„Frau Dr. Sarah Ruth Pohl danke
ich nicht nur für die Übernahme des Zweitgutachtens; unser
Gedankenaustausch per Mail erleichterte mir auch die Klärung meiner
Gedanken.
Ihre Unterstützung beim Auffinden vergriffener Bücher war mir eine große
Hilfestellung."
Nun kann und will ich Herrn Drebing's Votum nicht weiter inhaltlich
bewerten. Würde ich es tun dürfte das Urteil ein ähnlicher Teilweise-Zerriss
sein, wie mein vorangegangenes Urteil in Sachen der Dissertation von Frau
Pohl.
Siehe zu letzterem:
Mysnip.61417
Selbstredend ist nur von einem Teilzerriss die Rede. Mit anderen Worten; es
wird anerkannt, dass ihre Studie auch brauchbare Elemente enthält.
Nun vernimmt man die Kunde, im Rahmen der Schriftenreihe die von der
Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, unter dem Titel „EZW-Texte"
herausgegeben wird, erschien jetzt als deren Heft 218, zusammen mit dem
Koautor Michael Utsch, von der EZW, das Heft das betitelt ist:
„Pädagogische Konzepte und Erziehungspraktiken bei den Zeugen Jehovas".
Die meinerseits früher geäußerte Kritik zur Diss. von Frau Pohl mal
ausblendend, stellt sich die Frage, was bekommt man, beim unvoreingenommenen
betrachten jenes Heftes in der Sache mitgeteilt?
Wieder gibt es in ihrer Einleitung den wertenden Satz:
„Die meisten Informationen, die über ihre Gruppendynamik und die Alltagspraxis bekannt wurden, stammen von ehemaligen Mitgliedern, die jedoch aufgrund der eigenen Leidensgeschichte meist aus einer einseitig geprägten Perspektive berichten und nicht als unvoreingenommene Berichterstatter gelten können."
Zu diesem „heimtückischen" Satz, den namentlich auch erklärte
WTG-Apologeten zu ihrem „Evangelium" erkoren haben, muss ich erneut
Widerspruch anmelden.
In einer zugehörigen Fußnote nennt dann Frau Pohl einige ältere, aber auch
neuere Buchtitel; etwa das von Barbara Kohout.
Ich halte der Arroganz die da auch Frau Pohl artikuliert entgegen. Wenn sie
denn der Meinung ist, die Berichte der Ex-ZJ-Szene seien ihr nicht objektiv
genug, dann wäre es angebracht, dass am Einzelfall zu verifizieren. Also
zumindest ansatzweise zu belegen, was an vorliegenden Berichten der „nicht
objektiven Art", dann in objektiver Wertung dennoch realer Kern ist.
Die WTG-Apologeten, und in dem Falle auch Frau Pohl, indes meines es sei mit
ihrer artikulierten Arroganz schon abgetan. Weitere Mühe erübrige sich.
Zu dieser erneut artikulierten Arroganz ist festzustellen:
Gewogen und als zu leicht befunden!
Der Konzeption solcher Schriften gemäß, findet man als nächstes einen knappen
Überblick über einige Aspekte der Zeugen Jehovas-Geschichte, die aber hier
grundsätzlich übersprungen werden können. Es geht einzig und allein in diesen
Ausführungen darum herauszuarbeiten, zu welchen wertenden Schlussfolgerungen
denn die Autorin bezüglich ihrer Thematik gelangt.
Immerhin melden die Autoren den Anspruch an: „In dem vorliegenden EZW-Text
wird genauer untersucht, wodurch die Erziehungskonzepte der Zeugen Jehovas
„problemerzeugend und konflikthaft" werden können."
Die Frage bleibt indes einstweilen offen, ob die Autoren ihrem Anspruch
indes auch tatsächlich gerecht werden.
Immerhin kommt die Autorin nicht umhin einzuräumen:
„Es ist zwar berechtigt und
wichtig festzustellen, dass unter gläubigen ZJ eine große
Verhaltensbandbreite besteht. Dennoch muss, selbst wenn gar keine
Umsetzung der kritisch zu wertenden Erziehungsvorschläge erfolgte, Kritik
an der Institution, die solche Erziehungsratschläge entwirft, geübt
werden. Eine Untersuchung der Realität kann nicht über das Vorhandensein
kritikwürdiger Aspekte in der Theorie und damit bei der Institution WTG
hinwegtäuschen." (S. 30).
Ein Reizthema ist dabei sicherlich auch die Frage, der Verwendung oder
Nichtverwendung körperlicher Gewalt. Die WTG-Apologeten werden ja nicht müde
zu betonen, Aussagen die von Anwendung körperlicher Gewalt manchmal in
ziemlich unverblümter Art redeten, seien ja mittlerweile ururalt.
Wenn die Autorin angesichts dieser Sachlage versucht vorsichtig zu urteilen
ist das sicherlich berechtigt.
Immerhin meint die Autorin, und das sei auch zitiert, gewisse zusammenfassende
Thesen ihrer Untersuchung formulieren zu können. In ihren eigenen Worten
lautet dann die 2. dieser Thesen: „Die WTG betreibt in Deutschland
gezielte Desinformation nach außen." (S. 31).
Das „nur" in Deutschland würde ich schon mal in Abrede stellen.
Gleichwohl hat die Autorin das Faktum der WTG-Desinformation durchaus zurecht
erkannt. Weil sie sich zu dieser Erkenntnis durchgerungen hat, sind wir im
Gegensatz zu der einleitend formulierten Kritik an ihr, schon mal ein
wesentliches Stück weiter gekommen!
Weiter in ihrer Wertung: „Es ist schon bei einer ersten
Durchsicht der Außendarstellungen zu erkennen: Sie bieten keine
Angriffsfläche und entwerfen ein gesellschaftlich normiertes
Erziehungsbild. Das gelingt nur, weil bestimmte (kritisch zu wertende)
Inhalte nicht thematisiert werden. Es gilt, die ausgelassenen Inhalte nach
ihrer Signifikanz zu strukturieren und in die Erziehungskonzeptionen der
WTG einzuordnen."
Beachtlich auch ihr Urteil: „Beim Thema „Gewaltanwendung als
Erziehungsmittel" zeigt sich eine eindeutige Weiterentwicklung bei der WTG
analog zur gesellschaftlichen Situation. Es wird heute nirgendwo zu
körperlichen Gewaltanwendungen geraten. Der Begriff „Zucht" wird
tendenziell eher mit liebevoller Unterweisung gleichgesetzt. Einige
Aspekte halte ich jedoch für bedenkenswert:
• Es wird an keiner Stelle der untersuchten Quellen eine eindeutige
Negation der Behauptung vorgenommen, Zucht beinhalte auch körperliche
Gewaltanwendung.
• Der Begriff „Zucht" ist weiterhin eine viel benutzte Vokabel im
WTG-Jargon. Es findet sich jedoch an keiner Stelle der Quellen eine
eindeutige Definition des sehr missverständlichen Begriffs.
• Gesetze bewirken einen höheren Anpassungsdruck als gesellschaftliche
Normen. Möglicherweise hat die Anpassung also nicht aufgrund eines
veränderten Bildes des Kindes stattgefunden, sondern weil die WTG nicht in
Konflikt mit der Rechtsprechung geraten möchte" (S. 35).
Was nun die einschlägigen WTG-Wegerklärer anbelangt, stellt sie sich denen
auch dergestalt in den Weg, als sie auch formuliert:
„In diesem Zusammenhang ist dem
Link'schen Gutachten beizupflichten, das zu dem Schluss kommt, die in den
Gerichtsprozessen festgestellten positiven Eignungsprognosen beruhen
darauf, dass die jeweils betroffenen Eltern die Lehre der Zeugen Jehovas
nicht oder nicht konsequent in die Praxis umsetzen. Es erfolgt zwar keine
Einflussmaßnahme der Religionsgemeinschaft mit sozialen Druckmitteln auf
den Erziehungsstil ihrer Mitglieder. Dennoch kann eine Kritik der Lehre
sich nicht an einer eventuell anders gelebten Praxis orientieren"
(S. 37)
Zu diesem Ihren Urteil gibt es meinerseits als Kommentar ein beifälliges:
„Bravo!"
Und weiter in ihrem Urteil, dass sie zu dem Schluss gelange:
„dass die Lehre der ZJ eine
eindeutige gesellschaftliche Nichtintegration des Kindes und Jugendlichen
in anderen Lebensbereichen vorsieht. ... Alle (WTG) Ratschläge haben bei
korrekter Umsetzung eindeutig eine gesellschaftliche Nichtintegration des
Kindes zur Folge. Es hat in diesem Bereich keine Weiterentwicklung der
Lehren stattgefunden. " Auch dazu ein: „Bravo!"
Auch diese ihre Thesen sei noch zitiert. Da verwendet sie - ausnahmsweise -
sogar mal eine Aussage aus Aussteigerkreisen:
„6.4 Zeitliche Einschränkungen
durch das Leistungsprinzip
„Das Schlimmste an meiner Kindheit war, dass meine Eltern quasi nie Zeit
für mich hatten. Immer ging es zu irgendwelchen Veranstaltungen bei den
Zeugen Jehovas. Wenn andere Eltern mit ihren Kindern tolle Ausflüge
machten, gingen meine Eltern mit uns predigen", berichtete eine
Aussteigerin" (S. 53).
Weiter in letzterem Urteil:
„Weiterhin definiert sich Wert und Geltung einer Person in Intensivgruppen häufig nach dem Leistungsprinzip, d. h. persönliche Bedürfnisse und Interessen sind sekundär und den Zielen der Gruppierung nachzustellen. Als Folge kann sich für Kinder eine zeitliche und emotionale Vernachlässigung ergeben sowie eine Vernachlässigung von Entwicklungsbedürfnissen, die von der Gruppierung nicht für wichtig erachtet werden. Eltern können unter Leistungsdruck (und damit in eine Situation zeitlicher, körperlicher und seelischer Überlastung) geraten, was wiederum Auswirkungen auf ihre Beziehung zu den Kindern haben kann."
Wie wahr. Die Autorin kommt zwar nicht auf das Thema Suizide und analoges
zu sprechen. Indes liegt ihr Votum durchaus schon in dieser Richtung.
Aus ihren Schlußsätzen sei noch der zitiert:
„Es wäre wünschenswert, wenn
sowohl für Eltern als auch für Jugendliche innerhalb der WTG „echte
Religionsfreiheit" bestünde. ... So wäre zu wünschen, dass die WTG die
Respektierung von Religionsfreiheit nicht nur von der Gesellschaft
fordern, sondern auch ihren eigenen Mitgliedern echte Religionsfreiheit
ermöglichen würde. „Echte Religiosität, die sich die Religion innerlich zu
eigen macht und sie fortschreibt, setzt Freiheit voraus"
(S. 56, 57).
Und dieser Satz wäre aus meiner Sicht noch wie folgt zu ergänzen, bzw.
umzuformulieren:
Es wäre wünschenswert, wenn hochrangige Politik- und Jura-Vertreter, aus deren
Augäpfeln immer nur ein Wort herausblitzt:
Opportunismus, Opportunismus und nochmals Opportunismus, wenn denen mal
endlich so viel Feuer unter ihrem Elfenbeinturm bereitet würde, dass sie es
selber in dem nicht mehr länger aushielten!
Am Rande vermerkt. Seit diesem Jahr ist der EZW-Text 145 aus dem Jahre 1999
(Detlef Garbe) auch Online zugänglich.
Mit verlinkt in
Extern
Das gilt aber nicht für das neuere EZW-Heft 218, welches nur als Print-Ausgabe
bei der EZW erhältlich ist.
Was die WTG unter „kindgemäßer" Erziehung zu verstehen beliebt.
(Bild „Brücke zum Menschen" Nr. 107/108)
Die Unheile Welt (auch) der Zeugen Jehovas
Erinnerungen von Jehovas Zeugen
Zwar nicht direkt zum Thema gehörig, in indirekter Form aber sehr wohl auch: Suizid Dort (am Textende) mit vorgestellt die Fall Vjekoslav Marinic. Und in ihm sehe man sich besonders die erzieherischen Elemente an, die zum geschilderten Ausgang jenes Falles führten.
Erziehungs-Ergebnisbewertungen