Notizen aus „Informator" 1954

Größenwahn lässt grüßen, dieser Kommentar drängt sich dann wohl auf, wenn man in der Januar Ausgabe 1954 des „Informator" liest, die Quote für den 16. jährlichen „Wachtturm"-Feldzug (in der Regel auf vier Monate terminiert) sei für Westdeutschland die Aquirierung von 100.000 neuen „Wachtturm"-Abonnements. Dazu muss man dann auch die in der gleichen „Informator"-Ausgabe abgedruckte Vergleichszahl beachten. Ihr zufolge wurden im Jahre 1953 28.503 neue WT-Abonnements erlangt. Und nun sollen die sich gar auf die 100.000 Marke steigern.

Das alles sei „ganz einfach" rechnet die WTG vor. Der Januar 1954 habe fünf Wochenende. Jedes Wochenende mindestens 2 Stunden Treppenterierdienst, zuzüglich 1 Stunde Nachbesuche, ergo 15 Stunden zusammen, um dabei den Leuten auch den „Wachtturm" aufzuschwatzen.

Eine Art Zwischenbilanz dazu veröffentlicht die März-Ausgabe 1954 des „Informator" wenn sie mitteilt, in den USA hätte man im Januar 1954 94.339 neue Abonnements erlangt. In Westdeutschland zur gleichen Zeit hingegen nur 7.411. Erneut stellt der „Informator" die rhetorische Frage: „Werden wir bis Ende April in Westdeutschland 100.000 neue Abonnements erlangt haben?"

So wie es indes aussieht, dürften die Herrschaften des vorauseilendem Gehorsams im deutschen WTG Zweigbüro, ihre Musterschüler-Ambitionen, wohl ein weiteres mal, letztendlich zu begraben haben!

Nicht zum ersten mal, erneut wiederholt die Januar 1954 Ausgabe des „Informator" die Warnung:  „wonach sich gewisse Leute als Verfolgte aus dem Osten ausgeben, und dabei mit mehr oder weniger, großen Kenntnissen über die Organisation oder bekannte Brüder Geld für die Reise oder andere Zwecke erbitten." Angeblicherweise seien diese bösen Buben aber keine Zeugen Jehovas. Ob sie es nun sind oder nicht, andererseits besteht der Umstand, dass es WTG-seitig, keinerlei materiellen Hilfsprogramme für ihre Ostflüchtlinge gibt. Insoweit erweckt solch eine pauschale Behauptung, die sich im Behaupten ohne Belege erschöpft, eher einen faden Beigeschmack.

Um nochmals auf die WTGseitige geforderte Quote er 100.000 neuen WT-Abonnements zurück zu kommen. In der Februar Ausgabe 1954 des „Informator" dämmert selbst der WTG schon, dass da objektive Schwierigkeiten bestehen könnten. Die Hauptschwierigkeit, welche die WTG selber auszumachen pflegt, sei das Wetter. Es ist ja in der Praxis so, dass sich ein Abonnement nicht schon innerhalb der ersten dreissig Sekunden aufschwatzen lässt. Da muss der Treppenterrier schon einiges an Zeitaufwand, zwecks Überredung, investieren. Und nun stellt sogar die WTG selber fest:

„Bei kaltem Wetter stehen die Wohnungsinhaber nicht gern an der offenen Tür. Es ist dort zu kalt, um es in der Zimmerkleidung aushalten zu können." Ergo nicht unbedingt optimale Rahmenbedingungen. Deshalb lautet die WTG-Instruktion in der Februar-Ausgabe des „Informator", beim anpredigen solle man schon mal ziemlich deutlich mit einfließen lassen, man würde es gerne sehen, vom Wohnungsinhaber zum Eintritt in dessen Wohnung aufgefordert zu werden. Das alles möge zwar „taktvoll" aber dennoch unüberhörbar gesagt werden. Was das „taktvolle" indes anbelangt, dürften wohl einige Zweifel berechtigt sein, zumal einige der besonders taktvollen, etwa mit dem Fuß in die Tür stellen, ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen belieben. Dazu wird WTGseitig zwar nicht aufgefordert. Indes auch nichts reales zur Verhinderung solcher Konstellationen getan.

„Nun kannst auch du Ferienpioner sein" jubiliert die Februar-Ausgabe 1954 des „Informator" weiter. Das alles in ziemlich geheimnisvoller Art verpackt. Die Rede ist von einem separaten Brief, der dazu verlesen werden solle. Im Standardtext des „Informator" indes ist er nicht mit abgedruckt. Warum das? Die WTG hat doch ansonsten keinerlei Skrupel, ihre neuesten Ententeich-Forderungen, auch jeweils lautstark zu verkünden.  „Wie man schon während zwei Ferienwochen Pionierdienst tun kann, werden in einem Brief bekanntgemacht" heisst es weiter.

Dann darf wohl an die „Informator" Ausgabe, einige Jahre zuvor, vom Februar 1950 erinnert werden. Damals verschärfte nämlich die WTG ihre Anforderungen an die „Ferienpioniere" indem sie auch von diesen glashart forderte: „Anwärter sollten sich bereit erklären mindestens zwei Monate in diesem Dienste zu stehen. ... (und wenn) bei guter Planung 200 Stunden in zwei Monaten voraussichtlich erreicht werden, wird die Gesellschaft dem Antragsteller die Pioniervorrechte für zwei Monate oder längere Zeit gewähren."

Offenbar wurde diese überdrehte Forderungsschraube, nun ein paar Windungen zurückgedreht. Und diese faktische Niederlage des WTG-Forderungsanspruch dann gar noch als große Neuigkeit verkauft.

Die März Ausgabe 1954 des „Informator" beklagt erneut: „Das Alte-Welt-System hält die Verkündiger noch zu sehr damit beschäftigt, ihren Lebensunterhalt zu verdienen."  Zur Unterstreichung ihrer Klage werden wieder mal - per Demonstration - von der WTG nicht gewünschte Verhaltensweisen an den Pranger gestellt. Angeblicherweise aber soll das alles „taktvoll" dargeboten werden. Der Wunsch die betörten Schafe dabei nicht gar zu sehr zu verschrecken, mag dann ja wohl vorhanden sein. Ob dieses vermeintliche „taktvoll" bei den Adressaten wirklich so ankommt, erscheint doch eher zweifelhaft. Um also vermeintlicherweise „taktvoll" zu sein, verpasst die WTG ihrem Demonstrationskandidaten einen wohlklingenden Namen als „Bruder Ehrlich". Das war es dann wohl auch schon. Ansonsten sieht besagter „Bruder Ehrlich", sich eher inquisitorischen Fragen ausgesetzt.

Zum Beispiel der, warum er denn erst so relativ später vor Versammlungsbeginn den Königreichssaal betreten habe.  Überhaupt, warum er den angebotenen Versammlungsmarathon nicht regelmäßig und vollständig absolviere. Sogar eine Art Verteidigung, gegen die an seine Adresse gerichteten Vorhalte, wird dem „Bruder Ehrlich" ausnahmsweise mal gestattet. Da soll selbiger also gesagt haben:

„Ehrlich erwidert, er sei nach der Arbeit müde und brauche etwas Entspannung. Deshalb könne er die Dienstamtschule nicht regelmäßig besuchen. ... Ehrlich erklärt, daß er zur Dienstversammlung nicht immer bleibe, weil er ja den 'Informator' sowieso stets lese und lieber heimgehe, um sich frühzeitig schlafen zu legen."

Zu letzterer Antwort indes meinen die Inquisitoren definitiv zu wissen:  „daß Ehrlich nicht sehr früh schlafen geht, auch wenn er die Versammlung vorzeitig verläßt."

Das Verhör des „Bruder Ehrlich" geht weiter:  „Der 'Wachtturm'-Studienleiter erwähnt, es wäre nett, wenn Ehrlich jeweils nach dem öffentlichen Vortrag auch dem 'Wachtturm'-Studium beiwohnen würde. Ehrlich sagt, er könne diesen Zusammenkünften nicht immer beiwohnen. Er möchte auch etwas Zeit für seine Familie haben, und der Sonntag biete fast die einzige Möglichkeit hierzu."  Der Buchstudienleiter fragt dann, wie es mit dem Besuch des Buchstudiums sei. .Zu viel Arbeit, gerade jetzt', erwidert Ehrlich."

Wie man unschwer erraten kann, ist die Tendenz der WTG-Regie bei dieser Demonstration die; was immer besagter „Bruder Ehrlich" zu seiner Verteidigung auch vortragen mag. „Gnade" in den Augen der WTG-Apparatschicks wird er damit garantiert nicht erringen. Die achten allenfalls darauf, wie weit sei denn bei ihren öffentlichen Anprangerungen gehen können. Den „Bogen überspannen", das wollen sie zwar vermeiden. Ansonsten sind sie sehr wohl gewillt auszutesten, wie weit sie bei ihren Anprangerungen gehen können!

In der April-Ausgabe 1954 des „Informator" beklagen sich die WTG-Apparatschicks darüber:  „In Westdeutschland wurden im Jahre 1954 jeden Monat durchschnittlich 19.781 Heimbibelstudien berichtet. Die durchschnittliche Verkündigerzahl erfuhr jedoch nur eine Zunahme von 2.405 Predigern."!

Da der April traditionellerweise - meistens - der Monat des Gedächtnismahles zu sein pflegt, wittern die WTG-Apparatschicks wieder ihre Chance zum weiter festdrehen der Leistungszwangschraube. Etwas mulmig ist ihnen ohnehin in der „Magengegend" angesichts ihrer Forderung nach 100.000 neuen WT-Abonnements, zu aquirieren bis Ende April. Die tatsächlich erreichten Zwischenergebnisse bis Ende Februar von 13.457 Neu-Abonnements sprechen wohl eine andere Sprache. Dennoch geben die Apparatschicks das Spiel keineswegs verloren. Sie belehren erneut, die meisten Neu-Abonnements können ohnehin nur bei den „Verkaufsgesprächen" im Treppenterrierdienst gewonnen werden. Ergo ihre Schlußfolgerung müsse selbiger noch weiter forciert werden. Man hat zwar schon in früheren Jahren, namentlich in den Gedächtnismahl-Monaten, den Leistungsdruck besonders forciert. Indes im Jahre 1954 stellt man da wohl einen neuen Rekord, der fragwürdigen Art auf.

Daher die erneute Order der WTG.  Wer im März keinen „Felddienstbericht" abgegeben habe komme auf eine neue „schwarze Liste". Da wird er nicht gefragt, er wird von oben nach unten weiter gemeldet. Die kleineren Räder im Getriebe - die Studienleiter - sollen die so Gemeldeten dann ganz besonders in ihr Visier nehmen. Ultimativ heißt es dann weiter:

„ALLE MITVERBUNDENEN SOLLTEN BIS ZUM 11. AM FELDDIENST TEILNEHMEN UND PÜNKTLICH BERICHT ERSTATTEN." (Verwendung der Grossbuchstaben WTG-seitig). Entpuppen sich wieder welche, die dieser Forderung nicht entsprochen haben, lautet der nächste Schritt.  „Eine Liste mit den Namen derer, die bis zum 11. noch nicht am Predigtdienst teilgenommen haben, wird den Studienleitern (dann erneut) ausgehändigt."

Die „Krönung" ist dann wohl Schritt Nr. 3:  „Wenn es Verkündiger gibt, die bis zum 18. keinen Bericht abgegeben haben, wird der Versammlungsdiener die Studienleiter davon benachrichtigen. Es werden besondere Anstalten getroffen."  „Besondere Anstalten" wohl identisch mit Individualüberlegungen, wie man den mißliebigen am allerbesten ein „Feuerchen unter dem Allerwertesten anzündet".

Ende April 1954 war nun der famose „Wachtturm-Feldzug" beendet, welcher wenn es nach der WTG ginge, allein in Westdeutschland 100.000 neue Abonnenten erbringen sollte. Und nun, schlägt man die Mai Ausgabe 1954 des „Informator" auf, wird man allerdings vergeblich nach einer Erfolgsmeldung suchen. Ergo wurde es also nichts mit den geforderten 100.000 Neu-Abonnements. Das Thema wird „diskret" mit Schweigen behandelt. Allerdings hat man schon wieder eine neue Parole auf Lager.

„Möge sich jeder Versammlungsverkündiger zum Ziel setzen, mindestens zwei Zeitschriften pro Woche zu verbreiten." Man rechnet weiter vor, bezogen auf das Gesamtjahr würde das bedeuten um 100 Exemplare pro Verkündiger abzusetzende Exemplare. Eher ernüchternd indes wirkt dabei auch die in dieser „Informator" angegebene Detailzahl: „Im Durchschnitt entfallen in der ganzen Welt auf einen Verkündiger jährlich nur 54 Zeitschriften."

Dem Schwelgen in Erfolgszahlen - von jeher eine Spezialstrecke der WTG-Apparatschicks - kann man auch in der Juni Ausgabe 1954 des „Informator" begegnen.

In großen Lettern wird in der Balkenüberschrift der Seite 1 jener Ausgabe mitgeteilt: „Höchstzahl auf 47.977 emporgeschwellt". Diese Zahl beinhaltet dann in der Tat auch jene mit, welche aufgrund des WTG-Druckes im April in den Predigtdienst getrieben wurden. Salopp formuliert, einschließlich „Kind und Kegel". Etwas differenzierter stellt sich das ganze in jenen Zahlen dar, die dann nicht in den Balkenüberschriften untergebracht sind. Danach beteiligten sich im September 1953 etwa 75 % der WTG-Betörten am Predigtdienst. Der massive Druck im April 1954, ließ dann jene Prozentzahl bis zum Stichtag 18. 4. 1954, auf 86 % gleich 41.154 ansteigen.

Im März 1954 will man dann eine Zuwachsrate von 10 % registriert haben. Die aber sei dann im April auf 19,6 % angestiegen.

Immerhin sind besagte 41.154 keineswegs schon jene 47.977 von welchen die Balkenüberschrift redete. Ein weiterer Abschlag muss dann noch dergestalt vorgenommen werden, als die Zahl der regelmäßigen Verkündiger zu jenem Zeitpunkt, in Westdeutschland 33.247 betragen habe. Die Aufputschung der Zahl 33.247 auf 47.977 im April, zeigt dann wohl, was der massive in jenem Monat angewandte Druck zu bewirken vermochte. Man geht nicht fehl in der Einschätzung, jenes Ergebnis wird die WTG-Apparatschicks im besonderen dazu inspirieren, jene Druck-Situation, möglichst zum Dauerzustand auszugestalten!

Davon kündet dann auch die Juli Ausgabe 1954 des „Informator", wenn selbige erneut doziert:  „Es darf in eurer Predigttätigkeit kein Nachlassen geben."  Auch das erscheint der WTG der ausdrücklichen Wiederholung wert:  „Seid bestrebt, in jeder Wohnung etwas Literatur zurückzulassen!"

Am liebsten dann gleich drei WTG-Bücher auf einmal. Klappt das nicht, ist die WTG auch bereit sich runter handeln zu lassen. Aber ohne Literaturabsatz sollte kein WTG-Verkaufsgespräch enden, diese Losung ist ebenfalls klar. Zum Aspekt des fallweisen herunterhandelns gehört dann auch dieser sinnige Vertretertrick: „Wenn in gewissen Gebieten Menschen kein Bargeld haben, können statt des freiwilligen Beitrages auch Lebensmittel entgegengenommen werden."

William Schnell berichtete in seinem Buch dann, als Veranschaulichungsbeispiel aus den USA zu Zeiten der Weltwirtschaftskrise:  Selbst alte Autokühler und Autobatterien, worden dort von den WTG-Hörigen als Zahlungsquavivalent angenommen!

Offenbar in Rückgriff auf die 1954er WTG-Kongressveranstaltungen und dem dort gebotenen WTG-Gesabbere, begegnet man in der August 1954 Ausgabe des „Informator" auch dem Begriff „Gog von Magog".

Zwei Zitate dazu. Eckhard von Süsskind notierte in seinem Buch, in Rekapitulierung der WTG-Ideologie auch:  "Wenn der Teufel in seiner Rolle als Gog von Magog >vom äußersten Norden her< zu seinem letzten Angriff übergeht, wobei er alle seine Kräfte aufbietet, wird bestimmt der kommunistische König des Nordens zu seinen Angriffsstreitkräften gehören... Jehovas Engel sagte voraus, daß von selten des kommunistischen Königs des Nordens weitere Aggressionen folgen werden."

Das zweite Zitat noch.  Im März 1992 konnte man in der dem Umfeld der Zeugen Jehovas (Splittergruppe) zugehörigen seinerzeitigen Zeitschrift "Christliche Warte" lesen.  „Als die Sowjetunion in Afghanistan einfiel, konnte man in christlichen Blättern lesen, bald werde nun zusammen mit dem benachbarten Persien (Iran) und anderen Ländern, die Hes. 38 nennt, Sowjetrußland als "Gog von Magog" über Israel herfallen. Keiner hätte damals glauben können, daß stattdessen wenige Jahre später das Sowjetreich zerfallen würde.  Zur Zeit ist Gogs Heerzug jedenfalls nirgends am Welthorizont zu erkennen. Es sei denn, man reimt sich gewisse Dinge einfach zusammen und verschafft sich so die Illusion, das Ereignis sei trotz allem nahe.  Als der Golfkrieg tobte, glaubten etliche in verschiedenen christlichen Kreisen, schon er werde ausmünden in die letzten apokalyptischen Katastrophen. Doch er war plötzlich zu Ende."

Das alles kann verdeutlichen, welcher Erwartungshorizont sich in gewissen Kreisen mit dem Begriff "Gog von Magog" zu verbinden pflegt.

Eher in nebulösen Wendungen begegnet man ihm auch in der August Ausgabe 1954 des "Informator". "Nägel mit Köpfen" werden darin allerdings nicht gemacht. Besagter "Informator" nutzt das eher zum erneuten Aufpeitschen für den verstärkten Teppenterrierdienst. Halt eine Mohrrübe mehr, die da dem Esel vor die Nase gehalten wird, wenn er etwa tönt: Durch eifrige Predigttätigkeit die Warnung verschärfen. Gog von Magog rüstet sich zum letzten Angriff, indem alle Kräfte angespannt werden, um gegen die Neue-Welt-Gesellschaft vorzugehen.  Müssen (wir) die Warnung erschallen lassen und die Menschen guten Willens in den Kreis der Neuen-Welt-Gesellschaft einladen."

Da hatte sich die WTG aber was „feines ausgedacht", um ihrerseits ihre Forderung zu unterstützen, es müssten in Deutschland 100.000 neue „Wachtturm" Abonnements gewonnen werden. Die Februar Ausgabe 1954, und abschließend kommentierend auch die September Ausgabe 1954 des „Informator" berichtete darüber. In einer doch wohl stolzen Auflagenhöhe von 1.855.000 Stück wurden von ihr sogenannte „Sonder-Abonnementszettel" gedruckt, und postwendend auch an die örtlichen Versammlungen der Zeugen Jehovas in Deutschland, verteilt. Ihre Anweisung dazu besagte, man möge besagte „Sonder-Abonnementszettel" in die „Verbreiterexemplaren" des „Wachtturms" nachträglich mit einlegen. Ergo in den Fällen wo es nicht gelang das WTG Drei-Bücher-Angebot aufzuschwatzen, und man in der Folge sich soweit herunterhandeln lässt, dass seitens des Publikums wenigstens ein WT abgenommen wird, hätte solch ein Käufer dann auch gleich einen Abonnementzettel zur Hand, sollte tatsächlich echtes Interesse an einem solchen Abonnement bestehen.

Ernüchtert teilt nun die September Ausgabe 1954 mit, man drucke keine weiteren solcher „Sonder-Abonnementszettel mehr, lasse diese Aktion somit auslaufen.

Und dazu wird dann auch noch eine bemerkenswerte Zahl genannt.  „Die Gesellschaft hat vom Monat Januar bis zum Monat Mai eine genaue Kontrolle über die Anzahl der erhaltenen Sonder-Abonnementszettel geführt. Von den 1.855.000 Zetteln, die gedruckt und verbreitet worden waren, wurden nur 27 zum aufgeben von Abonnements benutzt. Somit fällt auf 69.704 Zettel nur ein Abonnement."

Diese Zahl sagt dann wohl einiges über die tatsächliche „Beliebtheit" des WTG-Schrifttums aus! Aber so wie man in der Zeit um 1914 etwa, das Desaster der nicht eingetroffenen Ursprungs-Erwartungen überspielte, etwa durch das damals neu auf den Markt geworfene „Photo-Drama der Schöpfung". So ähnlich dann auch im Jahre 1954. Dazu liest man in der September Ausgabe 1954 des „Informator". Man habe einen neuen Film kreiert. Sein Titel „Die Neue-Welt-Gesellschaft in Tätigkeit".

Und weiter: „versieht die Gesellschaft jeden Bezirksdiener auf der ganzen Erde mit dem Filmmaterial und mit Anweisungen für die Vorführung auf den Kreisversammlungen." Und weiter ab 1. Oktober 1954 werde samstags abends auf den Kreisversammlungen jenes Opus vorgeführt. „Film" ist dann wohl etwas geschmeichelt. In der Ursprungsfassung handelte es sich eher um einen Lichtbildervortrag im kommentierter Form. Selbstredend auf die WTG-Propagandaspekte hin ausgerichtet.

Etwas „neues" gibt es dann auch, worüber die Oktober Ausgabe 1954 des „Informator" berichtet. Im Oktober solle in Deutschland der erste einmonatige „Erwachet!"-Feldzug" durchgeführt werden. Zum Vergleich, die diversen „Wachtturm"-Feldzüge" waren immer auf eine Dauer von vier Monaten hin orientiert. Nun also auch noch einen „Erwacht!-Feldzug" wobei man wohl mit im Blick haben muss. In Deutschland konnte „Erwachet!" erst ab 1953 regelmäßig gedruckt werden. In bekannter Vertreter-Schulung sucht nun die Oktober Ausgabe des „Informator" darzulegen, wie man die „Kundschaft" am besten „besoffen redet", um ihr in diesem Zustande, dann das „Erwachet!"-Abonnement, abzutrotzen!

Über ein wie der „Informator" für November 1954 meint, ihm „unerwartet" zum Bewusstsein gekommenes Resultat, berichtet jene Ausgabe auch noch. Was war da so unerwartet? Offenbar dieses. Der für Oktober 1954 angesetzte „Erwachet!"-Feldzug hätte auch zu Tage befördert, dass in einer Zeugen Jehovas Versammlung von 160 Gliedern nur 27 Glieder selbiger auch Abonnenten des „Erwachet!" seien. Das wird dann gleich mal zur weiteren Veranschaulichung in Prozentzahlen umgerechnet. Das seien demzufolge nur 17,5 % der Versammlungsglieder, die auch Abonnenten seien. Der Schock wirkte, zumindest in den WTG-Führungsetagen. Prompt wurde in jener unbotmäßigen Versammlung ein Vergatterungsvortrag angesetzt, welcher den dortigen „Sündern" ihr Vergehen drastisch vor Augen führen sollte. Und siehe da, 20 weitere taten „pflichtgemäß" Busse in Sack und Asche, und schlossen sich nunmehr auch der Abonnentenschar an. War nun die WTG mit diesem Resultat zufrieden? Offenbar nicht, denn sie bemängelt weiter. Er gab dann noch einen weiteren Vergatterungsvortrag, da trotz der 20 Neuabonnenten das Resultat nicht beglückend sei. Dieser zweite Vortrag schaffte dann noch 18 weitere Neuabonnenten. Rechte „Freude" indes will bei der WTG immer noch nicht aufkommen. Den als Schlussergebnis notiert sie:

„Doch selbst jetzt sind es immer noch weit weniger als die Hälfte aller Verkündiger, die diese Zeitschrift im Abonnement beziehen. Auch den Wachttum haben nur 75 von den 160 Verkündigern abonniert!"  Man kann sich unschwer ausmalen, was jener unbotmäßigen Versammlung dann beim nächsten Besuch des Kreisaufsehers bevorsteht!

Da die WTG schon mal dabei ist, in dieser „Informator"-Ausgabe auch unangenehme Zahlen zu benennen, geht diese Tendenz gleich mal weiter. Die WTG rechnet vor, ihre Statistikanalysen hatten ergeben, das seit dem Zeitraum ab Januar 1954 18.517 = 37,8% als Besucher der „Dienstamtschule" als Mankozahl zu verzeichnen seien.

Die „Dienstversammlung" bringe es auf eine Unterbilanz vom 17.475 = 35,7 %.

Selbst das „Wachtturm"-Studium sei von dieser Unterbilanz betroffen mit 10.869 = 22,2 %.

Auch das Versammlungs-Buchstudium stehe keinesfalls „strahlend" dar. Auch für dieses wird eine Unterbilanz von 8.241 =16,8% festgestellt. Immer von der Voraussetzung ausgehend, Versammlungsteilnahme sei zu 100 % Pflicht. Diese Zahlenangaben beziehen sich dann allerdings nicht nur auf die 160 Mitglieder-Versammlung, sondern auf den Gesamtdurchschnitt Westdeutschlands.

Das WTG-"Donnerwetter" angesichts dieser Sachlage lässt auch nicht auf sich warten. Und so bescheinigt sie denn diesen „Säumigen":  „Sie sind sich aber offenbar nicht bewußt, daß sie in einer Weise auf den Tisch Jehovas blicken, die an Verachtung grenzt."

Die Treppenterrier seien „zu lahm" befindet (nicht zum ersten Mal) auch die Dezember Ausgabe 1954 des „Informator". Was dagegen tun? Auch dabei ist die WTG durchaus einfallsreich. Am besten von oben nach unten ein „Dekret" anweisen, über das dann jegliche Diskussion, in der Sicht der WTG völlig „überflüssig" und unerwünscht sei. Das Dezember 1954 Dekret der WTG liest sich dann so:

„Der 25. Dezember ist als spezieller Zeitschriftentag festgelegt worden. Trefft Vorkehrungen für gruppenweises Zeugnisgeben, beginnt früh, wie es praktisch möglich und verbringt den Tag im Zeitschriftendienst von Haus zu Haus"

Flankiert wird diese Anweisung erneut mit einer „schwarzen Liste". Wer davor schon mal „auffällig" geworden ist, wegen nicht geleisteten Predigtdienst, wird erneut von oben nach unten gemeldet. Und die kleinen Zahnräder im Getriebe, „die da unten" werden erneut angewiesen, den „Säumigen" ein „Feuerchen unter dem Allerwertesten" anzuzünden, auf das es kein Entrinnen vor den WTG-Forderungen geben würde. Wie das Publikum über solche Verkaufstage des WTG-Schrifttums, wie ausgerechnet den 25. 12. denken mag, darüber indes geht die WTG großzügig hinweg.

1954er Rückblick

Volle Fahrt voraus - auf das nächste Felsenriff

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