Annotationen zu den Zeugen Jehovas

"Ließ sich verschiedenes zuschulden kommen"

1923 spaltete sich von der deutschen Bibelforscherbewegung eine Gruppe ab, die sich "Wahrheitsfreunde" nannte. Zwei ihrer Repräsentanten waren Franz Egle und Ewald Vorsteher. Über den Egle, der sich mal "Verlagsleiter des Wahrheitsfreundes" nannte, meinte die WTG später den Triumph registrieren zu können, dass er zu ihr zurückgekehrt sei. Gleiches konnte sie von Vorsteher nicht sagen, den man wohl als geistigen Kopf jener Gruppe ansehen kann. Also, ich gehe mit dem Vorsteher keineswegs konform. Ich sehe - Gegensatz zu einigen anderen Ex-ZJ - , dass er eine sektiererische Bibelauslegung, lediglich durch eine andere, nicht minder fragwürdige ersetzte, wie dies ein Buch von Vorsteher verdeutlicht. Aber sicher steht fest, dass Vorsteher kein Opportunist war.

Wie immer man auch zu seiner "Theologie" steht. Vorsteher war ein Mann, der Ross und Reiter gegebenenfalls beim Namen nannte. Dies brachte ihm schon im März 1933 eine Verhaftung durch die Nazis ein. Vorsteher hatte sich erlaubt, den Nazihäuptlingen einige Titel anzuhängen, die einige Jahre später die ganze übrige Welt auch aussprach, auch die WTG. Nur letztere eben noch nicht im Jahre 1933. Damals segelte man noch auf Stillhaltekurs, übte sich in "Diplomatie", wenn nicht gar Anbiederung. Das Verhalten der damaligen deutschen WTG-Leitung will ich nicht unbedingt kritisieren.

In ojektiver Bewertung ist allerdings feststellbar, Vorsteher formulierte schon eindeutig Antifaschistische Voten zu einer Zeit, wo es die WTG noch mit dem lavieren (oder wie einige sogar meinen: Anbiedern) hielt.

Man vergleiche das Protokoll der Nazis vom 31. 5. 1933 in Sachen Vorsteher:

Es gab schon zu dieser Zeit, weit schlimmere Anbiederungsversuche von kirchlichen Kreisen an die Nazis. Die deutsche WTG-Führung, war da im Vergleich, wirklich ein unbedeutender "Waisenknabe". Aber jetzt kommt die bedeutende Einschränkung. Im Jahre 1936 war auch die WTG schon so weit, dass sie den deutschen Rattenfänger Hitler, auch als solchen bezeichnete. In ihrer Literatur des Jahres 1936 lassen sich unzählige Beispiele dafür nachweisen. Was sagt die WTG jedoch noch im Jahre 1936 über Vorsteher? In einer Stellungnahme zu Händen eines Schweizerischen Gerichtes (nicht etwa eines nazistischen) verbreitet sie sich mit den Worten:

"(Es) beruft sich (der Nazi) Fleischhhauer in seiner Vernehmlassung auch auf eine gehässige Aussage zweier abgefallener Bibelforscher, nämlich auf Herrn Vorsteher und Herrn Egle. Vorsteher gehört seit vielen Jahren nicht mehr zu unserer Bewegung. Nachdem er sich 1923 getrennt hatte, ließ er sich in Deutschland Anfang 1933 verschiedenes zuschulden kommen und wurde wegen unbotmäßigen Handeln gegen die Behörden polizeilich bestraft. … M. C. Harbeck, und ein Vertreter der Gesellschaft in Deutschland, haben die Tatsache, dass Vorsteher nichts mit den Bibelforschern zu tun hat und dieselben für seine Taten nicht verantwortlich zu machen seien, den zuständigen nationalsozialistischen Behörden in Deutschland eidesstaatlich erklärt." ("Das Goldene Zeitalter" 15. 9. 1936 S. 7)

Eine solche Stellungnahme aus dem Munde der WTG ist ja an Skrupellosigkeit kaum noch zu überbieten. Gegenüber einem schweizerischen Gericht redet man von "unbotmäßigen Handeln" des Vorstehers gegen die Nazis. Ja, was tat denn die WTG selbst schon um diese Zeit?! Man hält es auch nicht für nötig, diesem schweizerischem Gericht im Detail mitzuteilen, worin diese Unbotmäßigkeit des Vorstehers bestand, obwohl man die aus dem Aktenstudium sehr genau kannte!

Die WTG hatte also schon damals damit unter Beweis gestellt, dass sie was Skrupellosigkeit betrifft, mit den schlimmsten Beispielen, auch aus anderen Lagern, sehr wohl konkurrenzfähig war und ist .

Da bei "Licht" nicht selten auch der "Schatten" versammelt ist, noch ein Forumsbeitrag in Sachen Vorsteher, der allerdings deutlich kritischer akzentuiert ist:

Bereits im Wachtturm vom Juni 1915 begegnet man dem Namen des Ewald Vorsteher in einem dort „Aus dem Felde" (Kriegsdienst) abgedruckten Briefe an die deutsche WT-Redaktion

http://www.manfred-gebhard.de/WT6191595d.jpg

In seinem Aufsatz: „Die Ernsten Bibelforscher (Jehovas Zeugen) und ihre Wachtturm-Gesellschaft in Elberfeld und Barmen 1902-1923" in der Zeitschrift „Geschichte im Wuppertal" 13. Jg. 2004 schreibt der WTG-Funktionär W.
„Schwierigkeiten anderer Art traten auf. Ewald Vorsteher aus Barmen und andere Älteste, die gern selbst die Leitung übernommen hätten, beschuldigten Koetitz aufgrund eines Fauxpas und der Verwendung von Geldern für das "Photo-Drama" unverhältnismäßig heftig, worauf es Russell vorzog, seinen Mitarbeiter zunächst an anderer Stelle einzusetzen."

Und weiter im Text von W.:
„Ewald Vorsteher aus Barmen ist von historischem Interesse, da er eine Nebenrolle im Verbotserlaß gegen die Zeugen Jehovas vom 24. Juni 1933 spielt. ... Über Vorsteher schreibt eine Zeitzeugin: "Er war ein sehr ehrgeiziger Charakter. Er war ein Ältester und war nicht so in Harmonie mit den Brüdern, die nach Bruder Kötitz die Leitung im Bibelhaus hatten. In den 1920er Jahren machte er sich selbständig und 1923 gab er das erste Mal den 'Wahrheitsfreund' heraus. Er wurde in der Nazizeit verhaftet, nicht um seines Glaubens willen, weil die Gestapo ihn schon länger in Verdacht hatte, und sie hatten einen Bogen in der Maschine eingespannt gefunden, wo er behauptete, Göring sei der Reichsbrandanstifter. Daraufhin wurde er verhaftet, er kam in ein Konzentrationslager und man vermutet, er ist dort umgekommen oder aber auf dem Schiff, der Cap Arcona. Man hat nichts mehr davon gehört, [_] auch der 'Wahrheitsfreund' ist eingegangen" (WTA, LB Schünke, Lore)."

Nun was die Rolle von Vorsteher beim WTG-Verbot anbelangt; siehe das weiter oben ausgeführte und

Anbiederung

„Geschichte der Zeugen Jehovas mit Schwerpunkt der deutschen Geschichte" S. 280f.

Und was Vorstehers Rolle im Kontext „Wahrheitsfreund" anbelangt; siehe dazu auch:
Wahrheitsfreunde

Lauper

„Geschichte der Zeugen Jehovas mit Schwerpunkt der deutschen Geschichte" S. 183f.

Quasi als „Jubiläumserinnerung" (wenn auch fragwürdiger Art) sei heute einmal ein Buch des Vorsteher etwas näher vorgestellt.
Sein Titel:
Ewald Vorsteher
„Zuversichtlich  über die Zeit seit Adam
Die genaue unwiderlegliche Chronologie"
Druck und Verlag Richard Oberman Krefeld (um 1927)

Bereits in Heft 1/1925 des „Wahrheitsfreundes" hatte er großspurig verkündet:
„Die W.G.-Sekte, welche mit großer weltlicher Reklame die Rechnung eines Bruders auf 1925 anpries, weigert sich nun, nachdem wir darauf aufmerksam machten, dass dieser Bruder sich in seiner Rechnung um ein Jahr geirrt hatte, sodass nicht 1925, sondern 1926 als das bedeutungsvolle Jahr der Weltherrschaftswende in der Bibel angezeigt ist, ihre Anpreisungen zu berichtigen. ...
Wir erwarten nicht weniger als die Verherrlichung der letzten Glieder des Christus im Laufe des Jahres 1925, damit aber auch das Verschließen der 'Tür', Matth. 25:10, und damit die große Enttäuschung der törichten Jungfrauen.
In der Oktobernummer 1924 unserer Zeitschrift wiesen wir darauf hin, wie deutlich die Heilige Schrift Herbst 1926 als den Zeitpunkt kennzeichnet, wo erstens die Menschen mit ihrem ganzen Herzen nach Jehova fragen und ihn finden werden (Jer. 29:13), zweitens die Zeit der Auferstehung der allgemeinen Menschheit ihren Anfang nimmt (Jer. 31: 16, 17), drittens niemand mehr in Adam sterben wird.
Gleichfalls weisen uns weitere Bibelzeugnisse auf Herbst 1926 hin, als das Ende der Herrschaft des Bösen, Satans und seiner Einrichtungen.
Wir uns durch genaues Prüfen vergewissert haben, dass Herbst 1926 ein im obigen Sinne unwiderleglich niedergelegtes Datum auf Grund des heiligen Gotteswortes ist.

Auch die Ausgabe des „Wahrheitsfreundes" vom Januar 1926 strotzt noch von dieser Siegesgewissheit.

Dennoch hatte sich Vorsteher mit seinen vollmundigen Thesen, zu weit „aus dem Fenster gehängt". Das eingangs genannte Buch, muss dabei auch als der Versuch partiellen „Zuruckruderns" gewertet werden. Es sei nachstehend einmal etwas näher vorgestellt:

Schon einleitend meint er verkünden zu können:
„So dürften denn die nachfolgenden Zeilen, in welchen die exakte wissenschaftlich erhärtete Chronologie bis auf Adam zurück dargelegt ist, allen Erforschern des Altertums von größtem Wert sein." (S. 3)

Über sich selbst sagt er (und das offenbart dann zugleich auch seine Geisteshaltung)
„Der Verfasser dieser Zeilen hatte sein circa 25jährigen Studium der Bibelbücher bezüglich Zeitangaben usw. noch nicht einen Widerspruch in der Bibel gefunden, denn selbst die wenigen in die heutigen Bibel hineingeraten Abschreibefehler stören die Grundzüge der Bibel nicht." (S. 4)

Derart gestärkt meint er weiter verkünden zu können:
„Am 19. Mai 1927 waren seit dem Archenausgang Noahs also 4398 Jahre verflossen."

Und:
„Nachdem wir nun einwandfrei festgestellt haben, das von der Erschaffung Adams bis zum 1. Nisan 1927 n. Chr. genau 6054 Jahre nach dem Bibelkalender sind." (S. 27)

Weiter Vorsteher:
„Wir wiesen daraufhin, dass zuerst die Jahre von der Erschaffung Adams an gerechnet wurden und dass dieser Anfang der Chronologierechnung der 1. Nisan des Jahres 4128 v. Chr. ist. An diesem Tage resp. während des vorhergehenden Tages wurde Adam erschaffen, so dass der 1. Nisan 4128 v. Chr. der erste Tag war, den Adam völlig durchlebte.... Damit war also der erste Tag Adams der 19. April 4128 vor Christo.
Da Adam eine Zeitlang allein auf Erden war, in welcher Zeit er den Tieren Namen gab (1. Mose 2:19), so konnte der Sündenfall und die damit verbundene Vertreibung der ersten Menschen aus dem Paradiese nicht gleich nach der Erschaffung Adams gewesen sein."
(S. 37)

Als Nutzanwendung sieht er dann wohl auch seine Aussage:
„So haben denn schon vor Jahren ernste Forscher auf Grund von Bibelzeugnissen gefunden, dass ca. eineinhalb Jahre nach der Erschaffung Adams der Sündenfall des Paradieses war. Aufgrund unser weiteren, genaueren Forschung fanden wir, dass die Bibel in sehr versteckter und rätselhafter Sprache den 19. Oktober 4127 v. Chr. als den Tag des Sündenfalles anzeigt. Eine weitere noch verstecktere Redeweise der Bibel, welche wir erst vor wenigen Monaten entdecken, bestätigt nicht allein den 19. Oktober 4127 v. Chr. als den Tag des Sündenfalls des ersten Menschenpaares, sondern gleich auch noch den 19. April 4128 v. Chr. als den Tag Adams. Dies möchten wir hier nur ganz kurz erwähnen, ohne auf die sehr umfangreiche Beweisführung hier einzugehen. Denn wir sind der Überzeugung, dass die meisten Leser bei dieser Beweisführung heute noch nicht zu folgen vermögen." (S. 38)

Beachtlich auch die im eben gebrachten Zitat gemachte Aussage:
„In sehr versteckter und rätselhafter Sprache."

Offenbar wähnte sich Vorsteher als „Versteher" solcher rätselhaften Sprache.
Sein euphorisches Narkotikum ist offenbar seine Aussage:

„Dass der Weltplan in bezug auf die Geschichte der Menschheit wunderbar und großartig angeordnet" sei." (S. 41)

Zu den von ihm gemachten „Erkundungen" gehört offenbar auch die:
„Aufgrund von tiefer in den Darlegungen der Bibel versteckt liegenden Zeugnissen erfahren wir, was sowohl der 19. Oktober der Tag der Geburt Jesu wie auch der Tag seines Amtsantritts war. Ohne hier auf die umfangreiche Beweisführung zu diesem Punkt einzugehen, wollen wir gleich den 19. Oktober 2 v. Chr. als den ersten Tag Jesu und den 19 Oktober 29 n. Chr. als ersten Tag des Amtes Jesus als Messias markieren." (S. 43)

Er meint weiter zu wissen:
„Am 1. August 1914 waren somit auf den Tag genau die 2520 Jahren der weiteren Züchtigung Israels zu Ende, was durch ein weltbekanntes Ereignis grell in Erscheinung trat. Am 1. August 1914 begann nämlich pünktlich der in der Bibel vorausgesagte Weltkrieg." (S. 50)

Zu dieser ganzen schon etwas kompliziert anmutenden Rechnerei setzt er noch eines drauf, wenn er dann verkündet:
„Diese Anfangstag der 3500 Jahren liegt circa 1574 + ¼ ein Jahre v. Chr., und somit müssen wir noch 1925 + ¾ Jahre n. Chr. rechnen, um zu Ende der 3500 Jahren zu kommen, denn 1574 + ¼ und 1925 + ¾ = 3500. Somit ist der 19. Oktober 1926 der Tag, zu welchem genau die 3500 Jahren die „70 Sabbate" vollendet waren." (S. 50)

Der 19. Oktober 1926 hatte es ihm im besonderen angetan. Hat sich nun an jenem Tage das erfüllt, was er erwartete? Wohl kaum. Dafür steht auch seine Aussage:
„Doch hat uns der 19. Oktober 1926 die Zeit gebracht, welche zum Ende der '70 Sabbathe" laut Jer. 29: 10 - 13 angekündigt ist? Wir müssen sagen dass wir sowohl zum Ende der 2250 Jahren wie auch zum 19. Oktober 1926 mehr erwartet hatten, als fürs Menschenauge leicht sichtbar in Erscheinung trat. Wir hätten einen viel schnelleren Werdegang der Zubereitung und zu dem „Ausgang" aus dem Babel des Elends und der Bedrückung dieser alten Weltordnung erwartet. Aber unsere Erwartungen waren ja nicht maßgebend, sondern der Plan und die genaue Zeit Gottes. Freilich sind wir bezüglich der Erden der beiden Zeitspannen (2520 und 3500 Jahre) nicht enttäuscht worden. Denn diese Zeitspannen erwiesen sich auch äußerlich als richtig für das Angekündigte aus.

Der 1. August 1914 war ein krasser Wendepunkt in der Zertretung der jüdischen Nation, wenn wir auch für diesen Zeitpunkte schon das völlige Ende der „Zertretung" dieses Volkes erwartet hatten. Wir sahen vor 1914 auch nicht, dass der 1. August 1914, der wohl das Ende des „Zertretung" Israels war, nicht gleich die völlige Befreiung von jeder Bedrückung bringen sollte, welche Befreiung einer Übergangszeit nach dem 1. August 1914 vorbehalten sein musste. Genauso war es mit unser Erwartung zum 19. Oktober 1926. Wir hatten zu diesem Tage schon die völlige Aufrichtung des Friedens erwartet, aber als wir die Ankündigung für diese Zeitung noch genau besahen, da fanden wir, dass der 19. Oktober 1926 nur die Wendepunkt zu dem verheißenen zu diesem Tage bringen sollte, nicht aber am gleichen Tage auch den ganzen Frieden für die Menschheit. Zu diesem Tage sollte der Ausgang aus dem Babylon der Weltordnung der Gewalttat und des Krieges sichtbar sein, während das völlige Herausgegangensein nach einer kleinen Übergangszeit nach dem 19 Oktober 1926 vorbehalten sein sollte." (S. 54)

Und nun kommt sein Datum 28. Oktober 1927 (was quasi Anlass für diese Erinnerungs-Replik bildet) wenn er weiter schreibt:
„Demgemäß mußten wir also auch nach dem Ende der 70 „Sabbathjahre" (also 3500 Jahre) nach dem 19. Oktober 1926 noch eine kurze Vorbereitungszeit bis zur Verwirklichung der Verheißung erwarten. Bis zum heutigen Tage (28 Oktober 1927) hat sich noch nicht die genaue Verheißung, welche zum Ende der „70 Sabbate" für die Menschheit (das Gegenbild Israels) gegeben ist, erfüllt. Die Vorbereitungen hierzu sind aber sehr weit fortgeschritten, so dass die Menschheit nach unserem Verständnis in ganz kurzer Zeit die volle Entfaltung der Verheißungen des Friedens auf Erden erwarten darf. Die Entfaltung selbst wird für die ganze Menschheit sehr überraschend, also plötzlich kommen. „Über Nacht" an einem Tage kommt nach der Verheißung der Bibel die Entfaltung dieses weltweiten Friedens, der Befreiung von der Unterdrückung usw., inmitten dieser gegenwärtigen Vorbereitung zu diesem Segen für die Menschheit. Doch über diesen Punkt möglich sehr viel zu sagen wäre, wollen wir uns hier nicht verbreiten."

Diese reichlich mit Zahlen gespickte Rechnerei offenbart doch wohl auch. Auch Vorsteher's Ursprungsdaten blieben unerfüllt. Deshalb hielt auch er es mit dem verschieben, dem hinhalten.

Sein Dogma des „wunderbaren Weltplanes" (Wirklich nur „sein" Dogma? Doch wohl eher nicht). Diese dogmatische Grundvoraussetzung läßt ihn allen Widrigkeiten zum trotz weiter im Nebel herumstochern. Und genau in letzterem dürtte er dann wohl auch untergegangen sein (symbolisch gesprochen).

Am Rande mit vermerkt.
Wie der "Wahrheitsfreund" noch erschien, konnte man in dessen Impressum auch den Namen Franz Egle (als Verleger) vorfinden. Unfraglich ist: Der "Wahrheitsfreund" hat in meiner Sicht die "Qualität" eines Sektiererblattes, dass anstelle brauner Scheisse, eben solche mit der Farbtönung lila offeriert (wenn diese drastische Formulierung ausnahmsweise mal gestattet sei). Jedenfalls ist der Umstand zu registrieren, dass im Jahrgang 1926 des "Wachtturms" zweimal "reumütige" Briefe von besagten Herrn Egle abgedruckt wurden, die von seiner Rückkehr in die enge Hürde der WTG-Religion künden.

Einigen beiläufigen Anmerkungen in einem Aufsatz von Herrn W. über die Geschichte von Zeugen Jehovas in Frankfurt/M. kann man auch dem Umstand entnehmen. Bei besagtem Herrn Egle (1879 geb.) handele es sich (beruflich) um einen Ingenieur.
1933 erstmals in Sachen WTG-Religion vom Naziregime inhaftiert. Nach einer gewissen Zeit wieder freikommend. In einer „Ernste Bibelforscher vor dem Sondergericht" überschriebenen Meldung des „Völkischen Beobachters" vom 20. 6. 1935 begegnet man seinem Namen erneut mit der Angabe, dass unter 13 vom Hessischen Sondergericht verurteilten Zeugen Jehovas sich auch „der 57jährige Franz Egle aus Frankfurt a. M., der Bezirksoberer war" befand. Sein Urteil wird mit vier Monaten Gefängnis beziffert.

Auch W. muss einräumen, nachdem schon Schaefer-Stahl (beiläufig) darauf hinweis, 1937 habe sich Egle dann von der WTG-Religion (erneut) abgewandt. 1941 soll er dann verstorben sein.
Nun soll diese 1937er Abwendung nicht überbewertet werden. Offenbar spielte da der Terror des Naziregimes einen wesentlichen Part mit. Dennoch verdient der Umstand, eines vermeintlicher Rückkehrer in die enge WTG-Hürde, eines früher exponierten, quasi (zeitweiligen) WTG-Kritikers, durchaus Erwähnung.

Im „Wachtturm" vom 15. 7. 1926 konnte man von Egle beispielsweise die markigen Worte lesen:
„Daher lasst uns unter Brüder einige Worte sprechen, allen wie sie je vom Wachtturm abgegangen sind, wie ihr Euch im „Wahrheitsfreund", „Herold" oder in der Freytagsverirrung befindet, und im besonderen die, die diesen Irrsystemen entsprungen sind und sich heute vereinzelt versammeln, höret doch, was Jehova sagt in den Bänden Bruder Russells."

Nun, man darf wohl begründet davon ausgehen, dass auch Herr Egle noch persönlich erlebt haben dürfte, wie die von ihm hochgelobten Russell'schen „Schriftstudien" aufs Abstellgleis geschoben wurden. Wie aus einer ursprünglich verhältnismäßig freiheitlichen Bewegung, eine straffe Diktatur wurde. Letzteres mag zwar durch die übergelagerte „Nazidikatur" in seinem Bewusstsein einstweilen noch untergegangen sein. Vielleicht aber auch am Ende seiner Tage, durchaus nicht (mehr).

Er wähnte die beschriebene "Scheisse" des "Wahrheitsfreundes" hinter sich gelassen zu haben. Vielleicht nicht aus seiner Individualsicht - wohl aber aus der Sicht einer objektiven Wertung vom Standpunkt des Außenstehenden, hatte er auf seine Lebensreise lediglich die Farbe der jeweiligen "Scheisse" gewechselt, nicht jedoch deren Konsistenz!

Laut Impressum gehörte zum Redaktionskollegium des "Wahrheitsfreundes" auch Fritz Christmann. Letzterer war davor (in der Zeit des ersten Weltkrieges) sogar zeitweilig, Redakteur der deutschen Ausgabe des "Wachtturms"!
Seine Geisteshaltung kommt auch markant in seiner Schrift über die sogenannten "Acta Pilati" zum Ausdruck, mit der sich schon Paul W. Schmiedel im Detail auseinander gesetzt hat.

Siehe dazu:
Acta Pilati
http://www.manfred-gebhard.de/Wahrheitsfreund.1.26.jpg

Ergänzend sei nochmals aus dem zeitgenössischen (1926) Votum von Rohkohl,
auch bezüglich der „Wahrheitsfreunde" zitiert:

Die 'Wahrheitsfreunde' und einige andere wollen bei der reinen
Lehre Russells bleiben. Das ist verständlich,
bedeutet aber das Ende der Bewegung.
Denn der Stifter war nun einmal auf Zahlenspekulationen
eingestellt worden. Seine Rechnungen durch die Geschichte als
falsch erwiesen, so fällt damit das ganze System.
Auch einfache Leute werden mit der Zeit den Irrtum erkennen.
Wir haben in der Geschichte des Sektenwesens genug Beispiele,
um das zu begründen.

Meines Erachtens sind deshalb die andern auf dem rechten Wege.
Nur, dass hier dann eine neue Schwierigkeit entsteht,
der sie zum Opfer fallen werden. Russells Stärke bestand
nicht in seiner Lehre an sich, die nichts wesentlich Neues brachte,
sondern in der Ausweitung der eschatologischen Stellen,
die er auf Grund seiner Berechnungen als jetzt erfüllt ansah.
Fällt das fort, und das wirtschaftlich beruhigte Deutschland
hat nicht mehr so stark das starke eschatologische Interesse,
so wird auch die Wirksamkeit seiner Schriften erhebliche Einbuße erleiden.

Die Süddeutschen 'Wahrheitsfreunde' schreiben:
'Direkt lächerlich ist es, wenn diese Irrlehrer der
Wachtturm-Gesellschaft die Geistlichen wegen ihrer Titel anklagen,
da sie sich doch selbst die unbiblischen Titel beilegten:
Direktor, Präsident, Erntewerksvorsteher, Pilgerbruder usw. …
Wenn die Wachtturmgesellschaft die Geistlichkeit wegen ihrer prächtigen Gewänder anklage,
so sei das Leben Rutherfords,
wenn er in Deutschland sei, fürstlich.
Obwohl Balzereit als einfacher Werftarbeiter
so etwas nicht gewöhnt war, kleidete er sich in seidene Hemden,
herrliche Strandanzüge, fährt zweiter Klasse,
auch hat er sich ein Auto angeschafft,
worauf man 'Kreuz und Krone' malte.'

Man macht zwar erstaunliche Erfahrungen
bei den Bibelforscherkreisen über die Enge ihres Gesamtkreises,
aber ich denke. Einmal muss es ihnen dämmern,
dass die Grundlagen ihrer Lehren mancher Korrekturen bedürfen.
Wir wollen uns hüten, aus diesen Tatsachen auf einen
nahe bevorstehenden allgemeinen Zusammenbruch
in absehbarer Zeit zu schließen. So schnell wird diese Spannung
nicht zu einer akuten Krise werden.
Aber starke Hemmungserscheinungen müssen sich geltend machen,
und damit ist für uns schon viel gewonnen.
Die Bibelforscher müssen jetzt denken und wirklich 'forschen'.
Wie viele dazu wirklich in der Lage sind, lässt sich schwer sagen,
aber so viel ist mir sicher, dass gerade in den
ländlichen Kreisen viele hier versagen werden.

Siehe thematisch auch:

Siehe auch die eher torsohaften seinerzeitigen Ausführungen von Dr. Herwig Schaefer-Stahl, unter anderem auch Ewald Vorsteher betreffend

http://www.gedenkbuch-wuppertal.de/de/img/ewald-vorsteher

 

Hitlerzeit

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