Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren ("Goldenes Zeitalter" 1. 8. 1937)


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 30. August 2007 02:11:01:

Als Antwort auf: Re: Zeitgeschichte vor 70 Jahren ("Goldenes Zeitalter" 1. 8. 1937) geschrieben von Drahbeck am 29. August 2007 05:12:47:

Bereits in seiner Ausgabe vom 15. Juni 1937 musste das „Goldene Zeitalter" darüber berichten, dass es dem Nazi-Agenten Boris Toedtli in der Schweiz offenbar gelungen war, führende WTG-Funktionäre vor Gericht zu ziehen und sie unter dem Vorwand „Herabwürdigung der Religion", daselbst erfolgreich belangen zu lassen.
Nachdem man sich in WTG-Kreisen, ob dieses Umstandes einigermaßen wieder gefangen hatte, ging man zum Gegenangriff über. Besonders herausragend ist dabei unfraglich die Ausgabe vom 1. August 1937 des „Goldenen Zeitalters".

Auf einige diesbezügliche Details wurde schon früher eingegangen.
Etwa in
19372Jonak
19372Metzler
Auch in Parsimony.23036

In diesem Zusammenhang werden von der WTG auch für sie entlastende Voten der Theologieprofessoren Ernst Staehelin und Karl Barth zitiert. Die sind dann auch in das „Zürcher" (Harbeck)-Buch „Kreuzzug gegen das Christentum" mit eingeflossen. Und in Kommentierung jenes Buches wurde schon da zu dem Votum des Karl Barth näher Stellung genommen. Siehe dazu:
Zuercher

Was nun Staehelin anbelangt (auf den zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen der Kommentierung der GZ-Ausgaben; dann die aus den zwanziger Jahren, noch näher eingegangen werden wird), so kann man diesem unfraglich schon „von Hause aus" ein gewisses, größeres Maß an Verständnis (als andern Orts) für die Bibelforscher unterstellen.

Ein Beleg dafür ist auch seine 1925 publizierte Schrift "Was haben wir von den 'Ernsten Bibelforschern' zu halten?" Kennt man andere zur gleichen Zeit publizierte Schriften zum Thema, die nicht selten fast "mit Schaum vorm Maul" agitierten, kann man Staehelin unfraglich Sachlickeit bescheinigen:
Etwa wenn er schreibt:

"Nun gibt es ein Gesetz der Geistesgeschichte, daß, wo eine Wahrheit verkürzt wird, eine Gegenbewegung entsteht, die den verkürzten Teil der Wahrheit zur Geltung bringt. Aber als Gegenbewegung ist sie immer in Gefahr einseitig zu werden ... Durch ihn (Rutherford) ist ein schärferer Zug in die Bewegung gekommen. ...
Wenn wir aber so auf einen äußeren Kampf verzichten, so wollen wir uns desto mehr innerlich an die Arbeit machen und mithelfen, die Reichsgotteshoffnung im Leben unserer Kirche ganz anders zur Geltung zu bringen, als sie bisher in Geltung stand."

Für diese Tendenz spricht unter anderem auch seine Herausgebertätigkeit insbesondere auch für das Buch von Ludwig Reinhardt, "Im Bannkreis der Reichsgotteshoffnung". Bearbeitet von Ernst Staehelin, München 1924.

Wer es je gelesen hat, weis. Wenn es überhaupt in Theologenkreisen Verständnis für die Bibelforscher gab, dann eben hier. Und so verwundert es eben auch nicht, dass sich auch Staehelin zu einem Verteidigungsvotum für die WTG bereit fand. Insbesondere den Aspekt betreffend, dass faschistische Kreise das Zerrbild entworfen, die Zeugen Jehovas wären angeblicherweise eine „politische Kampftruppe". Das wies nebst Barth auch Staehelin zurück.

Dazu zitiert diese GZ-Ausgabe:
Herrn Direktor Harbeck
Sehr geehrter Herr Direktor,
Gerne stelle ich Ihnen mein Urteil über die "Zeugen Jehovas" (früher: Internationale Vereinigung Ernster Bibelforscher) zur Verfügung. Die "Zeugen Jehovas" sind eine Bewegung, die sich bemüht, die Grundwahrheiten der Heiligen Schrift zur Geltung zu bringen.
Vor allem sind es die Verheißungen und Weissagungen des kommenden Reiches Gottes, die im Mittelpunkt ihres Interesses stehen. Dabei wird viel Richtiges gesehen und betont; allerdings mischt sich in die Bibelerklärung auch viel Menschliches; besonders ein gewisser "Amerikanismus" macht sich bemerkbar.
Die ganze Bewegung gehört hinein in die Geschichte der christlichen Kirchen. Es gab immer wieder solche Bewegungen, die von einem neuen Lesen der Bibel ausgingen und Göttliches mit Menschlichem vermischend, neue Denominationen und Gruppen bildeten. Zu diesen kirchengeschichtlichen Bewegungen gehören auch die "Zeugen Jehovas". Mit politischen Tendenzen und Bestrebungen haben sie nichts zu tun. Ihre Kritik an unseren staatlichen und kirchlichen Zuständen ist von der Bibel aus gemeint und will der Botschaft vom Reiche Gottes dienen.
In vorzüglicher Hochachtung
Ihr
Prof. Dr. Ernst Staehelin

Weiter wird in dieser GZ-Ausgabe der beachtliche Umstand herausgearbeitet, dass der Boris Toedtli, sich unterm Strich als Strohmann entpuppt. Das Gerüst für seine Gerichtsklage muss er sich von dem Wiener (Nazi) Dr. Hans Jonak v. Freyenwald erstellen lassen.

Es versteht sich selbstredend - da wie die WTG richtig erkannt - Jonak ihr eigentlicher Gegner ist, sie an selbigen kein gutes Haar lässt. Auch in dieser GZ-Ausgabe nachlesbar. Das ist in der Tat ein gewichtiger Umstand. Ohne Frage. Er bedarf einer ausführlichen Kommentierung.
Da selbige schon früher erfolgte, sei diese jenen, die sie noch nicht kennen sollten, sehr zur Lektüre empfohlen.
Siehe dazu:
Jonak


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