Heinrich Metzler

Ich habe mich schon verschiedentlich zu dem Fall Jonak und dem damit verbundenen "Rattenschwanz" geäußert. Meine Sympathie gehört in dieser Auseinandersetzung in der Regel den Zeugen Jehovas, nicht jedoch ihren katholischen Kontrahenten mit faschistischer Schützenhilfe. Allerdings ist auch mir bewusst, dass auch die Zeugen Jehovas mit "allen Wassern der Rhetorik" gewaschen sind. Aber nicht nur sie. Für die zeitgenössischen Berufsgegner der Zeugen gilt ähnliches. Also man muss bei diesen zeitgenössischen Dokumenten schon genau hinsehen. Es ist bekannt, dass die Zeugen Jehovas in Österreich der dreißiger Jahre gleichfalls verboten wurden. Um dazu mal eine unverdächtige Quelle zu zitieren.

In dem 1982 erschienenen Band 2 der Dokumentation "Widerstand und Verfolgung in Oberösterreich wird dazu ausgeführt (S. 199): "Die Sekte der Zeugen Jehovas (Ernste Bibelforscher) war in Österreich 'durch den Bescheid des Sicherheitsdirektors von Wien vom 17. Juni 1935 und endgültig durch den Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 17. Juni 1935 1936 verboten worden.' Die Verfolgung erschöpfte sich jedoch damals zumeist in der Beschlagnahme von Druckschriften, die aggressive Passagen gegen die römisch-katholische Kirche enthielten."

Diesen Hintergrund sollte man mit im Auge haben, wenn man das nachfolgende Dokument beurteilen will. Im Jahre 1937 gelang es der sogenannten "Schweizerischen Presse-Korrespondenz", die Zeugen Jehovas durchaus herauszufordern. Im Jahrgang 1937 des "Goldenen Zeitalters" lassen sich etliche Stellen nachweisen, die von dieser auch publizistisch ausgetragenen Kontroverse künden. Wie gesagt: In Rhetorik waren beide Seiten keine "Waisenknaben". Ein Dokument aus diesem Schlagabtausch, sei nachstehend doch noch wiedergegeben ("Goldene Zeitalter" 1. 12. 1937 S. 6):

Einleitend wird auf bereits frühere Veröffentlichungen hingewiesen, in denen sowohl die SPK als auch die Zeugen Jehovas versuchten, sich gegenseitig "aufs Glatteis" zu locken. Keiner der Kontrahenten konnte seine Ursprungsabsicht im vollen Umfange verwirklichen. Aber immerhin, auch das "Goldene Zeitalter" sieht sich genötigt, wenn auch widerwillig, auch der ihm unbequemen Gegenmeinung einmal Raum zu geben. Man kann dort lesen:

"Darauf Herr Metzler am 20. 1937 an Herrn Harbeck:

"Sehr geehrter Herr Harbeck!

Nachdem Sie nun bereits im Goldenen Zeitalter unsere bisherige Korrespondenz publiziert haben, komme ich heute dazu, Ihren Brief vom 18. Sept. 37 zu beantworten. Ich gebe der Hoffnung Ausdruck, dass Sie den Inhalt dieser Zeilen Ihren Lesern nicht vorenthalten werden.

Der Vorschlag vom 31. Juli dieses Jahres, auf gestellte Fragen an Sie Antworten zu erteilen und sowohl Fragen und Entgegnungen in der SPK als auch im 'Goldenen Zeitalter' zu veröffentlichen, haben Sie mit unsachlichen Argumenten abgelehnt. Dagegen haben Sie den Gegenvorschlag gemacht, biblische Fragen mit einem Vertreter der evangelischen oder katholischen Geistlichkeit öffentlich zu diskutieren, und Sie stellten das Ersuchen, Ihnen 'einen ebenbürtigen Vertreter der katholischen Kirche' zu nennen. Hierauf antworte ich Ihnen, dass ich nicht in der Lage bin, einen Ihnen ebenbürtigen Vertreter zu nennen, da zur Erfüllung der Voraussetzung der Ebenbürtigkeit der Betreffende ebenso wie Sie, wegen Vergehens der Religionsstörung verurteilt worden sein müsste.

Ich berufe mich in dieser Hinsicht auf das Urteil des Landgerichtes für Strafsachen in Wien vom 4. Mai 1934, mit welchem Sie wegen Vergehens der Beleidigung einer gesetzlich anerkannten Kirche nach § 303 Öst. Strafgesetz, und wegen Verbrechens der Religionsstörung nach § 122 Öst. Strafgesetz verurteilt worden sind. Der Oberste Gerichtshof in Wien hat ihre Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen und mit Erkenntnis vom 1. März 1935 das Urteil bestätigt.

Nicht anders erging es Ihnen in Bern. Auf Grund einer gegen Sie eingebrachten Strafanzeige wegen Herabwürdigung der Religion wurden Sie allerdings mit Urteil vom 26. August 1936 vom Berner Gericht freigesprochen, doch ergab sich nachträglich, dass Sie das erwähnte Urteil des Bundesgerichtes in Wien dem Berner Gerichte in gekürzter Abschrift vorgelegt hatten, so dass das Gericht irregeführt wurde. Es wurde daher gegen dieses Fehlurteil berufen und das Obergericht des Kanton Bern hat Sie mit Erkenntnis vom 28. Mai 37 laut Artikel 94 des Strafgesetzbuches wegen 'Herabwürdigung der Religion, fortgesetzt begangen in den letzten Jahren im Kanton Bern', für schuldig erklärt und Sie zu einer Buße und Tragung der Verfahrenskosten verurteilt. Mit diesen Urteilen stehen die Gerichte in Wien und Bern nicht vereinzelt da. So wurden Zeugen Jehovas auch von dem Gerichte in Vevey am 11. Juni 1930 wegen Herabwürdigung der Religion verurteilt, welche Erkenntnis das Bundesgericht in Lausanne bestätigte. Ebenso wurden erst unlängst Zeugen Jehovas in Kanada vor dem Schwurgericht in Quebec am 17. April 1937 wegen 'Conspiration se diticuse' verurteilt. Schließlich füge ich bei, dass unter Ihrer Leitung Zeugen Jehovas in der Schweiz fortgesetzt gesetzwidrig Schriften verteilen, was laut Jahrbuch 1936 Seite 165 in 66 Fällen, und laut Jahrbuch 1937 in 64 Fällen zu gerichtlichen Verurteilungen führte.

Unter diesen Umständen lehne ich es ab, einen katholischen Geistlichen zu verleiten, mit Ihnen religiöse Fragen zu diskutieren.

Hochachtend gez.: Metzler."

„Austrocknen bis zum Einschlafen"
„Heinrich Metzler und seine Presseagentur" betitelt „Trost" seine „Siegesmeldung" in seiner Ausgabe vom 15. 7. 1944. Aufhänger seiner Replik ist, wie „Trost" zitiert:

„In Nr. 68 der "Presse-Agentur Heinrich Metzler" vom 20. April 1944 ist nachstehende "Redaktionelle Mitteilung" zu lesen:

"Diese Blätter (nämlich Heinrich Metzlers Presse- Agentur-Blätter) erscheinen in zwangloser Folge und entsprechend den sich ergebenden Notwendigkeiten. Im Kampf um die 'Zeugen Jehovas', dem diese Publikationen bisher in besonderer Weise gedient haben, ist es merklich stiller geworden."
Und eben die darin enthaltene Formulierung von der „zwanglosen Folge", müht sich „Trost" nach allen Regeln der Kunst zu zerlegen.

Hatte das SPK-Projekt (angetreten unter dem verharmlosenden Namen „Schweizerische Pressekorrensponnz") nicht mal hochgestochene Pläne. Sicherlich hatte es die („Trost" selbst zitiert sie dann noch, etwa mit der Aussage):
„So stellte er in Nr. 55 vom l. Juli 1940 der SPK voreilig die Behauptung auf, daß "Jehovas Zeugen jetzt aus dem letzten Loch pfeifen". In der Ausgabe vom l. August 1940 rühmte er seine SPK mit den Worten:

"Es war durch die SPK möglich, mit einem verhältnismäßig geringen Aufwand, einem starken und mächtigen Gegner empfindliche Niederlagen beizubringen."

Metzler träumte aber von seinem großen Erfolg, den er unverfroren und siegesgewiß mit den Worten umschrieb:
"Der Kampf aber geht weiter bis zum Endziel: Verbot und Aufhebung der europäischen Zentrale der Zeugen Jehovas (Bibelforscher) in Bern."

Und nun, im Jahre 1944 meint „Trost" registrieren zu können, dieser Metzler pfeift ja nun selbst „aus seinem letzten Loch".
Herausgearbeitet wird von „Trost" weiter die faschistische Schützenhilfe, respektive die Einordnung in das faschistische Umfeld.

Letzteres - faschistisches Umfeld - sehe auch ich so. Was den Aspekt „Schützenhilfe" anbelangt, sehe ich das etwas anders. Namentlich der SPK-Gründer Toedtli, hatte sich auch um finanzielle Hilfe aus Hitlerdeutschland bemüht. Einige seiner Bettelschreiben wurden ja auch von „Trost" zitiert.
Die Toedtli'schen Intentionen, und das was tatsächlich geschah, sind indes „zwei paar Schuh".
Nach Ende des Berner Protokolleproßes, in dessen Windschatten auch die SPK entstand, hatte sich das Interesse des Naziregimes, namentlich was finanzielle Unterstützungen anbelangte, schon mal erheblich abgekühlt. Toedtli bekam keineswegs das, was er haben wollte. Es lassen sich im Bestand der „Wiener Library" (Tel Aview) einige Bettelbriefe des Toedtli nachweisen, die aber auch deutlich machen. Die Trauben hingen hoch; vielleicht zu hoch.

Das Naziregime meinte ja mittels der Gestapo, die Zeugen Jehovas-Frage ausreichend zu beherrschen. Es verließ sich in erster Linie nur auf die Gestapo.
Etwaige „ideologische Auseinandersetzungen", die dann doch wohl in der Toedtli'schem Intention begründet wären, hielt es weitgehend für überflüssig, bzw. wenn, dann nur eben als Domäne der eigenen Propagandisten. Das was Toedtli eigentlich erreichen wollte, war für diejenigen, welche im Naziregime das Sagen hatten, eigentlich völlig uninteressant.

Spätestens nachdem Toedtli in der Schweiz zum politisch toten Mann befördert war, ging die Trägerschaft der SPK zunehmend auf katholische Kreise über. Ab diesem Zeitpunkt kann auch keineswegs mehr unterstellt werden, dass da eventuell faschistische Gelder im nennensweerten Umfange, zur Verwendung kämen.

Nun im Jahre 1944 also wird die zitierte SPK-Ausgabe als deren Nr. 68 beziffert. Auch nicht eine besonders hohe Zahl.

Und dann muss man sehr wohl sehen. Die Catholica war und ist in zeitgeschichtlichen Zäsuren stets flexibel.
Das die Stunde des Faschismus demnächst erst mal vorläufig abgelaufen sein würde, erahnte im Jahre 1944 auch schon die Catholica. Ergo traf sie ihre Vorbereitungen für die Nachkriegszeit. Das in selbiger faschistisch belastete Objekte nicht mehr gefragt sein würden, lag auf der Hand. Ergo hieß die Devise: „Austrocknen lassen bis zum Einschlafen", der SPK.
So ist es dann ja wohl auch abgelaufen.

Muss man die Zeitbedingtheit des SPK-Projektes auch in gebührende Rechnung setzen, so ist dennoch der Jubel über die vermeintliche Niederlage eines Kontrahenten, welchen „Trost" da glaubt veranstalten zu können, ein etwas voreiliger Jubel.

Opposition zur WTG wird sich immer wieder neu artikulieren, solange eben der NÄHRBODEN für diese Opposition vorhanden ist. Angefangen von der „Wahrheitsfreundebewegung" zu Zeiten der Weimarer Republik, sich fortsetzend über das Sadlack-Buch „Die Verwüstung des Heiligtums" und anderes mehr.
Manchmal geht es diesbezüglich in der Tat nach dem Motto zu: „Drei Schritte vor - zwei zurück".
Einzelne Protagonisten mögen da in der Tat von Zeit zu Zeit, auch wieder von der Bildfläche verschwinden.
Bisher haben sie immer noch, irgendwelche, wie auch immer geartete Nachfolger gefunden.

Am Rande vermerkt. Bis heute haben es katholische Stasikeulenschwinger
nicht fertig gebracht, (deren Merkmal auch war, wie sich die Ostdeutsche Revolution anbahnte, jenen DDR-Oppositionellen Kräften gegenüber, ihre Kirchengebäude verschlossen zu halten, so dass selbst Stasifunktionäre im Nachhhinein noch jubelten, hätten sich alle kirchlichen Kräfte so verhalten, wie die Catholica, würde die „DDR" noch heute bestehen).
Auf dergleichen Linie liegt es auch, dass diese Herrschaften es nicht schaffen (bis heute) und vor allem auch nicht den Willen dazu haben, sich in seriöser Art und Weise, mit dem Fall Toedtli und Metzler, mal umfänglich auseinander zusetzen. Wie auch, es könnte dann ja (keinesfalls nur Zeugen Jehovas) bewusst werden, wieviel Dreck am Stecken - nachweisbar - die Catholica hat!

Koryphäe Boris Toedtli

1937er Rückblick zur Zeugen Jehovas-Geschichte

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