Die Gräfin lässt grüßen ...
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 18. Dezember 2009 01:42
Und ein russischer Hofrat zur Zeit des Zarentums bedankt sich artig.
Aber eilen wir den Geschehnissen nicht zu weit voraus (bzw. zurück). Begnügen wir uns
für erste mit einem Votum aus der Nazizeit.
Nicht von einem echten Nazi, das wohl weniger. Aber ein Votum dessen Verfasser (zumindest
ich), durchaus nicht scheue ihn als Narren zu bezeichnen.
Nun sind ja bekanntermaßen die Zeugen Jehovas im Naziregime von einem Verbot ereilt
worden. Nicht primär wegen närrischer Ansichten, wohl aber weil sie den politischen
Intentionen der Nazis in die quere kamen.
Das alles ist nur zu bekannt, und bedarf an dieser Stelle nicht der Wiederholung.
Nun gab es im Randbereich der Zeugen Jehovas zu der Zeit auch solche, die jenes Verbot mit
einigen Blessuren mehr oder minder erfolgreich überleben konnten.
Einer der sich auch Blessuren einhandelte, war mit Sicherheit ein Wilhelm Burmester in
Lüneburg (im Norden Deutschlands).
So recht trauten ihm auch die Nazis nicht über den Weg. Und je länger je mehr setzte
sich bei denen die Meinung durch. Der sei in der Verbotsschublade, wohl am besten
aufgehoben. Bis sich diese Meinung dann endgültig verfestigt hatte, verging aber einige
Zeit. Namentlich die Flugblattaktionen der Zeugen Jehovas, mit denen er nun wirklich
nichts zu tun hatte, sollten auch ihm zum Verhängnis werden.
Was so ein strammer Nazi war, dessen Tagesprogramm war voll ausgefüllt. Da blieb kaum ein
Quentchen Zeit zum Luftholen. Und das galt dann wohl auch für die Herren von der Gestapo.
Und in diesem Zustand der permanenten Überlastung, hatten die einfach nicht die Muße
zwischen den verschiedenen Schattierungen im Zeugen Jehovas-Umfeld zu differenzieren. Da
waren die einfach total überfordert. Und in diesem Zustand der Überforderung war für
sie die Rasenmähermethode (von den Kommunisten um 1950 dann fast Kopiergenau
wiederholt), noch das einfachste und bequemste.
Was dieser Burmester war früher mal WTG-hörig, jetzt aber so nicht mehr? Völlig
uninteressant für die Nazi-(Nachtwächter)"leuchten".
Das ist doch alles ein und dieselbe "Suppe" befanden sie. Damit war dann auch
das Schicksal von Herrn Burmester zu Nazizeiten besiegelt.
Bevor es soweit kam, hatte er allerdings im Jahre 1936 noch die letzte Chance, mit einer
eigenen Publikation in Erscheinung zu treten. Die Fortsetzung seiner damaligen
Publizistik, war ihm dann erst nach 1945 vergönnt.
Also sprach Herr Burmester, seines Zeichens Bibelforschender Pyramidenphantast.
Siehe dazu auch
http://forum.mysnip.de/read.php?27094,26783,26892
...
In seiner Anfang 1936 erschienen Schrift "In dem Schatten eines Mächtigen" (S.
3f.)
"Zur Abfassung nachstehender Abhandlung bin ich
angeregt worden durch die in dem Jahre 1935 erschienene vorzügliche Schrift von Pfarrer
a. D. Friedrich Ackermann in Haßfurt a. M.: Die Neue Biblische Zeittafel", welche
für den Chronologen in vieler Hinsicht beherzigenswert und interessant ist. ... Während
ich mit der darin niedergelegten Chronologie bis zum Jahre 999 v. Chr. restlos
übereinstimme, gehen alsdann weiter zurück unsere Ansichten leider auseinander. ...
Mir scheint, daß die Bibelchronologie in Band II der Schrift-Studien" - erschienen
1889 - bis heute einer solchen exakten Prüfung immer noch standgehalten hat."
Nun ist weder die Meinung von Herrn Burmester, noch die des von ihm ja auch bemühten
Herrn Russell die meinige. Das mit Sicherheit nicht. Aber wenn schon da von Herrn
Burmester ein Pfarrer a.D. als sein Gewährsmann bemüht wird, ist es naheliegend, sich
auch für diesen Herrn etwas näher zu interessieren. Und siehe da, nicht nur eine,
sondern gleiche mehrere Schriften zum Chronologie-Thema hat dieser Herr Ackermann
veröffentlicht.
Zum Beispiel mit den Titeln
"Siehe Er kommt
Und werden heulen alle Geschlechter der Erde
Ein Kompendium alles dessen, was ein Bibelchrist von den "letzten Dingen" wissen
sollte" Heft 1 und 2; 1927.
In letzteren (Heft 2 S. 48) wusste er dann auch mitzuteilen, dass die Wiederkunft Christi ums Jahr 2000 zu erwarten sei. Da
mittlerweile das Jahr 2000 auch Geschichte ist, kann man sich ja so seinen eigenen Reim
darauf machen, was von diesen (wie ich es formuliere) Spinnern denn zu halten sei.
Zugegeben sei aber, dass Jahr 2000 lag ja außerhalb seines wahrscheinlichen Lebensradius.
Dann gab es da noch von diesem Herrn
"Die Weltchronik bis zur Geburt Jesu Christi.
Nach den Angaben der Bibel" 1931
"Die Unhaltbarkeit der modernen wissenschaftlichen Zeitrechnung vor Christi Geburt
und ihre Fehlerverbesserung an Hand der "Neuen Zeittafel nach den Angaben der
Bibel" 1933
"Die "neue biblische Zeittafel" des vorchristlichen Reich-Gottes und
Weltgeschichte als Norm und Regulator für die Richtigstellung der modernen
wissenschaftlichen Chronologie" 1935.
Angebunden war er an einem sogenannten "Bibelbund", noch heute existierend .
Ich kann blos immer wieder darüber lachen, wenn gewisse kirchliche Kreise "kraft
ihrer Wassersuppe" glauben das Recht zu haben, andere Zweige der Religionsindustrie
als Sekten zu bezeichnen. Wer da im Einzelfall der größere Sektierer ist, dürfte wohl
eine Frage sein, über die trefflich zu streiten wäre.
Sieht man sich die Ackermann'schen Schriften näher an, stellt man ein nicht
uninteressantes Resultat fest.
Man weis ja von den Zeugen Jehovas, dass in deren Chronologien, das Jahr 607/606 v. Chr.
eine bedeutende Rolle spielt. Demgegenüber gibt es aber auch andere Zweige der
Religionsindustrie, die just das Datum 586/87 v. Chr. als angemessener bezeichnen.
In diesem Streit ist nun zu konstatieren, das besagter Herr Ackermann mit Vehemenz sich
für 606/07 und gegen 586/87 ausspricht.
So meint er seinen Gegnern etwa vorhalten zu können :
"Dem einfältigen Bibelleser, ganz besonders
aber dem in der Schrift ernstlich forschenden Theologen, der sich durch das
"Sumpfgelände und den Finsterwald chronologischen Durcheinanders" sowie durch
die Hunderte von oftmals scharfsinnigen, meist aber grund- und haltlosen Arbeits- und
Studierhypothesen neuerer Chronographen glücklich hindurch gearbeitet und auf dem
Felsboden biblischer Offenbarungsgeschichte wieder festen Fuß gefasst hat, wird es stets
unverständlich bleiben, dass so viele protestantische Theologen und Alttestamentler
angesichts der hell leuchtenden chronologischen Fixstern in der Hl. Schrift eine
"nur" 4000 jährige Dauer der vorchristlichen Menschheitsgeschichte meinen
ablehnen zu müssen."
Und weiter Originalton Ackermann:
"Nur vom Jahre 606 abwärts und aufwärts lassen
sich die biblischen Zeitangaben sowie die profan-wissenschaftlichen Daten aufs
harmonischste synchronisieren, während jedes andere geschichtswidrige Datum der
Zerstörung Jerusalems die schreiendsten Dissonanzen und nie zu lösende Differenzen
verursacht."
Das war dann ja wohl für Burmester und auch die Zeugen Jehovas "Wasser auf die
Mühlen"
Und noch ein Votum von Ackermann:
"Es ist kein Ruhmesblatt in der Geschichte
moderner Chronologiewissenschaft, dass besonders die protestantischen Gelehrten ganz
hingenommen von den großen Fortschritten der ägyptischen und assyrischen
Keilschriftforschung, nur allzu schnell auf die Geltendmachung der Hl. Schrift als
oberster Autorität und primärer Geschichtsquelle verzichten und in Bibelchronologischen
Fragen, von den Ägyptologen und Assyriologen gefangen oder in ihr Schlepptau nehmen
ließen."
Zu diesem Dissenz sei noch eine andere, 1887 erschienene Schrift von Nikolaus Howard,
mit dem Titel "Beiträge zum Ausgleich
zwischen alttestamentlicher Geschichtserzählung, Zeitrechnung und Prophetie einerseits,
und assyrischen nebst babylonischen Keilinschriften andererseits" zitiert.
Und in selbiger liest man (S. 7):
"Zwischen der Regierung von Ahab (Achab) und der
von Ahas (Achas) rechnet die Bibel ungefähr ein halbes Jahrhundert mehr, als nach
assyrischen Keilinschriften die meisten Vertreter dieser neuen Wissenschaft annehmen zu
können meinen."
Das wiederum hat dann Herrn Ackermann zu seinen vollmundigen Thesen beflügelt.
Noch einmal sei Herr Ackermann zitiert. In seinem "Siehe Er kommt
Und werden heulen alle Geschlechter der Erde" findet man auch die Angabe (Heft 2
S. 46):
"Unter den bald 200 wissenschaftlichen
Berechnungen der Aera von Adam bis Christus, deren Extreme (6584 das eine, 3483 das
andere) um 2000 Jahre auseinander liegen zählt Julius Afrikanus 5500 Jahre bis auf
Christus, Skaliger 3950, Kepler 3984, Ussher 4004. In ähnlicher Weise differenzieren die
Jahreszahlen des Eintritts der Sintflut, des Turmbauer zu Babel, der Berufung Abrahams,
des Auszugs Israels aus Ägypten usw., auch das Geburtsjahr Jesu Christi."
Aber diese gewaltigen Differenzen störten ja Herrn Ackermann nicht, der wie vernommen,
glaubte sich auf das Jahr 2000 als das Jahr der Wiederkunft Christi festlegen zu können.
Genug über die Ackermann's und Burmester.
Nähern wir uns jetzt der Gräfin, die da grüßen lässt.
Henry Grattan Guinness
Siehe zu letzterem auch:
http://books.google.de/books?id=3cNPxPjNVB4C&pg=PA206&lpg=PA206&dq=Grattan+Guinness+Henry&source=bl&ots=E0j42gWpDL&sig=srW5p1HVxItPL1xsoDuwphCwnnE&hl=de&ei=kTfTStabJ5OomgODiv2LAw&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=13&ved=0CCoQ6AEwDA#v=onepage&q=Grattan%20Guinness%20Henry&f=false
Grattan hatte schon vor der Jahrhundertwende mit einem zweibändigen Werk von sich
reden gemacht. Zwar hat es die WTG und Russell (sehe ich es richtig) nicht
rezipiert. Das aber aus dem Grunde auch, weil ja Russell meinte "genauer" zu
sein.
Nur eine eher beiläufige Erwähnung des Guiness hatte ich mal registriert; und zwar in
einem Lebensbericht im "Wachtturm" vom 1. April 1949.
Zitat:
In dieser WT-Ausgabe findet sich, in WT-Vokabular verpackt, auch der Erlebnisbericht
einer 71jährigen Zeugin Jehovas, die in Schweden zwanzig Jahre lang Übersetzungsarbeiten
für die WTG aus dem Englischen in Schwedische machte. In einigen Nebensätzen gewinnt man
da durchaus interessante Einblicke.
Etwa wenn sie über ihre eigene Biographie anmerkt:
"Dann gefiel es dem Herrn, mir den Weg zum
unentgeltlichen Besuch des nicht sektiererischen Ausbildungsheim für Missionare in London
von Dr. Grattan Guiness zu öffnen."
Schon hier muss man Widerspruch anmelden. "Nicht sektiererisch" meint diese
Dame, sei das Wirken des Herrn Guiness gewesen. Das kann man bestenfalls dahingehend
gelten lassen, als Guiness, ideologisch, auf einer ähnlichen Wellenlänge schwamm wie
Russell."
Namentlich die Randgruppen um Russell indes, haben jenes Guinness'sche Werk sehr wohl
registriert, rezipiert, und als Russell's 1914-Erwartungen in die Binsen gingen,
verstärkt als eigentliches Evangelium angesehen.
Insbesondere auch am Fall
Küppers nachweisbar.
Im Jahre 1889 erschien also der erste Bund mit dem Titel
"Das nahende Ende unseres Zeitalters im Lichte
der Geschichte, Weissagung und Wissenschaft"
Vorgestellt wird darin der Verfasser als:
H. Grattan Guinneß
Vorsitzender der Königlichen Geographischen Gesellschaft und Direktor eines
Missionsseminars in London"
Die "Autorisierte Übersetzung nach der 8. Auflage des englischen Originals" ins
Deutsche erfolgte von einer Gräfin Elisabeth Grouven.
Und damit wären wir schon mal bei der Gräfin, "die da grüßen lässt"
angelangt.
Im Vorwort zur 8. Aufl. dieser Übersetzung liest man dann auch die Sätze:
"Die Ereignisse der letzten 4 Jahre haben die in
diesem Buche ausgesprochenen Ansichten und Erwartungen bestätigt. Der vollständige
Verlust des türkischen Reichs, sowie der zunehmende Verfall und die bevorstehende
Auflösung derselben sind nur klarer hervorgetreten.
Das im allgemeinen tolerante und fast freigeisterische 19. Jahrhundert ist in derselben
Zeit durch das plötzliche Hervorbrechen und das schnelle Umsichgreifen eines Geistes
erbitterter Feindschaft gegen die Juden überrascht worden.
In dieser elenden Lage wenden die russischen Juden ihre Gedanken natürlicherweise zur
Auswanderung und zwar besonders nach Palästina."
Also man kann vom Ansatz her (bei vielleicht differierenden Details) gewisse ähnliche
Gedankengänge, wie auch bei Russell registrieren.
Auch er fabuliert von sieben Zeiten = 2520 Jahre.
Die deutsche Übersetzung dieses Buches erschien zwar in Berlin. Sonderliche Beachtung (außer
Randkirchenkreisen) fand sie wohl nicht. Garantiert auch nicht in den Kreisen der
Universitätstheologie. Die zogen es doch vor, Herrn Guinness durch Nichtbeachtung zu
beantworten.
Ganz anders hingegen war nun die Reaktion auf dieses Buch im geographischen Bereich des
heutigen Staates Lettland.
Ein Land mit einer äußerst wechselvollen Geschichte. Um die Jahrhundertwende zwar
politisch zu Russland gehörend; gleichwohl geschichtlich entwickelt, über eine starke
deutsche Minderheit verfügend. Mehr noch. Die dortigen Deutschen bildeten die
Oberschicht. Die eigentlichen Letten sahen sich zunehmend in der Rolle von Halbleibeignen
der Deutschen dort. Diese sozialen Spannungen entluden sich schon mal in den Jahren
1905/06. Ganz kurzzeitig lernte Lettland sozusagen als "Stapellauf" schon mal
eine kommunistische Diktatur der Machart kennen, wie sich nach Ende des Weltkrieges dann
noch Gesamt-Russland zu kosten bekam.
Und die Kommunisten in Lettland, solange sie an der Macht waren, übten in der Sicht der
dortigen Oberschicht, und das waren wie bereits festgestellt überwiegend Deutsche, eine
wahre Schreckensherrschaft aus.
Blitzableiter war dabei für die Kommunisten auch und besonders die Deutschen
Evangelisch-Kirchlichen Kreise.
Zwar wurde diese kommunistische Herrschaft vom zaristischen Russland dann gewaltsam
niedergekämpft. Indes der Schrecken der kommunistischen Terrorherrschaft, sie mag
zeitlich auch nur "kurz" gewesen, saß nun tief in den Knochen der lettischen
Oberschicht, namentlich auch in deren Deutsch-Christlicher Variante.
Als dann im Weltkrieg, ab etwa 1915, Lettland erneut von Deutschen Militär besetzt wurde,
überschlugen sich in der Folge die Ereignisse.
Da gab es abwechselnd Sieger und Besiegte. Und keiner konnte seine zeitweilige Macht
längere Zeit ausüben.
Sogar nachdem Deutschland den Versailler Vertrag unterzeichnet hatte, standen weiterhin
Deutsche Militärkräfte, beziffert auf 70.000 in Lettland. Und das sogar mit Billigung
der USA.
Deren Kalkül war, im russischen Bürgerkrieg möglichst die Kommunisten zu besiegen. Den
deutschen Militär war dabei die Rolle einer Hilfskraft zugedacht. Deshalb genehmigte man
das Weiterbestehen deutscher Militärischer Formationen in Lettland, noch im Jahre 1919.
Mehr noch, die deutschen Militärkräfte die zeitweilig bis auf einen kleinen Brückenkopf
in Libau (in dem Hin und Her zusammengedrängt waren), wurden nun etwa ab Februar 1919
durch zusätzliche Freiwillige kräftig aufgestockt. Der Versailler Vertrag hatte zwar den
Krieg im Westen beendet; im Osten hingegen ging er munter weiter. Und das mit
ausrücklicher Billigung der USA-Regierung als einer der Tonangebenden im Versailler
Vertrag.
Auch die Deutschen ihrerseits waren an dieser Kriegsausweitung interessiert, obwohl ja die
ursprüngliche kaiserliche Regierung Deutschlands, nunmehr nicht bestand.
Ihr Kalkül. Sollten sie Sieger in diesem Kampf werden, so hofften sie damit ein
Faustpfand zu haben, um die harten Bedingungen des Versailler Vertrages, ihrerseits nun
wieder etwas abmildern zu können.
Nachdem sich im russischen Bürgerkrieg jener Jahre letztendlich gezeigt hatte, die
Kommunisten bleiben die Sieger, war damit auch das Schicksal der deutschen Truppen in
Lettland besiegelt.
Die Kämpfe gingen aber speziell in Lettland weiter.
Drei Hauptformationen waren da Anfang 1919 auszumachen.
Kommunisten Moskauerhöriger Art,
Lettische Nationalisten
und Deutsche Okkupanten.
Okkupanten deshalb, weil zu ihren erklärten Kriegszielen zu Zeiten der kaiserlichen
deutschen Regierung, auch die Annexion Polen (damals ohnehin zu Russland gehörend), wenn
möglich auch noch Russland und ganz besonders das Baltikum (mit bereits teilweise
Deutschstämmigen dort) gehörte.
Diese Kriegsziele mussten dann erheblich zurückgesteckt werden im Verlauf der weiteren
Geschehnisse.
Aber offenbar nicht im Baltikum, wo man ja selbst das okay von USA-Präsident Wilson dazu
hatte.
Aber im Baltikum war eben innerhalb ganz kurzer Zeit heute jener, morgen dieser der drei
genannten Kräfte zeitweiliger "Sieger".
Die Siege und Niederlagen wechselten sich dort in jenen Tagen in einem Tempo ab, wie
andernorts die Leibwäsche gewechselt wird.
Nachdem die Amis dann sahen, der deutsche Erfüllungsgehilfe zur Niederringung der
Kommunisten hat sein Ziel auch nicht erreichen können, gaben sie letztendlich grünes
Licht für die lettischen Nationalisten, die dann aus diesen Wirren als der endgültige
Sieger hervorgingen bis zur nächsten Etappe (die aber erst 1940 dann auf der Tagesordnung
der Geschichte stand).
Für die Verlierer, zu der auch die deutsche Oberschicht, und in ihr besonders auch die
kirchlichen Kreise gehörten, hieß das Schicksal Emigration nach Deutschland
(günstigenfalls; ungünstigenfalls "Kopf ab" an Ort und Stelle).
Wesentliche Stützen der in Deutschland aufkeimenden Nazibewegung basierten dann auch auf
lettischen Emigranten. Um nur stellvertretend auch für andere, zwei Namen zu nennen. Der
spätere Nazi-Chefideologe Alfred Rosenberg, und auch der Nazipfarrer Julius Kuptsch.
Letzterer auch ausgewiesen dann noch durch eine relativ umfängliche Anti-Zeugen
Jehovas-Publizistik.
Das also in groben Zügen die lettische Territorialgeschichte, die zu beachten im
Hinterkopf sich empfiehlt.
Um die Jahrhundertwende war es ja noch nicht ganz so weit.
Was aber damals schon zu beobachten war, ist der Umstand, dass in der
letttisch-deutsch-kirchlichen Oberschicht sich besonders ein Familienclan derer van
Beuningen hervortat, der sich im besonderen durch die Schriften des genannten Guinness
Grattan angesprochen fühlte.
Im Jahre 1900 publizierte ein in St. Petersburg lebender Paul W. Uno van Beuningen in Riga
Lettland eine Schrift mit dem Titel: "Das
Kommen des Messias, des Königs und seines tausendjährigen Reiches auf Erden nach den
Weissagungen im Buche Daniel und in der Offenbarung".
Hauptthesen darin
Der Untergang des Islam - 1917
Der Untergang des Papsttums - 1923
- der zweite Advent - der Beginn des tausendjährigen Reiches 1933 und die Wiederannahme
des Volkes Israels.
Und weiter die Aussage in dieser Schrift (S. 3)
"Dieses Büchlein, welches die wesentlichen
Resultate der H. Grattan Guinneß'schen Forschungen enthält. Der heilige Gott gab es H.
Grattan Guinneß, die bisher dunkel und mit geheimnisvollen Zeitangaben versehenen
Weissagungen im Buche Daniel und in der Offenbarung zu enträtseln entreissen und das
volle verstehen desselben zu ermöglichen."
Ein besonderes Bonmot meint dann Herr Beunigen mit der Aussage tätigen zu können (S.
157):
"Wer kann denn dieser falsche Prophet sein? Nun
einfach Marx, der Vater der Sozialdemokratie.
Marx war ursprünglich der Begründer der internationalen Arbeiter-Association und wurde
seit 1867 durch sein Buch "das Kapital" der geistige Vater, ja recht eigentlich
der Prophet der Sozialdemokratie."
Und weiter meint er postulieren zu sollen (S. 200):
"Der mit dem Liberalismus in engster Verbindung
stehende Parlamentarismus in den westeuropäischen Staaten dürfte sich schwerlich in das
1000jährige Reich hinüber retten. Wenigstens so, wie er jetzt ist, gewiss nicht. ... Von
den Regierungsformen, welche heute bestehen, scheint die Monarchie die einzige zu sein,
welches zur Zeit des 1000jährigen Reiches fortdauern wird, diese wird jedenfalls
wiederholt in den Weissagung genannt."
Damit hatte ja dieser Herr Hofrat seine politische Meinung "gekonnt" in
religiöser Verpackung kredenzt.
Es war von einem Familienclan die Rede. Zu diesem Urteil muss man ja dann kommen, nimmt
man zur Kenntnis, das schon im Jahre 1905 wiederum in Riga (deutschsprachig)
ein Oberst a. D. Theodor van Beuningen eine Schrift mit dem Titel publizierte:
"Wachet!" "Ich komme bald!"
Geschichte der Menschheit in Verbindung mit der chronologischen Weissagung.
Inhaltlich sich weitgehend an die vorgenannte anlehnend.
In ihr findet man auch die andernorts bemühten "2520 Jahre" gekoppelt mit der
Aussage (S. 65):
"587-1933
Der Ausgangspunkt zur Konstruktion unseres Parallelogramms ist das Jahr 747 v. Chr. in dem
die Gründung des Neubabylonischen Reiches erfolgte, das Jahr 587 ist das Ende der
Anfangsära d. H. das Datum des vollständigen Falles der Stadt Jerusalem. Das Jahr 1773
bezeichnete den Beginn der Endära nach 2520 Jahren vom Jahr 747 v. Chr. In diesen 1773
Jahren beginnt der Fall des Papsttums und des Islams. Da nun auch von 587 v. Chr. 2520
Jahre weggehen sollen, so finden wir das Jahr 1933 in dem das umgekehrte von dem geschehen
soll, was sich von 587 zugetragen hatte. Das goldene Haupt die Macht der Heiden oder die
Vorherrschaft der Heiden soll enden und das Volk Israel und alle Völker die durch dieses
Volk gesegnet werden sollen, das heißt die wahren Christen sollen herrschen. Das wahre
Christentum soll zur Herrschaft kommen."
Auch in einer weiteren Schrift ("Die
Wiederkunft des Heilands im Jahre 1932-33 oder die Erfüllung der zweiten und letzten
Bitte des täglichen Gebetes "Dein Reich komme, und erlöse uns vom Bösen!")
schreibt dieser Oberst a. D. Theodor van Beuningen
"müssen wir folgern, da die Wiederkunft des
Herrn 1932/33 stattfindet, dies Gericht 10 Jahre früher also 1922/23 beginnt.
Die Vorherrschaft der Heiden und ebenso das sinken der Macht des auserwählten Volkes war
ein allmählich sich vollziehendes Ereignis und währte von 747 bis 588/87. Von dieser
Anfangs Ära sollen sieben Zeiten = 2520 Jahre bis zum vollenden der Zeit der Heiden
verfließen, es muß also eine Ära des Sinkens und Schwindens der Macht der Heiden
vorhanden sein, die von 1773 - 1932/33 währt. In der Ära des Aufkommens der Macht der
Heiden finden wir solcher Ereignisse, die mit Deutlichkeit auf den stufenweisen Fall der
Macht des auserwählten Volkes hinweisen, bis endlich im Jahre 598/97 das jüdische
Königreich seine Selbstständigkeit verlor. Hiermit begann das Gericht über Jerusalem,
welches 10 Jahre von 598/97 bis 588/87 wehrte. Sieben Zeiten = 2520 Jahre von diesem
Gericht an vergehen aber von 1922/23 bis 1932/33.
Werden wir uns davon überzeugen können, dass das verwerfen des Teufels aus dem Himmel im
Jahre 1793 stattfand und, dass sein erstes Werk auf Erden die erste französische
Revolution war."
Dann gab es noch einen weiteren Beuningen. Der hiess dann Friedrich van Beuningen, und
führte den Titel: Pastor zu Schrunden in Kurland und der "glänzte" unter
anderem mit der 1901 in Riga (deutschsprachig) erschienenen Schrift:
"Dein Reich komme
(Die zweite Bitte das "Vater unser" Ev. Matth. 6,10)
Kurz gefasste Lehre der H. Schrift über das bevorstehende Ende dieser Weltzeit, die
Wiederkunft des Herrn, unseres Herrn, und das tausendjährige Reich der Herrlichkeit"
Auch er bietet dieselben bereits bekannten Thesen.
Auf S. 38 etwa schreibt er:
"An der Hauptsache kann das aber nicht ändern,
nämlich das allen oben dargelegten Weissagungsreihen zufolge der bevorstehenden Untergang
der Türkenherrschaft auf 1917 und der Papstherrschaft auf 1923 fällt, und das der
Eintritt des Herrlichkeitsreichs 1933 zu erwarten ist."
Zusammengefasst. Alle Beuningen berufen sich als wesentlichen Gewährsmann auf den
Guinness Grattan. Sie wähnen von ihm inspiriert, besonders dem Jahre 1933 eschatologische
Dimensionen andichten zu können.
So wie Russell Jahre vorher sein Datum 1914 postulierte; so auch die Beuningen Jahre
vorher das Jahr 1933.
Nun erfüllten sich aber Russells Aussagen in ihrer Kernsubstanz nicht. Das große
lavieren, die Suche nach Ersatzlösungen war angesagt. Das betraf sowohl die WTG als auch
von ihr separierten Kreise. Es waren dabei allerlei Daten im Angebot (siehe das
Fallbeispiel Burmester im angegebenem Link).
Aber auch das ist zu registrieren. Auch das Datum 1933 schon bei den Beunigen's im
Angebot, besaß nun für (einige) Splittergruppen der WTG, zeitweilig eine magische Kraft.
Einer für den das auch zutraf war der Friedrich Bösenberg. In einer mehrteiligen Serie,
wird ab morgen, über ihn weiteres zu berichten sein.
Zur Detaileinstimmung auf Bösenberg sei dann schon mal hingewiesen auf das
Forumsarchiv 261
Dort der Beitrag vom 04. Juli 2008 20:48
Siehe auch:
http://forum.mysnip.de/read.php?27094,10523,11010
Dort etwas herunterscrollen bis zu
Eine Kriegspredigt aus dem Jahre 1916
13. August 2008 05:30