Der vorangegangene Jahrgang   1952

Vor (mehr als) 50 Jahren

Was 1953 Wahrheit war

Mitten im kalten Krieg

Auch das Jahr 1953, muss immer noch der Hochphase des kalten Krieges zwischen Ost und West zugerechnet werden. Es kann keinen Zweifel darüber geben, dass die Kommunisten im Ostteil Deutschlands durch sowjetische Bajonette an die Macht gehievt, keinesfalls jenen Umfang an Unterstützung in der Bevölkerung hatten, den sie sich wünschten. Schmerzlich wurde ihnen das wiederum am 17. Juni 1953 demonstriert; als sie jene "Revolte" nur mittels sowjetischer Panzer wieder unter Kontrolle bringen konnten.

Auch ist es klar, dass man westlicherseits diese kommunistische Schwäche keineswegs "ungenutzt" ließ. Wo immer sich die Möglichkeit bot, wurde sie zusätzlich geschürt, auch und nicht zuletzt auf der Propagandaebene.

Was für breite, mit Religion nicht mehr allzuviel aktive Verbindung habende Kreise solche Radiosender wie beispielsweise der RIAS besorgten, lässt sich auch im spezifischen Fall Zeugen Jehovas nachweisen.

Bereits im Jahre 1951 war deren Buch "Was hat die Religion der Menschheit gebracht" in Englisch erschienen, und nun im Jahre 1953 auch in Deutsch. Es trug auf seiner Ebene auch zum Austrag des kalten Krieges zwischen Ost und West mit bei.

Schon die grundsätzliche Tendenz, den Kommunismus auch in die Rubrik Religionen, in der Lesart der Zeugen Jehovas, "falsche Religionen" mit einzuordnen, ist ein Symptom dafür.

Sicherlich begegnet man auch in den kommunistischen Regimen, wie davor schon in den faschistischen, staatsverherrlichenden Aspekten. Dieses Detail kann man, wenn man so will, durchaus als Religionsähnlich definieren.

Dennoch greift eine Definition zu kurz, die allein deswegen, glaubt auch das kommunistische System pauschal als Religion bezeichnen zu können. Religion pflegt sich nicht selten mit metaphysischen Gedankengängen zufriedenzugeben. Die Kommunisten indes waren vorrangig mit ihrem Machterhalt beschäftigt und mussten dabei auch handfeste irdische Entscheidungen treffen, die durchaus nicht als "Religion" definierbar sind.

Insofern ist ihre Pauschalierung als Religion durch die Zeugen Jehovas, eine böswilliges, dem kalten Krieg geschuldetes Zerrbild.

Symptomatisch auch der Ausspruch auf Seite 349 in jenem Buch, sozusagen die Quintessenz, die den Zeugen Jehovas damit "eingeimpft" werden sollte.

Dort liest man:

"Welche Klasse ist denn verwerflicher: die Kommunisten mit ihrer Roten Religion oder die Geistlichkeit der Christenheit? Die Bibel antwortet: die religiöse Geistlichkeit. Viele sind Kommunisten geworden und haben sich gegen die Religion der Geistlichkeit und deren Götter gewandt, weil sie sich an ihrer Heuchelei gestoßen haben. Die Geistlichkeit aber hat bekannt, christlich zu sein und für Gott zu sprechen. So hat sie über Hunderte von Millionen Menschen ihrer Herden großen Einfluss ausgeübt."

Im Klartext bedeutet diese Aussage nicht mehr und weniger als dies. Sollten ringsum andere christliche Kreise gegenüber den Kommunisten "schwach" werden. Jehovas Zeugen werden die letzten aller religiösen Antikommunisten sein. Es kann auch nicht zweifelhaft sein, dass solch eine Aussage, im Angesicht des 1950-er Verbotes, auf fruchtbaren Boden fiel. Also auch jene, die sich schon vorher, auch ohne WTG, bereits als Antikommunisten sahen, nur noch zusätzlich in dieser ihrer Motivation bestärkte.

Wundert man sich eigentlich über die Reaktion darauf? Ich glaube kaum, dass es "berechtigten" Anlass zum wundern gäbe.

Jede sich bietende, noch so billige Polemik, wurde seitens der WTG zur Stärkung dieser Tendenz genutzt. Etwa wenn sie (S. 343) schreibt:

"Wenn man bedenkt, dass Satan, der Teufel, Jesus politische Macht in dieser Welt zu geben versprach, sofern er ihn als 'Herrscher dieser Welt' anbete, dann können die Kommunisten ihre politische Machtstellung nur durch den 'Herrscher dieser Welt', Satan den Teufel, für die Anbetung, die sie ihm darbringen, erlangt haben. Wie und um welchen Preis der Papst und andere religiöse Führer zu ihrer politischen Macht und ihrem Einfluss gelangten, überlassen wir dem Urteil unserer Leser.

Weil sie die Existenz des Teufels leugnen, mögen die Roten zwar bestreiten, dass sie ihn anbeten. Aber sie haben eine Staatsreligion aufgestellt, indem sie vom Volke verlangen, dem politischen Staat als seinem höchsten Ratgeber, Leiter, Fürsorger und Beschützer unbedingtem Gehorsam zu zollen."

Was den Vorhalt der Staatsreligion anbelangt, hat er einiges für sich. Es ist auch sehr die Frage, ob der ostdeutsche Staat rund ein halbes Jahrhundert "durchgehalten" hätte, wäre in ihm das Element Staatsreligion nicht vorhanden gewesen. Mutmaßlich wäre er ohne dem schon viel eher zusammengekracht. Insofern war dieser Aspekt für die Kommunisten existenziell. Auch andere Kirchen und Religionsgemeinschaften empfanden den "Staatsreligionscharakter" keineswegs als "gut". Auch sie hatten damit ihre Konflikte. Es stellt sich aber doch die Frage, inwieweit man diese Konflikte zum alles beherrschenden Non plus ultra ausufern ließ, oder ob man nicht doch nach Mittel und Wegen zu Entschärfung dessen suchte. Für die Zeugen Jehovas-Führung war die Sachlage klar. Mit Kommunisten verhandelt man in ihrer Lesart nicht. Gibt es in der Bibel Stellen die dazu anraten, friedensstiftend zu wirken. Für die Zeugen Jehovas-Führung gehören die zum "Müll" den sie ignoriert. Sie haben sich damit ihren "Ehrentitel" d i e religiösen kalten Krieger zu sein, wahrhaftig verdient!

Der 17. Juni 1953 in der Darstellung der Zeugen Jehovas

Falls die SED-Führung es noch nicht gewusst haben sollte, wie es um ihre "Reputation" in der Bevölkerung bestellt war, am 17. Juni 1953 bekam sie den Veranschaulichungsunterricht dafür frei Haus geliefert. Noch Jahrzehnte danach wurde dieses Thema seitens der SED tabuisiert. "Konterrevolutionäre" seien es gewesen, die da ihren Thron ins wackeln brachten, so ihre Lesart. Die Wirklichkeit indes sieht etwas differenzierter aus.

Natürlich war das ganze für den Westen "das gefundene Fressen". Es wäre nicht die Zeit des kalten Krieges gewesen, hätte man westlicherseits nicht versucht, dass zusätzlich zu schüren. Wo standen die Zeugen Jehovas in diesem Streit? Waren sie wirklich "neutral"? Dies wird man wohl kaum sagen können. Ihre diesbezügliche Berichterstattung ging konform mit der westlichen. Sie hielten sich nicht aus diesem Streit heraus. Sie streuten genauso so wie auch etliche andere westliche Berichterstatter Salz in die Wunden des kommunistischen Regimes.

Nachstehend Zitate aus der Berichterstattung der Zeugen Jehovas in ihrer Zeitschrift "Erwachet!" vom 8. 8. 1953 S. 29:

"Am 10. Juni verkündete die ostdeutsche Führung (das Politbüro) ein umfassendes Programm zur Rückgängigmachung zahlreicher einschneidender Maßnahmen, mit denen in letzter Zeit die Sozialisierung der Wirtschaft, die Ausschaltung politischer Gegner und die Absperrung vom Westen vorangetrieben worden waren. Zu den wichtigsten Reformen gehören:

1. Erleichterung des Interzonenreiseverkehrs.

2. Alle Personen, die wegen 'Verbrechen gegen das Volkseigentum' (Wirtschaftsvergehen) Haftstrafen von maximal drei Jahren erhalten haben, werden amnestiert.

3. Die Überbesteuerung der Privatbetriebe wird abgeschafft. Privatbetriebe, die wegen von der Regierung verfügten Sondermaßnahmen zur Schließung gezwungen wurden, können die Geschäftstätigkeit 'sofort' wieder aufnehmen. 'Zur Verbesserung der Versorgung' werden die staatlichen Läden wieder Privatfirmen als Lieferanten heranziehen.

4. Die nach Westdeutschland geflohenen Bauern dürfen wieder auf ihre Höfe zurückkehren. Großbauern, deren Besitz inzwischen in Kolchosen verwandelt worden ist, sollen 'volle Wiedergutmachung' erhalten.

5. Alle Vorschriften, nach denen die rund zwei Millionen 'unproduktiven' Ostdeutschen bei der Zuteilung von Lebensmittelkarten benachteiligt oder von ihr ausgeschlossen wurden, werden ab 1. Juli aufgehoben. Dieser 'neue Kurs' in Ostdeutschland wurde in verschiedenen Kreisen Westdeutschlands dahingehend kommentiert, daß die Krise durch den völligen Zusammenbruch der Versorgung und durch die Massenflucht aus der Sowjetzone bereits so groß sei, daß die kommunistische SED nicht mehr in der Lage sei, die sowjetischen Ansprüche zu befriedigen, von der Versorgung der eigenen Bevölkerung ganz zu schweigen. Der Widerruf zahlreicher Sowjetisierungsmaßnahmen sei ein sensationeller faktischer Kurswechsel und bedeute eine weitgehende Abkehr von der Politik der Sowjetisierung Ostdeutschlands; er sei der Auftakt für Viermächteverhandlungen über Deutschland.

Nach Bekanntwerden der neuen Erlasse begann der Flüchtlingsstrom nach Westberlin nachzulassen. Am 12. Und 13. Juni wurden in der Sowjetzone landwirtschaftliche Funktionäre der SED, 'die sich bei Enteignungsaktionen durch besondere Linientreue hervorgehoben haben', massenweise verhaftet. Die Ostzonenregierung hat u. a. auch die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft, die am 19. Februar dieses Jahres verfügt worden war, wieder aufgehoben.

Der Krug geht zum Brunnen

Ab 16. Juni sollte die Arbeitsnorm im gesamten sowjetischen Besatzungsgebiet Deutschlands um 10 Prozent erhöht werden. 'Das Maß dessen, was man in zivilisierten Gegenden der Bevölkerung bieten darf, war übervoll', schreibt der Korrespondent der Berner 'National-Zeitung'. Die Bauarbeiter in der Stalinallee legten die Arbeit nieder, machten sich auf den Weg in das Regierungsviertel in der Wilhelmstraße und forderten vor den Ministerien sofortige Zurücknahme der Anordnung, Rücktritt der Regierung und neue, geheime und freie Wahlen. Funktionäre der SED, die versuchten, die Menschen mit Schlagworten zu befriedigen, wurden verprügelt und zu Boden getrampelt. Streikende riefen den Ministerialbeamten entgegen: 'Wir rufen den Generalstreik aus, dann seid ihr in einer Stunde weggefegt.'

Die Ostdeutsche Regierung gab angesichts der Demonstration der 20 000 Arbeiter überraschend schnell bekannt, daß sie nicht länger auf den erhöhten Quoten bestehe.

Aber die Erregung hielt nicht nur an, sondern sie wuchs.

Am Mittwoch (17. Juni) sammelten sich rund 15 000 Ostberliner Arbeiter und setzten zu einem neuen Marsch auf die Regierungsgebäude der Sowjetzonenregierung an. 500 mit Knüppeln bewaffnete Volkspolizisten versuchten den Sturm der Demonstranten auf die Regierungsgebäude aufzuhalten. Seit den frühen Morgenstunden ruhte in den großen Volkseigenen Betrieben die Arbeit. Der gesamte Stadtbahnverkehr in Berlin wurde lahmgelegt. Kurz vor 12 Uhr erschienen auf dem Marx-Engels-Platz etwa 20 sowjetische T-34 Panzer, die durch scharfes Fahren die dort zu Zehntausenden angesammelten Ostberliner Arbeiter zerstreuten. Um 12 Uhr mittags trat das Personal der Ostberliner Transportanstalten in den Streik. Damit wurde nach dem Stadtbahn-Verkehr auch der Untergrundbahn-, Straßenbahn- und Omnibus-Verkehr im gesamten Ostsektor lahmgelegt.

Kurz nach Mittag eröffneten von dem Gebäude der ostdeutschen Regierung in der Leipziger Straße Volkspolizisten und russische Soldaten das Feuer auf die Demonstranten. Es gab dabei Tote und viele Verwundete. Um 13 Uhr verhängten die russischen Besatzungsbehörden über Ostberlin den Belagerungszustand. Menschenansammlungen von mehr als drei Personen auf den Straßen und Plätzen wurden durch diesen Befehl verboten. Die Protestbewegung dehnte sich auch auf weitere Städte der Sowjetzone aus. So wurde am 19. Juni über Magdeburg berichtet, daß 10 000 Arbeiter das Rathaus, die Polizeipräfektur und die Gefängnisse stürmten und die Gefangenen befreiten. Sowjettruppen gingen gegen die Demonstranten vor und schossen auf sie. Es wurden Dutzende von Toten und Hunderte von Verletzten gemeldet."

Am 22. 8. 1953 meldet "Erwacht!" (S. 29):

"Zu den Unruhen in Ostdeutschland

Aus einem Protestmarsch einiger Dutzend Bauarbeiter gegen die Erhöhung der Arbeitsnormen hatte sich in kürzester Zeit ein allgemeiner Volksaufstand entwickelt, der schon am ersten Tag die kommunistische Regierung Grotewohl-Ulbricht weggefegt hätte, wenn nicht sowjetische Panzer und Maschinengewehre zu ihrem Schutz aufgefahren wären. Die Unruhen spielten sich aber nicht nur in Ostberlin, sondern auch in weiten Teilen der Sowjetzone ab. Besonders heftig scheinen die Demonstrationen in Leipzig und im Gebiet der sächsischen Urangruben gewesen zu sein. Im Urangebiet sollen 100 000 Bergarbeiter gestreikt haben, und im Laufe der Schießereien, seien 25 Arbeiter getötet worden.

Nach Berichten, die in Westberlin eintrafen, sollen in Leipzig und anderswo verschiedene kommunistische Parteigebäude in Brand gesteckt worden sein.

'Neues Deutschland', das Zentralorgan der Sozialistischen Einheitspartei, kündigte mit drohendem Unterton für die nächste Zeit schärfste Verfolgungen in der Sowjetzone an. Die Sowjetzonen-Regierung werde in Zukunft 'gerechter und sorgsamer' das Leben der Werktätigen in der Zone beobachten. Sie werde gleichzeitig härter als bisher gegen die Feinde der Republik vorgehen und entschiedener im Kampf für Einheit und Frieden sein. Es sei Agenten und Provokateuren gelungen, Teile der Werktätigen zur Arbeitsniederlegung zu veranlassen, und es wird der Arbeiterschaft vorgeworfen, sie hätte ein größeres Unterscheidungsvermögen zwischen Provokateuren einerseits und berechtigten Klagen anderseits an den Tag legen müssen. Der Einsatz der sowjetischen Truppen sei notwendig gewesen, um den westlichen Agenten eine entscheidende Niederlage beizubringen.

Verschiedene Veröffentlichungen der ostdeutschen Führer zeigen, daß die Kommunisten bereit sind, in unwichtigeren Angelegenheiten Konzessionen zu machen, damit die allgemeine Unzufriedenheit besänftigt werden kann. Andererseits dauern die Verhaftungen und Exekutionen an. Die Gesamtzahl der Hinrichtungen soll bis zum 26. Juni 30 erreicht haben. Der Berliner 'Telegraf' schätzt die Zahl der Verhaftungen in Berlin und in der Ostzone auf über 16 000. Am 25. Juni wurde in Berlin berichtet, daß die Russen langsam ihre Tanks und Truppen aus Berlin zurückziehen, um sie in der Nähe von Berlin zu belassen, damit sie im Fall weiterer Unruhen sofort wieder eingreifen könnten."

Am 8. 9. 53 (S. 30) meldet "Erwachet!":

"Eine Bilanz des Juniaufstandes in Ostdeutschland

Nach dem Mitte Juli veröffentlichten Bericht von Staatssicherheitsminister Zaisser von der Ostzonenregierung über die Juniereignisse wurden in deren Verlauf 569 Personen getötet und 1744 verletzt. Im einzelnen sind laut Zaissers Rapport 267 Demonstranten getötet und 1071 verletzt worden. Von den Sicherheitsdiensten der sowjetzonalen Regierung, ihren Funktionären und Angehörigen der politischen Parteien seien 116 getötet und 645 teilweise schwerverletzt worden. Hinzu kämen noch 141 standrechtliche Erschießungen und 14 vollstreckte Todesurteile, die sowjetzonale Gerichte verhängten. Unter den von den sowjetischen Standgerichten verurteilten 141 Personen hatten sich 52 Volkspolizisten und Angehörige des SSD befunden, die wegen Befehlsverweigerung erschossen worden seien.

Die Sowjets sollen 16 Tote und 126 Verletzte gehabt haben. Nach Zaissers Bericht wurden 5143 Demonstranten verhaftet, 2917 wurden ohne Urteil freigelassen und 1026 erhielten zusammen 6321 Jahre Zuchthaus. 1150 Personen seien noch im Gefängnis, ferner 1756 Volkspolizisten. Von diesen erhielten bisher 630 zusammen 2031 Jahre Zuchthaus. Der verursachte Schaden betrage 23,8 Millionen Ostmark. Am 24. Juli berichtete die Presse die Absetzung von Zaisser, der mit dem in Ungnade gefallenen Beria enge Beziehungen unterhalten haben soll."

Kampf den "Röteln"

Wer die umstrittene DDR-Publizistik über die Zeugen Jehovas im Detail kennt, der weiß, dass sie ein Lieblingsthema bis zum "erbrechen" hochkochte. Das war dann der vermeintliche Nachweis, dass Jehovas Zeugen militante Antikommunisten seien. Antikommunisten, politisch gesehen, waren sie sicher. Bei "militant" setze ich aber schon Fragezeichen, dieweil mir tatsächliche militante Antikommunisten bekannt sind. Und im Vergleich zu denen, sind die Zeugen Jehovas nur "Waisenknaben". Es war schon bezeichnend. Die Zeugen Jehovas-Berichterstattung über den 17. Juni 1953, haben die "Antikommunistenriecher" der DDR in keiner Weise kommentiert. Dieser Fakt wurde schlichtweg ausgeblendet. Da gab es aber zur gleichen Zeit in der WTG-Literatur auch noch einen Bericht über Brasilien. Auf ihn hingegen stürzten sie die DDR-"Antikommunistenriecher" förmlich wie die Aasgeier. Nachstehend einiges dazu:

Ab 1953 erschien seitens der Zeugen Jehovas auch in Deutschland, wie schon davor in der Schweiz, auch ihre zweite Zeitschrift "Erwachet!" In deren Ausgabe vom 8. 4. 1953 gab es auch mal einen Artikel, denn die ostdeutsche Publizistik mit zum "Kronargument" für ihre vorstehende These hochjubelte.

Er sei nachstehend einmal etwas ausführlicher zitiert. So kann sich jeder seine eigene Meinung dazu bilden. Meine dazu, habe ich schon vorstehend genannt.

"Hammer und Sichel über Brasilien

Vom "Erwachet!"-Korrespondenten in Brasilien

Lange hat die Regierung tatenlos zugeschaut, obschon sie darauf aufmerksam gemacht wurde, daß die kommunistische Partei Brasiliens die größte und einflußreichste der westlichen Hemisphäre sei. Ihre Stärke wurde ersichtlich bei den freien Wahlen des Jahres 1945, nach der Amtsenthebung von Vargas, als der kommunistische Kandidat, Yeddo Fiuza, über 500 000 Stimmen auf sich vereinigte, und auch wieder als sie für ihren 'Friedens'-Appell nicht weniger als 2 500 000 Unterschriften zusammenbrachten.

Obschon die Partei seit dem Jahre 1947 verboten ist, beherrschen die Kommunisten immer noch über 100 Vereinigungen mit ganz verschiedenen Bestrebungen, wie zum Beispiel die Ächtung der Atomwaffen, auch Quartierkomitees zur Bekämpfung hoher Lebenskosten usw. Sie haben nun 400 Gewerkschaften für die Bauern, für je drei Plantagen ungefähr eine. Sie wird auch als die reichste Partei Brasiliens betrachtet.

Aber kürzlich wurden doch auf Grund scharfer Zeitungsartikel und politischer Meinungsverschiedenheiten in der Armee energische Schritte unternommen. Im Mai des vergangenen Jahres setzte Präsident Vargas den Kriegsminister General Estilac Leal, der die kommunistischen Führer begünstigt und gestützt hatte, ab und ernannte an seiner Statt General Cardoso, der unverzüglich begann, die Armee von kommunistischen Offizieren zu säubern. Über dreißig 'rote' Offiziere wurden aus der Armee ausgestoßen.

Rote Führer werden ausgehoben

Einige von diesen bekleideten hohe Ämter, wie zum Beispiel Major Julio Sergio, der von anderen Kommunisten als einer der roten Führer identifiziert wurde. Er soll der zweite nach Luiz Carlos Prestes, gewesener Senator und aktiver Leiter der P. C. B. (Partido Communista do Brasil), sein, der außer Landes geflüchtet sein soll. Major Julio hätte versuchen sollen, die Leitung der Armee in die Hand zu bekommen. An geheimen Versammlungen begrüßten sich die Vertrauensleute der Partei mit falschen Namen - der Deckname Major Julius war 'Johann'. Andere Verhaftete führten Decknamen wie 'Abel', 'Walter', 'Josua' und einer wurde sogar in gotteslästerlicher Weise 'Jehova' genannt. Alle gaben ohne weiteres zu, daß sie für die kommunistische Partei arbeiteten, aber aus Furcht vor der 'Partei' unterzeichnete keiner von ihnen sein Geständnis. Gefälschtes Geld wurde gefunden, das die brasilianischen Roten gedruckt und verwendet hatten, um ihre Propagandafeldzüge zu finanzieren.

Ein anderer Führer, Joao Vito Raymondo, der den größten Teil seines Lebens damit zugebracht hatte, die Faschistenjugend Italiens zu drillen, wurde von der brasilianischen Polizei auf der Straße verhaftet. Er versuchte das Volk gegen die Wachen aufzuhetzen, indem er rief: 'Ich bin ein Soldat des Friedens! Ich bin gegen die Amerikaner, die unser Land versklaven wollen! Deshalb werde ich eingesperrt!'

Aber anstatt die Herumstehenden zu bewegen, sich für ihn einzusetzen, erreichte er das gerade Gegenteil: alle halfen, ihn in das Polizeiauto zu stoßen, das ihn abholen kam.

Es zeigte sich, daß, wo immer man im Staatsapparat einen Stein wegwälzte, die 'roten Käfer' des Kommunismus davonflizten, um Deckung zu suchen. Aber man ist allgemein der Ansicht, daß es noch mehr Steine wegzuwälzen gibt, ehe man all die rotgefärbten 'Genossen' gefunden haben wird, die sich in der ganzen brasilianischen Verwaltung eingenistet haben.

Kampf den 'Röteln'

Der Kreuzzug gegen den Kommunismus fand natürlich am meisten Unterstützung bei der Römisch-katholischen Kirche, die die rote Plage am stärksten fürchtet. Auch protestantische Organisationen warnten ihre Gläubigen davor, dem röteln kranken Säugling nahe zu kommen. Aber in Orten wie Rio Grande do Sol, mit einer großen slawischen Bevölkerung, gibt es Gemeinden, die politisch geteilt sind. Die Antikommunisten zeigen sich besonders besorgt, weil einige der von den Bolschewisten inspirierten Propagandafeldzüge tatsächlich vom Erfolg gekrönt waren. So vermochte das Schlagwort 'Das Erdöl gehört uns', das man in ganz Brasilien hörte, die öffentliche Meinung Brasiliens so zu beeinflussen, daß ausländische Firmen von der Ausbeutung brasilianischer Ölvorkommen ausgeschlossen wurden. Obschon Brasilien den gemachten Schätzungen ein Sechstel aller Erdölvorkommen der Erde besitzt, produziert es täglich nur 85 000 Faß. Es verbraucht jedoch über 100 000 Faß täglich, was bedeutet, daß es jährlich Erdöl im Werte von 270 Millionen Dollar einführen muß.

Seitdem die 'Partido Communista' verboten wurde, haben die Roten in Brasilien eine Schmierkampagne großen Stils durchgeführt, indem sie im ganzen Lande auf Wände, Bürgersteige und Zäune Schlagwörter und Zeichnungen mit Pech und weißer Farbe schmierten. Einige dieser Schlagworte lauteten zum Beispiel: 'Schickt eure Söhne nicht nach Korea!', 'Herunter mit den hohen Lebenskosten!', 'Hinaus mit den Yankee-Imperialisten!', 'Es lebe Stalin, der Kämpfer für den Frieden!' usw. An vielen Orten waren neben den Worten auch die Parteisymbole, Hammer und Sichel, hingemalt worden. Der 'Hammer-und-Sichel'-Gefolgschaft ist schwer beizukommen gewesen, weil sie sich hinter freiheitsliebende demokratische Führer stellte und die unterstütze, die willens waren, mit ihnen zusammen zu gehen, um die Volksmassen für sich zu gewinnen. Viele sogenannte Christen halten das Parteiprogramm für gut, nachdem sie von den Kommunisten hörten, daß 'Christus der erste Kommunist' gewesen sei und daß 'die Apostel mithalfen den Kommunismus zu organisieren.' Daher erhalten die Kommunisten, obschon sie verboten sind und obschon sie im Verborgenen arbeiten, immer neue Anhänger, drucken Zeitungen, unterstützen Gewerkschaften, verteilen Propagandaschriften und bauen ihre Stellung aus, besonders in den drei Staaten Sao Paulo, Dernambuco und Rio Grande do Sol, wo sich vier Fünftel des brasilianischen Wirtschaftslebens abspielen. Dies hat die Regierung angespornt, dieses politische Krebsübel energischer zu bekämpfen.

Vertreter der Regierung machen Jagd auf russische Spione, die fortwährend und mit großer Gewandtheit ihr Handwerk betreiben. Dabei benützen sie keine Radiosender oder Morsezeichen wie die Nazis in Brasilien während des vergangenen Krieges, weil damals viele erwischt wurden, nachdem ihre Schlupfwinkel mittels starker Radiostationen aufgestöbert worden waren. Dafür kommen sie vorübergehend als Matrosen, Wissenschaftler, Flüchtlinge usw. Ins Land, bringen Weisungen vom Kreml und nehmen Berichte und Dokumente mit, die ihnen von brasilianischen Spionen ausgehändigt werden.

Manche Angehörige der Armee, der Marine und der Luftwaffe müssen sich vor Gericht verantworten. Die Tageszeitung von Rio, 'Correio da Monha' (vom 4. Oktober 1952), meldete, daß fünfzehn Militärpersonen vor Gericht zu erscheinen hätten und daß ihre Anwälte vergeblich zu erwirken suchten, sie von einem Zivilgericht und nicht von einem Militärgericht aburteilen zu lassen. 'Diario de Noite' (vom 7. Oktober 1952) meldete, daß ein angeblich antikommunistischer Spion namens Eugen Moskovin, genannt Eugen Lorier, der im Dienste des brasilianischen Geheimdienstes stand, als Sowjetagent entlarvt worden sei. Und die Zeitung 'O Globe' (7. Oktober 1952) schrieb, daß die Roten auf Calixto einen verborgenen Flughafen besitzen. Calixto ist eine 162 ha große Insel mitten im Rio Grande, der zwischen Minos und Sao Paulo durch die kommunistenverseuchte Gegend von Triangulo Mineiro fließt. Man glaubt, dies sei das Hauptquartier der Partei, und die Bundesbehörden haben bereits eine Untersuchung jenes Ortes durch die Armee angeordnet. Weitere Enthüllungen werden im laufe des antikommunistischen Feldzuges bestimmt noch folgen.

Aber kein Kreuzzug, den Menschen durchführen, kann politische Intrigen und ehrgeizige Parteiherrschaft ausrotten noch die Ursachen der Unzufriedenheit des brasilianischen Volkes oder der anderen Völker der Erde beheben. Törichte, hochmütige Männer wählen sich ihre Kampffarben: der Nazismus braun, der Faschismus schwarz, der 'Hammer-und-Sichel'-Ismus rot und der brasilianische 'Integralismus' grün. Sie können alle Regenbogenfarben wählen, die sie wollen; sie werden doch besiegt und untergehen! … Nur Jehovas theokratisches System unter der Leitung Christi wird der Welt helfen können, und er allein wird siegreich aus Harmagedon hervorgehen zur Ehre Jehovas!"

Kalte Krieger in Sachen Gemeinschaftsentzug

Auch das Jesu zugeschriebene Gleichnis vom Verlorenen Sohn (Lukas 15: 11-32, ignoriert die WTG. Auch hier heisst für sie die Devise: Kalter Krieg bis zum Letzten! Symptomatisch dazu eine in ihrer Zeitschrift "Der Wachtturm" 1953 veröffentlichte Fragenbeantwortung (Ausgabe Wiesbaden S. 63f.; Ausgabe Bern S. 31f.) In ihr war zu lesen:

"Wie sollte ein Vater oder eine Mutter, ein Sohn oder eine Tochter, der die Gemeinschaft (der Versammlung) entzogen wurde, von den eigenen Familienangehörigen im Familienleben behandelt werden?"

In der dazugehörigen Antwort liest man dann:

"Wir leben heute nicht inmitten theokratischer Nationen, wo solche Familienangehörige nach dem Fleische wegen Abfalls von Gott und seiner theokratischen Organisation ausgerottet werden könnten, wie dies beim Volke Israel in der Wüste Sinai und im Lande Palästina möglich und angeordnet wurde. 'Du sollst ihn gewisslich töten. Deine Hand soll zuerst an ihm sein, ihn zu töten, und danach die Hand des ganzen Volkes; und du sollst ihn steinigen, dass er sterbe. Denn er hat gesucht, dich abzuleiten von Jehova, deinem Gott … Und ganz Israel soll es hören und sich fürchten, damit man nicht mehr eine solche Übeltat in deiner Mitte begehe.' - 5. Mose 13: 6-11.

Da wir durch die Gesetze des weltlichen Staates, in welchem wir leben, und auch durch die von Gott durch Jesus Christus gegebenen Gesetze eingeschränkt sind, können wir gegen Abtrünnige nur bis zu einem gewissen Maße Schritte unternehmen, nämlich solche Schritte, die mit beiden Gesetzessammlungen übereinstimmen.

Das Gesetz des Landes und das durch Christus kommende Gesetz Gottes verbieten es uns, Abtrünnige zu töten, selbst wenn es eigene Familienangehörige nach dem Fleische wären. Indes verlangt Gottes Gesetz von uns, dass wir die Tatsache, dass ihnen die Gemeinschaft seiner Versammlung entzogen wurde, anerkennen. Dies sollte geschehen ungeachtet des Umstandes, dass das Gesetz des Landes, in dem wir leben, von uns fordert, zufolge einer gewissen natürlichen Verpflichtung mit solch Abtrünnigen unter demselben Dache zu wohnen und Umgang mit ihnen zu haben.

Gottes Gesetz erlaubt einem Ehepartner nicht, seinen Ehegenossen zu entlassen, weil diesem die Gemeinschaft entzogen wurde oder weil er vom Glauben abgefallen ist. Auch wird das Gesetz des Landes in den meisten Fällen solcher Gründe wegen keine Scheidung gestatten. Der treue Gläubige und der Ehepartner, der vom Glauben abgefallen oder dem die Gemeinschaft entzogen ist, müssen nach dem Gesetz weiter zusammenleben und einander die richtigen ehelichen Pflichten leisten.

Ein Vater darf sein minderjähriges Kind nach dem Gesetz nicht wegen Abfalls oder Gemeinschaftsentzuges aus seinem Hause fortschicken, und ein minderjähriges Kind oder Kinder dürfen Vater oder Mutter nicht verlassen, nur weil der betreffende Elternteil Gott und seiner theokratischen Organisation untreu wird. Die Eltern müssen gemäss den Gesetzen Gottes und der Menschen ihre Elternpflichten gegenüber dem Kind oder den Kindern solange erfüllen, als diese abhängige Minderjährige sind, und das Kind oder die Kinder müssen sich den Eltern, wie es sich für Kinder gebührt, unterziehen, solange sie gesetzlich minderjährig sind oder solange ihnen die elterliche Bewilligung, von daheim fortzugehen, fehlt.

Allerdings, wenn die Kinder volljährig geworden sind, können sie fortgehen und die äusserlichen Familienbande lösen, weil die geistigen Bande ja schon zerrissen sind.

Wenn Kinder volljährig und weiterhin bei einem Vater oder einer Mutter bleiben, denen die Gemeinschaft entzogen ist, weil sie von ihm oder ihr materielle Unterstützung empfangen, so müssen sie in Betracht ziehen, wie weit ihre geistigen Interessen durch ein Verbleiben unter dieser ungleichen Anordnung gefährdet werden, und ob sie es nicht einrichten könnten, sich selbst durchzubringen, dass sie weiterhin materielle Unterstützung empfangen, sollte sie nicht zu einem Kompromiss verleiten, so dass sie ausser acht lassen, dass dem Vater oder der Mutter die Gemeinschaft entzogen ist. Wenn ihnen mit dem Entzuge der elterlichen Unterstützung gedroht wird, weil sie im Einklang handeln mit dem von der Gruppe des Volkes Gottes angeordneten Gemeinschaftentzug, so müssen sie solche Folgen bereitwillig auf sich nehmen...."

Eine Generation = 33 Jahre

Jahrzehntelang strapazierte die WTG den Begriff von der "Generation die nicht vergehen würde". Indes schon im Jahre 1953 war diese dubiose Generation vergangen. Just zu jenem Zeitpunkt nahm sich die WTG das "Recht" heraus, den Begriff Generation in ein Menschenalter umzudefinieren, um wieder einmal Zeit zu gewinnen. Das ganze wurde in die Form einer Fragenbeantwortung verpackt. "Der Wachtturm" vom 15. 3. 53 S. 89, Schweizer Ausgabe; Ausgabe Wiesbaden S. 222) notiert folgende Frage:

"Eure Publikationen weisen darauf hin, dass die Schlacht von Harmagedon innerhalb unserer Generation kommen werde, und dass diese Generation im Jahre 1914 n. Chr. begonnen habe. Wie lange dauert gemäss der Heiligen Schrift eine Generation?"

In der dazugehörigen Antwort wird verlautbart:

"Websters ungekürztes Wörterbuch gibt zum Teil folgende Erklärung über 'Generation':

'Die durchschnittliche Lebenszeit eines Menschen oder die gewöhnliche Zeitspanne, innerhalb welcher ein Geschlecht dem andern oder ein Kind einem Vater folgt: ein Menschenalter. Eine Generation wird gewöhnlich als etwa 33 Jahre dauernd angenommen.'"

Zu dieser Lexikondefinition meint aber die WTG ihren Senf noch dazugeben zu müssen indem sie äussert:

"Die Bibel aber drückt sich nicht so bestimmt aus. Sie nennt uns nicht eine Zahl der Jahre für eine Generation. Und in Matthäus 23:34; Markus 13:30 und Lukas 21:32, in den Texten, wo jene Generation erwähnt wird, auf die sich die gestellte Frage bezieht, können wir ein Geschlecht oder eine Generation nicht so deuten, als umfasse sie die durchschnittliche Zeit einer Generation, worauf diese durch die nächste abgelöst werde, wie das Werk von Websters dies in seiner annähernden Schätzung der 33 Jahre tut, sondern eher wie die dort zuerst angeführte Definition sagt: 'Die durchschnittliche Lebenszeit des Menschen.' Drei oder gar vier Generationen können zur gleichen Zeit leben, indem ihre Lebenszeiten übereinandergreifen … Die Bibel spricht von den Tagen eines Menschen, dass sie siebzig bis achtzig Jahre währen, doch gibt sie keine bestimmte Zahl von Jahren für eine Generation an. - Ps. 90:10.

Selbst wenn sie es täte, könnten wir von einer solchen Zahl nicht das Datum für Harmagedon ableiten, denn die hier unter Betrachtung stehenden Texte besagen nicht, dass Gottes Schlacht direkt am Ende unserer Generation komme, sondern vor ihrem Ende. Den Versuch zu machen, zu sagen, wie viele Jahre vor ihrem Ende das sei, wäre eitle Spekulation. Die Texte setzen lediglich eine Grenze fest, die bestimmt genug ist für alle gegenwärtigen praktischen Zwecke. Eine Anzahl Personen, die im Jahre 1914 n. Chr. Lebten, als die Reihe der vorhergesagten Ereignisse begann, werden noch leben, wenn die Reihe derselben mit Harmagedon endet. All die Ereignisse werden innerhalb der Zeitspanne einer Generation eintreten. Es gibt Hunderte von Millionen Menschen, die jetzt leben und schon im Jahre 1914 lebten, und viele Millionen dieser Leute könnten noch zwanzig oder mehr Jahre leben. …"

Aufforderung zur Frühehe

Zugegebenermaßen soll es Frühehen geben, die dauerhaften Bestand haben. Ich wage nicht die Prozentmäßig zu quantifizieren. Gleichwohl ist das Risiko einer überstürzten Eheschließung keineswegs als "gering" zu veranschlagen. Vieles spricht dafür, dass einer der Faktoren, die zu späteren Scheidungen führen, eben in der Überstürztheit der seinerzeitigen Entscheidung zu sehen ist. Insofern verdienen die WTG-Aufforderungen zu Frühehen es durchaus, mehr als kritisch bewertet zu werden.

Ein Beispiel dafür lieferte auch der "Wachtturm" in seinem Jahrgang 1953 (Schweizer Ausgabe S. 111; Ausgabe Wiesbaden S. 223)

Auf die Frage: "Ist es recht, wenn verlobte Paare Geschlechtsbeziehungen miteinander haben?" wird seitens der WTG geantwortet:

"Der Brauch der Geschlechtsbeziehungen während der Verlobungszeit eines Paares bedeutet das Begehen von Hurerei oder das Pflegen unsittlicher Beziehungen. Ein aufgeklärter Christ, der nach Leben in der neuen Welt strebt, wird nicht an solchem teilnehmen, denn das zu tun bedeutet, sich dieser Welt und ihren Gedankengängen und nicht den gerechten, reinen Normen der neuen Welt anzupassen. Die christlichen Eltern einer Tochter werden nicht zugeben oder gestatten, daß ein junger Mann, ob er nun ein Christ zu sein vorgibt oder zu dieser alten Welt gehört, mit dem Mädchen vor der gesetzlichen Eheschließung Geschlechtsbeziehungen habe.

Christliche Versammlungen werden einem solchen Brauch nicht zustimmen, selbst nicht in Ländern, wo er öffentlich anerkannt wird. Sie werden verlangen, daß jene, die sie in ihre Gemeinschaft aufnehmen, davon abstehen oder aufhören, einen solchen Brauch zu pflegen, wenn sie nicht sogleich heiraten. Wenn die Verlobungszeit für das Paar zu lange dauert, um ohne Zusammenleben auszukommen, dann sollten sie die Verlobung so schnell wie möglich zur Vollendung bringen, indem sie die gesetzliche Ehe mit ihren ehrenhaften Rechten eingehen."

Jesuitenhetze

Es liegt mir fern, den katholischen Orden der Jesuiten besonders verteidigen zu wollen. Aber ich halte es durchaus für registrierenswert, wie die Schweizer Ausgabe des "Erwachet!" da mal gegen die Jesuiten polemisiert (Ausgabe vom 22. 8. 1953). Mein Einwand zu diesen Ausführungen ist der. Man möge die WTG mit dem gleichem Maß messen, dass sie glaubt den Jesuiten gegenüber in Anwendung bringen zu können. Insbesondere die Missionsbestrebungen der Zeugen Jehovas. Denn das was da den Jesuiten vorgehalten wird, lässt sich in vielerlei Hinsicht auch auf die Zeugen Jehovas übertragen. Man liest in diesem Artikel:

"Die Schweizerische Bundesverfassung bestimmt nämlich in Art. 51: "Der Orden der Jesuiten und die ihm affilierten Gesellschaften dürfen in keinem Teile der Schweiz Aufnahme finden, und es ist ihren Gliedern jede Wirksamkeit in Kirche und Schule untersagt."

Diesem klar formulierten Verbot steht aber die Tatsache entgegen, dass z. B. in der Stadt Zürich heute allein mindestens zwanzig Jesuiten tätig sind, die zum Teil wichtige Posten innehaben, wie im Apologetischen Institut, im katholischen Akademikerhaus usw.

Der Jesuitismus widerspricht nicht nur der Schweizerischen Bundesverfassung, er steht auch in krassem Widerspruch zu den klaren Prinzipien der Heiligen Schrift als Gottes geoffenbarter Wahrheit. Christus hat nämlich keinen Stosstrupp zur Unterwerfung der Welt unter die Autorität eines Papstes ausgesandt, als er seine Jünger mit christlicher Mission betraute. Er wollte vielmehr in aller Welt Zeugen seines Wortes haben …

Christus gründete keine Totengräberkolonne zur Beerdigung bürgerlicher Freiheiten, sondern war daran interessiert, die Menschen im göttlichen Sinne freizumachen: 'Für die Freiheit hat Christus uns freigemacht; stehet nun fest und lasset euch nicht wiederum unter einem Joche der Knechtschaft halten.' (Galater 5:1) Christus wollte nicht politische Macht in dieser Welt, auch nicht für seine Nachfolger, sondern wollte von seinen Jüngern, dass sie der Welt die Botschaft vom Königreich Gottes überbringen sollten, ehe Gott der Menschenherrschaft ein Ende macht. … Die Jesuiten finden in der Heiligen Schrift keine Stütze für ihre schlaue Moraltheologie und ihre durchtriebenen Methoden, die oftmals skrupellosen Charakter annahmen. Die Bibel fordert vielmehr: 'Alles, was wahr, alles was würdig, alles, was gerecht, alles, was rein, alles, was lieblich ist, alles was wohl lautet, wenn es irgend eine Tugend gibt, … dieses erwäget', 'auf dass ihr tadellos und lauter seid, unbescholtene Kinder Gottes, inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechtes, unter welchen ihr scheinet wie Lichter in der Welt.' - Philipper 4:8; 2:15.

Menschen, denen Freiheit etwas bedeutet und die erkennen, dass die Weltherrschaft nicht der katholischen Kirche, sondern Jehova Gott und Christus zusteht, werden die Jesuitengefahr nicht unterschätzen. Sie glauben deshalb nicht, dass es im Interesse der Freiheit wäre, die Mauern der Bundesverfassung zu durchbrechen, um das Trojanische Pferd des Jesuitismus in einen freien Staat hereinzuziehen."

Ein neuzeitlicheres "Trojanisches Pferd" hört auf den Namen Körperschaftsansprüche des öffentlichen Rechts (KdöR) für Jehovas Zeugen. Auch die gehören zu den Totengräbern der Demokratie!

Nürnberg 1953

Im Jahre 1953 veranstalteten die Zeugen Jehovas auch in Nürnberg einen ihrer Kongresse. In der Zeitschrift "Zeitwende" wird unter dem Namen "Martin Lagois" darüber wie folgt berichtet:

"Invasion der 'Zeugen Jehovas'

Wie Heuschrecken fielen eines schönen Samstagsnachmittag, die 'Zeugen Jehovas' über sämtliche Häuser der Stadt Nürnberg her, um nach einem festgelegten Plan an jeder Haustür in persönlichem Gespräch für die Sekte zu werben.

Dadurch sind fast alle evangelischen Gemeindeglieder zu irgendeiner inneren Auseinandersetzung mit ihnen gezwungen worden. … Die Nürnberger Bevölkerung selbst war allerdings durch ihre auch sonst allenthalben spürbare religiöse Gleichgültigkeit weitgehend gegen eine tiefere Wirkung jenes Kongresses der 'Neuen-Welt-Gesellschaft' gefeit, der diese Heuschreckenschwärme ausgesandt hatte; sie beteiligte sich nur in geringem Maße an seinen Veranstaltungen. Aber aus allen Gegenden Westdeutschlands, aus Berlin und einigen europäischen und überseeischen Ländern waren etwa 35 000 Teilnehmer gekommen; bei der öffentlichen Kundgebung am Sonntagnachmittag mögen ungefähr 50 000 Zuhörer zugegen gewesen sein. Nach Angaben eines der Pressereferenten ist die Zahl der 'Zeugen Jehovas', die im Jahre 1933 in Gesamtdeutschland etwa 13 000 betrug, während der Nachkriegszeit allein in Westdeutschland auf etwa 45 000 gestiegen. Die stärkste Gruppe in der Bundesrepublik befindet sich mit 2500 'Verkündigern' in München.

Wenn man sich die einzelnen Gesichter anschaute, dann schienen die Kleinbürgerschicht und der gehobene Arbeiterstand vorzuherrschen.

Einige Teilnehmer, anscheinend wohlhabende Geschäftsleute, fuhren in eigenem Wagen vor. Urteilsfähige Beobachter, denen die starke Beteiligung der Jugend auffiel, gewannen den Eindruck, daß der totale Radikalismus dieser religiösen Gemeinschaft auf junge Gemüter anziehender wirke als die wohltemperierte Atmosphäre in den landläufigen Kirchengemeinden. Nach den Berichten der Vertreter aus Norddeutschland scheinen dort die meisten neu hinzugekommenen Anhänger Heimatvertriebene zu sein. Die Kälte, mit der sie in ihren neuen Ortsgemeinden aufgenommen wurden, mag sie dort keine neue religiöse Heimat haben finden lassen. In den Arbeitsberichten wurde immer wieder betont, wie schwer in allen Gebieten die einheimische Landbevölkerung umzustimmen sei. Offenbar macht die 'Neue-Welt-Gesellschaft' nur in den Städten und auf dem Lande ausschließlich in Kreisen der Heimatvertriebenen gewisse Fortschritte. Einige Reaktionen der Zuhörerschaft ließen erkennen, daß die Mehrzahl früher der römisch-katholischen Kirche angehörte.

Bis auf einige versteckte hämische Seitenhiebe trat eine offene Kirchenfeindlichkeit gegen Katholiken und Evangelische bei dem Kongreß kaum klar zutage. Es fiel aber allgemein auf, wie lebhaft die Massen sofort auf solche heimlichen Angriffe reagierten."

Paragraphenreiter

Eine Blütenlese Bundesdeutscher Juristerei sei noch zitiert. In der Fachzeitschrift "Das Standesamt" Ausgabe vom 10. 9. 1953 verbreitet sich ein Amtsgerichtsrat Dr. Müller "Über die Eintragung der Zugehörigkeit zu den 'Zeugen Jehovas'". Er nimmt Bezug auf einen Beschluß des Amtsgerichts Mannheim vom 29. 4. 1953:

"Olga S. … Stellte vor dem Standesbeamten des Standesamtes M. den Antrag auf Berichtigung des Geburtenbuches 1951. Bei ihrer richterlichen Anhörung trug sie zur Begründung vor, daß im Jahre 1951 gegen ihren Willen ihre Zugehörigkeit zu den 'Zeugen Jehovas' in das Register eingetragen worden sei. Dies könne nur auf die von einer Fürsorgerin abgegebene Meldung zurückgeführt werden. Ihr Wille sei es gewesen, in das Geburtenbuch die Bezeichnung 'bekenntnislos' eintragen zu lassen, wozu sie durch die Vorschriften der 'Zeugen Jehovas', die man wegen möglicherweise zu erwartender Verfolgungen getroffen habe, verpflichtet sei. Auch im Hinblick darauf, daß die 'Zeugen Jehovas' nicht als Religionsgemeinschaft bezeichnet werden könnten, wünsche sie die Berichtigung.

Das religiöse Bekenntnis darf zukünftig also nur noch auf Antrag, nicht allgemein, eingetragen werden. Diese Neuregelung darf hier aber nicht berücksichtigt werden, weil sie zur Zeit der Eintragung der Geburt des Siegfried K. noch nicht erlassen war.

Die 'Zeugen Jehovas' sind rechtlich als Religionsgesellschaft … Zu bewerten, unabhängig davon, daß sie nicht den Status einer juristischen Person des öffentlichen Rechts haben. Dem Antrag konnte daher nicht stattgegeben werden."

Siehe auch:

Kommentarserie 1953 zusammengefasst

Der nächste Jahrgang   1954

Notizen aus "Informator" 1953

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