Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Rassentrennung

Offenbar jahrzehntelang wurde von der Bibelforscherorganisation in den USA das Prinzip der Rassentrennung mit durchgesetzt. Ihre Anpassung an den dortigen Zeitgeist, ist in diesem Punkt unübersehbar. So konnte man bereits im "Bibelforscher-Jahrbuch 1928" (S. 97) lesen:
"Der Herr hat uns auch seinen Segen deutlich gezeigt, dass es nach seinem Willen war, dass für unsere farbigen Geschwister in Amerika ein besonderer Zweig des Werkes aufrecht erhalten wird. Es geschieht dies nicht, um einen Unterschied zwischen Christen zu machen, weil jene farbig sind, sondern weil es uns so eine bessere Gelegenheit bietet, auch die zu erreichen, die ein Vorurteil haben. Es gibt durchaus keinen Grund, warum sich die farbigen Geschwister nicht mit ihren weißen Brüdern zum gemeinsamen Studium versammeln sollten. Aber wenn es sich um öffentliche Vorträge handelt, ist es viel besser für die Zuhörerschaft, wenn eine Trennung aufrecht erhalten wird."

Noch im Jahre 1949 notierte „Der Wachtturm" (S. 12), bezugnehmend auf Bezirksversammlungen der Zeugen Jehovas in den Südstaaten der USA:

„Im Bezirk Nr. 2, der sich im südlichen Teil der Vereinigten Staaten befindet, bestehen Farben- oder Rassenprobleme, denen die Königreichsverkündiger andernorts nicht gegenüberstehen. Hallen und Säle werden nicht vermietet, wenn sich eine gemischte Zuhörerschaft einfinden möchte. Indes verursachte die trennende Kraft, welche die alte Welt hoffnungslos zersplittert, keine Uneinigkeit an dieser Bezirksversammlung der Zeugen Jehovas. Allerdings mussten wir uns um den Saal mieten zu können, den Vorschriften anpassen, wonach die weißen und die farbigen Geschwister in verschiedenen Teilen des Saales sitzen mussten."

Dem Thema Rassentrennung in den USA widmet sich auch „Erwachet!" in seiner Ausgabe vom 22. 1. 1949. Laut Untertitel machen „offenkundige Benachteiligungen die Freiheits-Versprechungen lächerlich".
Diverse Beispiele dafür werden genannt. Ein Unterabschnitt in diesem Artikel ist dann überschrieben:
Wie sich die Religion hierzu stellt".
In ihm wird ausgeführt:

„Eine Rundfrage unter Geistlichen von Oklahoma ergab, daß einige für, andere gegen die Absonderung in den Kirchen waren. Manche Kirchenverbände ersuchten ihre Mitglieder, diesen Brauch abzuschaffen. Sollte es aber in Birmingham (Alabama) geschehen, daß ein Weißer durch eine Tür, die nur für Farbige bestimmt ist, in eine Kirche eintritt, so wird er verhaftet, selbst wenn es sich um einen Senator der Vereinigten Staaten (z. B. Glen Taylor) handelt.

Ein religiöser Pressedienst brachte am 13. Mai 1948 folgende Notiz aus Columbia (S. C.): 'Völlige Rassentrennung ist der Wille Gottes' und muß beibehalten werden, wurde von der Generalkonferenz der Methodistenkirche des Südens erklärt … 'Der allmächtige Gott hat es in seiner unendlichen Weisheit für gut befunden, von Anfang her die Rassen abzusondern, und wir sind ernsthaft der Auffassung, daß dem Willen Gottes durch das Beibehalten einer völligen Trennung zwischen den weißen und den schwarzen Rassen am besten gedient wird.'"


Abschließend kommentiert „Erwachet!" dazu:
„Die Rassenbenachteiligung ist nicht ausschließlich 'Amerikas Dilemma'. Südafrika, Indien, Australien sind nur einige weitere Beispiele. Tatsächlich haben mindestens vierzig Mitgliedstaaten der Vereinigten Nationen ihre eigenen Rasseprobleme; und die volle Lösung dieser Probleme ist all den menschlichen Regierungen nicht gelungen, auch den demokratischen nicht.
Das lenkt uns erneut auf die unbestreitbare Wahrheit, daß nur die theokratische Herrschaft alles beseitigen wird, was mit Rassenhaß und Rassenbenachteiligung zusammenhängt - jene Herrschaft, bei der Christus Jesus als Friedefürst über gerechtigkeitsliebende Menschen 'aller Nationen' regiert."


Also wie gehabt: Orientierung auf Hoffen und Harren; auf den „Sankt Nimmerleinstag".

Geflissentlich indes vermeidet es „Erwachet!" zu erläutern, wie denn das praktische Verhalten der Zeugen Jehovas in diesen Fragen war. Denn das diese Fragestellung auch an ihnen nicht vorübergehen würde, ist offenkundig.

Herbert Stroup etwa, notierte dazu schon in seiner 1945 in New York erschienenen Dissertation (später als Reprint erneut verlegt):
„In der Geschichte der Bewegung hat der Führer der Gesellschaft einmal farbige Zeugen ausdrücklich aufgefordert, sich nicht um Posten als Pioniere zu bewerben: 'Der Grund dafür ist der, dass nach unserer Erfahrung Farbige weniger gebildet sind als Weiße - viele von ihnen haben nicht genügend Wissen um aus der Lektüre unserer Literatur Nutzen zu ziehen. Unsere Schlussfolgerung basiert daher auf der Annahme, dass Literatur, die an eine Versammlung von Farbigen verteilt wird, weitgehend verschwendet wäre, nur bei einem ganz geringen Prozentsatz wären gute Ergebnisse zu erwarten.' Watchtower vom August 1928"

Man beachte als weitere Beispiele die Jahrbuchberichte.
Bereits im "Bibelforscher-Jahrbuch 1928" (S. 97)
Siehe Zitat weiter oben.

Oder etwa in dem USA-Bericht des 1933er Jahrbuches.
In selbigen eigens ein eigener Abschnitt „Andersfarbige Zeugen" überschrieben.
Darin wird die faktisch auch betriebene eigene Rassentrennung mit den Vokabeln „geschönt"
„den Verhältnissen anzupassen". Oder auch dass „die andersfarbigen Zeugen besonders dazu bestimmt worden, unter Andersfarbigen zu arbeiten."


 


 

[Hinweis Stroup, auch Rogerson (S. 81), zitieren den Englischsprachigen 'Wachtower' vom August 1928 zum Thema. Eine 100prozentige 1 zu 1 Übersetzung und Übernahme, im deutschen Wachtturm" gab es damals noch nicht. Ergo ist die fragliche Passage im deutschen WT des Zeitraumes 1928, so nicht nachweisbar. Diese Feststellung ist deshalb auch angebracht, dieweil Rolf Nobel in seinem Buch „Die Falschspieler Gottes", in einer Passage den Eindruck erweckt, als gäbe es die fragliche Passage auch im deutschen WT, womit er falsch liegt, dieweil die Unterschiede zwischen der Englischsprachigen und der deutschen Ausgabe nicht beachtend.
Das ist dann aber nur die formale Seite. Auf der inhaltlichen Seite sieht es schon erheblich anders aus. Beleg dafür auch jene Aussage aus der deutschen Ausgabe des „Goldenen Zeitalters" vom 15. 10. 1929 (S. 311) die in ihrer Tendenz inhaltlich sich auf demgleichen Niedrigstniveau bewegt, wie die ebenfalls verabschauungswürdige Euthanasie-Thesen-Kolportierung der zeitgenössischen WTG
 

Kolportierung von Euthanasie-Thesen durch die WTG

Euthanasie und Rassismus, waren auch und besonders ideologische Merkmale des Nazismus.

Die heutige WTG als Evolutionsgegner beliebt ja besonders auch den Sozialdarwinismus (in Worten) zu geisseln. In der Praxis indes, ihn selbst allerkräftigst zu praktizieren. Es ist was dran an der These, Nietzsche, der tote Gott müsse dadurch ersetzt werden, sich selbst zum Gott zu erklären. Nazis diese Detailthese Nietzsches besonders aufgreifend und extensiv in die Praxis umzusetzen. Wie gesagt, da ist was dran.

Wahrlich bin ich kein Freund der Catholica. Aber das anerkenne ich. Sie war eine der wenigen Stimmen zur Nazizeit, die sich, unter auch erheblicher persönlicher Gefährdung, dieser nazistischen Grundthese entgegenstellte. Wenn die berüchtigte T4-Aktion zu Nazizeiten, letztendlich nach einiger Zeit, klammheimlich wieder abgeblasen werden musste, dann kann die Catholica, sich zu Recht, auch ihren Anteil daran zugute halten.
Und dann vergleiche man dazu die auf dem Nazilevel liegende Aussage aus der genannten deutschen GZ-Ausgabe vom 15. 10. 1929]


Nun hat man wohl im Falle der USA zu registrieren. Der Name Martin Luther King etwa, steht dafür. Die dortigen Rassisten mussten zurückstecken. Eher unfreiwillig, aber sie mussten es. Das dies ein harter Kampf war, liegt auch auf der Hand. Und da stellt sich schon die Frage.

Und, wo stand in der Zeit des Kampfes die WTG?
Wie verhielt sie sich? Darüber aber gibt der genannte „Erwachet!"-Artikel keine Auskunft.

Die Sachlage war doch so, dass die WTG in ihren Versammlungen auch partielle Rassentrennung betrieb. Das die „Kastanien aus dem Feuer holen" lassen, überlies sie wieder einmal anderen.

Wenn die WTG auch in ihrem Artikel, zeitgenössische kirchliche Stimmen aus den USA zitiert, welche die Rassentrennung befürworteten, dann zeigt der Finger, mit dem sie da auf andere zeigt, letztendlich auf sie selbst auch mit zurück.

Natürlich wusste man in Brooklyn zu der Zeit, auch im Rückblick auf die eigene Geschichte. Soziale Unterklassen sind das Ursprungs-Potential der ersten WTG-Generation. Insofern will auch jener Artikel sich nicht mit den Benachteiligten „anlegen". An Lippenbekenntnisse für deren Interessen mangelt es also nicht.

Indes „Sonntagsreden" - und tatsächliches Verhalten, pflegen nicht selten „zwei linke Schuh" zu sein. Auch im Falle der WTG-Religion.
Siehe auch
Parsimony.20202

Parsimony.22640

Parsimony.22761

1949er Rückblick zur Zeugen Jehovas-Geschichte

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