Daniel Heinz
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 09. Juni 2012 18:06
Herausgegeben von einem adventistischen Autor (Daniel Heinz) gibt es aus dem Jahre 2011 stammend, einen bemerkenswerten Sammelband mit dem Titel „Freikirchen und Juden im 'Dritten Reich'". Mittlerweile - auszugsweise - auch über die Google-Buchsuche erreichbar.
Auch wenn ich mich früher schon einmal zu Herrn Heinz kritisch verlautbart habe,
Siehe Parsimony.13240
hat das mit dem jetzt genannten Buch nichts zu tun. Es sind somit zwei „unterschiedliche Schuh"
Auch wenn etwa die Zeugen Jehovas, in jenem Buches, nicht in die Betrachtung eingezogen wurden, die verstanden sich da ja damals selbst nicht als „Freikirche". So hat sich im laufe der Zeit die Begrifflichkeit Sekte und Freikirche, durchaus verändert.
Auch etliche von jeher sich selbst als Freikirchen bezeichnende, wurden zu früheren Zeiten, namentlich die Zeit vor dem ersten Weltkriege betreffend, von den „Großkirchen" auch als Sekten verschrieen.
Andererseits haben einige der von jeher als Sekten verschrieen, inzwischen weitgehend anerkannte Aufnahme in den Club der Freikirchen gefunden, was in Sonderheit für die Adventisten zutreffend ist.
Um auf das eingangs genannte Buch zurückzukommen. Pauschal kann festgestellt werden, keinesfalls eine „Ruhmesgeschichte" für die genannten. Ebenso pauschal auch keine „Ruhmesgeschichte" für die „Großkirchen". Und da in jenem Buche die Zeugen Jehovas eben nicht mit abgehandelt werden, kann noch festgestellt werden.
Auch keine Ruhmesgeschichte für die WTG-Religion.
In der Google-Buchsuche (sofern man die nutzt) wird man nicht unerwartet, immer wider mit größeren Textlücken konfrontiert.
Unter diesem Aspekt sei darauf hingewiesen es gibt sogar einen Teildruck davon im Internet (der dann nebst Inhaltsverzeichnis aber nur den Methodismus abhandelt S. 103 - 126).

bethesda.umc-europe.org/article%202011%20methodisme%20allemand%20et%20juifs.pdf
Re: Daniel Heinz
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 10. Juni 2012 07:46
Nach 75 der ersten Seiten des Buchtextes, die man erstaunlicherweise im Stück lesen kann, was durchaus nicht die Regel bei Buchtexten via Google der Fall ist, wird man alsbald belehrt, man habe die zulässige Grenze der Leseprobe erreicht. Die Seiten 76 bis 344 seien nicht Teil dieser Leseprobe.
Wer nicht gerade vom Schlaraffenland träumt, wo die gebratenen Tauben durch die Luft fliegen sollen, wird sich wohl mit diesem Umstand abzufinden haben. Und wem dann der reguläre Buchhandelspreise vielleicht doch etwas zu „saftig" ist, kann sich daran erinnern lassen. Es gibt ja auch noch wissenschaftliche Bibliotheken, die da weiterhelfen können. Allerdings, pflegen die nicht unbedingt vor der jeweiligen „Haustür" des Interessenten zu liegen.
Kalkuliert man etwa Fahrpreise, und den Zeitaufwand zu denen mit ein, das Buch muss ja anschliessend auch wieder dort zurückgegeben werden, verringert sich schon mal die tatsächliche Kostenersparnis gegenüber dem Buchhandelspreis, um etliches. Das gilt auch für solche Dienste wie subito.doc. die zwar kostenpflichtig bis in die Wohnung liefern, aber neben den eigenen Kosten, auch den versicherten Rück-Versand (sprich Einschreiben oder Paket) voraussetzen, will man nicht noch weit kostspieligere Ernüchterungen gewärtigen.
Das aber sei jetzt nicht das Thema.
http://www.subito-doc.de/index.php?
Was ist nun bei der fraglichen Thematik im Falle Zeugen Jehovas „anders".
Schon der Gründer C. T. Russell postulierte laut „Schriftstudien" Band 7 Ausgabe 1918.

„Pastor Russell als Hesekiels Gegenbild war beauftragt, den Juden, welche in der ganzen Welt zerstreut sind und in der Knechtschaft des sinnbildlichen Babylon (der Christenheit) sind, das ganze Wort Gottes zu verkündigen, welches in zwei großen Verheißungen gipfelt, betreffend 1. Die Wiederbelebung der zionistischen Hoffnung und deren Verwirklichung in dem versammeln vieler Juden in Jerusalem und die Gründung einer weltenweiten Herrschaft der Juden über die ganze Erde."

In der Auflage 1925 von Band 7 dann zwar etwas „entschärft" diese Aussage. Allerdings ist festzustellen, zu spät entschärft. Die zeitgenössischen Antisemiten und ihre kirchlichen Schleppenträger, hatten diese Aussage bereits aufmerksam registriert und mit in ihr „Kanonenfutter der Anti-Bibelforscher-Agitation" aufgenommen.
Namentlich die Formulierung

„weltenweiten Herrschaft der Juden über die ganze Erde"

, hatte es ihnen dabei angetan. Auch Russells selbstständige Schrift „Die nahe Wiederherstellung Israels" liegt auf dieser Wellenlänge. Die zitierte Passage aus Band 7 ist somit kein vereinzelter Ausrutscher.
Weisen etliche Freikirchen eher kongregationalistische Strukturen auf, welche eine weitgehende Selbstständigkeit der einzelnen Gemeinden zulassen, so ist auch das im WTG-Falle grundsätzlich anders. Brooklyn bestimmt, und duldet keinerlei Abweichungen.
Dann stellte der damalige WTG-Häuptling Rutherford des weiteren fest.
Im von der Inflation gebeutetelten Nachkriegsdeutschland, sei sein vergifteter Weizen aber deutlich höher ins Kraut geschosssen, als zur gleichen Zeit in den USA. Die USA holten dann erst massiv ab den 1940er Jahren auf.
Der Machtantritt des Braunauers im Jahre 1933 jagte auch Rutherford und Co einen gehörigen Schrecken ein. Zusammen mit seinem Adlatus N. H. Knorr war deshalb eine Stippvisitte im April 1933 in Hitlerdeutschland angesagt. In Einschätzung der Gesamtgemengelage kamen Rutherford und Co allerdings zu der Einschätzung, ein neuerliches Grosspektakel mit ihm als Redner, dass könne diesmal nicht realisiert werden. Dazu war die Lage zu riskant. Aber seine deutschen Statthalter, könnten und sollten noch ein letztes öffentliches Aufbäumen veranstalten, wenn er sich bereits wieder im für ihn sicheren Amerika befinden würde. Und die Instruktionen zu diesem Spektakel vom Juni 1933 wurden dann in der Tat von Rutherford selbst gegeben. In seinem 1934er Jahrbuch dann nochmals zum nachlesen dokumentiert. Da konnte die erstaunte (oder auch nicht erstaunte) Umwelt unter anderem sinngemäss vernehmen. Eigentlich wären die Gegensätze zum Nazideutschland doch gar nicht so groß. Und aus WTG-Sicht auch ausräumbar. Im übrigen seien doch blos die religiöse Konkurrenz die Übeltäter. Aber es könne doch noch alles „gut" werden. Es wurde aber nicht „alles gut". Daran änderte auch nichts die als Morgengabe für die Nazis vorgenommene Aufgabe der vorherigen Zionismus-Begünstigung, in den Rutherford-Büchern „Rechtfertigung" umgesetzt.
In dem Buch von Daniel Heinz kann man auch den Satz lesen:

„Man berichtet (nach 1945) allenfalls von einzelnen Persönlichkeiten, die zum Teil unter großen persönlichem Risiko jüdische Mitbürger versteckten oder ihnen die Ausreise ermöglichten."

Auch dieser Versuchung sind die Zeugen Jehovas erlegen. Am Beispiel des späteren Talkmasters Hans Rosenthal belegbar. Der muss für sie als billiges - zu billiges - Aushängeschild herhalten.
Der bekam zwar aus verwandschaftlichen Kreisen mit Zeugen Jehovas-Sozialisation, Hilfe in schwerer Zeit. Indes die offizielle WTG hatte damit null komma nichts zu tun. Die offizielle WTG übte sich, wie auch andernorts feststellbar, im „wegsehen". Ihr eigener Entwurf des vermeintlich Unpolitisch seins begünstigte maßgeblich dieses wegsehen. Und diese „Wegseher" bekamen dann noch vom KZ-Kommandanten Höss des vergiftete Lob ausgesprochen, sie seien schärfstens gegen die Juden eingestellt. Allerdings aus einer anderen Motivationslage als die Nazis.
Die Motivation der Nazis war der Rassismus, als dessen Gegenpol als „Herrenmenschen" sie sich wähnten.
Das war indes nicht die Motivation der von KZ-Kommandant belobigten. Deren Motivation war „nur" religiöser Antisemitismus, der zwar von ihnen nicht erfunden wurde, gleichwohl auch bei ihnen fröhlichsten Urstand feierte. So feste feierte, dass die WTG in ihrem 1946 erstmals erschienenen Buche „Gott bleibt wahrhaftig" übersah, dass auch dort die Linie des religiösen Antisemitismus fortgesetzt wurde. In einer zweiten Auflage jenes Buches dann zwar - spät - noch revidiert. Was nichts am Schuldanteil der WTG-Oberen zu Nazizeiten ändert.

Ein makabres Beispiel sich eigentlich nicht verdientes Lob zunutze zu machen, kann man auch in dem eigenen Beitrag von Daniel Heinz in diesem Sammelband bewundern. Da zitiert er eingangs einen Judenchristen, welcher ein Buch publiziert hat mit dem Titel: "Als Mitleid ein Verbrechen war: Deutschlands stille Helden, 1939-1945".
Und jener Herr, entweder wusste er es nicht besser, oder wollte es nicht besser wissen, kritisiert seinerseits die Freikirchen in Gesamtheit in Hitlerdeutschland, und wähnt dann die Adventisten als Ausnahme von dieser Regel werten zu können.
Nun steht Heinz in der Versuchung. Ein solches Urteil seinerseits auch zu instrumentalisieren, wobei unterstellt werden kann, letzteres hätte er auch liebend gerne getan.
Nur sein eigener Erkenntnisstand verhinderte dann, dieser Versuchung auch nachzugeben.
Dafür stehen dann auch seine eigenen wertenden Worte, mit dem er diesem Apologeten widersprach:

"Die (von Heinz) angeführten Einzelbeispiele sind in ihrer Tragik kaum zu überbieten und stellen aus moralischer Sicht die größte Glaubwürdigkeitskrise in der Geschichte des deutschen Adventismus dar. Es gab kein einziges adventistisches Dokument des Protestes gegen die Judenverfolgung in der Zeit des Nationalsozialismus."

Oder auch dieses Votum: „Wo blieben Mitmenschlichkeit, christliche Solidarität und tätige Hilfe? Im Dilemma der „Güterabwägung" gingen sie leider nur allzu oft verloren."

Der relative "Lichtblick" auf den auch Heinz verweist, sind dann einzelne Adventisten aus anderen Nicht-deutschsprachigen, aber von den Nazis besetzten Ländern. Da dürfte wohl die Protesthaltung gegen die Okkupanten, ein wesentliches Motivationsstück sein.
Nur eben für die deutschen Adventisten in Deutschland, war dies so nicht zutreffend.

Eine weitere Auseinandersetzung Zeugen Jehovas bezogen mit diesem Thema
 

Re: Daniel Heinz
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 10. Juni 2012 12:28
Um noch ein Beispiel zu nennen. Als erschütternd muss in jenem Buche auch das Kapitel über die Pfingstbewegung bezeichnet werden. Letztere ist zwar strengem Zentralismus abhold. Gleichwohl spielten sich auch in ihren Reihen Dinge ab, für die dann halt „Einzelne" verantwortlich waren, die es verdienen noch heute thematisiert zu werden.
Und die namentlich auch eine gewisse Affinität zu Splittergruppen aus dem Umfeld der Zeugen Jehovas haben. Sei es nun die Tagesanbruch-Bibelstudien-Vereinigung", sei es als eher Einzelkämpfer etwa der Friedrich Bösenberg, und andere mehr.
Siehe etwa:
Mysnip.4831
Mysinip.112948
Bösenberg
Die Rede ist von der berüchtigten Fischer und Jäger-These.
Dieweil das vermeintliche „Gottes Augapfel-Volk" nicht wie diese vermeintlichen „Sprachrohre Gottes" wähnen, in genügend großer Zahl nach Palästina gekommen sei (dass sie dort von den ansässigen Arabern nicht unbedingt wohlwollend „erwartet" werden, darüber reflektieren diese selbsternannten „Sprachrohre Gottes" schon mal nicht weiter).

Aber sie haben schon mal die „passenden" Bibelstellen parat. Gelang es also den „Fischern" nicht „genügend" Juden nach Palästina zu locken, müssen halt „Jäger", dann „Gottes Plan" weiter fortsetzen. Und solch ein Jägerinstrument waren dann in der Lesart dieser Herrschaften auch die brennenden Auschwitzöfen.
Nun besteht in der Tat eine gewisse Hemmschwelle bei diesen selbsternannten „Gottes Willen-Verkündigern", das auch so unverblümt auszusprechen. Da wird in der Tat versucht, solcherlei Weltsicht eher mehr durch die Blume „rüberzubringen". Ausnahmen bestätigen dann aber die Regel. Und eine solche Ausnahme ist dann ein den Pfingstlern zuzuortender Herr namens Emil Meyer. Der hielt sich nicht sonderlich mit dem durch die Blume reden auf, wurde dafür ziemlich direkt.

Man erfährt weiter in einer Auflagenhöhe von 32.000 Exemplaren, erschien von im Jahre 1938 in Hitlerdeutschland eine Broschüre wo er denn alsbald „zur Sache" kam.
Man erfährt weiter, die sei dann gleich mal mit passenden Karikaturen bestückt gewesen, die verdächtig an die Karikaturen des Nazi-Hetzblattes „Der Stürmer" erinnern würden.
Seine Leserschaft belehrte jener Herr Meyer etwa mit den Sätzen:

„Die Völker haben sich auf ihr Blut und ihre Rasse besonnen. Und das ist recht so. Und wenn die Juden, die eine Rasse für sich sind - und gerade sie haben ihre Rasse gewahrt - dies nicht wollen, so müssen sie eben dazu gezwungen und aus den Völkern ausgetrieben werden. Es erfüllt sich jetzt, was die Schrift sagt: Jäger werden sie jagen! Fischer werden sie fischen! Treiber werden sie treiben .."

Weiter meinte jener Herr Meyer dozieren zu sollen:

„Daß aber diese „Austreibungen" nicht ohne Erschütterungen vor sich gehen, ist zu verstehen. Daß die Völker es ihnen nicht gestatten werden, das geraubte Gut mitzunehmen, ist auch klar. Und daß hier und da eine Volksseele überkocht, um sich endlich Luft zu machen, ist auch nicht von ungefähr. Auch hierüber berichtet die Schrift."

A ja das war dann ein ganz Schlauer. Das die in die Emigration getriebenen, vorher noch durch eine „Reichsfluchtsteuer" buchstäblich bettelarm gemacht wurden, das die tatsächlichen Kosten jener Auswanderungsfälle aus dem Ausland zugunsten der Nazikasse bezahlt werden mussten, das haben Unterbelichtete vom Typus Meyer dann offenbar nicht mitbekommen, da dies so nicht in der „Schrift stünde". Aber in der Lesart von den Meyers und Co, wollten die Opfer ja ohnehin nur ihren „Raub" ins Ausland bringen, und das sei eben „verständlicherweise" jedenfalls verständlich für ihn und seinesgleichen, verhindert worden.
Weiter belehrt jener Herr Meyer in seiner Narrenkonsumentenschrift noch:

„Solche Operationen gehen meist nicht ohne Blut ab. Und so stehen wir heute im Anfang dieser Dinge. Noch sind es erst die Wehen, die über das Volk der Juden gekommen sind. Aber das Resultat wird sein, daß am Ende der Austreibungen von 15 Millionen Juden nur 5 Millionen übrig bleiben werden."

Da konnte sich also das Naziregime „ganz entspannt zurücklehnen", angesichts des Persilscheines, den es da von den Meyer und Co ausgestellt bekam!

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