Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Ein Spinner vor dem Herrn

Wer es noch nicht wusste:

Das "Tausendjährige Reich" begann im Jahre 1994. "Die vollständige Einführung der neuen Ordnung und das Auslöschen aller Spuren der alten Ordnung, soweit es ihre gesellschaftliche Struktur anbetrifft, wird sich zwischen den Jahren 1957 und 1994 ereignen. Das Tausendjährige Reich wird bis zum Jahre 2994 dauern." (S. 109)

Wer es noch nicht wusste:

"In der Zeit zwischen 1954 und 1994 wird die Kirche vollkommen gereinigt werden." (S. 101)

Wer es noch nicht wusste:

"Christus sagt uns, daß innerhalb der von der Vorsehung dazu bestimmten Generation (1917-57) die alte Ordnung mit 'Himmel und Erde vergehen werden' in 'einer nie erlebten Schreckenszeit', und 'in Unglück und Not der Völker' - genau das, was sich jeden Tag ereignet." (S. 91)

Wer es noch nicht wusste:

"In der Bibel werden für eine Generation 40 Jahre festgesetzt. Eine 1917/18 beginnende Generation endet demnach 1957/58. Das letzte Jahr dieses Abschnittes wird das Jahr 1956 sein, und es ist eine fesselnde Tatsache, dieses Datum am Ende der 'unterirdischen Kammer' in der Großen Pyramide zu sehen." (S. 78)

Und: "Gemäß der Prophezeiung sollen sich alle diese Geschehnisse in der Zeit von 1957-58, ehe die Periode unserer Generation ausklingen wird, ereignen, d. h. die Vorbereitung dazu soll 1956-57 abschließen. Durch geometrische Vermessungen haben wir festgestellt, daß am Ende des Passagensystems der Großen Galerie das Jahr 1954 bezeichnet und mit der großen Prophezeiung unseres Herrn genau übereinstimmt." (S. 90).

Wer es noch nicht wusste:

"2520 Jahre nach dem Herbst des Jahres 607 v. Chr., dem Machthöhepunkt des babylonischen Reiches, weisen auf den Herbst des Jahres 1914. Dieses Jahr ist der Beginn der 'Schreckenszeit', in der die aggressiven Reiche Europas vor der Einführung der 'neuen Ordnung' vollständig zerschlagen werden. Entsprechend der göttlichen prophetischen Uhr begannen die Schrecken der Zerstörung zu der genau festgesetzten Zeit des Jahres 1914. Die Prophezeiungen der Pyramide und der Bibel stimmen also vollkommen überein." (S.76)

Und: "Die nächsten 40 Jahre bringen uns zum gegenwärtigen Zeitpunkt 1953/54, den Beginn der Abschlußphase der '2300 Tage'-Prophezeiung Daniels, und dem Wendepunkt dieser Übergangsperiode. Hier wird die Reinigung des Tempels Israel durch Gott beginnen, welche 40 Jahre später 1993/94 am Ende der '2300 Tage' abschließen und das Tausendjährige Reich in seiner universellen Bedeutung einleiten wird." (S. 73).

Wer es noch nicht wusste:

"Bei der Erforschung der Pyramide entfernen wir uns nicht von der Heiligen Schrift und verstoßen auch nicht gegen ihre Gebote, denn es gibt eine bis jetzt wenig beachtete Stelle in der Bibel, in der die Große Pyramide als der 'Steinerne Zeuge' Gottes, der in unseren Tagen sprechen wird, bezeichnet ist. Wer an die Bibel glaubt, aber die Stimme der Pyramide nicht hört, dem fehlt etwas, was Gott zu seiner geistigen Erbauung in unserem Zeitalter bestimmt hat. Die betreffende Stelle der Heiligen Schrift, die sich auf die Pyramide bezieht und deren Bedeutung bis zu unserem wissenschaftlichen Zeitalter, indem wir ihrer bedürfen, verborgen blieb, ist Jesaja 19, 19-20. Sie lautet: 'Zu derselben Zeit wird des Herrn Altar mitten in Aegypterland sein und ein Malstein (hebräisch matstsebah = Denksäule) des Herrn am den Grenzen, welches wird ein Zeichen und Zeugnis sein dem Herrn Zebaoth in Aegyptenland. Denn sie werden zum Herrn schreien vor den Drängern, so wird er ihnen senden einen Heiland und Meister, der sie errette." (S. 26).

Wer es noch nicht wusste.

Anläßlich seines Machtantrittes in der WTG warf Rutherford mittels juristischer Winkelzüge auch einige Konkurrenten "achtkantig" heraus. Unter ihnen auch ein gewisser P. S. L. Johnson. Dieses Faktum keineswegs akzeptierend, bemühten sich die Herausgeworfenen, als vermeintliche Gralswächter der "reinen Russelllehre", eine gewisse Gefolgschaft um sich zu sammeln. Was Johnson anbelangt, so ist da insbesondere die sogenannte "Laien Heim Missionsbewegung" (Laymen's Home Missionary Movement) zu nennen. Überwiegend im Englischsprachigem Raum vertreten. In Rudimenten aber auch in Deutschland. Neuerdings hier sogar mit einer eigenen (nicht sonderlich "beachtenswerten") Internetpräsenz.

Wer es noch nicht wusste.

In Tübingen gab es eine Buchdruckerei eines gewissen Ludwig Gsell. In geringerem Umfange fungierte diese Firma zeitweilig auch als Verlag. So ist einiges Kleinschrifttum der "Laien Heim Missionsbewegung" genau dort gedruckt worden.

Ein größeres dort erschienenes Buchprojekt ist auch das des Adam Rutherford "Die Große Pyramide. Die Bibel in Stein". Das Vorwort ist datiert: London, Mai 1952.

Das Impressum der deutschen Ausgabe vermerkt: Berechtigte Übersetzung aus dem Englischen v. Dipl. Dolm. Georg Frauenstein. Ein Exemplar genannten Buches befindet sich im Bestand der Deutschen Bibliothek zu Frankfurt/M. (dortige Signatur D 57/4245). Im Vorwort wird weiter ausgeführt, dass es neben der Englischen und Deutschen auch noch eine holländische und eine isländische Ausgabe jenes Buches gäbe.

Einen weiteren Kommentar erspare ich mir. Die Absurdität der Bibel-Pyramiden-"Kaffeesatzleser" spricht auch so für sich.

Ein vernichtendes Urteil über jene Pyramidologen fällte auch Kurt Mendelssohn. Vernichtend? Mag man rückfragen. In der Tat das Fragezeichen ist angebracht. Denn eines offenbart sich auch hier. Die diesbezüglich Gläubigen w o l l e n glauben. Sie w o l l e n einfache Antworten auf weit komplizierte Zusammenhänge haben. Nicht nur im Falle der Pyramidologie. Sondern offenbar grundsätzlich bei allen Arten von Glauben, deren es noch mehr gibt. Mit der Ratio erreicht man bei den Gläubigen da nicht sonderlich viel. Sie schütteln das ab wie ein nass gewordener Hund sein Fell trocknet.

Hat man dies auch konsterniert zur Kenntnis zu nehmen, so ist es dennoch kein Freibrief dafür, auf diesbezügliche Gegenargumente grundsätzlich zu verzichten.

Mendelssohn kommt in seinem Buch "Das Rätsel der Pyramiden" auch auf den Piazzi Smyth und seine Nachfolger zu sprechen. Nachstehend einiges aus seinem diesbezüglichen Kommentar:

Zu meinem Erstaunen entdeckte ich darüber hinaus, daß in der englischsprachigen Welt eine ungeheure Menge von Schriften über die große Pyramide im Umlauf ist - Schriften, die von Anhängern und Epigonen Piazzi Smyth's verfaßt und verbreitet werden. Diese umfangreiche Pyramiden-Literatur befaßt sich hauptsächlich mit Weissagungen auf der Grundlage einer Spezialmischung aus Mathematik und Bibelzitaten, und tatsächlich ist dies die "Formel", die der Königlich Schottische Staatsastronom erfand. Auf diese Art von Literatur hier näher einzugehen, hat wirklich wenig Zweck. Sie ist unglaublich umfangreich, voller Wiederholungen und Stumpfsinn - an ihren Meister kommen diese Nachahmer wirklich nicht heran. Die Prophezeiungen beruhen durchweg auf irgendwelchen Messungen, die bald nach diesem, bald nach jenem Maßsystem innerhalb der Pyramide vorgenommen wurden. Als beliebiges Beispiel greife ich ein Buch heraus, das mir der Zufall in die Hand spielte (Basil Steward, The Great Pyramid ["Die große Pyramide"], erstmals veröffentlicht 1925), und entnehme ihm … ein Diagramm. Da ich es nicht über mich bringen konnte, ein früheres Werk des gleichen Verfassers zu erstehen, in dem das fragliche Diagramm ausführlich erläutert wird, bin ich außerstande anzugeben, was sich an jenem "Pyramidendatum" ereignete, das angeblich die Stufe ganz rechts auf der Zeichnung markiert [25. Januar 1844]. Doch ganz deutlich kann man sehen: Für die Briten brach der Erste Weltkrieg am 5. August 1914 aus (selbstverständlich ist auch dies ein "Pyramidendatum"!), und die Menschheit hatte eine niedrige, niederdrückende Tunnelstrecke zurückzulegen, bis sie sich am 11. November 1918 in der hochgebauten Vorkammer wieder erheben konnte. In der 1931 veröffentlichten dritten Auflage verkündet der Verfasser triumphierend, er habe den Eintritt des nächsten Zeitalters, der nächsten "Tunnelstrecke", am 29. Mai 1928 geweissagt, und hätte man nur auf seine Weissagungen gehört, hätte Gottes eigenes Volk sich ganz gewiß auf den Börsenkrach in Wall Street vorbereiten können! Von da an bewegen wir uns - von der 1931ger Auflage aus gesehen - in der Zukunft, und wir sehen, daß das "Königreich des Himmels" sehr passend mit dem Abschluß des Achsenpaktes zwischen Hitler und Mussolini im September 1936 begann. Mit einem unheimlich geringen Fehl-Treffer von nur einem einzigen Monat wird die Mitte des "Gelobten Zeitalters" durch die erste Atombombenexplosion auf der Ebene von Alamogordo markiert; aber nun sitzen wir noch immer hier und haben gar nicht Notiz davon genommen, daß die Welt am 20. August 1953 untergegangen ist!

Im weiteren widmet sich Mendelssohn dann einigen biographischen Details des Werdeganges von Piazzi Smyth, die hier übersprungen werden sollen, um mit seinem nachfolgenden Kommentar fortzufahren:

Ohne allen Zweifel schnappten einmal in Gang gesetzt, Piazzi Smyth's angeborene Exzentrizität, sein schottischer Puritanismus und sein Wunsch, eine unmittelbare Verbindung zwischen Britannien und der Bibel zu finden, total über. Er kannte Herschels Opposition gegen das metrische System und auch Herschels Arbeit über die Cheopspyramide. Und auf diesem Fundament startete Piazzi Smyth seinen Feldzug, der naturwissenschaftliche Argumente und theologische Vorstellungen unentwirrbar durcheinanderdringt. Man spürt: Smyth glaubte ganz offensichtlich an seine eigene Art von Logik, doch man wäre glücklicher, wenn er dabei nicht so clever wäre. Seine Argumentation hat in ihrer Einfachheit etwas Umwerfendes: Die große Pyramide ( = die Cheopspyramide) war, so meint er, in Zoll erbaut. Die "tiefen mathematischen Einsichten", die das Monument angeblich verrät, "beweisen": Der Bau dieser Pyramide muß unmittelbar von Gott inspiriert gewesen sein! Daher ist der Zoll ein von Gott gegebenes Maß und somit notwendigerweise dem Zentimeter überlegen, der seinerseits "der wildesten, blutdürstigsten und gottlosesten Revolution einer gesamten Nation, die die Welt je sah" seine Einführung verdankt. Es ist wirklich schwer, hiergegen mit Argumenten anzugehen.

Seltsam genug - diese Art von "Beweisführung" hatte Piazzi Smyth sich nicht einmal selbst zurechtgeschneidert. Er übernahm seine "Argumente" von einem gewissen John Taylor, der 1859 ein Buch veröffentlichte, das den Titel trug: The Great Pyramid, Why Was It Bult and Who Built It? ( = "Die große Pyramide - warum wurde sie gebaut, und wer baute sie?").

Taylor war weder Ägyptologe noch Astronom, sondern Verlagsbuchhändler im Ruhestand. Dennoch scheint er der erste gewesen zu sein, der anhand der Angaben Vyse's und Perring darauf kam, daß das Verhältnis der Höhe zum Pyramidenumfang der Relation 1:2 pi erstaunlich nahekommt. Ganz zu Recht hob er hervor: Die Ägypter der damaligen Zeit konnten diese irrationale Zahl unmöglich kennen. Seine Folgerung: Die Pyramidenbauer müssen unmittelbar von Gott geleitet worden sein, zumal sie ja auch bereits britische Maße verwendeten! Eine so enge Verbindung zwischen Britannien und der früh-biblischen Geschichte war damals sehr in Mode - sie war der letzte Schrei, seit ein gewisser Richard Brothers behauptet hatte, die Briten seien die Nachkommen der "verlorenen Stämme Israels" …

Im Winter 1864/1865 zogen Piazzi Smyth und seine Frau nach Ägypten, um hier "ihren" Zoll zu suchen. In der Vorkammer der Cheopspyramide fand Smyth an einer senkrechten Granitplatte eine halbkreisförmige Bossierung, eine Art Knauf, die - bzw. der - ganz eindeutig den Zweck hatte, das Anheben der Platte zu erleichtern, als man diese Platte in ihre jetzige Position brachte. Diese Bossierung, dieser Knauf, war ungewöhnlich roh, doch Piazzi Smyth entschied: Das Gebilde sei genau einen "Pyramidenzoll" hoch und fünf "Pyramidenzoll" breit. Immerhin war Smyth redlich genug, in seinem Buch eine Abbildung zu veröffentlichen, die allerdings ganz und gar nicht den Eindruck erweckt, daß man hier das ganz persönlich von Gott übermittelte Standard- und Ur-Maß vor sich hat. Der Glaubwürdigkeit des ganzen war es auch nicht besonders dienlich, als man Jahre später einen Anhänger Smyth's dabei ertappte, wie er an der Bossierung, dem Knauf, herumfeilte, damit die Maße etwas besser stimmten. Piazzi Smyth jedenfalls machte sich an das Ausmessen des Pyramidenumfanges, teilte ihn durch 365,242 ( = die Anzahl der Tage eines tropischen Jahres) und dann noch einmal durch 100 - und schon wieder war er beim "Pyramidenzoll" gelandet.

Nun gab es kein Halten mehr. Das Vermessen und Berechnen wollte nicht mehr aufhören. Angeblich enthüllte die Pyramide die Massendichte unseres Planeten, die Kopfzahl der (1870) (!) Lebenden Menschen - und noch vieles, vieles Wunderbares darüber hinaus. Unmöglich, all dies hier aufzuzählen und zu erläutern, denn dies erfordert - Piazzi Smyth hat es gezeigt - nicht weniger als 616 Druckseiten. Je weiter Piazzi Smyth vorankommt, desto mehr vermischt sich Mathematik mit religiöser Symbolik, bis Smyth schließlich bei Prophezeiungen angelangt ist, die sich aus der in "Pyramidenzoll" gemessenen Länge der Pyramidengänge ergeben sollen. Was immer es war - Smyth überlebte es wohlbehalten und starb erst 1900 im hohen Alter von 81 Jahren eines ganz natürlichen Todes. Immerhin scheinen Smyth's eigene Berechnungen (ganz im Gegensatz zu denen seiner knallköpfigen modernen Jünger) kein unmittelbar bevorstehendes Weltende anzukünden. Jedenfalls habe ich mir die Freiheit genommen, anhand der Daten des Königlichen Astronomen eigene Berechnungen anzustellen und gebe mir aufgrund dieser Daten noch gut 500 Jahre Zeit, mich auf den Weltuntergang vorzubereiten! Nichts beweist vielleicht überzeugender, wie ernst es dem Propheten war, als der Kreuzzugsgeist seiner Werke. Selbstverständlich war sich auch Piazzi Smyth darüber im klaren, daß seine Theorie einen äußerst schwachen Punkt hatte: Die Tatsache nämlich, daß es auch andere Pyramiden gab, aber daß nur eine "göttliche Offenbarungen" enthielt. Smyth zog sich aus der Klemme, indem er die Cheopspyramide für das älteste Bauwerk seiner Art und alle anderen Pyramiden für "Imitationen" erklärte. …

Die wissenschaftliche Widerlegung der Theorie Piazzi Smyth's kam aus einer Richtung, aus der man sie am wenigsten erwartet hätte … 1880 … führte er in Gizeh eine brillante Vermessung durch, die an Genauigkeit nichts zu wünschen übrig ließ. Und sie ergab ganz zweifelsfrei: Piazzi Smyth's Maße waren alle falsch, und es gab nichts, was seine Theorien wirklich stützte. Es sei bemerkt, daß der junge Mann William Matthew Flinders Petrie hieß, und aus Petrie, dem einstigen "Pyramidenmathematiker", wurde einer der größten Ägyptologen seiner Zeit, ja einer der bedeutendsten Pioniere der modernen Archäologie überhaupt.

Doch wie nicht anders zu erwarten: Piazzi Smyth zeigte sich durch Petries Resultate keineswegs sonderlich beeindruckt. Im Gegenteil. Er hielt lediglich einige geringfügige "Korrekturen" für nötig, die nach seiner Auffassung alles wieder ins Lot brachten, ja - dies durfte nicht ausbleiben! - zu weiteren "Offenbarungen" führten. Smyth's ganzes Glück bestand in seiner immer mehr zunehmenden Anhängerschaft, die an seiner Seite den Kreuzzug für den gottgewollten englischen Zoll gegen das gottlose Dezimalsystem französischer Revolutionäre und Königsmörder ausfochten. Auch nach Smyth's Tode nahmen die Pyramiden-Prophezeiungen kein Ende, und auch heute, mehr als ein volles Jahrundert nach der "Taylor-Herschel'schen Pyramidenanalogie" ist dieses Ende nicht abzusehen.

Soll man Rutherford eigentlich "dankbar" dafür sein, dass er nach anfänglichem Schwanken sich doch dazu durchgerungen hat, der Pyramidenlehre seines Vorgängers den Todesstoß zu versetzen? Warum entschloss sich J. F. Rutherford dazu? Doch wohl auch deshalb, weil die Naivität solcher Kaffeesatzthesen zu offensichtlich mit den Händen greifbar war. Wohl aber kaum aus innerer Überzeugung. Es ging also lediglich darum, eine zu sehr ungesicherte Angriffsflanke zu neutralisieren.

So wie es schon im Urchristentum mit der Naherwartungsthese war, man werde missionarisch nicht alle Häusern Israel erreichen, weil vorher das Ende käme. So wie diese These schon damals neutralisiert wurde mit der weiteren These: Ein Tag sei bei Gott wie bei Menschen tausend Jahre. Genauso mussten es alle bisher danach aufgetretenen neueren Endzeitbewegungen, früher oder später auch handhaben. Egal ob Adventisten, Zeugen Jehovas oder der "nicht sterbende" Stammapostel der Neuapostolen es mal verkündeten.

Sie alle mussten, mit mehr oder weniger Geschick, die "Kurve meistern"; möglichst mit viel Wortgeklingel, damit ihre dummen Schafe das nicht so bewusst mitbekommen möchten. Wie man sieht ist diese Rechnung auch weitgehend aufgegangen.

Immerhin, gibt es aber doch einige Unflexible zu registrieren, die unbeirrt an ihren Ursprungsthesen festhalten. Einer von ihnen, ein gewisser Adam Rutherford (nicht zu verwechseln mit J. F. Rutherford), der besonders auf dem Pyramidenthema herumritt und es in dogmatisch unbeweglicher Form fortschrieb. Nicht nur in Großbritannien, seinem Heimatland, sondern auch in Deutschland, fanden seine Thesen eine gewisse Verbreitung.

So liegt von ihm, neben seinem Pyramiden-Buch noch ein zweites vor, dass sich gar zu den deutlich ausgesprochenen These versteigt: 1956 sei Harmagedon! Das englische Vorwort selbiger Schrift datiert vom September 1950. Einige Zeit danach erschien es auch in dem gleichen Tübinger Gsell-Verlag, der schon das Pyramiden-Buch herausbrachte.

Vollmundig meint sein Verfasser:

"Die Jahre 1955 bis 1956 umfassen die größte soziale, politische und religiöse Krise aller Zeiten, gemäß der Bibel und der Großen Pyramide. ...In diesen Jahren wird die 'große Drangsal' der Prophetie und 'die Schlacht des großen Tages Gottes, des Allmächtigen' - Harmagedon - sein." (S. 9).

Wie auch andere Endzeitpropheten, versucht er Israel mit in sein Weltbild einzubauen:

"Die Entwicklung im Heiligen Land ist, dem Göttlichen Plan gemäß, folgende: In der Zeit zwischen dem ersten Weltkrieg (1914 - 1918) und Harmagedon (1956) findet die Sammlung der Juden (Juda) statt, und in der Zeit von 1956 bis 1994 die Rückkehr des Hauses Joseph. Bis 1994 wird sich das Tausendjährige Reich zu seiner vollen Größe und Herrlichkeit entwickelt haben."(S. 30)

Sich selbst meint er unter den vorher "Entrückten" wiederzufinden:

"Im Bezug auf die Entrückung der Gemeinde wissen wir 'weder Tag noch Stunde', aber wir wissen die 'Jahreszeit'... Aus der Schrift geht klar hervor, dass die Ueberwinder - die wahre Gemeinde - noch vor der "Schlacht des Großen Tages Gottes" in ihre Herrlichkeit und Macht eingeführt sein werden, also vor 1956." (S. 31)

Da das ganze irgendwie praktikabel vonstatten gehen müsse, glaubt er auf einen dritten Weltkrieg spekulieren zu sollen: "In Sacharja 14,2 spricht Gott: 'Ich werde alle Nationen nach Jerusalem zum Kriege versammeln.'

Der russische oder kommunistische Angriff nicht nur gegen das Heilige Land, sondern schon vor dem in verschiedenen Teilen der Welt, wird zu dem Punkt führen, wo Gott eingreift.

Die Menschen werden einen dritten Weltkrieg entfesseln, aber Gott wird diesen an Seinem Großen Tag beenden."

Wäre wohl kommentierend abschließend nur noch eines zu sagen:

"Und wenn sie nicht gestorben sind - dann spekulieren sie noch übermorgen!"

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