konnte er besonders günstige Wege und Quartiere für uns suchen.
3.) war strengster Befehl ergangen, daß sich keine anderen Häftlinge bei uns einschlichen."

Natürlich wird dies in dem Memorandum alles so hingestellt, als ob Gott es gelenkt habe, um "seine Zeugen" zu bewahren. Wenn diese SS-Kalkulationen Gottes Werk waren, warum hat dann dieser Gott für sich vorher tausende Zeugen in den KZ umkommen lassen. So sind denn diese Darstellungen Betrug und Selbstbetrug. Gott wäre ein Gott schlimmster sinnloser Widersprüche, wäre dies sein Werk. Das Vertrauen, daß die KZ-Zeugen bei der SS besaßen, liegt auf einer Linie damit, daß ihnen (in Ravensbrück) u. a. die Fütterung und Pflege der Bluthunde der SS-Wachmannschaft anvertraut wurden. Und es liegt schließlich auf einer Linie mit dem Verhalten der Zeugen 30 Jahre später in Chile, wo sie 1973 als oftmals einzige Vertrauenswürdige des faschistischen Staatsstreich-Regimes in führende Positionen gesetzt wurden, aus denen man Kommunisten verhaftet hatte (WT 1. 1. 1977). Damals hatten sie das Raubgut der SS zu sichern, und sie taten dies nach besten Kräften. Für die einfachen Zeugen sagt die WTG immer und überall: Gott! Wie widersprüchlich das auch ist. In gutwilligem, vertrauensseligem Glauben, der schon an Naivität grenzt, merken sie oft lange nichts, bis die Widersprüche sie dann fast selbst zerreißen.

"Damals in Sachsenhausen", VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1970. Einer der Mitverfasser: Hans Seigewasser, ehemals politischer Häftling im KZ Sachsenhausen, … Staatssekretär für Kirchenfragen der DDR.
Auch hier wird über den Ausmarsch aus dem KZ Sachsenhausen berichtet. Unter dem Datum vom 24. April 1945:
"Mit einer halben Stunde Pause müssen wir heute 33 km marschieren. Eine ganze Hundertschaft ist ausgeschieden - tot, ermordet. Abends machen wir Rast in einem Gutshof. Unweit der Scheune liegt eine Kartoffelmiete. Die völlig ausgehungerten Kameraden fallen darüber her und essen rohe Kartoffeln. Kalt lächelnd, das ganze als einen Sport betrachtend, befiehlt Hauptsturmführer Litsch, "Schießen!" Vier französische Kameraden fallen, in den Händen noch krampfhaft die rohen Kartoffeln haltend. Das war der fünfte Tag des Marsches." (S. 143)

Im Memorandum wird wie folgt auf diese Vorgänge eingegangen. "Und überall säumten die toten Häftlinge beiderseits die Landstraße. Ferner begegnete man durch Fliegerangriffe zerstörte Fahrzeuge, abgestürzte Flugzeuge und verendete Pferde über deren Kadaver sich dann jedesmal die russischen und ukrainischen, Häftlinge - aus ihrem Treck herausspringend - in wilder Gier stürzten, um sich in aller Eile mit Messer und Händen Fleischfetzen daraus zu reißen, die sie dann gebraten oder roh verschlangen. Ihre Taschen, Hände und Gesicht waren vielfach mit Blut verschmiert. Ebenso benahmen sie sich, wenn irgendwo Kartoffelmieten am Wege waren. Sie wurden dann meistens mit Knüppeln und Schreckschüssen in ihren Treck wieder zurückgetrieben - ein widerlicher, tierischer Anblick! Auf mancher Kartoffelmiete lagen sogar tote Häftlinge, mit dem Gesicht auf der geöffneten Miete, in den verkrampften Händen noch Kartoffeln haltend."

Und was die Zeugen-Kolonne betrifft: "Gegen Spätnachmittag erreichten wir dann Rägelin, wo unser (SS) Transportführer uns wieder eine Scheune besorgt hatte." (S. 8)

Solch ein "widerliches, tierisches Benehmen in wilder Gier" hatten die Zeugen natürlich nicht nötig! Ihr SS-Transportführer hatte ihnen nicht nur ein gutes Dach über dem Kopf besorgt! Es ist empörend und abstoßend, wie die völlig ausgehungerten und verzweifelten russischen, ukrainischen und französischen Mithäftlinge als "blutbeschmierte, gierige wilde Tiere" verleumdet und diffamiert werden von solchen, die sich Christen nennen und sich dabei in der Gunst der SS-Mörder sonnten!

Die anderen aßen Gras und Baumrinde
Wir lesen im Memorandum: "Interessant und segensreich ist auch die Erinnerung, auf welche Art und Weise der oft auf dieser Reise für die irdischen Bedürfnisse seiner Kinder sorgte. Da hatten wir z. B. einen Brd., der sich gerade diese Sache angelegenlichst empfohlen sein ließ. Hier waren es paar Kartoffeln, dort etwas Mehl usw. Das brachte für diese Brüder natürlich manche Beschwerden mit sich, denn der Trupp marschierte weiter und sie mußten dann weil die Beschaffung sich immer etwas verzögerte - mit den Sachen hinter dem Trupp herlaufen, um ihn ordnungsgemäß einzuholen."

Was für "Beschwerden"! Die anderen wurden zusammengeknüppelt und zusammengeschossen, wenn sie ihren "Treck" verließen!
Aber lesen wir weiter: "Auf diese Weise entwickelten sich diese Brüder regelrecht zu Proviantierungs-Genies."

Eines dieser "Genies" kommt im Memorandum zu Wort:
"Auf einer anderen Stelle war eine Frau beim Melken. Als sie nun noch etwas zögerte, mir Lebensmittel zu überlassen, legte der SS-Posten, der mich dorthin begleitete, sogar ein gutes Wort für uns ein."
Das Memorandum fährt fort: "Da sich nun inzwischen die (SS) Transportleitung unserer Vertrauenswürdigkeit wieder erinnerte, mußten bald vorne in der Küche einige Brüder helfen. Dadurch fiel dann auch manches für unsere Küche ab, sodaß es im Laufe der Zeit ganz erträglich wurde."

"Wie so anders draußen im großen Lager! Dort zunehmender Hunger - sodaß sogar Gras, Kräuter, Baumrinden und -wurzeln gekocht und gegessen wurden. Hierdurch nahm natürlich die Unruhe und Unzufriedenheit wie auch die Zahl der Toten dauernd zu - täglich starben 100 bis 110! Besonders abends, wenn die Feuerstellen gelöscht werden mußten und unsere acht Wachen stündlich aufzogen, konnten sie dies beobachten. Jedesmal, wenn dann so ein "Indianergeheul" irgendwo angestimmt wurde, wußte man .... Wie so ganz anders war doch das Leben beim Volke Gottes! Hier war Friede, Freude und Dankbarkeit der sichtbare Ausdruck göttlichen Segens."

Es ist abermals widerlich, empörend und abstoßend zu lesen, wie die berechnete Gunst und das "gute Wort" der SS-Mörder als göttlicher Segen verherrlicht werden. Nicht eine Kartoffel, nicht ein Pfund Mehl, nicht einen Tropfen Milch haben sie von diesem "göttlichen Segen" denen zukommen lassen, die von Gras und Baumrinde vegetieren mußten und täglich zu Hunderten starben und dabei noch als "heulende Indianer" von den SS-gesegneten
Zeugen-Schreibern verhöhnt wurden. …"

Soweit die CV.

Es ist offensichtlich, dass die WTG wieder einmal euphorisch verklärt. Das man dies auch anders sehen kann, macht zum Beispiel auch jene Passage ("Trost" 1. 10. 45) deutlich in der man liest:
"Wie wir nun später erfuhren, war selbst dieser Abmarsch gerade zur rechten Zeit angesetzt, denn zwei Stunden später hatte sich die getürmte SS, plötzlich wieder im Walde versammelt, denselben in einer Kette umstellt und dann zusammengezogen und systematisch alles niedergeschossen, was sich noch im Walde aufgehalten hatte. Im ganzen wurden hierbei 360 bis 400 Häftlinge erschossen. … Was wäre nun geschehen, wenn wir nur zwei Stunden länger im Walde verblieben wären? Auch wir hätten uns unter den Toten befunden!"

Anmerken darf man vielleicht auch noch, dass jenes "Memorandum" (gleichfalls nur auszugsweise) auch in dem 1999 erschienenen Buch von A. L. Hillinger "Kraft, die über das Normale hinausgeht" zitiert wird (S. 55f.)
Auch die Hiller'sche Edition sei noch etwas näher vorgestellt. Auch sie macht deutlich, was die Zeugen Jehovas als "Schutz Jehovas" verklären, dürften andere eher dem Bereich "Kommissar Zufall" zuordnen. Zum Ende des Naziregimes, wo ein Himmler schon laut darüber nachdachte, die Zeugen Jehovas "künftig" zur Pazifizierung der slawischen Völker einzusetzen, herrschten für sie (immer relativ gesehen), durchaus andere Konditionen, als zu Beginn ihrer KZ-Zeit. Nicht wenige ordnen das so ein. Sie sind mittlerweile mit an die Spitze der Häftlingshierarchie vorgerückt.

In der Hiller'schen Edition liest man unter anderem:

... Schon im Januar des Jahres, als die Frage der Evakuierung akut zu werden begann, stand bei uns der Entschluß fest, daß, wenn wir je aus dem Lager gehen sollten, wir, soweit es an uns liegt, nur als eine geschlossene Einheit das Lager verlassen werden... ... Am 20. April gegen halb zwölf Uhr nachts traten - besonders im kleinen Lager - fast chaotische Zustände ein. Hier waren in mehreren Blocks weibliche und in zehn bis zwölf Blocks männliche Häftlinge untergebracht. Diese rotteten sich teilweise zusammen (mit den Frauen), brachen in die Uhrmacherwerkstätten und auch in andere Blocks ein, raubten und plünderten, was die SS vorher den Juden usw. abgenommen hatte. Hier also wurden die Räuber wieder beraubt. Leider wurden bei dieser Gelegenheit auch ca. 12.000 Rote-Kreuz-Pakete gestohlen, was natürlich auf Kosten der anderen Häftlinge geschah. Die dämonisierten Blockältesten versuchten nun zusammen mit dem aus ehemaligen Häftlingen zwangsweise zusammengestellten und bewaffneten ,Lagerschutz', dieser Lage Herr zu werden.

Es wurden verschiedene Häftlinge fast zu Tode geprügelt und einige auf der Stelle erschossen. Da die Brüder aus dem kleinen Lager hierdurch nun in eine bedrängte Lage gerieten, flüchteten sie sich in die Schneiderwerkstätten, wo sie bis zum anderen Morgen verblieben... ... Am Morgen des 21. April begann nun der Aufmarsch der einzelnen Kolonnen. Zunächst die Tschechen und Polen, dann folgten die anderen Nationen und zuletzt sollten die Deutschen kommen. Es wurden Kolonnen zu je 600 Mann gebildet, denen je ein Häftlingsarzt und ein Häftlingspfleger zugeteilt wurden. Hierdurch wurden auch die im Revier beschäftigten Brüder aufgeteilt, um dann jeweils so einer Kolonne beigegeben zu werden. Sie versuchten aber - mit Ausnahme von zwei Brüdern - sich dieser Bindung zu entziehen, um an der Gemeinschaft der übrigen Geschwister teilzunehmen...

... Nun war Gottes Volk beisammen und wartete auf weitere Weisungen vom Herrn. Inzwischen wurden schnell noch alle kranken Brüder aus dem Revier geholt und ebenfalls nach der Schneiderei geschafft. Gemäß der Anweisung der Schrift, daß .nicht eine Klaue' zurückbleiben durfte, hatten wir sämtliche illegale Literatur mitgenommen, die uns im Laufe der Jahre geistig aufrechterhalten hatte. Der eine hatte diesen, der andere jenen ,Wachtturm'; andere wieder hatten eine Bibel und so begannen wir unsere gemeinsamen Betrachtungen - die erste kleine Hauptversammlung - wie wir sie in dem Umfange wohl lange nicht mehr gehabt hatten. Während dieser Versammlung wurde unsere friedliche Stille einmal durch Schüsse unterbrochen. Es wurden - nur einige Meter von uns entfernt - acht Häftlinge wegen Plünderung erschossen. Im übrigen verlief die Versammlung ruhig und war sehr stärkend und segensreich - es war schon ein kleiner Vorgeschmack von der bevorstehenden Freiheit...

Zum letzten Mal marschierten wir nun durch das Tor, durch welches viele von uns vor fünf bis neun Jahren mit der möglichen Erwartung hineinmarschiert waren, es wohl kaum wieder lebend zu verlassen... Welche Gefühle unsere Herzen bei diesen Gedanken bewegten, vermag man nicht völlig auszudrücken. Jetzt wanderte Gottes Volk inmitten der endlosen Flüchtlingskolonnen als eine geschlossene Einheit und auch als ein .eigentümliches Volk', zu einem Schauspiel für Engel und Menschen. Als vorläufiges Reiseziel war Wittstock an der Dosse genannt worden - etwa 85 Kilometer von Sachsenhausen entfernt ..

Erwähnenswert ist noch, daß sich unser irdisches Hab und Gut von Stunde zu Stunde mehrte. So hatten wir z. B. im Lager zunächst nur einen Wagen für die kranken Geschwister und etwas Gepäck. Dazu brachten die Schwestern dann noch einen kleinen zweirädrigen Wagen für ihr eigenes Gepäck mit, sogar mit Gummibereifung - ganz vornehm! Kaum waren wir vor dem Tor, bekamen wir den dritten und vierten Wagen dazu. Und zwar einen mit Gepäck für die Bewachung und einen separat mit Privateigentum des Lagerführers. Die beiden letzteren waren zwar eine erhebliche Mehrbelastung für die Brüder, weil alles geschoben werden mußte. Wie wir aber bald erfahren durften, wurde dieser Umstand vom Herrn zugunsten seines Volkes ausgenutzt. Inwiefern? Gerade der letztgenannte Wagen enthielt so wertvolles Raubgut der hohen Herren, daß sie sich genötigt sahen, zu dessen Schutz Sonderregelungen vorzusehen ...

... Der Umstand der Absonderung kam dann aber auch uns zugute. Unsere Isolierung hätte in der Vergangenheit bestimmt keine Schwierigkeiten gemacht, weil es in der Nähe der Bibelforscher immer sehr ,heiß' war, d. h. wegen der schikanösen Behandlung, die unseren Aufenthalt immer begleitete, mied jeder gerne unsere Nähe. Jetzt aber war plötzlich ein solcher Wandel eingetreten, daß auch andere sahen, daß Gott mit uns war, so daß wir viel Mühe hatten zu verhindern, daß sich fremde Elemente aus berechnenden Gründen in unseren Treck einzuschleichen versuchten...

...Das Wunderbarste an allem war: Von unserem Trupp - rund 230 Geschwister - fehlte nicht einer! Auch von den Schwächsten und Kranken blieb nicht einer am Wege liegen, obwohl wir mehrere Brüder von 65 bis 72 Jahren bei uns hatten, die aber tapfer durchhielten. Man sah immer wieder, wie der theokratische Gemeinschaftsgeist und die Bewahrung durch die Engel des Herrn uns sichtbar leiteten. ...

Am 25. April wurden wir wieder um sieben Uhr früh geweckt. Eine Suppe, mit Liebe bereitet, stärkte uns für den vor uns liegenden Weg... Wir waren etwa 20 Kilometer marschiert. Wir beschlossen dann, einige Kilometer hinter Wittstock in einem Walde vor Behlow zu übernachten Es war hier das erste Mal, daß wir im Freien übernachteten. Die Nacht war sehr kalt. Nach Verlöschen der Feuerstellen rückten wir eng aneinander und brachen am anderen Morgen, der Kälte wegen, schon sehr frühzeitig auf. Trotzdem war die Stimmung an diesem Morgen des 26. April recht gut.
Es war noch Essen genug vorhanden, und nach Betrachtung des Tagestextes wurden noch einige Lieder gesungen und schon zogen wir wieder fröhlich weiter... Im großen Wald, Behlow genannt, blieben wir bis zum 29. April

... Der Anblick, der sich uns hier bot, ist kaum zu beschreiben! 24.000 bis 25.000 Sachsenhausener Häftlinge und noch einige tausend vom Heinkel-Lager waren hier in einem großen Buchenwald auf engstem Raum zusammengepfercht und von einer starken Postenkette umgeben. Auf Grund unserer Erfahrung der letzten Nacht machten wir uns gleich daran, etwas abseits am Nordrand ein Plätzchen abzugrenzen und richteten dann unsere Zelte und Hütten auf...
... Der größte Übelstand war der Mangel an Wasser... Die Brüder entschlossen sich sofort, einen eigenen Brunnen zu graben, was auch mit vieler Mühe und sehr primitiven Mitteln (ohne Spaten - mittels Eßschüsseln) gelang. Aus fünf bis sechs Metern Tiefe sickerten drei bis fünf Liter einigermaßen sauberes Grundwasser empor... Zum ersten Mal erhielten wir hier dann etwas Lebensmittel vom Lager zugestellt - man staune! Für 230 Personen zwei kleine Dosen Cornedbeef und zwei Eßschalen voll Mehl, was dann in der gemeinsamen Küche verwendet wurde. Der Grundsatz, möglichst alles gemeinsam für alle zu verwenden, hat sich als sehr segensreich erwiesen, ... ein Umstand, der uns wesentlich vom großen Lager unterschied, wo meistens jeder in seiner Selbstsucht nur auf sich bedacht war...

... Die gemeinsamen Gruppenstudien belebten die Herzen der Brüder, so daß der Geist ein sehr guter war. Wie so ganz anders draußen im großen Lager! Dort zunehmender Hunger, so daß sogar Gras, Krauter, Baumrinden und Wurzeln gekocht und gegessen wurden. Hierdurch nahm natürlich die Unruhe und Unzufriedenheit, wie auch die Zahl der Toten, dauernd zu - täglich starben ungefähr 100 bis 110! Diebstähle, Raub und Schlägereien waren an der Tagesordnung.. .Wie so ganz anders war doch das Leben beim Volke Gottes. Hier Friede, Freude und Dankbarkeit als sichtbarer Ausdruck göttlichen Segens. Jeder Tag wurde mit gemeinsamen Gebet und
Lied beschlossen...

... Am 29. April um neun Uhr früh begann nun der Abmarsch. Im Vorbeigehen bekamen wir dann gleich am Ausgang des Waldes noch für je zehn Mann ein Rot-Kreuz-Paket, worüber wir uns sehr freuten... Nach einem Marsch von etwa einer Stunde begegnete uns ein höherer SS- Offizier, der mit einiger Bestürzung die Anwesenheit der Schwestern in unserem Treck feststellte und ganz entsetzt ausrief: Ja, was ist denn das? Da sind ja Frauen mit in dem Treck. Was tun denn die darin? Mal sofort mit denen da raus!' Nach kurzem Zögern trat dann ein Bruder hervor und sagte, daß die Frauen unsere Glaubensschwestern und mit Wissen und Erlaubnis der Lagerleitung bei uns seien, weil bei uns keinerlei Ungehörigkeiten diesbezüglich zu erwarten seien. Darauf sagte er: ,Dann ist es etwas anderes, dann mögen sie drin bleiben.' Als er uns später öfters mal begegnete, begrüßte er uns stets fast mit einem freundlichen Lächeln...

Als wir nun am 2. Mai morgens aufbrachen, kamen wir bald in einem Wald vor Schwerin an. Inzwischen waren die Amerikaner auf der anderen Seite der Stadt sehr nahe herangerückt. Gleichfalls sollte auch der Russe aus der entgegengesetzten Richtung uns hart auf den Fersen sein. Man merkte
dieses auch an den vermehrten Fliegerangriffen, besonders den Tieffliegern. Ebenfalls kam der Kanonendonner auf beiden Seiten immer näher. Sogegen Abend des Tages waren die Amerikaner bis auf sechs bis sieben Kilometer vor Schwerin herangekommen. Jetzt entstand begreiflicherweise eine gewisse Unruhe in den Kolonnen. Ausgenommen bei Jehovas Zeugen.
Am aufgeregtesten war die Wachmannschaft... ... Plötzlich fingen unsere .Helden' an zu schlottern. Die meisten redeten uns plötzlich mit Kameraden an...
... Die nun von den ehemaligen Häftlingen zwangsweise zum .Lagerschutz' Ernannten, schmissen ihre Waffen in den Wald, erschienen zum Teil in Zivil und verabschiedeten sich von ihren früheren Kameraden. Andere wieder verschwanden in aller Stille.... Da trat nun - nach fast neun bis
zehn Jahren - zum ersten Mal der Moment ein, wo wir ohne Bewachung frei durchs Feld gingen, um Wasser oder Stroh zu holen. Man verschwand zwar noch etwas zögernd, weil man an die Wirklichkeit noch gar nicht so recht glauben konnte; aber in der Tat, soweit überhaupt noch SS da war, kümmerte sich keiner um uns...

Wir kamen jetzt in ein provisorisches Auffanglager in Zippendorf, einen Vorort von Schwerin. Rechts am Eingang des ,Camps', wie es die Amerikaner bezeichneten, wurden wir eingeteilt, und geradeaus auf einer großen Wiese war das Militärauffanglager. Wir richteten uns nach bewährtem Muster wieder ein, bauten unsere Zelte und Unterkünfte, ebenfalls Kochstellen und Gruben. Schon nach kurzer Zeit war es wieder ganz wohnlich bei uns, so daß wir etwas zur Ruhe kamen. Nun gedachten wir der Größe des Augenblicks. Das Joch unserer Peiniger, das uns jahrelang gedrückt hatte, war zerbrochen. Wir waren frei! Zwar war diese Befreiung ja noch keine vollendete ... Wenn wir jetzt auch leider noch einige Tage im Freien verbleiben mußten, so war doch gerade dieser Umstand ein Anlaß dafür, Gottes Hand zu spüren und seine Führung zu sehen, wie es wohl sonst kaum so deutlich der Fall gewesen wäre.

Hier sahen wir nun ständig die traurigen, sich auflösenden Reste des ruhmreichen Römischen Reiches Deutscher Nation' (Drittes Reich) an uns vorüberziehen, entwaffnet, in eine Ungewisse Gefangenschaft. Wir sahen hohe deutsche Offiziere aller Waffengattungen in voller Montur, aber ohne Waffen, Arbeitsdienstler, Hitlerjugend und auch unser ,Glanzstück' deutscher Kultur: Angehörige der Waffen-SS und der Totenkopf-Verbände. Wie manches bekannte Gesicht verabscheuungswürdiger Größe, SS-Führer und Blockführer aus Sachsenhausen. ... Einige erlebten schon den anderen Morgen nicht mehr! ...

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Zensur:

Auch in der Schweiz wurde in den Jahren des zweiten Weltkrieges hart agiert. Zensur dort auch auf der Tagesordnung. In der Folge dessen, musste die WTG die offizielle Herausgabe ihres "Wachtturms" einstellen, weil sie nicht bereit war, selbigen auch der Vorzensur unterwerfen zu lassen. Anders mit ihrer zweiten Zeitschrift "Trost". Für die akzeptierte sie die Zensur um sie weiter herausgeben zu können. Nicht selten begegnet man daher auch im "Trost" jener Jahre den berühmt-berüchtigten weißen Flecken.

Warum eigentlich ging die WTG d i e s e n Kompromiss ein? So muss man das doch nennen. Warum sagte sie nicht auch in Sachen "Trost": Alles oder nichts?! Um nicht mißverstanden zu werden. Ich plädiere durchaus nicht für die Variante: Nichts. Das akzeptieren der Zensur war unter den obwaltenden Umständen noch das kleinere Übel. Nur eines war es nicht, dessen sich die WTG doch so gerne rühmt. Es war nicht konsequent. Man beugte sich staatlichem Druck, um so schlimmeres zu verhüten. Warum eigentlich nur im Falle der Schweiz?! Gab es nicht andernorts auch weit schlimmeres, dass man durch eine etwas geschmeidigere Taktik hätte abmildern können?! Dieser Frage gehen allerdings die Schönredner der WTG bis heute bemerkenswerterweise aus dem Wege.

Nun war der zweite Weltkrieg zu Ende. Zeit also, auch in der Schweiz, die eigenen Wunden zu belecken. Und das waren in der Schweiz eben die Zensureingriffe.
Ein Beispiel dafür liefert die "Trost"-Ausgabe vom 1. 9. 1945 in der solche Zensureingriffe einmal näher vorgestellt wurden. Man liest dort:

Darf n i c h t veröffentlicht werden.
Pressechef Ter. Kreis 3.
Weil wir im Jahre 1940 über den Nationalsozialismus die Wahrheit veröffentlichten, wurden unsere sämtlichen Veröffentlichungen auf Antrag des Pressechefs Hauptmann Lütho von der Abteilung Presse und Funkspruch für unbestimmte Zeit unter Vorzensur gestellt. Wir geben hier unseren Lesern einige Müsterchen zum Besten, die zeigen, wie Zensurköpfe denken und was nach ihrer Ansicht dem Schweizervolk nicht gesagt werden durfte. Was nachstehend … gedruckt ist, wurde von den Zensur-Beamten gestrichen.
Zum Hitler-Ausspruch, anläßlich des Überfalls auf Belgien, Holland und Luxemburg: "Der heute beginnende Kampf entscheidet das Schicksal der deutschen Nation für die nächsten tausend Jahre", durfte folgender Absatz nicht gedruckt werden:

Das Schicksal der deutschen Nation für die nächsten tausend Jahre? Für die Gesetzlosen ist das Schicksal die Vernichtung. Für einen Teil der Nation mag das Bibelwort zutreffen: "Die übrigen der Toten wurden nicht lebendig, bis die tausend Jahre [der anbrechenden Herrschaft Jesu Christi] vollendet waren." — Offenbarung 20:5.

Zum Kellogg-Friedenspakt war die Bemerkung nicht erlaubt:
Durch den Kellogg-Friedenspakt wurde vor etwa zehn Jahren der Krieg geächtet und als Verbrechen erklärt. Neun Nationen gaben hierzu als erste ihre Unterschrift und schworen dem Kriege damit für immer ab, nämlich: England, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Belgien, Polen, die Tschechoslowakei und die Vereinigten Staaten. Es ist interessant, sich diese Liste noch einmal anzusehen.

Was denkt wohl beute der Zensor, der die nachstehende Äußerung des Bundesanwaltes Biddle (USA.) gestrichen hat?
"Das Nazi-Übel ist nicht auf die Weise zu überwinden, daß wir seinen Methoden nacheifern", erklärte Herr Biddle in seiner Rede, die über ein Sendernetz des National-Broadcasting-Systems Verbreitung fand.

Aus einem Hauptversammlungs-Bericht der Zeugen Jehovas aus London. Sollte mit diesen Streichungen wohl der Nazi-Luftterror geschützt oder zum mindesten totgeschwiegen werden?
Keine Nacht ohne schwerste Bombenverwüstungen; jede Nacht weitere Verkehrslinien unterbrochen, zerstörte Linien nur notdürftig wieder eingerichtet; viele der großen Kongreß-Säle völlig zerstört, die ändern meist für militärische Zwecke oder zugunsten der hilfsbedürftigen Zivilbevölkerung in Anspruch genommen, einzelne Stadtteile völlig evakuiert, in andern Teilen die Evakuierung im Gange . .. Am Vorabend des Kongresses ließen die Dämonen einen besonders teuflischen Angriff auf London vor sich gehen. Nach achtstündigem pausenlosem Angriff ertönte morgens 5 Uhr das Signal ,End-Alarm'; aber als die Geschwister morgens 8 Uhr beim Frühstück saßen, war schon wieder ein Tagesangriff im Gange.
Alle, die aufrichtig Freiheit und Gerechtigkeit lieben, bewundern den Mut und die Seelenstärke des britischen Volkes, das gegen… (die Nazis) kämpft, gegen Elemente, die die Erde völlig friedlos machen. Die Briten, durch die… (Nazis) vom europäischen Kontinent unausgesetzt beunruhigt und angegriffen, erweisen sich trotzdem weit rücksichtsvoller und freundlicher gegenüber den Zeugen Jehovas, als irgendeine andere Nation auf der Erde.

Man fragt sich: Warum hat wohl der Zensor diesen letzten Abschnitt gestrichen? Vielleicht weil wir damals im Jahre 1940, die Engländer und nicht die Deutschen anerkennend erwähnten? Oder gar wegen des schlechten Gewissens Jehovas Zeugen gegenüber?

Geschrieben von Raimund am 03. September 2005 10:07:26:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 9. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. September 2005 08:07:59:

Natürlich wird dies in dem Memorandum alles so hingestellt, als ob Gott es gelenkt habe, um "seine Zeugen" zu bewahren. Wenn diese SS-Kalkulationen Gottes Werk waren, warum hat dann dieser Gott für sich vorher tausende Zeugen in den KZ umkommen lassen. So sind denn diese Darstellungen Betrug und Selbstbetrug. Gott wäre ein Gott schlimmster sinnloser Widersprüche, wäre dies sein Werk.

Sie waren mal ZJ? Kaum zu glauben, wenn Sie so einen Schwachsinn unkommentiert abliefern (Sie kommentieren doch sonst so gerne). Haben Sie denn damals nicht mal das Buch Hiob gelesen? Offenbar nicht, denn dann würden Sie hier nicht so einen Käse über die Theologie der ZJ verbreiten.

Es ist abermals widerlich, empörend und abstoßend zu lesen, wie die berechnete Gunst und das "gute Wort" der SS-Mörder als göttlicher Segen verherrlicht werden. Nicht eine Kartoffel, nicht ein Pfund Mehl, nicht einen Tropfen Milch haben sie von diesem "göttlichen Segen" denen zukommen lassen, die von Gras und Baumrinde vegetieren mußten und täglich zu Hunderten starben und dabei noch als "heulende Indianer" von den SS-gesegneten
Zeugen-Schreibern verhöhnt wurden. …"

Mit derartigen üblen demagogischen Einlagen wird endgültig klar, woher der Wind weht: die ausschließlich gegen die ZJ gerichtete Stasi-Postille "CV" schreckt nicht einmal vor verleumderischen Entgleisungen zurück, um ihr Ziel, welches sie letzlich verfehlt hatte, zu erreichen.

Da fehlte eigentlich nicht mehr viel bis zur Endstufe: "ZJ sind Nazis". Aber so weit war schon die katholische Kirche gegangen.

Geschrieben von Drahbeck am 03. September 2005 10:54:46:

Als Antwort auf: Mit Dreck werfen geschrieben von Raimund am 03. September 2005 10:07:26:

Um das nochmal klarzustellen:
Mein persönlicher Kommentar in der Sache besteht in der Aussage (von Ihnen geflissentlich übergangen):

Es ist offensichtlich, dass die WTG wieder einmal euphorisch verklärt. Das man dies auch anders sehen kann, macht zum Beispiel auch jene Passage ("Trost" 1. 10. 45) deutlich in der man liest:
"Wie wir nun später erfuhren, war selbst dieser Abmarsch gerade zur rechten Zeit angesetzt, denn zwei Stunden später hatte sich die getürmte SS, plötzlich wieder im Walde versammelt, denselben in einer Kette umstellt und dann zusammengezogen und systematisch alles niedergeschossen, was sich noch im Walde aufgehalten hatte. Im ganzen wurden hierbei 360 bis 400 Häftlinge erschossen. … Was wäre nun geschehen, wenn wir nur zwei Stunden länger im Walde verblieben wären? Auch wir hätten uns unter den Toten befunden!"

Und:
"Auch die Hiller'sche Edition sei noch etwas näher vorgestellt. Auch sie macht deutlich, was die Zeugen Jehovas als "Schutz Jehovas" verklären, dürften andere eher dem Bereich "Kommissar Zufall" zuzuordnen. Zum Ende des Naziregimes, wo ein Himmler schon laut darüber nachdachte, die Zeugen Jehovas "künftig" zur Pazifizierung der slawischen Völker einzusetzen, herrschten für sie (immer relativ gesehen), durchaus andere Konditionen, als zu Beginn ihrer KZ-Zeit. Nicht wenige ordnen das so ein. Sie sind mittlerweile mit an die Spitze der Häftlingshierarchie vorgerückt."

Wie Sie die CV-Kommentare bewerten sagten Sie ja schon mehrmals. Insofern bringen Sie nichts "neues". Ausgangspunkt war "Trost" vom 1. 9. 45 mit dem dort beginnenden dreiteiligen "Memorandum"-Bericht.
Da die CV darauf auch einging, ist es nur legitim, dass nicht zu verschweigen. Im Übrigen bringt die CV das Memorandum nur sehr unvollständig und - das konzediere ich Ihnen - parteiisch ausgewählt. Aus eben dem Grunde wurde zusätzlich, auch noch der diesbezügliche Bericht aus dem Buch von Alfred Ludwig Hillinger zitiert (einem Zeugen Jehovas, was noch hinzuzufügen wäre), der auf den fraglichen Sachverhalt gleichfalls einging, und erheblich ausführlicher als die CV zitierte. Der Bericht von Hillinger ist weitgehend ungekürzt wiedergegeben. Angegebene Kürzungen ... kenntlich gemacht, stammen somit schon vom Autor Hillinger.

Es ist also jedem möglich, sich ein eigenes Urteil zu bilden.
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Geschrieben von Drahbeck am 16. September 2005 08:34:06:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 9. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. September 2005 08:07:59:

Eine scharfmacherische These bezüglich des Rauchens lässt sich in der "Trost"-Ausgabe vom 15. 9. 1945 nachweisen. Bezüglich Details dazu. Siehe:
19352Rauchen

"Trost" setzt in seiner Ausgabe vom 15. 9. 1945 die Dokumentierung jener Passagen fort, die in der Schweiz vom Zensor gestrichen wurden und daher nicht in "Trost" veröffentlicht werden durften, dass dafür an den entsprechenden Stellen vielfach mit weißen, unbedruckten Passagen "glänzte". Die dabei vorgestellten Passagen muss man aus heutiger Sicht als "banal" einschätzen. Es ist schwer erkenntlich, inwieweit dadurch schweizerische "Sicherheitsinteressen" tangiert worden sein könnten. Aber eines ist auch offenkundig. Die antikatholischen Spitzen in der Zeugen Jehovas-Publizistik wurden vom Zensor offenbar vielfach mit "Sicherheitsrelevant" verwechselt. Offenbar galt für den Schweizer Zensor ein ähnlicher Grundsatz, wie ihn der deutsche Kaiser im ersten Weltkrieg einmal sinngemäß verkündete; als er sagte: Ich kenne keine Parteien mehr. Ich kenne nur noch Deutsche. Das war offenbar auf Schweizer Verhältnisse übertragen, wohl auch das Credo der dortigen Zensur.

Eine von "Trost" dokumentierte Passage soll indes noch etwas näher vorgestellt werden. "Trost" schreibt:

Noch weiter, auch der berüchtigte Metzler in St. Gallen, der sich mit Frontisten traf, mit dem Spion Tödtli zusammenarbeitete, dessen Fäden nach Deutschland liefen und gleichzeitig ein Vertreter der Katholischen Aktion ist, wurde von der Zensur großzügig geschützt. Dieser Metzler schrieb am 1. August 1940:
"Der Kampf geht weiter bis zum Endziel: Verbot und Aufhebung der europäischen Zentrale der Zeugen Jehovas in Bern."
In unserer Antwort auf diese Herausforderung wurde vom Zensor der nachstehende Absatz gestrichen:

"Die Katholische Aktion möge wissen, daß, indem sie zu einem solchen Akt Hand bietet, sie dasselbe tut, was jene Schriftgelehrten und Pharisäer vor 1900 Jahren an Jesus von Nazareth, am Sohne Gottes taten: "Ihr wisset nichts und überleget euch nicht, daß es euch nützlich ist, daß ein Mensch für das Volk sterbe und nicht die ganze Nation umkomme." Auf die heutige Zeit bezogen: Besser, daß man mit den Zeugen Jehovas, die fortgesetzt ihre sogenannte Verkündigung unserer Ruhe stören aufräume, als daß schließlich das ganze Volk mit in diese Botschaft einstimme und unser Einfluß auf die Religion verlorengehe."

Was ist dazu zu sagen? Gab es eine katholisch-faschistische Liaison im Kampf gegen die Zeugen Jehovas in der Schweiz?
Antwort: Ja. Auf die Details dazu gehe ich auch in der "Geschichte der Zeugen Jehovas. Mit Schwerpunkt der deutschen Geschichte" ein. Etwa dort S. 419f.

Zweite Frage. Hat die Catholica bis heute in ernst zu nehmender Weise dieses dunkle Blatt ihrer Geschichte je aufgearbeitet?
Die Antwort darauf fällt auch eindeutig aus, und lautet: Nein. Die "Aufarbeitung" der Catholica besteht im Schweigen. Sie ist da nicht besser, aber auch nicht schlechter, als die Zeugen Jehovas bezüglich ihrer dunklen Geschichtspunkte.

War nun die Auseinandersetzung mit dem genannten Metzler auch in der Form notwendig, wie sie der Zensor strich. Da wird man schon schwankender, und wagt das nicht so eindeutig zu beantworten, wie die vorgenannten Fragen. Immerhin hat der Zensor es der WTG durchaus erlaubt, mit dem Metzler "abzurechnen".

Es ist keineswegs so, dass alles dabei der Zensur verfiel.

Der Zensor hat lediglich, wie vorstehend gelesen, solche Passagen gestrichen, die das ganze noch ins metaphysische zu verbrämen versuchten. Die aber waren nicht zwingend notwendig. Hätte sich die WTG auf die aktenkundigen Kernaussagen beschränkt, hätte sie auch diesbezüglich keine Zensurprobleme gehabt. Zu einem Konflikt gehören immer zwei. Es ist nicht erkennbar, dass die WTG bei ihrem Konflikt mit dem Schweizer Zensor, wirklich nur die "verfolgte Unschuld" war.

Da die katholische-faschistische Liaison im Kampf gegen die Zeugen Jehovas eben genannt wurde, bietet es sich an, noch einen weiteren Aspekt anzusprechen, der sich auch in dieser "Trost"-Ausgabe vorfindet. Man liest dort:

"Zu den in katholischen Schriften … immer wiederkehrenden Verleumdungen gehört besonders die Lüge, daß Jehovas Zeugen Landesfeinde seien, daß sie … von jüdischen Freimaurern ungeheure Geldbeträge beziehen, um die "Säulen des Staates zu untergraben" im Auftrag dieser Ausländer, daß sie dazu die Bibel mißbrauchen … das Christentum mit Haß bekämpfen. Daß beispielsweise jener von katholischen Schreibern oft zitierte Freimaurerbrief eine plumpe Fälschung war, hat nach alten Gerichtsakten sogar O. Walter, Direktor des gleichnamigen Verlages und des katholischen Zeitungsunternehmens "Der Morgen" (der gewöhnlich als Quelle des "Freimaurerbriefes" genannt wird, neben einer Schrift aus dem Verlag Keller-Zoller … zugegeben.

Später freilich versuchten jene katholischen Kreise, die den Originalbrief als "unauffindbar verlegt" aus dem Wege räumten … Den Sachverhalt zu verdrehen, indem sie zuletzt schrieben, das kostbare Original sei anläßlich einer Vergleichsverhandlung den Ernsten Bibelforschern ausgehändigt worden. So zu lesen bei dem unsern Lesern wohlbekannten Fuchs Dr. H. Jonak: "Die Zeugen Jehovas", Seite 48

[redaktionelle Einfügung: an dieser Stelle zur eigenen Urteilsbildung ein Faksimile der genannten Seite 48 der Jonak-Schrift. Es sei aber ausdrücklich hinzugefügt. Nicht "Trost" hat dieses Faksimile zur Verfügung gestellt].
Jonak48.jpg (86304 Byte)

Jonak bestreitet nachträglich, daß O. Walter, als er an den Verlag Keller von jenem … Freimaurerbrief schrieb, den nun verlorenen Originalbrief gemeint habe, und daß Walter den Brief verloren oder unterschlagen habe. Dagegen betont er, nachdem er Gewißheit hat, daß der Originalbrief nicht mehr existiert, daß es "ein in der Rechtswissenschaft anerkannter Grundsatz ist, daß die Unechtheit einer Urkunde von ihrem Angreifer, und nicht die Echtheit von ihrem Verteidiger zu beweisen ist". - S. 48, wie oben.
Es wird wenige Leser geben, die … glauben, daß die Katholiken das ihnen so wertvolle Dokument ohne Quittung den Zeugen Jehovas aushändigten. … Da sie den in ihren Kreisen künstlich gezüchteten Glauben an jenen Freimaurerbrief für ihre katholische Kampfesweise gut brauchen können, haben sie uns durch ihre Wegschaffung des Briefes die Möglichkeit genommen, nach dem oben von Jonak zitierten Rechtsgrundsatz die Unechtheit zu beweisen. Wie sollen sich da Jehovas Zeugen vor solcher "Kriegslist" verteidigen? Wie kann man die Unechtheit des Freimaurerbriefes amtlich beweisen lassen, wenn ihn der katholische Besitzer aus Furcht vernichtet hat?"

Auch hier ist eine Überinterpretation der WTG zu registrieren. Entgegen der WTG-Behauptung hatte der Verlagsleiter Walter lediglich eingeräumt, den fraglichen Brief unauffindbar verlegt zu haben. Von seiner inhaltlichen Substanz hat er sich keinesfalls distanziert. Die Wahrheitsfrage blieb also weiter unentschieden.
Die WTG fragt scheinheilig. Wie sollen wir uns denn da verteidigen? Nun die Antwort darauf hat ihnen schon im Detail Jonak in seinem Buch gegeben. Das aber zitiert die WTG so nicht.

Jonak hat herausgearbeitet. Die WTG hat Kolporteure der misslichen These versucht zu belangen. So auch den Verleger Walter, der ohne Absprache mit seinem Autor (Bomsdorff-Bergen) dann eingeknickt ist (siehe die These vom Unauffindbar sein). Bomsdorff-Bergen hingegen hat nicht nur in einer zum Verlag des Walter gehörenden Tageszeitung die These verbreitet. Er hat sie zusätzlich noch in einer Broschüre publiziert.

Es wäre dringend nötig gewesen, ihn wenn schon nicht als Angeklagten, so doch zumindest als relevanten Zeugen vor Gericht zu ziehen. Genau das hat die WTG aber nicht getan. Sie hat sich damit begnügt, einen außergerichtlichen Vergleich mit dem Verleger Walter erzielt zu haben.

Sie wusste weiter. Trotz dieses Vergleiches gab es weiterhin keine Ruhe bezüglich der fraglichen These. Wenn sie das beklagt, muss sie sich gleichzeitig vorhalten lassen, nicht entschieden genug diese Auseinandersetzung weiter forciert zu haben. Ihr weinerliches Gejammere "was sollten wir denn tun", spricht eher gegen sie!

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Geschrieben von Drahbeck am 02. Oktober 2005 07:55:15:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 9. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 16. September 2005 08:34:06:

"Zum Schlußwerk organisiert", titelt der "Wachtturm" seinen Hauptstudienartikel in der Ausgabe vom Oktober 1945.
Man meint zu wissen:
"Jehova Gott bringt den großen Höhepunkt seines 'befremdenden Werkes', das der Schlacht von Harmagedon vorausgeht, immer näher".
Und:
"Harmagedon, zu welcher Schlacht alle Nationen nun versammelt werden, wird binnen kurzem Gottes befremdensten Akt kennzeichnen".
Nochmals wiederholt das Zitat: "binnem kurzen".
Und weiter:
"Sie (die Verkünder dieser Botschaft) haben mit Religion nichts zu tun und weigern sich, die Angelegenheiten dieser Welt und ihre populären Pläne hinsichtlich Weltwiederherstellung, Friede und Sicherheit irgendwie zu unterstützen."

Verblendeter geht es kaum, mag man dazu nur sagen. Man vergegenwärtige sich nochmals: Der zweite Weltkrieg mit seinen Trümmerlandschaften, überall gegenwärtig. Und da predigt diese vermeintliche "Gottesorganisation" den Boykott, keine Unterstützung den weltlichen Plänen. Leider unterließ es aber der vermeintliche Gott dieser Organisation sein als Köder hingehaltene Hoffnungen Realität werden zu lassen. Statt dessen trat nur wieder zum xten mal nur eines ein. Anstatt des wundersamen "göttlichen Eingreifens" versucht erneut eine relativ neu "am Markt" befindliche Sekte sich organisatorisch zu etablieren. Auf Kosten aller anderen. Gleich einem unersättlichen Moloch beansprucht sie alle Kräfte der ihr Hörigen; sodass schon aus dieser Sicht keine Chance besteht, anderes, außerhalb ihrer Organisation zu unterstützen.

Diese Tendenz besteht zwar noch heute. Damals, unmittelbar nach Ende des zweiten Weltkrieges hatten solch kontraproduktive Thesen eine weit größere Ausstrahlungskraft - negativer Art.

Es wäre wohl besser, die WTG hätte ihre Organisation beispielsweise in "Zeugen des Opiums" benannt. Denn nur religiöses Opium war und ist es doch, was da angeboten wird!

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Geschrieben von Drahbeck am 03. Oktober 2005 08:45:18:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 1. 10. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 02. Oktober 2005 07:55:15:

"Warum kritisieren Jehovas Zeugen die Vortragsverbote der Luzerner Behörden, wenn sie auch in der Lage wären, mitzuhelfen, daß andere Volksvertreter gewählt würden, die dann keine solchen Verbote mehr erlassen würden? In Deutschland wurden Jehovas Zeugen wie politische Gegner der Nazi mißhandelt, und so ist es unverständlich, daß Jehovas Zeugen aus alledem nichts gelernt haben und noch auf ihrer politischen Neutralität beharren wollen. Durch ihre Neutralität schaden sie der gesamten Arbeiterschaft und sich selbst."

Diese Frage kann man in der "Trost"-Ausgabe vom 1. 10. 1945 lesen. Die Antwort darauf besteht in dem bekannten "Eiertanz": "Man kann nicht dem Reiche Gottes und der Politik dieser Welt dienen." Letztendlich ist das alles endzeitlich motiviert. Es sei konzediert, dass im Urchristentum ähnliche Thesen akut waren. Die Naherwartungen des Urchristentums erfüllten sich nicht. Spätere Nachfolge-Generationen "richteten sich daher in der Welt ein". Aus dem "Reiche Gottes" wurde dann die Kirche als "Heilsanstalt". Verbal wurde die Endzeiterwartung nicht zu Grabe getragen. In der Praxis jedoch auf die letzten Plätze gedrängt. Jene vermeintlichen Neuauflagen des "Urchristentums" wiederholen nur das Spiel zum xten Mal.

Letztendlich können auch sie es nicht verhindern, ähnlichen Gesetzmäßigkeiten unterworfen zu sein. Beispiel: Erklärung des erwarteten "Paradieses" zum "geistigen Paradies", unter gleichzeitiger verbaler Beibehaltung des irdischen Paradiesglaubens, jedoch diesem einen Stellenwert beimessend, der es nur noch zur Floskel, zur nichtssagenden Phrase degradiert.

So gesehen wird man wohl sagen können. Es ist vielleicht nicht eine Frage von Jahrzehnten, aber mit Sicherheit eine Frage von Jahrhunderten, um im Rückblick feststellen zu können. Was schert uns unser Gewäsch von gestern? Dumm die dafür Opfer erbrachten. Weil sie eben so dumm waren, soll es ihnen auch nicht an Spott dafür mangeln!

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Geschrieben von Drahbeck am 16. Oktober 2005 07:15:11:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 10. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. Oktober 2005 08:45:18:

Die "Trost"-Ausgabe vom 15. 10. 1945 "glänzt" wieder einmal durch markante Zitate.. Einmal jenes Zitat aus der Zeitschrift "Der Deutsche Weg", dass die WTG davor und danach schon diverse Male zitiert hat, ohne aber eine notwendige Korrektur des Kontextes vorzunehmen, in dem sie dieses, ihr offenbares Lieblingszitat, hinein gestellt hat. Bezugnehmend auf eine spätere "Trost"-Ausgabe wurde darauf schon einmal näher eingegangen; und es wird gebeten, die Einzelheiten dort zu entnehmen. Man vergleiche dazu:
19462Weg

"Konzentrationslager verfehlen den Zweck der Religion" titelte "Trost" den Artikel in dem sie auch dieses Zitat mit untergebracht hat. Das ist alles sehr emotional aufgezogen. Wer als nicht mit der Materie vertrauter jenen Artikel liest, muss gar den Eindruck gewinnen, als sei namentlich die katholische Kirche für die KZ in Hitlerdeutschland verantwortlich. Das geht dann wohl doch etwas zu weit, und wirft einige Fragen auf, wie es um die Differenzierungsfähigkeit der "Trost"-Redakteure bestellt ist. Wohl nicht zum besten!

Die antikatholische Tendenz macht sich auch an vielen anderen Stellen dieser "Trost"-Ausgabe bemerkbar. Etwa wenn man es für opportun hält, eine Meldung aus der Tagespresse zu entnehmen, die berichtete, dass eine Wohnungsgesellschaft fragwürdige Koppelgeschäfte betreibt, dergestalt. Wer dort eine Wohnung mietet, muss sich gleichzeitig bereit erklären, ein streng katholisches Blatt als Abonnent zu beziehen. Nichts gegen Kritik an dieser Praktik. Nichts dagegen, dass die Tagespresse das aufgespießt hat. Ob dieser Fakt indes so relevant ist, um unbedingt auch in einer Zeugen Jehovas-Zeitschrift mit übernommen zu werden, da mag man doch nicht mehr so vollmundig zustimmen. Immerhin sagt er doch eines aus. Das der "Trost"-Redaktion jeder Anlass recht ist, um mit der katholischen Kirche "abzurechnen".

Noch mehr solcher Beispiele finden sich in dieser "Trost"-Ausgabe. Etwa in einem "Geistesverwandschaft zwischen Katholiken und Nazis" überschriebenen Artikel. Etwa wenn man in diesem Artikel liest:
"Denn es ist selbstverständlich, daß der gesamte Freiburger Regierungsrat seit längerer Zeit wissen mußte, wes Geistes Kind jene nun entlassenen Professoren waren. Daß er sie nun abberufen hat, ist kein Verdienst, sondern es ist bedenklich, daß er es erst jetzt tut. Man darf annehmen, daß er es eben bei einem anderen Ausgang des Krieges nicht getan hätte und daß im Falle eines Sieges Nazideutschlands diese Freiburger Professoren hervorgetreten wären, um die neuen Herren Europas gleich einem Innitzer mit 'Heil Hitler!' zu empfangen und dem Schweizervolk die Segnungen eines katholisch-faschistisch-nazistischen Regimes mundgerecht zu machen. ...

Daß Studenten der Universität Freiburg einem von seinem Lehrstuhl abberufenen Naziprofessoren Blumen ins Haus senden, ist eine Provokation allen freiheitsliebenden Bürgern gegenüber. Aber vielleicht ist es gut, daß dies geschehen ist; denn diese Begebenheit ist unumstößlicher Beweis dafür, daß die katholisch-nazistische Ideologie weiterlebt und nur nach neuen günstigeren Konjunkturen Ausschau hält, um wieder in vermehrtem Maße tätig zu sein."

Was soll man dazu sagen? Nun zum einen. Dies ist doch wohl eine Meldung, die kaum als "Eigenbericht" der WTG gewertet werden kann, sondern offenbar der säkularen Tagespresse entnommen und nun auch in "Trost" reflektiert wird. Auch macht "der Ton die Musik". Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, dass die "Trost"-Redaktion sich berufen fühlte, in der Sache noch "nachzutreten". Eine solche Position ist durchaus verständlich. Nur eines ist sie wohl nicht, "neutral". Indem auch in diesem Falle die Farce der "Neutralität" widerlegt ist, zeigt es aber auch. Wie tief der Hassgraben zwischen der Catholica und den Zeugen Jehovas war und vielleicht - mit Abstrichen - noch ist.

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Geschrieben von Drahbeck am 02. November 2005 05:09:15:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 10. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 16. Oktober 2005 07:15:11:

"Somit anerkannte Jehova im Jahre 1935 die 'große Volksmenge' öffentlich als irdische Söhne, indem er damals enthüllte, daß diese Menge Harmagedon Überlebender eine irdische Klasse sein wird, die unter dem himmlischen Reiche zum Leben hier unten auf Erden bestimmt ist". So tönt der "Wachtturm" in seiner Ausgabe vom November 1945.

Es war eben davon die Rede dass Jehova dass "enthüllt" hätte. Wie hat er das "enthüllt"? Auch diese Frage lässt der "Wachtturm" nicht unbeantwortet, wenn er in der gleichen Ausgabe auch schreibt:
"Zur bestimmten Zeit, im Mai 1935, erklärte der Präsident der Wachtturm-Gesellschaft auf Grund der Heiligen Schrift und der Tatsachen an einem Kongreß der Zeugen Jehovas in Washington, D. C. (USA), daß Menschen, die diese 'große Volksmenge' bilden werden, eine irdische Klasse seien, die seit 1918 hervortrete, nämlich des Herrn 'andere Schafe' …"

Versteht man das Recht, ist jener WTG-Präsident also in seinem Selbstverständnis das "Sprachrohr Jehovas". Es mußte also erst ein Herr Rutherford kommen, damit "Jehova" das "enthüllen" könne.

Weitere Frage: Warum eigentlich, wie eben gelesen, erst nach 1918?
Existierte diese vermeintliche "Gottesorganisation" nicht schon davor? Sicher hat sie davor schon existiert. Jedoch damals wollten sie noch alle "in den Himmel kommen".
"Gut", das wollen auch andere Christen. Im ausstellen ungedeckter Schecks übertrumpft man sich ja seit eh und je. Warum aber hat Rutherford, der so vieles von seinem Vorgänger als absurdum zu den Akten legte, auch in diesem Punkt eine Änderung vorgenommen? Die Antwort findet man auch in dieser WT-Ausgabe, wenn man da liest:

"Somit gab es Personen, die lange in Gottes Dienst gewesen waren und allzu stark darauf bestanden, unser Wirken diene ausschließlich dem Zwecke, diese Geweihten, die auf ein himmlisches Erbe hoffen, zu versammeln und zu trösten und ihnen beizustehen. Der Gedanke an eine Belehrung und Einsammlung einer irdischen Klasse von 'andern Schafen' wurde von ihnen nur unklar verstanden oder zurückgewiesen, da solches erst nach Harmagedon an der Zeit sei, wenn die geistliche Klasse durch die Pforten des Himmels in ihr himmlisches Erbe eingegangen wäre."

Was besagen diese etwas "geschraubt" formulierten Ausführungen in der Praxis? Doch wohl dies. Die Anhängerschaft Russells wartete weiter auf ihre "Himmelfahrt". Zwar ließ sich durch neue Schlagzeilen, wie etwa die von den "Millionen, die da nie sterben würden", zeitweilig noch "das letzte" aus ihnen herausholen. Nachdem aber 1925 vorbei war, nachdem in das "Haus der Fürsten", statt der "Patriarchen" Rutherford höchstpersönlich eingezogen war. Nachdem jene "alttestamentlichen Überwinder" es partout vorzogen, eben nicht zu erscheinen. Da war auch der letzte noch mobilisierungsfähige Funken in ihnen erloschen.
Das war auch Rutherford klar, mit diesen "Alten" konnte er keinen Blumentopf mehr gewinnen. Wie auch andere Diktaturen setzte er daher auf die Jugend. Noch in seinem letzten Werk dem Buch "Kinder", besonders deutlich sichtbar. Die "Alten" aus der Russellzeit hatte er jetzt faktisch "abgeschrieben". Die Jugend sollte mit neuem Elan, als Klinkenputzer, neue Impulse setzen.

Hätte er die auch auf die "Himmelfahrt" orientiert, wäre dies wohl schwerlich möglich gewesen; dieweil sie dann ja in der Kontinuität zu den Russelliten sich befunden hätten. Daher der deutliche "Schnitt". Daher die "Umpolung" der Ursprungserwartungen auch in diesem Punkt. Wer weiter der Rutherford-Organisation die Stange hielt von den "Alten", dem gewährte man das "Gnadenbrot" sich weiter auf die "Himmelfahrt" zu orientieren. Wer diesen Schnitt nicht verkraftete, der fand sich alsbald außerhalb der WTG-Mauern wieder. William Schnell, Zeitzeuge dieser dogmatischen Zäsur, schätzte ein es seien gar 75% der alten Russelliten gewesen, die alsbald außerhalb der "Wachtturm"-Mauern sich wieder fanden. Man mag diese Zahl vielleicht kritisch werten. Sie ist ja nicht dokumentarisch belegt. Aber so "grundsätzlich daneben" dürfte Schnell wohl mit seiner Schätzung nicht gelegen haben. Gerade im deutschsprachigen Bereich, lassen sich viele Beispiele auch namentlich nennen, von Ältesten aus der Russellzeit, die den Rutherfordkurs nicht mitmachten. Etwa die Kreise um die Schweizer Zeitschrift "Die Aussicht", Kunkel, Bösenberg, Lauper und wie sie alle hießen, die in der Frühzeit der Russellbewegung eine Rolle spielten. Zu Zeiten Rutherford's ihr bleiben dort aber nicht länger mehr war.

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Geschrieben von Drahbeck am 03. November 2005 07:11:00:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 1. 11. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 02. November 2005 05:09:15:

Unter der Überschrift "Jesuitenverbot und Glaubensfreiheit" macht "Trost" in seiner Ausgabe vom 1. 11. 1945 sich stark. Für was stark, muss man weiter fragen? Nun, nach abwägen des Für und Wider wohl für eines: Intoleranz.
Sicherlich nicht in Worten. In Worten will "Trost" eine Lanze für Glaubens- und Gewissensfreiheit brechen. Allein, wenn man die Praxis mit den Worten vergleicht, kann man "Trost" nicht mehr blauäugig zustimmen.

Sicherlich haben die Jesuiten eine unrühmliche Geschichte. Sicherlich haben sie daher auch in der Schweizerischen Eidgenossenschaft ernsthafte Probleme bekommen, die sich auch in gesetzliche Formulierungen niederschlugen. Dennoch muss die Frage gestattet sein.
November 1945. Solange war es da doch wohl noch nicht her, dass über einen anderen Intoleranzfall im Detail berichtet wurde. Den Fall Hitlerdeutschland. Und da waren die Zeugen Jehovas doch wohl auch Mitbetroffene. In diesem Kontext betrachtet, wirkt das verkünden (anders gearteter) Intoleranzthesen durch die Zeugen Jehovas doch wohl etwas merkwürdig.

Wenige Jahre später wurde den Kommunisten von den Zeugen Jehovas vorgeworfen. Sie hätten schon wieder bewusst "vergessen", dass Zeugen Jehovas und Kommunisten, beide, gleichermaßen Opfer des Naziregimes waren. Wie soll man da es da werten, dass jene, die gerade mal mit Mühe und Not den Nazikonzentrationslagern entronnen, nunmehr in der Schweiz die Fanfare der Intoleranz anstimmten, gegen ihren sicher nicht geliebten Gegner, die Jesuiten?! Wäre da nicht gerade aus dem Munde dieser Organisation etwas mehr Zurückhaltung angesagt?!

"Trost" verkündet:
"Als das sog. Jesuitenverbot in der Bundesverfassung niedergelegt wurde, war unter Katholiken und Protestanten allgemein bekannt, daß eben die Jesuiten solche Schädlinge waren, die in grober und unerhörter Weise das Zusammenleben beider Konfessionen störten und in der Geschichte wiederholt die Veranlassung von Religionskriegen bildeten. Darum wurde ihre Wirksamkeit in Kirchen oder (Kloster-) Schulen gesetzlich verboten. Das Verbot von 1848 mußte sogar in der Verfassung vom Jahre 1874 noch verschärft werden, indem noch beigefügt werden mußte - auf Grund inzwischen gemachter Erfahrungen mit den Jesuiten - "daß das Verbot durch Bundesbeschluß auch auf andere geistliche Orden ausgedehnt werden kann, deren Wirksamkeit staatsgefährlich ist oder den Frieden stört."

Und als wertenden Satz fügt "Trost" noch hinzuzu:
"Ist das 'Ausnahmegesetz', das Jesuitenverbot, etwa in Widerspruch zur Glaubensfreiheit? - Im Gegenteil! Es ist nur in Widerspruch zu jenen fanatischen 'geistlichen Orden', die die Glaubensfreiheit systematisch zu unterdrücken suchen. ... So ist doch ein gesetzliches Verbot völlig berechtigt.

Wenn nun Jesuiten die Aufhebung des Verbotes, das sie ein himmelschreiendes, ungerechtes Ausnahmegesetz nennen, verlangen, so verlangen sie das gesetzliche Recht, um mit ihren bekannten jesuitischen Mitteln das Recht und die Freiheit der protestantischen 'Ketzerei' anzutasten. Denn gerade das ist ihr Lebenszweck: die ganze Welt dem Papsttum zu unterwerfen und den Protestantismus völlig von der Erde auszurotten. Dabei kämpfen sie weder für ein edles Ziel und noch weniger mit edlen Mitteln. Sie verlangen die Freiheit, um uns die Freiheit des Glaubens mit allen Mitteln zu rauben. Und wenn die Verfassung ihnen diese Freiheit nicht gewährt, so lärmen sie gegen die freiheitsbeschränkende Bundesverfassung mit ihren sogenannten Ausnahmegesetzen."
Man vergleiche dazu auch: 19532Jesuiten

Es ist offenkundig. dass hierbei das Rutherford'sche Schwarz-weiss-Bild nachhaltig wirkt. Selbst Detlef G. sieht sich veranlasst zu diesem Aspekt zu rekapitulieren:

„Wie entrückt die Bibelforschervereinigung von den politischen Realitäten war zeigt ihre Deutung des Nationalsozialismus. In einer im September 1936 als Flugblatt verbreiteten "Resolution" wurde von der Hitlerregierung behauptet, sie stünde unter dem Einfluß der "Jesuiten der römisch-katholischen Hierarchie".

Für Rutherford, der das Zeitgeschehen seinem dichotomischen Weltbild und der Vorstellung von der bereits begonnenen Entscheidungsschlacht vollkommen unterordnete, drehte sich alles nur noch um den einen großen Widerspruch, den zwischen Jehovas Organisation und den von der "römisch-katholischen Hierarchie" angeführten Organisationen Satans. Unter dieser Prämisse steigerten sich die Verirrungen vollends. So hatten nach Rutherfords Überzeugung "die Jesuiten" nicht nur den Nationalsozialismus an die Macht gebracht, sondern zu diesem Zweck auch den Kommunismus gefördert, damit dieser als "Schreckgespenst" Hitler die Massen zutreiben konnte. Daß zur gleichen Zeit der NS- Staat inzwischen auch in mannigfacher Weise die Wirkungsmöglichkeiten der katholischen Kirche beschränkte und Priester ebenfalls wegen "Heimtücke" vor die gleichen Sondergerichte wie die Zeugen Jehovas stellte, hinderte Rutherford nicht daran, die Hitler-Regierung "in voller Übereinstimmung mit dem Vatikan in Rom" zu sehen

In der gleichen "Trost"-Ausgabe findet sich in der Rubrik: "Sie fragen - Wir antworten" auch die Frage:
"Wie beantworten Sie die Frage, die immer wieder gestellt wird: Wer beweist uns, daß die Bibel wahr und nicht Menschenmeinung?"
In ihrer Antwort meint diese Zeugen Jehovas-Zeitschrift auch folgendes zum besten geben zu können:
"Wer rechnen kann und Sinn für Zahlenverhältnisse hat, findet Beweise für den göttlichen Ursprung der Bibel in den seinerzeit veröffentlichten Zahlenreihen Panins ('Trost' Nr. 488 - 492: 'Übermenschliche Geschicklichkeit'). Jene Darlegungen sind so zuverlässig ..."

Man vergleiche dazu:

Parsimony.3832

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Geschrieben von Drahbeck am 16. November 2005 06:38:22:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 11. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. November 2005 07:11:00:

Die Rubrik "Sie fragen - wir antworten" des "Trost" vom 15. 11. 1945 publiziert unter der Überschrift: "Nicht heiraten ist besser"

"Was bedeutet folgender Text und dessen Erklärung im Tagestext vom 19. Januar? Welche Nutzanwendung ergibt sich daraus?
'Wehe aber den Schwangeren und den Säugenden in jenen Tagen.' (Matthäus 24:19)"

In der Antwort verweist die Redaktion des "Trost" ausdrücklich auf das Rutherford-Buch "Kinder" als Autorität in dieser Sache. Man kommt so "gestärkt" zu dem schon in der Überschrift genannten Ergebnis "Nicht heiraten sei besser".

Dies ist eigentlich ein Novum im Bereich jener Religionsgemeinschaften, mit denen die Zeugen Jehovas landläufig ziemlich oft in einem Zungenschlag genannt werden. Die anderen halten es da durchaus anders. Bei den Mormonen beispielsweise, ist das Ideal der Familie Norm. Dort laufen eher eingefleischte Ledige Gefahr geächtet zu werden, wenn sie nicht willens sind, diesem Kriterium zu entsprechen.

Die Neuapostolische Kirche, als anderes Bespiel, nennt gar ihre dem "Wachtturm" vergleichbare Zeitschrift "Unsere Familie". Damit wird auch dort der diesbezüglich hohe Stellenwert dokumentiert. Beide, und noch einige andere, ventilieren auch Endzeitthesen. Die Mormonen die sich da als "Heilige der letzten Tage" sehen. Oder auch die Neuapostolen, die nach der Phase einer akuten Endzeitorientierung in den fünfziger Jahren, nach deren Scheitern, diese Tendenz keineswegs aufgegegeben haben.

Ein Kritikerbuch aus dem Bereich der Neuapostolischen Kirche berichtet beispielsweise über dortige Erziehungspraktiken. Beispielsweise, dass Kindern Angst eingeimpft wurde, wenn sie allein in der eltlichen Wohnung kurzfristig zurückbleiben (was ja wohl in jeder Familie manchmal vorkommen kann, da es auch Termine geben kann, wo die Mitnahme der Kinder nicht angezeigt ist). Das sie dann Angst haben, ihre Eltern würden in der Zeit "entrückt" und sie blieben hilflos zurück.
Letztendlich ein Ausdruck der Impfung mit Endzeitthesen.

Nun die Zeugen Jehovas, denen von Rutherford eingebläut wurde "nicht zu heiraten sei besser". Und wie man sieht, die diese These selbst nach 1945 noch aufrecht erhielten.
Auch hier wiederum die Endzeitmotivation. Im "Trost" liest sich das so:
"Wird in obiger Erläuterung den Jonadaben empfohlen, mit der Gründung von Familien zuzuwarten, bis die große Drangsal von Harmagedon vorüber ist".

Das alles so akzentuiert nach dem Motto: "Das sind doch blos einige wenige Jährchen" bis es soweit ist. Man kann nun nicht sagen, dass es bei den Zeugen Jehovas ein generelles Heiratsverbot gab. Das war auch zu Zeiten der Hochkonjunktur dieser These nicht der Fall. Aber "schief angesehen" wurde schon so mancher, der nicht gewillt war, sich daran zu halten. Und was die innerorganisatorischen "Karriereposten" anbelangt, lief er reale Gefahr, sich dabei zu disqualifizieren. Je nachdem, wie die örtliche Personaldecke bestückt war, hatte der Betreffende sich auf der "Karriereleiter" erstmal entsprechende "Minuspunkte" dadurch eingehandelt. Anderen, die WTG-höriger waren, wurde der Vorzug gegeben.

Noch heute begegnet man diesem Kriterium bei der Auswahl jener, die in den hauptamtlichen Dienst der WTG treten und sei es auch nur als Druckereiarbeiter. Jung, gesund, ledig. So der Forderungskatalog. Bereits verheiratet? Schon erheblich schwieriger. Kommt nur in Betracht, wenn er Spezialist auf einem Gebiet ist und man meint, auf seine Dienste nicht verzichten zu können. Verheiratet und bereits Kinder habend? Noch ein weiterer, zusätzlicher Disqualifizierungsgrund für die WTG-Manager bei ihrer Personalauswahl.

Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren. Hier hat man es mit einer scharf kalkulierenden Wirtschaftsfirma mit US-amerikanischen Zuschnitt, und erst in zweiter Linie mit einer Religionsgemeinschaft zu tun. Auch vorstehendes ist ein Beleg dafür.

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Geschrieben von Drahbeck am 02. Dezember 2005 07:34:50:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 15. 11. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 16. November 2005 06:38:22:

"Heutiges Anpassen an theokratische Richtlinien" titelt die deutsche "Wachtturm"-Ausgabe vom Dezember 1945 unter Bezugnahme auf den englischsprachigen Watchtower vom 1. 5. 1944.
Als "kraftvolle Wahrheit" verkauft der WT darin die These:
"Schließlich erschien am 1. und 15. Juni 1938 (in Deutsch am 1. und 15. Juli) im 'Wachtturm' eine Artikelfolge über 'Organisation'. Darin ließ der Herr die kraftvolle Wahrheit aufblitzen, daß die Organisation der gesalbten Diener Jehovas theokratisch ist und dem Verfahren in einer Plutokratie oder Demokratie entgegengesetzt regiert wird. Sie wird nicht vom Volke an (sei dieses reich oder arm) aufwärts, sondern von der Spitze an abwärts regiert ... Da gibt es kein demokratisches Abstimmen durch Gemeinden oder Versammlungen."

Diesen eben zitierten Grundsatz kennt man auch andernorts. Dort in der Substanz ebenso befolgt, befleissigt man sich allerdings nicht solcher geschönten Vokabeln. Ein beispielhaftes Faksimile der ungeschönten Variante mal nachstehend.
Mielke.jpg (122722 Byte)

Genau solch ein Regime hatte nun auch Rutherford eingeführt. Da gab es noch einen anderen Aspekt.
Rutherford beliebte ein kostspieliges Hobby zu betreiben. Er hörte sich gerne selbst im Radio reden. Damit dies möglich war, war Geld, viel Geld erforderlich; denn in der Regel ließen sich die ausstrahlenden Rundfunksender das auch fürstlich bezahlen.

Jener "großer Theokrat" handelte daher inkonsequent. Sein Vorgänger hatte in den Statuten der Wachtturmgesellschaft (die wiederum Rutherford formuliert) auch festgelegt. Stimmberechtigt ist dort nur, wer Geld einzahlt, viel Geld! Zeitlebens hat Rutherford diesen Grundsatz nie revidiert. Ist das ganze nicht doch blos ein Geschäftsunternehmen?!, fragte sich mancher darauf hin und einige fragten dies auch laut. Peinlich für Mister Knorr als Mantelträger Rutherford's und neuer WTG-Präsident, auch mit dieser Frage konfrontiert zu werden.

Das mit dem Radio ist eigentlich nicht sonderlich effektiv. Es kostet zwar viel, viel Geld. Aber darauf beruhende Eintritte in diese Organisation waren doch wohl eher der äußerst seltene Ausnahmefall befand Mister Knorr, nicht zu unrecht. Zudem, Öffentlichkeitswirksame Publicity kann man auch andersgestaltet erwirken, beispielsweise durch "Klinkenputzen" befand er weiter. Es ließ es denn nicht blos bei abstrakten Erkenntnissen bewenden, sondern setzte dies mit als eine der ersten Maßnahmen seiner Administration um. Die Radioeuphorie wurde zusehends auf das Abstellgleis geschoben. In aller erster Linie jene Radiosendungen, die nur für "waggonweise" Geldzahlungen möglich geworden waren. Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen hieß daher Mister Knorr's Devise. Da der enorme Kostenfaktor Radiosendungen weitgehend wegfiel, konnte er es sich auch leisten das Odium eine Kommerzorganisation zu sein, dahingehend anzuändern, dass jetzt der Passus aus den WTG-Statuten entfernt wurde. Stimmberechtigung nur für harte Dollars. Darüber wird in dieser WT-Ausgabe berichtet.

In der Sache änderte sich nicht allzuviel. Ob ein Rockefeller je Rutherford's Rundfunksendungen tatsächlich finanziell gesponsert hat, wie ein sowjetischer Autor einmal behauptete, ist bis heute dokumentarisch nicht bewiesen. Glauben kann man viel. Beweise sind gefragt. Die hat auch Herr Konik nicht erbracht.

Aber der von Rutherford eingeführte Grundsatz von Befehl und Gehorsam blieb unverändert. Ja er wurde perspektivisch immer weiter vervollkommnet. Und darauf nur, kam es sowohl für Rockefeller als auch für Mister Knorr an!

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Geschrieben von Drahbeck am 03. Dezember 2005 05:20:50:

Als Antwort auf: Re: "Wachtturm" 1. 12. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 02. Dezember 2005 07:34:50:

In polemisierendem Ton liest man in der "Trost"-Ausgabe vom 1. 12. 1945:

Man liest in der politischen Tageszeitung:
Vatikanische Chronik
Vatikanstadt, 7. Sept. pt. Der Papst empfing gestern in Sonderaudienz den neuen italienischen Botschafter in Polen, Eugenio Reale, der der kommunistischen Partei angehört.
"Basler Volksblatt", kath. Nr. 209, 1945.

Kann man römisch-katholisch und zugleich Mitglied der kommunistischen Partei sein? Kann ein Katholik oder die römische Kirche überhaupt etwas mit dem Kommunismus zu tun haben? - Die katholische Antwort (aus dem Jahre 1944, im Begleitschreiben zur authentischen deutschen Übersetzung der Enzyklika gegen den atheistischen Kommunismus) lautet. "In diesen unvermeidlichen Auseinandersetzungen mit dem Kommunismus werden wir immer wieder auf dieses Rundschreiben Pius XI. zurückgreifen müssen."

Das päpstliche Rundschreiben, das den Kommunismus äußerst scharf verurteilt, betont im Abschnitt 58 besonders den "unbedingten Gegensatz zwischen Christentum und Kommunismus" mit folgenden Worten:

"Sorget dafür, Ehrwürdige Brüder, daß sich die Gläubigen nicht täuschen lassen! Der Kommunismus ist in seinem innersten Kern schlecht, und es darf sich auf keinem Gebiet mit ihm auf Zusammenarbeit einlassen, wer immer die christliche Kultur retten will."

Trotz dem unüberbrückbaren Gegensatz kann der Papst dennoch einen Botschafter, der der kommunistischen Partei angehört, in Sonderaudienz empfangen. So unbedingt ist wohl der Gegensatz zwischen Papsttum und kommunistischer Politik denn doch nicht! Hat vielleicht Papst Pius XI. umsonst gewarnt, wenn er im Abschnitt, der dem eben zitierten vorangeht, schreibt:

"Ja sie suchen sogar durch Trug und List in katholische und religiöse Vereinigungen einzudringen. So laden sie, ohne auch nur irgendwie von ihren ruchlosen Grundsätzen abzugehen, die Katholiken ein, mit ihnen auf dem sogenannten humanitären und karitativen Gebiet zusammenzuarbeiten."

Aus dem Bericht der Vatikanstadt geht diesmal aber nicht hervor, daß der kommunistische Politiker mit List in den Vatikan "eingedrungen" ist, sondern der Papst empfing ihn. …
Jedenfalls betont das Papstrundschreiben im Abschnitt 24 …
"Wir klagen das System an, seine Urheber und seine Förderer, die Rußland für das am besten geeignete Land hielten, dort ein seit Jahrzehnten ausgedachtes System praktisch anzuwenden, und die es von da aus unermüdlich in der ganzen Welt verbreiten." …

Wenn auch im Papstrundschreiben zu lesen ist, der Kommunismus sei in seinem innersten Kern schlecht, so darf man doch auch nicht übersehen, daß katholische Blätter andererseits dem Kommunismus der Mönche in den katholischen Klostern lobend hervorheben. Den Kommunismus an sich, im innersten Kern, halten sie demnach wohl doch nicht für ganz schlecht? Wir lesen in einem Bericht über das Kloster Einsiedeln:

"Nichts dürfe dem Dienst Gottes vorgezogen werden, steht in ihrer Klosterverfassung … Dabei sind diese Mönche Kommunisten reinsten Wassers: sie haben alles gemeinsam und keiner hat etwas, das ihm selber gehört, weder Geld noch Bücher, nicht einmal das Kleid, das er am Leibe trägt, gehört ihm. Er hat es nur zum Gebrauch. Ohne jeden Lohn oder Entschädigung tut jeder die Arbeit, die ihm der Abt überträgt, und am gemeinsamen Tisch haben alle die gleiche Kost, der Abt und der letzte Mann."
Pfarrblatt, Basel-Stadt, 1945, Nr. 32.

Offenbar litt der Schreiber dieses "Trost"-Artikels an hochgradiger Erinnerungsschwäche, oder aber er war erst verhältnismäßig frisch zu den Zeugen Jehovas hinzugestoßen, sodass ihm entgangen ist, was für Thesen diese Organisation einmal in ihren Anfangstagen propagierte.
Etwa wenn Russell in Band vier der "Schriftstuden" schrieb:

"Gewisse Züge am Kommunismus könnten wir empfehlen (etwa den Sozialismus), aber als Ganzes ist er undurchführbar … Wäre das Tausendjährige Reich auf Erden aufgerichtet, und hätten die für diese Zeit verheißenen göttlichen Regenten ihre Herrschaft angetreten, so würden sie gemäß unfehlbarer göttlicher Weisheit ihre volle Macht ausüben, nicht durch den Beifall der Mehrheit, sondern durch Gerechtigkeit, wie mit eiserner Rute regierend, dann könnte der Kommunismus gedeihen. Er wird dann wohl die beste Gesellschaftsform sein, die sicher der König der Könige zu seiner Methode macht. Aber auf dieses warten wir. Uns fehlt die Weisheit und Macht einer so theokratischen Regierung."
Das ist jedoch nicht der Kern der Auseinandersetzung, um die es hier geht. Der Sachverhalt ist verhältnismäßig dürr. Der Papst, als Oberhaupt des Kirchenstaates, pflegte schon lange Jahre vor 1945 diplomatische Beziehungen zu etlichen Ländern. Keineswegs "nur" streng katholischen Ländern. Man erinnert sich, auch die USA nahmen zu Roosevelts Zeiten, erstmals diplomatische Beziehungen zum Vatikan auf. Und schon damals schoss einer quer dagegen. Sein Name: J. F. Rutherford.

Sicherlich wird "Trost" nicht unterstellen wollen, die USA gar wären "kommunistisch".
Nun war, wie zu lesen, der Fall Polen akut. Das besiegte Hitlerdeutschland hatte seinerzeit die Existenz eines polnischen Staates eliminiert. Nun war der Nazismus eliminiert und Polen erlangte neue staatliche Selbstständigkeit. Wie sollte sich der Papst nun einem zudem stark katholisch geprägten Polen gegenüber verhalten? Ihm die diplomatische Anerkennung verweigern? Warum? Aus der Sicht des Vatikans ergab sich keine zwingende Notwendigkeit dafür. Und eine solche kann man auch aus anderer Sicht nicht erkennen.

Also kam es zur noch dazu nur indirekten Aufnahme diplomatischer Beziehungen, über den italienischen Botschafter für Polen. Polen war dabei letztendlich nur eines von vielen Ländern, mit durchaus unterschiedlicher politischer Struktur.
Der "heikle" Punkt ist offenbar jetzt der, dass dieser neue polnische Staat stark kommunistisch dominiert ist. Nun hätte auch der Papst sich auf den Standpunkt stellen können: Ich anerkenne nur die polnische Exilregierung (aus der Vor-Hitlerzeit) mit Sitz in London. Welchen "Nutzen" hätte der Papst nach 1945 davon gehabt, bei solch einer Entscheidungsoption? Wohl keinen. Jene Londoner Exilregierung hatte keine tatsächliche Macht mehr. Wollte der Papst "einen Fuß in der Tür haben", kam er nicht umhin, mit den tatsächlichen polnischen Machthabern diplomatisch zu verkehren. Genau das tat er dann auch. Daraus eine sonderliche "Sympathie" für das kommunistische System herauslesen zu wollen, ist unsachgerecht.

"Trost" geht es aber um noch mehr. Das "polnische Beispiel" soll in der "Trost"-Diktion als Buhmann herhalten für die Zeugen Jehovas-These "Keine Politik". Diese vermeintliche "Politiklosigkeit" ist indes eine Farce. Sie, und gerade sie, erweist sich als eine besondere Form von Politik. Es fragt sich nur, für wessen Interessen!

Das Beispiel Polen hat die WTG zum Buhmann aufgebaut. Schon im Jahre 1945! Zu einem Zeitpunkt wo es noch nicht so deutlich war, dass die Anti-Hitler-Koalition nach Kriegsende wieder auseinanderbrechen würde. In dieser ganz frühen Phase schon, bevor der kalte Krieg offiziell erklärt worden war, betrieb die WTG schon die Politik des kalten Krieges!

Wenn letzterer im Falle Zeugen Jehovas, im Jahre 1950 dann seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte, dann wird mit diesem "Trost"-Artikel eine seiner frühen Wurzeln schon deutlich!

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Geschrieben von Drahbeck am 16. Dezember 2005 06:23:31:

Als Antwort auf: Re: "Trost" 1. 12. 1945 (Vor sechzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 03. Dezember 2005 05:20:50:

Es ist wohl eine generelle menschliche Eigenschaft (nicht nur der Zeugen Jehovas) sich bestätigt sehen zu wollen. Kommt eine solch vermeintliche "Bestätigung" gar noch aus "Gegnermund", können einige sich offenbar wohl kaum "mehr halten". Je mehr sie solches "Lob" in sich hineinsaugen, umso mehr sagt dies darüber aus; dass sie es offenbar auch "nötig" haben.
Einem solchen Fall begegnet man in der "Trost"-Ausgabe vom 15. 12. 1945. Da stellt sich "Trost" aus Gegnermund unter anderem auch das nachfolgende Lob vor.

Der "Beifallsklatscher" heißt Walter Nigg. Seines Zeichens Theologieprofessor in Zürich. Aus seinem Buch "Das ewige Reich" (S. 363) zitiert "Trost":

"Vielmehr ist daran zu erinnern, daß das Reich als Mythos verstanden werden muß ... (dessen Bestreben, in die Zeit einzugehen, stets neue Formen hervorbringt ... Denen Verständnis entgegenzubringen ist.) Bestreitet man diese Erkenntnis, muß man logischerweise die 'ernsten Bibelforscher' als die getreuesten Hüter der Reichserwartung betrachten, während sie in Wirklichkeit eine Sekte darstellen, die sich völlig unfruchtbar ausgewirkt hat, weil sie diese ewige Wandlung nicht begriff..."

Zu diesem Zitat kommentiert "Trost" dann:
"Die große Gelehrsamkeit, die nach einem Wort des Landpflegers Festus, gelegentlich einen Gelehrten zur Raserei treibt, veranlaßte den Verfasser des zitierten Buches zur Behauptung eines Mythos vom ewigen Reich. Er meint damit nach dem Schlußwort seines Buches 'den Gedanken, daß die Menschheit ohne die Hoffnung auf das ewige Reich nicht leben könnte', daß aber das Reich der Gerechtigkeit oder das 'Land der Gerechten' auf Erden nie wirklich vorhanden sein wird. Nur die Sehnsucht danach wird fortdauern und zu immer neuen Formen der sogenannten Verwirklichung des Reiches drängen. Die Sehnsucht wird aber nie aufhören können, nach seiner Meinung, weil das wahre Reich auf Erden nicht Wirklichkeit werden wird. Wirklich bleibt nach ihm wohl die Sehnsucht danach und die immer unzulängliche 'Verwirklichung' durch menschliche Kraft nach dem Sinn kühner Geistesriesen unter den Menschen.

Wenn aber diese Auffassung eines Theologen falsch ist, und es sich darum handelt, sich das Reich so vorzustellen, wie es sich Jesus und die Propheten vorstellten, dann sind nach dem Urteil dieses Theologen die Zeugen Jehovas die getreuesten Hüter der Reichserwartung. Das sollten sich alle unsere Freunde und Gegner merken, die nicht glauben, daß die Botschaft vom Reich nur ein Mythos sei, sondern an der göttlichen Eingebung der Bibel festhalten. Erfassen wohl unsere Gegner, was es bedeutet, von kritischen, gegnerischen Theologen unserer Hochschulen als die getreuesten Hüter der Reichserwartung bezeichnet (das heißt wohl: verspottet) zu werden?"

Soweit die Sicht der Zeugen Jehovas zum Buch von Walter Nigg. Auch aus meiner Sicht ist das Buch von Nigg eines, dass man einmal gelesen haben sollte (man vergleiche dazu auch: "Geschichte der ZJ" S. 62f.). Nigg hat zu Recht, meines Erachtens den existentiellen Charakter solcher Hoffnungen herausgearbeitet. Besonders plastisch auch mittels eines einschlägigen Zitates aus Gorki "Nachtasyl".

Dennoch, die Geschichte der WTG hat mittlerweile den Status nur einige Jahrzehnte zu währen, überschritten. Es ist also möglich ihre einschlägigen Erwartungen von ihren Anfangstagen (einschließlich ihrer Vorläufer aus dem adventistischen Bereich) bis heute, zu sichten und in Vergleich zueinander zu stellen. Und dabei stellt sich eine gravierende Frage. Die Frage nach dem Wahrheitsgehalt. Nigg hat sie einfühlsam und dennoch deutlich beantwortet. Die Wahrheitsgehalt in der dogmatisch servierten Version: Ist und bleibt Illusion.

Ob es sinnvoll ist, einer Fata Morgana nachzujagen. Oder ob es nicht sinnvoller wäre jene Wüstengegend zu meiden, wo erst das Bedürfnis nach der Fata Morgana entstehen kann. Dies wäre letztendlich d i e Frage, die sich aus der Lektüre von Nigg ergibt.
Ergänzend auch noch empfohlen: Quint

1944

1945

Kommentarserie 1946 zusammengefaßt

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