Re: Heinzmann


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 05. September 2002 11:40:55:

Als Antwort auf: Heinzmann geschrieben von Drahbeck am 02. September 2002 15:51:41:

In dem Posting war auch von dem Herrn Gerhard Heinzmann und der "Partei Bibeltreuer Christen" die Rede.
Zunächst: In seinem 1988 erschienenen Buch "Lehren die Zeugen Jehovas die Wahrheit? Fragen und Antworten" ist noch nicht von der PCB die Rede. Als Mitherausgeber wird die "Internationale Zigeunermission" genannt. Offenbar war Herr Heinzmann zum Zeitpunkt des Schreibens seines genannten Buches, noch nicht Parteivorsitzender der PCB. Er ist es aber danach geworden und meines Wissens ist er deren Vorsitzender noch heute.

Es ist weiter davon die Rede, dass es auch eine spektakuläre Veranstaltung in Berlin gegeben habe, die durchaus in Kontext zu diesen Kreisen stand.
Die fand am 24. 6. 1994 statt und nannte sich formal "Marsch für Jesus". Ihre Veranstalter wollen (glaubt man ihren eigenen Zahlenangaben) dabei rund 50 000 mobilisiert haben. Die PCB hingegen beziffert ihre engere Mitgliederzahl auf rund 4 000. Daraus ist ersichtlich, dass bei diesem Marsch sehr wohl verschiedene, gleichwohl durchaus geistesverwandte Kreise mitgewirkt haben.

Zur Vorgeschichte dieser "Jesusmärsche" zitierte der "Materialdienst der EZW" (1994 S. 176) einmal:
"Spektakulär war die Organisation der 'Gebetsexpedition 93 Berlin - Moskau … Eine größere Gruppe von Christen aus Europa zog eine 'Gebetsschneise der Erweckung durch Osteuropa', nachdem bereits am 23. Mai 1992 durch die Ankunft des Gebetsmarsches London - Berlin in der deutschen Hauptstadt ein 'historischer Tag der Kirchengeschichte in Deutschland' konstatiert worden war."

Der MD kommentiert weiter:
"Gerade die Jesus-Marsch-Bewegung zeigt eine eigenartige heilsgeschichtliche Gesamtstrategie im Sinne einer fragwürdigen geschichtsphilosophischen Vereinnahmung der geistlichen Gesamtsituation … Problematisch bleibt der Stil und die Einordnung in ein übergeordnetes 'prophetisch' angesagtes Zeitschema, das Gottes Plan ansagen will. Ob die tägliche Arbeit der christlichen Gemeinden - insbesondere des Ostens - durch solche spektakulären Aktionen gefördert wird, ist mehr als fraglich."
Zur genannten Berliner Veranstaltung notierte die gleiche Zeitschrift noch (MD 1973 S. 300f.)

"Auf dem langen Weg … wurde die Jesus-Marsch-Liturgie über einen UKW-Sender übertragen und mit Hilfe von über 40 Übertragungsfahrzeugen für alle Marschierenden hörbar gemacht. Zur Liturgie, die auf der langen Marschstrecke mehrfach wiederholt wurde, gehörten zahlreiche Proklamationen … zur Verbindlichkeit und Gültigkeit der Heiligen Schrift, mit dem Ziel der 'Wiederherstellung des Wortes Gottes in Deutschland' (in Anknüpfung an die Verpflichtung des Volkes Israel auf das wiedergefundene Gesetzbuch unter dem König Josia, 2. Chr. 34). …

Die unmittelbare Kommentierung dieser Aktion lautete sinngemäß so: 'In der unsichtbaren Welt geschieht etwas. Dies ist ein historischer Moment, der in die Geschichte Deutschlands eingehen wird.' Dann wurde gefragt: 'Wollt ihr eine neue Reformation in Deutschland?' Und alle riefen 'Ja' und 'Halleluja'. Die sicher begrüßenswerte Absicht, die Vergangenheit zu erinnern und 'neue Akzente' zu setzen, wurde durch vereinnahmende Sprachformen und eine mißverständliche Betonung des göttlichen Handelns mit Deutschland eher ins Gegenteil verkehrt. Nach einer Gebetszeit ging es dann weiter mit der Praxis des geistlichen Kampfes: 'Im Namen Jesu zerbrechen wir die Ketten, die böse und teuflische Macht über Deutschland gelegt haben. Jesus ist Herr über Deutschland.' Mit Halleluja- und Amen-Rufen sowie weiteren prophetischen Proklamationen endete dieser Veranstaltungsteil."

Kommentierend vermerkt Herr Hempelmann von der EZW weiter an:
"Überschritten wurde das charismatische Frömmigkeitsspektrum - etwa in Richtung evangelikale Bewegung - beim Jesus-Marsch nicht wesentlich. Hierin unterscheidet sich die Jesus-Marsch-Bewegung in Deutschland durchaus von entsprechenden Initiativen im internationalen Bereich. Zugleich muß gesehen werden, daß sich viele Charismatiker - auch in Deutschland - zugleich als Evangelikale verstehen, was angesichts der breiten Überschneidung beider Bewegungen durchaus verständlich ist ....

Die Jesus-Marsch-Bewegung ist Ausdruck von charismatischen Allianzen mit konfessionsübergreifender Struktur. Das ist fraglos eine seit einigen Jahren zu beobachtende neue Entwicklung: Pfingstler, die sich von der Pfingsterweckung der Azusa-Street her verstehen, innerkirchliche Erneuerungsgruppen, Neupfingstler und Charismatiker aus freien Werken und unabhängigen charismatischen Gemeinden schließen sich 'in Liebe und Einheit vor Gott für unsere Nation' zusammen und starten eine Versuchskoalition. Wie bedeutsam und geschichtswirksam diese Koalition sein wird, weiß niemand im voraus. Ausgangspunkt und Grundlage der Einheit der konfessionell Verschiedenen ist die gemeinsame Erfahrung des Heiligen Geistes in der Geistestaufe bzw. in der Erfüllung mit dem Heiligen Geist und der Praxis der Charismen. Gleichartige Glaubenserfahrungen erweisen sich dabei als wichtiger als konfessionelle Bindungen, die zwar nicht aufgehoben, aber relativiert werden. Weitreichende gegenseitige Anerkennung und Kooperation wird gesucht. …

Hinter irritierenden Sprachformen stehen z. T. Inhaltliche Akzentuierungen, die zu kritischen Fragen Anlaß geben. Dabei geht es nicht nur um die Sieges- und Kriegsmetaphorik oder die starke Identifikation der Bewegung mit dem Wirken des Heiligen Geistes. Wer anfängt einzelne Aussagen, die im Zusammenhang der Jesus-Märsche von den Verantwortlichen gemacht wurden, näher zu analysieren, begegnet Tendenzen der Anpassung an die remythologisierenden Trends der religiösen Alternativszene. Jedenfalls sind Aussagen und Praktiken der Jesus-Marsch-Bewegung gegen solche Deutungen nicht ohne weiteres zu schützen:
- Proklamationen werden als Machtworte aufgefaßt, die Wirklichkeit schaffen und verändern nach dem Motto: 'Glaube es, proklamiere es und du hast es.' Eigene Vorstellungen und Wünsche werden in prophetischen Proklamationen konzentriert und mit Hilfe des Glaubens an die Macht der Gedanken zu verwirklichen gesucht."

Aus der genannten Zeitschrift sei zum Abschluss auch noch aus einem Abschnitt über die "Partei Bibeltreuer Christen" zitiert (MD 1994 S. 235f.):
"Die im November 1989 gegründete Partei ist von ihrem Entstehungshintergrund wie von ihrer Programmatik einem 'pfingstlich-evangelikalen' Glaubensverständnis zuzuordnen. Ihre Gründung geht auf die Initiative des Leiters der 'Internationalen Zigeunermission e. V.' Pastor Gerhard Heinzmann, zurück, der auch Parteivorsitzender ist. In der Präambel des auf dem Gründungsparteitag verabschiedeten Programms wird das Hauptziel der Partei benannt: 'Die PBC sieht ihr Ziel darin, Gottes ewig gültiges Wort für die Menschen aller Völker, Rassen und Hautfarben in den Mittelpunkt des Lebens zu stellen.' …

Daß die PBC damit eher ein missionarisches als ein politisches Ziel verfolgt, verdeutlicht der Vorsitzende Heinzmann in einem Rundschreiben der Zigeunermission vom November 1989:
'Da in unseren Missionskassen sowieso nie Geld ist, können wir aber vor den großen Wahlen, zu den besten Sendezeiten, völlig kostenlos über Rundfunk und Fernsehen, auf allen Kanälen, Millionen Menschen in unserem Land erreichen.' Diese Möglichkeit blieb der PBC bei den ersten gesamtdeutschen Wahlen 1990 versagt, da der Bundeswahlausschuß die Partei nicht zur Wahlteilnahme zuließ. Daher konnte die Partei bisher noch nicht auf Bundesebene antreten.

Drei Punkte seien hier herausgestellt, die die PBC von den anderen … Parteien unterscheidet: die größere Professionalität im Erscheinungsbild, die Betonung des Kampfes gegen Okkultismus und Wahrsagerei und die zentrale Rolle, die der Beziehung zu Israel beigemessen wird. Die beiden letzten Punkte weisen deutlich auf den theologischen Hintergrund der Partei hin: 'Okkultismus' und 'Israel' sind wichtige Themen in Teilen des evangelikalen Spektrums. Das Verständnis weltpolitischer Zusammenhänge scheint bei der PBC durch eine endzeitlich-prophetische Sichtweise bestimmt zu sein, eine Perspektive, die, zumindest in ihrer populären Form, mehr als problematisch ist."
Und als Fußnote zu letzterem Satz verweist der Autor auch auf das Buch von Stuhlhofer "Das Ende naht"; dessen Lektüre auch hier, durchaus empfohlen sei.

Eine Internetrecherche zum Thema Heinzmann ist auch noch zu entnehmen; dass eine örtlicher Vorsitzender dieser Partei, der sie in seinem regionalen Bereich mit begründet hat, nach einiger Zeit aus ihr ausgetreten und dafür in die CDU eingetreten ist. Motivierend für seinen Schritt war für ihn auch die Erkenntnis, dass die Gestaltungsmöglichkeiten via PCB nur mal sehr eingeschränkt sind. Der Betreffende, der seine prinzipielle Geisteshaltung ja wohl kaum revidiert haben dürfte, sieht in der größeren CDU bessere Entfaltungsmöglichkeiten.

Eine ähnliche Erfahrung machte ja schon so mancher, oder macht sie noch, der mit einer der kleineren Parteien sympathisiert. Dies soll hier auch nicht weiter zur Disposition stehen. Interessant ist es aber schon, was in der "Nach-PCB-Zeit" da so zu folgen pflegt. Die Assimilierung in der CDU. Damit hat sich für mich persönlich die Frage der Wahlentscheidung schon etwas konkretisiert. Weder die PCB noch die CDU gehören zu denen, die meine Stimme bekommen könnten.


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