Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Fritz Schlegel

Was er schrieb ist für meine Begriffe inhaltlicher "Müll". Die "heilige katholische Kirche" und ihre unbotmäßig, damals neu aufgekommenen Konkurrenten der Bibelforscher. Symptomatisch sein polemischer Satz von der "Ungereimtheit und schweren Sündhaftigkeit der religiösen Toleranz, als ob alle oder mehrere Konfessionen vor Gott und zur Erlangung des Heils gleichen Wert und folglich gleiches Recht hätten."

Und er wusste auch pointiert einige andere durchaus bedeutsame Thesen vorzutragen. So, dass die Höllenlehre und ähnliches "existentiell" für das Christentum seien. Bezeichnend sein diesbezüglicher Satz zur Verteidigung der Höllenlehre: "Sodann hat vor allem die Strafe den Zweck, für die verletzte Rechtsordnung Sühne zu leisten. Ein ewiger, unendlicher Gott wird beleidigt, darum muß auch die Strafe eine ewige, eine nicht endende sein".

So, nun weiss man's. Jenseitsorientierung um jeden Preis. Dies ist sein Credo. Verwundern tut es daher nicht, dass er die Bibelforscher auch in die "kommunistische Ecke" stellte. Bezeichend sein Satz:

"Schon im bloßen Gedanken, daß Christus, der allheilige und gerechte Gott, eine Herrschaft auf Erden und noch dazu auf - tausend Jahre - aufrichten werde, in der Schlemmer und Wollüstige eine Freistätte haben, liegt eine schwere Beleidigung und Herabwürdigung Gottes."

Schlegel geht - wohl berechtigt - davon aus, dass die biblische Theologie den Christen eigentlich ein "himmlisches Leben" verheiße. Markenzeichen der Bibelforscher/Zeugen Jehovas war es jedoch auch, dass sie zugleich auf eine "irdische Hoffnung" orientieren. Diese irdische Orientierung glaubt er nun mit den vorgenannten Vokabeln von "Schlemmern und Wollüstigen" bedenken zu sollen.

Ein ähnlicher Satz bei ihm: "Allein, der Lohn der Gerechten und Heiligen besteht nicht in einer "natürlichen Seligkeit" auf einer vollkommenen Erde, sondern er ist ein übernatürlicher." Damit mag Schlegel die biblischen Aussagen als solche zurecht beschrieben haben. In der Sache legt er also Wert auf die Festnagelung des Christentums als Jenseitsreligion.Indem ich einerseits anerkenne, dass damit die biblische Aussage zutreffend geschildert ist, füge ich andereseits hinzu: Diese These ist nicht meine These.

Man spürt: er ist Vertreter einer Organisation mit langer Geschichte. In den Ursprungsanfängen des Christentums waren bekanntlich endzeitliche Motive dominierend. Vornehm reden die Theologen heute von "Parusieverzögerung". Weniger vornehm formuliert. Die sich bildende katholische Kirche warf die akute Endzeitlehre auf den Kehrrichthaufen; dieweil sie "Ersatz" wusste. Den Jenseitsglauben und in ihm besonders die Seelenlehre. Da registriert Schlegel also, dass da eine Gruppe von sich reden macht, die genau jene Elemente wiederbeleben will, die seitens der katholischen Kirche dem Kehrricht zugeordnet wurden. Und er "bricht eine Lanze" für die Lehre einer "unsterblichen Seele". Da wird sozusagen ein Schaukampf geliefert zwischen zwei - beide gleichermaßen - irrationale Welterklärungsversuche.

Man kann seine Schrift durchaus als repräsentativ für die entsprechende zeitgenössische Haltung breiter kirchlicher Kreise zur damals neu aufgekommenen Bibelforscherbewegung ansehen. Ob die Nazis, die eine ihrer SS-Standarten auch Fritz Schlegel benannten, auf der Suche nach ihren Vorbildern. Ob sie gerade jenen hier zur Diskussion stehenden Fritz Schlegel damit meinten, ist nicht definitiv ausgemacht. Immerhin ist eine gewisse Affinität Schlegels zu einigen nazistischen Grundpfeilern, wie beispielsweise den sogenannten "Protokolle der Weisen von Zion" nicht zu übersehen. Man vergleiche dazu auch:

Vom Katholiken zum Nazi

Wenn die wenig schmeichelhafte Vokabel vom "Müll" verwandt wurde, so bezieht sie sich in der Tat nur auf inhaltliches. Auf einige seiner Hauptthesen. Einigen seiner "Nebenthesen" kann man durchaus ganz oder teilweise zustimmen. Ich würde Schlegel bescheinigen, dass er prägnant schrieb. Er verstand es, dass was er sagen wollte, durchaus "auf den Punkt" zu bringen. Mit Sicherheit gehört er nicht zu jenen, denen man auch heute noch begegnen kann, die da mit vielen Worten wenig sagen, die da um die eigentlichen Kernfragen wie die Katze um den heißen Brei herumschleichen. Nicht so Schlegel.

Wenn man sich seine Denkvoraussetzungen zu eigen machen würde, müsste man ihm eine durchaus akzeptable journalistische Leistung bescheinigen. Ich hoffe, es ist mit vorstehendem in etwa rübergekommen, dass ich mir seine Denkvoraussetzungen, so nicht zu eigen machen kann. Aber als Gegner zolle ich ihm durchaus Respekt.

Nachstehend besteht die Möglichkeit, sich auf cirka 120 von 280 Seiten des Schlegelschen Buches selbst ein diesbezügliches Bild zu machen. Meines Erachtens sind in diesen ersten 120 Seiten schon die Mehrzahl der einschlägigen Knackpunktthesen enthalten. Wegen des damit verbundenen Aufwandes, verzichte ich darauf auch den Rest dieses Buches mit darzubieten.
 
 

Fritz Schlegel's "Müll"

oder:

Fritz Schlegel: Die Wahrheit über die "Ernsten Bibelforscher".

Erschienen 1922 im Verlag Wilh. Eckmann, Kehl

Erzbischöfliches Ordinariat. Nr. 13 868

Freiburg i. Br., 11. Dez. 1922

Druckerlaubnis

Wir erteilen zu Fritz Schlegel, "Die Wahrheit über die Ernsten Bibelforscher" die kirchliche Druckerlaubnis.

J. W.: Mutz.

Vorwort

Die sogenannten "Ernsten Bibelforscher" betreiben in jüngster Zeit in wachsendem Maße ihre Propaganda. Von der Mehrzahl der Christen wird die durch diese Sekte drohende Gefahr gar nicht erkannt oder doch unterschätzt. Ja, es ist mir sogar bekannt, daß diese Gottesleugner von Katholiken, freilich unbewußt, unterstützt wurden durch Ankauf ihrer Schriften u. ä.

Es tut also wirklich not, ihre Lehren in der richtigen Beleuchtung zu besehen. Ich habe mir zur Aufgabe gemacht, im folgenden die Gesamtlehre der Ernsten Bibelforscher - dieser modernen Seelenmörder und Staatsfeinde - in ihrem Verhältnis zur Heiligen Schrift, im besonderen zur katholischen Lehre und auch zum Staat, in ihren Hauptteilen zu widerlegen.

Die Lehre der Ernsten Bibelforscher hat mit Wissenschaft nichts zu tun. Wenn ich trotzdem in meinen Ausführungen die Wissenschaft beiziehe, dann deshalb, um den schroffen Gegensatz, in welchen sich besagte Lehre zur ersteren stellt, desto schärfer zu zeichnen, - nicht aber, um bei den Anhängern solcher Phantasiegebilde den Wahn zu wecken, als erfordere ihre sinnverwirrende Lehre eine wissenschaftliche Abwehr; - zu diesem Zweck genügt nämlich ein gesunder Menschenverstand vollkommen.

Ich werde in meinen Darlegungen die "Literatur" der Ernsten Bibelforscher berücksichtigen, ferner all das verwerten, was ich in mündlichen und schriftlichen Auseinandersetzungen mit Angehörigen dieser Sekte mir erworben.

Zur speziellen unterlage habe ich mir namentlich eine Schrift gewählt, die eine Schmähung und Verleumdung der katholischen Kirche darstellt und mir voriges Jahr von einem schweizerischen Ernsten Bibelforscher zur "Beantwortung" zugeschickt wurde. Den Namen des Verfassers verschweige ich, um seinem Träger und dessen Anhang nicht "zuviel Ehre" anzutun.

Meine Schrift ist in erster Linie für Katholiken bestimmt, sodann für alle jene, die Christus als ewigen Gott und die unsterbliche Seele als Wahrheit anerkennen, für alle, die sich im Prinzip einig fühlen mit der katholischen Lebensauffassung. Alle Christen sollen gewarnt werden vor diesen modernen "falschen Propheten"!

Die "Bekehrung" Ernster Bibelforscher bezweckt meine Polemik nicht, denn ich bin mir bewußt, daß diese "Auslese" von Menschen auch durch die schlagendsten Gegenbeweise sich nicht überzeugen läßt.

"Der schrecklichste der Schrecken, das ist der Mensch in seinem Wahn"! (v. Schiller.)

Meine Arbeit ist von dem Gedanken geleitet, den Irrtum zu bekämpfen. Nicht den Menschen also sage ich den Kampf an, sondern der von ihnen vertretenen Sache. Wie schwierig es allerdings ist, immer sachlich zu bleiben, wird jeder "gesund denkende" Leser alsbald selbst beurteilen können. - Um dem ganzen Volke verständlich zu sein, habe ich mich bemüht, soweit es möglich war, den populären Ton zu wählen.

Mögen meine Blätter mit dazu beitragen, von neuem zu erkennen, wie glücklich jene Menschen sich fühlen dürfen, die im Besitz der reinen Wahrheit sind.

Freiburg (Breisgau), im Februar 1922.

Der Verfasser

-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Schlegel 01

Schlegel 02

Schlegel 03

Schlegel 04

Schlegel 05

Schlegel 06

Schlegel 07

Schlegel 08

ZurIndexseite