Noch so ein USA-Export

Franz Stuhlhofer veröffentlichte im Jahre 1992 ein interessantes Buch.

Schon einleitend sieht sich Stuhlhofer, dem man ein durchaus wohlwollendes Verhältnis zu evangelikalen Kreisen unterstellen kann, ja die ihm persönlich auch sehr nahestehen. Schon einleitend sieht sich Stuhlhofer in seinem den Irrtümern der Endzeitspzialisten gewidmeten Buch "Das Ende naht!" zu dem Ausruf genötigt:

"Wie reagieren wir jedoch, wenn in unseren eigenen Reihen Ähnliches vorkommt? Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß wir hier oft mit zweierlei Maß messen. Was bei anderen - etwa Zeugen Jehovas - scharf verurteilt wird, wird bei uns selbst wesentlich nachsichtiger beurteilt." Und an anderer Stelle äußert er:

"Ich konnte die Zeugen Jehovas dieses Verhaltens wegen kritisieren - ohne mir dessen voll bewußt zu sein, daß ähnliche Verhaltensweisen auch in meiner eigenen Bewegung verbreitet sind". Und weiter:

"Wenn ich hier einen Vergleich mit den Zeugen Jehovas anstelle, so würde ich mich nun gerne beeilen hinzuzufügen, daß man diese ZJ natürlich in keiner Weise mit evangelikalen Endzeitautoren vergleichen kann. Leider kann ich das nicht hinzufügen, denn es gibt eine ganze Reihe von Parallelen zu manchen Evangelikalen".

Ferner:

"Daß oft mit zweierlei Maß gemessen wird, läßt sich etwa im Buch von William Goetz erkennen. Einerseits wird darin das Buch Alter Planet Erde wohin von Hal Lindsey empfohlen (S.47) - ein Buch mit vielen falschen Vorhersagen. Andererseits werden die Zeugen Jehovas und andere ihrer falschen Vorhersagen wegen als "Endzeit-Wirrköpfe" bezeichnet (S.19).

Wie es so schön heißt, soll man ja zuerst vor der eigenen Tür kehren. Ich habe diese Reihenfolge, wie ich gestehe, nicht ganz eingehalten. Aber nachdem ich bereits ausgiebig vor der Tür der Zeugen Jehovas gekehrt habe (mit meinem Buch Charles T. Russell und die Zeugen Jehovas. Der unbelehrbare Prophet, 1990), beeile ich mich nun, auch vor der Tür der Evangelikalen einen Frühjahrsputz vorzunehmen."

Die Autoren Hal Lindsey, David Wilkerson, Wim Malgo nimmt Stuhlhofer besonders unter die Lupe. Er fügt aber gleich hinzu:

"Die genannten Autoren sind aber nicht die einzigen - und schon gar nicht die ersten -, die sich bei der Auslegung der biblischen Endzeitaussagen zu weit vorgewagt haben."

Nachdem er auch Martin Luther mit in die Reihe der falschen Endzeitpropheten eingereiht hat, bemüht er sich zu ihm entschuldigend anzufügen:

"Wir können für Martin Luthers Erwartung durchaus Verständnis aufbringen. Wenn wir Jesu Endzeitrede betrachten und uns in Luthers Zeit zurückversetzen - gewisse Parallelen zwischen Jesu Aussagen und Luthers Zeitereignissen waren damals schon zu erkennen. Die Parallelen waren jedoch nicht zwingend, nicht so eindeutig, daß man hätte mit Sicherheit sagen können: 'Dies ist das'. Was lernen wir aus diesem Fehler? Wenn wir in unserer Gegenwart gewisse Parallelen erkennen, wenn wir Anhaltspunkte beobachten, die mit Endzeitaussagen Jesu in Verbindung stehen könnten, so dürfen wir nicht vorschnell schlußfolgern, daß nun unbedingt das Ende vor der Tür stehen muß."

Bezüglich einiger neuzeitlicher Fehldeuter äußert er:

"Ob 1981 oder 1953 oder 1930: Immer konnte man den Eindruck haben, unmittelbar vor den allerletzten Ereignissen zu stehen. Immer konnte man davon überzeugt sein, der letzten Generation anzugehören. Diese Überzeugung führt dann dazu, daß alle Gegenwartserscheinungen mit den biblischen Endzeitaussagen verknüpft werden - und siehe da, es scheint immer zu passen! Man wird dabei an die Worte des Predigers 1,9 erinnert: "Was man getan hat, wird man wieder tun: Es gibt nichts Neues unter der Sonne." Diesen Ausspruch könnte man hier auf das Schema anwenden. Was Subjekte - also Endzeitautoren - betrifft, sowie Objekte - also die Schauspieler auf der Bühne des Endzeitdramas -, so gibt es durchaus Neues. Neue Namen treten auf, und neue Kombinationen. Aber das Schema bleibt gleich:

Die Voraussetzung: Die heutige politische Konstellation ist die unmittelbare Ausgangsbasis für die Endzeitereignisse; bis dahin gibt es keine größeren politischen Veränderungen mehr, sondern bloß ein Fortschreiten auf den absehbaren Bahnen.

Die Aufgabenstellung: Die heutige politische Konstellation muß mit den biblischen Endzeitaussagen kombiniert werden."

Und diesen Spekulanten schreibt er ins Stammbuch:

"Die permanenten Mißerfolge jener, die das versuchen, zeigen doch deutlich, daß wir nicht die biblische Prophetie auf unsere jeweilige Gegenwart anwenden sollen, um unsere Anwendungen dann alle paar Jahre wieder ändern zu müssen."

Jene Endzeitpropheten sind keineswegs blos "harmlose Spinner". In nicht wenigen Fällen erweist sich ein anderer Aspekt als keineswegs "unterrepräsentiert".

Dazu Stuhlhofer:

"Wenn jemand vor 20 Jahren dahingehend beeinflußt wurde, mit der Wiederkunft Jesu und Entrückung in den nächsten Jahren zu rechnen, so besaß er wenig Motivation, für eine längere Zukunft vorzusorgen. Es kann ihm dann passieren, daß er schließlich ohne Pension oder ohne Ersparnisse dasteht. Das umso mehr, als manche Endzeitautoren den finanziellen Bereich direkt ansprechen. So beobachtet Malgo entsetzt: "gibt es noch immer Gotteskinder, die es wagen, auf ihrem Bankkonto Geld anzuhäufen; sie leben von ihren Zinsen und Zinseszinsen. … [er verweist auf Matthäus 6,19] … Was geschieht denn mit deinem Sparguthaben, wenn heute die Entrückung stattfindet? Diese Mittel, die du für die Sache Jesu Christi hättest investieren können, gehen dann in den Besitz des Antichristen über."

"Die Erwartung des nahen Endes hat nicht nur individuelle Folgen, sondern auch politische. Wer glaubt, daß in einigen Jahren das Ende da ist, wird sich kaum besonders für Anliegen engagieren, die bloß langfristig zu verwirklichen sind. Also etwa für eine Änderung sozialer Strukturen, für Entwicklungshilfe, für Umweltschutz … Engagement für Projekte, die erst im Laufe von Jahren wirksam werden, scheint unangebracht zu sein, wenn doch bis dahin ohnehin die Gemeinde entrückt ist und totales Chaos über die Welt hereinbrechen wird."

Bedenkenswert auch der Satz von Stuhlhofer:

"Positiv an der Beschäftigung mit diesen Endzeit-Fragen finde ich das politische Interesse. Dadurch verfolgen Christen, die sonst vielfach zu politischem Desinteresse neigen, das Zeitgeschehen sehr intensiv.

Allerdings handelt es sich hierbei um ein passives Beobachten. Einerseits sehen die Christen bei dem, was geschieht, intellektuell interessiert zu - andererseits tun sie nichts, um irgendwo unterstützend einzugreifen. Das Endzeitinteresse fördert also eine "Zuschauermentalität"; eine Haltung, wie sie unserer Generation ohnehin schon durch das Fernsehen stark anhaftet."

"Ein weiteres Problem liegt darin, daß politische Ereignisse aufgrund von Endzeiterwartungen verzerrt wahrgenommen werden. Manche Autoren sehen alles in Verbindung mit Israel: "Alles in der Welt hängt entweder direkt oder indirekt mit Israel zusammen." (Malgo: Israel 70)

Während Jesus die Friedensstifter selig preist (Mt 5,9), wischt Malgo alle menschlichen Friedensbemühungen mit einem Handstreich vom Tisch und bezeichnet sie - Psalm 2 aufgreifend - als gegen Gott gerichtet: "Wozu denn heute all die Konferenzen und Gipfeltreffen, die Helsinki-Friedenskonferenz und so weiter? Das wird nicht ausgesprochen, aber ich sage aufgrund der Schrift: Es ist letztlich alles wider den Herrn und Seinen Gesalbten. Aber der im Himmel sitzt, lacht ihrer." … Wäre es also besser, die Konfliktparteien würden mit ihren Armeen aufeinander losgehen, anstatt sich an den Verhandlungstisch zu setzen? Auch hier wird wieder Malgos Überlegenheitsbewußtsein sichtbar: Mit der Bibel in der Hand, ist es ihm ein Leichtes, alle politischen Vorgänge zu be(ver)urteilen.

Allgemein läßt sich bei den verbreiteten Endzeitautoren eine stark prowestliche Haltung feststellen. In erster Linie pro Israel, dann auch für die USA, für Westeuropa, gegen die Sowjetunion … Diese Sympathie ist mitunter so einseitig, daß sie die tatsächliche Situation schief einschätzt - wie sich im nachhinein manchmal feststellen läßt

Viele evangelikale Christen stehen entschlossen auf der Seite des Staates Israel, ganz gleich, was dieser tut. Da solche Evangelikale in den USA einen beträchtlichen Anteil an der Bevölkerung darstellen, sieht ein auf seine Wähler bedachter US-Präsident sich auch von dieser Seite einem gewissen Druck ausgesetzt, Israel finanziell und militärisch zu unterstützen. Die amerikanische Unterstützung wiederum kann dazu führen, daß israelische Politiker sich sicher fühlen und auf arabische Forderungen überhaupt nicht eingehen. So kritisiert Clouse: "die Neigung, die Sache Gottes mit dem Zionismus und dem Staate Israel gleichzusetzen, führt zu einer 'christlichen' Politik, die dem 'Frieden auf Erden' nicht förderlich ist." Was ist, wenn auf diese Art Konflikte verschärft und bewaffnete Auseinandersetzungen provoziert werden? Clouse: "dann wären viele evangelikale Christen für die vorherrschende Einstellung mitverantwortlich, die zu einem solchen Konflikt führen könnte." (S.169

Israelbegeisterung wird auch darin sichtbar, daß den Juden - einfach aufgrund ihrer rassischen Zugehörigkeit - eine besondere Nähe zu Gott zugeschrieben wird. Auch wenn sie Jesus ablehnen und somit keine Christen sind, werden sie mitunter wie Christen betrachtet: wiedergeboren, voll Geistes, gerettet.

Manche Evangelikale haben Kontakt zu wichtigen Politikern. Das wohl prominenteste Beispiel ist Billy Graham, der enge Kontakte zu mehreren US-Präsidenten (inklusive George Bush) hatte. In einem solchen Fall ist auch mit der Möglichkeit zu rechnen, daß ein Evangelikaler Einfluß auf die Politik hat, wobei dann natürlich auch seine spezielle Endzeitsicht mitspielt

Wenn man solche vor Jahrzehnten erschienene Endzeitbücher zur Hand nimmt, wundert man sich über die Risikobereitschaft dieser Autoren. Es muß ihnen doch bewußt gewesen sein, daß sie sich hier auf ein sehr glitschiges Terrain begeben, wo ein Ausrutschen beinahe unvermeidlich ist? Und man wundert sich auch über die große Zahl der Leser, die weiterhin Literatur dieser Art verschlingen. Beim Betrachten der älteren Literatur müßten sie doch sehen, wieviel danebengegangen ist!

Meine Verwunderung resultiert wohl daraus, daß ich von einer nicht zutreffenden Voraussetzung ausgehe. Die Leser solcher Literatur leben in der Gegenwart; die ältere Literatur interessiert sie nicht so sehr, gibt es doch mittlerweile neuere! So wird vielen Lesern gar nicht bewußt, wieviele der Vorhersagen danebengingen. (Übrigens reagieren ZJ ähnlich, wenn sie von einem Informierten - den sie mit verharmlosenden Antworten nicht zufriedenstellen können - auf Falschvorhersagen der Vergangenheit hingewiesen werden: Wichtig ist die neuere Literatur der ZJ, nicht die ältere …)

Soweit eine Zusammenfassung einiger Hauptkerngedanken des Buches von Stuhlhofer, dass auch Online zugänglich ist http://bitflow.dyndns.org/german/FranzGrafStuhlhofer/Das_Ende_Naht.html

Zu den mit genannten Herren Lindsey und Malgo siehe unter anderem auch Forumsarchiv14. Bezüglich Lindsey auch "Geschichte der ZJ".

Stuhlhofer hat zwar die Grundlinien zu benennender einschlägiger Kritik klar benannt. Er nennt auch den Verlag Schulte & Gerth, (respektive den Vorgängerverlag Hermann Schulte) als einen besonders kritikwürdigen üblen Geschäftemacher. Dieweil vieles vom kritisierten (sieht man vom Selbstverleger Malgo einmal ab), gerade dort verlegt und vertrieben wurde. Ein Buch aus dieser unseligen Verlagsgiftküche, der WTG durchaus ebenbürtig, hat Stuhlhofer allerdings nicht mit vorgestellt. Das Buch des Herrn Unger. Wie so vieles anderes dieses Genres in den USA geschrieben, in deutscher Übersetzung dann bei Schulte & Gerth verlegt. Das Unger-Buch erschien in Deutsch im Jahre 1976. Alle einschlägigen Kritikpunkte erfüllt es auch. Das Zaubermittel heisst auch für Unger "Entrückung", nachdem er schwarz in grau die Weltlage skizziert hatte. Die gleiche Entrückungsthese kennt man übrigens schon von Lindsey.

Für Unger ist der sowjetische Kommunismus der "König des Nordens". Wie gehabt. Kennt man auch schon von der WTG. In seiner Diktion werde die Sowjetunion aber Israel angreifen und dass wiederum hätte die völlige Niederlage und den Untergang der Sowjetunion zur Folge. Soweit die "Weisheit" von 1976. Inzwischen ist die Sowjetunion tatsächlich untergegangen. Aber nicht aufgrund eines direkten militärischen Angriffes Israels, wie er prophezeit wurde.

Aber sicherlich wird es den Unger und Nachfolgern nicht schwerfallen, auch dafür noch eine neue Auslegung zu kreieren.

Man darf wirklich gespannt sein, wenn man die Politik der Staaten Nordkorea und Irak und verwandtes, demnächst als schon "vor Jahrtausenden in der Bibel vorherhersagt" als neuesten und letzten Schrei, kreiert bekommt.

Wer agiert da wohl schneller? Die Schulte und Gerths? Oder die WTG?

Nachdem der Verlag Schulte & Gerth nicht selten in den USA beheimateten Evangelikalen, auch im Deutschsprachigen Raum eine Tribüne bot, wollte der Verleger Klaus Gerth dann wohl auch nicht selbst zurückstehen. Und so publizierte er dann im Jahre 1982 eine Schrift, mit dem Titel „Der Antichrist kommt. Die 80er Jahre - Galgenfrist der Menschheit?

Das im Titel mit angehängte Fragezeichen, war dann wohl im Sinne seines Verfassers, eher als Alibifunktion gedacht, wenn es dann (wieder mal) nicht klappt. Dann wird im Nachhinein eben auf besagtes Fragezeichen verwiesen.

Kennt man schon alles von den Zeugen Jehovas, etwa mit dem sophistischen Detailsatz des Fred W. Franz:

„Aber wir sagen das nicht ..."

Vor Tisch pflegten diese Herrschaften ihre vollmundigen Thesen, sehr wohl zu sagen.

Nach Tisch wollten sie dann lieber, etwas weniger daran erinnert werden. So auch im Falle dieses Herrn Gerth.

„Zunftgemäß" wird das Gerth-Buch dann schon mal durch ein Vorwort des USA-Evangelikalen Hal Lindsey eingeleitet. Das ist bekanntlich jener Herr, der da auf seine wundersame „Entrückung" wartet. Und wenn er denn nicht inzwischen gestorben ist, „wartet" er wohl noch heute darauf.

Und auch Herr Gerth weis dann in seinem genannten Buch vollmundig zu verkünden:

„Es ist meine feste Überzeugung, daß bis kurz vor der Wiederkunft Jesu Christ die Stadt Jerusalem im Besitz der Israelis bleiben wird." (S. 61).

Das wiederum eine Gummiband.Aussage, was nichts daran ändert dass auch Gerth sie plagiiert.

Er kann es sich nicht verkneifen, das Schreckgespenst an die Wand zu malen, die Sowjetunion wolle den Nahen Osten sich einkrallen. Woran sie dabei scheitern würde, ist schon genannt, am vermeintlichen „göttlichen Augapfel Israel".

Der Angriff der Sowjetunion indes ist für Gerth eine ausgemachte Sache (S. 105). Allenfalls lässt er den genauen Zeitpunkt im Nebel.

Seine „göttliche Intitution" hat ihm dabei allerdings nicht mitgeteilt.

Ein paar Jahre später, werde es den sowjetischen Koloss so nicht mehr geben. Und das sogar aus Gründen, welche mit einer „Wiederkunft Christi" Null-komma-nichts zu tun haben.

Aber zum Zeitpunkt der Publikation des Gerth’schen Buches gab es ja die Sowjetunion noch. Und da stößt auch Gerth mit ins Horn der westlichen Falken welche nur eine Konfrontationspolik dem Osten gegenüber, als angemessen ansehen.

Die These „Wandel durch Annäherung" macht Gerth, und noch ein paar mehr, mit Sicherheit sich nicht zu eigen.

Und mit einem Schmankerl läßt auch Herr Gerth seine schrottreifen Erkenntnisse ausklingen (S. 187).

„Vom Tag meiner Bekehrung im Jahre 1972 bis zum heutigen Tag hatte ich nie den geringsten Zweifel, daß Jesus Christus bald wieder kommen wird."

Da kann man wohl nur noch sagen, er soll sich mal die „Wartezeit" dann nicht zu lang werden lassen.

Wahrscheinlich wird ihn über dieses „warten" seine wohl prosperierende Firma hinwegtrösten ...

Das Geschäft der Jenseitsverkäufer läuft eben immer noch. Es läuft und läuft und läuft ...

Die Pharisäer die sich da auf den Standpunkt stellen, „nur" die Zeugen Jehovas seien wüste Endzeitspekulanten, irren grundsätzlich. Dasselbe gibt es unter anderem Firmenschild auch andernorts. Besonders beliebt dabei der Staat Israel als vermeintliches Gotteszeichen. Markant zum Ausdruck kommend auch in einem in der evangelikalen Zeitschrift IDEA veröffentlichten Leserbrief im Jahre 1999. Liest man den nachfolgenden Text könnte man in der Tat den Eindruck haben, die Zeugen Jehovas haben da Pate gestanden. Ist aber in direkter Form nicht der Fall. Indes eine gewisse Geistesverwandschaft ist nicht zu übersehen. Der Spekulant, Scharlatan den genannte Zeitschrift das Wort gab äußerte:

„Israel ist in der Tat der Zeiger an der Weltenuhr Gottes! Über 40 Prophezeiungen der Rückkehr der Juden nach Israel im AT sprechen eine deutliche Sprache! Die Wiederherstellung des Staates Israel im Jahre 1948 ist das .Zeichen der (End)Zeit«! Denn 1948 sind die »7 Zeiten der Nationen« (Dan 4/ Luk 21,22), die »Heidenzeiten«, die 609 v.Chr. mit dem Toddes letzten unabhängigen Königs Josia 12 bei der Schlacht von Megiddo (Harmagedon) begonnen haben, abgelaufen. Diese 7 Zeiten dauerten 2.557 Jahre, denn nach Hes 4,6 gilt 1 Tag = 1 Jahr; 7 Zeiten sind also 7 x 365,2422 Jahre (genaue astronomische Jahreslänge) = 2.557 Jahre. 609 v.Chr. verlor Israel seine staatliche Souveränität und Unabhängigkeit, seitdem hatten fremde Herrscher die Oberhoheit über Israel (2. Kön 23,33-35 + 24,1/2. Chr 36,3f + 10). Erst nach 2.557 Jahren wurde Israel am 14. Mai 1948 wieder neu geboren, womit sich alle Vorhersagen des AT bzgl. Israel (= der Feigenbaum lt. Luk 21,29f) erfüllten! (z.B. Jes 66,8/ Hes 37,12 -14; 21) Auch Jerusalems Befreiung am 7. Juni 1967 passierte 2.557 Jahre nach der Belagerung Nebukadnezars im Jahre 590 v.Chr. Damit steht fest: Mit der Staatsgründung Israels 1948 begann die eigentliche Endzeit!!! Wie lange sollte die »letzte Zeit« vor dein Kommen Jesu sein? Der Herr gibt dazu selbst in Luk 21,32 die Antwort: »Dies Geschlecht/diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles geschieht.« 1 Generation ist 1 Menschenalter und dürfte wohl zwischen 70-80 Jahre (gem. ist Psalm 90,1) dauern. Die Generation, die Jesus gemeint hat, ist die, welche die Wiedererstehung Israels erlebte! Somit steht fest: Unser Herr kommt bald!"

Hier hat man ein exemplarisches Beispiel wie bis in die Unendlichkeit weiter spekuliert wird. Weltgeschichtliche Ereignisse wird es auch weiterhin geben; und die Spekulanten-Scharlatane der vor zitierten Art werden es nicht versäumen sie in das Prokrustesbett ihres Wunschdenkens einzuordnen. Und vor allem. Die derzeitigen Zeugen Jehovas lassen ihren Endzeitkalender bei 1914 beginnen. Hier aber sagt man 1948. Man hat also erst mal Zeit gewonnen fürs weitere spekulieren. Selbstverständlich immer so, als träfe alles nur für die eigene Generation zu.

Ist die Generation dann „vergangen", veranstalten nachfolgende dass wieder für die ihrige.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann spekulieren sie noch übermorgen!

In dem1981 in deutscher Übersetzung erschienenen Buch von Charles Berlitz (auch so ein USA-Import) liest man auch den Satz:
"Nostradamus, der französische Gelehrte und Seher jüdischer Abstammung des 16. Jahrhunderts, der sonst eher vage und verschleierte Andeutungen machte, nannte ein ganz präzises Datum, als er diesbezüglich vorhersagte:
Im siebten Monat neunzehnneunzigneun kommt vom Himm'l ein großer Schreckenskönig …
Diejenigen unter uns, die das Jahr 1999 noch erleben, werden ja, wenn es soweit ist, die Zuverlässigkeit dieser so genau datierten Prophezeiung des Nostradamus beurteilen können."

Berlitz, 1913 geboren, beruft sich da zwar ausnahmsweise mal nicht auf die Bibel. Das macht aber seine versalzene Suppe auch nicht besser. Mit oder ohne Bibel, wird Irrationalismus in den Vordergrund gestellt. Traurig ist nur, dass es offensichtlich nach wie vor Leute gibt, die nach so etwas "dürsten". Und noch trauriger sind die Geschäftemacher anzusehen, die da dieses offenbar unausrottbare "Bedürfnis" glauben befriedigen zu können oder sollen. Ob jener Herr Berlitz sein Jahr 1999 noch erlebte ist mir nicht bekannt. Er darf sich einreihen in das Heer jener, die da einen anderen "Charles" ebenfalls zum Propheten hochstilisierten, nebst Nachfolgern.
Windige Scharlatane sind sie allesamt!

Rutherford bekannt auch für seine Meinung, dass Radio, für das er eine bemerkenswerte Begehrlichkeit entwickelte. Das Radio sei nach Rutherford in der "Bibel vorhergesagt".
Die heutigen Zeugen Jehovas möchten aber von dieser Kapriole ihres einstigen Idols lieber nichts mehr wissen. Peinliches schweigen ist so ziemlich ihre einzige Antwort, spricht man sie einmal darauf an.

Rutherford ist ein "Waisenknabe". Andere können es noch "besser". Wer, nun zum Beispiel ein Herr der sich laut Verlagsklappentext seit 1964 "evangelistischer Mitarbeiter und wissenschaftlicher Berater von Billy Graham" nennt. Besagter Herr veröffentlichte ein Buch mit dem Titel "Der grosse Exodus". Darunter versteht er die wundersame "Entrückung" seinesgleichen von dieser Welt; während dort alles drunter und drüber geht. Im Prinzip ein modifizierter Abklatsch der Harmagedontheorie der Zeugen.
Es verwundert auch nicht, dieses Buch als deutsche Übersetzung in dem berüchtigten Verlagsprogramm des Verlages Hermann Schulte (jetzt Schulte&Gerth) vorzufinden. Dortselbst im Jahre 1973 erschienen.

Nun bleibt immer noch die Frage offen, was denn das ganze nun mit dem Fernsehen zu tun hätte? Nun dies. Das White aufgrund seiner "grundstürzenden Bibelstudien" glaubt es dort prophezeit, vorzufinden.
Brauchte man für Rutherford's Radiotheorie eine gehörige Portion von Naivität und Ausschaltung rationalen Denkens. So verhält es sich bei Herrn White ähnlich.

Zum Thema Fernsehen verlautbart sich John Wesley White wie folgt (S. 16):
"Viele Leute fragen: 'Gibt es in der Bibel Andeutungen über das Fernsehen?' Ich bin mir nicht ganz klar darüber. Aber seit einigen Jahrzehnten und besonders seit der Veröffentlichung des Buches 'Die roten Lichter der Apokalypse' von Professor Urey … Steht das 11. Kapitel der Offenbarung im Mittelpunkt des Interesses. Dort lesen wir: 'Wenn sie (die beiden Zeugen) ihr Zeugnis vollendet haben, wird das Tier, das aus dem Abgrund heraufsteigt, mit ihnen Krieg führen und sie überwinden und sie töten. Und ihre Leichname werden auf der Gasse der großen Stadt liegen, welche im geistlichen Sinne Sodom und Ägypten heißt, wo auch ihr Herr gekreuzigt worden ist. Und viele von den Völkern und Stämmen und Zungen werden ihre Leichname sehen, drei Tage lang und einen halben, und werden ihre Leichname nicht in ein Grab legen lassen. Und die auf Erden wohnen, werden sich über sie freuen…' (Offenbarung 11, 7-10). Diese Aussage kam den Menschen komisch und lächerlich vor, bis sie durch das Auftreten des Fernsehens, insbesondere aufgrund der Pionierarbeit der Weltraumsatelliten 'Early Bird' und 'Telstar', eines Besseren belehrt wurden."

Übrigens, wer Rutherford's "Harfe Gottes" kennt, dem ist vielleicht noch jene euphorische Liste in Erinnerung, in der Rutherford aufzählt, was da so für seine Generation alles an staunenswerten Erfindungen zu registrieren war. Selbstredend als "Endzeitbeweis". Auf demselben "Klavier" spielt auch White. Nur dass er etwas später anfängt und die Liste der wunderbaren Erfindungen erst nach 1945 beginnen lässt. Rutherford's "Konzert eines eingequetschten Katzenschwanzes" ist unsereins zur Genüge bekannt. Wesley White darf für sich den "Ruhm" in Anspruch nehmen, mit seinem Katzengejaule es ihm gleich zu tun.

Ach ja. Eine Frage noch. Wie ortet sich der Verlag "Schulte & Gerth"? Doch wohl so im weiteren Sinne zum Spektrum der evangelischen Kirche zu gehören. Seine überwiegende Kundschaft entstammt diesem Bereich. Er will also nicht etwa als Sektenverlag der Zeugen Jehovas oder der Neuapostolischen Kirche usw. verstanden wissen.

Danke, das war's dann. Welche Sekte da die schlimmere Ausgeburt menschlichen Wahn's ist. Darüber wäre in der Tat noch trefflich zu streiten.

Ein gewisser Gerhard Salomon, offenbar den "Landeskirchlichen Gemeinschaften" im Bereich der evangelischen Kirche zuzuordnen, und dort als eine Art Wanderprediger wohl mal aktiv, veröffentlichte 1978 mal ein Buch mit dem Titel "Die Gefahren der Endzeit für die Gläubigen".

Es stellt sich wirklich die Frage, beim lesen selbiges, welche "Sektensorte" schlimmer ist. Die, die von den Großkirchen als Sekten klassifiziert werden. Oder die, welche in ihren eigenen Reihen ihr geduldetes, wenn auch nicht geliebtes Dasein, als "landeskirchliche Gemeinschaften" fristen. Will man eine Art Stammbaum skizzieren, ist es doch so, dass sogenannte Freikirchen, letztendlich aus dem Bereich der Großkirchen, als ihrer Wurzel, entstammen. Die "landeskirchlichen Gemeinschaften" hingegen nehmen eine Art Zwitterstellung ein. Inhaltlich auf demselben Level wie die Freikirchen stehend, haben sie die Nabelschnur zu den Großkirchen noch nicht völlig getrennt. Führen aber doch ein weitgehendes Sonderleben.

Und vor allem ihre große Klage. Die Großkirchen seien zu verweltlicht. Das sind sie in der Tat. Nur, was da als Alternative angepriesen wird, da kann einem in der Tat der kalte Schüttelfrost ereilen. Konservatismus hoch zehn, unter dem Firmenschild "Bibeltreue".

So polemisiert Salomon etwa (S. 49):
"Statt Verkündigung nun Dialog, statt Diakonie Sozialarbeit, statt Mission gar nur Entwicklungshilfe".
Alles was irgendwie nur ansatzweise nach Ökumene riecht, wird in den schrecklichsten Farben verteufelt.

Konservatismus auch in der wie er es nennt, "Frauenfrage". Ein symptomatischer Satz (S. 81) dazu: "Muß die Gepflogenheit dieser Welt angepaßte Redeform 'Liebe Schwestern und Brüder' in gläubigen Gemeinden nicht als Abfallserscheinung gedeutet werden?"

Noch so ein Satz diesbezüglich (S. 82):
"Ganz erschütternd ist aber, wenn selbst aus der Erweckung hervorgegangene Kreise zumindest die Möglichkeit diskutieren, Predigerinnen anzustellen. Merkt man denn gar nicht, welch tiefen Fall es bedeuten würde, gegen Gottes klares Wort vom Satan inspirierte Entwicklungen der Welt zu übernehmen?"

Mit Zitaten vorstehender Art ist jenes Buch en mass "gesegnet". Genannte Kostproben mögen erst mal genügen.
Salomon hatte auch die Vokabel "erschütternd" mit verwandt. In der Tat, erschütternd ist hier einiges. Insonderheit die eine Frage: Welche Sektensorte denn wohl schlimmer ist. Die von den Großkirchen als Sekten bezeichneten? Oder die Sekten innerhalb der Großkirchen

Neben den bereits kritisierten Herren, sollte man einen weiteren nicht vergessen. Er weilt zwar auch nicht mehr unter den Lebenden. Seine von ihm geschaffene Organisation indes ist nach wie vor aktiv. Die Rede ist von Herrn Werner Heukelbach. Bekannt geworden auch durch seinen Slogan: "Gerade Du brauchst Jesus!"

Seine Organisation rühmt sich, beispielsweise seine Broschüre "Das harrt ihrer!" in der er auch auf dem Endzeitklavier spielt, in mehr als 4,5 Millionen Exemplare abgesetzt zu haben. Also "fast" schon an die Auflagenzahlen der Zeugen Jehovas heranzukommen. Mit letzteren trifft er sich übrigens in der Ausmalung der auch von Russell beschworenen "gelben Gefahr". So hat jeder dieser Endzeitpropheten so seine eigenen Schwerpunkte.

Der eine stiert wie das hypnotisierte Kaninchen auf die Schlange, nach Israel. Der andere lässt diesen Aspekt zwar auch nicht unberücksichtigt, will aber das volkreiche Land China auch noch mit in seinem Konzert der Schaffung von Ängsten, integriert sehen.
Wie schon sein genannter Slogan deutlich macht, will Heukelbach "rüberbringen", dass die Menschen die da Jesus als ihren Erretter akzeptieren, einen anderen Lebensstil befolgen würden als die "böse Welt".

Für die Beschreibung der "bösen Welt" hat er denn auch eine "zugkräftige" Schilderung parat, die da besagen will: Seht von denen unterscheiden wir uns positiv (und ich Heukelbach habe das auch gelehrt - deshalb spendet mal schön für mein "Missionswerk"). Letzteres sagt er zwar nicht so unverblümt. Wer sich aber auf dieses "Missionswerk" tatsächlich einlässt - wird sehr wohl, früher oder später, auch noch mit diesem Aspekt konfrontiert.

Um es vorweg zu sagen. Religion vermag dem säkularen Zeitgenossen manchmal befremdlich erscheinen. Beispiel. Die Kleiderordnung die islamisch geprägte Frauen zu praktizieren pflegen, erscheint manchem säkularen Zeitgenossen (das heisst einem der keine persönliche Beziehung zur Religion hat) doch etwas befremdlich. Derselbe Typ von Zeitgenosse mag vielleicht auch den Kopf schütteln, registriert er christliche Kreise wo man in der "Kleiderordnung", namentlich bei den Frauen, auch gewissen betont konservativen Aspekten begegnet. Damit wird der säkulare Zeitgenosse leben müssen; dass es eben auch Menschen gibt, die seine Wertvorstellungen nicht reflektieren.

Wie soll man nun Heukelbach einschätzen? Mit Sicherheit auch als einen Typ, dem das Konservative im genannten Bereich mehr zusagt als das Gegenteil.
Dieser Konflikt ist meines Erachtens auch nicht das, was bei der Kritik an den Evangelikalen ungebührlich herausgestellt werden müsste. Gleichwohl besteht aber andererseits auch kein Grund es prinzipiell zu verschweigen.

Die konservative Weltsicht von Heukelbach kommt auch prägnant in nachfolgendem Zitat von ihm zum Ausdruck, mit dem er sehr wohl "rüberbringen" möchte. Die da Jesus angenommen hätten, unterschieden sich davon.

Heukelbach entwirft das folgende Bild (Zerrbild) von der "bösen Welt"
"Es gibt verschiedene Erscheinungen, welche den Verfall der heutigen Gesellschaftsordnung kennzeichnen. Bei den Griechen und Römern war die Zeit vor ihrem Untergang gekennzeichnet durch Brot und Spiele. Der Staat mußte für das Aufkommen jedes einzelnen sorgen, und daneben nahmen die Feste und Spiele das Volk gefangen; dann kam der Zusammenbruch. Heute baut man wieder die gewaltigen Arenen und Sportstadien für über 100 000 Menschen.
Bald hat man nicht mehr genug Sonntage, um der Festseuche Genüge zu leisten. Eine Ausstellung jagt die andere. Musik-, Straßen- und Schützenfeste müssen die Tage abzählen, um sich gegenseitig nicht im Wege zu stehen. In die Millionen gehen die Besucher. Gewaltige Vermögen werden da verpraßt. Auto-, Rad- und Pferderennen halten ganze Gegenden in Atem und füllen ganze Zeitungen mit ihren faszinierenden Berichten.
Die Vergnügungssucht wird den Kindern schon eingeimpft. Die Zahl der Vergnügungsstätten wird immer noch vermehrt. Die Fastnachtanlässe nehmen Formen an, die jeden sittlich denkenden Menschen anekeln. Die Nachtlokale in den Städten sind überfüllt, in der Mehrzahl von jungen Menschen. Ihre Augen werden dort geblendet und die Herzen verhärtet gegen die ethische, sittliche Ordnung. Das alles soll über den Ernst des Lebens hinwegtäuschen.
Das Strandbadleben stumpft alle Schamhaftigkeit ab, sie wird erstickt, und die Abwehr gegen eine Unmenge sittlicher Verirrungen, welche die Menschen in Not und Trübsal bringen, wird unterbunden. Die Sinneslust lodert auf, und das Unterscheidungsvermögen zwischen Gut und Böse erstirbt. Damit wird der Sittenlosigkeit Tür und Tor geöffnet. Man hat auch früher Wasser-, Luft- und Sonnenbäder benutzt, und sie sind eine wertvolle Gesundheitspflege, doch eben in dem Rahmen einer sittlichen Ordnung".

Konservatismus in möglichst vielen Bereichen, ist somit das Rezept der Heukelbach's und Co. Wer es befolgt, der ist auch heute noch bereit, alles zu Spenden, auf dass die Kirche sich mächtige Kathedralen bauen kann, während er selbst nur in einer minderwertigen Kate hausen mag. Krass gesprochen.

In einer auch über den Buchhandel vertriebenen Dissertation hatte sich Holm-Dieter Roch einmal mit dem Fall Heukelbach näher beschäftigt. Seiner Arbeit gab er den Titel: "Naive Frömmigkeit der Gegenwart."
Sie ermöglicht durchaus einige interessante Einblicke. Und so seien denn als Abschluss dieser Replik noch einige Sätze aus der Studie von Roch zitiert:

Heukelbach, 1898 geboren. Schließlich trat er am 28. März 1928 um 22.00 beim Besuch einer Evangelisationsveranstaltung der landeskirchlichen Gemeinschaft in Wiedenest seine Bekehrung ein.
Aufschlußreich ist das Urteil seiner Zuhörer, über das Heukelbach berichtet: 'Man sagte: Heukelbach redet fast immer dasselbe, er kommt immer wieder auf den einen Punkt, daß man sich bekehren muß.'
Wegen seines Herzleidens wurde Heukelbach 1934 aus dem Dienst der Reichsbahn entlassen.
Der Erfüllung seines Wunsches, hauptberuflich als Evangelist tätig zu sein, stand nun nichts mehr im Wege. Zunächst wirkte Heukelbach bei einer anderen Zeltmission mit, dann ermöglichte ihm eine Spende von 2500 RM die Anschaffung eines eigenen Zeltes.
Nach dem Krieg hat Heukelbach noch einige Male Evangelisationsveranstaltungen abgehalten, bis sein Gesundheitszustand dies nicht mehr zuließ.
Nun begann er mit dem Aufbau seiner Schriften- und Rundfunkmission, die ihn zu einem weit über Deutschlands Grenzen hinaus bekannten Mann machte. Innerhalb weniger Jahre wurde seine Schriftenmission zum größten Unternehmen dieser Art in Deutschland.

Für die Sendungen über Radio Luxemburg wurden in einem Monat DM 31.000,-- aufgewandt und eine ganzseitige Anzeige in HÖR ZU kam auf DM 36.800,--. Jedem Freundesbrief liegt zu diesem Zweck eine Zahlkarte bei.

Die Isolation des Bekehrten von der Welt äußert sich besonders auffällig in seiner völligen Passivität gegenüber dem politischen und sozialen Geschehen. Er nimmt alles, was ihm widerfährt, als eine Schickung Gottes geduldig auf sich und versucht in keiner Weise handelnd in das Geschehen einzugreifen.
Heukelbachs Schriften sind von einer gesteigerten apokalyptischen Naherwartung erfüllt.
Heukelbachs Schriften weisen erhebliche Gemeinsamkeiten mit der Kitschliteratur auf. Die Sprache seiner Schriften zielt darauf ab, beim Leser Gefühlswirkungen auszulösen. Heukelbach bevorzugt das Gefühl ansprechende Vokabeln, putzt einfache Ausdrücke zu etwas Besonderem auf und verwendet sachlich nichtssagende Wendungen als reine Gefühlsauslöser. Die meisten seiner Metaphern entstammen nicht der Lebenswirklichkeit des heutigen Menschen. Die auf diese Weise erzeugten Gefühle unterliegen keiner rationalen Kontrolle und verhindern darum ein realitätsgerechtes Verhältnis zur Wirklichkeit. Der Leser wird in eine Scheinwelt versetzt, die ihn die Realitäten des Alltags vergessen läßt.

Entsprechend dem dualistischen Grundcharakter der untersuchten Frömmigkeit sind die durch Heukelbachs Schriften hervorgerufenen und genährten Gefühlsbindungen nicht ambivalent, sondern nach einem "Freund-Feind-Schema" polarisiert. Auch hierin zeigt sich der kindlich-naive Charakter dieser Frömmigkeit, denn gerade die Fähigkeit zu ambivalenten Gefühlsbeziehungen unterscheidet den Erwachsenen vom Kinde.

Die Behauptung, Religion täusche die im Leben Benachteiligten über ihre tatsächliche Situation hinweg, gehört bekanntlich zu den Grundthesen der klassischen Religionskritik. Zweifellos gibt diese These, wo sie einseitig vertreten wird, zu berechtigter Kritik Anlaß. Damit ist jedoch nicht gesagt, daß nicht bestimmte Formen von Frömmigkeit unter anderem die Funktion haben, über unbefriedigende Realitäten hinwegzutäuschen, sie zu kompensieren. Dies scheint auch bei Heukelbachs Frömmigkeit der Fall zu sein. Im übrigen ist es interessant, daß der Vorwurf, narkotisierend zu wirken, erstmals gegen eine Frömmigkeit erhoben wurde, die mit der Heukelbachs vieles gemein hat …

Es muß aber noch ein weiterer Faktor in Betracht gezogen werden. Die moderne Gesellschaft bietet in zunehmendem Maße Möglichkeiten zur Bewältigung der Lebensproblematik an, die mit der naiven Frömmigkeit in Konkurrenz treten. Sie ermöglichen ebenso wie diese Frömmigkeit eine Flucht aus der Realität in Illusionen, verlangen jedoch ein wesentlich geringeres Maß an persönlichen Opfern. Wir nennen nun einige Stichworte:
Werbung, Kitschliteratur. Comics, Schlager und Schnulze, Readers Digest und Bild-Zeitung. Der Vorwurf, Opium des Volkes zu sein, der gegenüber Heukelbachs Frömmigkeit - wie sich gezeigt hat - durchaus angebracht ist, muß ebenso gegen diese Erscheinungen erhoben werden. Man könnte geradezu von Opiaten des modernen Menschen sprechen.

Eine Wiederholung der Erweckungsbewegung des vorigen Jahrhunderts erscheint gänzlich ausgeschlossen. Das bedeutet selbstverständlich nicht, daß die naive Frömmigkeit in absehbarer Zeit zum Aussterben verurteilt sein wird. Überall dort, wo die Anpassung an die kulturellen Gegebenheiten unserer Zeit aus welchen Gründen auch immer - nicht oder nur ungenügend erfolgt ist, wird sie weiterhin auf Resonanz stoßen. Ebenso wird sie da Erfolg haben, wo die von der Gesellschaft angebotenen Mittel zur Bewältigung der Lebensprobleme nicht ausreichen.

Auch das starke Echo das Heukelbachs Rundfunksendungen bei deutschen Volksgruppen im Ausland (Sowjetunion, Südamerika) gefunden hat, deutet darauf hin, daß Heukelbachs Frömmigkeit - sozialpsychologisch gesehen - eine "Frömmigkeit der Unangepaßten" darstellt.

Der im Jahre 1880 geborene Pfarrer Karl Stegemann veröffentlichte im Jahre 1921 mal eine Schrift die betitelt war "Kennen die Siebenten-Tag-Adventisten (Sabbatisten) das Evangelium?" Wie man wohl unschwer erraten kann, war diese Broschüre in der Tendenz kritisch gegenüber den "Siebenten-Tags-Adventisten" eingestellt. Ein Zitatbeispiel daraus, dass für die Adventisten bedeutsame Jahr 1844 betreffend (S. 17, 18):
"So kam ihr (Ellen G. White) die 'wunderbare Erleuchtung', daß der Herr Jesus im Jahre 1844 nicht habe kommen können, weil die Christenheit das 4. in der Lade Gottes bewahrte Gebot übertreten: Du sollst den Sabbattag heiligen!
Und weil Millers Rechnung zweifellos stimmte, so verkündete Frau White nach 'schriftgemäßer Erleuchtung', daß Jesus Christus im Jahre 1844 nicht zum Vollzug des Gerichtes auf Erden, sondern zum Beginn eines reinigenden Untersuchungsgerichtes in dem Allerheiligsten des himmlischen Tempels erschienen sei!"

Auf die Bibelforscher kommt er auch beiläufig mit zu sprechen, indem er sie als "berüchtigte Millenium-Tagesanbruch-Leute" titutliert, ihnen und den Adventisten vorwirft, die Lehre vom Seelenschlaf zu vertreten und die Feuerhölle abzulehnen. Als "gestandener Pastor" konnte er dieses "Frevel" wohl nicht so recht "verkraften".

Mit der Rückendeckung des staatlichen Kirchensteuereinzugssystems findet er auch kritische Worte zum Finanzgebaren der Adventisten. Etwa wenn er festhält:
"Gefragt wird aber ausdrücklich jedes Glied vor der Aufnahme, ob es auch den Zehnten geben wolle. … Den Predigern wird eingeschärft, daß derjenige, welcher keinen oder nur wenig Zehnten entrichte, in der Gemeinde nichts zu sagen habe … Die Regelmäßigkeit und Höhe der Gaben gelten als Gradmesser für die Echtheit der Bekehrung und das Maß des Ansehens, das dem einzelnen einzuräumen ist.
In wie hohem Maße die Geldwirtschaft den Sabbatismus beherrscht, ersieht man schon daran, daß keine einzige Nummer ihres Gemeindeblattes 'Zionswächter' ohne spaltenlange 'Finanzberichte' erscheint."

Diesem Pfarrer, wie auch anderen seiner Generation, blieb es nicht erspart, neben dem ersten, dann auch noch den zweiten Weltkrieg miterleben zu müssen. Was für andere ein offenbar unabwendbarer Schicksalssschlag war, wusste er indes dann noch metaphysisch zu erhöhen. Bereits im Jahre 1947 konnte er mit Genehmigung der Nachrichtenkontrolle der US-Militärregierung in Deutschland, ein Produkt dieser metaphysischen Überhöhung vorlegen. Sein diesbezügliches Buch trug den Titel: "Die Zukunft der Menschheit. Allgemeinverständliche Auslegung der Offenbarung des Johannes."

Schon auf den ersten Seiten selbigen kann man entnehmen, dass er offenbar bei den Adventisten mal "in die Schule gegangen ist". Etwa wenn er das Jahr des Beginns der großen französischen Revolution von 1789, besonders hervorhebt. Nicht nur das. Er glaubt weiter dieses als Beginn der Endzeit auch aus der Offenbarung in der Bibel herauszulesen. Nun begann der zweite Weltkrieg formal im Jahre 1939, bekanntermaßen. Die selbstgestellte Aufgabe für ihn lautete nun. Wie bringe ich beide Daten unter einem Hut? Und wie kann ich dazu auch noch das Bibelbuch Offenbarung als Beleg bemühen?

Unmöglich, mag so mancher ungläubiger Thomas denken.
Fehlschluss der ungläubigen Thomasse. Für Bibelgläubige ist alles möglich. Selbst die Quadratur des Kreises. Also ist die Verbindung beider Daten für einen Bibelgläubigen ein klacks. Etwas was er ohne mit der Wimper zu zücken, so mir nichts dir nichts, aus dem Ärmel schüttelt.

Bei Stegemann liest sich das dann so (S. 105):
"Zweimal findet sich in diesem Abschnitt (Vers 5 u. 10) eine Zeitangabe: '5 Monate lang war ihnen gegeben, die Menschen zu quälen und zu beschädigen.' - Die Zeitangaben der Offenbarung sind im sog. prophetischen Zeitmaß gegeben, das zurückgeht auf Hes. 4,5, wo Gott dem Hesekiel für ein Jahr der wirklichen Belagerung Jerusalems in der sinnbildlichen Darstellung einen Tag anordnet. 5 Monate in der prophetischen Bildersprache sind in Wirklichkeit nicht mal 5mal 30 Tage, sondern 5mal 30 Jahre.
Diese Zeitangabe ist für uns, die wir Zeitgenossen jener großen Bewegung sind, insofern bedeutsam, als der Ausgangspunkt derselben klar zutage liegt. Es ist die große französische Revolution von 1789. Rechnet man von da an 150 Jahre weiter, so kommt man an das Jahr 1939, in dem der zweite Weltkrieg ausbrach."

Damit hatte er seine Leser nun dorthin gebracht, wo er sie gerne hinhaben wollte. Um sein Szenario noch weiter abzustützen, bedient er sich dann auch noch der - altbekannt - "Anzeichenbeweise". Das liest sich dann bei ihm etwa so (S. 127):
"Gegenwärtig steht die Welt der bibelgläubigen Menschheit in der Erwartung des zweiten Kommens Christi. Wieder weiß man aus Gottes Wort mancherlei Einzelheiten, die auf das Herannahen des Tages Christi schließen lassen. Und wieder laufen unter den Menschen, die nicht an der Bibel allein sich orientieren, allerlei merkwürdige Worte um. Mehrfach bezeugten mir glaubwürdig ältere Leute, schon ihre Großeltern hätten gesagt: 'Die zweitausend Jahre werden nicht voll.' Oder: 'Wenn die Frauen laufen wie die Pfauen, wenn die Wagen ohne Pferd fahren und die eisernen Vögel in der Luft fliegen, dann ist das Ende der Welt da.'
Angemerkt werden soll auch, daß solch ein nüchterner, verständiger Mann wie Vater Bodelschwingh bereits um die Wende des Jahrhunderts anordnete, die Neubauten in Bethel sollten nicht mehr massiv sein, sondern nur aus leichtem Fachwerk hergestellt werden, 'weil der Herr Jesus doch bald wiederkomme'. Die Betheler nannten diese Bauten 'Hallelujah-Häuser.'"

Eine weitere Bestätigung für seine These sah Stegemann auch in der Zunahme atheistischer Tendenzen. Er verwendet da einen ziemlich anfechtbaren Vergleich. Etwa, wenn er schreibt (S. 183):
"Die lästernde Stimme, die 1939 in Deutschland ausgerufen: 'Den vorigen Krieg haben wir - mit Gott - verloren! Diesen werden wir - ohne Gott gewinnen!"
Angesichts dieses Vergleiches muss man doch rückfragen. Hängt das "gewinnen" von Kriegen wirklich von Gott ab, wie er es da unterschwellig suggeriert?

Auch bedenklich seine Interpretation der Bibelforscher, auf die er am Ende seines Buches auch noch zu sprechen kommt (S. 267). Über sie verbreitet er sich dann mit den Worten:
"Ihr Stifter, der amerikanische Kaufmann Russell, hat eine Lehre vorgetragen, welche anklingt an die Predigt der Chiliasten (Künder des tausendjährigen Reiches) der Reformationszeit. Dieselben waren der Meinung, die Frommen hätten die Aufgabe, alle Gottlosen dieser Welt mit roher Gewalt zu vertilgen.
Russell hat den Sturz aller politischen und aller kirchlichen Gewalten, die er für völlig satanisiert erklärte, mit großem Nachdruck vorausgesagt. Er hat das in Ausdrücken getan, welche die Vermutung wecken konnten, seine Anhänger seien religiös getarnte Umstürzler politischer Art. Das war die Ursache für die Verfolgung der Bibelforscher durch die nationalsozialistische Regierung Deutschlands."

Summa summarum. Wer die WTG-Lehre ablehnt, der kommt allerdings nicht umhin, ein gleich vernichtendes Urteil auch über jene auszusprechen, die sich da innerhalb der Kirchenmauern als besonders "Bibelgläubige" tummeln, wie zum Beispiel auch im Falle Karl Stegemann sichtbar.

Dreieinhalb Jahre nach einer Fernsehsendung - Harmagedon
geschrieben von: Drahbeck
Datum: 21. Oktober 2011 01:29
Wer es noch nicht wusste. In der evangelikalen Szene Deutschlands, ragt auch besonders unrühmlich (es sei denn das mit dem Brett vorm Kopf durch die Weltgeschichte marschieren, will man nicht als unrühmlich bezeichnen).
In besagter Szene ragte auch unrühmlich der
Verlag Hermann Schulte in Wetzlar hervor.
Nun hat besagter Verlag noch einige Metamorphosen durchgemacht. Hier und jetzt interessiert nur der Abschnitt seiner Geschichte wo er als Verlag Hermann Schulte firmierte. bzw. auch als Verlag Schulte-Gerth.
Ein hoher Prozentsatz seiner Autoren entstammt dem US-Evangelikalen Bereich, deren "Ergüsse" man in besagtem Verlag, auch in deutscher Übersetzung "bewundern" konnte.
An Borniertheit noch die WTG vielfach überflügelnd, und das will schon einiges heißen.

Eine Kostprobe davon auch die 1974 in jenem Verlag erschienene Publikation mit dem Titel:
"Wird der dritte Tempel gebaut?"
Als Autoren werden genannt die Herren Thomas McCall und Zola Lewitt.
Offenbar wieder mal dem US-Evangelikalen Milieu entsprossen.
Aufhänger jener Publikation ist der Umstand, dass im Jahre 691 durch Araber in Jerusalem der Felsendom errichtet wurde.

http://de.wikipedia.org/wiki/Felsendom

Da christliche Kreuzfahrer (in der Geschichte) zeitweilig besagtem Felsendom schon mal in ihren Besitz nahmen. Und in der Gegenwart Israel die Geopolitische Herrschaft in diesem Bereich ausübt, ist das für Evangelikale Stoff genug darüber zu spekulieren, was so alles da noch passieren könnte (oder auch nicht).
Zu diesen Spekulationen gehört dann auch (zumindest für Evangelikale), die Israelis könnten ja nun ihrerseits den "Dritten Tempel" dort errichten.

Aber o weh, dann begänne sich das Endzeitkarussell aber mächtig zu drehen.
Und da meinen besagte Autoren gar zu wissen:
Die Christen würden auf geheimnisvolle Weise (Entrückung) verschwinden und dies könne

"zeitlich vor oder nachdem Bau des Tempels stattfinden." (S. 131f.)
Damit ist aber die Jokerkarte des Endzeit-Szenario noch nicht voll ausgereizt.
Es geht dann weiter mit der Ankündigung des Auftreten des "Antichristen". Und weil er ein solcher sei, würde er besagtem "dritten Tempel", "entweihen".
Und besagte "Entweihung" würde "sicherlich im Fernsehen übertragen" werden.

Und der Clou dieser Darstellung ist dann die Behauptung (kraft der eigenen Wassersuppe entweder aus der Bibel, den Sternen oder dem Kaffeesatz entnommen) "Dreieinhalb Jahre nach der Tempelentweihung wird Harmagedon fällig sein."

Nur ein Jahr später (also 1975) "beehrten" die gleichen Autoren, im gleichen Verlag mit einem weiteren Buch. Diesmal fühlten sie sich bemüßigt über "den König des Nordens.
Greift Russland Israel an?" zu schwadronieren.
Zu den "Weisheiten" die da verkündet wurden gehörten dann auch die:

"Als wir im Sommer des Jahres 1972 mit der Niederschrift dieses Buches begannen, lag der Gedanke an einen sowjetischen Einfall in Israel noch fern, obgleich schon damals viele die Möglichkeit einer russischen Invasion ins Auge faßten. Im Verlauf der Niederschrift im Herbst 1973, brach jedoch im Nahen Osten der Yom-Kippur-Krieg aus. Die amerikanischen Streitkräfte wurden in Alarmbereitschaft versetzt, weil mit der Möglichkeit eines russischen Einmarsches im Kampfgebiet gerechnet werden mußte.
Als die Verfasser 1972 Vermutungen darüber anstellten, daß das Öl des Nahen Ostens eines Tages eine entscheidende Rolle in der Weltpolitik spielen könnte, hätten sie es sich nicht träumen lassen, daß sie bereits ein Jahr später in Texas nach Benzin Schlange stehen würden!"
(S. 11)
Und da diesen Herrn das anstehen nach Benzin in Texas offenbar sehr mitgenommen hat, wähnt er, nachdem er sich von dieser Tortur wieder erholt hat, der "wartenden" Menschheit als Lehre daraus verkünden zu sollen:

"Wir glauben aber, daß zwischen der russischen Invasion und dem Krieg von Harmagedon genügend Unterscheidungsmerkmale bestehen, um sie als zwei getrennte Konflikte betrachten zu können. Andererseits glauben wir auch, daß mit der Russischen Invasion und ihren Folgen die Weichen für Harmagedon gestellt sein werden. ...
Die Schlacht von Harmagedon ist eine Folge der russischen Invasion in Israel." (
S: 58, 61)
Aber für die Seinigen hat er dann auch noch gleich einen "Trost" parat. Etwa den:

"Nicht eindeutig feststellbar ist, ob die Gläubigen noch die kommende russische Invasion in Israel erleben werden. Wir haben sie zeitlich an den Anfang der Großen Trübsal gesetzt. Vielleicht findet der russische Einfall aber auch kurz davor statt." (S.101)
Aber des Herrn "Seinige" würden dann ja ohnehin selig, durch eine wundersame "Entrückung".
Wer's glaubt - wird "selig".

Und weil er gerade beim "Trost" austeilen ist, hat er in seiner "Güte" sogar für Ungläubige Ratschläge parat. Denen etwa empfiehlt er:

"Sie wären also gut beraten, wenn sie sogleich daran gingen, sich einen atombombensicheren Luftschutzbunker zu bauen. Ihre Nachbarn werden sie vielleicht für ein bißchen verrückt halten, aber Noah hat man auch verspottet, - bis es anfing zu regnen.
Glücklicherweise ist der russisch-Israelische Krieg rasch zu Ende. Die Zerstörung wird freilich vorhanden sein, aber das Leben geht weiter. Angenommen, Sie haben unseren Rat befolgt, sich einen Bunker gebaut und überlebt. Was kommt dann?
Als nächstes sollten Sie auf die Entrückung der Gemeinde Jesu achten. Sie wird unübersehbar sein. Die Christen werden einfach verschwinden. Da sie dem Sohn Gottes alle im Luftbereich begegnen, werden sie in einem Augenblick nicht mehr da sein."
(S. 109)
Schon wäre es, diese Sorte "Christen" würde tatsächlich mal verschwinden, was aber, nach allem was man so vernimmt, immer noch nicht der Fall ist.
Schon der Weltkrieg I. hatte die politische Landkarte bedeutend verändert. Der türkische Sultan in Koalition zum kaiserlichen Deutschland stehend, musste es hinnehmen, dass seine Herrschaft in Palästina ihr Ende fand (auch Deutschland gehörte zu den Weltkriegs-Verlierern).
Als relevanter Stichtag kann dabei die Eroberung Jerusalems durch den britischen General Allenby angesehen werden. Damit war das Ende der türkischen Herrschaft in Palästina besiegelt, und England nahm nunmehr als "Mandatsmacht" diese Rolle war.

Die Balfour-Erklärung seitens des britischen Außenministers vom 2. 11. 1917, stellte auch ein jüdisches Reich in Palästina in Aussicht, welches es zu türkischen Zeiten noch nicht gab.
Allein es blieben - einstweilen noch - Worthülsen. Ein tatsächlicher jüdischer Staat (mit allem was man unter einem Staatsgebilde versteht) wurde zu jenem Zeitpunkt noch nicht begründet. Gleichwohl gab es eine verstärkte jüdische Einwanderung.
Für das Jahr 1915 wird der Anteil jüdischstämmiger in Palästina auf etwa 12 Prozent beziffert. Die Araber bildeten nach wie vor die Majorität.

Zunehmende jüdische Einwanderung fand nicht unbedingt deren Wohlwollen. Schon 1921 gab es dieserhalb erste kriegerische Auseinandersetzungen.
Die Briten beschlossen unter Führung von Winston Churchill (damaliger britischer Staatssekretär für die Kolonien) die Teilung Palästinas. Vier Fünftel des Landes wurden als Transjordanien den Arabern zugesprochen, und im Jahre 1922 ließ sich Großbritannien diese Teilungsentscheidung durch den Völkerbund auch noch absegnen.
Sicherlich mischte dann nach 1945, der vorangegangene nazistische Holocaust die Karten neu.

Da gab es dann mal in der Geschichte, einen besonders "frommen" Husarengeneral namens Hans Joachim von Ziethen (1699 - 1786). In dieser Eigenschaft dem Friedrich dem Großen dienend. Wie die Jahreszahlen seiner Lebensphase verdeutlichen, hatte er keinerlei Kontext zu den skizzierten palästinensischen Entwicklungen.
Indes religiös gestimmt war er sicherlich, wie man dies auch nachfolgenden Links entnehmen kann.

www.grosser-generalstab.de/biograph/a0001zieten.html

www.weg-zum-leben.de/general.htm

Und besagter General hatte in seinem religiösen Wahn offenbar auch eine Philosemitische Komponente. Er wähnte weiter die Juden seien Gottes Volk.
Seine isolierte Aussage dazu indes für den Konflikt in Palästina zu bemühen, ist eine gewaltsame Steinbruch-Apologetik, die vorne und hinten nicht passt.
Ob dieser Menschenschlächter namens General da nun eine gute oder gar keine Meinung über die Juden hat, rechtfertigt es keinesfalls, ihm quasi den Status eines "göttlichen Propheten" anzudichten!

Die Verfechter vorgenannter These sind dann wahrlich nicht weit entfernt von der
Fischer/Jäger-These
gewisser christlicher Kreise.
Gemäß letzterer These waren auch die brennenden Auschwitzöfen "Gottes Werkzeug", um die Juden nach Palästina zu jagen.

"Passend" dazu gab auch der frühere amerikanische Präsident Ronald Reagan zu Protokoll.
Auch er glaube, wir (seine Zeitgenossen) könnten die "letzte Generation" sein. Wenn schon ein US-Präsident derart seine Unbedarftheit zu Protokoll gibt. Was soll man da schon von den Geschäftemachern der Verblödungsindustrie, viel anderes erwarten?!
Zu Reagan kann man vergleichen die 1984 erschienene Schrift von Gerhard Marcel Martin mit dem Titel "Weltuntergang
Gefahr und Sinn apokalyptischer Visionen", wo Reagan im genannten Sinne mit erwähnt wird.

Noch ein Exkurs zu Reagan, entnommen der seinerzeitigen in der DDR erschienen Zeitschrift "Standpunkt" (Nr. 2/1984)

"Der schwarze Prophet
In der "Frankfurter Rundschau" ist vor einiger Zeit (am Reformationstag 1983) folgender Bericht veröffentlicht worden:
"US-Präsident Ronald Reagan hält es nach Darstellung eines Washingtoner Lobbyisten für durchaus möglich, daß sich die Welt gemäß der Offenbarung Johannis dem Jüngsten Gericht und der Entscheidungschlacht von Armaggedon zwischen Gut und Böse nähert. Thomas Dine, Geschäftsführer eines für gute Beziehungen zwischen den USA und Israel werbenden Komitees, sagte am Wochenende, daß der Präsident ihm am 18. Oktober erzählt habe, daß er Reagan, am Abend zuvor mit den Eltern eines in Beirut ums Leben gekommenen US-Marineinfanteristen gesprochen hat. Der Präsident habe das Gespräch mit den Worten fortgesetzt:

Wie Sie wissen, gehe ich immer wieder auf Eure alten Propheten im Alten Testament und auf die Anzeichen zurück, die Armaggedon ankündigen. Ich ertappe mich dabei, daß ich mich frage, ob wir die Generation sind, die erlebt, wie das auf uns zukommt. Ich weiß nicht, ob Sie in letzter Zeit eine dieser Prophezeiungen wahrgenommen haben ...
Aber glauben Sie mir, sie beschreiben ganz gewiß die Zeit, die wir jetzt erleben." ..

Wir haben 1983 genügend Beispiele des Mißbrauchs des Christentums durch Reagan und der Bibel im besonderen erlebt, doch diese Beschwörung Harmagedons muß wohl als der Gipfelpunkt solchen Sakrilegs bezeichnet werden, versucht doch Reagan, sich mit den von ihm und seinen Anhängern selbst heraufbeschworenen "Zeichen" zum Exekutor von biblischen Prophezeiungen zu machen ...

Eine andere Publikation im Kontext des Ronald Reagan notiert (Russell Chandler - "Der Tag X")

"Aber (Hal) Lindsey (ein weiterer US-Evangelikaler) hat mehr getan als nur eine populistische Bewegung in Gang gesetzt; er hat seine Botschaft von der Bibel, den Weltereignissen und dem bevorstehenden Weltuntergang vor Teile des Innenministeriums der Vereinigten Staaten und des Pentagon gebracht und unter einflußreichen Kongreßmitgliedern und Senatoren verbreitet.

Und er hat einen Präsidenten der Vereinigten Staaten erreicht. Ronald Reagan verliebte sich in Lindseys Buch "Alter Planet" und erwähnte in seinem Wahlkampf 1980 mehrfach, »dies sei vielleicht die letzte Generation«.
Vier Jahre später erregte Reagan großes Aufsehen in den Medien, als er versicherte, die Welt könnte tatsächlich auf eine Art atomares Harmagedon zusteuern. Reagans Gedanken über Prophetie waren »beängstigend nahe am Puls der Öffentlichkeit«, und Lindseys sind es
natürlich auch.
Bis zu Lindseys Durchbruch standen Bücher über Prophetie gewöhnlich nur in evangelikalen christlichen Buchhandlungen. Dann kamen plötzlich "Alter Planet" und seine Fortsetzungen in Kaufhäuser, Supermärkte, auf Flugplätze und an die Ausgänge der Filialläden - »gleich neben Gruselgeschichten, billigen Wildwestromanen und den neuesten Modebüchern: Abnehmen, biologisches Gärtnern, Privatleben und Liebschaften der Hollywoodstars und UFOs«, kommentiert Weber.

"Alter Planet wurde der Sachbuch-Bestseller der 70er Jahre, und Anfang 1978 wurde das Buch im Stil eines Dokumentarfilms verfilmt.
Erzählt von Orson Welles, lief er in den kommerziellen Kinos im ganzen Land und verbreitete Lindseys Vor-dem-Reich-Endzeitbotschaft noch weiter.

Übrigens in welchem Verlag findet man als deutsche Übersetzungen auch die Bücher des Lindsey?
Genau, der "Kandidat hat hundert Punkte" der da tippt in jenem bereits genannten Verlag in Wetzlar (respektive Asslar nach entsprechendem Umzug).

Noch ein Wort zum in Rede stehenden Verlag.
Die Zeugen Jehovas bezügliche Schrift des seinerzeitigen Vorsitzenden der "Partei Bibeltreuer Christen", Gerhard Heinzmann, wurde auch dort verlegt.
Siehe auch
Parsimony.3142
Parsimony.3153

Damit dürfte schon mal das "Segment" der Religionsindustrie veranschaulicht sein, für das jener Verlag sich im besonderen zuständig fühlt.

Eine DDR-Publikation aus dem Jahre 1987
Ursula Bergman:
"Hexeneinmaleins Medien, Mythen, Manipulation
Hintergründe des Aberglaubens"
Urania-Verlag, Leipzig 1987
formuliert bezüglich des mit erwähnten Hal Lindsey, und wie mir scheint zutreffenderweise:

Extremisten wie Lindsey halten die Lunte an das Pulverfaß Nahost.
Selbst der wortgewaltigste Prophet des Alten Testamentes hätte wohl nicht in Worte fassen können, worauf sich seine angeblichen Jünger da einlassen.

Zwei Männer sind im Auto unterwegs. Ihre Fahrt führt sie vom Flughafen New Orleans zum Kongreßzentrum der Stadt. Der ältere von beiden wendet sich dem jüngeren zu; ihn beschäftigt ein Gedanke:

"Jerry, mir scheint manchmal, daß wir jetzt sehr schnell einem Harmagedon entgegengehen.

Der auf diese Weise um seine Meinung Gebetene weiß, wovon die Rede ist. Für ihn steht das nächste
Ereignis in Gottes Kalender, wie er sich auszudrücken pflegt, fest.
Die Schlacht Harmagedon findet statt. Er hat sie visionär vor Augen:
Die Kräfte der Finsternis - sie können aus Rußland kommen, möglicherweise auch aus Rot-China - marschieren auf Jerusalem zu.
Doch noch vor der Stadt erwartet die Bösen aus dem Norden eine seltsame Strafe für ihr Vorhaben. Jesus persönlich steigt vom Himmel herunter, alle Heiligen hinterdrein. Im Tal von Esdrolin vernichten die himmlischen Heerscharen die Feinde. So steht es geschrieben.
Millionen von denen werden geschlagen. So muß es kommen.

"Ich glaube nicht, daß uns noch fünfzig Jahre bleiben

, sagt schließlich Pater Jerry Falwell zum Kandidaten der Republikaner Ronald Reagan.
Die Episode erzählt von einem Ereignis, das sich während der Kampagne zu den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen im Jahre 1980 zugetragen haben soll.
Vier Jahre später nahm "Der Spiegel in einem Interview mit Jerry Falwell auf jenes Gespräch unter vier Augen Bezug.

"Gibt es einen geheimen Konsens zwischen Prediger und Präsidenten

, daß ein nuklearer Holocaust nicht vermieden werden kann? Befragte das Nachrichtenmagazin den Visionär. Falwell konnte sich gut erinnern:

"Als er von Harmagedon sprach, habe ich das nicht so interpretiert, als meine er den nuklearen Holocaust, sondern den ideologischen
Konflikt zwischen Freiheit und Sklaverei, Demokratie und Marxismus, der in eine Sackgasse führt.

Er aber bleibe bei seiner Vision:

"Wenn die Kräfte der Finsternis auf Jerusalem marschieren, wie in der Bibel beschrieben, wird Christus sie vernichten und für tausend Jahre sein Königreich errichten. Ich weiß nicht, wie er seine Feinde vernichten wird, aber ich interpretiere es nicht als Atomkrieg. Denn wir werden diese Erde dann ja bewohnen ...

(Nach "Der Spiegel 10/1984)
"Wir, das sind die Guten, und wer zu diesen Auserwählten nicht gerechnet werden darf, darüber hat Jerry Falwell ebenfalls unumstößliche Ansichten. Aus dem "wir sind selbstverständlich die Monster im Kreml ausgenommen: überhaupt Marxisten und andere Linke.
Falwell bemühte sich zwar, aber es wäre vergeblich bei denen
irgendwelche Hinweise dafür zu entdecken, "daß sie viel Engagement
für die Würde des menschlichen Lebens haben."

Und weiter notiert genannte Publikation:

Mitte der 80er Jahre befinden sich in den USA 30 Fernsehstationen im Besitz von Religionsgemeinschaften. Darüber hinaus strahlen sämtliche Fernsehsender religiöse Programme unterschiedlicher Art aus.
Die Einnahmen der Medienkirche sind Mitte der 80er Jahre auf jährlich 500 Millionen Dollar geschätzt worden.
Zu dieser Zeit kann Jerry Falwell frohen Mutes verkünden, daß 82 Prozent aller religiösen Fernseh- und Rundfunksendungen in den USA
bereits "ihrer Natur nach fundamentalistisch und biblisch seien". Das heißt für ihn, sie senden die rechte Botschaft.

Was einen rechten Fundamentalisten außer strammen Antikommunismus auszeichnet, ist eben seine wortwörtliche Treue zur Bibel und zu den ihm "heiligen Werten Amerikas". Er glaubt daran, daß die Schlange im Paradies mit Eva geredet hat, daß die Welt, so wie sie ist, erschaffen wurde und daß die Kräfte der Finsternis die Welt erobern wollen.

Jim Jones Sekte "Tempel des Volkes", deren 900 Anhänger im Jahre 1978 in Guayana Massenselbstmord begingen - oder dazu vermutlich von Jones gezwungen worden sind -, gilt Jerry Falwell nicht als mahnendes Beispiel für das Sektenunwesen. Diese amerikanische Tragödie bestätigt ihm nur die freiheitlichen Werte Amerikas:

"Es ist weit besser, hin und wieder eine Verwirrung wie Jim Jones zu haben als die Alternative, nämlich die Sowjetunion, wo so etwas nie passieren könnte."

Was nun das Lindsey-Buch "Alter Planet Erde - wohin" anbelangt, ist vielleicht die nachfolgende Stelle schon im ersten Kapitel in ihm charakteristisch:

"In den USA gibt es mehr als 40 Hochschulen, die das Fach Parapsychologie lehren. Das Interesse an diesem Fach wächst ständig und nimmt in dem Maße zu, wie die Astrologie und Wahrsagekunst immer mehr Anhänger gewinnt."

Das ist es was ihn "inspiriert"; er möchte das Geschäft mit diesem Aberglauben, wieder vorrangig unter "christlicher Fahne" praktiziert wissen. Aus dieser Interessenlage bewertet er die Esoterik-Szene, welche vom gleichen Geschäft lebt, kritisch und sucht ihr, wo immer möglich das "Wasser abzugraben".

Er möchte also genannte Konkurrenten aus "dem Felde boxen", um dann allein das Geschäft des Dummheitsverkaufs praktizieren zu können.
Es geht ihm also primär um eine (nicht erreichte) Hegemonie - Vormachtstellung.
Was die übrigen "Zugaben" zu seiner Weltsicht anbelangt, ist er sicherlich nicht originell. Billige Dutzendware, auch andernorts vorfindlich. Einige Beispiele von andernorts, wurden hier ja auch bereits zitiert.

Zum Weiterlesen unter anderem auch:
http://www.payer.de/fundamentalismus/fundamentalismus063.htm

www.bibelbund.de/htm/2002-2-27.htm

(Letzterer Link wird zwar meinerseits genannt, eine Direktverlinkung indes muss ich ablehnen. Analog dem Beispiel Lindsey. Attackiert selbiger Esoteriker, kann man ihm im Detail zustimmen. Jedoch nicht in seiner "Gesamtkomposition").

Nachtrag:
Der Hinweis auf den Link des Bibelbundes hat sich wohl erledigt. Ausgehend vom Stand des heutigen Tages, weist ihn Google zwar noch nach

Indes, versucht man ihn dann aufzurufen, ist eine Fehlanzeige registrierbar.
Nun ja das kennt man auch andernorts den Grundsatz vom "Pelz waschen - ohne dabei nass werden zu wollen".
Eine dauerhaft kritische Bewertung des Lindsey auf den Seiten des Bibelbundes, erscheint den dortigen Machern wohl nicht mehr opportun

Exkurs:

Fallbeispiel Paul Westphal

Der famose Herr Westpfahl
Im „Goldenen Zeitalter" gelesen - Eine Zeitreise
In 19072Pilati
wurde schon mal auf ihn eingegangen. Den 1851 geborene Theologieprofessor Paul W. Schmiedel, welcher im Jahre 1924, zuerst in der "Neuen Zürcher Zeitung"; danach auch noch in Broschürenform, eine Abhandlung veröffentlichte, die er dem Titel gab: "Pilatus über Jesus bei den Ernsten Bibelforschern. Eine Fälschung aufgedeckt".

Wer nun vielleicht hoffen sollte, die WTG würde auf diese Schmidel'sche Kritik mal näher eingehen, sieht sich allerdings (was auch zu erwarten war) enttäuscht. Von WTG-Seite aus zog man es vor, die Sache mit Schweigen zu übergehen.

Nun mag dieses „Fündlein", dass die Bibelforscherkreise mit stolz geschwellter Brust präsentierten, und das auch Schmiedel zu einer Entgegenung veranlasste, in einem gewissen „Graubereich" angesiedelt sein. Graubereich dergestalt. War diese anfechtbare These nun je auch WTG-Meinung? Oder war es nicht vielmehr so, es war nur die Meinung der von der WTG unabhängigen Gruppen?
Einiges spricht dafür, dass letzteres eher zutreffend ist.
Indes kann man von einem „Graubereich" dennoch dergestalt reden, dass einer der Multiplikatoren jener anfechtbaren These, Fritz Christmann (zu unterschiedlichen Zeiten) in beiden Lagern anzutreffen ist.
Sowohl bei der WTG; dort zeitweilig sogar der Redakteur des deutschen „Wachtturms", als auch etwas später, in den von der WTG unabhängigen Gruppen. So unter anderem im Impressum des „Wahrheitsfreundes" als zu deren Redaktion gehörend, erwähnt.

Einer der stockreaktionären Russell-Jünger von der WTG unabhängiger Art, (Wilhelm Burmester), erwähnte später mal, er habe von Christmann etliche seltene Literatur abkaufen können, da dieser „die Wahrheit aufgegeben" habe.
Also wie man sieht. Auch das gibt es. Vom WT-Redakteur, über Zwischenstufen, bis zum „die Wahrheit aufgeben."

Nun aber wieder zu Schmiedel zurückkehrend.
Siehe da; sichtet man etwa die Schweizer Ausgabe des „Goldenen Zeitalters" vom 15. 5. 1929, kann man just in dieser Ausgabe, eine polemische Auseinandersetzung mit diesem Herrn Schmiedel vorfinden. Nicht die Schrift „Acta Pilati" betreffend. Da hüllt sich die WTG wohlweislich weiter in Schweigen. Aber da ja dieser Schmiedel ein Theologieprofessor ist, und als solcher noch etliche andere Publikationen herausbrachte, wurde auch noch das GZ „fündig", um mit ihm „abzurechnen".

In einer Art Sammelrezension dieser GZ-Ausgabe liest man auch die Sätze:
„Vor uns liegt eine Schrift: "Ist die Bibel Gottes Wort?", verfaßt von Hr. Theologie-Professor Dr. Paul Schmiedel in Zürich, herausgegeben unter dem Protektorate und mit Empfehlungsschreiben des Vorstandes des "Aarg. Vereins für freies Christentum". ...
Das Empfehlungsschreiben berührt die gegenwärtige Zeit mit den "die Jugend erfüllenden einseitigen Sportinteressen", denen zufolge die "Bestrebungen des Vereins in der Bevölkerung nur wenig Wiederhall fanden." Welcher Art diese Bestrebungen hinsichtlich der Bibel als Gottes Wort sein mögen, gibt die Broschüre unzweideutig zu erkennen, welche genannte Herren Geistlichen mit ihrem Empfehlungsschreiben vom 20. August 1928 an die Mitglieder des "Vereins für freies Christentum" und weitere Interessenten versandten, und wie sie schreiben als "eine Schrift aus unsern Kreisen, die Ihnen hoffentlich Freude macht". "Zum Geleit" ist der Broschüre ein Wort des "Volksschriftenverlages" beigegeben, das den Standpunkt vertritt, es sei mit diesem Schriftchen "die alte Frage nach dem unvergänglichen Wert der Bibel in einer Weise gelöst" von der zu hoffen sei, daß sie auch einem weiteren Leserkreise einen "Dienst" leisten könne.

Man höre nun und staune, was unter dem "unvergänglichen Wert der Bibel" gemeint ist und welchen "Dienst" das Schriftchen, "Ist die Bibel Gottes Wort?" zu verrichten hat:

"Der Charakter der Bibel im ganzen. Schon die Anlage der Bibel im großen will gar nicht dafür sprechen, daß sie vom hl. Geist diktiert sei, um den Christen als Grundlage für ihren Glauben und ihr Leben zu dienen."

Und nach vorstehender Referierung kommentiert das GZ dann dazu:
„Rechtsanwalt Paul Westphal sagt solchen

"Zerklärern" der Bibel in seinem Werkchen "Weltgericht":

"Ein jeder sieht, was er im Herzen trägt. Der Wurm findet im Kunstwerk nur Holzmehl; der Chemiker zersetzt und verdirbt es zu toten Stoffen, und der krittelnde Buchgelehrte, durch krankhaftes Zweifeln verdummt, erkennt nur Dummheit und Fälschungen in dem Buche."

Da beruft sich die WTG in der Tat auf einen nicht uninteressanten Gewährsmann in ihrer Entgegnung.
Von diesem Herrn Westphal liegt in der Tat einiges an Eschatologischem Schrifttum vor.
Nehmen wir also dessen vom GZ selbst genannte Schrift „Weltgericht". Selbige 1924 erschienen, hat schon mal einen bemerkenswerten Untertitel, der aber vom GZ nicht genannt wird, und zwar:
„Von letzten und vorletzten Dingen, besonders in den Jahren 1924 - 1927"
Und noch etwas erwähnt das GZ nicht. Auf Seite 66 schreibt besagter Herr Westphal beispielsweise:
„Zahlreiche Systeme und Sonderbünde wähnen, vom hl. Geiste geleitet zu werden und die apostolischen Geistesgaben zu besitzen; aber sie widersprechen sowohl durch grobe Mißdeutungen der Bibel („ernste" Bibelforscher, „Engel Jehovas) usw."

Also dieser Herr Westphal setzt schon mal den Detailnamen „ernste" in Anführungstriche, was dann ja wohl nicht unbedingt dafür spricht, dass er von selbigen sonderlich „angetan" wäre.

Liest man weiter registriert man auch. Nichts da, etwa mit Russell-Verherrlichung. Dieser Herr Westphal zieht es schon mal vor, sein eigenes Süppchen zu kochen. Ob das Gebräu, das er so produzierte „genießbarer" ist als andere gleichen Genres, erscheint indes mehr als fraglich.

Was dieser Herr Westphal glaubte mitteilen zu können, brachte er ja schon im zitierten Untertitel seiner Schrift zum Ausdruck. An Langatmigkeit seiner Berechnungen ist er zwar einem Russell durchaus ebenbürtig. Nur, dass er eben zu gänzlich anderen „Ergebnissen" kommt. Zum Beispiel zu dem, dass er auf Seite 15 seiner Schrift wie folgt darstellt:
„An diesem Punkt kommt Christus, genau in der Mitte eines großen Geschichts-Zyklus von 3862 Jahren, der von 1936 v. Chr. bis 1927 n. Chr. reicht."

Oder wem diese Aussage nicht reicht, den weis dieser Herr Westphal dann noch zu belehren (S. 34):
„Diese Strafen oder gesetzesnotwendigen Rückwirkungen der menschlichen Sünden beginnen mit großer Dürre und Massensterben infolge Hungersnot. Die erste Posaunenplage hat im Osten bereits begonnen und wird sich bald nach dem Westen fortsetzen. Die große Trübsal umfaßt auch die 3 ½ Jahre der antichristlichen Herrschaft, deren Beginn nach einem Umsturz, vermutlich kommunistischer Natur, wie später gezeigt wird, im Frühjahr 1924 zu erwarten ist."

Selbst die Arche Noah muss für seine abenteuerlichen Berechnungen herhalten. Etwa wenn er auf S. 47 schreibt:
„Es scheint, daß diese 4500 Jahre in den Maßen der Arche Noahs sinnbildlich vorgeschattet sind."

Gemeinsamkeiten mit den Bibelforschern hat er offenbar darin, dass auch er die ominösen 2520 Jahre bemüht. In der Westphahl'schen Interpretation (S. 50) liest sich das so:
„587 - nach einem neuen Aufstande der Juden - eroberte Nebukadnezar Jerusalem zum dritten Male und zerstörte Stadt und Tempel. Rechnet man von den erwähnten Jahren 605, 603, 596 und 587 sieben Zeiten oder 2520 Jahre weiter, so gelangt man auf die Jahre
1914 - Ausbruch des Weltkrieges,
1917 - Versprechen der Westmächte an die zionistischen Juden, Palästina zur nationalen Heimstätte der Juden freizugeben,
1924 - vermutlich die Erfüllung der im Jahre 1917 gegebenen Versprechungen, und
1933 - entsprechend der Zerstörung von Stadt und Tempel - vermutlich die Vollendung des Neubaues von beiden.

Ein besonderes „Highlight" vielleicht noch seine Aussage auf S. 61:
„Das kann nur bedeuten, daß dann der Planet Merkur, den ja die Alten gemäß seiner Wesensart den Götterboten nannten, für unseren Blick vor der Sonnenscheibe stehen wird. Der nächste Merkurübergang, der in Frage kommt, ist am 8. November 1927. Wir dürfen demgemäß annehmen, daß die große Katastrophe Armageddon - die Blutkelter Christi - am 8. November 1927 oder unmittelbar vor dem 8. November 1927 stattfinden wird."

Vorstehende Kernthesen, wiederkäute er dann noch diverse Male in Schriften mit ähnlichen Titeln. Noch 1949 erschien eine solche „Die letzten Tage der Weltgeschichte enthüllt". Ihr zufolge sei sein Autor im Jahre 1873 geboren. Von etwaigem sich nun in „Sack und Asche kleiden", vernimmt man in der allerdings nichts. Unter Verschweigung wesentlichem, wird weiter munter in die Zukunft spekuliert. Etwa mit der Aussage (S. 31)
„Nach diesen ist die Endzeit zwischen 1933 und 1963 zu suchen."

Über diesen Kaffeesatz-Leser Westphal noch weitere Worte zu verlieren, ist eigentlich zu viel der unverdienten Ehre. Bemerkenswert ist allenfalls der Umstand, wer sich denn auf ihn auch beruft. „Gleich und gleich gesellt sich offenbar sehr gern"!

Exkurs:
Kurt Hutten, die seinerzeitige „Koryphäe" der Evang. Kirche in Sachen kleinerer Glaubensgemeinschaften, kam im Jahre 1952 in der Zeitschrift „Materialdienst" auch auf diesen Westphal mit zu sprechen. Seine Aussagen, seien im nachfolgenden noch mit dokumentiert:
„Ist es verwunderlich, wenn die Cheopspyramide, die von dem Vater der Ernsten Bibelforscher, Charles Taze Russell, in seinem Buch „Dein Königreich komme" ausgiebig herangezogen wurde, um mit ihren Maßen und Anlagen die Chronologie der Zeugen Jehovas zu bestätigen, auch von pfingstlerischer Seite zu dem gleichen Zweck benutzt wird? Die Datumsergebnisse lauten hier allerdings anders als bei Russell, aber in der Methode, aus den Eingeweiden der Pyramide die einzelnen Wege, Perioden und Termine der göttlichen Heilsgeschichte abzulesen, besteht keinerlei Unterschied.

Es wird u. a. davon geredet, daß die Maßeinheit, nach der die ganze Pyramide aufgebaut ist, der „Pyramidenzoll", genau der 500.000.000 Teil der Erdachse sei (25,4243 mm) und daß dieser Pyramidenzoll (von Luther mit „Elle" übersetzt) auch das Maß der Stiftshütte, der Bundeslade usw. gewesen sei. Die Länge jeder Seite der Cheopspyramide beträgt 9131,05 Pyramidenzoll. Teilt man diese Zahl durch 25, so ist der Quotient 365,24, d. H. die Zahl der Tage einschließlich ihrer Bruchteile der in den Schaltjahren verrechnet wird.

Noch andere Wunder werden von der Cheopspyramide behauptet. So soll das Gewicht der Pyramide 5.273.000 Pyramidentonnen betragen, das Gewicht des Erdballs aber 5.273.000 Quadrillionen Tonnen. Der Eingangsschacht zur Pyramide sei so angelegt, daß er in der Verlängerung genau auf den Stern Alpha im kleinen Bären, den heutigen Polarstern trifft, der damals im Sternbild des Drachen stand.
Die Erbauer wählten die andere Kulmination jenes Sternes, weil zu ihrer Zeit ein noch viel bedeutenderer Stern der Meridan, oberhalb des Pols kreuzte:
Alkyone, im Sternbild der Plejaden.
Nach dem Astronomen Mäder aber soll Alkyone der Mittelpunkt des Universums, das geheimnisvolle Gravitationszentrum der „Mitternachsthron Gottes" (Hiob 28,3) sein.

Aus diesen und anderen Beobachtungen folgert nun „Mehr Licht", daß die Cheopspyramide eine in Stein gemeißelte göttliche Offenbarung sei und daß die Ausführung des Bauplans unter besonderer göttlicher Leitung gestanden haben müsse. Der Eingangsschacht und andere Teile im Innern der Pyramide sollen Hinweise auf den göttlichen Heilsplan enthalten. So deute z. B. die Tatsache, daß der Eingangsschacht abwärts geht, darauf hin, daß es mit der Menschheit abwärts gehe, seit sie der alten Schlange Gehör geschenkt hat. Der Schacht mündet in einem unvollendet gelassenen Raum 32 m tief unter der Pyramide, und sein Neigungswinkel wird durch einen Stern im Sternbild des Drachen bestimmt. Folglich wird damit angezeigt, daß die Menschheit unter dem Zeichen und der Herrschaft des „Drachen" bzw. Der „Alten Schlange" oder des Satans steht. Unterwegs aber zweigt von dem Eingangsschacht ein anderer Weg ab, der aufwärts führt und in der Großen Galerie mündet. Das bedeutet, daß Gott aus der immer tiefer in heidnische Finsternis verziehenden Völkerwelt zunächst ein Volk herausruft, aus dem der Erlöser kommen soll, der dem Drachen den Kopf zertreten wird.

Die Große Galerie aber ist das Symbol des christlichen Zeitalters. Ihre Wände erheben sich in sieben Stufen, das ist ein Hinweis auf die sieben aufeinanderfolgenden Entwicklungsstufen der Kirche, die in den sieben Sendschreiben der Offenbarung näher bezeichnet sind.
Die Zahl der Zolle vom Anfang der Galerie bis zu den zwei Linien, die sich nach astronomischen Berechnungen das Jahr der Erbauung der Pyramide symbolisieren, beträgt 2170; da die Pyramide im Jahr 2170 vor Christus erbaut wurde, wird damit also genau das Jahr der Geburt Christi angegeben. Auch andere Daten finden sich in den Maßverhältnissen der Pyramide angedeutet, so das Jahr 1547 als das Datum des Auszugs aus Ägypten oder das Jahr 33 als das Jahr der Auferstehung Christi.

Dann findet sich ein horizontaler Gang, der in das Gemach der Königin mündet und von dem aufwärts führenden Schacht bei dessen Einmündung in die Große Galerie abzweigt. Dieser Gang soll die Geschichte Israels vom Tod Jesu bis zu der Stunde darstellen, in der Gott Israel zum Haupt der Völkerwelt im 1000jährigen Reich machen wird.

Die Pyramide enthält auch Hinweise auf die Heimsuchungen und Gerichte der Endzeit, und zwar in der drohend überhängenden Schlußwand der Galerie, die sich in einem niedrigen, durch einen schweren Granitblock eingeengten Gang fortsetzt. Die Chronik der großen Galerie soll mit dem Jahr 1882 enden, und der anschließende niedrige Gang stelle die nächsten 52 Jahre dar. In diese Zeit sollen die Siegelgerichte fallen: Welterweckung, Weltkrieg, Weltteuerung, Weltsterben, Glaubensverfolgung, Welterschütterung, kurz der Anfang der Wehen, welche die Neugeburt der Welt einleiten sollen.

Mit dem Jahre 1934 dürfte das Ende des niedrigen Ganges erreicht worden sein. Der Gang mündet in eine Vorhalle. Diese soll symbolischen Andeutungen über die ersten vier Posaunengerichte in Form einer finsteren, in drohender Stellung herabhängenden Granitblocks mit seinen Vertiefungen enthalten.
Zwischen Vorhalle und Königsgemach seien die weiteren drei Posaunengerichte mit ihren drei Wehe dargestellt. Sogar die zwischen den Siegel- und Posaunengerichten liegende „Windstille" mit der Versiegelung der 144.000 (Offbb. 7, 1-8) und die 70 Jahrwochen Daniels hinter den Posaunengerichten und selbst die Verkürzung der Trübsalszeit bis hin zur Wiederkunft Christi sei baulich festgelegt und vorausgesagt.
Die Wiederkunft würde nach den Vermutungen Kuennes etwa im Jahr 1963 oder 1970 erfolgen.

Das Königsgemach aber wäre das Symbol des Reiches Christi. Seine Wände, Decken und der Boden sind aus geschliffenem roten Granit in riesigen Blöcken gefügt; die vier Wände bestehen aus 100 Blöcken, die mit einer bewundernswerten Genauigkeit aneinander gepreßt sind. Es findet sich kein Bild, keine Inschrift, keine Verzierung in dem Gemach. Es ist „Mathematik in Stein, die Verkörperung der absoluten Wahrheit in ihrer einfachsten Form."

Die Summe der beiden kubischen Diagonalen: 2 mal 515 ist 1030 Pyramidenzoll, womit die Dauer des 1000jährigen Reichs einschließlich der darauf folgenden Rebellion beim loswerden des Satans ausgedrückt werden soll. Die granitene Truhe im Königsgemach aber soll genau den gleichen inneren Kubikinhalt wie die biblische Bundeslade haben."

Dazu kommentiert Hutten dann:
Es bleibe dahingestellt, ob und welche Geheimnisse einst von den Baumeistern in die Cheopspyramide hineingebaut worden sind. Aber es ist eine Verwegenheit, die einzelnen Maße und Anlagen als einen in Stein gemeißelten Weltgeschichtsplan Gottes zu verstehen und eine Chronik der Heilsgeschichte aus ihnen abzulesen.

Wenn man die Ausführungen von Ch. T. Russell, aber auch die obige Deutung liest, dann stößt man überall auf willkürliche und verkünsteltete Auslegungen; es wird ein schon verhandenes Geschichtsbild in die Baulichkeiten hineinprojiziert. Und da dieses bei Russell andere Termine aufweist als bei dem Verfasser der obigen Auslegungen, deshalb führt auch die „Exegese" der Cheopspyramide zu entsprechend anderen Resultaten.

Hatten wir in der Auswertung der Cheopspyramide schon eine Nachbarschaft zu den Zeugen Jehovas bemerkt, so zeigt sich in der beim Philadelphia-Verlag Christian Röckle-Leonberg erschienenen Schrift des Hamburger Rechtsanwalts Paul Westphal „Die letzten Tage der Weltgeschichte enthüllt - Ergebnisse freier Forschung in den Grundlagen der Bibel" eine noch engere Verwamdtschaft.
Hier wird ganz nach der Art von Russell und Rutherford unbeschwert kombiniert und berechnet, um die apokalyptischen Enddaten herauszufinden, und manchmal scheint es, als überträfe Westphal die Bibelentschlüßler der Zeugen Jehovas noch an Waghalsigkeit.

Einige Beispiele
Nach einer alten Annahme soll die Dauer dieses Aeons 6000 Jahre betragen, entsprechend den 6 Schöpfungstagen Gottes und der Gleichsetzung eines Tages mit 1000 Jahren (Ps. 90 und 2. Petr.) Wann haben diese 6000 Jahre begonnen?

Westphal: Nicht mit Adam, sondern erst mit der Geburt des Set, 130 Jahre danach. Das Jahr des Adams war 4197, die Geburt des Set 4067; folglich sind die 6000 Jahre 1933 abgelaufen.
Nun folgt noch eine Frist des Übergangs und der Vorbereitung, und dann kommt das 1000jährige Reich.
Die Arche Noah war 300 : 50 : 30 Ellen groß, hatte also 450.000 Kubikmeter Rauminhalt. Westphal vermutet, daß das Raummaß eine Zeitangabe verhüllt; er streicht von den 450.000 Kubikellen zwei Nullen, erhält 4500 und erklärt, es handle sich um 4500 Jahre. Das sei der Zeitraum der auf den Wellen der Völkermeere gefährdeten Menschheit!

Die Sintflut war 2541/40 vor Christus; 4500 Jahre danach führen auf etwa 1960 nach Christus.
In 1. Mos. 6,3 spricht Gott, daß des Menschen Tage 120 Jahre sein sollen. Dieses Nebeneinander von Tagen und Jahren betrachtet Westphal als „Wink", die 120 Jahre in Tage umzurechnen; die Tage der Menschheit sind dann irgendwie gleich 120 Jahren. 120 mal 360 sind 43.200 Tage. Westphal nimmt wieder eine Null weg, damit er eine passablere Zahl erhalte, sodaß 4320 Jahre bleiben.
Mit dieser „aufgestöberten Spur" wendet er sich 5. Mos. 32,8 zu, wo ausgesagt sein soll, daß für alle Völker (außerhalb Israels) 12 prophetische Zeiten bestimmt seien.
Eine solche prophetische Zeit setzt Westphal mit 360 Jahren gleich; 12 mal 360 sind wiederum 4320 Jahre.
Also leuchtet hier nicht deutlich die innige organische Verwebung des Heils der Welt mit den 12 Stämmen Israels hervor?
Aber von wann an sind die 4320 Jahre zu rechnen? Nun, nach 1. Mos. 10,25 wurde die Erde unter Pelag geteilt, und dessen Lebenszeit war ungefähr um 2400 vor Christus, d. H. 140 Jahre nach der Flut. Die Endgrenze wäre demnach 1920, das Jahr des Friedensschlusses nach dem ersten Weltkrieg.
Die Zahlensignatur der Wege Gottes ist sieben, die der profanen Völker sechs. Wo nun das Geschick Israels in der Geschichte der übrigen Völker verwoben ist, da ist die Zeit davor die Zeitdauer dieses Zustandes. Zahlensymbolisch durch eine Verbindung von sechs und sieben geordnet.

Nach Westphal soll dieses Schicksalsgemeinschaft von Israel und den Völkern 7 mal 6 mal = 60 Jahre, also 2520 Jahre währen.
Von wann an sind sie so zu rechnen?

Antwort: Die 7 Jahre der Besessenheit Nebukadnezars (Daniel 4, 13) sind der Vortyp auf 7 Zeiten der Erniedrigung der Menschheit allgemein. Diese 7 Zeiten: 7 mal 360 = 2520 Jahre müssen irgendwann nach dem Jahr 587 und mindestens 7 Jahre vor dem Todesjahr Nebukadnezars 561 angelaufen sein. Sie wären also in der Zeit zwischen 1933 und 1952 zu Ende.

In Daniel 9, 24 sind über Israel 70 Siebenheiten verordnet. Westphal setzt eine solche Siebenheit = 7 mal 7 Jahre. 70 Siebenheiten wären also 3430 Jahre.
Wiederum: von welchen Zeitpunkt an sind sie zu rechnen?
Westphal hält für den geeigneten Termin das Jahr der Gesetzgebung, die nach dem Auszug aus Ägypten erfolgte. Dieses soll 1467 vor Christus gewesen sein. Die 3430 Jahre endeten also 1963 nach Christus.
Nun wurde aber oben festgestellt, daß die 6000 Jahre schon 1933 zu Ende gegangen sind. Wie verhält es sich also prophetisch mit den 30 Jahren zwischen 1933 und 1963?
Nach Daniel 9, 27 wird die Siebenheit den Bund mit vielen festmachen, und die Hälfte der Siebenheit wird Schlachtopfer und Speisopfer aufhören lassen.
Westpfahl: Diese letzte Siebenheit, d. h. 49 Jahre, endet 1963, beginnt also 1914. In dieser Zeit erfüllt sich das Schicksal Israels. Um die Mitte der 49 Jahre erfolgt der Greuel der Verwüstung an heiliger Stätte.
Diese Mitte fällt etwa in das Jahr 1939. Damals begann der Hitlerkrieg. So bleiben nur noch 50 Jahre 1945 - 63 mit den prophetischen Ereignissen auszufüllen. Schon jetzt treten die Gegensätze hervor, die in Daniels Nord- und Südkönig zum Ausdruck kommen. Diese Gegensätze zwischen den beiden Großmächten führen zu einem neuen Weltkrieg. Dann wird der Neubau des großen Heiligtums auf Zion beginnen. Der eigentliche Tempelbau dürfte gemäß den Vortypen 7 Jahre in Anspruch nehmen, also 1956 - 1963. Mit der Einweihung 1963 fällt auch Daniel 9,24 der Beginn der großen Erfüllungen zusammen. Die großen Auseinandersetzungen der Nationen müssen also zwischen 1945 und 1956 stattfinden.

Es kommt noch toller:

In Daniel 8 werden allerlei harmlose Zahlen genannt. Diese werden von Westphal herausgeholt, addiert und multipliziert. Und zwar so.
Da ist 8, 1 die Zahl 3.
8, 3 sollen (wenigstens in der Bibel Westphals) die Zahlen 2 und 2 und 1 stehen; er addiert sie, ergibt 5.
In 3,6 steht noch einmal die Zahl 2. Nun multipliziert Westphal die Zahlen 3 und 5 und 2 = 30.
Mit 8, 8 soll eine neue Gruppe beginnen; da werden die Zahlen 4 und 4 und 1 genannt, ergibt addiert 10.
Westpfahl multipliziert die erste Summe. 30 mit der zweiten Summe 10 = 300.
Schließlich erscheint in 8,20 die Zahl 2, in 8, 22 und 4; multipliziert man sie, so kommt 32 heraus.
300 und 32 addiert sind 332, und in der Tat: - 332 Jahre vor Jesu tatsächlicher Geburt, im Jahre 336 vor Christus nämlich, kam „der Ziegenbock vom Westen her" (Daniel 8, 5), d. h. Alexander begann seinen Siegeslauf.
Auf den Regierungsbeginn Alexanders deuten auch noch andere Zahlenangaben hin. So z. B. die 2300 Abende und Morgen Daniel 8, 14; rechnet man sie vom Jahre 1963 nach Christus zurück, dann begannen sie im Jahr 337/36 vor Christus.
Oder da sind die „ollen drei Wochen" Daniel 10, 2 und 3: weil es „olle" heißt kann nach Westphal kein Zweifel sein, daß es sich hier um 21 Jahrzehnte handelt. Rechnet man diese 210 Jahre von dem Zeitpunkt des Fastens Daniels ab, also von 534 (nach Daniel 10,1 dem 3. Jahr des Regierungsantritts von Kores), dann kommt man auf 324, das Jahr des Höhepunkts der Macht Alexanders. Rechnet man aber von 534 eine „prophetische Zeit" oder 360 Jahre ab, dann kommt man auf das Jahr 174 und damit in die Zeit des Antiochus Epiphanes. Dieser war der Vortyp des Antichrists. Er starb 163 vor Christus; manche berechnen seinen Tod auf 164. Läßt man von diesem Jahr 2100 beginnen, dann kommt man auf das Jahr 1956 als das Ende des Antichrists und, 3 ½ Jahre zurück rechnend, auf das Jahr 1952:
In diesem Jahr dürfte der endzeitliche Widersacher wirksam hervortreten.

Diese Rechnereien stellen eine Gipfelleistung dar, die auch von den Zeugen Jehovas kaum mehr überboten werden kann. Aber es ist nun das Betrübliche, daß eine solche Schrift (außerdem noch ebenfalls von P. Westphal: „Das Weltgericht über die Völker Europas und Asiens und die Schlacht von Harmagedon") in Pfingstkreisen empfohlen und vertrieben wird. Bis jetzt hat nun niemand öffentlich seine Stimme gegen diesen Vertrieb erhoben und es deutlich ausgesprochen, daß es einem Verlag, der so etwas herausgibt, bedenklich an der Zucht des Geistes und an der biblischen Nüchternheit fehlt."

Lothar Gassmann

Franz Graf-Stuhlhofer

Mysnip.113973

 

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