Siehe thematisch auch: Mysnip.131905
„Schmerzliche Erinnerungen:
Adventisten und Juden im Dritten Reich"
(Hinweis: Seitens des Adventverlages (nicht unbedingt „billig" aber
immerhin, ist auch eine CD-ROM adventistischer Literatur im Angebot. Darin
unter anderem auch der vorgenannte Aufsatz mit enthalten).
Einleitend notiert Heinz:
„Warum haben Adventisten zur nationalsozialistischen Judenverfolgung geschwiegen? Warum waren sie nicht bereit, ihre Stimme zum Protest zu erheben? Bis heute hat die adventistische Weltkirchenleitung kein Schuldbekenntnis zur Judenverfolgung und Judenvernichtung abgelegt."
Weiter derselbe Autor:
„Auch wenn die adventistische Gemeindeführung im Deutschen Reich über das Ausmaß des millionenfachen Mordes an den Juden nicht im Bilde war, schwieg sie nicht nur zu den Judenverfolgungen, sondern war auch bereit, im Sinne einer bewusst verfolgten Strategie der Anpassung in den offiziellen Publikationen der Gemeinschaft antisemitisches Gedankengut zu verbreiten. Man folgte den gängigen Stereotypen ..."
Als Beleg zitiert er aus „(Gegenwarts-Fragen, Nr.7/8, 1943, 35f.)" einige
besonders aggressive antisemitische Aussagen, zwar nicht von den Adventisten
selber erstmals kreiert, aber von ihnen kolportiert und in ihrer
zusammenfassenden inhaltlichen Referierung in der Sache verschärft, das man
bald geneigt ist zu kommentieren.
Schlimmere Aussagen über das vermeintliche „Ungeziefer" findet man kaum in
nazistischen Publikationen. Die hielten sich auf der publizistischen Ebene
„noch eher zurück", überließen das Handeln ihren Terrororganen.
Denke ich an einen Aufsatz von Jonak v. Freyenwald im Jahrgang 1944 der
„Nationalsozialistischen Monatshefte", in dem er das Buch eines seiner
antisemitischen Kollegen über vermeintliche „Jüdische Ritualmorde" einem
Totalzerriss unterwarf, wundert man sich, weshalb das aus nazistischer Feder
zu beobachten war. Die wollten eben in ihrer „Argumentation" als eher
„vornehm" gelten.
Kirchliche Kreise hingegen, einschließlich der Adventisten, hatten keine
Skrupel, dieserhalb eher die Pöbel-Argumentation zu präsentieren. Und das wie
vernommen noch im Jahre 1943.
Am 20. Januar 1942 hingegen fand jene berüchtige Nazikonferenz über die
Endlösung der Judenfrage unter den Auspizien von Heydrich in Berlin Wannsee
statt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Wannseekonferenz
Die Nazi-Herrschaften (die Schreibtischtäter) bedienten sich da auch eher
einer „ausgewählten Wortwahl".
Diese Wortwahl „übersetzten" dann kirchliche Kreise eher in die vulgäre
Alltagssprache
Heinz sucht zu relativieren. Der von ihm bemühte adventistische Aufsatz,
wertet er als „nicht generalisierend" einschätzbar. Andererseits muss auch er
einräumen:
„Dieser Artikel war kein "Ausrutscher", wie andere Quellen belegen."
Zu seinen wertenden Sätzen gehört dann auch der:
„Dort, wo widersetzliches Verhalten von Adventisten im Dritten Reich (allgemeine ideologische Verweigerungsgesinnung, Ablehnung des Hitler-Grußes, Arbeitsverweigerung am Sabbat, Vorzug des Sanitätsdienstes und Ablehnung des Tötens im Krieg, in seltenen Fällen Verweigerung des Kriegsdienstes) beobachtet werden konnte, blieb die Verfolgung und Vernichtung der Juden erstaunlicherweise nahezu ausgeblendet."
Ein Votum, das sich garantiert auch die von der WTG geführten Zeugen
Jehovas „hinter den Spiegel klemmen können".
Als Einzelbeispiel erwähnt Heinz:
„Die Jüdin und Adventistin Sarah
Frieda Nagelberg stammte aus Galizien und war 1898 nach Österreich
eingewandert. 1930 hatte sich die Stickerin und Tuchhändlerin in Dornbirn
der Adventgemeinde angeschlossen. 1935 erkrankte Schwester Nagelberg
schwer und wurde erwerbsunfähig. Völlig mittellos, fand sie in einem
katholischen Fürsorgeheim in Hohenems Aufnahme. 1940 nahm die Gestapo ihre
Ermittlungen auf. Nagelberg gab zu Protokoll, sie wisse nicht, ob sie noch
als Mitglied der Adventgemeinde geführt werde.
Offensichtlich hatten die Adventisten den Kontakt zu ihr abgebrochen. 1942
wurde die kranke, hilflose und vereinsamte jüdische Glaubensschwester von
Hohenems über Wien in ein Vernichtungslager deportiert und dürfte dort den
Tod gefunden haben."
Oder auch dieses:
„Der jüdische Glaubensbruder
Wilhelm Jokel aus Wien bekannte 1938:
"Wie eingeschüchtertes Wild suchen wir Unterschlupf". Jokel, der damals
bereits seit 33 Jahren der Adventgemeinde angehörte, bat die
Gemeinschaftsleitung in Wien um Hilfe, wurde aber mit der Begründung, dass
die jüdische Kultusgemeinde für ihn zu sorgen habe.
Über sein weiteres Schicksal ist nichts Näheres bekannt."
Auch dieses Beispiel noch:
„Der adventistische Pastor und
Theologe Hermann Kobs wurde von seinem Dienst in Leipzig suspendiert, weil
er einem jüdischen Glaubensbruder, der aufgrund seiner Herkunft aus der
Adventgemeinde ausgeschlossen worden war, den Gottesdienstbesuch
ermöglichte. Die Entlassung wurde von der Gemeindeleitung veranlasst und -
so die offizielle Begründung - als "Vorsichtsmaßnahme" deklariert.
Tatsächlich wurde Kobs 1942 wegen seiner judenfreundlichen Haltung
inhaftiert. Nach mehr als einem Jahr Zwangsarbeit kam er frei.
Es kam übrigens öfter vor, dass sich adventistische Verantwortungsträger
von judenfreundlichen Gemeindegliedern oder Aktionen öffentlich
distanzierten oder Adventisten jüdischer Abstammung direkt abwiesen, weil
sie Angst hatten, im Falle der Sympathie oder Hilfeleistung von den
Nazi-Behörden als "Volksfeinde" gebrandmarkt zu werden."
Damit sind die von Heinz genannten Beispiele noch nicht erschöpft:
Auch dieses noch:
„Ein anderes erschütterndes Beispiel: 1939 verhörte die Gestapo in Brünn den adventistischen Verlagsleiter Franz A. Ludwig, dessen Ehefrau Frieda Jüdin war. Die Gemeinschaftsleitung in Prag distanzierte sich daraufhin von ihrem bewährten Mitarbeiter, indem sie ihn zunächst entließ. Zwei Jahre später folgte der Beschluss, alle jüdischen und "jüdisch versippten" Mitglieder aus der Adventgemeinde auszuschließen. Der Ausschuss der Adventgemeinde Brünn widersetzte sich dieser Aufforderung. So wurde der Ausschluss von neun Gemeindegliedern ohne deren Kenntnis und ohne Zustimmung der örtlichen Gemeinde von Prag aus durchgesetzt. An den Türen der adventistischen Versammlungsräume in Brünn, Prag und Olmütz wurde zweisprachig der Vermerk angebracht: "Für Juden verboten".
Weiter geht das eben zitierte Beispiel mit der Aussage:
„Kurz nach dem Ausschluss jener neun Gemeindeglieder wurde die jüdische Glaubensschwester Frieda Redlich in ein polnisches KZ verschleppt. Keiner der adventistischen Prediger oder Gemeindeleiter besuchte sie nach ihrer Verhaftung, um ihr Trost zuzusprechen. Der Kontakt zu Gemeindegliedern jüdischer Herkunft wurde von der Gemeinschaftsleitung völlig abgebrochen. So enthielt die adventistische Gemeindezeitschrift "Hlasatel Pravdy" 1942 unter der Überschrift "Zur Beachtung" die Nachricht, dass der Versandt dieses Blattes und der "Bibellektionen" an Juden und "jüdische Mischlinge" eingestellt wurde."
Im nazistisch besetzten Lettland hingegen (auch Ungarn und Belgien nennt er
analog), so Heinz weiter, habe es - im Kontrast zu Hitlerdeutschland -
tatsächliche Hilfeleistungen für bedrängte gegeben, eben auch für Juden,
ungeachtet daraus resultierender eigener Gefährdung. Das wiederum muss wohl
auch so gesehen werden, dass breite Bevölkerungskreise Lettlands der
faschistischen Okkupation ihres Landes, gegenüber kritisch eingestellt gewesen
sein dürften. In dieser Gemengelage kamen halt andere Entscheidungen zustande,
als in jenen Gegenden, wo die Anbiederung an die Mächtigen, die Motivation der
verantwortlichen Adventisten war.
Es ist meines Erachtens anerkennenswert, dass heutige Adventisten sich ihrer
auch traurigen Geschichte stellen.
Betrachtet man hingegen das Verhalten der Zeugen Jehovas, namentlich den
Aspekt der von der Gestapo „Umgedrehten" betreffend. Auch solche Fälle gab es,
die da weiter den treuen Zeugen Jehovas mimten, faktisch aber nun für die
Gestapo arbeiteten, ist festzustellen, dass bei den Zeugen Jehovas, ihre
Geschichtsaufarbeitung betreffend, einiges mehr im Argen liegt, und ihre
gestylten Thesen zu vielerlei Widerspruch herausfordern.
Nachtrag:
Zum Thema Antisemitismus und Zeugen Jehovas gibt es morgen (Serie im
Zeitspiegel) noch einen weiteren Beitrag.
Siehe thematisch auch:
http://27093.foren.mysnip.de/read.php?27094,105403,105403#msg-105403
Siehe zum thematischen Weiterlesen unter anderem auch:
http://27093.foren.mysnip.de/read.php?27094,969,4972#msg-4972
31. Mai 2008 01:12
http://27093.foren.mysnip.de/read.php?27094,106955,109586#msg-109586
26. August 2011 05:35
http://27093.foren.mysnip.de/read.php?27094,99793,105184#msg-105184
24. Juni 2011 06:35
http://27093.foren.mysnip.de/read.php?27094,43959,64200#msg-64200
03. Juni 2010 03:59
http://27093.foren.mysnip.de/read.php?27094,19618,19623#msg-19623
08. Januar 2009 05:06
http://27093.foren.mysnip.de/read.php?27094,17804,17934#msg-17934
04. Dezember 2008 23:25
http://27093.foren.mysnip.de/read.php?27094,1535,1599#msg-1599
20. März 2008 20:34
Bericht von
Hazel O. Burford im "Wachtturm" vom 1. 1. 1956
Kommentarserie1956
Exkurs
Das englischsprachige „Consolation" vom 27. 5. 1942 bot dann noch eine eher
müde Verteidigung des Rutherford, namentlich bezogen auf sein agieren in
Sachen „Beth Sarim"
Da diese Ausgabe im Internet zugänglich ist, sei ausdrücklich auf sie
hingewiesen.
Siehe (unter anderem)
http://www.archive.org/details/1942ConsolationOnBethSarim
Jener famose Text berichtet davon, man habe den Plan gehabt, Rutherford auf
dem Grundstück zu beerdigen, wo auch sein „Beth Sarim" (inklusive
standesgemäßen Kaminzimmer) sich befindet.
Nur die Behörden, die dazu fallweise „Ja und Amen" zu sagen hätten, spielten
das Spiel nicht mit. Große Erregung dieserhalb in WTG-Kreisen.
Sogar eine von vielen unterzeichnete „Bittpetion" habe man den Behörden
eingereicht. Die ließen sich trotzdem nicht erweichen.
Es gab aber auch Gegenpetitionen.
Die Gegner meint man indes mit dem Hinweis schachmatt setzen zu können, die
hätten aber nur 1070 Unterschriften eingesammelt. Selbst hingegen habe man es
auf 14.693 Unterschriften gebracht.
Und weil die Behörden nicht so spurten, wie die WTG es gerne gehabt hätte,
wurden sie noch zusätzlich mit 3500 Protestbriefen eingedeckt.
Noch Ende Januar, dann wieder im März, berichteten örtliche Presseorgane über
den nicht enden wollenden Disput. Und Rutherford war immer noch nicht
beerdigt.
Kommentar von „Consolation", man fühle sich an die Zeiten des Papstes Martin
V. erinnert der befohlen habe, die Überreste des Bibelübersetzer John Wycliff
auszugraben, 44 Jahre nach seinem Tod und die verbrannte Asche dann in den
Fluss zu werfen.
Eine eigene Friedhofsgesellschaft habe man gegründet (Mitglieder unter anderem
Mister Knorr, der schon damals die WTG-Fäden in der Hand hatte, und Mister
Heath (seinerzeitiger persönlicher Sekretär Rutherford), und auch ein
passendes Grundstück nur 300 Meter von der Beth Sarim-Residenz habe man sich
ausgeguckt.
Was nun Beth Sarim anbelangt, und den Spott den man sich damit einhandelte,
tröstet man sich in dem Artikel; Noah sei ja auch beim Bau seiner Arche
verspottet worden, und man erwarte weiterhin, die „Rückkehr der erwarteten
Fürsten" (Abraham und Co).
Und damit die dann bei ihrem "Wiederauferwecken" den Herrn Rutherford nicht
vergessen mögen, den vielleicht mit als erstem, wäre schon eine Beerdigung auf
jenem Grundstück angezeigt, da besagte "Fürsten" ja "Beth Sarim" übernehmen
sollten.
Noch das 1942er WTG-Jahrbuch habe Rutherford in Beth Sarim vorbereiten können,
auch das berüchtigte „Kinder"-Buch habe er dort ausgebrütet. Und das meint man
dem geneigten Publikum auch noch mitteilen zu dürfen. Der darin enthaltene
Tagestext für den 8. Januar 1942 (dem Todestag Rutherfords) rede davon:
"Wir werden nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt, in einem
Moment ...,"
Na wenn das mal kein „Zeichen und Wunder" ist, zumindest in der Sicht der
WTG-Betörten.
www.tagesspiegel.de/zeitung/chronik-welt-davon-geht-die-nicht-unter/6027900.html
Köpfe der Zeit
Prophet J. F. Rutherford
Der Vater der Ernsten Bibelforscher
Aus den Vereinigten Staaten kommt die Nachricht, dass am 11. Januar dieses
Jahres
[Redaktionelle Einfügung: Richtig wäre die Datumsangabe 8. Januar]
Richter J. F. Rutherford in San
Diego (Kalifornien) gestorben sei.
Dieser "Richter" war seit 1916 das Oberhaupt, der an die 2 Millionen
zählenden und auf dem ganzen Erdenrund verbreiteten christlichen Sekte
"Die Zeugen Jehovas."
Die "Zeugen Jehovas" zählen auch einige Gemeinden in unserem Lande und
sind unter dem Namen, die "Ernsten Bibelforscher", den sie bis 1931
führten, besser bekannt.
Die Namensänderungen, die von dieser Sekte mehrmals vorgenommen wurde,
hatten zum Zweck, mancherlei Spaltungen und falsche Prophezeiungen
vergessen zu machen.
J. F. Rutherford war seinerzeit auch in der Schweiz ein bekannter Mann,
und da über die Sekte, die er während 26 Jahren präsidierte alle Unarten
sektiererischer religiöser Organisationen in sich vereinigt, lohnt es sich
bei dieser Gelegenheit, die "Zeugen Jehovas" etwas näher zu betrachten.
Die "Internationale Vereinigung Ernster Bibelforscher" - so hiess die
Sekte anfänglich - wurde 1881 von Ch. Taze Russell, einem
geschäftstüchtigen Amerikaner gegründet. Von seinen Anhängern wurde er
"Redakteur" und "Pastor" genannt und in phrasenhaften Übertreibungen
gepriesen. Er war der "Freund aller Menschen", der "furchtloseste und
einflußreichste Schriftsteller über religiöse Dinge", der "große
Reformator des 20. Jahrhunderts", der grösste religiöse Lehre seit Apostel
Paulus. usw. In seinem 17. Lebensjahr, da er schon "seit einigen Jahren
ein geweihtes Kind Gottes" war, geriet er in Zweifel an der Wahrheit der
Lehre der reformierten Kirche. Er trat aus dieser aus und durch eifriges
Bibellesen, das er auf seine Art betrieb, kam er auf den "Plan Gottes mit
der Menschheit", den er in der Bibel entdeckte und 1874 unter dem Titel
"Der Zweck und die Art der Wiederkunft unseres Herrn" veröffentlicht hat.
Russell hat im weitern eine Unmenge Bücher geschrieben, die dem gläubigen
Volke Zutritt zu den "letzten Geheimnissen" erteilten.
Nach seiner kindlichen Behauptung hatte er "den langverlorenen Schlüssel
zur Schrifterkenntnis wiedergefunden.
Als Russell starb, wurde J. F. Rutherford, der sich den Titel "Richter"
zulegte, Präsident der Vereinigung. Von Rutherford stammt besonders das
Glaubensbuch "Die Harfe Gottes", das Russells Gedanken wiedergibt, und der
Traktat, mit dem eine beispiellose Reklame gemacht worden ist. "Millionen
jetzt lebender Menschen werden niemals sterben." Richter Rutherford
richtete seine Blicke nach Europa, das unter den Folgen des Weltkrieges
daniederlag. Im Herbst 1920 kam er herüber und gab von Bern aus
"Anordnungen und Ratschläge für das Werk in Europa, speziell Deutschland
und die Schweiz betreffend."
Er richtete ein Mittel-Europäisches Büro in unserem Bundesstaat ein, und
die Bearbeitung Europas mit den Heilsbotschaften der Bibelforscher setzte
alsbald ein. Auf der ganzen Welt unterhalten die "Zeugen Jehovas" 40
Zweigbüros, deren Zentrale in Brooklyn (USA) ist.
Nach ihren eigenen Angaben wurden in einem einzigen Jahre 22.213.639
Druckschriften verteilt; ihre Zeitung, die "Frohe Botschaft"
[Redaktionelle Einfügung. Falsche Zeitschriftenbezeichnung. Eine solche mit diesem Titel gibt es bei der WTG nicht]
wird in 57 verschiedenen
Sprachen und in allen Ländern verbreitet. Wöchentlich werden die Vorträge
des eben verstorbenen Richter Rutherford durch Schallplatten über mehr als
340 Radiosender verbreitet.
Die Frage, woher die Zeugen Jehovas zu einem solchen Wolkenkratzerbetrieb,
zu einem solchen Reklamechristentum ihr Geld beziehen, will nie zur Ruhe
kommen. Alljährlich schweben darüber Dutzende von Prozessen, die sie
selbst anstrengen oder in die sie verwickelt werden.
Das Kernstück der Lehre der "Ernsten Bibelforscher" ist, wie oben
angedeutet, der "Plan Gottes mit der Menschheit", den Pastor Russell
entdeckt haben will. Die Bibel ist demzufolge, von der ersten bis zur
letzten Seite, ein geordneter Weltplan. Diese Erkenntnis gehe freilich nur
den Bibelforschern auf.
"Während die grosse Masse der Menschheit, in der Finsternis der
Unwissenheit einhertappend, auf die tatsächliche Enthüllung des Planes
Gottes warten muss. Dieser Plan schreibt der Welt ein 7000jähriges
Bestehen zu. Adam sei im Jahre 4128 v. Chr. geschaffen. 6000 Jahre, d. h.
bis zum Jahre 1874 dauerte die Herrschaft der Sünde. Dazu kommt eine
40jährige Erntezeit. 1914 war also der Anbruch des tausendjährigen Reiches
von Jesu Christus fällig.
Nach Pastor Russell gibt es folgende drei grossen Zeitabschnitte.
1. Die damalige Welt ("von der Schöpfung bis zur Sintflut, war unter der
Herrschaft der Engel").
2. Diese gegenwärtige Welt ("von der Sintflut bis zur Aufrichtung des
Reiches Gottes, ist unter der begrenzten Gewalt des Satans.")
3. Die zukünftige Welt ("Welt ohne Ende", werde durch das tausendjährige
Regiment Christi eingeleitet.
Enthält schon dieses Zauberkunststück und diese Zeiteinteilung starke
Zumutungen an die Gläubigen, so nicht weniger die Phantasien, in denen
sich die Bibelforscher als die in Gottes Plan allein Eingeweihten ergehen.
Aus ihrer Literatur erfahren wir, der Sitz der himmlischen Regierung sei
im Sternbild der Plejaden, wo sich der "Mitternachtsstern" befinde, zu
suchen, wo sich auch "Generalfeldmarschall" Jesu aufhalte, der die
"Zentralgewalt der Organisation Gottes" ausübe. Zu dieser "Organisation
Gottes" gehören vor allem 144.000 Kronträger. Längst waren alle Kronen
vergeben, wenn nicht "etwa 20.000 bis 30.000" untreu geworden wären.
Für die "Zeugen Jehovas" ist es eine abgemachte Sache, dass Jesus die
Kronträger unter den Anhängern von Richter Rutherford aussuchen wird.
Ist einmal die Zahl 144.000 erfüllt, bricht das tausendjährige Reich an,
über das Rutherford genau Aufschluss erteilte.
"Was für eine wunderbare Versammlung wird das sein, 144.000 glorreiche
Wesen, vereint mit ihrem glorreichen Haupt Jesus Christus!"
Dann wird die "wünschenswerte Regierung" in Tätigkeit treten.
"Abraham, Isaak, Jakob und die andern alttestamentlichen Ueberwinder werden vom Berge Zion aus mit vollkommenen Radio-Funkstationen die Angelegenheiten der ganzen Erde leiten."
Dann wird diese Erde in ein
Paradies von fabelhafter Schönheit verwandelt. Inmitten einer
unermesslichen Blüte und Fruchtbarkeit leben lauter gesunde, glückliche
Menschen. Alleen und Verkehrsstrassen für "Meter Lastwagen" und
"Luxusautomobile" ziehen sich von Meer zu Meer. Die Alten werden jung.
Millionen sterben nicht mehr. Die "Leichenbegräbnisse hören auf, die
Leichenbestatter werden sich nach einem mehr aufheiterndem Geschäft
umsehen, und die düstern Leichenwagen werden statt schwarzen
Trauerfahrzeugen hell angestrichene Vergnügungskutschen werden müssen."
So wird nach den Prophezeiungen von Richter Rutherford das tausendjährige
Reich aussehen.
Vor der Verwirklichung dieser paradiesischen Zustände auf Erden soll nach
den Bibelforschern die Schlacht von Harmagedon und die vollständige
Niederwerfung Satans erfolgen.
"Millionen Menschen werden in dieser Schlacht umkommen.
Während Russell das Blutbad durch "einen wütenden Pöbelhaufen" durch
"Sozialdemokraten, Nihilisten und Anarchisten" sich vollziehen sieht,
denkt Rutherford an einen Vollzug des göttlichen Gerichtes ohne "die
Körperkraft des Menschen."
Der göttliche Vollstrecker des Gerichts bedient sich dabei auch der
"treuen Zeugen auf Erden" ("Zeugen Jehovas"), die das "schon geschärfte
Schwert der Wahrheit" führen.
Dies ist ein kleiner Überblick der Lehren, wie sie von Russell und
Rutherford gepredigt wurden, wie sie von den "Zeugen Jehovas" kolportiert
werden.
Doch kommen wir zum Abschluss unserer Betrachtungen nochmals auf die
Prophezeiung von Russell zurück, wonach das tausendjährige Reich 1914
hätte beginnen sollen. Als im besagten Jahre Christus nicht aus den Wolken
herniederkam, überprüfte Rutherford die Rechnung seiner Vorfahren, fand
heraus, dass sie falsch war und nahm sofort die notwendige Korrektur vor.
Mit gleichen phantastischen Rechenkünsten errechnete er "mit
mathematischer Genauigkeit" das Jahr 1925.
Als entgegen seinen Behauptungen, "wir können vertrauensvoll erwarten,
dass mit 1925 die Rückkehr Abrahams, Isaaks, Jakobs und der glaubenstreuen
Propheten des alten Bundes eintreten wird", die Erzväter beharrlich
ausblieben, half sich der Prophet Rutherford mit dem harmlosen Wörtlein
"bald" über die Blamage hinweg und erklärte tröstend, dass er hoffe, "dass
kein weiteres Jahrhundert dahingehen wird."
Das wichtigste am ganzen Prophezeiungsschwindel ist aber folgendes: Um die
Quartierfrage der aus dem Himmel niedersteigenden Regierung Jesu zu lösen,
veranstalteten die "Zeugen Jehovas" in der ganzen Welt riesige
Geldsammlungen, mit denen sie ein Regierungsgebäude "Haus der Fürsten", in
San Diego erbauten.
[Redaktionelle Einfügung: in dieser "Vollmundigkeit" wurde vorgenannte These dann auch prompt von der WTG angefochten].
Da die himmlischen Regenten
ausblieben und folglich der Palast leer blieb, zog bis zur "Erfüllung der
Zeit" Richter J. F. Rutherford mit seinen Freunden in den Palast, in dem
er zu Beginn dieses Monats gestorben ist. Wir können gewiß sein, daß
Prophet Rutherford im "Haus der Fürsten" einen fürstlichen Lebensabend
genießen konnte.
Am Beispiel dieser einen großen Sekte der Gegenwart ist zu ersehen, welche
Schindluderei gerissene Sektenprediger mit dem Christentum zu ihrem
eigenen persönlichen Vorteil und zum Unheil Hunderttausender von Menschen
treiben, denen sie durch ihre Irrlehren die Köpfe verdrehen und das Geld
aus der Tasche locken. Die Sekten haben in unserer Zeit wie noch nie zuvor
eine Ausbreitung erfahren, und haben auch in unserm Land eine nicht zu
unterschätzende Anhängerschaft, vornehmlich unter den ärmeren
Bevölkerungsschichten. Gesellschaftliche Katastrophen, wie wir sie
gegenwärtig und in der Vergangenheit durchleben mussten, lassen die Zahl
der Weltflüchtigen beängstigend noch steigen.
Not und Verzweiflung treiben den falschen Propheten und Sektenheiligen die
Schäfchen in die Arme, wo sie auf ein besseres Jenseits vertröstet werden,
um desto schonungsloser im Diesseits geschoren werden zu können."
Ch.B.
Nachtrag:
An dem vorzitierten Artikel entzündeten sich Kontroversen, über die im Rahmen
der Serie „Zeitgeschichte vor siebzig Jahren" noch näher einzugehen sein wird
(voraussichtlich am 25. März).
Was Rutherford's Beth-Sarim-Coup anbelangt, so kann man als zeitgenössisches
WTG-Dokument dazu, auch die Ausgabe des
Goldenen Zeitalter 15. 9. 1930 (Schweizer Ausgabe) vergleichen.
Hinweis:
Ursprünglich enthalten in der „Golden Age" Ausgabe vom 19. 3. 1930.
http://www.archive.org/details/March191930GoldenAgeBethSarimDeed
Die deutsche Ausgabe des „Goldenen Zeitalters" (Magdeburg) hingegen übernahm
jenen Artikel nicht (aus welchen Gründen auch immer).
Und Mister Rutherford in seinen späteren Tagen
Ein „Kostverächter" war er dann wohl nicht, wie seine posieren für diese
Aufnahme auch verdeutlicht.
Hat man was, kann man es auch zeigen, so offenbar sein Motto!
Im 1931 (15. Juli) WTG-seitig publizierten Kongressbericht „The Messenger"
gibt es noch ein paar mehr Bilder von der Güte. Wenn auch dort nur
schwarz-weiss gedruckt, ist deren Tendenz dennoch klar.
http://www.archive.org/details/1931MessengerBethSarim
Alternativ auch:
http://wtarchive.svhelden.info/archive/en/publications/1931_XX_The_Messenger.pdf
Das, was Rutherford für seine Broschüre „Wohlfahrt sicher" als Titelbild
auswählte, hatte sich zumindest für ihn, schon erfüllt.
Nachdem „Trost" bereits in seiner Ausgabe vom 15. 2. 1942 meinte Grund zu haben, mit der in Bern erscheinenden Zeitung „Die Nation" polemisieren zu sollen, setzt sich das offenbar auch in der „Trost"-Ausgabe vom 1. 3. 1942 fort. Wieder wird von „Trost" namentlich „Die Nation" attackiert. Diesmal meint man dieses Blatt auch mit den Sätzen belehren zu sollen:
„Es scheint, daß die "Nation"
und ihr Mitarbeiter Ch. B. keine Kenntnis haben von der allgemeinen
journalistischen Anstandslehre, welche schon heidnischen Völkern als
Grundprinzip
galt: "De mortuis nil nisi bene", zu deutsch:
"Von den Toten [rede] nur Gutes".
Da hatte also „Die Nation" „ihr Fett weg". Der Oberlehrer, die WTG, zeigte
ihr, „wo es lang zu gehen habe."
Da mag es ja angebracht sein, sich den Stein des Anstosses etwas näher
anzusehen. Dass da ein aktueller Anlass für den inkriminierten
journalistischen Bericht vorhanden war, konnte auch „Trost" schwerlich
bestreiten.
Jener Bericht führte aus („Die Nation", 12. 2. 1942):
„Prophet J. F. Rutherford
Der Vater der Ernsten Bibelforscher
Aus den Vereinigten Staaten kommt die Nachricht, daß am 11. Januar dieses
Jahres Richter J. F. Rutherford in San Diego (Kalifornien) gestorben sei.
Dieser „Richter" war seit 1916 das Oberhaupt, der an die 2 Millionen
zählenden und auf dem ganzen Erdenrund verbreiteten christlichen Sekte
„Die Zeugen Jehovas."
Die „Zeugen Jehovas" zählen auch einige Gemeinden in unserem Lande und
sind unter dem Namen, die „Ernsten Bibelforscher", den sie bis 1931
führten, besser bekannt.
Die Namensänderungen, die von dieser Sekte mehrmals vorgenommen wurde,
hatten zum Zweck, mancherlei Spaltungen und falsche Prophezeiungen
vergessen zu machen.
J. F. Rutherford war seinerzeit auch in der Schweiz ein bekannter Mann,
und da über die Sekte, die er während 26 Jahren präsidierte alle Unarten
sektiererischer religiöser Organisationen in sich vereinigt, lohnt es sich
bei dieser Gelegenheit, die „Zeugen Jehovas" etwas näher zu betrachten.
Die „Internationale Vereinigung Ernster Bibelforscher" - so hiess die
Sekte anfänglich - wurde 1881 von Ch. Taze Russell, einem
geschäftstüchtigen Amerikaner gegründet. Von seinen Anhängern wurde er
„Redakteur" und „Pastor" genannt und in phrasenhaften Übertreibungen
gepriesen. Er war der „Freund aller Menschen", der „furchtloseste und
einflußreichste Schriftsteller über religiöse Dinge", der „große
Reformator des 20. Jahrhunderts", der grösste religiöse Lehre seit Apostel
Paulus usw. In seinem 17. Lebensjahr, da er schon „seit einigen Jahren ein
geweihtes Kind Gottes" war, geriet er in Zweifel an der Wahrheit der Lehre
der reformierten Kirche. Er trat aus dieser aus und durch eifriges
Bibellesen, das er auf seine Art betrieb, kam er auf den „Plan Gottes mit
der Menschheit", den er in der Bibel entdeckte und 1874 unter dem Titel
„Der Zweck und die Art der Wiederkunft unseres Herrn" veröffentlicht hat.
Russell hat im weitern eine Unmenge Bücher geschrieben, die dem gläubigen
Volke Zutritt zu den „letzten Geheimnissen" erteilten.
Nach seiner kindlichen Behauptung hatte er "den langverlorenen Schlüssel
zur Schrifterkenntnis wiedergefunden".
Als Russell starb, wurde J. F. Rutherford, der sich den Titel „Richter"
zulegte, Präsident der Vereinigung. Von Rutherford stammt besonders das
Glaubensbuch „Die Harfe Gottes", das Russells Gedanken wiedergibt, und der
Traktat, mit dem eine beispielslose Reklame gemacht worden ist. „Millionen
jetzt lebender Menschen werden niemals sterben." Richter Rutherford
richtete seine Blicke nach Europa, das unter den Folgen des Weltkrieges
daniederlag. Im Herbst 1920 kam er herüber und gab von Bern aus
„Anordnungen und Ratschläge für das Werk in Europa, speziell Deutschland
und die Schweiz betreffend."
Er richtete ein Mittel-Europäisches Büro in unserem Bundesstaat ein, und
die Bearbeitung Europas mit den Heilsbotschaften der Bibelforscher setzte
alsbald ein. Auf der ganzen Welt unterhalten die „Zeugen Jehovas" 40
Zweigbüros, deren Zentrale in Brooklyn (USA) ist.
Nach ihren eigenen Angaben wurden in einem einzigen Jahre 22.213.639
Druckschriften verteilt; ihre Zeitung, die „Frohe Botschaft"
[Einfügung. Diese Falschnennung des Zeitschriftentitels lässt sich die WTG nicht entgehen um diesergestalt dem Verfasser „Inkompetenz" zu bescheinigen. Ende der Einfügung]
wird in 57 verschiedenen
Sprachen und in allen Ländern verbreitet. Wöchentlich werden die Vorträge
des eben verstorbenen Richter Rutherford durch Schallplatten über mehr als
340 Radiosender verbreitet.
Die Frage, woher die Zeugen Jehovas zu einem solchen Wolkenkratzerbetrieb,
zu einem solchen Reklamechristentum ihr Geld beziehen, will nie zur Ruhe
kommen. Alljährlich schweben darüber Dutzende von Prozessen, die sie
selbst anstrengen oder in die sie verwickelt werden.
Das Kernstück der Lehre der „Ernsten Bibelforscher" ist, wie oben
angedeutet, der „Plan Gottes mit der Menschheit", den Pastor Russell
entdeckt haben will. Die Bibel ist demzufolge, von der ersten bis zur
letzten Seite, ein geordneter Weltplan. Diese Erkenntnis gehe freilich nur
den Bibelforschern auf.
„Während die grosse Masse der Menschheit, in der Finsternis der
Unwissenheit einhertappend, auf die tatsächliche Enthüllung des Planes
Gottes warten muss. Dieser Plan schreibt der Welt ein 7000jähriges
Bestehen zu. Adam sei im Jahre 4128 v. Chr. Geschaffen. 6000 Jahre, d. h.
bis zum Jahre 1874 dauerte die Herrschaft der Sünde. Dazu kommt eine
40jährige Erntezeit. 1914 war also der Anbruch des tausendjährigen Reiches
von Jesu Christus fällig.
Nach Pastor Russell gibt es folgende drei grossen Zeitabschnitte.
1. Die damalige Welt („von der Schöpfung bis zur Sintflut, war unter der
Herrschaft der Engel").
2. Diese gegenwärtige Welt („von der Sintflut bis zur Aufrichtung des
Reiches Gottes, ist unter der begrenzten Gewalt des Satans.")
3. Die zukünftige Welt („Welt ohne Ende", werde durch das tausendjährige
Regiment Christi eingeleitet.
Enthält schon dieses Zauberkunststück und diese Zeiteinteilung starke
Zumutungen an die Gläubigen, so nicht weniger die Phantasien, in denen
sich die Bibelforscher als die in Gottes Plan allein Eingeweihten ergehen.
Aus ihrer Literatur erfahren wir, der Sitz der himmlischen Regierung sei
im Sternbild der Plejaden, wo sich der „Mitternachtsstern" befinde, zu
suchen, wo sich auch „Generalfeldmarschall" Jesu aufhalte, der die
„Zentralgewalt der Organisation Gottes" ausübe. Zu dieser „Organisation
Gottes" gehören vor allem 144000 Kronträger. Längst waren alle Kronen
vergeben, wenn nicht „etwa 20.000 bis 30.000" untreu geworden wären.
Für die „Zeugen Jehovas" ist es eine abgemachte Sache, dass Jesus die
Kronträger unter den Anhängern von Richter Rutherford aussuchen wird.
Ist einmal die Zahl 144000 erfüllt, bricht das tausendjährige Reich an,
über das Rutherford genau Aufschluss erteilte.
„Was für eine wunderbare Versammlung wird das sein, 144000 glorreiche
Wesen, vereint mit ihrem glorreichen Haupt Jesus Christus!"
Dann wird die „wünschenswerte Regierung" in Tätigkeit treten.
„Abraham, Isaak, Jakob und die andern alttestamentlichen Ueberwinder
werden vom Berge Zion aus mit vollkommenen Radio-Funkstationen die
Angelegenheiten der ganzen Erde leiten."
Dann wird diese Erde in ein Paradies von fabelhafter Schönheit verwandelt.
Inmitten einer unermesslichen Blüte und Fruchtbarkeit leben lauter
gesunde, glückliche Menschen. Alleen und Verkehrsstrassen für „Meter
Lastwagen" und „Luxusautomobile" ziehen sich von Meer zu Meer. Die Alten
werden jung. Millionen sterben nicht mehr. Die „Leichenbegräbnisse hören
auf, die Leichenbestatter werden sich nach einem mehr aufheiterndem
Geschäft umsehen, und die düstern Leichenwagen werden statt schwarzen
Trauerfahrzeugen hell angestrichene Vergnügungskutschen werden müssen."
So wird nach den Prophezeiungen von Richter Rutherford das tausendjährige
Reich aussehen.
Vor der Verwirklichung dieser paradiesischen Zustände auf Erden soll nach
den Bibelforschern die Schlacht von Harmagedon und die vollständige
Niederwerfung Satans erfolgen.
„Millionen Menschen werden in dieser Schlacht umkommen.
Während Russell das Blutbad durch „einen wütenden Pöbelhaufen" durch
„Sozialdemokraten, Nihilisten und Anarchisten" sich vollziehen sieht,
denkt Rutherford an einen Vollzug des göttlichen Gerichtes ohne „die
Körperkraft des Menschen."
Der göttliche Vollstrecker des Gerichts bedient sich dabei auch der
"treuen Zeugen auf Erden" ("Zeugen Jehovas", die das „schon geschärfte
Schwert der Wahrheit" führen.
Dies ist ein kleiner Überblick der Lehren, wie sie von Russell und
Rutherford gepredigt wurden, wie sie von den „Zeugen Jehovas" kolportiert
werden.
Doch kommen wir zum Abschluss unserer Betrachtungen nochmals auf die
Prophezeiung von Russell zurück, wonach das tausendjährige Reich 1914
hätte beginnen sollen. Als im besagten Jahre Christus nicht aus den Wolken
herniederkam, überprüfte Rutherford die Rechnung seiner Vorfahren, fand
heraus, dass sie falsch war und nahm sofort die Notwendige Korrektur vor.
Mit gleichen phantastischen Rechenkünsten errechnete er „mit
mathematischer Genauigkeit" das Jahr 1925.
Als entgegen seinen Behauptungen, „wir können vertrauensvoll erwarten,
dass mit 1925 die Rückkehr Abrahams, Isaaks, Jakobs und der glaubenstreuen
Propheten des alten Bundes eintreten wird", die Erzväter beharrlich
ausblieben, half sich der Prophet Rutherford mit dem harmlosen Wörtlein
„bald" über die Blamage hinweg und erklärte tröstend, dass er hoffe, „dass
kein weiteres Jahrhundert dahingehen wird."
Das wichtigste am ganzen Prophezeiungsschwindel ist aber folgendes: Um die
Quartierfrage der aus dem Himmel niedersteigenden Regierung Jesu zu lösen,
veranstalteten die „Zeugen Jehovas" in der ganzen Welt riesige
Geldsammlungen, mit denen sie ein Regierungsgebäude "Haus der Fürsten", in
San Diego erbauten. Da die himmlischen
Regenten ausblieben und folglich der Palast leer blieb, zog bis zur
„Erfüllung der Zeit" Richter J. F. Rutherford mit seinen Freunden in den
Palast, in dem er zu Beginn dieses Monats gestorben ist. Wir können gewiß
sein, daß Prophet Rutherford im „Haus der Fürsten" einen fürstlichen
Lebensabend genießen konnte.
Am Beispiel dieser einen großen Sekte der Gegenwart ist zu ersehen, welche
Schindluderei gerissene Sektenprediger mit dem Christentum zu ihrem
eigenen persönlichen Vorteil und zum Unheil Hunderttausender von Menschen
treiben, denen sie durch ihre Irrlehren die Köpfe verdrehen und das Geld
aus der Tasche locken. Die Sekten haben in unserer Zeit wie noch nie zuvor
eine Ausbreitung erfahren, und haben auch in unserm Land eine nicht zu
unterschätzende Anhängerschaft, vornehmlich unter den ärmeren
Bevölkerungsschichten. Gesellschaftliche Katastrophen, wie wir sie
gegenwärtig und in der Vergangenheit durchleben mussten, lassen die Zahl
der Weltflüchtigen beängstigend noch steigen.
Not und Verzweiflung treiben den falschen Propheten und Sektenheiligen die
Schäfchen in die Arme, wo sie auf ein besseres Jenseits vertröstet werden,
um desto schonungsloser im Diesseits geschoren werden zu können."
Nun muss man wohl die Sache so sehen. Auch dieser Journalist wurde von der
Todesnachricht des Rutherford, mehr oder weniger „überrascht". Das er sich
wohl speziell und gezielt mit dem Thema Zeugen Jehovas beschäftigt hätte, und
auch entsprechend sachkundig gemacht hat, wird man wohl kaum unterstellen
können. Das was er denn da so im Laufe der Zeit an Allgemeinplätzen mit
„aufgeschnappt" hatte, lässt er auch in diesen Artikel einfliessen. Wenn ihm
also „Trost" einige Ungenauigkeiten nachweist, wird man dem wohl schwerlich
widersprechen können.
Aber es ist sicherlich eine Verkennung der Sachlage, wenn man nun unterstellt,
er wolle eine „hochwissenschaftliche Abhandlung" offerieren. Er bringt mehr
oder weniger nur eine Meinung zum Ausdruck, und der Tenor dieser Meinung kommt
auch treffend in seinem Schlusssatz zum Ausdruck:
„Not und Verzweiflung treiben den falschen Propheten und Sektenheiligen die Schäfchen in die Arme, wo sie auf ein besseres Jenseits vertröstet werden, um desto schonungsloser im Diesseits geschoren werden zu können."
Genau auf diesen Satz, geht nun „Trost" nicht im Detail ein. Und dieses
Schweigen ist durchaus beredt. Hatte der Journalist damit den Nagel auf den
Kopf getroffen; was immer man ihm auch sonst an Ungenauigkeiten meint
nachweisen zu können.
Vorstehender Artikel erschien auch in der Januar-Ausgabe 1942 des „Freidenker.
Organ der Freigeistigen Vereinigung der Schweiz". Der „Freidenker" war aber
eine Monats-Zeitschrift. Das frühe Erscheinen jenes Artikels genau auch dort,
verdeutlicht auch, wo sein Verfasser „anzusiedeln" ist.
Mit reichlicher Verspätung, sich berufend auf den „Freidenker" übernahm auch
noch die „Berner Tagwacht" in ihrer Ausgabe vom 6. 8. 1942 jenen Artikel.
Letztere stellte diesem Beitrag allerdings noch ein eigenes redaktionelles
Vorwort voran, indem auch zu lesen war:
„Wir sind mit der sachlichen Darstellung und der Schlußfolgerung einverstanden. Man würde aber der Geschichte der Sektenbenbewegung nicht gerecht, wenn man den Bibelforschern nicht ungewöhnliche Hingabe, Aufopferung und Begeisterung für ihre Mission, oder wie sie es nennen, für ihre neue Bibelauslegung zubilligen würde. Wir kennen durch und durch saubere Anhänger, die bei magerm Verdienst freudig große Opfer bringen und im persönlichen Leben die hilfsbereitesten Helfer sind. Bibelforscher haben bei Verfolgungen und Unterdrückungen bewiesen, sich weder von Drohungen, Gefängnisstrafen, Schlägen, noch selbst Todesgefahren einschüchtern zu lasssen. Sie sind auch keineswegs muckerisch, haben ihrer Lehre im letzten Jahrzehnt einen sozialen Inhalt gegeben, der ihnen nicht zuletzt seriöse Elemente aus den ärmeren Volksklassen zuführte. Sie waren in neue Zeit wohl am stärksten angefeindete Sekte, nicht zuletzt auch von seiten der katholischen Kirche, die das Eindringen der Bibelforscher in die katholischen Kantone um des, man möchte sagen, des Glaubenseifers und des christlichsozialen Inhalts der Lehre wegen scharf verfolgte."
Jenes eben zitierte Vorwort, zitiert auch „Trost" in seiner Ausgabe vom 1.
9. 1942, welches auf diesen Nachdruck in der „Berner Tagwacht" zu sprechen
kommt. Wie unschwer zu erraten, ist man über den eigentlichen Artikel, erneut
alles andere als „erfreut". Besonders die Vokabel „Schindluder" auf sich
bezogen, sticht da „Trost" unangenehm ins Auge. Und prompt zitiert man zur
Entlastung aus einigen zugegangenen „Jubelschreiben". Wie dieser Ch. B.
anzusiedeln ist, wurde ja schon charakterisiert (Freidenkerkreise). Und
letztere haben ja mit Religion insgesamt nicht allzuviel „am Hut". Die
Aufgeregtheit, welche da „Trost" verbreitet, und nach 1945, im Jahre 1948
wurde ja jener Artikel von einer anderen Schweizer Zeitung („Wochen-Zeitung")
erneut mit dem Brustton der Entrüstung bemüht, verkennt wohl den
grundätzlichen Dissenz. Eine „Übereinstimmung" zwischen WTG-Religion und
Freidenkertum, gab es nicht und wird es nicht geben. Das weis man auch so.
Künstliche Aufgeblasenheit, angesichts dieses Umstandes, kann man sich auch
ersparen. Zumindest ist sie unnütze Zeitverschwendung.
Zu dem Vorwort der „Berner Tagwacht" meinerseits noch die Anmerkung. Die
„Berner Tagwacht", laut Untertitel „Offizielles Publikationsorgan der
Sozialdemokratischen Partei der Schweiz", ist mir auch schon bei anderen
Zeugen Jehovas bezüglichen Anlässen, mit ihrer partiellen „Betriebsblindheit"
aufgefallen. Es geht nicht darum das Alltagsverhalten der Zeugen zu der Zeit,
nennenswert zu kritisieren. Es ist auch richtig festgestellt. Auch die Zeugen
„grasen" im selbigem Millieu, dem sich auch die „Berner Tagwacht" zugehörig
weis. Der Unterschied zwischen beiden besteht in der Hauptsache darin. Für die
von den Zeugen Angesprochenen ist eine religiöse Sozialisation weiterhin
relevant. Während in weiten SP-Kreisen man beobachten kann. Religiöse
Sozialisation wird zwar fallweise toleriert. Aber nicht selten „hinter
vorgehaltener Hand" dazu kommentiert;
Auf den „Firlefanz" könne man ebensogut verzichten. Wer es eben nicht kann,
der mag es eben so halten. Militanten Antiklerikalismus kann man diesen
SP-Kreisen sicherlich nicht unterstellen. Aber doch eine „Parteilosigkeit" bis
hin zur Interessenlosigkeit. Von dieser Warte aus gewertet, ist es aber als
ausgesprochene Schönfärberei, mehr noch, als ausgesprochenes Wunschdenken zu
bezeichnen, wenn diesen SP-Kreisen bezogen auf die Zeugen, auch die Vokabel
„christlichsoziale Inhalte" rausrutscht. Die Alltagspraxis der Zeugen
offenbart vieles, nur eben jenes nicht in generalisierender Form.
Anzumerken wäre noch ausdrücklich.
Der Vorhalt „Betriebsblindheit" ist noch heute analogen Kreisen zu machen
„Quer durch die Landschaft". Angefangen von solchen WTG-Speichelleckern wie
der Dame Gabriele Y. und Co, über Betriebsblinde in der politischen
Parteienlandschaft, bis zu Betriebsblinden in höchsten Richterkreisen.
Anzumerken wäre noch, dass der eingangs genannten „Die Nation" seitens der
Zeugen, auch ein Entgegnungs-Artikel zugestellt wurde und in deren Ausgabe Nr.
11/1942 lesbar ist. Er sei auch noch nachfolgend vorgestellt:
„In unserer Ausgabe vom 12.
Februar erschien ein Artikel über den verstorbenen Führer der „Ernsten
Bibelforscher" Richter J. F. Rutherford.
Die „Vereinigung Jehovas Zeugen der Schweiz" bittet uns dazu folgende
Entgegnung zu publizieren.
Es ist nicht richtig, dass Jehovas Zeugen in der ganzen Welt riesige
Geldsammlungen für ein Regierungsgebäude in San Diego veranstaltet haben.
Jener „Palast", in dem Richter Rutherford einen „fürstlichen Lebensabend"
genossen haben soll, ist in Wirklichkeit ein in Spanisch-Kalifornischem
Stil erbautes geräumiges Haus, das noch von einer Familie mit Kindern
bewohnt wird. Nirgendwo wurde dafür Geld gesammelt. Ein paar Freunde
wollten es J. F. Rutherford schenken, der es jedoch nicht für sich annahm,
sondern im Grundbuch als Eigentum der Watch Tower Bible Society eintragen
liess, zur Benutzung seitens des jeweiligen Präsidenten der Gesellschaft
und seiner Mitarbeiter für ihren Dienst bestimmt.
Im Grundbuch wurde als Name des Hauses „Beth Sarim", d. h „Haus der
Fürsten" registriert und wie J. F. Rutherford im Buche „Die Rettung",
Seite 326 schreibt, wurde damit bezweckt, einen greifbaren Beweis zu
schaffen, dass es heute Menschen auf Erden gibt, die völlig an Gott, an
Christus Jesus, und an sein Königreich glauben und auch glauben, dass der
Herr die treuen Männer alter Zeiten bald auferwecken wird.
Seinen juristischen Titel hat er sich nicht angemaßt, sondern trug ihn mit
Recht. Er fungierte jahrzehntelang als Anwalt, eine kürzere Zeit als
Richter, und dieses Amt hätte er bis an sein Lebensende ausüben können,
wenn er sich nicht freiwillig einer höheren Aufgabe gewidmet hätte. Bis
zuletzt war er Mitglied der Anwaltskammer von Newyork und plädierte noch
im vorigen Jahr persönlich vor dem United States Supreme Court, dem
höchsten Gericht seines Landes."
Was die müde Verteidigung in Sachen Beth Sarim anbelangt, so wird man wohl
auch darauf hinweisen dürfen, dass der maßgeblichste dieser „Freunde" in der
Sache (Martin) zu der Zeit, Personengleich auch Direktor des
WTG-Druckereibetriebes war. Das er bei Europa-Reisen Rutherford's mit zu
dessen Begleitung gehörte. Insofern ist der Vorhalt, einer gewissen Art von
Fetternwirtschaft, keineswegs ausgeräumt. Und dann setze man mal die eher
spartanischen Lebensverhältnisse der WTG-Druckereiarbeiter im Kontext dazu.
Insbesondere über das Berner WTG-Büro gab es in den zwanziger Jahren einen
Bildband. Er zeigt auch Schlafsäle für die dort Arbeitenden. Der kleine
Druckereiarbeiter war fast wie in einer Kaserne untergebracht. Diese Relation
gilt es auch zu sehen, zu den Konditionen, welche sich Rutherford und
„Zubehör" bewilligten.
Allerdings, „zufrieden" war die WTG mit der von der „Nation" abgedruckten
Gegendarstellung nicht. Hatte man da doch ganz andere Forderungen, worüber
auch „Trost" vom 15. 4. 1942 noch berichtete. Danach wurde die Redaktion der
„Nation" mit dem Ansinnen traktiert, die Gegendarstellung der WTG:
„ungeschmälert abzudrucken in
gleicher
Schriftgröße wie ihren Angriff."
Wohl druckte die „Nation" jene Gegendarstellung ab, behielt sich dabei
allerdings das Recht vor, Kürzungen vorzunehmen. Auch wenn es der WTG nicht
„schmeckte". Das musste sie hinnehmen. Das mit der Einschüchterung klappte
also nur bedingt.
Zu den von der „Nation" nicht mit abgedruckten Passagen gehörte auch die. Die
WTG beschwert sich. Der Autor zitiere ja ältere WTG-Schriften „Millionen
jetzt lebender werden nie sterben" und
„Die Harfe Gottes". An den Schrott „von gestern" wollte man aber nicht mehr
erinnert werden, und deshalb gebraucht man dazu den sophistische Satz:
„Unterscheidet sich die neueste Literatur der Zeugen Jehovas denn von der vor Jahrzehnten erschienenen? Nicht eigentlich im Grundton, aber gerade in den Einzelheiten, auf die Ch. B. das Hauptgewicht legt."
Pech nun für die WTG, dass die „Nation" solcherlei Belehrungen als nicht abdruckenswert ansah.
"Spötter in den letzten Tagen", die die Heilige Schrift nicht kennen und auch Richter Rutherfords Beweisführung nie studiert haben, welche darlegt, warum Millionen nicht mehr sterben werden, bildeten sich ein, daß "natürlich" Richter Rutherford selbst einer von denen sein wollte, die nicht sterben. Es entspricht durchaus ihrer Oberflächlichkeit, daß sie mit dem Tod J. F. Rutherfords auch seine Botschaft für erledigt halten."
Mit diesen einleitenden Sätzen, belehrt „Trost" in seiner Ausgabe vom 15.
3. 1942, seine Leserschaft.
Nun mag man ja nicht unbedingt widersprechen wollen, wenn da konstatiert wird.
Die WTG-Religion, wenn sie denn mal von Außenstehenden bewertet wird, so ist
deren Einschätzung nicht selten oberfächlich.
Das darin auch zum Ausdruck kommende Desinteresse an den Brooklyner Ergüssen,
wiederum spricht aber nicht für die WTG-Religion an sich.
Nun werden Außenstehende wohl eher weniger, vorgenannte „Trost"-Ausgabe
gelesen haben. Und die zitierte Äußerung ist denn auch mehr auf die
„Binnenwirkung" hin konzipiert. Indes das Rutherford's Tod, jenes Rutherford
der da einst lauthals trompete:
„Millionen jetzt Lebender werden nie sterben".
Das ausgerechnet der Tod dieses selbsternannten Propheten auch die Frage
provoziert.
Wie war das denn nochmal mit dem Arzt? Dem Arzt wurde auch gesagt: „Arzt heile
dich doch erstmal selbst".
Also dass die Versuchung nicht gering ist, Rutherford's Tod mit dem Scheitern
jener Ideologie gleichzusetzen. Diese Sachlage liegt doch ziemlich
offenkundig. Jedenfalls für die, welche sehen wollen. Letzteres das „wollen"
erweist sich dabei wohl als „der" Knackpunkt.
Das die Anhängerschaft des Rutherford jenes eben nicht wollte, ist auch
offenkundig. Und das sie sich eben an jeden Strohhalm klammert, der sie in
ihrer Auffassung zu bestätigen schien.
Und dann noch das Todesjahr. 1942, mitten im zweiten Weltkrieg. Alles andere
als „rosige" Zeiten. Das da so mancher nach Strohhalmen sucht, unter
Aufbietung seiner letzten Kräfte, ist auch offenkundig.
Nur was nutzt es, findet man eine geballte Rauschgiftladung, namens
WTG-Religion. Rauschgifte, gleich welcher Art, haben eben auch die Eigenschaft
zerstörerisch zu wirken. So zerstörerisch, dass Kulturstaaten für physische
Rauschgifte einen ganzen Katalog von Strafandrohungen parat haben.
Und, das wäre noch zu fragen. Und, was ist mit den geistigen Rauschgiften? ...
„Sogenannte Kirchen und ihre Theologen haben aus der frohen Botschaft der Bibel eine ausgesprochene Jenseitsreligion gemacht. Danach beginnt das "ewige Leben" im "bessern Jenseits" und das Diesseits wird als gewisse Vorbereitung aufgefaßt, wo man sich durch tugendhaften Wandel und den Beistand der betreffenden "Kirche" die zukünftige "ewige Ruhe" zu erwerben oder verdienen sucht",
belehrt „Trost" dann weiter.
„Wenn er (Rutherford) auch damals erwartete, daß im Jahre 1925 die "70 Jubeljahre" erfüllt sind (welche im Gesetz Gottes vorgezeichnet sind) und daß es darum wahrscheinlich sei, daß die alten Propheten dann auferstehen werden, bleibt immer noch im Wesentlichen die Gültigkeit jener Botschaft bestehen",
liest man in diesem Artikel weiter.
Hier also wieder das klassische Fündlein eines Strohhalms.
Und wenn sie denn nicht gestorben sind, dann warten sie und ihre Kinder und
Enkelkinder noch heut, hätte man schon als Kommentar im Jahre 1942 sagen
können. Kann diesen Kommentar auch in der Gegenwart sagen, und auch in
weiteren hundert Jahren (als willkürlicher Zahl).
Man vergleiche als Kontrast auch Russell's Aussage im „Wachtturm" vom März
1914
"1351 werden die ersten Exporte des Einbecker Bieres belegt."
Noch einen besonderes Export-Event hatte jene Stadt (zumindest
zeitweilig vorm ersten Weltkrieg) und
das war eben besagter Herr Voigt. Zwar kein Schuster dem Berufe nach, wie das
für einem Wilhelm Voigt als Namensvetter galt. Gleichwohl ein
Ideologie-Schuster, der wie gesagt, selbst der "Aussicht" es verunmöglichte,
ihn mit Schweigen zu übergehen, was denn ja wohl die eleganteste Antwort auf
ihn gewesen wäre.
Ideologie-Schuster, diese Vokabel erscheint mir auch deshalb angebracht,
dieweil es mit der geistigen "Selbständigkeit" des Herrn Voigt wohl nicht
nicht allzuweit her war.
Was seinen Mentor einem gewissen "Johannes Walther" (Pseudonym
für Walter Küppers, ein Pfarrer im Dienst der altkatholischen Kirche in
Ostpreußen anbelangt, der seine kümmerlichen Reste an Gemeindegliedern, durch
Übertritt zur evangelischen Kirche im Jahre 1925 dann dort mit einbrachte),
so war besagter Küppers dem Voigt in der Tat um Längen voraus. Voigt teilte
auch keine wesentliche These mit, die man nicht auch schon bei Küppers
extrahieren konnte.
Der gewaltige Unterschied zwischen beiden Herren ist dann wohl der.
Küppers im Besitze eines Doktortitels, hatte sicherlich einen größeren
Wissensradius, und auch erheblich mehr publiziert. Bei Küppers verschwinden
die anfechtbaren Thesen eher im Meere des Wortgeklingels.
Man kennt dass ja auch von einem Herrn Russell. Nur mit einer Broschüre oder
einem Zeitschriftenaufsatz etwa mit dem Titel "Von 1874 nach 1914" gab der
sich auch nicht ab. Auch der kredenzte sein Gewäsch letztendlich auch verteilt
in sechs voluminösen Bänden.
Ähnlich auch Küpppers. Wer alles von Küppers lesen will (einschließlich seiner
Aufsätze in Zeitschriften), der muss viel, sehr viel Zeit investieren. Von den
technischen Problem der "Erreichbarkeit" dabei erst gar nicht zu reden. Nun
hat die Stadt Berlin mit ihrer Staatsbibliothek vielleicht gegenüber anderen
Städten, den Vorteil. Man kann dort noch einiges (wenn auch nicht alles) von
Küppers sichten.
Küppers bediente mit seinen anfechtbaren Thesen, insbesondere eine Klientel.
Die Klientel der religiösen Narren. Die aber waren schon mal angesichts der
Weitläufigkeit von Küppers, sowohl materiell wie geistig überfordert.
In diese sich da nun auftuende Marktlücke, trat besonders Voigt ein. Er sorgte
dafür, dass die Narren, auch Narrengerecht das serviert bekamen, was bei
Küppers eher zerredet daher kam.
Wenn man so will, kann man zum Vergleich auch eine Detailaussage aus dem
berühmt-berüchtigten 1975-Vortrag des Konrad Franke mit heranziehen. In
selbigen meinte Franke ja auch mit einflechten zu sollen:
"Und als ich einmal mit einigen jungen Brüdern darüber sprach, da sagte der eine zu mir: Ach, weißt du, Bruder Franke, ich weiß nicht, ob man das so deutlich sagen kann, wie Du das sagst. Denn stell dir mal vor, die alte Schwester sowieso, die geht jetzt von Haus zu Haus, und die wird das nicht so ausdrücken, wie du das sagst, und die wird nun sagen 75, 75, 75 und 75! Und was das unter Umständen für die Organisation für eine Schmach bringen könnte!"
In zwei speziellen Schriften widmete sich Voigt vorsätzlich dieser Aufgabe
sich Schmach einzuhandeln.
Die eine mit dem Titel:
"Sturm-Signale der nahenden Weltereignisse"
1911 erschienen, und die andere betitelt:
"Letzter Warnungsruf zu den im März 1912 hereinbrechenden Großen Weltereignissen"
eben im Jahre 1912 "zeitgerecht" erschienen.
Sein Mentor Küppers indes musste nach dem verstreichen der angekündigten
"großen Weltereignisse" allerdings einräumen:
"Königsberg, den 26. März 1912
Teure Geschwister im Herrn!
Seit Donnerstag den 21. (März) kommen wir uns vor wie die Jünglinge im
Feuerofen.
Von allen Seiten erfahren wir, daß unsere Freunde, ebenso wie Voigt und
wir, ganz unerschüttert stehen in ihrer Hoffnung auf den Herrn."
Unerschüttert meinte also Herr Kueppers zu sein, und diese Aussage muss man
ihm sogar abnehmen. Dann abnehmen, berücksichtigt man seinen weiteren
Werdegang.
Nach dem 21. 3. 1912 Datum hatten zwar beide Herren erst mal eine Durststrecke
der Häme zu überstehen. Die geistige "Kapazität" des Voigt dürfte auch nicht
ausgereicht haben, um sich von der wieder zu erholen. Anders Küppers. Zwar
nicht 1912, dann aber eben 1914, brach ein tatsächlicher Weltkrieg aus. Der
wiederum ermöglichte es Küppers eine neue Saite anzuschlagen.
Was die Alldeutschen mit ihrer "nur ein Siegfrieden ist möglich" These, in
säkularisierter Form verkündeten. Das offeriert nun Küppers in einem
theologischen Kleide von größter Demagogie. Wer auf dem Alldeutschen Zug zu
der Zeit mit aufsprang, und das tat Küppers, der konnte durchaus sich an der
Geschäfts-Oberfläche wieder finden.
Und so sind denn die "Altkatholischen" Zeitschriften jener Jahre voll von der
Küpper'schen Ergüssen. Nach seinen 1912-Thesen fragte zu der Zeit kein Hahn,
"der etwas zu sagen hatte" mehr; warum eigentlich?
Siehe dazu:
Kriegsprediger Küppers
Aber kehren wir mehr zu Voigt zurück. Sein Fall wurde schon mal wie folgt
zusammengefasst:
Nun kam also wie bereits notiert, auch die "Aussicht" nicht darum herum,
eine paar Worte zu diesem Herrn Robert Voigt zu verlieren. Diese für die
"Aussicht" eher delikate Aufgabe, übernahm der dortige Mitarbeiter K. J.
Lüthi-Tschanz, auch so eine "schillernde Figur".
Lüthi-Tschanz, nach eigenem Bekunden wollte er mal Missionar werden. Die große
Armut im Elternhaus ließ eine Realisierung dieser Pläne nicht zu. Und so wurde
er Buchdrucker. Aber Ehrgeiz genug hatte er, dass dies nicht die Endstation
seines beruflichen Weges war. Namentlich gelang es ihm eine Stellung in der
Schweizerischen Landesbibliothek zu Bern zu erhalten. Und dort ist er
geschichtlich gesehen, besonders für das von ihm geleitete Gutenberg-Museum
aktiv geworden. In den Jahren des ersten Weltkrieges, gelang es ihm,
namentlich in Deutschland, eine umfängliche Bibelsammlung, für vergleichsweise
wenig Geld, zusammen zu kaufen. Letztendlich wurde diese Sammlung dann der
Schweizerischen Landesbibliothek vermacht.
Aber 1912 war es noch nicht ganz so weit. Jedoch darf man diesen Hintergrund
bei Lüthi-Tschanz keineswegs ausblenden. Um 1912 war er halt noch mit dem "Aussichts"-Kreis
liiert.
Und daher nahm er in der Aussicht" auch zu dem Robert Voigt Stellung. In
seinem Votum konnte man auch lesen:
"Warnung vor falscher Prophetie.
In jüngster Zeit schwirrt ein schwarzumrandeter "Letzter Warnungsruf" in
gläubigen Kreisen umher, worinnen ihnen zu beweisen versucht wird, daß am
21. März 1912 "es dem Herrn über Leben und Tod gefallen wird, die durch
Seinen Opfertod Erkauften, Geretteten und auf Ihn Wartenden heimzuholen in
Seine Herrlichkeit, um nach Verlauf der großen Schreckenszeit im Jahre
1915 mit ihnen zu erscheinen und zu regieren über alle Völker tausend
Jahre."
Verfaßt ist dieses sonderbare Schriftchen von R. Voigt, dem Verfasser der
"Sturmsignale" und anderer Schriften. Ich habe es soeben gelesen und
bedaure lebhaft, daß es erstens: einen bestimmten Tag nennt, zweitens, daß
der Verfasser drei Zeichen gefordert hat darüber und drittens, daß der
Mensch Joh. Walther so stark in den Vordergrund gerückt worden ist."
Lüthi meint weiter:
"Das ist sehr schade bei dem an sich nur zu berechtigten Warnungsrufe, der so manches enthält, das wir Geschwister in der Schweiz und anderswo ohne weiteres unterschreiben, d. H. ähnliche Gedanken haben betreffend der hochernsten Zeit, in welcher wir leben."
Damit bringt er letztendlich zum Ausdruck, dass namentlich seine Kreise,
letztendlich von ähnlichen Gedanken bestimmt sind. Nur schmeckt es ihm nicht,
sich auf ein festes Datum im Sinne eines 21. 3. 1912 "festnageln" zu lassen.
Er möchte es lieber mit der unverbindlichen "Wisch-waschi-Methode" halten,
ähnliches zu sagen, um im Ernstfall sich auf das Hintertürchen zurückziehen zu
können. Aber wir haben es so nicht gesagt.
Auch Lüthi kam nicht umhin, eine Gedankenassoziation zu dem Schuster Voigt
anzustellen. Bei ihm liest sich dass dann so:
"Der Schuhmacher Voigt hat in
der Hauptmann's Uniform den guten Köpenicker weiß gemacht, auf "höhern
Befehl" im Rathaus zu Köpenick "Kassensturz" machen zu müssen und nun sein
Namensvetter R. Voigt gibt vor in betreff seines Warnungsrufes: "Im
Auftrage meines Gottes habe ich dies zu schreiben."
Das ist eine Ungeheuerlichkeit, an welche die Gläubigen nicht glauben
werden, welche den Heilsplan Gottes an der Menschheit im untrüglichen
Worte Gottes kennen lernten, nicht aus sich selbst, sondern durch die
Gnade und Barmherzigkeit unseres Herrn und Heilandes zu den sich erwählten
Kindern des Glaubens.
Am 21. März 1912 nächsthin sollen also nach diesem Prophetenwort die
Glieder der Auswahl ihrem hochgelobten Erlöser entgegengerückt werden!
Gewiß, das ist eine kurze Zeit und wer freute sich nicht unter den
"Geehrten Gottes", aus all dem ausbrechenden Elend auf der Erde sicher
geborgen heimkehren zu dürfen in die ewigen Hütten Gottes? An Sehnsucht
danach fehlt es den wahrhaft Gläubigen nicht und wer weiß, ob nicht gerade
an diesem Tage einer unserer lieben Brüder heimkehren darf. Ja, es wäre
eine Freudenbotschaft für ihn, wie es eine Trauerbotschaft würde sein für
seine Zurückgelassenen!
Aber seien wir doch vernünftig auch in diesem Stücke und lassen wir uns
durch keine Daten vom nüchternen Glauben abbringen. Gewiß hat Gott seine
bestimmte Zeitrechnung und das Ende dieses Zeitalters wird auf Tag und
Stunde eintreten! Die Seinen werden es wissen im Momente, wo das Ende
kommt, dafür sorgt der in sie ausgegossene Heilige Geist!
Wann dies geschehen wird, wissen wir aber nicht - vermöge unserer
Unvollkommenheit als Menschen - und ich glaube, dazu gehört auch Voigt.
Es ist auch nicht nötig, daß wir Tag und Stunde wissen, sondern es ist
genug, wenn wir durch die Erleuchtung des Geistes Gottes durch Jesum die
große Nähe des neuen Zeitalters und damit der Heimkehr der Kinder des
Lichtes an den sich häufenden Zeichen erkennen und - wo wir können -
darauf mit ganzem Ernst hinweisen! Gebe Gott, daß wir uns alle auf diesen
Tag willig vorbereiten lassen durch Heiligung, ohne welche niemand den
Herrn sehen wird! Für die Menschen und wohl auch für die Engel gilt heute
noch sowohl Markus 13,32, als auch Apostelgesch. 1,7, trotz der
gegenteiligen Behauptung Voigts (Seite 13) und ohne in Widerspruch zu
geraten mit 1. Thess. 5,4; denn eben der Geist Gottes wird dafür sorgen,
daß der Tag die Kinder des Lichtes nicht wie ein Dieb in der Nacht
überfallen wird. Er läßt sie die Nähe fühlen und erhält sie umso
wachsamer, trotzdem sie weder Tag noch Stunde zum voraus wissen."
Auch das muss Lüthi einräumen:
"Wer den Warnungsruf Voigts gelesen hat, wird peinlich überrascht durch die dreimalige Zeichenforderung zum Beweise für die von Walther vorhergesagten Daten (21. März 1912 und das Jahr 1915). Das machen nüchterne Christen nicht für Dinge, die einen fehlbaren Menschen nicht direkt angehen. Es ist doch gewiß genug, wenn der Heiland selbst nun Tag und Stunde weiß, die Gott festgesetzt hat (Offbg. 1,1). Durch solche läppische Zeichen, deren drittes nicht einmal mit dem Erbetenen stimmte, wie sie Voigt erbeten, wird der Menschheit sicher nicht eine solche Weltumwälzung angezeigt. Solches zu glauben, wäre für mich Aberglauben; denn Gott ist nicht ein Mensch, der allenfalls auf solche Beweismittel greift. ..."
Dann kommt Lüthi aber doch nicht umhin, auch das eigene "Eingemachte" anzusprechen. Er meint diese Klippe wie folgt "meistern" zu können:
"Aber - werden mir liebe,
langjährige Leser der "Aussicht" mit Recht erwidern - hat denn nicht
selbst die "Aussicht" das Jahr 1914/15 als den Zeitpunkt des Anbruches des
Tausendjährigen Reiches genannt auf Grund der Zahlen in der Bibel und
daran geknüpften chronologischen Berechnungen von gottesfürchtigen
Männern, deren Resultate annähernd übereinstimmen?
Gewiß ist das des öftern geschehen und ich schätze die Meinungsäußerung
jener Brüder, soweit sie aus den genannten Zahlen nicht ein "unfehlbares
Dogma" gemacht haben, d. H. bei allem Fleiß zum Studium der in der Schrift
vorhandenen und nach der Schrift erlaubten Chronologie die menschliche
Unzulänglichkeit im irdischen Zustande zur genauen Feststellung der
göttlichen Zeitrechnung nicht außer Acht gelassen haben."
Obwohl das im Prinzip ideologische Brüder sind meint sich Lüthi von den gar zu närrischen Narren wie folgt absetzen zu können:
"Unangenehm muß es schließlich jeden Leser vom "letzten Warnungsruf" berühren, daß Voigt den religiösen Schriftsteller Joh. Walther stärker in den Vordergrund gerückt hat, als die Heilige Schrift selbst."
Küppers seinerseits meint er allen verbalen Verbeugungen zum Trotz, dann vorhalten zu müssen:
"Woher hat er den Beweis, daß die Zahlen von Guiness die richtigen sind? Warum hat er denn nicht konsequent seine Zahlen gebraucht, wenn doch Zahlen aufgeführt sein müssen? Überall in der Broschüre wird der Name Walther uns genannt! Mich dünkt, die Gläubigen haben jetzt besseres zu tun als über jeden neuen Kommentar gierig herzufallen und dabei es am direktem Schriftstudium mangeln zu lassen."
Was seine Guiness betreffende Andeutung mit anbelangt, so kann man zu deren
Vertiefung auch vergleichen:
Mysnip.43090
Er fasst sein Urteil mit dem Satz zusammen:
"Ein Schriftchen, das neben
vielen lesenswerten Sachen es für nötig findet, spiritistische Urteile
über die nächste Zukunft und sonstige Zahlenmanöver (Seiten 14 und 15)
aufzutischen, halte ich der Verbreitung nicht wert, und das erst nicht,
wenn der Schreiber behauptet (Seite 2):
... Gott steht auf meiner Seite und ich auf seiner Seit"; "... Für mich
gibt's keine bange Frage, auch nicht das Wort "Fiasko" mehr". Da möchte
man eher verwundert fragen: "Wer bist Du?" und "Was hältst Du von Dir
selbst?"
Noch eine Geistesverwandte Zeitschrift, und zwar der in der Schweiz
erscheinende "Weissagungsfreund" kam nicht umhin sich mit dieser
Küppers-Voigt'schen Hysterie auseinander zu setzen. Und zwar in der März
1912-Ausgabe genannten Blattes.
Auch hier wieder das altbekannte "Strickmuster"; man möchte sich den Pelz
waschen, dabei aber nicht nass werden. Man schwimmt auf ähnlicher Wellenlänge,
sieht sich nur dann in die Ecke gedrängt, lässt sich diese "Wellenlänge" auch
mit konkreten Daten in personifizierter Form belegen. Diese konkreten Daten
sind auch dem "Weissagungsfreund" nicht geheuer.
Der Redakteur jenes "Weissagungsfreund", Samuel Limbach, hatte etwa mal eine
Schrift mit dem Titel publiziert: "Was hat der gegenwärtige Krieg uns zu
sagen?". Dessen Vorwort ist datiert auf Anfang September 1914.
Zwar verneint er darin, einen buchstäblichen Untergang der Erde, und wähnt,
sie würde mindestens noch 1000 Jahre existieren.
Andererseits meint er aber auch postulieren zu müssen:
"Dieser europäische Krieg,
dessen Charakter in Matth. 24,7 so schlagend gezeichnet ist, ist der
Anfang der Endzeit. Wie lange dieser Krieg, dieses Toben der Meereswellen
gegeneinander andauert, das wissen wir nicht. Nur das glauben wir, daß
sein politisches Resultat die zehn Zehenreiche des Endes sein werden, von
denen in Dan. 2 und 7 zu lesen ist.
Ob sie sofort als Folge des jetzigen Krieges klar dastehen werden, oder ob
noch weitere Wehen diese politische Geburt vollenden müssen, das wagen wir
nicht zu entscheiden." (S. 64)
Ausgehend von dieser These sieht er wohl seinen "Joker" in der Aussage;
"Wie lange denn die antichristliche Zeit währt, das wissen wir genau, nämlich 3 ½ Jahre, oder 42 Monate, oder 1260 Tage."
Wobei wiederum die Feststellung zu treffen wäre, so weit auseinander sind
die genannten Herren dann doch wohl nicht. Er stört sich eben nur daran dass
die Küppers und Voigt konkrete Daten nannten. Er selbst sagt dann ähnliches,
halt ohne Datumsangabe!
Er meint sich bezüglich Voigt wie folgt aus der Situation herauszuwinden zu
sollen:
"Nur wenige Wochen noch!
"Am 21. März 1912 wird es dem Herrn über Leben und Tod gefallen, die durch
sein Opfertod erkauften geretteten und auf ihn Wartenden heimzuholen in
seine Herrlichkeit. ..."
So steht wörtlich zu lesen auf der zweiten Umschlagseite einer Broschüre
die den Titel trägt "Letzter Warnungsruf". Drei Seiten des Umschlag sind
schwarz umrandet und mit Grabkreuzen geschmückt. Wenn dieser Nummer des
Weissagungsfreund in die Hände der Leser kommt, sind es nur noch etwa drei
Wochen bis zum 21. März und dann so versichern uns Joh. Walther wie R.
Voigt dann findet die Entrückung der Gläubigen statt. Und was wollt wir
lieber als die beiden - und noch manch andern, die sich ihnen anschließen
- hätten recht."
Aber auch der "Weissagungsfreund" wähnt in genannter Suppe einige Haare vorzufinden. Selbige beschreibt er aus seiner Sicht so:
"Mit großen Eifer beschuldigt
der Verfasser nebst den großen Kirchenkörpern auch die geschickten Leiter
unserer Gemeinschaften und Gemeinden", der Zugehörigkeit zu Laodicäa und
der Teilnahme an der Lauheit dieser Gemeinden. Da der Schreiber dieses
Zeilen im Büchlein mit Namen genannt ist, unter in den Warnern vor dem
Rechnen, und da dieses Warnen vom Verfasser beinah als ein
Majetstätsverbrechen angesehen und beurteilt wird, so darf ich wohl noch
ein Wort brüderlicher Liebe an ihn und alle Leser seiner Schriften
richten.
Nur noch drei kurze Erdenwochen, dann wird jeder selbst urteilen können,
ob wir unrecht haben mit unseren "ich kann nicht anders" oder ob der
Verfasser "gefallen" ist mit dem 21. März 1912" wie er selbst so
zuversichtlich sagt "Ich stehe und falle mit dem 21. März 1912".
Und weiter S. Limbach, der Herausgeber des "Weissagungsfreund":
"Und nun zunächst ein Wort der
Liebe an Bruder Voigt. Lieber Bruder, glauben Sie wirklich, dass ihres
Herrn Geschäfte besorgen, wenn sie anfangen zu schlagen ihre Mitknechte.
Sie werfen alles in einen Topf, die gleichgültige Welt, die
Gottfeindlichen Spötter und die Brüder in Christo, die ihre Rechnung nicht
glauben annehmen zu können. Wir sagen nicht: Mein Herr kommt noch lange
nicht, sondern wir sagen mit voller Zuversicht: Der Herr ist nahe!
Wir verachten nicht die prophetischen Zahlen, aber wir nehmen die
Zahlenangaben wörtlich, wie sie dastehen und machen nicht aus Tagen Jahre,
wie sie, weil wir uns gebunden erachten ans Wort. Wir sprechen nicht
irrendenden Brüdern den rechten Glaubensstand ab, wie Sie es uns gegenüber
tun, weil wir ihnen nicht nachfolgen können, sondern unseres Herrn Wort
festhalten: "Zeit und Stunde weiß niemand" und "Es gebührt euch nicht zu
wissen Zeiträume und Zeitpunkte." Wohl aber glauben wir, dass in der
letzten Zeit viele großen Verstand finden werden in den Zahlenangaben, in
der übrigen Weissagung, und das dann gerade die Zahlenangaben von großen
Wert sein werden ..."
Sein vermeintlich salomonisches Urteil lautet dann weiter:
"Und wenn sie uns Inkonsequenz
vorwerfen, weil wir sagen: "Der Herr kann heute kommen", und weil wir doch
nicht glauben dass er am 21. März kommt, so antworte ich: Wann und wo habe
ich gesagt dass der Herr heute kommen könne? Sie sagen doch, ich nicht,
denn ich kann nicht glauben an die geheime Entrückung vor der Trübsal,
weil ich sie nicht finde in meiner Bibel. ...
Wenn wie sie glauben, Johannes. Walther ein besonders treuer Knecht ist,
so wird sein Herr ihn entweder legitimieren am 21 März 1912, oder aber
wenn er trotzdem irrt, ihn vom Irrtum seines Weges zurechtbringen. Aber
dass wir an seine Rechnungen deshalb nicht glauben, weil wir ihn nicht
kennen, oder weil er kein anerkannter Führer unter den Gläubigen ist, das
liebe Bruder, ist eine unwahre und ungerechte Beschuldigung. Ebenso ist es
nicht brüderlich uns zu charakterisieren als Werkzeuge Satans, der jetzt
unter dem Deckmantel der Vorsicht die Kinder Gottes von der Wahrheit
behüten will (S. 11).
Es ist unwahr und ungerecht war das sie uns in die Schuhe schieben, wir
hätten Walthers Schriften kaum oder gar nicht gelesen "weil wir es nicht
wagen, mit ernsten eigenen Prüfen an das Gebiet heranzutreten."
Lieber Bruder, wir wagen sogar trotz ihrer drei Gideonszeichen, Ihnen zu
sagen: Sie irren auch darin. Es ist unwahr und ungerecht, wenn Sie
behaupten wir warnen, weil es zum guten Ton gehört, zu warnen (S. 12).
Sie sagen: Krieg, offene Empörung und dergleichen mehr darf noch nicht
sein, das darf erst sein, wenn die Entrückung stattgefunden hat (S. 17).
Trotz ihren Unterstrichenem "darf" glauben wir dennoch dem Wort unseres
Herrn mehr. ...
Weil das nun unser ganz klarer und gewisser Glaubensgegenstand ist, so
bitten wir Sie - in der Liebe, die wir auch zu ihnen haben, um des Herrn
willen - besinnen Sie sich noch einmal, ehe sie mit dem 21. März 1912
fallen.
Damit wende ich mich aber nun an die Leser von Voigts Schrift wie an die
Leser des Weissagungsfreund.
Lieber Brüder, wenn wir bestimmt glauben, Johannes Walther und R. Voigt
sich dennoch getäuscht und die Gemeinde des Herrn verwirrt haben:
Er kommt doch wieder!
Mögen noch Hunderte von ihnen falsch rechnen Er kommt doch wieder! ..."
Und auch eine politische Spitze verbindet Limbach mit seinem Votum
"Lass uns wachen und ebenso last
uns festhalten trotz allem und allem. Er kommt wieder! Er kommt bald!
Die Kirche sofern und soweit sie jetzt mit der gottfeindlichen
Sozialdemokratie buhlt und ihren Greueltrank den Massen bringt, statt dem
edlen Wein göttlicher Wahrheit wird auch durch die Sozialdemokratie
fallen."
Damit dürfte er, obwohl in der Schweiz wohnhaft, auch wiederum mit den
deutschen Alldeutschen auf ähnlicher Wellenlänge schwimmen, die ja gleichfalls
die Sozialdemokratie als ein zeitgenössisches "Krebsgeschwür" bewerteten.
Eine dritte zeitgenössische geistesverwandte Zeitschrift namens "Das
Prophetische Wort" ist noch mit zu benennen. In ihr ist schon mal auffällig,
dass der Robert Voigt in ihr nicht genannt wird. Gleichwohl kam diese von E.
F. Stroeter herausgegebene Zeitschrift nicht darum herum, auch auf den
dubiosen 21. März 1912 zu sprechen zu kommen.
Auffällig, Stroeter hält sich da kurz, sehr kurz, namentlich im Vergleich zu
den Voten der "Aussicht" oder des "Weissagungsfreundes". Und diese
Wortkargheit hat auch eine ganz spezifische Ursache. Indem es Stroeter war,
der dem Küppers in seiner Zeitschrift eine Tribüne bot, wie sie Küppers zu der
Zeit andernorts nicht bekam.
Wesentliche Passagen der Küpper'schen Bücher waren bereits als Vorabdruck im
"Prophetischen Wort" erschienen.
Nur wie sich das ganze nun auf die Engführung auf den 21. 3. 1912 zuspitzte,
da wurde diese Zuspitzung, dann auch dem Stroeter, spät, ziemlich spät, noch
unheimlich.
Ströter meint sich nun in der Form einer Fragenbeantwortung aus der Schlinge
ziehen zu können. In der Februar-Ausgabe 1912 des "Prophetischen Wortes" liest
man dazu:
"Fragekasten
Wie ist Ihre Stellung zu der Bestimmtheit, mit welcher Johannes Walther in
seiner neuesten Schrift "Auf Gottes Wunderwegen" sich berufen glaubt zu
verkündigen, daß die Entrückung der Gläubigen geschehen wird vom 20. auf
den 21. März 1912?
Antwort:
Wir beklagen dieselbe tief als eine sehr bedenkliche Entgleisung des uns
so teuren Bruders und Mitarbeiter. Wir lehnen seine "Weissagung"
entschieden ab. Aber wir lassen nicht ab, zu bitten, daß dem teuren Bruder
eine sehr gefährliche innere Katastrophe erspart bleiben möge, wenn nun
der 21. März 1912 vorübergehen sollte ohne die Erfüllung seiner
Vorhersagung. Alle, die ihn lieben und schätzen gelernt wegen seiner
köstlichen Arbeiten auf dem Gebiet der Schriftdeutung, werden uns darin
gewiß unterstützen. Der Bruder steht vor einem Zusammenbruch, wenn er sich
täuschen sollte."
Aller "guten Dinge" sind dann in diesem Falle wohl vier. Es gab noch eine weitere bekannte Zeitschrift, welche sich bemüßigt sah, auf vorgenanntes Thema einzugehen. Und zwar die Zeitschrift der deutschen Baptisten, namens "Der Wahrheitsfreund". In deren Jahrgang 1911 (S. 404f.) konnte die dortige geneigte Leserschaft vernehmen:
"Der 21. März 1912.
In er letzten Zeit ist in gläubigen Kreisen außerordentlich viel über die
Offenbarung Johannis sowie über das nahe Kommen des Herrn geschrieben
worden. Besonderes Aufsehen erregte ein Dr. Küppers, der unter dem
Decknamen Johannes Walther schreibt. Er gefällt sich besonders stark in
Berechnungen. So hat er herausgefunden, daß der 21. März 1912 der Tag sein
werde, an welchem der Herr Jesus wiederkommt, um die Seinen zu sich in die
Luft zu entrücken.
Das wird gewiss vielen eine Überraschung sein. Die meisten werden
zweifelnd den Kopf schütteln. Andererseits ist es angenehm, daß es einen
so kurzen Termin hat, da wird man ja nur noch ein kleines Vierteljahr zu
warten brauchen, um zu sehen, ob er recht hat oder nicht."
Dann räumt genannte Zeitschrift ein:
"Wir haben weder seine beiden
großen Bücher "Gottes Weltregierung" und "Wie Gott Wort hält ..." noch
auch die kleine Broschüre, welches das erstere empfehlen soll, gelesen.
Die Zahlen taten es uns von vornherein an.
Aber mit Interesse haben wir gelesen, wie sich der Evangelist H. Dallmeyer
in dem Blatte der Gemeinschaftsbewegung "Auf der Warte" mit einem
angehenden Doktor über dies Buch auseinandersetzt. Nachfolgendes wird auch
unsere Leser interessieren."
Und dann wird entsprechend zitiert:
"Ich kann Ihnen aber sagen, daß
es mir schwer geworden ist, durch die vierzehn Seiten der Broschüre
hindurchzukommen. Ich will hier die Anfangssätze der Schrift hersetzen.
Sie lauten:
"Trotz aller fehlgeschlagenen Berechnungen und trotz aller Warnungen haben
wir den Mut, mit voller Ruhe und Sicherheit im Frühjahr 1912 die
Entrückung zu erwarten. Wir sind der Überzeugung, daß bis auf diesen
Zeitpunkt noch Friede herrschen wird, daß aber dann, sobald die Entrückung
geschehen ist, die große Drangsalszeit beginnen wird, von der im Worte
Gottes soviel und mit so ernsten Worten die Rede ist.
Auf Grund des Wortes Gottes sind wir ferner der Überzeugung, daß diese
Drangsalszeit im Jahre 1915, d. h. nach einer Dauer von 3 ½ Jahren auf
ihren Höhepunkt gelangt sein wird, und daß alsdann der Herr samt allen
seinen seit 1912 verklärten Heiligen erscheinen wird, um endlich hier auf
dieser Erde das lang verheißene herrliche messianische Reich des Friedens
und der Gerechtigkeit aufzurichten."
Sie teilen mir nun in Ihrem Schreiben mit, fährt Dallmeyer fort, daß
Johannes Walther in seinem neu erscheinenden Buch "Auf Gottes Wunderwegen"
voraussichtlich bekanntgeben wird, daß "wahrscheinlich der 21. März 1912
die Entrückung bringen wird."
Dann wird im folgenden einiges aus dem Küpper'schen Schrifttum rezipiert:
"Als von Ihnen gemeinte
Broschüre kann nur die "Das Jahr 1912 und seine Bedeutung für die
Gläubigen" in Frage kommen.
1) Auf Seite 2 der Broschüre findet sich eine besondere Annonce, die auf
das Buch "Gottes Weltregierung" hinweist.
2) Jeden Punkt in der Broschüre beginnt der Verfasser mit den Worten:
"In unserem Werke über "Gottes Weltregierung" usw.
3) Auf Seite 15 schreibt der Verfasser folgendes:
"Wir möchten ferner noch hingewiesen haben auf ein sehr wunderbares
Zeugnis, das wir der großen Pyramide von Gizeh, dem Steindenkmal Gottes in
Ägyptenland (Jes. 19, 12) entnehmen können. In einem Buche, das unter dem
Titel "Wie Gott Wort hält, Ouvertüren zur Weltgeschichte" aus unserer
Feder erschienen ist, ist näheres davon gesagt; hier soll davon nicht
weiter die Rede sein, da dieses Zeugnis, so beachtenswert es ist, für sich
allein in keiner Weise zwingend ist, vielmehr nur als Ergänzung und
Bestätigung für anderweitig schon gesicherte biblische Masse in Frage
kommen kann. Dazu kommt noch ein anderes, besonders schwerwiegendes
Zeugnis, das wir in einem besonderen Buche besprechen müssen. Das Buch hat
unter dem Titel "Die letzten vier Jahrhunderte im Lichte der Bibel" so
eben zu erscheinen begonnen, und für den Verfasser ist das, was dort
behandelt wird, das festeste unter den äußeren Gründen für seinen Glauben,
daß bis zum Jahre 1912 noch Friede herrschen, dann aber alles drunter und
drüber gehen wird. Doch alle diese äußern Gründe, so schwer sie ins
Gewicht fallen, sie würden nicht genügt haben, uns solche Zuversicht zu
geben, daß wir den Mut hätten, vor jedermann für 1912 als Jahr der
Entrückung einzutreten; dazu bedurfte es noch eines ganz besonderen
Eingreifen Gottes in des Verfassers Lebensweg ..."
Und nach diesen Zitaten fügt dann der "Wahrheitszeuge" seinerseits als redaktionelles Schlusswort an:
"Wir sind doch durch die Zungenbewegung gerade genug angeführt worden, wir möchten nicht noch einmal auf "neue Erfindungen" hineinfallen."
Dennoch muss sich auch die Redaktion des "Der Wahrheitszeuge" sagen lassen,
dass ihr Gedächtnis offenbar etwas kurzatmig ausgeprägt ist.
Just im selben Jahrgang des "Wahrheitsfreundes" (S. 280) gab es nämlich davor,
ein offenbar auf kommerzieller Basis aufgenommenes Buchinserat. Mag man
entschuldigend anerkennen. Genannte Redaktion habe ja jenes Büchlein vorab
überhaupt nicht selbst gelesen, welches der Inserent da angepriesen haben
will; so ist das zwar anzuerkennen. Gleichwohl kann man durchaus auch die
Frage stellen. Warum wurde jenes Büchlein just auch in dieser Zeitschrift
inseriert? Weil doch wohl der Inserent sich Hoffnung machte, dort eben die
geeignete Zielgruppe vorzufinden!
Und wenn die Redaktion jenes Blattes besagtes Inserat ohne Federlesen
durchwinkte, spricht dass nicht unbedingt für deren Kompetenz.
Besagtes Inserat lautete:
"Neu!
Sturmsignale nahender Weltereignisse
Oder: Die immer deutlicher werdenden Zeichen des Kommens Jesu Christi!
Für Gläubige und Ungläubige.
84 Seiten a 60 Pfg. Wiederverkäufer hoher Rabatt
Rob. Voigt, Selbstverlag, Einbeck"
(Reproduzierung des Inserats nach einer Variante der „Freiburger Zeitung")
Man vergleiche thematisch auch, wie ein die Gegend um Freiburg erschütterndes
Erdbeben im Jahre 1911, just dazu genutzt wurde die Werbetrommel für die
genannte Voigt'sche Narrenschrift zu rühren. Womit die Frage offen bleibt, wer
wohl die größeren Narren sind. Der Voigt oder seine geschäftstüchtigen
Vermarkter!
„Freiburger Zeitung" vom 18. 11. 1911
Serie Vor Einhundert Jahren
http://forum.mysnip.de/read.php?27094,89649,114819#msg-114819
04. November 2011 00:25
Exkurs:
Im Gegensatz zu Voigt suchte sich Küppers alias Johannes Walther, bei seinen
anfechtbaren Thesen etwas mehr bedeckt zu halten.
Exemplarisch veranschaulichbar auch an seinem 1910 erschienenen Buche „Gottes
Weltregierung
Für Gläubige und Ungläubige aus Gottes Wort erklärt"
(in zwei Teilen erschienen. Teil I und II weisen jeweils separate
Seitenzählungen auf).
In ihm kann man beispielsweise die These lesen:
„Eine gewisse Wahrscheinlichkeit
für 1912 als Jahr der Entrückung ergibt sich uns schon da, zumal wenn wir
bedenken, daß nach Kap. 11, 9-11 die Zeit der Drangsal 3 ½ Jahre währen
soll. Ein solcher Zwischenraum liegt nämlich erstens zwischen Frühjahr 609
v. Chr., der Schlacht bei Megiddo, in der Josia fiel und Israel in Nechas
Hände fiel, und der gegen Ende des Jahres 606 v. Chr. Geb. erfolgten
Einnahme Jerusalems durch den in diesem Jahre durch Nabopolassar zum
Mitregenten ernannten Nebukadnezar. Derselbe Zeitraum liegt aber auch
zweitens zwischen dem Siege der Reformation im Frühjahr 1552 und der im
Herbst des Jahres 1555 erfolgten Ratifizierung des Augsburger
Religionsfriedens Von 609/6 v. Chr. an aber reichen sieben "Zeiten" bis
1912/15 n. Chr., wogegen eine "Zeit" von 1552/55 an auf ganz dieselben
Jahre, nämlich auch auf 1912/15 reicht.
Dazu kommt, daß die große Pyramide, das wunderbare "Steindenkmal Gottes in
Egypterland" (Jes. 19,19) uns auch auf 1912, und zwar auf März des Jahres
als Zeitpunkt der Entrückung weist. (Weltregierung Teil II S. 257).
Auch mit den sattsam bekannten Anzeichenbeweisen hält es Küppers.
Dafür steht zum Beispiel seine Aussage:
„Denn wir sind der Meinung, daß 1912, wenn sieben Zeiten seit der Schlacht bei Megiddo und seit dem Tode Josias vergangen sein werden, die Ruhm und segensreiche Regierung der Wilhelminischen Epoche ein Ende nehmen wird, so wie 609 v. Chr. die letzte Gnadenzeit Jerusalems ein Ende nahm, und ferner, daß von Deutschland aus alsdann ein Weltkrieg und der große revolutionäre Umsturz und alles, was damit zusammenhängt, sich über die Welt verbreiten wird. Denn so wie damals, als seit dem Falle Samarias (720 v. Chr.) 2520 Jahre verflossen waren, von Frankreich aus sich über Europa eine Katastrophe verbreitete, so scheint jetzt, wo bald 2520 Jahre seit dem Gericht an Juda und Jerusalem verflossen sein werden, Deutschland zu jener traurigen Führerrolle berufen zu sein, die damals Frankreich übernahm."
Weiter Küppers in seiner Interpretation:
„Ist nicht trotz all der ernsten Warnungen und all den liebevollen Mahnungen des Kaisers, der sich, wie einst Josia, dem unheilvollen Strom der Zeit mit aller Macht entgegengestemmt, jetzt grade Deutschland der Mittelpunkt des revolutionären Geistes unserer Zeit. Es ist der Ausgangspunkt und auch der Brennpunkt der modernen Bibelkritik, die heute fast in allen Kirchen der Welt mehr oder weniger zum Siege durchgedrungen ist. Es ist der Ausgangspunkt und auch der Brennpunkt aller sozialdemokratischen Verhetzung unserer Tage. Es ist das Hauptexportland für die pornographische, die antikirchliche und antimonarchistische Literatur der Welt. Ja man kann sagen, in keinem Lande gilt der absolute Unglaube als etwas so selbstverständliches, in keinem Lande ist die Presse und die gesamte Bürgerschaft so über jede Achtung vor dem Glauben an einen persönlichen Gott und seine Offenbarung erhaben, wie grade in Deutschland. Kolporteure, die schon in anderen Ländern christliche Schriften feilgeboten haben, sind vielfach ganz entsetzt, wie sie mit einem Male behandelt werden, wenn sie in eine deutsche Großstadt kommen und ob wohl irgend ein Land sich gegen einen Herrscher wie Kaiser Wilhelm II. so absolut verstecken würde, wie Deutschland es doch tut?" (Weltregierung Teil II S. 201)
Obwohl er einerseits ein aus seiner Sicht Schreckensgemälde aufzeichnet, und
wähnt nur die wunderbare angedachte „Entrückung" könne daraus erlösen, so
versäumt er es doch nicht, sich die berühmten Hintertürchen einzubauen.
Das liest sich bei ihm dann etwa so:
„Vielleicht ist 1915 das Jahr
der Wiederkunft und der Aufrichtung des Reiches in Jerusalem, indes auch
1923 und 1934 kämen dafür immerhin noch in Betracht; denn 598 v. Chr.
erfolgte die zweite Einnahme Jerusalems durch Nebukadnazar und die
Wegführung Ezechiels und der größten Masse des Volkes, während erst 587
Tempel und Palast in Flammen aufgingen.
Über 1934 hinaus ist jedenfalls eine Verlängerung der Zeit der Heiden
nicht weiter denkbar. Bis dahin muß das Volk der Heiligen im Vollbesitz
der Macht und Ehre sein, die ihm verheißen ist." (Weltregierung Teil I S. 51)
Ein Jahr später in seinem „Auf Gottes Wunderwegen. Die Geschichte meiner Berufung" liest man indes vollmundig:
"Sei getrost und fürchte dich
nicht. Ich bin mit dir. Ich habe dich berufen, zu verkünden, daß nun gewiß
das Ende kommt, "daß bis zum Jahre 1912 noch Friede herrschen, dann aber,
nach erfolgter Entrückung, die Katastrophe kommen wird, vor der ich meine
Gläubigen bewahren will. Ja, auch den Tag darfst du verkündigen, es wird
geschehen vom 20. zum 21. März."
Das ist in allerkürzester Form der Inhalt dieses Werkes. Die Bürgschaft
für die Richtigkeit liegt in der über alle Maßen wunderbaren und ohne Gott
nicht zu erklärenden, ganz neuen Art und Weise, durch die Gott dem
Verfasser dies alles zur Gewißheit werden ließ. Gott ist ihm nicht
erschienen und hat ihm keinen Engel gesandt, doch Er hat Licht auf Licht
vor des Verfassers Auge angezündet, und die Gesamtheit aller dieser
Lichter ergibt in Flammenschrift die obigen drei Worte.
Tatsache ist, daß wir nicht der Verfasser, sondern nur der Schreiber
dessen sind, was hier geschrieben steht." (Wunderwege Band I S. 4)
Auch seine ebenfalls 1911 erschienene Separatschrift mit dem Titel: „Das Jahr 1912 und seine Bedeutung für die Gläubigen" atmet diesem Geist, wenn in ihr schon einleitend ausgeführt wird:
„Trotz aller fehlgeschlagenen
Berechnungen und trotz aller Warnungen haben wir den Mut, mit voller Ruhe
und Sicherheit im Frühjahr 1912 die Entrückung zu erwarten. Wir sind der
Überzeugung, daß bis auf diesen Zeitpunkt noch Friede herrschen wird, daß
aber dann, sobald die Entrückung geschehen ist, die große Drangsalszeit
beginnen wird, von der im Worte Gottes so viel und mit so ernsten Worten
die Rede ist.
Auf Grund des Wortes Gottes sind wir ferner der Überzeugung, daß diese
Drangsalszeit im Jahre 1915, d. h. noch einer Dauer von 3 1/2 Jahren auf
ihren Höhepunkt gelangt sein wird und daß alsdann der Herr samt allen
seinen seit 1912 verklärten Heiligen erscheinen wird, um endlich hier auf
dieser Erde das lang verheißene herrliche messianische Reich des Friedens
und der Gerechtigkeit aufzurichten." (S. 3)
Und letztere Vollmundigkeit ist dann namentlich von dem Voigt auch übernommen
worden.
Was nun die etwas mehr etablierten theologischen Kreise anbelangt, so ist eine
Buchbesprechung im 54. Jg. 1912 der „Pastoralblätter" exemplarisch (S. 579f).
Küppers („Walthers") Buch „Gottes Weltregierung, für Gläubige und Ungläubige
aus Gottes Wort erklärt" ist dort Gegenstand der Besprechung. Indes einen
Hinweis auf die auf 1912 zugespitzten Thesen, werden die Leser jener
Zeitschrift dort wohl kaum vorgefunden haben. Man zieht sich dort auf die
Linie zurück, etwas mehr allgemein gehalten zu kritisieren.
Etwa in der Form:
„Gegen diese Berechnung läßt sich nun so manches einwenden, z. B. Woher weiß der Verf., daß die Thronbesteigung Nabonassors (als Anfang des babylonischen Reiches und daher auch der Ausgangspunkt der ganzen Berechnung) ausgerechnet am 26. Febr. 747 v. Chr. und die Abdankung des letzten römischen Kaiser Romulus Augustus am 22. Aug. 476 n. Chr. stattgefunden hat?"
Es werden also insbesondere seine historischen Daten der Kritik
unterworfen. Diese Kritik wird zwar nebulös erweitert auf die Küpper'sche
These in der Endzeit sich zu wähnen. Das aber eher im Sinne den Pelz waschen
zu wollen, ohne dabei nass zu werden.
Man hält Küppers im weiteren vor, der Bibelspruch vom Predigen des Reiches
Gottes auf der ganzen Welt, habe sich aber so noch nicht erfüllt. Da gäbe es
halt noch „Lücken".
Und damit ist für diese Zeitschrift der Fall Küppers „abgefrühstückt" und der
Übergang zur Tagesordnung angesagt, auf der dann allerdings, für Küppers kein
weiterer Platz mehr vorhanden ist.