Denkschrift
Vom Stab Heinrich Himmlers, wurde am 14. 8. 1944 eine weitere Denkschrift über die Bibelforscher (Zeugen Jehovas) erarbeitet. Bedingt durch die kriegspolitische Lage, befand sich der Stab Himmlers zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in Berlin. Die Denkschrift vom 14. 8. 1944, sei hier mal nachstehend in den wesentlichen Passagen dokumentiert:
Schlesiersee, den 14. 8. 1944.
In der Anlage wird der vom Amtschef VII befohlene Bericht über die Vereinigung Ernster Bibelforscher vorgelegt.
Rutherford selbst wurde 1918 mit 27 Brüdern wegen Spionage zu 20 Jahren Gefängnis in Amerika verurteilt, aber 1919 begnadigt.
Nach 1933 kamen die Bibelforscher in einem scharfen Gegensatz zum nationalsozialistischen Staat. Am 13. Sept. 1934 wurde der Watch Tower Bible and Tract Society der Druck und die Verbreitung von Bibeln und anderen unbedenklichen Schriften zugestanden. Da sich aber die Bibelforscher weigerten, auf Grund der pazifistischen Einstellung den Wehrdienst auszuüben, erfolgten in den Jahren 1936/37 große Aktionen des SD und der Geheimen Staatspolizei, die belastendes Material zutage förderten. Trotzdem musste immer wieder festgestellt werden, dass die Bibelforscher illegal weiter zusammenarbeiteten.
Die Gesamtzahlen waren:
1913 46 000
1924 65 123
1925 90 434
1926 89 278
Die Verteilung auf die Länder ergab 1926 folgendes Bild:
Vereinigte Staaten 31 238
Deutschland 22 535
England 9 640
Kanada 4 735
Rumänien 3 842
Schweiz 1 694
Australien 1 335
Finnland 1 290
Schweden 1 234
Polen und Galizien 1 049
Unter den deutschen Bezirken ist besonders der Bezirk Dresden zahlenmäßig sehr stark hervorgetreten. Die Entwicklung.
1916 111
1919 230
1924 1 104
1925 1 309
1926 1 430
Besonders wichtig für das nationalsozialistische Reich ist die anarchistische Einstellung der Bibelforscher, die aus der orthodoxen Bibelauslegung herzuleiten ist. Diese Einstellung zur Wehrpflicht, ebenso zur Ableistung des Beamteneides wird von allen Angehörigen der IBV stur festgehalten.
Durch die orthodoxe Auslegung der Bibel, die zu dem auch chronologisch auf die gegenwärtigen und zukünftigen Ereignisse bezogen wird, kommen die Bibelforscher zu einer Verneinung der nationalsozialistischen Grundlehren. Sie verneinen aber auch die Grundlehren jeglicher staatlicher Gemeinschaft. Deshalb nähern sich die Theorien der Bibelforscher oft den kommunistischen Anschauungen.
Aus den angeführten Stellen, die um viele vermehrt werden könnten, geht eindeutig die Reichs- und Staatsfeindschaft der Bibelforscher hervor. Besonders wichtig ist die sture Ablehnung des Wehrdienstes und des Eides, die bekanntlich den Reichsführer SS auf dieses Problem besonders hat aufmerksam werden lassen.
Bei VII B 3 befinden sich über die Bibelforscher zwei größere Aktenordner, die meist nur einzelne Aktenvorgänge in Bezug auf Vernehmungen und Pressenotizen enthalten. Außerdem existiert eine besondere Bibelforscherkartei. Einige Materialien sind seinerzeit abgegeben worden. Größere Berichte sind nicht vorhanden.
VII B 3 V. Lorin. SS-Sturmbannführer."
1944er Rückblick zur Zeugen Jehovas-Geschichte