Datum: 04. Juli 2012 22:29
Wieder eine „Elfenbeinturm"-Studie
Zitat aus der Wikipedia:
„Der Begriff Elfenbeinturm bezeichnet einen geistigen Ort der
Abgeschiedenheit und Unberührtheit von der Welt....
Forschung und Produktion von Kunst im Elfenbeinturm bezeichnet einen
Intellektuellen, der einzig für seine Aufgabe lebt und sich nicht um die
gesellschaftlichen Folgen seiner Tätigkeit kümmert, sondern einzig nach
wissenschaftlicher und künstlerischer Wahrheit sucht. In dieser Verwendung
mischt sich in dem Ausdruck Spott über einen weltabgeschiedenen Gelehrten mit
der Bewunderung für einen Menschen, der sich mit all seiner Kraft einer edlen
Aufgabe (deshalb Elfenbein) widmet.
Heute überwiegt der negative Beigeschmack des Begriffs. Dieser bezieht sich
auf einen akademischen Habitus von Forschern oder Wissenschaftlern beliebiger
Disziplinen, der darin besteht, dass die innerhalb der Disziplinen herrschende
extreme Spezialisierung in Bezug auf die nicht-akademische Außenwelt nicht als
kommunikatives Problem erkannt werden will."
http://de.wikipedia.org/wiki/Elfenbeinturm
Ihrer juristischen Dissertation aus dem Jahre 2010 gab Alexandra Vogt den
Titel
"Der rechtliche Umgang mit dem Blutveto der Zeugen Jehovas."
Nunmehr im Jahre 2012, im Shaker-Verlag, auch als Buchhandels-Ausgabe
erhältlich.
Auf der Verlagsseite gibt es zudem eine im Vergleich zur Buchhandels-Ausgabe
etwas kostengünstigere Download-Datei. Bei letzterer ist allerdings zu
beachten, die Druckfunktion in ihr ist deaktiviert. Es ist also nur das lesen,
aber keinerlei Textausdruck möglich.
Einleitend teilt die Autorin mit:
"Nicht selten kommt es bei Ablehnung dieses Wunsches durch die Ärzte zu
einer unerbittlichen Irrfahrt der Eltern mit dem todkranken Kind von
Krankenhaus zu Krankenhaus, um einen Arzt zu finden, der das Kind mit
blutloser Alternativbehandlung zu retten vermag. Eine dramatische Situation
für alle Beteiligten."
Wenn da von einer dramatischen Situation die Rede ist, dann ist im weiteren
feststellbar. Nur das (auch für das medizinische Personal) gegebene Drama
interessiert sie im nachfolgenden etwas gründlicher.
Unter Hinweis auf einen konkreten Fall erfährt man dann, Anfang 2006 erlitt
eine 32jährige Zeugin Jehovas einen Verkehrsunfall. In dessen Folge wurde die
Patientin in die Universitätsklinik Rostock eingeliefert.
Nun beginnt das voraussehbare Drama der "jurstischen wasserdichten" Zeugen
Jehovas-Erklärung. Unter keinen Umständen, wie auch immer die Situation sein
mag, eine Bluttransfusion.
Weiter erfährt man:
"Aufgrund der schwierigen Situation erfolgten täglich ausführliche Gespräche
mit dem Ehemann, der bereits mit Beschluss des Amtsgerichts Rostocks einen Tag
nach dem Unfall zum vorläufigen Betreuer bestellt worden war."
Der, offenbar auch Zeuge Jehovas, blieb ebenfalls auf der Zeugen Jehovas-Linie.
Keiner der Ärzte vermochte ihn umzustimmen.
Das sie es versuchten und scheiterten, ist auch offenkundig.
Weiter erfährt man:
"
5 Tage nach dem Unfall verschlechterte sich der Gesundheitszustand der
Patientin sodann dramatisch ...
Sie verstarb schließlich ... kurz nach Mitternacht am 16. Tag nach ihrem
Verkehrsunfall. Sie wäre durch eine einfache Blutgabe in jedem Fall zu retten
gewesen!"
Das betraf nun eine Frau und Mutter von zwei kleinen Kindern!
Im folgenden redet die Autorin dann von
"starken Unsicherheiten und der damit
einhergehenden großen emotionalen Belastung der Ärzte."
Das ist das eigentliche Thema, dass dann sie dann umtreibt, die große
emotionale Belastung der Ärzte.
Als Beispiel wie die Autorin die kritischen Punkte im Stile von Banalität
abhandelt, mag ihre Aussage auf Seite 35 dienen:
„Durch den Einsatz von „24-Stunden-Sitzwachen", welche gegebenenfalls durch
das (Krankenhaus-Verbindungs)-Komitee auch rechtlich erzwungen wird, wird
darauf geachtet das dem Patienten keine Transfusionen verabreicht werden."
Ende der thematischen Aussage. Keine intensivere Kommentierung jenes
Tatbestandes. Ebenfalls keine intensivere Kommentierung des Umstandes, dass
Zeugen Jehovas, die selbst als medizinisches Personal tätig sind, fallweise
ihre Schweigepflicht verletzen, im Interesse der Durchsetzung der
WTG-Blutdoktrin.
Als Problematisch muss auf Seite 37 jener Studie, der auf einen Aufsatz im
"Deutschen Ärzteblatt" des Jahres 2002 verweisende Satz gewertet werden. In
Sonderheit der zweite Halbsatz der auf die Fußnote 150 verweist.
Es sei der Autorin konzediert, sie artikuliert damit keine eigene Meinung, sie
zitiert lediglich das was in besagtem Dt. Ärzteblatt zu lesen stand.
Gleichwohl ist aus dem Fall Tjaden zur Genüge bereits bekannt, dass eine
Aussage die erklärt
"wobei innerhalb der Gemeinschaft die Eheschließung fortan sowieso als nichtig
erachtet wird" (zwischen einem Zeugen Jehovas und einem Ehepartner, der diesen
mal angehörte, später dann aber nicht).
Das die Erfahrung gezeigt hat, diese "flotte Formulierung" des Dt.
Arzteblattes, etwas "zu flott formuliert" ist.
Die Autorin weist in ihrer Studie diverse Belegstellen von wachtower.org nach.
Auch solche, die sie im Jahre 2005 eingesehen hat, und bei einer
Nachüberprüfung im Jahre 2008 feststellen musste, die sind aber nicht mehr
existent. In diesen Fällen verweist die Autorin aber darauf, sie besitze
Ausdrucke dessen, was da im Jahre 2005 zu lesen war. Insoweit ist sie
diesbezüglich "auf der sicheren Seite".
Hätte die Autorin - was aber offenkundig so nicht der Fall ist - auch
kritische Verlautbarungen im Internet zu den Zeugen Jehovas, mit ausgewertet,
und als Belegstellen verwandt, hätte der angedeutete Gerichtsdisput in Sachen
Tjaden versus Dt. Ärzteblatt, auch zu ihrer Kenntnis gelangen können, und
verhindert, eine unglückliche Aussage zu wiederholen.
Allerdings, und das sei zur Entlastung der Autorin eingeräumt. Einen gewissen
Redaktionsschluss muss man ihr auch bei ihrer Ausarbeitung zubilligen. Der
Hauptzeitpunkt ihrer Recherchen, ist wohl dem Jahre 2005 zuzuschlagen, dann
lediglich nochmals im Jahre 2008 nachgeprüft. Insoweit lag der genannte Fall
Tjaden, nach ihrem Redaktionsschluss.
Zu den kritisch zu bewertenden Detailaspekten, zähle ich auch ihre (S. 4),
nicht zu ihrem Hauptthema gehörende Darstellung des Finanzgebarens der Zeugen
Jehovas. Da rächt sich dann, dass eine vom Kultusministerium in
Mecklenburg-Vorpommern im Jahre 2004 erschienene Sekten-Broschüre die Quelle
ihrer Erkenntnis ist.
Natürlich kann man das Finanzgebaren der Zeugen Jehovas kritisch werten, ohne
Frage. Wobei erneut der Vorhalt an jene Sektenbroschüre zu richten wäre,
"flott formuliert". Aus der Sicht juristischer "Erbsenzähler", die es darauf
anlegen, vielleicht etwas "zu flott" formuliert.
Aber auch in diesem Falle ist festzuhalten, es sind kolportierte Aussagen
Dritter, jedoch keine eigen verantwortete Aussagen.
Was teilt nun die Autorin - zusammengefasst - ihrer Leserschaft, die man dann
vorrangig auf Angehörige der medizinischen Berufe eingrenzen mag, als
Haupt-Resümee ihrer Ausführungen mit?
Nun auch sie unterscheidet zwischen den Fällen minderjähriger Kinder, wo
durchaus gerichtlich veranlasst, ein Durchbrechen der WTG Blutdoktrin möglich
ist. Und den Fällen erwachsener Zeugen Jehovas, welche von der WTG juristisch
indoktriniert, ihre Verweigerungshaltung relativ "wasserdicht" formulieren, so
das dann letztendlich die Ärzteschaft gezwungen ist (WTG-gezwungen), auch
Todesfälle hinzunehmen, wo sie aus medizinischer Sicht der Meinung ist. Ohne
diese WTG-Vorgaben könnten selbige vermieden werden.
Wie das einleitend genannte Beispiel auch zeigt, sind damit selbstredend auch
für die Ärzteschaft nicht unerhebliche psychologische Belastungen verbunden.
Letztendlich weis auch die Verfasserin keinen Ausweg aus diesem Dilemma.
Eine Reduzierung (keinesfalls aber eine "Beseitigung") dieses Dilemmas wäre
meines Erachtens nur auf dem Wege möglich, dass die WTG-Ambitionen noch gar
als KdöR belohnt zu werden, staatlicherseits zurückgedrängt würden.
Dazu sind aber weder die "Sonntags"Juristen, die da selbst nie Zeugen Jehovas
in ihren Leben waren, noch die "Sonntags"Politiker deren einzige und
vorrangige Prämisse lautet:
Opportunismus, Opportunismus und nochmals Opportunismus, willens und in der
Lage.
Auch die Studie von Frau Alexandra V ... zeigt dies in indirekter Form, wieder
mal deutlich.
Als Anhang, nach dem Literaturverzeichnis, wo ich meine was Zeugen
Jehovas-kritische Literatur anbelangt, nur zwei Namen entdeckt zu haben
(Gassmann und Türk) als wenn damit jener Literaturbereich schon "erschöpft"
wäre.
Danach gibt es als Anhang, in Reproform noch ein WTG-seitig formuliertes
"Dokument zur ärztlichen Versorgung". In selbigem findet sich als Verhöhnung
(S. 597 der Arbeit von Frau V ...) auch der Detailsatz
"Rechts auf Menschenwürde". Frau V ... hat zwar rund 600 Seiten Papier nunmehr
bedrucken lassen. Über jenes Recht auf Menschenwürde, das WTG-seitig
vorsätzlich verletzt wird, wusste sie offenbar nichts relevantes mitzuteilen
...