„Pastor Russell als Hesekiels Gegenbild war beauftragt, den Juden, welche in der ganzen Welt zerstreut sind und in der Knechtschaft des sinnbildlichen Babylon (der Christenheit) sind, das ganze Wort Gottes zu verkündigen, welches in zwei großen Verheißungen gipfelt, betreffend 1. Die Wiederbelebung der zionistischen Hoffnung und deren Verwirklichung in dem versammeln vieler Juden in Jerusalem und die Gründung einer weltenweiten Herrschaft der Juden über die ganze Erde."
In der Auflage 1925 von Band 7 dann zwar etwas „entschärft" diese Aussage.
Allerdings ist festzustellen, zu spät entschärft. Die zeitgenössischen
Antisemiten und ihre kirchlichen Schleppenträger, hatten diese Aussage bereits
aufmerksam registriert und mit in ihr „Kanonenfutter der
Anti-Bibelforscher-Agitation" aufgenommen.
Namentlich die Formulierung
„weltenweiten Herrschaft der Juden über die ganze Erde"
, hatte es ihnen dabei angetan. Auch Russells selbstständige Schrift
„Die nahe Wiederherstellung Israels" liegt auf dieser Wellenlänge.
Die zitierte Passage aus Band 7 ist somit kein vereinzelter Ausrutscher.
Weisen etliche Freikirchen eher kongregationalistische Strukturen auf, welche
eine weitgehende Selbstständigkeit der einzelnen Gemeinden zulassen, so ist
auch das im WTG-Falle grundsätzlich anders. Brooklyn bestimmt, und duldet
keinerlei Abweichungen.
Dann stellte der damalige WTG-Häuptling Rutherford des weiteren fest.
Im von der Inflation gebeutetelten Nachkriegsdeutschland, sei sein vergifteter
Weizen aber deutlich höher ins Kraut geschosssen, als zur gleichen Zeit in den
USA. Die USA holten dann erst massiv ab den 1940er Jahren auf.
Der Machtantritt des Braunauers im Jahre 1933 jagte auch Rutherford und Co
einen gehörigen Schrecken ein. Zusammen mit seinem Adlatus N. H. Knorr war
deshalb eine Stippvisitte im April 1933 in Hitlerdeutschland angesagt. In
Einschätzung der Gesamtgemengelage kamen Rutherford und Co allerdings zu der
Einschätzung, ein neuerliches Grosspektakel mit ihm als Redner, dass könne
diesmal nicht realisiert werden. Dazu war die Lage zu riskant. Aber seine
deutschen Statthalter, könnten und sollten noch ein
letztes öffentliches
Aufbäumen veranstalten, wenn er sich bereits wieder im für ihn
sicheren Amerika befinden würde. Und die Instruktionen zu diesem Spektakel vom
Juni 1933 wurden dann in der Tat von Rutherford selbst gegeben. In seinem
1934er Jahrbuch dann nochmals zum nachlesen dokumentiert. Da konnte die
erstaunte (oder auch nicht erstaunte) Umwelt unter anderem sinngemäss
vernehmen. Eigentlich wären die Gegensätze zum Nazideutschland doch gar nicht
so groß. Und aus WTG-Sicht auch ausräumbar. Im übrigen seien doch blos die
religiöse Konkurrenz die Übeltäter. Aber es könne doch noch alles „gut"
werden. Es wurde aber nicht „alles gut". Daran änderte auch nichts die als
Morgengabe für die Nazis vorgenommene Aufgabe der vorherigen
Zionismus-Begünstigung, in den Rutherford-Büchern „Rechtfertigung" umgesetzt.
In dem Buch von Daniel Heinz kann man auch den Satz lesen:
„Man berichtet (nach 1945) allenfalls von einzelnen Persönlichkeiten, die zum Teil unter großen persönlichem Risiko jüdische Mitbürger versteckten oder ihnen die Ausreise ermöglichten."
Auch dieser Versuchung sind die Zeugen Jehovas erlegen. Am Beispiel des
späteren Talkmasters Hans Rosenthal belegbar. Der muss für sie als billiges -
zu billiges - Aushängeschild herhalten.
Der bekam zwar aus verwandschaftlichen Kreisen mit Zeugen
Jehovas-Sozialisation, Hilfe in schwerer Zeit. Indes die offizielle WTG hatte
damit null komma nichts zu tun. Die offizielle WTG übte sich, wie auch
andernorts feststellbar, im „wegsehen". Ihr eigener Entwurf des vermeintlich
Unpolitisch seins begünstigte maßgeblich dieses wegsehen. Und diese „Wegseher"
bekamen dann noch vom KZ-Kommandanten Höss des vergiftete Lob ausgesprochen,
sie seien schärfstens gegen die Juden eingestellt. Allerdings aus einer
anderen Motivationslage als die Nazis.
Die Motivation der Nazis war der Rassismus, als dessen Gegenpol als
„Herrenmenschen" sie sich wähnten.
Das war indes nicht die Motivation der von KZ-Kommandant belobigten. Deren
Motivation war „nur" religiöser Antisemitismus, der zwar von ihnen nicht
erfunden wurde, gleichwohl auch bei ihnen fröhlichsten Urstand feierte. So
feste feierte, dass die WTG in ihrem 1946 erstmals erschienenen Buche „Gott
bleibt wahrhaftig" übersah, dass auch dort die Linie des religiösen
Antisemitismus fortgesetzt wurde. In einer zweiten Auflage jenes Buches dann
zwar - spät - noch revidiert. Was nichts am Schuldanteil der WTG-Oberen zu
Nazizeiten ändert.
Ein makabres Beispiel sich eigentlich nicht verdientes Lob zunutze zu machen,
kann man auch in dem eigenen Beitrag von Daniel Heinz in diesem Sammelband
bewundern. Da zitiert er eingangs einen Judenchristen, welcher ein Buch
publiziert hat mit dem Titel: "Als Mitleid ein Verbrechen war: Deutschlands
stille Helden, 1939-1945".
Und jener Herr, entweder wusste er es nicht besser, oder wollte es nicht
besser wissen, kritisiert seinerseits die Freikirchen in Gesamtheit in
Hitlerdeutschland, und wähnt dann die Adventisten als Ausnahme von dieser
Regel werten zu können.
Nun steht Heinz in der Versuchung. Ein solches Urteil seinerseits auch zu
instrumentalisieren, wobei unterstellt werden kann, letzteres hätte er auch
liebend gerne getan.
Nur sein eigener Erkenntnisstand verhinderte dann, dieser Versuchung auch
nachzugeben.
Dafür stehen dann auch seine eigenen wertenden Worte, mit dem er diesem
Apologeten widersprach:
"Die (von Heinz) angeführten Einzelbeispiele sind in ihrer Tragik kaum zu überbieten und stellen aus moralischer Sicht die größte Glaubwürdigkeitskrise in der Geschichte des deutschen Adventismus dar. Es gab kein einziges adventistisches Dokument des Protestes gegen die Judenverfolgung in der Zeit des Nationalsozialismus."
Oder auch dieses Votum: „Wo blieben Mitmenschlichkeit, christliche Solidarität und tätige Hilfe? Im Dilemma der „Güterabwägung" gingen sie leider nur allzu oft verloren."
Der relative "Lichtblick" auf den auch Heinz verweist, sind dann einzelne
Adventisten aus anderen Nicht-deutschsprachigen, aber von den Nazis besetzten
Ländern. Da dürfte wohl die Protesthaltung gegen die Okkupanten, ein
wesentliches Motivationsstück sein.
Nur eben für die deutschen Adventisten in Deutschland, war dies so nicht
zutreffend.
Eine weitere
Auseinandersetzung Zeugen Jehovas bezogen mit diesem Thema
„Die Völker haben sich auf ihr Blut und ihre Rasse besonnen. Und das ist recht so. Und wenn die Juden, die eine Rasse für sich sind - und gerade sie haben ihre Rasse gewahrt - dies nicht wollen, so müssen sie eben dazu gezwungen und aus den Völkern ausgetrieben werden. Es erfüllt sich jetzt, was die Schrift sagt: Jäger werden sie jagen! Fischer werden sie fischen! Treiber werden sie treiben .."
Weiter meinte jener Herr Meyer dozieren zu sollen:
„Daß aber diese „Austreibungen" nicht ohne Erschütterungen vor sich gehen, ist zu verstehen. Daß die Völker es ihnen nicht gestatten werden, das geraubte Gut mitzunehmen, ist auch klar. Und daß hier und da eine Volksseele überkocht, um sich endlich Luft zu machen, ist auch nicht von ungefähr. Auch hierüber berichtet die Schrift."
A ja das war dann ein ganz Schlauer. Das die in die Emigration getriebenen,
vorher noch durch eine „Reichsfluchtsteuer" buchstäblich bettelarm gemacht
wurden, das die tatsächlichen Kosten jener Auswanderungsfälle aus dem Ausland
zugunsten der Nazikasse bezahlt werden mussten, das haben Unterbelichtete vom
Typus Meyer dann offenbar nicht mitbekommen, da dies so nicht in der „Schrift
stünde". Aber in der Lesart von den Meyers und Co, wollten die Opfer ja
ohnehin nur ihren „Raub" ins Ausland bringen, und das sei eben
„verständlicherweise" jedenfalls verständlich für ihn und seinesgleichen,
verhindert worden.
Weiter belehrt jener Herr Meyer in seiner Narrenkonsumentenschrift noch:
„Solche Operationen gehen meist nicht ohne Blut ab. Und so stehen wir heute im Anfang dieser Dinge. Noch sind es erst die Wehen, die über das Volk der Juden gekommen sind. Aber das Resultat wird sein, daß am Ende der Austreibungen von 15 Millionen Juden nur 5 Millionen übrig bleiben werden."
Da konnte sich also das Naziregime „ganz entspannt zurücklehnen", angesichts des Persilscheines, den es da von den Meyer und Co ausgestellt bekam!