Annotationen zu den Zeugen Jehovas

"Das Radio ist Jehovas Erfindung"

In der Rutherford-Broschüre "Des Volkes Freund" aus dem Jahre 1929 gelesen

Das Radio ist Jehovas Erfindung. Der Mensch hat lediglich herausgefunden, wie es zu gebrauchen ist. Die Zeit wird noch kommen, da Jehova Gott es seinen treuen Vertretern ermöglichen wird, von Jerusalem aus klar und deutlich vernehmbar zu allen Völkern der Erde zu reden. … Daher ist es nur passend und zeitgemäß, daß Jehova Gott den größten jemals auf der Erde über ein Netz vereinigter Radiostationen gehörten Rundspruch zum Ruhme seines Namens gebrauchen ließ. Das geschah in Detroit, Michigan, am Sonntag den 5. August 1928.

Die Washingtoner "Post", die führende Tageszeitung der Hauptstadt der Vereinigten Staaten, schrieb am Morgen des folgenden Tages über diesen Vortrag:

"Radionetz von 100 Stationen stellt neuen Rekord auf … 'Ich habe ein Telegramm von einer der New Yorker Tageszeitungen erhalten', erwähnte Richter Rutherford im Laufe seines Vortrages, worin gefragt wird, wieviel dieser Vortrag koste und wer ihn bezahle. Meine Antwort ist, daß er 50.000 Dollars kostet und von einer Anzahl Christen in den Vereinigten Staaten bezahlt wird, die froh sind, es tun zu können.'

Wie kommt es, daß eine dieser Korporationen, nämlich die National Broadcasting Company (Nationale Rundfunkgesellschaft), mit der Geistlichkeit einen Bund schloß und, mit ihr zusammenwirkend, bestimmen will, was das Volk über Religion und Bibel hören oder nicht hören soll? In den europäischen Ländern - einschließlich Deutschland und der Schweiz - bemühen sich die Überwachungsausschüsse ängstlich zu verhindern, daß das Volk über Radio irgendwelche Vorträge hört, die einer gewissen Klasse nicht angenehm sind.

Das Radio und seine Leitwege der Äther gehören Gott, und alle Menschen haben ein gleiches Recht daran, diese Dinge, die Gott darreicht, zu gebrauchen.

Euphorisch verbreitet sich Rutherford auch in der 1932 erschienenen Broschüre "Was du nötig hast":

"Das Radio gehört Jehova Gott. Der Gebrauch des Radios ist nicht etwa der vermehrten Weisheit des Menschen zu verdanken. Es wird in diesen letzten Tagen benutzt, weil Gottes bestimmte Zeit da ist, das Volk aufzuklären. Es gab einmal eine Zeit, wo in den Kirchen die Bibel gelehrt wurde. Jene Zeit ist von der Erde verschwunden. Jetzt aber können sich die Leute in ihren Wohnungen eine kurze Erklärung einiger Bibelwahrheiten durch Radio anhören."

Zur Radioeuphorie die Bibelforscher kann man auch vergleichen:

Der verlorene Kampf

Die unterdrückte Wahrheit

Die Substanz dieser Broschüre erschöpft sich nicht in vorstehendem. Insbesondere nimmt auch sie weitere gesellschaftskritische Aspekte auf. Etwa in den nachfolgenden Ausführungen:

Die Vereinigten Staaten sind mit Bezug auf Naturschätze das reichste Land der Erde; und doch sind in diesem Landes des Überflusses Millionen Menschen ohne Arbeit und leiden große Not, weil sie sich die einfachsten Lebensnotwendigkeiten nicht beschaffen können. Überdies ist die Steuerlast so drückend und Erpressung und Diebstahl durch öffentliche Beamte sind so groß geworden, daß es kaum mehr zu ertragen ist. Die Tageszeitung 'The New York American' sagt in ihrer Ausgabe vom 17. Dezember 1927:

'Behördlicher Diebstahl und amtliche Fäulnis sind der Fluch einer Regierung. Nirgendwo ist seine Last schwerer als in New York … Der Durchschnittsbürger kommt an die Grenze des Erträglichen, wenn unehrliche Politiker und unehrliche Geschäftsleute zusammenarbeiten, um die Kosten zu verdoppeln. Viele Grundeigentümer in Queens (New Yorker Stadtteil), einschließlich Hauseigentümer, werden mit der Versteigerung ihres Eigentums bedroht, wenn sie außerstande sind, die übermäßigen Steuern für die Abzugskanäle des Distrikts zu entrichten. Einige schätzen, daß die Hälfte der sechzehn Millionen Dollars zur Herstellung der Abzugskanäle in Jamaica von diebischen und bestechlichen Beamten eingesackt worden ist."

Der gigantische Trust für Erzeugung von Licht und elektrischer Kraft hat die Wurzeln der Regierung zerfressen, indem er in die Hochschulen eingedrungen ist, die Lehrer bestochen hat und systematisch versuchte, die Gedanken der heranwachsenden Jugend von gerechten Regierungsgrundsätzen abzuwenden. Der 'New York American' vom 21. Juni 1928 bringt folgende Äußerung La Guardias, eines Abgeordneten des amerikanischen Kongresses:

"Die Enthüllungen im Senat und die Untersuchungen der Bundes-Handelskommission den Kraft-Trust betreffend, haben offenbart, daß er eine der bedeutendsten Monopolmächte ist, die jemals in diesem Lande organisiert worden sind. Die elektrische Kraft ist in den Händen eines gänzlich unabhängigen Monopols und die Enthüllungen scheinen anzudeuten, daß Millionen Dollars für Beamtenbestechung, Beeinflussung der Gesetzgebung und Förderung gewisser Lehren in öffentlichen und privaten Hochschulen im ganzen Lande zur Verfügung stehen."

Diese unheilvolle Korporation ist aber von denen, die die sichtbare Regierung der amerikanischen Nation bilden, nicht einmal getadelt worden.

Die 'New York Times' vom 3. Juni 1928 bringt folgende Äußerung des Senators Underwood:

"Die Leute, die die Macht ausüben, sind nicht immer die Leute, über die sie ausgeübt wird. Organisierte Minderheiten herrschen jetzt. Das allgemeine Volk ist nicht organisiert. Es hat keine Vertreter in der Hauptstadt, die seine Interessen schützen; es ist vielfach falsch unterrichtet und durch unwahre Propaganda irregeleitet … Reichlich die Hälfte aller Gesetze, die jetzt gemacht werden, dienen anfänglich irgendwelchen Versuchszwecken und führen zu unglücklichen Ergebnissen. Die Regierung ist eine verwickelte Beamtenschaft geworden, die täglich bedrückender wird."

Senator Reed, Mitglied des Senats der Vereinigten Staaten, hat von der Rednerbühne und in der Presse erklärt, daß die Regierung der Vereinigten Staaten jetzt in den Händen eines "Haufens von Schwindlern, Erpressern und berufsmäßigen Kongreßbestechern" sei. … Ähnliche Schäden in allen anderen Nationen der Erde könnten hier angeführt werden, wenn die Zeit dies erlauben würde.

Was soll diese ganze Detailkritik, die sich auch in weiteren Rutherfordschriften nachweisen läßt, etwa in seinem Buch "Regierung"? Welchen Zweck verfolgt ihr Autor damit? Will er animieren, Veränderungen herbeizuführen? Will er zumindest, wenn er sich selbst dazu nicht imstande sieht, daraufhin orientieren, diejenigen direkt oder indirekt zu unterstützen, die das auf ihr "Panier" geschrieben haben? Auch diese Frage muss man verneinen.

Rutherford geht es eigentlich nur um eines: Um eine "dunkle Folie", auf der er sein "Patentrezept" zu offerieren gedenkt. Und dieses heißt: Hoffe und harre bis zum Sankt Nimmerleinstag! Mag man auch anderen Religionen vorhalten. Auch sie vertreten und kultivieren religiöse Opium. So doch wohl keine andere so ausgeprägt, wie die Zeugen Jehovas-Religion!

Dies kann man indirekt auch daran ablesen, welche Kommentare denn Rutherford auch den Konkurrenzreligionen angedeihen lässt. Zum Beispiel den:

Es gibt zwei Hauptklassen von Geistlichen; die einen nennen sich Modernisten, fortschrittlich, freisinnig usw., und die anderen nennen sich Fundamentalisten, aber auch Orthodoxe, Positive usw. Laßt uns gerne annehmen, daß beide Klassen aufrichtig in ihren Ansichten sind; aber dann muß zum mindesten ein böser Einfluß vorhanden sein, der bewirkt, daß sie so wesentlich voneinander abweichen, und dies läßt die Frage entstehen: Wem dienen sie eigentlich? Die Stellungnahme der Modernisten ist, kurz gesagt, die folgende: Der Mensch ist nicht von Jehova Gott erschaffen worden, sondern er ist das Resultat eines Fortentwicklungsvorganges; der biblische Bericht über die Erschaffung des Menschen und seinen Sündenfall ist unwahr und der Beachtung unwert; der Mensch benötigt keinen Erlöser und hat auch nie eines Erlösers bedurft; daher ist das Blut, das Jesus Christus auf Golgatha vergoß, ohne eigentlichen Wert für die Menschheit. Die Modernisten bestreiten also damit Gottes Wort.

Nachstehend folgen Aussagen einiger Geistlicher über die Frage der Evolution, die im schroffen Widerspruch zur biblischen Darlegung über die Erschaffung des Menschen stehen. Diese Aussagen mögen dem Volke behilflich sein, zu erkennen, wen die so orientierten Modernisten vertreten.

Charles Darwin war einer der hervorragendsten Vertreter der Evolutionslehre. Er bestritt die Wahrheit des biblischen Berichtes über die Erschaffung des Menschen durch Gott und verfocht die Lehre, daß der Mensch von einer sehr niedrigen Tierart abstammte.

Dr. S. Parkes Cadman, der Vorsteher des Kirchenbundes in Amerika, schreibt in dem Werk "Evolution und Christentum" in Kapitel 14 über den Einfluß des Darwinismus:

"Darwin war der erste, der ein Licht empfing und weitervermittelte, das ohne ihn vielleicht sehr lange verhüllt geblieben wäre … Darwin gebührt daher die Anerkennung, seinen eigenen Zeitgenossen und nachfolgenden Generationen die majestätische Auffassung einer ununterbrochenen und unwiderstehlichen Fortdauer des Lebens gegeben zu haben; eines Lebens von innewohnenden Eigenschaften, die seine Fortdauer sichern; eines Lebens, das niemals abwärts geht, sondern stets von Niedrigem zu Höherem fortschreitet … Der durch weiteres Nachdenken gewonnene Vorsprung trennte ihn schließlich von der Verankerung biblischer und wissenschaftlicher Überlieferungen … Ich halte die Darwinsche Erklärung für die größte, die ich je über die Wesenheit des überragenden Geistes kennengelernt habe. Wenn die Kirche sich die Umstände schnell zunutze gemacht hätte, dann hätte ihr die Darwinsche Entdeckung gute Dienste geleistet."

Der Geistliche Harry Emerson Fosdick sagt im 16. Kapitel desselben Buches:

"Sowohl unsere größten Lehrer als auch die bedeutendsten, die Tiefreligiösen wie auch die Religionsverächter, glauben an die Fortentwicklung … Entschieden ist die Idee von einem innewohnenden Gott, der der Gott der Evolution ist, unendlich großartiger, als von dem gelegentlichen Wunderwirker, wie der Gott der alten Theologie es ist."

Der Bischof von Birmingham, England, sagte von seiner Kanzel herab:

"Darwins Behauptung, daß der Mensch vom Affen abstammt, hat über fünfzig Jahre der Probe kritischer Untersuchungen standgehalten. Vermehrte Kenntnis und sorgfältige Untersuchungen haben ihre Wahrheit nur bestätigt. Das Resultat ist, daß die Geschichten von der Erschaffung Adams und Evas, von ihrer ursprünglichen Unschuld und ihrem Falle Märchen geworden sind. Darwins Triumphe haben das ganze theologische Lehrgebäude über den Haufen geworfen."

In diesem Zusammenhang sind die Worte des Dr. A. Wakefield Slaten erwähnenswert:

"Ich bin in einer theologischen Schule erzogen worden und kann mir kaum vorstellen, wie es möglich ist, daß ein Mensch als Priester oder Prediger seine ihm vorgeschriebene Ausbildung erhalten und dabei als ehrlicher Mensch die Schule verlassen kann …"

Von dem Geistlichen Chaunery J. Hawkins, Pastor der Ersten Unabhängigen Kirche in San Franzisko, berichtet die Presse folgendes:

"Ein mutiges Bekennen zu der wissenschaftlichen Lehre, daß der Mensch ursprünglich ein niedriges Tier war und sich zu seinem gegenwärtigen Zustande fortentwickelt hat, war die von dem Pastor vorgebrachte Lösung der Probleme, denen die moderne Kirche gegenübersteht. Er erklärte, daß die organisierte Religion niemals ihre Stellung als wesentlicher Bestandteil im Leben der Menschheit zurückgewinnen werde, wenn sie sich nicht von dem Glauben an die Geschichte vom Ursprung des Menschen, wie sie im ersten Buche Mose erzählt ist, lossage. Die Kirche ist schwankend inmitten eines unheilvollen Weltzustandes.

Wie die Presse ferner berichtet, hat der Geistliche Dr. Haynes Holmes von New York folgendes erklärt:

"In den letzten 2000 Jahren haben sich große Dinge ereignet. Die Psychologie des Apostels Paulus hat ihren Tag gehabt. Der moderne Mensch sitzt heute zu den Füßen des Gelehrten, des Astronomen, des Soziologen und Biologen. Der moderne Mensch liest Biologie, nicht Theologie. Der moderne Mensch lehnt es ab, an irgend etwas Geheiligtes zu glauben …

Eine neue Religion wird sich aus den Nebeln des zeitgeschichtlichen Judaismus und Christentums erheben. Diese neue Religion wird jede besondere Religion als göttlich und heilig erkennen. Sie wird nicht einen Gott und einen Glauben haben."

Die "New York Times" bringt folgende Äußerung des Dekans Shailer Matthews von der theologischen Fakultät der Universität Chikago:

"Können wir Christen sein und dennoch unsere Intelligenz gebrauchen? Oder müssen wir unsres Glaubens wegen auf den Gebrauch unseres Intellekts verzichten? Das Christentum braucht nicht durch die Bibel beschränkt zu werden."

Der amerikanische Staat Tennessee hat ein Gesetz erlassen, das den Universitäten und Mittel- und Volksschulen verbietet, Theorien zu lehren, die den biblischen Bericht von der göttlichen Erschaffung des Menschen leugnen und statt dessen behaupten, daß der Mensch von einer niedrigen Tierart abstamme; und nach dem Gesetz dieses Staates ist es ein Vergehen, in den Schulen die Evolutionstheorie zu lehren. Ein gewisser Professor Scopes wurde wegen Verbreitung dieser Lehre angeklagt und vor Gericht geladen. Der kürzlich verstorbene Wm. J. Bryan (einstiger Staatssekretär der U. S. A.) hielt eine mutige Verteidigungsrede zugunsten der Bibel. Das Untersuchungsgericht ließ die Sitzungen regelmäßig mit dem Gebet eines Fundamentalisten eröffnen; aber das gefiel den Modernisten durchaus nicht. Prediger dieser Richtung, die den Sitzungen beiwohnten, richteten folgendes Ersuchen an das Gericht:

"Wir bitten Sie, die Tatsache zu berücksichtigen, daß unter den Personen, die mit den Gerichtsverhandlungen gegen John T. Scopes in enger Verbindung stehen und daran teilnehmen, sich manche befinden, für die die Gebete der Fundamentalisten nicht geistig erhebend und manchmal auch anstößig sind. Da Ihrer Anordnung gemäß alle Personen im Gerichtssaal durch Erheben von ihren Sitzen an den Gebeten teilzunehmen haben, so scheint es uns nicht mehr als recht und billig zu sein, daß wir gelegentlich auch ein Gebet hören, bei dem kein geistiger Vorbehalt unsererseits nötig ist, und an dem wir mit ruhigem Gewissen teilnehmen können. (gezeichnet:) Pastor C. F. Potter, Prediger der Weltweite-Unitarier-Kirche, N. Y.; Rabbiner Jerome Mark, Tempel Beth-El, Knoxville, Tenn.; Pastor F. W. Hagan, Erste Unabhängige Kirche, Huntigton, W. Pa; Pastor D. M. Welch, Prediger der Unitarier-Kirche, Knoxville, Tenn."

Dr. McAfee hat, wie die Presse berichtet, bei einer Konferenz der Präsidenten von siebenundfünfzig Presbyterianischen Universitäten und Technischen Hochschulen folgende Aussage gemacht:

"Der Gott der Evolution ist eine gewaltigere Macht im Leben als der Gott der Bibel."

Die "Northwestern" Universität sandte Fragebogen an Geistliche, um deren Einstellung zum Modernismus und Fundamentalismus zu erfahren. Das Folgende entnehmen wir einem Leitartikel des "Atlanta Georgian" vom 17. Mai 1928:

"Von den 436, die Antwort gaben, drückten 47 Prozent ihre Überzeugung aus, daß Gott die Welt erschaffen hat, und zwar so wie in der Schöpfungsgeschichte im ersten Buche Mose berichtet ist. 61 Prozent hingegen erklärten, daß die Evolutionsidee nicht im Widerspruche mit einem Glauben an Gott stünde.

Nur 80 Prozent erklärten, daß Gott allmächtig ist, und nur 68 Prozent sind der Ansicht, daß Gott gelegentlich auch seine Allmacht durch Wunder kundtue. In diesem Punkte stimmen nahezu ein Drittel der Prediger, die eine Antwort eingesandt haben, mit dem einstmals berühmten "Ungläubigen", dem Obersten Ingersoll überein, dessen Unglaube darin bestand, daß er behauptete, Wunder seien Täuschung."

In Kommentierung seiner eben gebrachten Zitate äußert Rutherford dann unter anderem noch:

Ein Vergleich der vorher angeführten Aussagen der modernen, fortschrittlichen, freisinnigen Geistlichen mit dem klaren Zeugnisses des Wortes Gottes ergibt die Antwort auf die Frage: Wen vertreten und wem dienen diese Geistlichen: Gott oder dem Teufel?

Es ist unschwer zu erraten wie Rutherford selbst seine Frage beantwortet. Es ist unschwer zu erkennen, auf wessen Seite er im auch international Aufsehen erregenden "Affenprozeß" von Dayton, Tennesse stand, den er "nur" mit der Lapalie der Frage welche Form von Gebeten dort gesprochen wurden, miterwähnt. Mit den von ihm favorisierten Fundamentalisten, vermag er sich allerdings auch nicht so recht zu solidarisieren. Zum Beispiel kreidet er ihnen deren Dreieinigkeitslehre an, die er nicht mittragen will. Weit bedeutender ist aber vielleicht der Dissenz, der in dem nachfolgenden Satz zum tragen kommt:

In vielen in den Weltkrieg verwickelten Ländern gab es treue Nachfolger Jesu Christi, die überzeugt waren, daß sein Gebot "Du sollst nicht töten!" Buchstäblich zu befolgen ist. Sie zogen es vor, dem Herrn mehr zu gehorchen als Menschen, und darum waren sie entschlossen, keinen Menschen zu töten. Deshalb weigerten sich diese christlichen Laien, Waffen zu gebrauchen und zu töten. Dafür wurden sie verfolgt und gesellschaftlich geächtet; viele wurden eingekerkert, und andere wurden grausam geschlagen und getötet. Die Menschen, die bei dieser Christenverfolgung Anführerdienste taten, waren fast immer Geistliche. Die von der I. V. B. in Brooklyn, N. Y. herausgegebene Zeitschrift "The Golden Age" veröffentlichte in ihrer Nr. 27 umfassendes spezialisiertes Beweismaterial über den Anteil, den viele Geistliche an dieser Verfolgung genommen haben.

Es ist richtig, wenn salopp formuliert, gesagt wird: Es laße sich nachweisen. Auch etliche Funktionäre des Christentums haben sich als solche erwiesen, die die Jugend "in die Schützengräben hineingepredigt" haben. Auf ein Beispiel dieser Art, den Pastor Karl Gerecke, bin ich in der "Geschichte der ZJ" S. 436f. näher eingegangen.

Rutherford redet weiter, auch zu recht, von christlichen Laien, die sich wohltuend davon unterschieden. Diese Begrenzung auf "Laien" ist in der Tat zu konstatieren. Jedenfalls waren es keine hauptamtlichen Christenfunktionäre die man da in relevanter Zahl nennen könnte.

Das läßt sich auch gut am Beispiel der "Siebenten-Tags-Adventisten" verdeutlichen. Nur wenige Jahrzehnte vor den Bibelforschern am deutschen Markt "etabliert", hatten sie zu Beginn des ersten Weltkrieges schon einige organisatorische Reichtümer aufgehäuft. Sie hatten also auch im buchstäblichen Sinne etwas zu verlieren. Und es zeigte sich alsbald, die Funktionäre waren nicht zum verlieren bereit. Sie gingen die geforderten Kompromisse zum organisatorischen Überleben ein. Aber es gab auch bei den Adventisten "Laien", die ihre Funktionäre darob des Verrats schalten, und auch die Konsequenzen zu tragen bereit war. Eine Minderheit - sicherlich. Immerhin eine Minderheit die sich daher von den Siebenten-Tags-Adventisten separierte und die letztere bis heute, nicht mehr vermochten neu zu integrieren. Also auch dort tat sich ein unüberwindlicher Graben auf.

Was die Bibelforscher in Deutschland hingegen betrifft, so schwammen die, solange Russell noch lebte, mit auf Kriegskurs. Das änderte sich erst in dem Moment, als Rutherford das Steuer fest in der Hand hatte. Dann das Beispiel des zweiten Weltkrieges, mit Wehrdienstverweigerungen in Hitlerdeutschland. Wer verweigerte dort? Die einstmals hauptamtlichen Funktionäre der WTG Balzereit und Dollinger, jedenfalls nicht.

Wiederum waren es "Laien" bzw. Untergrundfunktionäre, welche die Last der einsamen Entscheidungen trugen. Was hatte ein Untergrundfunktionär wie Cyranek beispielsweise, zu verlieren? Solange er in Freiheit noch lebte, war er bereits gehetztes "Wild". In dem Moment seiner Verhaftung, konnte ihm schon im voraus klar sein. Mit oder ohne Wehrdienstverweigerung. Ein "Happyend" gibt es für ihn nicht.

Jene Zeugen-Untergrundfunktionäre kann man daher nicht vergleichen mit jenen STA-Funktionären im Ersten Weltkrieg, die zur Sicherung ihrer materiellen Besitztümer die notwendigen Kompromisse dafür, eingingen.

Noch eins. Es gab schon einige Jahrzehnte früher religiös motivierte Wehrdienstverweigerer. Besonders zu nennen die Mennoniten, auch die Quäker. In beiden Fällen offenbarte sich, wenn es für hauptamtliche Funktionäre wirklich hart und rücksichtslos brenzlig wird; dann gibt es die vom Staat erzwungenen Kompromisse, namentlich auf der Ebene der hauptamtlichen Funktionäre, denen dann vielfach das Hemd näher ist als der Rock.

Rutherford hat also zu Recht von den Laien gesprochen, die Träger diesbezüglich anderer Entscheidungen sind. Eine international, noch dazu streng zentralistisch orientierte Organisation, mag da vielleicht größere Wiederstandskräfte haben, als wie eine primär national begrenzte. Indes kein Widerstand ist unbrechbar. Siehe auch das Beispiel Schweiz. Auch Helden von gestern sind manchmal die Verräter von morgen!

Zu weiterem dieses Thema betreffend siehe auch: Wehrdienstverweigerung

Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen kritisiert Rutherford, wie gehabt, auch den Völkerbund, als angeblicher Konkurrenz zum "Königreich Gottes". Damit ist seine Linie klar. Fundamentalismus mit betonter Spezialisierung auf den Endzeitglauben. Und damit nur eines: Erziehung zum Hoffen und Harren!

Also sprach Rattenfänger Rutherford: "Kauft meine Schriften"

Siehe auch den Reklameanhang zu der 1932 erschienenen Rutherford-Broschüre: "Was du nötig hast".

Zum mitgenannten Thema Evolution vergleiche man auch noch

Evolutionslehre (1918)

Atheist oder Deist

Die Ära Rutherford

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