Dies ist die Dokumentation eines "historischen Textes". Als Webseiten-Betreiber lege ich Wert auf die Feststellung, mit dem in Rede stehenden Verfasser keinesfalls übereinzustimmen. Siehe dazu auch:

Startseite von: Fritz Schlegel Die Wahrheit über die Ernsten Bibelforscher

Das tausendjährige Reich.

Wie sieht es also mit dem "Millenium", dem tausendjährigen Reiche Christi, aus? Ist wenigstens diese Lehre Russells, des Begründers der Sekte der "Ernsten Bibelforscher", in der Heiligen Schrift enthalten? Welches sind die Stellen der Heiligen Schrift, die ein tausendjähriges Reich Christi beweisen sollen? Zu dieser Untersuchung muß ich meinen Lesern erst, wenn auch so kurz wie möglich, ein Bild entwerfen von dem Milleniumszeitalter, wie sich's die Bibelforscher denken. Nach der Lehre Russells hat dieses Zeitalter schon 1914 begonnen. Nach ihm ist also Christus schon erschienen, allerdings - und das war vorsichtig von dem Bibelforscher - nicht mit verklärtem Leib, nicht sichtbar, sondern als "Geisteswesen", als "unsichtbarer Geist". Der Vater hat ihm die Herrschaft der Erde übergeben, nachdem er sie dem Satan mit Gewalt entrissen hat. (Man konnte speziell seit 1914 nicht den Eindruck bekommen, als ob Satan keine Gewalt mehr auf Erden besäße!!) Alle Seelen werden aus ihrem Todesschlaf aufgeweckt und zwar allmählich "in ihrer bestimmten Zeit und Ordnung" (1. Kor. 15,23). Zuerst findet die Auferweckung der "Herauswahl" oder der "Kirche", der "Braut des Lammes", des "Leibes Christi" statt. Unter diesen Ausdrücken verstehen die E. B. sich selbst!) Diese Klasse soll aber einer "vorzüglicheren" Auferstehung sich erfreuen, indem ihr gleichfalls die Unsterblichkeit, Herrlichkeit und "göttliche Natur" Christi zuteil wird! Freilich setzt sich diese Herauswahl nur aus einer kleinen Zahl zusammen, nicht aus vielen Großen und Weisen der Welt, sondern meistens aus Armen, die aber reich im Glauben sind. Ihre Zahl ist ferner mit dem Evangeliumszeitalter, in dessen Verlauf die Auswahl und Prüfung stattfand, schon abgeschlossen. Bald nach dessen Auferstehung findet die Auferstehung der alttestamentlichen "Überwinder", der Patriarchen und Propheten, zuletzt der Stammeltern statt, denn auch diese sollen Lehrer der Menschheit, sollen Priester und Könige Christi sein im "tausendjährigen Reiche". Schon "frühe am Milleniumstage" findet ein Gericht statt, in dem die falschen Systeme zivilen, sozialen und religiösen Charakters "verdammt" werden, sodaß dann die "einzelne" Prüfung der Menschen ungehindert von Irrtum, Vorurteil und anderem erfolgen kann. Auch jene Engel, die "ihren ersten Zustand nicht bewahrten", werden gerichtet werden. Nach diesem Gerichte findet erst die allmähliche Erweckung der verstorbenen Menschen statt. Millionen "jetzt lebender Menschen" werden überhaupt nie sterben. Alle aber, ausgenommen davon die "Herauswahl", werden jetzt einem unparteiischen, individuellen Gerichte unterzogen. Auch alle Heiden, Schwachsinnigen und als Kind Verstorbenen bekommen von Christus und seinen Heiligen eine "reine Botschaft" verkündigt. Gegen Ende bekommt Satan nochmals Macht über die Menschheit, die inzwischen Gut und Bös gründlich kennen lernen konnte. Wer sich von ihm verführen läßt, wird auf immer vernichtet werden im zweiten Tode, der durch den "Feuer und Schwefelsee" der Geheimen Offenbarung versinnbildet sein soll. Die aber zu Christus halten, werden ein "immerwährendes Paradies auf Erden" angewiesen bekommen.

So wird am Schlusse des Zeitalters vom "tausendjährigen Reich" nichts Böses existiern, so daß dann die Erde das Urbild wieder zeigt, das sie nach Erschaffung der Stammeltern im Paradiesgarten besessen hatte. Dies sind in kurzen Zügen die Aufstellungen Russells über das "tausendjährige Reich". Bevor wir zu seinen Ansichten kurz Stellung nehmen, wollen wir die Frage beantworten: "Wie kommt es, daß die Lehre von einem tausendjährigen Reich so frühzeitig auftauchte und sich bis heute erhielt?" Es ist bekannt, daß schon die Juden die Hoffnung hatten, der ersehnte Messias werde ein großes, irdisches Reich voll Glanz und Herrlichkeit aufrichten, auch die Apostel mit ihrem Verwandtenkreis teilten diese Ansicht. Die Mutter des Jakobus und Johannes bat den Heiland: "Sprich, daß diese meine Söhne in deinem Reiche, einer zu deiner Rechten und der andere zu deiner Linken, sitzen sollen" (Matth. 20,21 f.). Jesus aber erwiderte und sprach: "Ihr wisset nicht, was ihr erbittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde?" Bei einer anderen Gelegenheit erklärt Christus mit einer Deutlichkeit, die nichts zu wünschen übrig läßt, dem Pilatus gegenüber: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt! Wäre von dieser Welt mein Reich, würden wohl meine Diener kämpfen, daß ich den Juden nicht überliefert würde. So aber ist mein Reich nicht von hier (Joh. 18,36)."

Dieses Heilandswort spricht eindeutig, klar und bestimmt genug dafür, daß sein Reich grundverschieden ist den Reichen dieser Erde. Trotzdem erwarteten seine Jünger immer noch ein irdisches Reich, sodaß sie selbst noch unmittelbar vor seiner Himmelfahrt die Frage an den Meister stellten: "Herr, wirst du in dieser Zeit das Reich Israel wieder herstellen?" Er sprach aber zu ihnen: "Es steht nicht bei euch, Zeit und Stunde zu wissen, welche der Vater festgesetzt hat in eigener Machtvollkommenheit. Aber ihr werdet empfangen die Kraft des über euch herabkommenden Heiligen Geistes und werdet mir Zeugnis sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samaria und bis an die Grenzen der Erde (Apg. 1,6f.)." So vertröstet also der Herr seine Apostel auf den über die herabkommenden Heiligen Geist, der sie auch über die Art seines Reiches erleuchten sollte. Aber auch nach den apostolischen Zeiten lebte der Glaube und die Hoffnung auf ein irdisches Reich Christi fort. Namentlich träumten den Juden nahestehende Sekten, wie die Ebioniten und Cerinth mit seinen Anhängern, von einem solchen Reich, in welchem sie zugleich Befriedigung ihrer sinnlichen Gelüste zu finden glaubten. Die Christenverfolgungen der ersten drei Jahrhunderte erweckten begreiflicherweise auch in christlichen Kreisen die Sehnsucht nach einem Reich ungestörten, dauernden Friedens. So huldigte z. B. der Philosoph Justin (zwischen 163 und 167 seines christlichen Glaubens wegen in Rom enthauptet), ferner der hl. Bischof Irenäus von Lyon (gest. 200), auch der Bischof Papias von Hierapolis, chiliastischen (griechischer Ausdruck für die Lehre vom tausendjährigen Reich) Anschauungen. Jedoch erklärt Justin, daß viele Christen, die im übrigen an der reinen, von den Aposteln überlieferten Lehre festhalten, die Erwartungen vom tausendjährigen Reich nicht teilen ("Zwiegespräch Justins mit dem Juden Tryphon"., Kap. 80 und 81). Aus dieser Erklärung Justins geht deutlich hervor, daß diese chiliastischen Anschauungen keineswegs als Inhalt der apostolischen Predigt und Überlieferungen zu betrachten sind; vielmehr treten alsbald verschiedene Väter des Chiliasmus entschieden entgegen. Insbesondere trat Bischof Dionysius von Alexandrien in dreitägigen mündlichen Verhandlungen, ferner in einer besonderen Schrift "Zwei Bücher über die Verheißungen" den chiliastiaschen Lehren eines Bischofs bekämpfend entgegen! Gleichfalls traten die hl. Kirchenlehrer Hieronymus (gest. 420) und Augustinus (gest. 430) dem Chiliasmus entgegen! Letzterer bekennt, der chiliastischen Anschauung früher selbst gehuldigt zu haben, daß ihn aber eine gründliche Untersuchung jener Schriftstellen, die für den Chiliasmus angeführt wurden, gezwungen hätten, sie aufzugeben! Und kein anderer, als diese große Leuchte der katholischen Kirche war es, der dem Chiliasmus den Boden entzog! Später haben nur noch vereinzelte katholische Theologen für chiliastische Anwandlungen geschwärmt, aber ein bedeutender Gelehrter befand sich nicht unter diesen. Umsomehr haben denn mittelalterliche und neuzeitliche Schwärmer und Schwärmersekten ein baldiges Anbrechen des tausendjährigen Reiches Christi auf Erden gepredigt und als Anziehungsmittel benützt für ihre eigenen Lehre und Ziele. Genannt seien die Hussiten, Wiedertäufer, Quintomonarchianer (England), Sabbatarier (Siebenbürgen), Melchioriten (Anhänger des Melchior Hofmann, gest. 1543), Baptisten, Mormonen oder Heiligen der letzten Tage, Pöschlianer oder Anhänger des Thomas Pöschl (gest. 1837), die Adventisten (deren Gründer, der Farmer William Miller, am 20. Dezember 1849 zu Low Hampton im Staate Newyork starb, zwei Jahre vor der Geburt des "Pastor" Charles Taze Russells, des Gründers der "Russellsekte", deren Anhänger sich jetzt "Gesellschaft Ernster Bibelforscher" nennen). An Einzelpersonen seien genannt: Paul Felgenhauer (gest. n. 1659), Philipp Jakob Spener (gest. 1705), Johann Max Daut (gest. n. 1711), Johann Wilhelm Petersen (gest. 1727), Johann Albrecht Bengel (gest. 1752), Friedrich Christoph Oetinger (gest. 1782), Johann Heinrich Schönherr (gest. 1826), Ignaz Lindl (gest. 1834) und Georg Friedrich Daumer (gest. 1875).

Hiermit dürfte die Frage nach der Ursache des frühzeitigen Entstehens der Chiliasmuslehre sowie die nach ihrem zähen Erhaltenbleiben bis auf unsere Tage hinreichend beantwortet sein. Soweit die angeführten Vertreter dieser Lehre den Zeitpunkt der Wiederkunft Christi zu berechnen suchten, stimmt in den Resultaten keiner mit dem andern überein, obschon sie alle auf dieselbe Bibel, ja teilweise auf die nämlichen Bibelstellen sich beriefen! -

Nun zur Stellungnahme zu den Anschauungen Russells resp. den Bibelstellen, die ein tausendjähriges Reich Christi beweisen sollen.

Es wurden dafür die verschiedensten Stellen beigezogen, namentlich alle, die von Gerechtigkeit, Freuden und Frieden, von Erquickung, Errettung und Wiederherstellung, sowie von einem künftigen "Reiche" handeln, die Vaterunserbitte "Zukomme uns dein Reich" nicht ausgenommen. Aus dem Alten Testament besonders jene Stellen, in denen die Propheten die Segnungen des zukünftigen Messias und die (übernatürliche) Herrlichkeit und Kraft des Messiasreiches ankünden und öfters in den glühendsten Farben schildern.

Aus "Wahrheitsliebe" bemerke ich, daß nicht, wie der E. B. zum "überdenken" vorschlägt, die Stelle im 1. Buch Mosis (22, 15-18, sondern die im - 4. - Buche (14, 21) in Betracht kommt. Außer dieser einzigen von R. genannten Stelle des Alten Testamentes sind es vor allem Stellen bei Isaias (9,7; 11, 4ff.; 26; 35f.;61; 65, 17 ff.), sodann Ezechiel (die Kapitel 37, 47 und 48), Joel (3,177ff.) und Michäas (4, 1ff.).

Aus dem Neuen Testament werden Stellen im Evangelium nach Lukas (4, 18f.), in der Apostelgeschichte (3, 19ff.), im 2. Korintherbrief (3, 13) und in der Geheimen Offenbarung (Kapitel 20-22) herangezogen.

In Russells "Photodrama der Schöpfung", das neuerdings in Basel an vier aufeinanderfolgenden Tagen, wieder gezeigt wurde, werden in der vierten Abteilung sogar mehrere bildliche Darstellungen aus dem tausendjährigen Reiche Christi sowie vom "neuen Himmel" und der "neuen Erde" vorgeführt.

Jetzt wieder zurück zu unseren angeführten Stellen.

Schlägt man all die angeführten Stellen der Bibel nach, so ergibt sich, daß - ein einziges Kapitel (Offb. 20) ausgenommen - nirgends von einem tausendjährigen Reich Christi die Rede ist. - Freilich, es wird angekündigt, daß der Messias über die Geringen mit Gerechtigkeit richten, die Frevler aber mit dem Hauche seines Mundes töten wird (Js. 11, 4); daß er gesalbt und gesendet wird, zu heilen die zerknirschten Herzens sind, den Gefangenen Erlösung zu verkünden, sowie dem Herrn angenehmes Jahr, aber auch den Tag der Rache des Herrn zu predigen (Js. 61, 1ff.; Luk. 4,18ff.); daß seine Herrschaft sich mehren und Frieden ohne Ende sein wird (Js. 9,7) usw. Es wird ferner angekündigt, daß Zeiten der Erquickung von dem Angesichte des Herrn kommen werden, wenn er Jesus senden wird (Apg. 3,20). Es ist ebendaselbst (Vers 21) die Rede von den Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge. Ebenso werden (Js. 65, 17; 2. Petr. 3,13; Offb. 21, 1) ein neuer Himmel und eine neue Erde angekündigt. Aber nirgends wird gesagt, daß all dies auf ein tausendjähriges Reich Christi und seiner Heiligen auf Erden sich bezieht, in dessen Verlauf erst all das Angekündigte sich erfüllen soll. (Nach Prof. Dr. Heimbucher.)

Es wird nirgends gesagt - wie Russell und die Ernsten Bibelforscher wollen -, daß in einem solchen Millenium sogar allen Verstorbenen eine neue Gelegenheit zur Prüfung und Rettung geboten werden, daß ferner die Erde erneuert, d. h. durch eine "neue soziale Ordnung vervollkommnet" werden soll, die unter Führung und Leitung der "neuen Himmel" des Messianischen Königreiches, ins Dasein treten soll.

Die Heilige Schrift dagegen lehrt, daß die Herrschaft des Messias auf Erden schon mit Christi Tod am Kreuz begonnen hat, indem der Heiland selbst (Joh. 12,3f.) verkündete: "Jetzt wird der Fürst dieser Welt hinausgeworfen werden. Und ich, wenn ich von der Erde erhöht bin, werde alles an mich ziehen." Und Augustus sagt: "Beachtet die Herrlichkeit des Kreuzes Christi. Das Kreuz, das die Feinde verspottet haben, prangt jetzt an der Stirne der Regenten. Der Erfolg hat seine (Christi) Kraft bewährt. Mit dem Holze (des Kreuzes), nicht mit dem Schwerte, hat er den Erdkreis sich unterworfen." Ferner lehrt die Hl. Schrift, daß die Freude und Seligkeit der durch Christus Erlösten darin besteht, daß sie Gott von Angesicht zu Angesicht schauen im Himmel (1. Kor. 13,12; 1. Joh. 3,2; Matth. 18, 10), aber nicht in einem "Paradies auf Erden", das dazu noch, nach der Lehre der Ernsten Bibelforscher, erst im Millenium beginnen soll! Mit dem Tode des Menschen ist auch seine Prüfungszeit vollendet und der Mensch wird, sobald er gereinigt ist von allen läßlichen Sünden und Sündenstrafen, des ewigen Lebens im Himmel teilhaftig. Schreibt doch der Apostel Paulus (2. Kor. 5,1): "Denn wir wissen, daß wenn das irdische Haus dieser unserer Wohnung angetragen wird (d. h. der menschliche Leib im Sterben), wir einen Bau von Gott haben, ein nicht mit Händen gemachtes, ewiges Haus im Himmel."

Wenden wir uns nun jenem Kapitel der Hl. Schrift zu, das einzig und allein in Betracht kommt für die Lehre vom tausendjährigen Reich Christi. Dies Kapitel (Offb. 20) hat in deutscher Übersetzung folgenden Wortlaut:

"1. Und ich sah einen Engel herabsteigen vom Himmel, der hatte den Schlüssel des Abgrundes und eine große Kette in seiner Hand. 2. Und er ergriff den Drachen, die alte Schlange, welche ist der Teufel und Satan, und band ihn auf tausend Jahre. 3. Und warf ihn in den Abgrund und verschloß und versiegelte ihn über ihm, daß er nicht mehr die Völker verführe, bis die tausend Jahre vollendet sind. Nach diesem muß er gelöst werden auf kurze Zeit. 4. Und ich sah Throne, und sie setzten sich darauf; und ihnen ward verliehen, Gericht zu halten; und die Seelen der Enthaupteten wegen des Zeugnisses Jesu und wegen des Wortes Gottes und derer, die das Tier und sein Bild nicht angebetet und sein Malzeichen nicht angenommen hatten an ihren Stirnen oder an ihren Händen; und sie lebten und herrschten mit Christus tausend Jahre. 5. Die übrigen von den Toten lebten nicht, bis vollendet sind die tausend Jahre. Dieses ist die erste Auferstehung. 6. Selig und heilig, wer teil hat an der ersten Auferstehung; über diese hat der zweite Tod keine Gewalt, sondern sie werden Priester Gottes und Christi sein und herrschen mit ihm tausend Jahre. 7. Und wenn die tausend Jahre werden vollendet sein, wird Satan gelöst werden aus seinem Kerker und ausgehen und verführen die Heiden, die an den vier Enden der Erde sind, Gog und Magog 1)

[1) Gog und Magog" sind Namen für unkultivierte Völker in den äußersten Ländern. Die Namen kommen zuerst bei Ezechiel vor. Hier ist das Wort gebraucht, um die entferntesten heidnischen Völkerschaften zu nennen, nicht zwei bestimmte Nationen.]

und wird sie versammeln zum Kampfe, deren Zahl ist wie der Sand des Meeres. 8. Und sie zogen herauf über die Breite der Erde und umringten das Lager der Heiligen und die geliebte Stadt. 9. Und es kam Feuer von Gott herab aus dem Himmel und verzehrte sie; und der Teufel, der sie verführt, wurde in den Feuerpfuhl geworfen, wo auch das Tier 10. und der falsche Prophet werden gepeinigt werden Tag und Nacht in alle Ewigkeit. 11. Und ich sah einen großen weißen Thron und den, der auf ihm saß, vor dessen Anblick die Erde und der Himmel floh, und es ward keine Stätte für sie gefunden. 12. Und ich sah die Toten, große und kleine, stehen vor dem Throne; und Bücher wurden geöffnet, welches das (Buch) des Lebens ist; und die Toten wurden gerichtet nach dem, was geschrieben war in den Büchern, gemäß ihren Werken. 13. Und es gab das Meer die Toten, die in ihm waren; und der Tod und die Unterwelt gaben ihre Toten, die in ihnen waren; und es wurde über jeglichen gerichtet gemäß seinen Werken. 14. Und die Unterwelt und der Tod wurden in den Feuerpfuhl geworfen. Dieses ist der zweite Tod (im griechischen Urtext: Dies ist der zweite Tod, der Feuersee). 15. Und wer nicht gefunden ward im Buche des Lebens geschrieben, ward geworfen in den Feuerpfuhl."

Der Inhalt dieses Kapitels ist, kurz zusammengefaßt, demnach folgender: Das Kapitel berichtet uns eine Vision (ein Gesicht) oder vielmehr mehrere Visionen des Apostels Johannes. Er sah einen Engel, der den Satan mit einer Großen Kette bindet und ihn "auf 1000 Jahre" in den Abgrund sperrt. Ferner Throne, auf die jene sich setzen, die Gericht halten sollen. Denn die Seelen der Märtyrer und Bekenner. Diese wurden lebendig und herrschten mit Christus "1000 Jahre". Die übrigen Toten wurden nicht lebendig. Nach Umfluß der "1000 Jahre" wird Satan aus seinem Gefängnis wieder losgelassen. Er verführt die Völker der ganzen Erde und sammelt sie zum Kampfe wider die Heiligen und die heilige Stadt. Doch Feuer vom Himmel verzehrt sie. Ihr Anführer wird in den Feuer- und Schwefelpfuhl geworfen und darin mit dem Tier und dem falschen Propheten Tag und Nacht gepeinigt in alle Ewigkeit. Johannes sieht ferner einen großen weißen Thron. Vor dem, der darauf sitzt, fliehen Himmel und Erde. Alle Toten aber, auch die, die das Meer verschlungen hatte, werden vor ihm versammelt und gerichtet, ein jeder nach seinen Werken. Wessen Name nicht im Buche des Lebens verzeichnet war, der wurde gleichfalls in den Feuerpfuhl geworfen. Ebenso das Totenreich und der Tod selbst.

Wie ist dieser Inhalt zu erklären?

Vor allem ist das Binden Satans nicht wörtlich zu nehmen. Auch die Chiliasten, einschließlich Russells, des Vaters der Ernsten Bibelforscher, nehmen es bildlich. Der Sinn ist: die Macht Satans wird gebunden oder gebrochen. Es soll also nicht Satan wirklich "mit einer großen Kette" im Abgrund festgebunden werden. Solcher bildlicher Ausdrücke sind es noch mehrere in diesem Bericht. So z. B. wird niemand unter den Büchern, die beim Gerichte der Toten aufgeschlagen werden, an wirkliche Bücher denken. So sind auch das Totenreich und der Tod keine wirklichen Personen oder Reiche. Der Sinn dieser Ausdrücke geht dahin, daß diese Mächte fortan keine Gewalt mehr haben, indem mit dem allgemeinen Gericht dieser Wettlauf zu Ende ist und keine Menschen mehr geboren werden und sterben. Wie eine unnütze, wertlose Sache werden sie ins Feuer geworfen. Weil sie aber aus der Sünde stammen, eine Folge der ersten Sünde sind, so werden sie in der Vision passend dahin verwiesen, wohin jene, die im Buche des Lebens nicht verzeichnet sind - oder die Sünder - geworfen werden: in den Feuerpfuhl.

Können nun auch die "1000 Jahre", während welcher Satans Macht gebrochen ist, und die "1000 Jahre", innerhalb derer die Heiligen (Märtyrer und Bekenner) mit Christus herrschen, in einem weiteren Sinn gefaßt, also für einen längeren Zeitraum überhaupt genommen werden? Oder müssen sie gar wörtlich, als genau "1000 Jahre" verstanden werden? Nein! Diese Antwort gab der hl. Augustinus. Nach seinem berühmten Werk "De civitate Dei", d. h. "Über den Gottes-Staat", im 20. Buch, 7. Kapitel, ist die tausendjährige Herrschaft Christi und seiner heiligen, von der die Geheime Offenbarung redet, auf die von Christus gestiftete Kirche, näher auf die triumphierende Kirche im Himmel und die streitende Kirche auf Erden zu beziehen. "Tausend Jahre", erklärt er, bezeichnen keine bestimmte, sondern eine unbestimmte Zeit. Es ist damit die christliche Zeit, das ganze christliche Zeitalter, zu verstehen, während dessen Satan im Verhältnis zur christlichen Zeit gleichsam gebunden und in einem Gefängnis verwahrt ist, da Christus durch seinen Erlösungstod die Macht Satans gebrochen hat und die Kirche durch ihr Lehr- und Priesteramt sie noch fort und fort einschränkt und unwirksam macht. So ist unter der "ersten Auferstehung" in Vers 5 nicht die leibliche Auferstehung der Gerechten am jüngsten Tage zu verstehen, sondern ihre Aufnahme in den Himmel, wo sie schon vor der Auferstehung des Fleisches unter ihrem Gnadenhaupte Christus jetzt und für immer herrschen und glücklich und selig sind. Über sie hatte nur der erste Tod Gewalt, sofern sie als Kinder Adams dem allgemeinen Gesetz der Sünde und des Todes unterworfen waren. Der "zweite", ewige Tod im "Feuer- und Schwefelpfuhl" kann ihnen nichts anhaben. Sie sind für immer "lebendig". Sie besitzen das Gnadenleben der Seele, das gleichfalls als "erste Auferstehung" (aus dem Grabe der Sünde) betrachtet werden kann und behalten es, da sie bereits (ihrer Seele nach) in den Himmel aufgenommen sind, in unverlierbarer, unvergänglicher Weise.

Die verstorbenen Gottlosen dagegen besitzen das übernatürliche Leben der Seele nicht. Sie haben keinen Teil an der "ersten Auferstehung" und sind nicht in den Himmel aufgenommen. Wen es Vers 5 heißt, daß sie nicht lebendig wurden, bis die tausend Jahre vollendet waren, so ist damit lediglich nur der Zeitpunkt bezeichnet, vor dem sie das ewig selige Leben nicht genossen, aber nicht auch gesagt, daß sie es nachher erlangten. Vielmehr hat über sie, weil sie an der "ersten Auferstehung" nicht teil hatten, der "zweite", ewige Tod Gewalt!

Wie die Geheime Offenbarung ankündigt, wird am Ende der tausend Jahre Satan nochmals aus seinem Gefängnis losgelassen. Mit Zulassung Gottes wird Satan mit erneuter Gewalt seine Angriffe gegen das Reich oder die Kirche Christi richten. Dies geschieht in der Zeit des "Antichrist", in der sich der letzte Kampf, der Todeskampf zwischen der Kirche Christi und dem Reiche Satans, zwischen Christus und Belial, abspielen wird. Über den Ausgang dieses Kampfes läßt uns die Heilige Schrift nicht im Ungewissen. Die Kirche wird auch aus diesem letzten Kampf siegreich hervorgehen. Satan aber wird endgültig besiegt, seine Macht völlig und für immer gebrochen. Er selbst wird zur Höllenpein verurteilt, also nicht "vernichtet". Auch im Hebräerbrief, den Russell anführt, ist von einer Vernichtung nichts gesagt. Es heißt vielmehr, daß Christus "durch seinen Tod dem die Macht nahm, der die Gewalt des Todes hatte, das ist dem Teufel". Nachdem der Tod seine Beute herausgegeben hat, hält Christus das "End- oder Weltgericht" ab. Alle Toten werden vor Christi Richterstuhl versammelt und jeder wird nach seinen Werken gerichtet. Die nicht im Buche des Lebens stehen, d. h. das übernatürliche Leben nicht besitzen, verfallen dem "zweiten", ewigen Tod in der Hölle. So hat alles, was Gott widerstrebte, seine gerechte Strafe: der "Antichrist" (der falsche Prophet; vgl. auch 19, 20), Satan und die gottlosen Menschen.

Auch der (Luft-) Himmel und die jetzige Erde, die schon beim Sündenfall der Stammeltern vom Fluch der Sünde getroffen wurden (Gen. 3,17f.), finden ihr Ende. Johannes sieht (Kap- 21,1) "einen neuen Himmel und eine neue Erde", denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen". Der Apostelfürst (2. Petr. 3,7) schreibt, daß der jetzige Himmel und die Erde durch Gottes Wort aufbewahrt und dem Feuer vorbehalten sind auf den Tag des Gerichtes und des Verderbens der gottlosen Menschen; daß die Himmel mit rauschender Schnelligkeit vergehen, die Elemente in Feuerglut sich auflösen und die Erde samt ihren Werken auf ihr verbrennen wird (2. Petr. 3, 10 und 12). Christus selbst sprach das bekannte Wort: "Himmel und Erde werden vergehen, meine Worte aber werden nicht vergehen" (Luk. 21, 33).

Doch auch Himmel und Erde werden durch Gottes Wort in einem neuen, herrlichen, verklärten Zustand wieder auferstehen und von der Knechtschaft des Verderbnisses zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes gelangen (2. Petr. 3, 13; Röm. 8,20f.).

Deshalb schreibt Paulus (1. Kor. 7, 31), daß "die Gestalt" dieser Welt vergeht. "In diesem Sinne ist auch das von Russell so oft angeführte Wort des Predigers (1,4): "Die Erde ist ewig" zu verstehen, wenn der Prediger damit nicht bloß sagen wollte, daß die Erde unabänderlich "ihren Gang geht", während alles übrige dem Wechsel unterworfen ist.

Die Lehre der Ernsten Bibelforscher, daß die Vollendung der Welt lediglich in ihrer Vervollkommunung durch eine neue "soziale Ordnung" besteht, ist somit ebenso schriftwidrig wie ihre Lehre von einer neuen individuellen Prüfung aller Menschen im Milleniumszeitalter. Denn es liegt offen am Tage, daß das natürliche und christliche Sittengesetz gilt, solange es Menschen gibt, - es hat demnach auch für ein angenommenes tausendjähriges Reich Christi auf Erden seine Geltung. Christus selbst, der die Wahrheit selber ist, erklärt (Matth. 5,18, 19): "Denn wahrlich ich sage euch: bis Himmel und Erde Vergehen, wird nicht ein Strichlein oder ein Tüpflein vergehen vom Gesetze, bis alles geschieht. 19. Wer also nur eines von diesen geringsten Geboten auflöst und die Menschen so lehrt, der wird der Geringste genannt werden im Himmelreiche; wer sie aber hält und lehrt, der wird auch groß genannt werden im Himmelreich." - Diese Stelle gibt zu denken! Wieviele Gebote - dazu nicht von den geringsten - die Ernsten Bibelforscher verachten und wie sie diese Verachtung der Gebote Gottes die Menschen lehren, werden die folgenden Blätter zeigen.

Schon im bloßen Gedanken, daß Christus, der allheilige und gerechte Gott, eine Herrschaft auf Erden und noch dazu auf - tausend Jahre - aufrichten werde, in der Schlemmer und Wollüstige eine Freistätte haben, liegt eine schwere Beleidigung und Herabwürdigung Gottes. Die Hl. Schrift lehrt ferner eine gleichzeitige Auferstehung der Guten und der Böen. Sie sagt nicht, daß zuerst die Gerechten auferweckt werden und dann später - nach tausend Jahren - erst die Gottlosen, sondern klar und deutlich verkündet der Heiland (Joh. 5,28f.): "Es kommt die Stunde, in der alle, die in den Gräbern sind, hören werden die Stimme des Sohnes Gottes und hervorgehen werden, die das Gute getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber das Böse verübt haben, zur Auferstehung des Gerichtes." Noch aus vielen andern Stellen (z. B. Matth. 13, 24ff.; Paulus im 1. Kor. 15, 51 f.; Joh. 6, 39 u. a.) geht unbestreitbar hervor, daß die Hl. Schrift eine gleichzeitige Auferstehung der Guten und der Bösen lehrt. Deshalb ist die Lehre, daß zunächst nur die Guten auferweckt werden, um mit Christus tausend Jahre zu herrschen, mit der Lehre der Hl. Schrift unvereinbar!. Ebenso unvereinbar die Lehre Russells und seiner Anhänger von einer allmählich innerhalb tausend Jahren erfolgenden Auferweckung und Prüfung aller Verstorbenen.

Die Hl. Schrift rückt ferner die Auferstehung der Toten, das Weltgericht und das Weltende zeitlich so nahe aneinander, daß diese Ereignisse auch rasch oder unmittelbar nacheinander sich abspielen müssen und folglich für ein tausendjähriges Reich kein Raum vorhanden ist. Man lese nur die Ankündigung des Heilandes selbst: "Wenn aber der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommen wird und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen, und es werden alle Völker vor ihm versammelt werden, und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. Die Schafe wird er zu seiner Rechten, die Böcke aber zu seiner Linken stellen. Alsdann (nachdem er Gute und Böse voneinander geschieden hat) wird der König zu denen, die zu seiner Rechten sein werden, sprechen. "Kommet, ihr Gesegneten meines Vaters. Nehmet das reich in Besitz, das euch bereitet ist von der Grundlegung der Welt an …" Dann wird er auch zu denen auf der Linken sprechen: "Weichet von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer … Und diese werden in ewige Pein gehen, die Gerechten aber in ewiges Leben" (Matth. 25, 31ff; vgl. auch 16, 27; Joh. 5,28f.). An diesen Heilandsworten gibt's nichts zu "deuteln!" Man muß sie schon so nehmen, wie sie sind, nicht aber darf man sie so drehen, wie man sie gerne hätte. Wie ganz anders müßten die Worte des Heilandes gelautet haben, wenn nach der Auferweckung der Gerechten erst noch ein tausendjähriges Zwischenreich, eine tausendjährige Herrschaft Christi und der Heiligen auf Erden anzunehmen wäre und dann erst die Auferweckung der Ungerechten erfolgen würde! Oder wenn, wie Russell und die Ernsten Bibelforscher lehren, dem Weltgericht erst noch ein tausendjähriges Königreich Christi behufs Auferweckung, Belehrung und Prüfung der ganzen Welt vorausginge! - Nein! Die Hl. Schrift lehrt nicht nur kein solches, wie immer geartetes tausendjähriges Reich; alle Auffassungen und Vorstellungen hierüber widersprechen der Hl. Schrift! Ferner! Was soll es denn für die Heiligen des Himmels für eine Bedeutung haben, wenn sie nochmals tausend Jahre auf Erden zubringen müßten. Die Hl. Schrift kennt keine Unterbrechung der ewigen Seligkeit der Heiligen im Himmel zu dem Zwecke, auf tausend Jahre oder für eine längere Zeit Lehrer und Leiter der Menschheit zu sein! Zu diesem Zwecke hat Christus vielmehr in der von ihm begründeten sichtbaren Kirche, der apostolischen, katholischen Kirche ein eigenes Lehramt, ein unfehlbares Lehramt errichtet, dem er die Garantie der steten Unfehlbarkeit die Verheißung gegeben hat: "Ich bin bei euch alle Tage, bis ans Ende der Welt" (Matth. 28, 20)! Freilich! Von diesem unfehlbaren Lehramt wollen die Ernsten Bibelforscher nichts wissen - auffallender und doch begreiflicher Weise! - Was soll ferner Christus selbst, wenn er nach der Lehre der Ernsten Bibelforscher nur als Geistwesen unter der Menschheit mit der ebenso unsichtbaren kleinen "Herauswahl" auf Erden weilen soll? Als wahrhaftiger Gott ist Christus ohnehin allgegenwärtig, zugegen an allen Orten; als eucharistischer Heiland erst recht in besonderer Weise! Die Heiligen aber können auch im Himmel für uns bitten und tun dies auch tatsächlich (2. Makk. 15,14; Off. 5,8). So ist denn schon ihre Fürbitte im Himmel, ferner auch das Andenken an ihre Tugenden, wie es uns in den Heiligenleben vor Augen gestellt wird, von Nutzen für uns; es bedarf deshalb wirklich nicht auch noch ihrer persönlichen, aber unsichtbaren Gegenwart auf Erden, auf daß sie uns Helfer und Führer auf dem Wege zum Himmel sein können. Endlich wäre eine solche Lehre ein Schlag ins Angesicht der göttlichen Gerechtigkeit! Warum mußten denn bis zum Beginn des Milleniums Verstorbenen ohne solche Lehrer und Führer ihre Seligkeit erkämpfen? Und die im Milleniumzeitalter lebenden Menschen, die über denselben freien Willen, sich für Gut oder Bös zu entscheiden, verfügten, denen ferner ebenfalls, wie den Heiligen, die Benützung der nämlichen Heiligungs- und Gnadenmittel offen stand, diese späteren Generationen sollten von dem allgerechten Gott noch eine "Extra-Vergünstigung" erhalten?

Endlich läßt sich die besprochene Lehre mit einer weiteren Schriftstelle nicht vereinbaren. Oft und eindringlich fordern Christus und ebenso der Apostel Paulus uns auf, unsere Lebenszeit zu einer guten Vorbereitung auf den Tod zu benützen, da mit dem Tod des Menschen seine Prüfungszeit abgeschlossen ist und der Menschensohn zum Gericht kommt (zum besonderen Gericht), zu einer Stunde, "da wir es nicht meinen". Der Apostelfürst Petrus schreibt nun in seinem 2. Brief (3, 10), daß auch der "Tag des Herrn", an dem der Herr zum Weltgericht wiederkommt, wie ein Dieb kommen wird, weshalb wir uns eines heiligen Wandels befleißigen sollen, indem wir "erwarten und entgegeneilen der Ankunft des Herrn, wegen der die Himmel im Feuer aufgehen und die Elemente in Gluthitze vergehen werden." Nach Russell und seinen Anhängern dauert dieser "Tag des Herrn" 1000 Jahre! Daraus folgt doch mit zwingender Logik, daß es deshalb wirklich keines besonderen Eifers und keiner besonderen Eile bedarf, uns darauf vorzubereiten!

Allerdings hätte diese Vorbereitung auch keinen Zweck. Denn nach der Lehre der Ernsten Bibelforscher steht uns, die wir ja bereits im Millenium leben, auch der Himmel als Siegespreis und Lohn für Kampf und heiligen Wandel nicht mehr in Aussicht. Nur die "kleine Herde" der "Herauswahl" (d. h. die Ernsten Bibelforscher) und wenige "Überwinder" aus dem Alten Bund sind der "Unsterblichkeit" und der "göttlichen Natur" Christi teilhaft oder auf die "göttliche Daseinsstufe" erhoben worden, während alle übrigen Menschen zwar nicht die "Unsterblichkeit", aber doch ein "ewiges (!) Leben auf Erden" erhalten oder für immer vernichtet werden sollen. Diese Lehre der Ernsten Bibelforscher beschränkt also - völlig im Widerspruch mit der Hl. Schrift - in echt calvinischer Weise die Erwählung zum ewig seligen Leben im Himmel nicht nur auf eine kleine Schar und auf das "Evangeliums-Zeitalter", sodaß alle seit 1914 lebenden Menschen nicht mehr in den Himmel kommen können; sie hält auch den allergrößten teil der Menschheit ein "Paradies auf Erden" für einen hinlänglichen und vollgenügenden Lohn ihrer guten Werke! Allein, der Lohn der Gerechten und Heiligen besteht nicht in einer "natürlichen Seligkeit" auf einer vollkommenen Erde, sondern er ist ein übernatürlicher. Nicht nur "wird Gott alle Tränen von ihren Augen trocknen, und der Tod nicht mehr sein, noch Trauer, noch Klage, noch Schmerz" (Off. 21, 4); nicht bloß werden die Seligen nicht mehr hungern, noch dürsten usw. (7, 16), sondern Gott selbst wird ihr Lohn sein, indem (nach Paulus in 1. Kor. 13, 12, und Joh. 3,2) die Seligkeit der Heiligen des Himmels wesentlich in der übernatürlichen Schauung Gottes des Einen und Dreieinigen von Gesicht zu Gesicht besteht. Die Heiligen erkennen und schauen Gott, wie ein Geschöpf dies nur vermag, und sie werden, wie der hl. Apostel Johannes schreibt, dadurch, daß sie "Gott schauen so, wie er ist, auch "ihm" ähnlich, ohne indes aber auf die "göttliche Daseinsstufe erhoben oder "von der menschlichen zur göttlichen Natur verwandelt" werden zu können. Eine solche Annahme und Lehre spricht gegen die endliche oder geschöpfliche Natur des Menschen, wie auch der Vernunft einleuchtet! (Nach Prof. Dr. Heimbucher).

R. nannte als eine Wahrheit, die wir Katholiken nicht haben und die andere außerhalb der Kirche gefunden haben und derentwegen sie die Kirche verlassen mußten, "die Wiederherstellung aller Dinge", von der der Apostel Petrus in wenigen Worten so viel und der "Nachfolger Petri" in seinen vielen Worten so wenig oder vielmehr nichts zu sagen wisse.

Obwohl wir über diesen Punkt genug geredet haben dürften, wollen wir, der Vollständigkeit wegen, zu dem genannten Zitat (Apostg. 3, 19, 21) uns äußern. Zuvor sei jedoch festgestellt, daß N. mit dem oben angeführten Satz der katholischen Kirche eine Verleumdung entgegenschleudert, mit dieser Verleumdung den Aufmarsch gegen alles Wahre, überlieferte, alles Heilige, den Aufmarsch gegen Dogmen, Sakramente, vor allem gegen das heiligste Sakrament, das allerheiligste Altarsakrament, gegen die den Katholiken ans Herz gewachsene Marienverehrung, gegen Wunder und - versteht sich - das Papsttum eröffnet! Die Truppen dieses Aufmarsches mögen von jedem andern Geist beseelt sein, nur nicht von dem der Wahrheitsliebe und Friedensliebe!

Es fällt einem tatsächlich nicht ganz leicht - auch bei ganz gutem Willen - während des Durchschreitens durch diesen Sumpf von Verleumdungen, Verdrehungen, Entstellungen usw. immer rein sachlich zu bleiben, Person von Sache zu unterscheiden.

Nun zu jener Wahrheit, die die katholische Kirche nicht besitzen soll! Die Stelle Apostelgeschichte 3, 19-21, lautet: "19. So tuet denn Sünde und bekehret euch, daß getilgt werden eure Sünden, 20. damit Zeiten der Erquickung kommen von dem Angesichte des Herrn und er den sendet, welcher euch verkündet worden ist, Jesus Christus, 21, welchen zwar der Himmel aufnehmen muß bis zu den Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge, wovon Gott geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten von alters her."

wir finden in dieser Bibelstelle die drei Worte: "Wiederherstellung aller Dinge", das sind tatsächlich wenig Worte! Weniger konnte wohl selbst ein Petrus nicht reden. Ob durch diese wenigen Worte der Apostelfürst wirklich viel geredet hat über die Art und Weise, das eigentliche Wesen der Wiederherstellung, ob er uns eine Aufklärung über sie gibt, ob vor allem auch nur eine Andeutung in diesen Worten Petri liegt über die von den Ernsten Bibelforschern erträumte schriftwidrige Vorstellung der Wiederherstellung - das zu entscheiden, überlasse ich voll und ganz meinen verehrten Lesern! R. hat in seiner Schmähschrift zum Nachschlagen seiner zitierten Bibelstellen aufgefordert mit den Worten: "Man überdenke!" Wir aber schließen das soeben gezeitigte Resultat unserer Untersuchung mit den Worten: "Man bedenke!"

Es ist klar, daß der Nachfolger Petri, der jeweilige Papst, als Oberhaupt der katholischen Kirche, die da ist "die Säule und Grundfeste der Wahrheit", die erste Zielscheibe der Spott-, Hohn- und Herabwürdigungspfeile eines Bibelforschers werden mußte! Da er als früherer Katholik wohl wußte, daß die vorhin behandelte Wahrheit in unserer Kirche vorhanden ist, sein der Kirche gemachter Vorwurf also mit Leichtigkeit zurückgenommen werden kann, leitet er seine Anklage ein mit den beleidigenden Worten "… und der 'Nachfolger Petri' in seinen vielen Worten so wenig oder vielmehr nichts zu sagen weiß." Dem sei nur entgegengehalten, daß ein einziger Satz aus dem Munde unseres sichtbaren Oberhauptes sinnreicher ist, als die gesamte sinnverwirrende "Literatur" der Ernsten Bibelforscher!

Wirklich ein einfaches Verfahren: Was man nicht beweisen kann, tut man mit einer beleidigenden Redewendung ab. Auf diese Art werden jedoch keine geistigen Kämpfe geführt! Da der Bibelforscher mit seinem hämischen Redeton sich das Urteil selbst gesprochen hat, verzichten wir darauf, den Beweis zu liefern, daß die "Nachfolger Petri" in vielen Worten viel gesprochen haben. Es hieße tatsächlich solch kirchenfeindlichen Geist zu viel Ehre antun, jedem einzelnen Satz seiner aller Logik und Konsequenz hohnsprechenden Schmutzschrift Seiten umfassendes Material für dessen Unwahrheit entgegenzustellen! Um eine solche, wie die obige Aussage zu wagen, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder kennt man nicht oder will nicht kennen die Lehre der Kirche (in unserm Fall die Lehre des Papstes über diesen Punkt), oder - da der Papst vielmehr "nichts zu sagen weiß", - man versteht sie nicht. Zum Schluß der Ausführungen über die "Wiederherstellung der Dinge" noch folgende Bemerkungen. Wir Katholiken entbehren tatsächlich, wie der von R. der Beachtung "so gerne" gewürdigte, als Priester wie als Schriftsteller um die katholische Sache sehr verdienstvolle Mann - Pfarrer Mäder in Basel - mit vollem Recht erklärt, keiner einzigen Wahrheit, derentwegen andere die Kirche verlassen mußten, um sie anderswo zu finden.

Große Dissertationen über die Art der einstigen Wiederherstellung sind übrigens für uns nebensächlich. Viel wichtiger dagegen ist es, unser Heil zu wirken "in Furcht und Zittern" und auf diese Weise uns vorzubereiten auf den Tag der Reise in das Heimatland jenseits dieser Welt, die ja doch so gar sehr "im Argen liegt"! Zur Erreichung dieses Zieles haben wir in überreichem Maße Gnadenmittel, welche der göttliche Heiland voll allwissender und allumfassender Liebe in seiner von ihm gestifteten Kirche uns zum Gebrauche geschenkt hat.

"Jener Tag" kommt ohne unser Zutun, aber unser ewiges Ziel erreichen wir nicht ohne unsere Mitarbeit mit dem Willen und der Gnade Gottes. Unser Hauptzweck und die Hauptaufgabe der Kirche besteht darin, dafür Sorge zu tragen, daß wir am Tage der "Wiederherstellung aller Dinge zur Rechten Menschensohnes stehen, damit er uns heißen möge, Besitz zu ergreifen von dem Reiche, das er jenen bereitet, die ihn lieben!

In diesem Sinne hat unser einstmaliger Papst Pius X. der Christenheit jenes herrliche, inhalts- und vor allem segensreiche Motto verkündet:

"Omnia restaurare in Christo!"

"Alles wiederherstellen, alles erneuern in Christus!"

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