Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Der Fall des Kreisdiener Heinrich Ditschi

Dargestellt von Hermann Bach

Er spielte schon in der Hitlerzeit bei den Zeugen Jehovas in Deutschland eine bedeutende Rolle. Als seine „Amtsvorgänger" Fritz Winkler und Erich Frost, jeweils von der Gestapo „hochgenommen" wurden, übernahm er ihr Erbe, indem nun er der verantwortliche Reichsdiener der Zeugen Jehovas in Deutschland war und sich nach Kräften bemühte, die arg gebeutelte Organisation wieder zu stabilisieren. In seine „Amtszeit" fällt auch die zweite Protest-Flugblattaktion der Zeugen Jehovas in Hitlerdeutschland. Der sogenannte „Offene Brief an das Christus und Gott liebende Volk Deutschlands".

Ein Schlaglicht über die Persönlichkeit von Ditschi liefert auch Elke Imberger, die unter Auswertung einschlägiger Justizakten über Ditschi, nachdem er Reichsdiener geworden war, zu berichten weiß (S. 311):

"Welchen moralischen Druck der Bezirksdiener dabei auf die Versammlungsdiener ausübte, wird auf folgender Aussage eines Lübecker Bibelforschers deutlich:

"Ditschi führte Beschwerde, dass in Lübeck von Seiten der Geschwister keinerlei Arbeit geleistet wurde, auch keinerlei Zusammenkünfte stattfanden. Dieses müsse, mit Bezug auf die Zukunft anders werden ... Die Anwesenden hätten die Pflicht, sich mit weiteren Bibelforschern in Verbindung zu setzen, um dahin zu kommen, mit der Zeit wieder kleinere Versammlungsgruppen zu bilden. Es bliebe jedem selbst überlassen, seinen Anregungen zu folgen. Sollten sich aber alle Anwesenden weigern, irgend welchen Dienst zu tun, dann würde er den lübeckischen Bezirk selbst bearbeiten. Er selbst wäre bereit, sein Leben gemäss seinem Eide für die Wahrheit zu geben. Es müsse dieses auch von jedem geweihten Bibelforscher erwartet werden. Er selbst wäre verheiratet und hätte Frau und zwei Kinder, an die er in dem Augenblick nicht denken dürfe."

Er gehörte mit zu denjenigen, die trotz aller Widrigkeiten, dass Hitlerregime überlebten. Welche „Karriere" innerhalb der WTG-Organisation war ihm in den Jahren nach 1945 zugedacht? Nun er wurde „Kreisdiener". Eigentlich kein überragender Spitzenjob in der WTG-Organisation. Standen über ihm noch Bezirksdiener. Von dem Landesleiter Erich Frost erst gar nicht zu reden.

So ist das Leben. Nicht jeder kann die „Nummer Eins" sein. Einige müssen sich mit niedrigen Graden zufrieden geben. Alles verständlich. Das ist auch anderswo so.

Aber hellhörig macht es doch, vernimmt man, dass er schon in den fünfziger Jahren auch seinen Kreisdienerjob wieder verlor.

Was war geschehen? Wie kam es zu dieser Entwicklung? Man vernimmt, dass er infolge der ihn bedrückenden Gewissenskonflikte dreimal einen Nervenzusammenbruch erlitt. Das er sich dann wohl zum „Befreiungsschlag" aufraffte und der Öffentlichkeit mittels einer Großannonce in einer angesehenen Tageszeitung, von dieser Sachlage Kenntnis gab.

Ab der Nummer 110 versuchte die „Christliche Verantwortung" in einer Artikelserie über diverse Ausgaben aufgesplittert (25 Folgen), dieser Frage einmal nachzugehen. Formal ist diese Artikelserie von einem gewissen Hermann Bach verfasst. Mir drängt sich indes doch der Eindruck auf, dass er von Seiten der CV kräftigst aufgeblasen wurde. Symptomatisch der Zugriff in der Darstellung auf etliche Details, die ziemlich weit hergeholt sind, wenn man nur das Hauptthema, Ditschi, dargestellt wissen möchte. Ausdrücklicher Widerspruch muss beispielsweise gegen Sätze wie den eingelegt werden:

Die Wahrheit ist vielmehr die: Frost hat nicht nur geschwiegen, sondern er hat ohne jede sichtliche Veranlassung durch die Gestapo, geschweige denn durch Schläge, aus eigenem Antrieb ausgepackt." Zum einen. Auch Bach war bei der Gestapovernehmung nicht persönlich anwesend. Selbst wenn die von Frost unterschriebenen Protokolle in einem „lockeren Vernehmungsstil" ohne direkte Anwendung psychischer Gewalt, zustande gekommen sein sollten, selbst wenn … Dann bleibt dennoch das Gesamtklima einer Verhaftungssituation unberücksichtigt. Hätten die Gestapo-Vernehmer ihre gewünschten Resultate ohne psychische Gewalt bestätigt bekommen, dann wäre dies lediglich Beweis dafür, dass sie über psychologische Menschenkenntnis verfügten und wussten, wie sie ihren „Kunden" zu nehmen haben. Entlasten tut dies Frost allerdings nicht. Es ist nur Beleg dafür, dass die Rolle eines „Übermenschen", die er sich da in späteren Jahren noch andichtete. Das d i e s e s nicht den Tatsachen entspricht.

Noch so ein entlarvender Satz auch in dieser „Ditschi-Serie":

„Bei einem Gespräch im Juli 1956 in Wiesbaden hat Frost offen und reuelos zugegeben, daß er aus Rache an seinen Mitarbeitern, die ihn verraten haben, das ganze WTG-Werk in Deutschland 1937 'hochgehen' ließ."

Da wären wir nämlich an dem Punkt angelangt. Den Stasi-Erpressungsversuch des Frost mittels seiner Gestapoakten, im Jahre 1956, über die Waldemar H. näheres mitgeteilt hat. Ich teile die Thesen des Herrn H. nicht. Gleichwohl konzediere ich ihm, soweit es sich um mitgeteilte Fakten handelt, dass die auch Fakten sind (der Dissens liegt also in der sich jeweils darauf aufbauenden Interpretation). Es wurde berechtigt festgestellt, dass vor dem „DDR"-Ende, nie Details über den 1956er Stasi-Erpressungsversuch des Frost in die Öffentlichkeit gelangten. Indem nun hier „Bach" in kaum verstellter Form auch darauf anspielt, ist es klar. Die Information stammt von einem Insider. Der Insider hat auch einen Namen: Hauptamtlicher Stasimitarbeiter Dieter Pape.

Grundtenor der äußerst langatmig aufgezogenen Ausführungen ist die These: Dominoeffekt. Die „Aufrollung" der Zeugenorganisation durch die Gestapo, war eben möglich weil ein „Dominosteinchen" Aussagen machte, die weitere „Dominosteinchen" „entlarvten". Selbstredend spielte Frost auch eine unrühmliche Rolle dabei. So aber stellt die WTG dies ihrerseits nicht dar. In einem Anflug von nicht zu übersehender Ironie liest man kommentierend über die WTG-Form der Darstellung, weshalb es der Gestapo gelang ihre Organisation immer wieder, auch nach Neuorganisierung, zu destabilisieren:

Zitat: Wir entsinnen uns, daß uns das Jahrbuch eine pointenlose "Kochtopf-Geschichte" auftischte. Damit ist klar, daß eben ein simpler Kochtopf der eigentliche "Sündenbock" war! Um ihn herum versammelten sich ca. 15 Brüder, um ein Eintopfgericht zu löffeln. Selbstredend ist das nicht für jedermann verträglich, z.B. nicht für Magenkranke, wenn man an Bohnen oder Erbsen denkt. So kam es dann, daß durch die unbedachten Aussagen irgendwelcher dieser "Eintopf-Esser" die Gestapo auf die Spur von Elfriede Löhr gelenkt wurde, wobei der "Geruch" des Kochtopfes allerdings die entscheidende Rolle spielte, die zur Verhaftung von Elfriede Löhr führte!

Zur Erklärung der Ditschi-Verhaftung tischte das Jahrbuch dann anschließend die zweite pointenlose Geschichte auf: Mit dem Geruch des unglückseligen Kochtopfes in der Nase hatte die Gestapo auch gleichzeitig Heinrich Ditschis Versteck gefunden. Sie stellte deshalb eine hübsche Falle, in die der amtierende Reichsdiener in schlafmütziger "Nicht-Vergewisserung" auch prompt hineintappte. Dem Anschein nach war für ihn das Eintopfgericht auf eine andere Weise nicht verträglich!

Wie man sieht, ist die Darstellungskunst der WTG phänomenal:

Gesplittete Artikelserien über diverse Ausgaben verteilt, sind nicht unbedingt das Optimum für denjenigen, der sich einen umfassenden Überblick über das in Rede stehende Thema verschaffen möchte.

Noch eins. Die Diktion der „Bach'schen" Ausführungen erweckt doch den Eindruck, als wenn da ein Fan über besagtem Heinrich Ditschi schrieb. Nun mag es durchaus so sein, dass er ein gewisses Charisma ausstrahlte auf diejenigen die da mit ihm in nähere Berührung kamen. Wem es um den objektiven Tatbestand geht, der wird zu „Bach" vielleicht doch einige Abstriche machen. Gleichwohl. Es mag sich jeder sein eigenes Urteil bilden. Nachstehend zusammengefasst, was die CV über viele Ausgaben aufgesplittert zu diesem Thema ausführte. Bezüglich einer Zusammenfassung zum Fall Ditschi. Siehe auch „Geschichte der Zeugen Jehovas" S. 312-314.

Ein Mensch, den man nicht vergißt

KREISDIENER HEINRICH DITSCHI - EIN AUFRECHTER VERTEIDIGER DES CHRISTLICHEN GLAUBENS

Erzählt von Hermann Bach, Potsdam

November 1951

Dreitägige Kreisversammlung der Zeugen Jehovas in Langenberg/Rhld. Das "Bürgerhaus" war geradezu ideal für eine solche Tagung. Mit seiner Innenarchitektur glich es einem Opernhaus: Stufenweise angeordnete Stuhlreihen mit Klappsitz, eine Loge, die sich als hufeisenförmiger Balkon in sinnvoller Höhe von einem Ende der Bühne bis zum anderen Ende durch den ellipsenförmigen Saal zog. Auf der Höhe eine Orgel. Die Anordnung der Pfeiler - das kuppelförmige Dach - die Fenster und Nischen - eine gute Akustik - Fassungsvermögen des Saales 1500 Personen - was konnte sich die WTG mehr wünschen, um mit ihrer Tagung Wirkung zu erzielen und somit Neue, Interessierte zu gewinnen?

Ich war zu jener Zeit von der Versammlung Velbert/Rhld. Als Interessierter gewonnen worden, und was lag näher, als mich speziell für diese Tagung einzuladen? Tatsächlich wurde diese Kreisversammlung bestimmend für mein weiteres Leben: Kritisches Nachdenken wurde durch emotionelle Begeisterung hinweggefegt. Ich glaubte, "die Wahrheit" gefunden zu haben und entschloß mich, ebenfalls Jehovas "glücklicher" Anbeter zu werden. Daß ich in Wirklichkeit von da an fast 30 Jahre ein unglücklicher Sklave des Wachtturms wurde, ahnte ich in meiner Arglosigkeit nicht.

Mich faszinierte das riesige Spruchband: "Lobpreiset ich, denn Jehova, unser Gott, der Allmächtige, hat als König zu herrschen begonnen!" - Offb. 19:6 - Es war der Jahrestext. Welch eine Schaustellung des Namens Gottes! Wer von den anderen Christen legte Wert darauf, den erhobenen Namen des einzig wahren Gottes so vorbehaltlos an die 1. Stelle zu rücken - und nur das, nur das? Mit welcher Perfektion die einfachen Redner (waren es nicht Arbeiter?) Sich die Bibelstellen aus dem Ärmel schüttelten. Und wie plausibel, wie einleuchtend, wie überzeugend die Darlegungen waren! Dazu die Lieder: Sie alle waren auf Schrifttexte gegründet, geben n u r Gott die Ehre! Das Lied: "Singt, singt, singt, Jehovas Herrschaft winkt!", wurde für mich zu einem Ohrwurm!

Ja, so war es: Jehova herrschte durch seinen Sohn Christus Jesus - seit 1914. Er hatte als Allmächtiger die Herrschaft angetreten, himmlisch, versteht sich. Aber nun "winkte" seine Herrschaft auch der Erde. Ja, das Königreich ist da - es nähert sich uns. Jedes Reich hat Bürger. So auch hier: Der herrschende König "winkt" - und sein Volk "singt". Na bitte .. .

Der von der WTG am meisten gerügte und kritisierte Kreisdiener

Kreisversammlungen begannen immer am Nachmittag eines Freitags und endeten Sonntagabend. Ein ganztägiges Programm bieten also nur der Sonnabend und der Sonntag. Der späte Nachmittag des Freitags dient speziell zur Schulung der Zeugen Jehovas. Was sonst in den einzelnen Versammlungen abgewickelt wurde unter Vorsitz des Versammlungsaufsehers, (damals Gruppendiener) und des Schuldieners, wurde hier auf Kreisebene durchgeführt. Die Predigtdienstschule (damals Theokratische Dienstamtschule) leitete Bezirksdiener Erwin Schwafert, der damals auch noch die Funktion eines Rechtsberaters der WTG innehatte. Als Lehrstoff diente das Buch "Theokratische Hilfe für Königreichsverkündiger". Wenn ich mich recht entsinne, wurde abgehandelt: "Der Vorbeimarsch heutiger Religionen geht weiter".

Die Dienstversammlung leitete Kreisdiener Heinrich Ditschi. Er zeigte an Hand von Demonstrationen, Zwiegesprächen, Pantomimen, Einwänden und Widerlegungen, wie man im Dienst von Haus zu Haus auf überzeugende Art zum Erfolg kommt. Es fiel mir schon damals auf, daß die ganze Art seines Auftretens etwas aus dem Rahmen der üblichen WTG Schablone fiel. Seine brillante Darlegungskunst hatte eine unnachahmliche persönliche Note. Niemand konnte sich seinem Einfluß entziehen. Wenn er sprach, konnte man eine Stecknadel zu Boden fallen hören. Seine sprühenden Einfälle glichen Meteoren. Seine Gedanken, sein ganzer Geist war ein einzigartiger Flammentanz des sagenhaften Feuervogels.

Vielleicht war er gerade wegen seiner Eigenwilligkeiten - die doch ohne Zweifel äußerst positive Eigenschaften waren, wie der Erfolg bewies - der von der WTG am meisten gerügte und kritisierte Kreisdiener. Freilich, damals wußte ich das noch nicht. So etwas erfährt man erst Jahre später, wenn man selbst schon tüchtige Nackenschläge hinter sich hat und langsam begreift, daß der biblische Eifer und der Mut eines "Daniel in der Löwengrube" die Arena nicht verlassen darf und dort zu enden hat, wo der hohe Bretterzaun der WTG Vorschriften beginnt.

Die einfachen Verkündiger sind ohne Zweifel ganzherzige und freudige Geber

Der Sonnabend brachte verschiedene Programmpunkte. Es sprachen mehrere Redner, u. a. K. Gathmann, O. Brocks ("Mit dem Präsidenten auf Fidschi"), W. Rudowitz, Günter Verwiebe und natürlich auch der Bezirks- und der Kreisdiener. Es wurde selbstverständlich auch Felddienst (Dienst von Haus zu Haus) geleistet, und es gab Pausen zwischen den einzelnen Programmpunkten. In den Pausen konnte man sich in die Cafeteria begeben oder zu einzelnen Ständen, um einen Imbiß zu sich zu nehmen. Hier "dienten" Brüder und Schwestern, um auf diese Weise für das körperliche Wohl der Versammlungsteilnehmer zu sorgen. Die Speisen und Getränke wurden zum Selbstkostenpreis abgegeben. Die WTG konnte sich diese verdienstlose Verabreichung von Nahrungsmitteln leisten, weil diese oder entsprechende Geldmittel von den Verkündigern vorher gespendet worden waren. Die Zeugen liebten Jehova eben "ganzherzig" und bekanntlich liebt Gott einen "freudigen Geber". Die mit allen Regeln des amerikanischen Managertums vertraute WTG wußte eine solche Einstellung selbstverständlich in die für sie dienlichen Bahnen zu lenken. Auf diese Weise konnte sie daher auch alle Kniffe der Reklametechnik ausspielen und einen mächtigen Eindruck auf die Öffentlichkeit erzielen.

Sonntag um 11 Uhr war die Taufansprache. Danach zogen die Täuflinge mit ihren Betreuern zur Schwimmhalle, um sich so auch die Anwartschaft für die Neue Welt zu sichern. Die Zeugen begaben sich derweil ins Feld, um im Dienst von Haus zu Haus neue Interessierte zu gewinnen. Um 15 Uhr hielt der Bezirksdiener die auf Einladungszetteln und Plakaten vorher angekündigte Ansprache für die Öffentlichkeit. Im Anschluß daran erfolgte durch G. Verwiebe die "Zusammenfassung des Wachtturms". Es folgten noch einige Programmpunkte durch verschiedene Redner.

Dann kam auch der Kreisdiener wieder zu Wort

Er sprach über das Thema: "Für den Glauben kämpfen - Judas 3". Wenn ich heute zurückschaue, muß ich sagen, daß dieser Vortrag von Kreisdiener Heinrich Ditschi eigentlich der herausragende Programmpunkt der drei Tage dieser Kreisversammlung war. Es lag nicht nur am Thema. Die Persönlichkeit dieses Mannes war es auch, die Kraft und Art seiner Darlegungen, sein Engagement, das alles vorher Gehörte in den Schatten stellte.

Klein von Gestalt, aber gewaltig in der Stimme, sehe ich ihn noch heute auf der Bühne stehen: Und er nickt mit dem Kopf sanft auf und ab, um anzuzeigen, welche Mimik sanftmütige Schafe an den Tag legen, und der ganze Saal nickt ebenfalls. Und er schüttelt mit dem Kopf und macht "brr", um anzuzeigen, wie sich störrische Böcke benehmen, und der ganze Saal schüttelt mit dem Kopf und macht ebenfalls "brr". Und er erzählt von den Gegnern, die höhnisch voraussagen, daß diese Kreisversammlung eine Pleite werden würde, und er macht eine Pause - dämpft die Stimme, und dann schwillt seine Stimme an und er ruft in den Saal:

"… und doch haben wir hier in Langenberg das Packende in die Hand bekommen! Und nun Brüder, haltet fest, und hauruck, hauruck, hauruck . . .". Und alles im Saal ist aufgesprungen und hat das phantasievoll beschworene Seil in die Hand genommen und alle rufen: "Hauruck, hauruck, hauruck … .

Jeden Zuhörer nahm er gleichsam bei der Hand

Niemals zuvor hatte ich einen derartig überwältigenden Ausdruck der Kraft des Geistes erlebt. Was der kleine Kreisdiener Heinrich Ditschi hier demonstrierte, war unwahrscheinlich. Ein kleines Männlein steht auf der Bühne. Er läßt Worte in den Saal fallen, spricht stumm in Mimik und Gestik. Aber in diesem unscheinbaren Körper steckt ein Bündel an Energie. Wie unsichtbare elektrische Funken knistern die Gedankengänge dieses Dieners durch den Saal. Sie springen über auf den einzelnen Zuhörer. So wird gleichsam der Geist des genialen Dirigenten auf, der Bühne zur Denkweise aller Zuhörer. Er hat sie fast buchstäblich vereinnahmt, sicher und souverän. Jeden einzelnen Zuhörer im überfüllten Saal nimmt sozusagen bei der Hand und geht mit ihm spazieren, wohin er möchte. - Was für ein Triumph des Geistes durch diesen Kreisdiener!

Selbstverständlich gibt es ohne Fleiß keinen Preis. Ohne harte Arbeit und ständiges Training kann man nicht solche Erfolge erzielen. Trotz einer gewissen Naturveranlagung muß ich diesem Diener bescheinigen, daß er hart an sich selbst arbeitete. Er las täglich in der Bibel. Sein Wissen war nicht nur angenommenes Wachtturm-Wissen. Er hielt sich auch nicht streng an die Anweisungen des "lnformator", heute "Unser Königreichsdienst". Sie waren ihm zu starr und zu dogmatisch. Er ersetzte sie gewöhnlich durch eigene, flexiblere Art und Weise, wobei er lediglich darauf achtete, daß sie nicht zu sehr von der Linie der WTG abwich. Dem Wesen nach war er ein überzeugter Christ. Für ihn war Christus als der Sohn des lebendigen Gottes grundsätzlich der Mittelpunkt alles Geschehens.

Sein tragischer Irrtum

Die WTG muß er damals als ein Werkzeug Gottes betrachtet haben, mit dem man verbunden sein mußte, um für einen gewissen Zeitabschnitt ein gemeinsames Werk für Gott und Christus zu tun. Selbstredend kann man "innerhalb dieses gemeinsamen Werkes" Eigeninitiative entfalten und unter Beachtung aufrichtig erforschter Schriftstellen gewonnene Erkenntnisse im Dienst verwenden, um so Gott und dem beauftragten "Sklaven" (WTG) noch wohlgefälliger zu dienen. Daß aber gerade hierin der tragische Irrtum aller Zeugen Jehovas beruht, hat sich wohl selbst ein Heinrich Ditschi damals nicht träumen lassen. Denn in der Endkonsequenz - sollte es zu einem Konflikt kommen - selbst in simplen, banalen Versammlungsentscheidungen, Vorschriften und sonstigen Bagatellen, sieht es so aus: Es gilt der Wille des "Sklaven", nicht der Wille Gottes oder der Wille seines Sohnes. Man bedenke: Er soll doch schon als König regieren, er "winkt"! Nein, der "Sklave" hat das letzte Wort, und er hat es selbst dann, wenn die ganze Bibel dagegenspricht! Siehe die 30 Jahre dauernde Obrigkeitsbibelverdrehung durch die WTG.

Da mögen Gott und sein Sohn noch so "winken", und man möge freudig zurückwinken, mit Palmzweigen in den Händen, wie es uns die WTG gleichsam beibrachte, das nützt alles nicht. Die WTG beachtet die Palmzweige nicht. Sie zückt die Peitsche, wenn du ihre Auslegung nicht anerkennst! Zudem hat sie noch die Schere in der Hand, die Christus ihr bei seinem "Amtsantritt 1914" gleichsam in Brooklyn hinterlegte, um uns als unnütze oder gar entartete Rebe vom Weinstock des Herrn abzuschneiden. Aber wer käme als aufrichtiger Christ und Anbeter Gottes schon auf die Idee, daß ein von ihm beauftragter "Sklave", der nach Christi eigenen Worten sich selbst als unnütz zu betrachten hat, es wagen würde, im Angesicht des "bereits regierenden Königs und der ausgesandten Engel", die sorgsam darüber wachen, daß dieser "Sklave" seine Befugnisse nicht überschreitet, seine Mitknechte zu schlagen und zu drangsalieren? Ganz bestimmt hatte der Kreisdiener Heinrich Ditschi damals noch nicht geahnt, daß für die WTG der Name Jehovas und der Name seines Sohnes völlig zweitrangig waren, daß es ihr lediglich um den Glanz des eigenen Namens geht. Ja, daß sie sich in vermessener Weise selbst als den "Nabel der Welt" betrachtet, wie sie das später unverhüllt in ihrem Buch "Auch du kannst Harmagedon überleben und in Gottes neue Welt gelangen" zum Ausdruck brachte. Tatsache ist, daß dieser Diener Heinrich Ditschi an ein wichtiges Werk Gottes glaubte, das getan werden müßte, und deshalb unter der WTG diente und sie als notwendiges Übel in Kauf nahm. Auf seine Weise versuchte er so, Christentum in seinem Predigtdienst zum Ausdruck zu bringen. Seine Hingabe an Gott und Christus waren echt.

"Den Juden ein Jude, den Griechen ein Grieche"

Kein Wunder also, wenn ein Mann von solchem Format und solchen Qualitäten, dazu mit einer Vision beseelt, die schon die Urchristen, was den Eifer für Gott betrifft, über sich hinauswachsen ließ, einen derart immensen Einfluß auf andere ausübte. Wenn er in seiner Methode auch Kniffe anwandte (es waren durchaus Tricks dabei), so tat er dies aber nicht in hinterhältiger Absicht. Eher praktiziert die WTG soetwas in ihren immer neuen Büchern. Er tat es einzig und allein darum, um Menschen in biblischer Weise zu helfen, eine eigene Erkenntnis über Gott zu erwerben. Seine verblüffenden Einfälle, mit denen er ständig zu überraschen wußte, und die nie ohne Wirkung blieben, beruhten auf selbst erarbeiteten Methoden, die ihrerseits wiederum auf Schriftstellen basierten.

Wenn der Apostel Paulus z. B. davon spricht, "den Juden ein Jude und den Griechen ein Grieche zu sein", wenn er sagt, er wendet gewisse Methoden an, in Ehrlichkeit wohlgemerkt, damit er "für Christus auf alle Fälle einige gewinne", wenn man dann diese Paulus-Methoden betrachtet, seine Auseinandersetzungen mit Felix, Festus, König Agrippa usw., und wenn man dann bedenkt, daß Heinrich Ditschi dies alles nachzuahmen versuchte, abgewandelt und passend gemacht für moderne Menschen von heute, dann kann man erkennen, wie hart er an sich selbst gearbeitet haben muß. Wie sehr er Gott, Christus und seine Mitmenschen geliebt haben muß, daß er sich all diesen Mühen unterzog, um seine ganzen Qualitäten auszuschöpfen und sie selbstlos anderen zum Nutzen dienstbar zu machen.

Man erkennt dann aber auch, daß er eben mit diesen biblischen Methoden erheblich von den WTG-Methoden abwich und sich in den Augen Brooklyns tadelnswerte "Eigenwilligkeiten" zuschulden kommen ließ. Diese Feststellung verdient unbedingt festgehalten zu werden. Nur so wird der spätere Konflikt Ditschi kontra WTG, von dem im Verlauf dieser Artikelserie noch die Rede sein wird, für jeden verständlich sein.

Eine Kreisversammlung in Langenberg

Von der Langenberger Kreisversammlung fuhren die Brüder "aufgetankt" in ihre Versammlungen zurück. Eigentümlicherweise fiel mir später auf: Wieso mußten sie überhaupt „aufgetankt" werden, wie sie es selbst nannten? Wozu besaßen sie denn eigentlich die Bibel, zusätzlich innerhalb der Versammlung noch die Gemeinschaft Gleichgesinnter? Trotzdem hatte man nicht genügend Kraft und Geist, daß man Kreisversammlungen zum „Auftanken" so bitter nötig hatte wie das tägliche Brot? Warum brauchte ein Heinrich Ditschi denn keine solche Tankstelle? Wieso hatte er denn Überfluß, so daß er imstande war, vom eigenen Geist noch eine Menge auszuteilen?

Und schließlich: Wenn es biblisch korrekt zugehen soll, dann müßten Kreisversammlungen und überhaupt alle Kongresse entsprechend den Vorbildern des Volkers Gottes sein, eine Demonstration für Außenstehende. Damit sich diese von der Wahrheit und dem Segen Gottes überzeugen können, den er allen ohne Ansehen der Person gewährt, sofern seine Vorkehrung beachtet wird. Als passender Vergleich könnte hierzu das Gebet Salomos für den "Fremdling aus fernem Land" dienen, das der König nach Beendigung des Tempelbaus sprach. Selbstherrlich versucht die WTG das auch so darzustellen. In Wirklichkeit ist es das aber nicht. Abgesehen von der Gewinnung Neuer dienen solche Kongresse vielmehr zur erneuten Antreibung der Zeugen, damit sie in ihrem Dienst für die WTG und im Verkauf der WTG-Publikationen nicht müde werden. Darum gleichen die abgehetzten Verkündiger auch Rennwagen, die nach Absolvierung einer vorprogrammierten Rennstrecke zeitweise immer wieder die Boxen (Kongresse) aufsuchen müssen, um ihren leergefahrenen Benzinbehälter neu aufzutanken. Von einer exakten, echt fundierten Bibelerkenntnis kann niemals die Rede sein.

Er nahm den Kampf mit der WTG auf

Aber ich sage das heute so leichthin. Wer sich nämlich echte Bibelerkenntnis aneignet, gerät eines Tages zwangsläufig mit der WTG in Konflikt, Und dann kommen die Gewissensnöte! Hier die Machenschaften der WTG - dort die lieben Brüder! Beides ist keineswegs identisch. Und schließlich die Konsequenz einer Trennung von der WTG: "Wohin soll ich gehen?" Ja, diese bange Frage ist es, die zur Tragik für jeden Zeugen wird. Tatsächlich, "wohin soll ich gehen?" Sicher, die Bibel lehrt keine Kollektiverrettung, ich kann mich nur selbst retten durch meinen Glauben an Christus. Ferner: "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen." Aber wenn diese zwei oder drei im Moment nicht da sind? Es ist schließlich nicht jedermanns Sache, und sei es auch nur für eine kurze Zeit, auf sich allein gestellt zu sein.

Ein Heinrich Ditschi fand die Kraft, dort ganz allein zu stehen. Und er fand sogar die Kraft, in dieser Position seine Arbeit fortzusetzen und in Gewissensnot geratenen Brüdern zu helfen, Und am Ende wuchs er förmlich über sich selbst hinaus. Er nahm den Kampf mit der WTG auf und investierte persönliches Geld in aufklärende Druckschriften, um der Öffentlichkeit den wahren Charakter dieser "Neuen Welt Gesellschaft" bzw. Wachtturmgesellschaft zu enthüllen.

Doch davon soll heute im einzelnen noch nicht die Rede sein. Damals waren im Westen die sich noch dem 2. Weltkrieg ergebenden Zielstellungen der USA und die damit in Beziehung stehenden Absichten der WTG noch nicht erkennbar, zumindest für die Zeugen kaum. Und Heinrich Ditschi half u. a. bei der Langenberger Kreisversammlung mit, in dieser Sache nach völlig ahnungslos, alle kräftig "aufzutanken" Im Grunde war es dort eigentlich er, kraft seiner Persönlichkeit und des Geistes, der auch den Müdesten vom Stuhl hochriß und ihnen einen Elan einhauchte, der bestimmt für ein weiteres Vierteljahr reichte.

Der Segen Gottes schien mir offenkundig

Ich war nur Interessierter mit einer Bibelkenntnis sicherlich unbeholfener Art. Aber diese Langenberger Kreisversammlung mit dem Erleben dieses einzigartigen Dieners reichte aus, daß ich ab sofort als Interessierter noch den Dienst von Haus zu Haus aufnahm. Ich folgte dem Kreisdiener in seiner Art und Weise so gut es ging, wahrscheinlich auch noch sehr unbeholfen bei meinen spärlichen Kenntnissen. Aber die Befolgung der auf der Kreisversammlung gezeigten "Muster", demonstriert von Heinrich Ditschi, verhalfen mir zu Erfolgen, die ich in meinen kühnsten Träumen nicht erwartet hatte: Absatz einer Menge WTG-Literatur, sehr viele Nachbesuche und daraus resultierend binnen einer Woche sogar zwei Heimbibelstudien!

Tatsächlich, der Segen Gottes schien mir offenkundig! Welche Freude! Und nicht genug damit: In Mettmann (Rheinland) war die Kreisdienerwoche zuende. Der Kreisdiener würde jetzt die Versammlung Velbert (Rheinland) besuchen. Ich hatte in meinem Betrieb vorsorglich Urlaub beantragt, damit ich mit dem Kreisdiener persönlich in den Dienst gehen könnte! Er würde sich bestimmt auch freuen über meine Erfolge, die ich als Neuling doch eigentlich seinen "Mustern" zu verdanken hatte. Mit Heinrich Ditschi zusammen in den Dienst! Ein erregender, ein elektrisierender Gedanke! Ja, ich fieberte der Ankunft des Kreisdieners entgegen …

Und dann war es soweit: Im gemieteten Saal der Gaststätte Kaiser, Velbert, Ecke Neustraße-Schloßstraße (einen eigenen Königreichssaal konnte die Versammlung sich noch nicht leisten, sie zählte damals nur 30 Verkündiger) war derjenige Mensch unter uns, dem fast alle eine beinahe fanatische Verehrung entgegenbrachten. Wie beliebt der Kreisdiener war, zeigte sich daran, daß großer Anhang von Mettmann erschienen war, um auf diese Weise einen der hervorragenden Diener der WTG ein zweites Mal in einer Kreisdienerwoche zu erleben. Heinrich Ditschi war früher erschienen als alle Versammlungsangehörigen, hatte sich ausdrücklich vom Gruppendiener (heute Versammlungsdiener bzw. -Aufseher) nicht vorstellen lassen und saß während des Ablaufs des Programms wie ein eingeladener Neuinteressierter inmitten der Anwesenden. Das war auch so ein Einfall von ihm und typisch für diesen Diener. Er ließ sich nichts einreden, oder schon "vorher" Negatives berichten. Er wollte unbeeinflußt bleiben und unbemerkt persönliche Eindrücke sammeln. Bis auf wenige, die ihn schon vorher kannten, gelang ihm auch sein Kniff. Die Mehrheit der Versammlung nahm vielmehr an, der Kreisdiener wäre nicht erschienen, zumal der Gruppendiener das Programm vorgezogene Predigtdienstschule und Dienstversammlung aus Anlaß des Kreisdienerbesuchs) abrollen ließ wie immer.

Wahrscheinlich handelte Br. Willi Wittkowski (der Gruppendiener) nach einer Instruktion des Kreisdieners. Ja, auch dieser Einfall, eben „seine Art", fiel völlig aus dem Rahmen. Die Handlung befand sich im Widerspruch zu den Weisungen der WTG. Gemäß „RTO" (Rat über theokratische Organisation für Jehovas Zeugen) und "Informator" hatte sich der Kreisdiener der Versammlung mit Namen usw. vorzustellen. Er hatte seine Antrittsrede zu halten, die vorher „studierte" Verkündigerkartei zu erwähnen und festgestellte Mängel anzusprechen, sodann den Versammlungsablauf zu beachten, um dann nochmals Rat zu erteilen und mit abschließenden Worten das Dienstprogramm zu beenden. Br. Heinrich Ditschi machte das einfach "nachher". An diesem Beispiel zeigt sich ganz deutlich eine seiner vielen "Eigenwilligkeiten" die der WTG so sehr mißfielen.

Christliche Menschenwürde oder bedingungslose Unterwerfung

Bereits im 1. CV-Artikel über Heinrich Ditschi hatte ich hervorgehoben, daß er der von der WTG am meisten gerügte Kreisdiener war. Bestanden diese Rügen zu Recht? Was fand die an diesem hervorragenden Diener so tadelnswert? Dieses: Er entwickelte "eigene" christliche Gedankengänge. Eine solche Haltung ist in den Augen der WTG natürlich grundsätzlich verwerflich. Niemand, weder ein Verkündiger, noch ein Kreis-, Bezirks- oder Zweigdiener hat eine "eigene christliche Persönlichkeit" zu entwickeln. Die Glieder der Organisation haben eine Nummer zu sein, keine christliche Person. Das Recht jeglicher Entwicklung hat die WTG für sich allein gepachtet. Und was zu entwickeln ist, bestimmt nur sie, selbst bis in den letzten persönlichen Bereich jedes Gliedes der Organisation. Dieses "Recht" der WTG macht selbst vor dem Schlafzimmer der Zeugen Jehovas nicht halt.

Nichts, aber auch gar nichts bleibt von der Würde des Menschen und vom p e r s ö n l i c h e n Verhältnis zu Gott übrig, obwohl man gerade auf Weisung der WTG beim "Gimpelfang-Feldzug" jedem Interessierten und Neuling dieses Recht garantiert. So sehen die Einflüsterungen aus: Mit deiner Hingabe an Jehova Gott und Christus Jesus, symbolisiert durch die Taufe (gänzliche Untertauchung im Wasser), hast du ein persönliches Verhältnis zu Gott und seinem regierenden (bereits amtierenden!) König hergestellt. I h n e n gehorchst du, nicht dem "Sklaven", der n u r beauftragt ist, "ein Werk" durchzuführen. Jehova Gott ist ein eifernder Gott, der von dir ausschließliche Ergebenheit fordert (womit klar ist, daß im "persönlichen Verhältnis zu Jehova" also die WTG ausgeschlossen ist)! Du hast dem Höchsten gegenüber ein Gelübde abgelegt, das du niemals brechen darfst! Dein Verhältnis zu Jehova ist ein anderes als das deines Bruders! N u r in der Durchführung des "gemeinsamen Werkes" arbeitest du mit Jehovas Organisation zusammen. H i e r muß man Schulter an Schulter kämpfen, denn nur g e m e i n s a m kann das Werk (die Weltende-Verkündigung!) zufriedenstellend vor dem "Abschluß der Dinge" durchgeführt werden.

Was von diesen hohlen Versprechungen übrig bleibt, zeigt sich erst später. Viele merken es kaum, wie auf schleichende Weise Zug um Zug jedes persönliche Recht abgebaut, ja sogar die restlose Hingabe an Jehova (der für sich a u s s c h l i e ß l i c h e Ergebenheit fordert!) in Frage gestellt und in bedingungslose Unterwerfung unter die WTG verdreht wird. So muß man die "Maßregelungen" des Kreisdieners Heinrich Ditschi durch die WTG sehen. Und wenn einem solchen hervorragenden Diener jegliches persönliche Recht abgesprochen wird, was will dann der einfache Verkündiger für sich in Anspruch nehmen?

Wie es zu einer "Rebellion" kam

Im 2. CV-Artikel über Heinrich Ditschi hob ich hervor, daß der Kreisdiener den Begriff "persönliches Recht" und "persönliches Verhältnis zu Gott" legalisierte. Er akzeptierte diesen biblischen Begriff, nahm ihn für sich selbst voll in Anspruch und billigte ihn auch jedem Verkündiger zu. Ja, er ermunterte jeden einzelnen, eine "persönliche Note" zu entwickeln und diese in die Verkündigung hineinzutragen. Menschen sind Einzelwesen - so war sein Standpunkt - und darum kann es kein starres Schema z. B. in den Predigtdienst geben. Wenn alle stur das Gleiche WTG-buchstabengetreu vortragen, geht das Individuelle, das Eigene, unter. Der Erfolg liegt weitaus höher, wenn der einzelne Verkündiger nach seiner eigenen Art und Weise, nach seinen nur ihm von Natur aus gegebenen Fähigkeiten (die ja ganz anders geartet sind als die seiner Brüder) die vorgeschlagenen (und im Informator vorgedruckten) Predigten an den Türen usw. zu Gehör bringt.

Er selbst, der Kreisdiener, glaubte damals daran, daß die WTG, zumal es von der Bibel ausdrücklich gefordert wird, solche "persönlichen Komponente", die man im Interesse des Werkes in den Dienst hineinträgt, tolerieren würde. Es kann nicht oft genug betont werden, daß diese sogenannten "Eigenwilligkeiten" ein biblisches Recht darstellen, daß sie ja auch nicht im Widerspruch gegen die WTG, in Opposition oder gar in krasser Auflehnung praktiziert wurden, sondern einzig und allein deshalb, die persönlichen Eigenarten und Stärken besser zur Wirkung zu bringen und dem "gemeinsamen Werk" - letztlich also auch der WTG - zu noch besseren Erfolgen zu verhelfen.

Die Erfolge, die Br. Ditschi erzielte, bestätigen seine Auffassung vom "persönlichen Recht". Auch heute noch nicht kann die WTG bestreiten, daß dieser Bruder Ditschi ihr treu und selbstlos gedient hat. Sie kann nicht bestreiten, daß seine Methoden und "Eigenwilligkeiten" äußerst erfolgreich waren und durchaus ein Bestandteil seines "treuen Dienstes für die WTG". Niemals wollte er gegen sie rebellieren. Er wollte nur seine Persönlichkeit, seine ihm von Gott verliehenen Fähigkeiten ausschöpfen zum Nutzen anderer. Und auch diesen Nutzen, den sie selbst daraus zog, kann die WTG nicht bestreiten. Es gab kaum einen Kreisdiener, der eine derart hohe Quote im Gewinnen Neuer aufzuweisen hatte. Keiner hatte einen solchen Anhang. Keiner war so verehrt. Dennoch kritisierte die WTG ihn, obwohl sie doch der Hauptprofiteur seiner Methoden war, dennoch versuchte sie, ihm seine Persönlichkeit und seine Rechte abzusprechen.

Wer näher hinschaut weiß, daß es einfach im Wesen dieser Watch Tower Society liegt, sozusagen als antichristlicher Charakter verankert, daß sie "eigene Methoden" nicht zulassen d a r f. Selbst dann nicht, wenn der "Eigenentwickler" alles in ehrlicher Absicht tut, in treuem Dienst für die WTG, mit großen Erfolgen für die WTG. Nein, die WTG k a n n ihren Mantel des Dogmatismus nicht ablegen. Dieser ist ein eisernes Korsett für alle. Da gibt es keinen Raum für christliche Bewegungsfreiheit des einzelnen. Diese starre, festgeschmiedete Kette - sie a l l e i n ist verbindlich für alle.

Da ist es freilich kein Wunder, daß es schließlich zur "Rebellion" des Br. Ditschi kam. Aber Tatsache bleibt, daß diese "Rebellion" nicht von Br. Ditschi gewollt, sondern einzig und allein von der WTG selbst willkürlich provoziert worden war. Niemals kann ein derart talentierter Mensch sich von einer unqualifizierten Leitenden Körperschaft wie ein Kindlein bevormunden lassen. Die Bibel sagt ausdrücklich, "wer unbewandert ist im Worte Gottes, gleicht einem Kleinkind, das Milch genießt. Für den gereiften Mann aber ist die feste Speise". Wahrscheinlich ist die WTG noch Milchgenießer, sonst hätte sie einen solchen Diener, der ausgezeichnet im Worte Gottes bewandert war, nicht versucht zu erniedrigen in seiner Menschenwürde. Der daraus resultierende Konflikt war unvermeidlich.

Und ich wiederhole noch einmal: Die WTG kann die Verdienste dieses Dieners nicht bestreiten. Sie kann nicht bestreiten, daß er ihr treu gedient hat. Und die WTG bestreitet es auch nicht, oder besser gesagt, sie w a g t dieses Tatsache nicht zu bestreiten. Sie wagt nicht einmal, ihn trotz seines Lossagens von der WTG als "Satansdiener" oder "Rebellen" zu bezeichnen. Bei anderen Dienern und ähnlich gelagerten Fällen hat sie sonst sehr gern mit solchen Ausdrücken operiert.

Warum macht sie bei Kreisdiener Heinrich Ditschi eine Ausnahme? Nun, sie hat gute Gründe dafür. Wir werden sie in der Fortsetzung dieser Artikelserie noch kennenlernen.

Seine unbestechlichen und scharfsinnigen Beobachtungsmethoden waren für die WTG ,auf lange Sicht gefährlich

Betrachten wir nun ganz objektiv die "Eigenwilligkeit" des Kreisdieners bei der Eröffnung der Dienstwoche in Velbert/ Rhl. Er war, wie viele meinen mußten, nicht da. Er saß vielmehr versteckt als "fremder Gast" inmitten der Versammelten. Stutzig machte nur die Anwesenheit der Mettmanner Brüder, in deren Mitte er den Blicken entzogen war. Man konnte schließlich nicht einfach aufstehen, durch die Reihen gehen und den "Fremden" beäugen. Außerdem waren ja auch noch andere "Fremde" anwesend.

Welches Motiv hatte der Kreisdiener für seine eigentümliche Methode? Er erläuterte das später selbst, wobei er hervorhob, daß diese Methode nur ein einziges Mal bei einer Versammlung angewendet werden kann, eben beim ersten Besuch. Beim zweiten Besuch im nächsten Halbjahr würde die Wirkung verpuffen. Der Sinn dieser Methode bestand darin, die Versammlungsglieder zu bewegen, sich wie i m m e r zu benehmen. Erfahrungsgemäß strengt sich jeder einzelne besonders an, sei es im guten Betragen oder im Eifer, in der Teilnahme am Dienstgeschehen, wenn der Kreisdiener anwesend ist. Echte tadelnswerte Verhaltensweisen, also im Widerspruch zu christlichen Tugenden stehende Dinge, bleiben somit dem Auge des Kreisdieners verborgen. Über solche Verhaltensweisen kann die "Verkündigerkartei" naturgemäß keine Auskunft geben. Er ist also auf Mitteilungen des Aufsehers oder des Komitees angewiesen.

Br. Ditschi wollte sich aber einen persönlichen Eindruck von jedem Einzelnen verschaffen. Er wollte nicht seine späteren Ratschläge abgeben evtl. durch Beeinflussungen oder durch das "Spiegelbild" der "Verkündigerkartei". Nur zu oft verfielen Kreisdiener darein, Brüder hauptsächlich nach den Stundenquoten zu beurteilen und sie dementsprechend zu loben. Das "persönliche Verhalten" gegenüber den Brüdern ging dabei unter. Durch Krankheit oder andere Umstände betroffene Brüder, die nicht so "hohe Leistungen" aufwiesen, schnitten im Urteil schlechter ab, oder wurden gar wegen "mangelnder Liebe zu Jehova" (zu wenig Stunden!) getadelt. Dabei - so die Meinung von Br. Ditschi - waren gerade oft diese "Tadelnswerten" die besten Brüder, wenn es um christliche Nächstenliebe ging. Z. B. wenn eine Schwester den Haushalt versorgt, bei einem Bruder, der viele Kinder hat und dessen Frau schwer erkrankt ist. Diese Arbeit geht eben manchmal zu Lasten der Diensttuenden. Aber da gibt es Brüder, die hohe Quoten an Dienststunden aufzuweisen haben - aber in der Ausübung christlicher Nächstenliebe speziell gegenüber den „Hausgenossen des Glaubens" (sprich Zeugen Jehovas) jegliche Anteilnahme, jegliches Gefühl von Barmherzigkeit vermissen lassen.

Wie man sieht, hatte dieser „Einfall", diese seltsame Methode des Br. Ditschi gerechtfertigten christlichen Charakter. Unter den Gegebenheiten, wie sie von der WTG doktrinär festgelegt sind, war es die sicherste Methode, persönlich Beobachtungen und Feststellungen zu sammeln. Er als Kreisdiener mußte auftragsgemäß Rat erteilen, loben, notfalls tadeln. Er wollte dies aber ohne Gewissensbelastung tun können. Er wollte sich also vorher selbst „vergewissern über alle Dinge".

Bei dieser Methode entdeckte er auch tatsächlich manches, was ihm sonst, hätte er stur die WTG-Schablone befolgt, verborgen geblieben wäre. Sein Rat, sein Tadel und sein Lob fielen dementsprechend aus. Da mag sich mancher gewundert haben - aber im innersten mußte jeder die Richtigkeit der scharfsinnigen Beobachtungen des Kreisdieners anerkennen. Man mag diese „H.-D.-Methoden" betrachten wie man will. Aber unbestreitbar dienten sie nur diesem Zweck: Sie sollten eine echte Hilfe sein für jeden. Ihre Motive waren immer brüderliche Liebe eines ausgezeichneten Dieners.

Sein Verhängnis wurde, daß die WTG fürchten mußte, daß er eines Tages seine Beobachtungsmethoden auch auf die WTG selbst anwendet. So mußte sie ihn schon vorher stolpern lassen, um ihn schon vorher entfernen zu können.

Stolpersteine

Damals hätte ich selbstverständlich jeden Verdacht, ja auch nur den geringsten Ansatz eines Verdachts, die Gesellschaft selbst könnte einem treuen Diener Stolpersteine in den Weg legen mit dem Ziel, ihn zu Fall zu bringen, entrüstet als „Ausgeburt einer teuflischen Phantasie" zurückgewiesen. Heute jedoch, nach einer fast 30-jährigen WTG-Erfahrung, wobei ich vielseitig Gelegenheit hatte, verschiedene Dinge und Praktiken zu beobachten und zu studieren, die nicht nur nicht biblisch, sondern gelinde gesagt, nicht ganz "astrein" waren, muß ich jeden Verdacht einer "Stolperstein-Taktik" seitens der WTG gegenüber Dienern als mindestens prüfungsberechtigt ansehen.

In der umstrittenen Zeit an 1951 bis 1953 hat die Brooklyner Führerschaft tatsächlich Machenschaften übelster Art gegen verschiedene hervorragende Diener in allen Zweigen ihrer Weltorganisation praktiziert. Auf Grund durchgeführter Analysen des internationalen Werkes habe ich dafür eindeutiges Beweismaterial gefunden.

Es hat zweifelsohne schon einige Zeit vorher versteckte Angriffe und Angriffe unverhüllter Art auf Diener gegeben. Z. B. erwähnte ich in Bezug auf Heinrich Ditschi, daß er zu jener Zeit, als ich ihn kennenlernte, der am meisten g e r ü g t e Kreisdiener war. 1951 war das also schon allgemein b e k a n n t ! Dennoch lasse ich die Zeit vorher unberücksichtigt und beschränke mich nur auf den Zeitabschnitt von 1951 bis 1953, da ich als Glied der ZJ erst ab 1951 sozusagen "Mitspracherecht" habe. Ich laufe sonst Gefahr, mir von einigen den Vorwurf anhören zu müssen: "Was hast du in Bezug auf diese Zeit als Außenstehender schon zu sagen?" Oder, "Was sollte die Gesellschaft für ein Interesse daran haben, in verschiedenen Zweigen wertvolle Brüder zu Fall zu bringen, und speziell im deutschen Zweig den Kreisdiener Heinrich Ditschi?" Was die Gesellschaft für ein Interesse daran hatte? Nun, heute kann darauf eine ganz logische Antwort gegeben werden.

Warum Stolpersteine?

Wenn wir Rückschau halten und gehen vom Datum des 23. Juli 1953 aus, als im Yankee-Stadion von New York die Neue-Welt-Gesellschaft proklamiert wurde, dann ist für jeden Bibelkenner der Fall klar. Wieso? Warum? Ganz einfach: An jenem denkwürdigen Nachmittag des 23. Juli 1953 ließ die WTG den christlichen Mantel einmal brüsk fallen und gab damit vor der ganzen Weltöffentlichkeit zu erkennen, daß sie ihn nur als Tarnung trägt. Ab diesem Datum leitete sie eine "neue Ära" ein, eine Ära, in der Christus als Mittelpunkt noch weiter weggerückt wurde.

Mittelpunkt war von nun an der Überrest, sprich WTG. Er war jetzt zum "Augapfel" Jehovas geworden, der "Nabel der Welt", um den sich alles dreht. Das bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als eine noch deutlichere Leugnung des Lösegeldes, eine noch krassere Absage an das Loskaufopfer Jesu Christi. Man vergleiche jene "neuen Lehren" mit 1. Joh. 2:18-27, 1. Joh. 4:1-3 und 2. Joh. 7-11. Vom Überrest, sprich WTG, gehen nun alle "Segnungen" und "Heiligungen", ja die "Rettung" selbst aus. Ihm, also nicht zuerst Jesus Christus, haben die "Menschen guten Willens" zu gehorchen. Dem Überrest haben sie nach alttestamentlichen Bildern als "Holzhauer" und "Wasserträger" zu dienen! Das beweist, daß die Zeugen Jehovas unter dem Namen "Neue-Welt-Gesellschaft" als eine Sklavengesellschaft zum Dienst für die WTG degradiert wurden.

Aber nicht genug damit. Selbst Jesus Christus, der doch gemäß WT seit 1914 als amtierender König regiert, ist in dieser Funktion auf Grund der "neuen Lehren" entmachtet. Da a I I e Rechte auf den Überrest übertragen sind, k a n n er demnach nur noch passiv sein, untätig, ein König zu Repräsentationszwecken in der Gewalt seiner Günstlinge, damit diese in seinem Namen die Ziele i h r e r Politik verwirklichen können.

Leere Behauptungen? Hirngespinste? Bitte: Man lese themenbezogene Publikationen der WTG seit jenem Kongreß im Yankee-Stadion, angefangen vom Buch "Neue Himmel und eine. neue Erde" bis "Auch du kannst Harmagedon überleben" und anderes. Die Beweise sind unwiderlegbar, wenn man sich der Mühe unterzieht und exakt analysiert, welche Rolle die WTG in diesen Lehraussagen dem Sohne Gottes, und welche sie sich selbst zuschreibt. Ein aufrichtiger Christ kann dazu nur sagen: Das ist der Gipfel der Vermessenheit! Ich hielt diese Einblende für notwendig, um einmal klar zu machen, wo die Keimzelle für Rebellion zu suchen ist. Die schrittweisen Lehrveränderungen in der über hundertjährigen Geschichte der WTG, deren Publikationen lückenlos vorliegen und eingesehen werden können, belegen eindeutig den langsamen und systematischen Abbau der einen christlichen Hoffnung, des einen Glaubens bis hin zum Gebrauch des Namens Jehovas und Jesu Christi für die unmöglichen Lehren.

Das ist Rebellion!

Da die WTG (nur eine Handvoll Männer!) aber an den Schalthebeln des „Werkes" sitzt, hat sie die Möglichkeit, die Veruntreuung der „Habe des Herrn" zu vertuschen und ihre eigene Rebellion durch Bibelverdrehungen bei der Verabreichung der „Speise zur rechten Zeit" zu tarnen. Folglich wird sie darauf bedacht sein, von dieser Veruntreuung abzulenken und „Sündenböcke" zu suchen. Als „Sündenböcke" können wiederum nur bewährte und Jehova treu ergebene Diener in Betracht kommen. Es kann beobachtet werden, daß die WTG nur zu gern mit dem Schlagwort operiert: „Du hast dich Jehova hingegeben, n i c h t der Gesellschaft"! Kommt es aber darauf an (und das ist in Krisenzeiten der Fall), dann ist „Rebellion gegen den Sklaven" gleichbedeutend mit Rebellion gegen Jehova. Dabei ist für die WTG völlig uninteressant, ob der Einspruch des Betreffenden (die Gesellschaft b e z ei c h n e t das als Rebellion) gerade w e g e n seines Hingabegelübdes, das er Jehova gegeben hat, erfolgt ist.

Es ist daher völlig logisch, daß bei geplanten Lehrveränderungen die WTG vorsorglich v o r h e r bewährte Diener, die den Beweis erbracht haben, daß sie Jehova Gott (nicht unbedingt der WTG) treu ergeben sind, aufs Korn nimmt, um sie rechtzeitig zu „entschärfen". D a r u m Stolpersteine.

Hinweise, Anzeichen und Beweise für Stolpersteine

Wie wir gesehen hoben, sind Lehrveränderungen im Jahre 1953 erfolgt. Niemand wußte v o r h e r davon. Die WTG kam damit völlig überraschend. Ich hatte darauf hingewiesen, daß in den Jahren 1951-53 in den verschiedenen Zweigen maßgeblichen Dienern von der WTG Stolpersteine in den Weg gelegt wurden. Es sind genügend Hinweise und Anzeichen dafür in dieser umstrittenen Zeit vorhanden. Die Dinge wären offensichtlicher. Aber es ist so, daß die "entschärften" Leidtragenden selbst nicht reden, oder sich mangels praktischer Mittel nicht richtig zu Gehör bringen können. In der Hauptsache liegt es aber daran, daß andere maßgebliche Diener, die mit diesen "Gemaßregelten" jahrelang Schulter an Schulter kämpften, aus Bequemlichkeit oder Menschenfurcht schweigen, vielleicht aber auch, weil sie es vorziehen, die Treue zur WTG höher zu bewerten als die Treue zu Jehova. Ich möchte hier zwei Hinweise geben, die weit bekannt geworden sind, wo die WTG ihre Stolperstein-Taktik praktizierte: Sie tat es im Fall von Br. Schnell, Zonendiener in den USA, und ebenfalls bei Br. J. Hemery, Zweigdiener von England und Mitglied des WT-Herausgeberkomitees.

Es wäre wünschenswert, zu den Anzeichen im Fall von Br. Heinrich Ditschi, wenn auch andere Brüder dazu beitrügen, ihr Wissen zu veröffentlichen, damit alle sehen können, wie dieser ausgezeichnete Diener von der WTG mutwillig (im Hinblick auf 1953) zu Fall gebracht wurde. Ich werde versuchen, aus meiner Erinnerung alle Dinge und Begebenheiten wach zu rufen. Die Treue und Zuverlässigkeit von Br. Heinrich Ditschi ist über jeden Zweifel erhaben. Selbst die WTG wagte nicht, ihn offiziell anzugreifen und zu beschimpfen, was ich später noch zeigen werde. Es ist allgemein bekannt, daß Br. Ditschi während der Nazizeit sogar vorübergehend den gesamten Zweig. Deutschland in der Illegalität leitete, bis er durch Verrat (von Reichsdiener Erich Frost, dessen Nachfolger er werden sollte) in die Hände der Gestapo fiel.

Ein „bedauerlicher" Zwischenfall

Auf die Frage: „Hatte die WTG ein Interesse daran, Kreisdiener Heinrich Ditschi damals zu Fall zu bringen?", muß aus heutiger Sicht geantwortet werden: Ja, sie hatte ein Interesse daran! Ich will versuchen, das aufzuzeigen. Br. Ditschi war der am meisten gerügte Kreisdiener Ende 1951. Das ist der Zeitpunkt, wo ich ihn kennenlernte und sogar "hautnah" mit ihm im Haus-zu-Haus-Dienst stand. Als ich ihn aus den Augen verlor, er diente später im Sauerland, erfuhr ich durch Brüder aus den Versammlungen anderer Kreise, daß Br. Ditschi mehrfach vom Bezirksdiener auf Anweisung der WTG getadelt wurde, weil seine ausgefallene Methodik d e n Rubikon zu überschreiten beginne!

So soll er z. B. den Straßendienst in Hattingen an der Ruhr in einen regelrechten Triumphzug umgewandelt haben. Bekanntlich stehen die Verkündiger in der westlichen Welt sonnabends still an den Straßenecken und bieten den Wachtturm an. Br. Ditschi aber organisierte alle zu einem "Heerhaufen" und ließ sie in aufsehenerregender Weise mit den Wachttürmen singend kreuz und quer durch die Stadt marschieren, wobei er selbst führend vorranging und nur manchmal "ausscherte", um Passanten anzusprechen zwecks Abgabe von WTs. Der Umsatz soll groß gewesen sein und der Feldzug lange Zeit noch Tagesgespräch der Bürger von Hattingen. Wie man sieht, war der Nutzen für das "Werk" respektabel, denn die Brüder, die sowohl von den "Maßregelungen" (die sie bedauerten), als auch von dieser Begebenheit berichteten, waren geradezu begeistert von dieser "H.-D.-Methode".

Aber eben diese "Methoden", mochten sie noch so viel einbringen, sie allein waren es, die der WTG mißfielen. Ein verkörpert immerhin eine autoritative Stellung.

Heißt dieser Kreisdiener Heinrich Ditschi, dem überall als Bruder die Herzen nur so zuflogen, so rückt man dann seine autoritative Stellung konzentriert ins Blickfeld, man die Brooklyner "Maßregelungen" natürlich verstehen. Als nicht mißzuverstehender Stolperstein kann daher gewertet werden, daß man dem Kreisdiener anläßlich einer Bezirksversammlung einfach das Mikrofon "wegdrehte". Ich erfuhr dies durch Brüder aus anderen Kreisen, Was war passiert?

Folgendes: Es standen halbstündige Vorträge verschiedener Redner auf dem Programm, alles äußerst interessante Themen. Als Br. Ditschi ungefähr fünf Minuten gesprochen hatte, war plötzlich der Strom weg. Auf Grund der "Störung" stand Unruhe im Saal, Das veranlaßte den Bezirksdiener (war es Br. Reuter oder Mössner?) auf der Bühne zu erscheinen. Er bat vielmals um Entschuldigung wegen dieses "Zwischenfalls", sprach von einem "Defekt am Stromkabel", der schnell behoben sein würde. Der "Defekt" war genau zu dem Zeitpunkt behoben, als der Folgeredner sein Thema vorzutragen hatte. Nicht etwa fünf oder gar zehn Minuten früher. Denn Br. Ditschi war zuzutrauen, seinen Vortrag zusammenzufassen und in der verkürzten Zeit dennoch interessant zu gestalten.

Die Brüder, die mir das erzählten, bedauerten, daß dieser "Zwischenfall" a u s g e r e c h n e t bei Br. Ditschi eintreten mußte, wo doch alle Anwesenden gerade s e i n e Ausführungen mit Spannung erwartet hatten. Tatsächlich! A u s g e r e c h n e t bei Br. Ditschi passierte dieser Zwischenfall! So werden die Treuen hinters Licht geführt und für dumm verkauft. Dem Eingeweihten ist völlig klar, daß dem Kreisdiener wohlbedacht das Mikrofon "weggedreht" wurde.

Die faulen Früchte einer verderblichen Verstrickung, Matth. 6:24

Der "bedauerliche Zwischenfall" war nur e i n e r der Stolpersteine, die Br. Ditschi. in den Weg gelegt wurden. Daß eine solche "Nadelstich-Politik" auf die Dauer zu Kontroversen führen muß, liegt auf der Hand. Bei den zu erwartenden Auseinandersetzungen hatte dann aber die WTG den "längeren Arm". Sie hatte den Überblick im internationalen Maßstab, I h r e Ziele waren für Jahrzehnte im v o r a u s geplant. Die bedauernswerten Opfer aber, die zunächst nicht wußten, was die Angriffe auf ihre Person eigentlich bedeuten sollten, hatten nur einen begrenzten Überblick i n n e r h a 1 b ihres Zweiges. Wäre Bruder Ditschi z. B, bekannt gewesen, daß in anderen Zweigen bewährten Brüdern genau zum gleichen Z e i t p u n k t ähnliche Dinge widerfuhren (in Amerika Bruder Schnell und in England Bruder Hermery), dann hätte er sich manches zusammenreimen können und hätte sich entsprechend darauf eingestellt. So aber mußte er abwarten, was die zunächst unklaren Vorgänge bedeuten sollten.

Die Beweggründe für solche heimtückischen Anschläge aus dem Hinterhalt sind heute leicht verständlich. Man darf nicht vergessen, was man der Generation versprochen hatte, der auch Br. Ditschi angehörte. Für diese Ziele (man lese nur die entsprechende WTG-Literatur jener Zeit) hatte sich der Bruder als aufrichtiger Nachfolger Jesu Christi und als ein treuer Anbeter Jehovas eingesetzt! Ja, zwei Drittel seines Lebens hatte Br. Ditschi für diese „verbindlichen und allzeit gültigen Maßstäbe" der WTG aufgebraucht. Wegen seiner Treue war er würdig befunden worden, in der Illegalität vorübergehend Zweidiener des gesamten Werkes für Deutschland zu werden. Wie konnte er da ahnen, daß die Brooklyner selbst es waren, die eines Tages Verrat üben würden? Wie konnte er ahnen, daß sie all ihre vor der Weltöffentlichkeit publizierten christlichen Maßstäbe bedenkenlos preisgeben würden?

Aber die WTG, die seit "Richter" (Apg. 17:31) Rutherford mit dem Großkapital hinter den Kulissen ein "Gegenseitigkeitsverhältnis" praktizierte (von ihr selbst in den Bänden „Rechtfertigung" verschämt zugegeben), kannte in dieser Hinsicht keinerlei Skrupel.

Nüchtern betrachtet muß die WTG auch so handeln, da sie den Gesetzmäßigkeiten einer solchen Bindung unterliegt.

2. Tim. 2:4

2. Pet. 2:19-21

Verwickelt und verstrickt in die "Geschäfte dieser Welt" suchte die WTG nach Beendigung des 2. Weltkrieges daher ganz naturgemäß aus den Nachkriegswirren Nutzen zu ziehen. Sie erkannte die Chance, mit Hilfe ihrer "Märtyrer" zu Ansehen zu gelangen und sich auf religiöser Ebene in die vordersten Reihen zu spielen. Fernziel: Die t o n a n g e b e n d e Religion werden! Diesem Machtrausch erliegend stellte sie ihre Weichen für die Zukunft.

Wie dokumentarisch nachweisbar, hatte die WTG schon-1942 (nach dem Tode Rutherfords) den Plan gefaßt, in völliger Abkehr von den Lehren Jesu Christi die "Schattenbilder" des Alten Testaments (nur für die Hebräer verbindlich!) zu modernisieren mit dem Ziel, Millionen von Menschen in listiger Weise zu übertölpeln, sie ihrer christlichen Hoffnung zu berauben und sie sich als Sklaven für die Wachtturm-Diktatur dienstbar zu machen.

Welch ungeheuerliches Versklavungs-Programm die WTG verwirklichen will, erkennt man erst richtig, wenn man das Buch "Auch du kannst Harmagedon überleben …" zur Hand nimmt. Die von der WTG vorgestellten 42 Bilder, nach ihrem Willen für die Praxis verordnet für die willkürlich geschaffene „Klasse der anderen Schafe", macht jedem Bibelkenner die Abkehr der Wachtturm-Gesellschaft vom Christentum in erschreckender Weise deutlich.

Freiheit und Sklaverei sind zwei gegensätzliche Begriffe! Jedem, der in der L e h r e C h r i s t i verbleibt, wird gemäß Joh. 8:31, 32 die W a h r h e i t angeboten, die f r e i macht. Der Apostel Paulus setzt diesen Gedanken fort und spricht in Römer 8:21 von der "herrlichen Freiheit der Kinder Gottes". Wer der Lehre der WTG folgt, wird durch die L ü g e einer angeblich neuzeitlichen "Gibeoniter-Klasse" in die S k 1 a v e r e i geführt. Er wird zum "Holzhauer und Wasserschöpfer für das Haus Gottes" degradiert! Unter dem Ausdruck "Haus Gottes" versteht die WTG nach eigener Definition sich selbst. Damit sind ihre wahren Absichten völlig klar.

Mit der Schaffung einer "Neuen-Welt-Gesellschaft" hat die WTG die Katze aus dem Sack gelassen. Sie weigert sich, die für a I 1 e Christen verbindliche Weisung von Matth. 28:19, 20 anzuerkennen und gibt damit zu verstehen, daß sie k e i n e christliche Organisation mehr sein will! Sie will nicht den Völkern "die gute Nachricht der Rettung" predigen. Sie will sie nicht lehren, a 1 1 e s zu halten, was Jesus g e b o t e n hat. Nein, sie will zu den Völkern gehen und Menschen gewinnen für ihre Theokratie, dem willkürlich vorgezogenen "Tausendjahrreich" Brooklyner Prägung. Denn der verbrämte Ausdruck "Neue-Welt-Gesellschaft" stellt weiter nichts dar als nur dies: eine modern-feudalistische Sklavenhalter-Gesellschaft unter der Diktatur der WTG innerhalb eines großkapitalistischen Weltsystems!

Damit zeigen sich die faulen Früchte einer verderblichen Verstrickung. Wie der Herr in Matth. 6:24 w a r n e n d sagte, daß man nicht g l e i c h z e i t i g der Sklave zweier Herren sein kann, so erfüllt sich nun seine W a r n u n g unerbittlich an der WTG. Ja, sie kann nicht gleichzeitig der Sklave des Herrn und der Sklave des Reichtums (sprich: Großkapital) sein. Ungeachtet ihrer Behauptung, der "treue Sklave" sein, beweisen die faulen Früchte, wem sie in Wahrheit dient. - Matth. 7:15, 16 -

Heiligenschein - Tarnkappe der WTG für Scheinheiligkeit

"Erwirb Weisheit! Und um alles, was du erworben hast: Erwirb Verstand!" So heißt es in Sprüche 4:7, Elberfelder Bibel. Aber w i e erwirbt man Verstand? Wenn man heute die ganzen Jahre zurück verfolgt bis ins Jahr 1951, dann ist alles überschaubar und mit entsprechender Bibelkenntnis auch alles verständlich. Aber damals schon zu wissen, was die WTG alles hinter dem Rücken aufrechter Diener ausheckte, dazu gehörte tatsächlich mehr als eine Portion gesunder Menschenverstand!

Nun war aber die Bibelkenntnis von Br. Ditschi nicht gerade gering, seine Beobachtungsgabe gefürchtet, seine Scharfsinnigkeit in allen Versammlungen sprichwörtlich. Das alles w u ß t e auch die WTG. Daher ist die Ausschaltung dieses hervorragenden Dieners für uns heute verständlich. Ich sage heute , und muß hinzufügen: Leider erst heute.

Die WTG hat es meisterhaft verstanden, ihr antichristliches Wesen mit perfekter christlicher Scheinheiligkeit zu tarnen, indem sie den Heiligenschein ihrer "Märtyrer" geschickt für sich ausnutzte. - 2. Kor. 11 :12-15 -

Im Gegensatz zu den "Paradepferden" Konrad Franke und Erich Frost, die (wie sich Jahre später herausstellte) in Wirklichkeit "Pseudo-Märtyrer" waren, mehr noch: sogar Kollaborateure für die Gestapo - war der Nimbus, der Br. Ditschi umgab, durchaus echt. Rechnet man hinzu, daß er vom Judas Frost ans Messer geliefert wurde, als Kreisdiener unter diesem Judas auch noch dienen mußte, und dann von der WTG selbst noch tüchtige Knüppel zwischen die Beine geworfen bekam -, dann kann man ihn wahrhaftig als "Märtyrer des 20. Jahrhunderts im Dienste Jesu Christi" bezeichnen.

Ja, Br. Ditschi war wirklich ein Vorbild - in jeder Beziehung! Ich hatte ihn in Langenberg erlebt, seiner Ankunft in Velbert entgegengefiebert und hatte dann seine ganze Art im gemeinsamen Dienst studieren können.

Seine Persönlichkeit gab den Ausschlag, daß ich mich entschloß, ein Zeuge Jehovas, genauer gesagt: ein Anhänger der WTG zu werden. Doch irgendwie trug ich eine Brille der Kurzsichtigkeit: Wie kam ich zu der Annahme, daß die Brooklyner Führer, - Personen also, die ich n i e gesehen hatte - die gleichen Charaktereigenschaften haben müßten, die gleiche gute Gesinnung, wie sie Br. Ditschi an den Tag legte? Ich glaube, h i e r liegt der Kardinalfehler im Denkprozeß der N e u e n. Und das ist der Vorteil für die WTG! Ich Tor! Spätestens beim "Aufbruch" von Br. Ditschi hätte ich meinen spontan gefaßten Entschluß, blindgläubig im Trott der WTG-Irrlehren immerzu im Kreise zu marschieren, wieder rückgängig machen müssen. Aber zu diesem Zeitpunkt war ich bereits vom Wachtturm "geimpft", bewegte mich auf dem toten Gleis des "Schmalspurdenkens". Und auch d a s ist der Vorteil für die WTG!

Es ist traurig, aber leider wahr: Mit dem Heiligenschein des E c h t e n deckt die WTG als willkommene Tarnkappe ihre Scheinheiligkeit zu. Doch zeigt sich immer wieder, daß diese E c h t e n niemals bei ihr bleiben. Entweder werden sie in antichristlicher Weise als "gefährlich Unbequeme" von ihr verjagt, oder schikaniert und zugrunde gerichtet, oder aber sie brechen aus, nachdem sie sich an den Kerkermauern des religiösen Irrenhauses der WTG gründlich wund gerieben haben.

Diese beiden Faktoren: Kurzsichtigkeit als Neuling infolge übersteigerter Emotion und spätere "Wachtturm-Impfung" sind die Trümpfe der WTG, so daß man solchen Vorgängen hilflos gegenübersteht. Dabei sind die Dinge bei gesundem Menschenverstand doch eigentlich sonnenklar! Denke ich an die Kreisdiener-Woche in Velbert zurück, begreife ich heute noch nicht meine damalige Naivität. So dachte ich: „Mein Gott, wenn schon Kreisdiener Heinrich Ditschi in brillanter Weise die Worte der Bibel in lebendiges Feuer ummünzt, wie muß es da erst in Brooklyn aussehen?" Und ich stellte mir vor, daß es dort in der Zentrale von Christussen, Petrus' und Paulussen nur so wimmelt.

Ein Irrtum - ein folgenschwerer Fehlschluß, der mir heute schmerzhaft und bitter zum Bewußtsein kommt.

Selbstverständlich waren die Erfahrungen mit Br. Ditschi nicht schmerzlich. Im Gegenteil! Das Kennenlernen dieses wertvollen Menschen wiegt schon den größten Teil der Bitternis auf, die man durch geistiges Gangstertum in der Tretmühle der WTG erfahren mußte. Nach der Kreisversammlung Langenberg ist die Kreisdienerwoche mit Br. Heinrich Ditschi eines jener Erlebnisse, deren man sich gerne erinnert.

Entsprechend den Dienstanweisungen hätte die Dienstwoche ungefähr in diesem Rhythmus ablaufen müssen: Einführung und Eröffnungsansprache des Kreisdieners am Dienstag. Es folgt die Dienstversammlung und Predigtdienstschule. Im Anschluß daran erteilt der Kreisdiener Rat und spricht auch über die Versammlungstätigkeit im allgemeinen. In den folgenden Tagen schult der Kreisdiener im Dienst von Haus zu Haus die Pioniere (wenn vorhanden) sowie Verkündiger, die sich beruflich freimachen können. Straßendienst am Sonnabend um 15.00 Uhr, öffentlicher Vortrag am Sonntag um die gleiche Zeit. Im weiteren Verlauf des Schlußprogrammes gibt der Kreisdiener einen zusammenfassenden Überblick über die Tätigkeit der Woche und verabschiedet sich von der Versammlung.

Unbestritten ist der herausragende Punkt einer Dienstwoche der öffentliche Vortrag des Kreisdieners. Br. Ditschi hatte sich eine zusätzliche wirksame Überraschung ausgedacht. Im Normalfall hätte auf den Vortrag das Wachtturm-Studium stattfinden müssen. Aber so, wie der Kreisdiener aus besonderen Gründen bereits den Dienstag "auf den Kopf" gestellt hatte, war auf seinen Wunsch hin auch das WT-Studium „vorgezogen" worden auf den Vormittag. Das ging zwar auf Kosten des Haus-zu-Haus-Dienstes, ermöglichte aber eine "reservierte Stunde" für Interessierte von 16.00-17.00 Uhr. Auf diese. Weise erhielten eingeladene Gäste die Möglichkeit, sich ungezwungen zu äußern, Tatsächlich gestattete der Kreisdiener die kompliziertesten Fragen, und er beantwortete sie alle ruhig, gelassen. Darum war diese Stunde besonders wertvoll.

Abschließend hielt dann Br. Ditschi seine Schlußansprache. Um 18.00 Uhr war das Tagesprogramm beendet, und damit hatte auch eine interessante Dienstwoche - geprägt von einem Kreisdiener - ihren Abschluß gefunden.

Kriterien der Versammlung: "Br. Müde", "Schw. Schläfrig", "Schw. Itzenblitz" und "Br. Naseweis"!

Es lohnt sich, einige Höhepunkte dieser Kreisdiener-Woche etwas näher in das Blickfeld zu rücken. So erhält der Leser eine lebendige Vorstellung von einem nicht alltäglichen Bruder, von seinem Charakter, seinem quecksilbrigen Geist, seiner Anpassungsfähigkeit, seinem Humor, seiner Spritzigkeit, seiner Eleganz.

Plastisch vor Augen steht mir noch heute jener bewußte Dienstag, da der Kreisdiener inmitten der Versammlung saß - verdeckt durch die Mettmanner Brüder - und unbemerkt seine Beobachtungen anstellte. Als er dann zur gegebenen Zeit überraschend aufstand, zum Podium ging und sich vorstellte, war man auf allerhand gefaßt.

Natürlich fiel Br. Ditschi nicht mit der Tür ins Haus. Er dachte nicht daran, das Resultat seiner Beobachtungen der Versammlung sofort zu präsentieren. Zunächst goß er "Salböl" aus, machte witzige Bemerkungen über interessante Dinge, die er in einer vorbildlichen Versammlung des Kreises erlebt hatte, und er empfahl sie zur Nachahmung. Dann kam er unmerklich auf die Kriterien zu sprechen. Seine tadelnden Worte galten allerdings nicht der Versammlung Velbert. Ach wo! Im Mittelpunkt seiner Ausführungen stand eine "Versammlung anderswo". Er wolle, sagte Br. Ditschi, die schlechten Beispiele - ja, das teilweise krasse Fehlverhalten einiger Glieder dieser Versammlung, nur warnend vor Augen stellen, verbunden mit der herzlichen Bitte, die angesprochenen Dinge h i e r n i c h t Fuß fassen zu lassen.

Als typische Beispiele nannte er den "Br. Müde`, die "Schw. Schläfrig", die "Schw. Itzenblitz" (nicht zu verwechseln mit Gräfin Itzenblitz) und den "Br. Naseweis". Der "Br. Müde` übe sich in der Pantomime, seinen Geist aufzugeben. Teilnehmer der Predigtdienstschule, die zum erstenmal Sprechaufgabe absolvieren müßten, fühlten sich verunsichert in ihrem Bemühen, den Stoff für die Zuhörer erbaulich zu meistern, empfänden in dem Verhalten des "Br. Müde" einen versteckten Tadel an ihrer Sprechkunst und veranlasse sie, hochroten Kopfes zu stottern.

Die "Sches. Schläfrig" klappere ununterbrochen Augenlidern, um dem Gruppendiener zu signalisieren: Öffne das Fenster! Es ist schlechte Luft im Raum!

"Schw. Itzenblitz" praktiziere das entgegengesetzte Extrem: Mit Augen und Ohren ist sie überall. Sie hört den Holzwurm nagen im Stuhlbein des Nachbarn, sieht das winzige Stäubchen an der Zeitschriftenmappe des Gebietsdieners … Kurzum: "Schw. Itzenblitz" nimmt blitzartig die unscheinbarsten Vorgänge wahr. Nicht die geringste Kleinigkeit im gesamten Ablauf des Programmes entgeht ihren hellwachen Sinnen. Aber gerade deshalb verpasse sie in ihrem Übereifer den Anschluß in den wesentlichen und entscheidenden Dingen.

"Bist Du schon geimpft?"

Der Clou des Tages war indes das Porträt des "Br. Naseweis", das der Kreisdiener mit Unterstützung von Mimik und Gestik meisterhaft zeichnete. Zunächst macht er den Seelenzustand eines eingeladenen Besuchers sichtbar, der den Saal betritt und sofort ruckartig von 20 Augenpaaren ins Visier genommen und neugierig taxiert wird. Sodann zeigte er in wechselnden Posen die ständig sich steigernde Verwirrung des "Opfers", das sich nach diesen unerquicklichen Eindrücken zuletzt auch noch mit dem "Br, Naseweis" konfrontiert und einem "hochnotpeinlichen Verhör" unterworfen sieht.

Daß man freundlich gesinnte Besucher mit einem derart stupiden Verhalten endgültig wieder vertreibt, macht Br. Ditschi nun vollends klar, indem er die Rolle des "Br. Naseweis" in krassester Form parodierte:

Wie ein von der Sehne geschnellter Pfeil schoß er auf die erste Sitzreihe zu, stürzte sich auf den Gruppendiener, zottelte ihn am Ärmel seines Jacketts, deutete mit dem Zeigefinger der anderen Hand auf jene Stelle am Oberarm, wo bei den meisten Menschen die obligatorischen Pockenpusteln zu finden sind, und schnarrte mit der Stimme eines Großinquisitors: "He, - Du! Bist Du schon geimpft?" Ein prustendes Gelächter war die Folge dieser urkomischen Situation mit der grotesk anmutenden Fragestellung. Ja, das war wieder einmal ein Bonmot ä la Ditschi. Solche Stilblüten von ihm - ob nun wörtlicher oder pantomimischer Art - waren beliebt. -

Die Methoden des Kreisdieners erwiesen sich als wirksam. Der Einzelne fühlte sich angesprochen, aber niemand war beleidigt. Daß zum Beispiel die in den Vordergrund gerückte "Versammlung anderswo" eine Farce war, ahnte man zumindest. Auch der "Br. Naseweis" war im Grunde kein Bruder. Jeder. in der Versammlung wußte, daß speziell eine ganz bestimmte Schwester von der Sucht hochgradiger Neugierde befallen war. Die Verlagerung auf das männliche Geschlecht war also nur ein zusätzlicher Trick des Kreisdieners. Die Vorspiegelung von Dingen angeblich fremder Personen milderte aber den Tatbestand für den betreffenden Sünder; ermöglichte es ihm, ein Fehlverhalten neutral zu sehen und bewegte ihn zu einer besseren Einkehr.

Andere Kreisdiener faselten von "Wäsche waschen". Br. Ditschis Methode war dagegen eine "Therapie schmerzlosen Tadels." Und sie war nützlich und heilsam. Das gibt mir die Berechtigung, zu konstatieren: Sinnfälliger kann man einen Rat wohl kaum noch dem Bewußtsein des Hörers und Zuschauers nahe bringen.

Der Unterschied und die große Kluft

Eins wird dem Leser sichtbar geworden sein. Bruder Ditschi unterschied sich sehr deutlich von anderen Dienern der WTG. War die Frage der Toleranz für ihn eine Selbstverständlichkeit, ja sogar ein Wesenselement, so war sie für jene überhaupt keine Frage. Eher ein entliehener Ausdruck aus einem verstaubten Wörterbuch. Für Schablone-Praktikanten der WTG war das Wort Toleranz lediglich ein Fremdwort: untauglich für den Gebrauch in der Verkündigung und Lehre ihrer Endzeitvorstellungen.

Im Grund zeigen sich schon hier die unüberbrückbaren Gegensätze. Während der WTG-Dogmatismus wegen seines unduldsamen Charakters nicht den geringsten Spielraum für tolerantes Denken und Handeln zuläßt, ist umgekehrt die Toleranz mit ihrem breiten Spektrum der Verträglichkeit von unterschiedlichen und differenzierten Meinungen und Ansichten kein guter Nährboden für die WTG-Denk- und Handlungsweise. Denn diese bringt in ihrer Endkonsequenz eine „theokratisch" genannte Diktatur mit entsprechender Willkür, Ausübung religiösen Gewissenszwanges und Ignoranz der Menschenwürde zum Ausdruck, eine Sozialfeindlichkeit, die sich praktisch als Menschenfeindlichkeit und grundsätzliche Lebensverachtung in diesen Fragen offenbart.

War eingangs die Rede von einem Unterschied zwischen dem Diener Br. Ditschi und denen, die nach WTG-Schablonen dienten, so muß bei einem Vergleich, und das erst recht bezüglich der heutigen Zeugen Jehovas, bereits von einer tiefen Kluft gesprochen werden. Denn im Gegensatz zu ihnen war er nicht "fanatisch" oder von kurzsichtiger Intoleranzdenkart. Er war sehr aufgeschlossen und machte sich schon seine Gedanken.

Ein Mann mit Abitur

Es ist denkbar, daß die gute Schulbildung Bruder Ditschis und dos auch dadurch bedingte reife Wissen ein Fundament war, auf dem sich seine humanistische Einstellung in gesunder Weise positiv und lebensbejahend entwickeln konnte. Was nämlich den wenigsten bekannt sein dürfte, ist die erstaunliche Tatsache, daß Bruder Ditschi ein abgeschlossenes Abitur hatte! Damit ist erwiesen, daß sich dieser Kreisdiener auch auf dem Gebiet von Bildung und Kultur im krassen Widerspruch zu bekannten Forderungen der WTG befand. Wie dokumentarisch belegt ist, hat die WTG bereits mehreren Generationen (immer unter Hinweis auf Matth. 24:34) den "göttlichen Rat" erteilt, im Hinblick auf das "nahe Ende" auf jeglichen Erwerb eines höheren Bildungsniveaus, bzw. auf eine Promotion an höheren Lehranstalten zu verzichten.

Bei solchen Weisungen aus Brooklyn wird man unwillkürlich an ein Zitat von Wilhelm Busch erinnert: "Man merkt die Absicht - und man wird verstimmt." Ja, und dieser Ausspruch trifft den Nagel auf den Kopf! Denn jeder Mensch, der noch logisch denken kann, fragt sich sofort, wieso die Brooklyner Führerschaft trotz des "nahen Endes" für sich selbst eine Promotion an höheren Lehranstalten anstrebt - ja, daß sie sogar vor der Weltöffentlichkeit mit ihrem hohen Bildungsgrad protzt, indem sie behauptet, daß z. B. der 3. Präsident N. H. Knorr schon als Achtzehnjähriger eine Promotion erlangte! Auf der anderen Seite aber wird für die unteren Zeugen Jehovas durch geschickte Wortspiele aus dem Arsenal eines angeblich "göttlichen Kanals" die Erlangung einer höheren Bildungsstufe in intoleranter Weise verweigert.

Wenn die Wachtturm-Gesellschaft versucht, die periodisch wiederkehrenden Erhebungen, Aufstände und Oppositionen als "gottfeindliche Rebellion" abzustempeln, so geht sie bewußt und eindeutig wider besseres Wissen an der Wurzel alles dessen vorbei, und die liegt einzig und allein in der Struktur ihrer Organisation begründet, die man noch sorgfältiger Analyse als in Wahrheit entmündigend bezeichnen muß.

Gott ist niemals den menschlichen Bedürfnissen gegenüber feindlich gewesen. Er kennt die sozialen Bedürfnisse aller Menschen. Schon das Lesen einer einzigen Schriftstelle, z. B. Joh. 3:16, 17 beweist das grundsätzlich. Er offenbart ein Höchstmaß an Toleranz! Ein Höchstmaß an Liebe und Verständnis. Wenn für die Wachtturm-Gesellschaft und ihre Organisation dies alles "böhmische Dörfer" sind oder dazu gemacht wird, dann braucht man sich nicht mehr lange nach Ursachen angeblicher „Rebellion gegen Gott" umzuschauen.

Auch im Fall von Bruder Ditschi handelt es sich um einen ganz folgerichtigen Vorgang, der durch die Unüberbrückbarkeit der Gegensätze von Toleranz und Dogmatismus vorgezeichnet ist. Alle, die nicht hinausgehen möchten über das, was geschrieben steht, werden die Entmündigung unter der Wachtturm-Gesellschaft früher oder später erkennen und "rebellieren", denn Gott mehr zu gehorchen gilt auch gegenüber der allzumenschlichen Wachtturm-Organisation.

Wahrnehmung biblischer Rechte in voller christlicher Mündigkeit

In Bezug auf Mündigkeit oder Unmündigkeit eines Christen bewies Br. Ditschi durch sein Verhalten, daß er die Ermahnungen von Hebr. 5:12-14 bestens verstanden hatte. Gerade sein sicheres Auftreten als Lehrer gemäß seiner gefestigten Erkenntnis, seine pädagogische Fähigkeit, Probleme anderer Menschen sich in Geduld anzuhören und Wege zu ihrer Lösung aufzuzeigen, sein mündiges s e l b s t ä n d i g e s Wirken in allen Dienstbereichen i n n e r - h a l b des gemeinsamen Predigtwerkes (von der WTG entsprechend ihrer eigenen Sprachregelung mit der Bezeichnung „eigenwillig" verzerrt wiedergegeben) - all dies beweist, daß die Praxis und Ausübung seiner eigenen p e r s ö n l i c h e n Evangelisationsmethoden nachweisbar durch die Bibel nicht nur gestützt, sondern ausdrücklich gebilligt und zur Nachahmung empfohlen wurde. - Matth. 28:20; 2. Tim., 3:16, 17; Römer 12: 6,7; Eph. 4: 11-16; 1. Tim 3:2; 2. Tim. 2:, 24; Titus 1:9; 1. Tim. 4:14-16; Hebr. 5 :12-14 ; Gal. 4:1-6.

Aus diesem Grunde geschah es wohl auch (so, als wäre die Überwindung von Schwierigkeiten für einen befähigten Diener die leichteste und naturgemäß selbstverständlichste Sache der Welt), daß Br. Ditschi in einem Fall konsequenter Ablehnung der "Droh-Frohbotschaft", wie sie eben im Sinne der WTG an den Türen dargelegt werden muß, dennoch einen Weg fand, ein wertvolles Gespräch herbeizuführen.

"Fachsimpeleien" von Abiturienten!

In dar praktischen Schulung von Predigtmethoden im Dienst von Haus zu Haus bearbeitete Br. Ditschi im Verlaufe der Kreisdienerwoche mit mir auch die in Velbert-West sehr bekannte Eichenstraße. Dabei gerieten wir auch an die Tür eines Wohnungsinhabers, der als Oberlehrer am Gymnasium, Velbert, Blumenstraße, tätig war. Auf das Läuten des Kreisdieners öffnete sich die Tür und im Rahmen stand ein Mann ungefähr gleichen Alters wie Br. Ditschi, der im übrigen den Eindruck eines Gelehrten erweckte. -

„Guten Tag", sagte der Kreisdiener. Mit der von Knigge streng vorgeschriebenen Höflichkeitsform von Personenvorstellungen fuhr er fort; "Mein Name ist Ditschi und dieser junge Mitarbeiter neben mir nennt sich Bach. Wir kommen im Auftrag einer Bibelgesellschaft …" - Weiter kam er nicht.

„Danke, ich habe kein Interesse", sagte der Mann mit dem Gelehrtenkopf kurz angebunden und wollte die Türe schließen. "Aber Herr Lehrer", sagte Br. Ditschi mit leisem Vorwurf in der Stimme, „behandelt man denn s o einen Schulkameraden, mit dem man gemeinsam die Schulbank gedrückt hat?" Dabei blinzelten seine Augen mit einer unnachahmlichen Treuherzigkeit durch seine scharfen Brillengläser und bohrten sich mit sanfter Güte in die Augen seines Gegenüber und hielten sie mit einer unerklärlichen Gewalt fest. „Wie bitte fragte der Mann völlig konsterniert und zögerte merklich, seine Absicht in die Tat umzusetzen.

„Ich bin doch der Heinrich Ditschi aus Sprockhövel", sagte der Kreisdiener wieder mit einem Anflug von Vorwurf. Und rasch setzte er hinzu: "Machten wir nicht zur gleichen Zeit unser Abitur?" "Ich weiß nicht recht", sagte der Mann verwirrt und sein Gesicht legte sich in nachdenkliche Falten. Schließlich sagte er entschuldigend: "Wissen Sie, ich kann mich noch erinnern . . . Aber kommen Sie doch bitte herein."

Diese Aufforderung kam uns natürlich sehr gelegen und. wir folgten ihm unverzüglich in sein Studierzimmer. In der Unterhaltung, die sich nun entspann, stellte sich heraus, daß Br. Ditschi und der Oberlehrer zwar nicht an der gleichen Schule ihr Abitur erworben hatten, aber sie "drückten" tatsächlich im gleichen Jahr "gemeinsam" die Schulbank, so, wie es der Kreisdiener in der Einleitung behauptet hatte.

Angesichts der seltenen Gelegenheit, mit einem gebildeten Menschen ein niveauvolles Gespräch zu führen, wich Br. Ditschi von der WTG-Vorschrift ab, im Haus-zu-Haus-Dienst an jeder Tür n u r ein Zeugnis von 3 bis 8 Minuten zu geben. Stattdessen erging er sich mit dem Oberlehrer über

eine halbe Stunde in "Fachsimpeleien" -, und da dieser in seinen Bücherschränken die Werke der Weltliteratur aufzuweisen hatte, kam man zwangsläufig auch auf den „Faust" zu sprechen.

Hier erwies sich nun der Kreisdiener zu meiner und des Oberlehrers Verblüffung als eine absolute Kapazität. Br. Ditschi schüttelte sich „Faust"-Zitate nur so aus dem Ärmel. Mit der Präzision eines Maschiengewehres prasselten ganze Feuergarben auf uns nieder. Der Oberlehrer sagte anerkennend: „Ich kannte bisher keinen Menschen, der so umfangreich den „Faust" in seinem Gedächtnis hat. Warum sind sie kein Dramaturg geworden?

Eine durchaus „biblische" Ditschi-Methode?

Selbstverständlich hatte der Kreisdiener während der ganzen Zeit den Zweck seines Besuches sorgfältig im Auge behalten. Bei der letzten Frage seines Gastgebers lenkte er geschickt auf den „biblischen Teil" über. Man entwickelte sich oft anders, als man sich vorher träumen ließ, meinte Br. Ditschi. Er ging wieder auf die Weltliteratur ein und erwähnte beiläufig, daß die großen Geister die Bibel mit an vorderster Stelle der Literatur setzen. Der Oberlehrer bestätigte das. Ja, und so habe er sich einer Bibelgesellschaft angeschlossen, spann Br. Ditschi den Faden weiter, die sich damit befasse, einen biblischen Erziehungsfeldzug durchzuführen. In der „breiten Masse" herrsche eine erschreckende Unkenntnis über den Inhalt dieses wertvollen Buches. Der Oberlehrer bejahte auch das.

Nun zog der Kreisdiener sein „Angebot" aus der Aktentasche (Drei-Bücher-Angebot laut „Informator"), zeigte auf die Titel der einzelnen Bücher: „Gott bleibt wahrhaftig", „Die Wahrheit wird euch frei machen" und „Die neue Welt".

Die Art, wie er die Bücher etwas fächerförmig in der Hand hielt und ins Blickfeld rückte, ihre genaue Reihenfolge in der Farbanordnung grün, organge, blau, sein ausdrücklicher Hinweis auf diese farbigen Einbände, gewürzt mit fachgerechten Bemerkungen: geschmackvoll, … Kaliko-Einband … Gold- und Silberprägung der Titel … verfehlten ihre Wirkung nicht.

Diese Bücher werden zu einem Selbstkostenpreis von insgesamt 7,50 M zur Verfügung gestellt. Im Vergleich zu einem einzigen Buch ähnlicher Qualität im einschlägigen Buchhandel ist dieser Preis nicht nennenswert. - Zudem sind diese Bücher Bibelstudien-Hilfsmittel, die die Menschen auf Grund ihrer Thematik und der Schriftstellen zum Aufschlagen der Bibel zwingen; das verleiht ihnen einen zusätzlichen ethischen Wert. -

Auf diese Weise werde ein späteres selbstständiges Studium der Bibel beim Leser gefördert, schloß der Kreisdiener, und ob er, der Oberlehrer … als Geburtstagsgeschenk … oder so …??-

„Die Bücher sind wirklich sehr preiswert", sagte der Oberlehrer, und er zückte seine Geldbörse. Den Einladungszettel für den öffentlichen Vortrag am Sonntag nahm er ebenfalls entgegen.

Ich entsinne mich noch gut, wie mich damals die Methode von Br. Ditschi, die er mit einem derart durchschlagenden Erfolg bei dem Velberter Oberlehrer praktizierte, stark beeindruckte. Bei aller Hochachtung vor dem sauberen und anständigen Charakters dieses auch von mir verehrten Dieners frage ich mich aber heute:

War die Demonstration der hier geschilderten Ditschi-Methode „biblisch"?

Streng genommen waren die Argumente von Br. Ditschi bei seinem Drei-Bücher-Angebot keineswegs biblisch. Ehrlicherweise muß man zugeben, daß es sich hierbei eher um ein geschickt-geführtes „Verkaufsgespräch" eines geschulten „religiösen Handelsvertreters" im Dienste einer Verlagsanstalt, genannt WTG, handelte. Mit einem verständnisvollen Augenzwinkern könnten sehr tolerant eingestellte Menschen diese Methode noch als vertretbar ansehen, wenn durch den Verkauf der Bücher der „gute Zweck", nämlich die p e r s ö n l i c h e Heranführung an die Bibel (etwas anderes hatte man auf Grund der gemachten Beteuerungen ja nicht im Sinn!), erfüllt worden oder wenigstens der biblische Inhalt dieser „theokratischen Meisterwerke" konstant geblieben wäre.

Aber gerade diese unabdingbaren Voraussetzungen waren nach dem Erwerb dieser drei Bücher mit dem „geschmackvollen grünen, orangen und braunen Kaliko-Einband mit Gold- oder Silberschrift der Titel" für den Käufer nicht gewährleistet. Durch die in Brooklyn vorbereiteten Lehrveränderungen und die dafür bereits neu geplanten Bücher und sonstigen Publikationen, die man in millionenfacher Auflage herausgegeben und verkaufen wollte (was neben der Gehirnwäsche der eigentliche Zweck war), stellte den Inhalt dieser drei Lehrbücher nach kurzer Zeit wieder in Frage. Somit war der „religiöse Kunde" - in diesem Fall der Oberlehrer des Velberter Gymnasiums - der Geprellte, denn er hatte im Grunde weiter nichts als Attrappen in seinem Bücherschrank stehen. Darüber konnten auch die wunderbaren Kaliko-Einbände nicht hinwegtäuschen, die objektiv gesehen den angeblichen Selbstkostenpreis von 7,50 M für die drei Bücher nicht im geringsten aufwiegen konnte.

„Handelsware" ohne Garantie!

Aus diesem Grund muß sich die WTG im Interesse solcher arglosen Käufer schon die Frage gefallen lassen, ob sie selbst bereit wäre, Fachliteratur oder wissenschaftliche Werke zu kaufen, deren Inhalt sich schon nach kürzester Frist als völlig wertlos erweist? Würde sie selbst teure Werke kaufen n u r der „geschmackvollen Einbände" wegen?

Angesichts der sich jährlich steigernden Produktion der WTG kann man heute aber mit Fug und Recht sagen: Es gibt in der ganzen Welt Millionen Menschen (keineswegs Zeugen Jehovas!) die solche wertlosen Attrappen im Bücherschrank zu stehen haben!

Jeder Mensch, der den rechten Einblick in das Wesen der „Verkaufstechnik" der WTG hat, kann sich davon überzeugen, daß die Bücher „Gott bleibt wahrhaftig", „Die Neue Welt", „Die Wahrheit wird euch frei machen" und sogar später herausgegebene Bücher h e u t e keinen Pfifferling mehr wert sind. Bedauerlicherweise können die „Kunden" aber nicht einmal bei der „Firma" reklamieren, wie sie das sonst beim Erwerb von Handelsobjekten tun können, denn die „Firma" liefert ihnen trotz der „Übertölpelungstechnik" ihrer Reisevertreter bei Auslieferung der Ware einen für die Lebensdauer ungefähr angemessenen Gegenwert für die Kosten des Objekts in Form eines „Garantiescheines" mit. Die Wachtturm-Gesellschaft tut das aber nicht, obwohl sie in ihrem Taschenbuch für Jehovas Zeugen („Ist die Bibel wirklich das Wort Gottes?) auf Seite 17 hochtrabend verkündet, die Bibel hätte es noch "nie nötig gehabt, auf den neuesten Stand gebracht zu werden" - und damit den Anschein erweckt, der Inhalt ihrer Publikationen sei "beständig" bzw. "konstant".

In Anbetracht ihrer Behauptung, das 1914 gekommene Königreich sei eine "funktionierende Wirklichkeit" (Geheimnisbuch, Seite 358); müßte sie aber, wenn sie den Anspruch einer seriösen Verlagsanstalt erheben will und auch um des Ansehens willen, als „göttlicher Kanal" zu wirken, z. B. dem Buch "Gottes 1000-jähriges Königreich hat sich genaht" einen solchen Garantieschein beifügen. Entsprechend dem Titel - der bei jedem Abnehmer den Anschein absoluter Spitzenqualität erweckt - müßte sie das sogar als Beweis für die Echtheit dieser "Ware" mit einer Garantie für mindestens 1000 Jahre!

Doppelter Betrug

Da die WTG sich ihrer Rolle als religiöser Scharlatan sehr wohl bewußt ist, wird sie natürlich niemals auf einen solchen Gedanken verfallen. Sie kennt den Begriff "kaufmännische Ehrbarkeit" nicht, der für vergleichsweise andere "Firmen" eine Selbstverständlichkeit ist. Stattdessen schickt sie trotz der erwiesenen unlauteren Machenschaften weiterhin ihre Handelsvertreter unter der Maske ehrbare Bibelverkündiger zu einem angeblichen "Erziehungsfeldzug" aus, um ihre "religiöse Ware" - immer mit dem irreführenden Etikett "Bibelstudien-Hilfsmittel" versehen - an den Mann zu bringen und auf diese Weise gleichzeitig weitere völlig kostenlos für sie arbeitende Reisevertreter zu gewinnen, damit der Umsatz jährlich gesteigert werden kann.

Bei diesem unleugbaren Tatbestand muß unbedingt festgehalten werden, daß von seiten der tüchtigen "Geschäftsfirma WTG" d o p p e l t e r Betrug vorliegt: Der von ihr ausgesandte Reisevertreter erhält niemals seine "Provision". Die für die Zukunft in Aussicht gestellte "Belohnung" (der Erwerb eines sogenannten "Verdienstkontos bei Jehova" laut WT vom 15. 5. 1957, Seite 317) erweist sich am Ende seiner Tätigkeit (und seines Lebens!) als Illusion.

So gesehen war Br. Ditschi trotz seiner persönlichen Ehrlichkeit - gemessen am Fall des Velberter Oberlehrers als ein Beispiel für viele ähnliche Fälle - auch nur ein von der WTG mißbrauchter "religiöser Handelsvertreter" für eine in jeder Hinsicht viel zu teuer bezahlte "Ware".

Rehabilitierung der "biblischen" Ditschi-Methode durch fundierte Tatsachen

Und dennoch muß man sagen: Ungeachtet dieser erschütternden Fakten, die die ganze Verworfenheit und Skrupellosigkeit dieser angeblichen "christlichen Verlagsanstalt" aufzeigen, war Br. Ditschis Methodik insgesamt gesehen durchaus biblisch. Durch fundierte Tatsachen kann das nachgewiesen werden.

Als Augenzeuge in der Ausübung seines Dienstes muß ich zur Rehabilitierung seiner wahrhaft christlichen Gesinnung vermerken, daß er niemals versuchte, durch sektiererische Verdrehungen die Bibel zu entwerten und so auf Schleichwegen die Publikationen der Wachtturmgesellschaft unbemerkt in den Vordergrund zu schieben. Vielmehr ermahnte er die Menschen beim Absatz von WT-Literatur immer wieder, daran zu denken, daß es sich n u r um „Hilfsmittel handelt, die zum Bibellesen „anreizen" sollen, selbstverständlich die Hl. Schrift selbst aber niemals ersetzen könnten. Diesen Gedanken schärfte er übrigens auch seinen Mitbrüdern ein, die er zum Dienste schulte.

Hier nur ein Beispiel: Den Büchern der WT-Gesellschaft ist immer ein Leittext vorangestellt. So findet man beim Aufschlagen des Buches „Gott bleibt wahrhaftig" z. B. auf der ersten Seite sofort den Text von Römer 3:3,4. Dieser nach der kath. Storr-Übersetzung zitierte Bibeltext besagt, daß j e d e r Mensch ein Lügner ist; nur Gott a l l e i n ist wahrhaftig. In der Regel verwies Br. Ditschi bei seinem „Drei-Bücher-Angebot" auf diese unmißverständliche Aussage der Hl. Schrift. Somit dürfte bewiesen sein, daß der Kreisdiener den Abnehmer solcher Bücher niemals im Unklaren ließ, was dieser selbst in der Endkonsequenz als maßgebliche Autorität anzuerkennen habe.

Wenn Br. Ditschi in seiner Tätigkeit als hauptamtlicher Mitarbeiter der WTG in einer bestimmten Phase seiner Predigt ein nach Art von Handelsvertretern „geschicktes Verkaufsgespräch" führte (was er ja schließlich entsprechend der Mission der „Bibelanstalt" tun mußte), so geschah es dennoch bona fide (im guten Glauben) und in Anlehnung an den Rat des Paulus in 1. Kor. 9:20, in übertragenem Sinne den „Juden ein Jude und den Griechen ein Grieche zu sein", um auf alle Fälle Menschen für Christus zu gewinnen (1. Kor. 9:19). Und schließlich wollte er gemäß seiner inneren Einstellung auch t a t s ä c h l i c h Menschen an ein e c h t e s Bibelstudium heranführen.

Wenn aber letztendlich all seine guten Absichten durch die bereits geschilderten Tatsachen zunichte wurden -, als er erkennen mußte, daß er ein mißbrauchter Betrogener seiner „göttlichen Auftraggeber" war und ihr Handlanger, arglose Menschen ebenfalls zu betrügen, da fand er auch den christlichen Mut, für seine Taten einzustehen und dafür vor Gott und Menschen in tätiger Reue die Verantwortung zu übernehmen.

Als ihm die ganze Tragweite seiner gefährlichen illusionären Weltende-Verkündigung zum Bewußtsein kam, fand er nach drei Nervenzusammenbrüchen einen gangbaren Weg, das Ansehen wahren Christentums wiederherzustellen.

In der Erkenntnis, daß er wohl schlecht bei jedem einzeln seiner Opfer sich entschuldigen konnte, gab er in angesehenen Tageszeitung eine Großannonce auf, worin seinen Austritt aus der WT-Organisation erklärte und Gründe dafür angab.

Einem Langenberger Bruder, der ihn später entgegen den Vorschriften der WTG auf der Straße anhielt und ihm den Vorwurf machte: "Aber Heinrich, warum hast Du das getan?", entgegnete Br. Ditschi: "Die WT-Gesellschaft hat mich dazu gezwungen." Und das trifft den Nagel auf den Kopf! Denn wenn die Watch Tower Society ehrliche christliche Mitarbeiter dazu anstiftet, arglose Menschen für antichristliche Zwecke listig einzufangen und zu mißbrauchen, dann muß ein solcher Mitarbeiter eben in christlicher Verantwortung vor Gott und Menschen sich bei diesen Opfern vor der Öffentlichkeit entschuldigen. Mögen "Wachtturmbrillenträger" die Handlungsweise Br. Ditschi getrost als Verrat bezeichnen. Durch den Sohn Gottes selbst wird der Kreisdiener, dessen Stellung mit dem Engel bzw. Vorsteher oder Altesten von Pergamon vergleichbar ist, durch die Weisung: "Ich weiß, wo du wohnst, nämlich da, wo der Thron Satans ist; und doch hältst du weiterhin an m e i n e m N a m e n fest, und du hast deinen Glauben an mich nicht verleugnet Offb. 2:13 NW -, gerechtfertigt.

Als die "Synagoge Satans" (die WTG) schließlich Br. Ditschi zwang, seinen öffentlichen Austritt zu erklären, weil er sonst als "Altester" den Namen Christi hätte l e u g n e n müssen, wird er wieder gerechtfertigt durch den Sohn Jehovas, der da sagt: "Wer siegt, der wird so in weiße äußere Kleider gehüllt werden; und ich will s e i n e n N a m e n keinesfalls aus dem Buch des Lebens auslöschen, sondern ich will seinen Namen vor meinem Vater und seinen Engeln b e k e n n e n." - Offb. 3:5 NW; siehe auch Matth. 10:32,33; Lukas 12:8,9 NW.

Diese fundierte biblische Tatsache dürfte wohl endgültig für die Methodik und auch für die spätere Handlungsweise als Rehabilitierung gelten!

Obrigkeitsfrage, eine entscheidende Frage

Wenige Mitarbeiter der WTG können, im Unterschied zu Bruder Ditschi, das Prädikat christlicher bzw. biblischer Rehabilitierung für sich in Anspruch nehmen. Wider jede bessere Einsicht sind sie meist treu Gefolgsleute des groben "Falschpropheten" geblieben; indem sie jede falsche Endzeitverkündigung vertuschen helfen. Mit ihm zusammen erfüllen sie nun auch für eine weitere Generation das Schriftwort von 2. Tim. 3:13 NW, wo es heißt: "Böse Menschen aber und Schwindler werden vom Schlechten zum Schlimmeren voranschreiten, indem sie irreführen und irregeführt werden."

Typische Beispiele dafür sind die öffentlich bekannten Kreisdiener Martin Pötzinger und Kurt Spitzer, die ich in der Verkündigung ebenfalls erlebte. Trotz des jetzt mit 1975 erwiesenen Endzeitfiaskos sind sie immer noch rührig, arglose Menschen mit der nächsten Weiterverschiebung zu betrügen. Martin Pötzinger, der aus taktischen Gründen als Deutscher in die Leitende Körperschaft berufen wurde, gibt sich heute dafür her, als Aushängeschild der zu dienen, um den durch die übersteigerte Atmosphäre der 1975-Erwartungen in Schwierigkeiten geratenen deutschen Zweig insbesondere zu festigen.

Aber gerade er müßte das Gaukelspiel der WTG bestens kennen. Denn allein in der Obrigkeitsfrage (Römer 13), wichtigsten irdischen Frage überhaupt, erlebte er die liehe Verdrehung der politischen Gewalten als keine "Höhere Obrigkeit" und dann die durch die äußere gesellschaftliche Entwicklung und die Rebellion gegen diese Verdrehung erzwungene erneute Umstellung auf die politischen Gewalten. Folglich weiß er sehr genau, daß Tausende von Menschen mit Leib und Leben auch für diese 30 Jahre währende Irrlehre der WTG gebüßt haben. Daß diese Menschen auch auf diese Weise sinnlos geopfert wurden, ist heute erwiesen! Diese erschütternden Tatsachen kann und darf man nicht achtlos beiseite schieben. Wer es dennoch tut, wer über Blut und Tränen hinwegsteigend erneut die verderblichen endzeitlichen Lehrkurven der WTG nachvollzieht, zeigt damit, daß er sein Gewissen wie mit einem Brenneisen verhärtet hat (1. Tim. 4:2). Ob er will oder nicht, ob er es erkennt oder nicht, er bezeugt damit, daß er in der Sicht eines jeden anderen als ein skrupelloser Gaukler und Schwindler dasteht.

Ihre erstmals Öffentliche »Beweisführung"

Aber heute wie damals: "Sie werden vom Schlechten zum Schlimmeren voranschreiten …" Genau das ist für gewissenlose Endzeitpropheten zutreffend! In der für jeden Menschen entscheidenden Frage der Obrigkeit konnte ich seinerzeit persönlich erleben, mit welcher Kaltschnäuzigkeit sowohl Martin Pötzinger wie Kurt Spitzer öffentlich die WTG-Irrlehre von den Höheren Gewalten vertraten.

So brachte Martin Pötzinger es fertig, in einer Dienerbesprechung mit einem verblüffenden Argument n a c h z u w e i s e n , welche Obrigkeit der Apostel meint. Anhand der Elberfelder Bibel, die damals noch unsere "Hauptwaffe" war, zitierte er Römer 13:1, "jede Seele unterwerfe sich den obrigkeitlichen Gewalten ", wobei er die Betonung auf "jede Seele" verlagerte. Obwohl diese Betonung überhaupt nicht schriftgemäß ist. Und er schloß seine "Beweisführung" mit den Worten: "Jede Seele! Also hat auch der Kaiser oder Herrscher der Obrigkeit untertan zu sein!" Es war erstaunlich, zu welchen Bibelverdrehungen sie fähig werden, um die WTG-Irrlehren unter allen Umständen an den Mann zu bringen! Wo ist eigenes christliches Gewissen?

Mit einem ähnlichen Taschenspielertrick, muß man schon sagen, wenn man heute zurückschaut, setzte stich Kurt Spitzer beeindruckend in Szene. Ebenfalls die Elberfelder Bibel

benutzend zitierte er Römer 13:3, 4, wo es heißt: "Denn die Regenten sind nicht ein Schrecken für das gute Werk, sondern für das Böse. Willst du dich aber vor der Obrigkett nicht fürchten, so tue das Gute, und du wirst Lob von ihr haben …" Und er zog die Bilanz: "Die Tatsachen zeigen, daß diejenigen, die das Böse verübten, von der Obrigkeit mit Eichenlaub und Ritterkreuz belohnt wurden, diejenigen aber, die das Gute taten, b e s t r a f t e sie mit Gefängnis und KZ. Somit ist bewiesen, daß die Worte des Apostels Paulus nur auf die theokratischen Regenten anwendbar sind."

Zu diesen Brooklyner Irrlehren und ihre bedenkenlose Verbreitung bemerkte später Bruder Heinrich Ditschi; aus der zwangsläufigen Opposition heraus: "Die Bibel ist kein Autofriedhof, den man nach verwendbaren Teilen durchsucht."

"In dieser Sache ist selbst der Teufel noch wahrheitsliebender…"

Aber wozu sich heute noch über einen derart unerhörten Bibelmißbrauch aufregen? Etliche Zeugen Jehovas spielen die Sache einfach als "olle Kamellen" herunter. Mit der Wachtturmerklärung vom 1. Januar 1963 ff lehren sie nun bedenkenlos wieder das Gegenteil. Brüder auf verschiedenen Kreisversammlungen nannten die Verbindung der WTG zu "neuem Licht" die "Telefonleitung 777 Zion", zum "Jerusalem droben", Galater 5:26 mußte dazu herhalten. Was waren das für Wachtturmerklärungen? Das "neue Licht", daß die in Römer 13 erwähnten Obrigkeiten doch die politischen Gewalten sind. Eine Binsenwahrheit, die außer den Zeugen Jehovas a 11 e Christen eh und je wußten! Dieses von der WTG schlicht als "helleres Licht von Jehova" ausgegebene Umdrehung der bisherigen Auslegung, die als unantastbar galt, stempelte nun einen Martin Pötzinger und Kurt Spitzer und uns alle, die wir damals diese "unantastbarer göttlichen Wahrheiten" verkündeten, zu Lügnern und falschen Propheten! Sagst du auch, "olle Kamellen"? Die Beweise dieser Falschprophetie liegen aber der Öffentlichkeit, vor und geben von den Verdrehungskunststücken der WTG Zeugnis!

Im Buch "Ewiges Leben in der Freiheit der Söhne Gottes" auf S. 188 liest sich das "hellere Licht" von 1963 nun wieder wie folgt: "Gemäß dem, was der Apostel Paulus vor und nach diesen Versen (Römer 13:1, 2) schreibt, ist es leicht verständlich, daß er nicht "Gewalten" innerhalb der "Versammlung Gottes" meint, sondern außerhalb der Versammlung und daher die politischen Regierungsgewalten. Die Religionssysteme der Christenheit sind beschämenderweise der Übertretung dessen, was der inspirierte Apostel Paulus hier zu sagen hatte, schuldig geworden." Ist das nicht die Höhe? Getreu dem Muster, daß der Apostel Paulus in 2. Kor. 11:12-15 für Gaukler, Schwindler, Irrlehrer und Falschpropheten als typisch bezeichnet, nimmt die WTG kurzerhand eine Rollenvertauschung vor, rehabilitiert sich und bezichtigt dafür die anderen einer „beschämenden Übertretung" dessen, was in Römer 13 gemeint ist! Und die Zeugen Jehovas verkündigen auch das! Zu solchen und ähnlichen Vorgängen in der WT-Verkündigung schrieb Heinrich Ditschi in einem seiner Flugblätter: „In dieser Sache ist selbst Satan der Teufel noch wahrheitsliebender als diese Religionsorganisation, die sich den heiligen Namen Gottes widerrechtlich angeeignet hat."

Gefangen in den eigenen falschen Worten

Sprüche 12:13

Es ist in guter Erinnerung, wie die WTG mit „Erwachet" vom 8. November 1949 international verkündigte: „Gangster in Amt und Würden, Überzeugende Beweise dafür, daß Politiker nicht die von Gott verordneten obrigkeitlichen Gewalten sind!"

Durch die dokumentierten Beweise aus ihrer Verkündigung hat sich die WTG vor jedem Aufrichtigen im eigenen Netz boshafter Worte gefangen, wie das in Sprüche 12: 13 (Luther) zum Ausdruck kommt: „Der Böse wird gefangen in seinen eigenen falschen Worten, aber der Gerechte entgeht der Not." Ist der Gangster-Vergleich für alle Politiker nicht äußerste Boshaftigkeit? Und was muß man schließlich von einem halten, der seine eigenen bösen Taten, wie die Obrigkeitsübertretung, anderen in die Schuhe schiebt? Lesen wir zum Abschluß, was die WTG und Jehovas Zeugen einst der Welt mit dem Buch "Gott bleibt wahrhaftig" verkündigte, ein Buch, das den gleichen Rang hatte, wie etwa jüngst das "Wahrheits"-Buch. Wir lesen auf Seite 259: "Religiöse Gegner, die Jehovas Zeugen fälschlich bezichtigen … Solche Religionisten behaupten, daß diese Herrscher die in der Bibel erwähnten "obrigkeitlichen Gewalten" seien, denen jedermann untertan sein sollte. Die in Römer 13:1-5 erwähnten "obrigkeitlichen Gewalten" sind die hauptsächlichsten Mächte in der Versammlung Gottes . . . Wenn der Apostel die obrigkeitlichen Gewalten erwähnt, so meint er damit nicht die Herrscher dieser bösen, von Satan geleiteten Welt …"

Über das Buch "Gott bleibt wahrhaftig" hat sich der Kreisdiener Heinrich Ditschi ebenfalls kritisch geäußert. In bitterer Selbsterkenntnis, daß er dieses Buch mit dem geschmackvollen grünen Kaliko-Einband" einmal selbst als "göttliche Wahrheit" verbreitet hat, sagte er mit Bezug die WTG-Widmung auf der Titelseite des Buches: "Es ist eine Infamie, dies Buch auch noch dem HÖCHSTEN", einem "Gott der Wahrheit" zu widmen." -

Die Äußerung des Kreisdieners Heinrich Ditschi über das Buch "Gott bleibt wahrhaftig" gilt gleichermaßen auch stellvertretend für die Bücher "Die Wahrheit wird euch frei machen" und "Die Neue Welt". Denn es ist schon mehr als infam, wenn in solchen Publikationen z. B. das Hiob-Drama dahingehend ausgelegt wird, Hiob schatte den "Überrest" vor und sein junger Berater E I i h u stelle in treffender Weise die Watch Tower Society dar, obwohl man in der Praxis beobachten kann, wie dieser "beratende Elihu" die ,Glieder der bevorrechteten "Hiob-Klasse" aus dem Bethel verjagt. Oder wenn von einem Haus "Sarim" in Kalifornien die Rede ist, das man eigens zu dem Zweck gebaut habe, um Abraham, Isaak, Jakob und andere "Fürsten" aufzunehmen, da mit ihrer Auferstehung aus den Toten jeden Augenblick gerechnet werden könne, während dieses "Haus der Fürsten" in Wirklichkeit von Präsident Rutherford zur Gewährleistung von Diskretion seiner amourösen Privat-Hobbies bewohnt und nach seinem Tod von der WTG stillschweigend verkauft wird u. a. m.

Wenn die WTG als Herausgeber solcher Bücher - dazu noch in der Rolle als "göttlicher Lehrkanal" auftretend - von einer derartigen Gesinnung durchdrungen ist, dann können die ihr hörigen Mitarbeiter nur den gleichen Geist widerspiegeln. Und das tun sie auch. Trug und List, Überrumpelung und bewußtes Lügen gehören zum Repertoire ihrer Schulungs- und Predigtmethodik. Selbstverständlich alles im Interesse der "Theokratischen Wahrheit".

Im Fall der Kreisdiener Kurt Spitzer und Martin Pötzinger habe ich den Beweis für diese begründeten Erkenntnisse angetreten. Daher ist es bedeutsam, wenn andere glaubwürdige Stimmen die festgestellten Tatsachen bestätigen, So schildert Josy Doyon in ihrem Buch "Hirten ohne Erbarmen" (Zwingli Verlag Zürich/Stuttgart) S. 193 f. ein bezeichnendes Erlebnis mit "ihrem Kreisdiener"; wobei es wiederum bedeutsam ist, daß es sich dabei um einen Zeitabschnitt, in dem auch K. Spitzer und M. Pötzinger ihre Methoden praktizierten, während Kreisdiener Heinrich Ditschi indessen bereits gegen die WTG „aufstand".

Lügen um der Wahrheit willen (Einblendung einer Episode aus dem Buch von Josy Doyon)

Am nächsten Tag nahm mich der Kreisdiener wieder mit zum Predigtdienst … Wir gelangten schließlich vor eine Haustür wo uns eine ältere Frau öffnete. Sie blickte uns mißtrauisch an und fragte nach des Kreisdieners Predigt, ob wir etwa Bibelforscher seien.

Er verneinte seelenruhig und gab ihr die Literatur in die Hand, bevor sie sie zurückweisen konnte.

„Die Bibelforscher sind nämlich eine ganz schlimme Sekte, mit denen möchte ich nichts zu tun haben", fuhr die Frau fort.

Der Kreisdiener schüttelte den Kopf und sagte. "Nein, die Sekte ist mir nicht bekannt."

Ich stand wie auf Nadeln und meinte, sie müsse doch merken, daß Bibelforscher und Zeugen Jehovas ein und dasselbe sei. Aber sie merkte nichts und wurde zusehends freundlicher. Wir verabschiedeten uns und ich kniff mich in den Arm um zu sehen, ob ich das alles nicht geträumt habe. Aber da ging neben mir der Kreisdiener, als wäre nichts geschehen.

„Warum hast du zu der Frau gesagt, die Bibelforscher seien dir nicht bekannt? Das ist doch nicht wahr!"

„Ja siehst du, wenn ich der guten Frau zugegeben hätte, daß wir Bibelforscher sind, dann hätte sie weder die Literatur angenommen, noch auf uns gehört. Also handelte ich in n Ihrem eigenen Interesse, wenn ich das tat. Wir müssen klug sein wie die Schlangen, um den Menschen die Wahrheit trotz vieler Vorurteile beibringen zu können."

„Und wenn sie jetzt beim Lesen nachträglich merkt, daß du sie angelogen hast?" - "Die Hauptsache ist, sie hat die Literatur genommen. Wenn sie ein Mensch guten Willen ist, kann sie darin die Wahrheit erkennen."

Ich erwiderte nichts mehr. Ich begann mich vor der nächsten Haustür zu fürchten. Dessen war ich sicher: In diesem Punkte ich mich nicht unterweisen lassen. Um der Wahrheit willen eine Lügnerin zu werden, das war mir doch zuviel. Sollte der Kreisdiener es so halten! Ich würde diese Methode nie annehmen.

Von jetzt an betrachtete ich diesen Mann mit anderen Augen, und alles, was er sagte, hatte für mich nur noch den halben Wert. Daß er diese seltsame Methode in Brooklyn gelernt haben mußte, kam mir indessen noch nicht in den Sinn. Mir war wohl schon aufgefallen, daß die Gesellschaft verschiedene Namen führte, aber daß damit ein bestimmter Zweck verfolgt werden könnte, wurde mir erst viel später klar.

Alles ändert sich ja beständig an dieser Gesellschaft: Namen, Lehren und Predigtmethoden. Und all das wurde beständig damit begründet, daß das Licht eben immer heller leuchte und die Erkenntnis immer größer und klarer werde. Schließlich hatte ich es doch auch dem vieldeutigen Namen "Bibelstudenten" zu verdanken, daß ich in diese Gesellschaft geraten war, Denn wenn sich die Zeugin damals London gleich als Zeugin Jehovas vorgestellt hätte, würde ich kaum auf sie gehört haben, weil ich doch schon gewarnt worden war, die Wachtturmgesellschaft sei die schlimmste aller Sekten.

Und auch hier - der Gegensatz:

Kreisdiener Heinrich Ditschi

In all den Ausführungen kann ich der Autorin nur beipflichten. Es ist, z. B. zutreffend, daß die Gesellschaft verschiedene Bezeichnungen verwendet. So entsinne ich mich, daß in Literatur, die wir damals zum Teil noch von der Zentrale Bern (Schweiz) ausgeliehen bekamen, folgende Namen für die WTG verwendet wurden:

Watchtower Bible & Tract Society - International Bible Students Association Vereinigung Jehovas Zeugen der Schweiz

Daß sich die Brooklyn-hörigen Mitarbeiter der WTG diese "Hilfereichungen" im Dienst zunutze machten, ist durch glaubwürdige Erfahrungsberichte bewiesen.

Im Gegensatz zu dem von Josy Doyon geschilderten Kreisdiener distanzierte sich Br. Ditschi von einer solchen Lügenmethode.

In der Velberter Kreisdienerwoche konnte ich das beobachten. In einem Haus auf der Heidestraße (gegenüber der Gaststätte "Am Luftigen") ergab sich eine ähnliche Situation, und es war ebenfalls eine ältere Frau, die dem Kreisdiener die Frage vorlegte: "Kommen Sie von den Zeugen Jehovas?" - Br. Ditschi antwortete darauf: "Nein, meine Dame. Ich komme nicht v o n , sondern ich b i n ein Zeuge Jehovas."

Obwohl das vorangehende Nein als ein Vorurteil abbauender Milderungsfaktor zum Zwecke des beabsichtigten Literaturangebots angesehen werden kann, muß man dem Kreisdiener doch bescheinigen, daß er bei der Wahrheit blieb. Die höfliche Zurückweisung des Wortes v o n und die dafür entsprechende Ersetzung durch das Wort b i n verdeutlicht, daß sich Br. Ditschi mit Nachdruck als Zeuge b e k a n n t e.

Anstand nicht gefragt?

Durch dieses Beispiel legte er Zeugnis davon ab, daß er auch im Dienst für die WTG den für alle Menschen gültigen Begriff Anstand n o c h n i c h t verlernt hatte. Nur in Brooklyn ist man in diesem Punkt jeder Würde bar. Die bisher geschilderten Verhaltensweisen der Führungsspitze und ihrer leitenden Mitarbeiter in allen Zweigen, nötigen uns die Frage auf: Anstand nicht gestattet?

Selbstverständlich wird der "göttliche Lehrkanal" diese delikate Frage mit Stillschweigen übergehen. Aber manchmal scheint sich die WTG in dieser Hinsicht doch zu korrigieren, z. B. wenn sie im "Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1974" auf Heinrich Ditschi zu sprechen kommt und vermerkt, daß dieser t r e u e Diener später "leider e i g e n e Gedanken e n t w i c k e 1 t e " und die Organisation verließ.

Aus dem "Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1974" will ich an dieser Stelle nicht im einzelnen eingehen. Der Augenblick dafür ist erst dann gegeben, wenn die Komplexe näher beleuchtet sind, die sich um die Person Heinrich Ditschi gruppieren. Es kann nämlich vorausgesetzt werden, daß die WTG einen triftigen Grund hatte, auf das Wirken des ehemaligen Kreisdieners einzugehen; und daß sie bei ihren Darstellungen wesentliche Kriterien unterschlägt, ist erfahrungsgemäß ebenfalls vorauszusetzen. Es kann daher nur als kluge Taktik gewertet werden, wenn die WTG ausnahmsweise den „Anstand" besitzt, daß sie eine Würdigung für die Verdienste des Bruders findet und ihm seine T r e u e bescheinigt. Freilich wird die gestellte Frage "Anstand nicht gestattet?" damit noch nicht beantwortet. Aber in dem ebenfalls klug sachlich gehaltenen Vorwurf, Br. Ditschi habe später "eigene Gedanken entwickelt und die Organisation verlassen", ist die Antwort indirekt ablesbar. Nach biblischem Maßstab wird ein "Mensch der Treue" von seinem christlichen Gewissen geleitet, und dieses Gewissen treibt dazu an, die WTG-Methode "Lügen um der Wahrheit willen" zu verabscheuen und führt somit zwangsläufig zur "Entwicklung eigener Gedanken". Aus der Tatsache aber, daß die WTG ständig vor der Notwendigkeit steht, i h r e Bibellehre unablässig zu verändern, - obwohl die Bibellehre selbst als solche stets gleichbleibend und unveränderlich bleibt - kann abgeleitet werden, daß die "Lügenmethode" auch der Grundtenor der WTG-Lehren ist. Also nicht nur für den Dienst, auch in Lehraussagen der Bibel gilt als Anweisung für Mitarbeiter: Anstand nicht gestattet! In dieser Erkenntnis verließ Br. Ditschi schließlich auch die Organisation. Er wußte: Dieser Schritt ist die unausweichliche und nicht zu umgehende Endkonsequenz.

Die auf die Allgemeinheit bezogene Frage "Anstand nicht gefragt?" ist wesentlich leichter zu klären. Ein Erlebnis im Haus-zu-Haus-Dienst während der Velberter Kreisdienerwoche soll das veranschaulichen: In einem Haus Ecke Heide-Straße/Wülfrather Straße öffnete uns ein Mann mittleren Alters die Tür. Sein Gesicht nahm bei unserem Anblick. den Ausdruck einer gereizten Bulldogge an. Noch Br. Ditschis einleitenden Worten begann er auch tatsächlich sofort zu toben; ja, er brüllte so laut, daß die Hausbewohner es hören konnten. Er war nicht gerade zimperlich und warf uns Beleidigungen an den Kopf, die jeder Beschreibung spotten. Offensichtlich wollte er sich wegen eines uns unbekannten Grundes bei uns abreagieren, denn seine Wut steigerte sich bis an die Grenze der Ekstase, so daß seine Stimme überschnappte und die Worte, die er unter heftigem Gestikulieren hervorstieß, für mich ohne Sinn blieben. Aber dem Kreisdiener schien etwas zu "dämmern", denn der Mann zeigte in seiner Erregung mehrmals auf eine bestimmte Stelle seiner Tür. Nachträglich stellte sich heraus, daß ein übereifriger Verkündiger vor längerer Zeit bei diesem Manne vorgesprochen hatte. Nachdem dieser für die Botschaft kein Interesse bekundete und die Türe schließen wollte, verhinderte der "Gottesbote" die Absicht, indem er einen Fuß dazwischen stellte. Die Tür, die gerade einen neuen Anstrich hinter sich hatte, war dabei an jener Stelle im Lack arg zerkratzt worden. Nur mit Mühe und energischer Resolutheit hatte sich der Mann den fanatisch lästigen "Gesandten für Christus" endlich abwimmeln können. Verständlich, daß sich der aufgespeicherte Arger des Mannes entlud, nachdem er bei unserem Anblick erkannte, daß wir Glaubensgenossen jenes famosen Verkündigers waren.

Das Pro und Kontra solcher Erlebnisse gehörte sicherlich auch zum reichen Erfahrungsschatz des Kreisdieners. Während ich in meiner Ahnungslosigkeit der Situation hilflos gegenüberstand, schien er aus dem Benehmen des Mannes schon seine Schlüsse gezogen zu haben. Jedenfalls ließ Br. Ditschi das Toben des Mannes in stoischer Ruhe über sich ergehen und nickte nur ununterbrochen mit seinem Kopf. Aber dieses Nicken kannte ich bereits. Es war das typische Anzeichen dafür, daß sich in seinem Hirn ein "Plan" formte. Bei kritischen Situationen fehlte es nie und war gewissermaßen auch die "zündende" Einleitung für die inzwischen zurechtgelegte Methode.

Tatsächlich zeigte sich auch in diesem Extremfall bald eine Wirkung, und sie ging unverkennbar von der seltsamen Ditschi-Methode aus: Der Mann wurde durch das beständige Nicken irritiert und - nachdem er seine erste Wut abreagiert hatte - legte er eine kurze Pause ein. Auf diesen Augenblick hatte der Kreisdiener gewartet. Wie ein Adler stieß er in das Schweigen hinein: "Sehen Sie, das ist ja gerade der Grund, warum ich komme. Ich möchte das wieder gutmachen." Der Mann, der nach dem Abreagieren seiner ersten Wut zunächst einmal Luft holen mußte, wurde durch den plötzlichen Gegenangriff überrumpelt und fand keine Zeit mehr, einen vielleicht geplanten zweiten Wutanfall zu produzieren oder etwa die Türe zu schließen. Er hatte sichtlich den Faden verloren und der Szenenwechsel war komplett: Die Initiative lag jetzt eindeutig bei Br. Ditschi. Der Mann - völlig aus dem Konzept gebracht - stammelte verwirrt: "Wie wollen Sie das wieder gutmachen?" Und Br. Ditschi - jetzt die Sanftheit in Person, und trotz der schauspielerischen Leistung durchaus nicht unecht - darauf mit langsamer Betonung: "Indem i c h mich anständig benehme." Blitzschnell setzte er hinzu: "Darf ich das?"

Diese Hinzufügung war die eigentliche Pointe der Methode. Der Wohnungsinhaber mußte jetzt Stellung beziehen und durfte uns nicht mehr einfach abweisen. Er selbst hatte ja - wenn auch auf eine drastische Weise - auf die Kernfrage "Anstand nicht gefragt?" quasi die Antwort gegeben. Durch die Ditschi-Methode wurde er nun beim Wort genommen. Der Mann lenkte sofort ein und entschuldigte sich für sein Verhalten. Paradoxerweise entstand jetzt eine Situation, wo einer den anderen an Edelmut übertreffen wollte: Auf die Entschuldigung "tröstete" Br. Ditschi den Mann mit einem wertvollen Rat. In Zukunft möge er solchen Predigern eine Abfuhr erteilen mit dem Hinweis, die Bibel in bezug auf Anstand und Bildung gründlicher zu lesen und vor allem auf sich selbst anzuwenden, ehe man zu Menschen geht, um ihnen bibelerklärende Literatur anzubieten. Diese Bemerkung veranlaßte den Mann, von Br. Ditschi "etwas Literatur" abzunehmen und er wünschte uns sogar noch mit freundlichen Worten viel Erfolg in unserem " biblischen Erziehungsfeldzug".

Lassen Sie mich doch mit Ihrem Hermann Gedon in Frieden!

Ich muß den Lesern hier noch einmal die Szene jener Demonstration ins Gedächtnis rufen, als der Kreisdiener vor der Versammlung in der Rolle des "Br. Naseweis" dem gemimten Besucher die peinliche Frage stellte: "Bist du schon geimpft?" Heute scheint es mir nämlich, als ob schon damals (vielleicht noch unbewußt) eine versteckte Anspielung auf den Wachtturm enthalten ist.

Die Entgleisung des Verkündigers im Fall des geschilderten „zornigen Wohnungsinhabers" ist auf alle Fälle auf WT-Impfung zurückzuführen. Ebenso ist das haarsträubende Fehlverhalten einer Schwester, das ich abschließend noch schildere, als Frucht des Wachtturmgeistes zu werten.

Für einen Tag in dieser Kreisdienerwoche hatten sich auch der Br. Hans Caspers und die Schwester Hanni Steckler zur Schulung angemeldet. Als Dienstgebiet hatten wir uns die Siedlung Langenhorst ausgewählt. Während der Kreisdiener den Br. Caspers unter seine Fittiche nahm, ging ich also mit der Schw. Steckler von Tür zu Tür. Obwohl diese Schwester sozusagen zur „alten Garde" gehörte, mußte ich zunächst die ersten Predigten halten. Aber einmal mußte es ja sein, zumal der Kreisdiener verlangt hatte, daß im Wechsel gepredigt werden sollte. Ich erstaunte sehr, daß die Schwester, nachdem ich großzügig mindestens 10 Türen die Gesprächsführung übernommen hatte (wobei ich die Predigt aus dem Stegreif hielt!) statt zu predigen, nur eine Karte zum Lesen übergab. Wie ich heute weiß, war dies eine von der WTG ausgearbeitete Methode, die Br. Schnell in seinem Buch „30 Jahre Sklave des Wachtturms" erwähnt. Aber seit Einführung der Predigtdienstschule war diese Methode nicht mehr üblich. Die Schwester hätte sich also besser eine vorgedruckte Predigt aus dem „Informator" (später „Königreichsdienst") in ihre Bibel gelegt und nach diesem Muster dann frei gesprochen. Aber scheinbar konnte sie das nicht.

Es hatte ein Mann die Tür geöffnet, und, wie schon erwähnt, überreichte ihm die Schwester die Karte. Auf dieser Karte war wohl die fertige Predigt abgedruckt mit Literaturangebot. Der Mann nahm die Karte entgegen, las sie durch und zurück. "Danke", sagte er, "ich habe kein Interesse." Und er schickte sich an, die Tür seines Siedlungshäuschens zu schließen. Da hob die Schwester einen Zeigefinger und drohte dem Mann mit den Worten: "Warten Sie nur, wenn Harmagedon kommt; warten Sie nur, wenn Harmagedon kommt …" Der Mann wurde durch den Zeigefinger, der die drohenden Worte noch drohender unterstrich, sichtlich nervös und schrie plötzlich: "Lassen Sie mich doch mit Ihrem Hermann Gedon in Frieden!" Er knallte die Tür zu und verriegelte sie hastig von innen. Das Erlebnis war mir derart peinlich, daß ich am liebsten sofort den Dienst eingestellt hätte, Doch ich mußte aushalten, denn wir hatten die Zeit mit dem Kreisdiener ausgemacht, um uns anschließend zu treffen und die Ergebnisse auszuwerten. Von der nächsten Tür an übernahm ich wieder die Führung bis zum Schluß der ausgemachten Zeit. Am meisten ärgerte mich der unerquickliche Vorfall schon deshalb, weil es sich um mein eigenes Gebiet handelte. Ich hatte es erst kürzlich von Br. Fleckhaus, dem Zeitschriften-Gebietsdiener, erhalten. Für mich stand fest, daß ich an dieser Tür nicht mehr vorsprechen konnte; ich zergrübelte mir den Kopf, warum der Mann panikartig die Tür verschlossen hatte. Endlich fiel mir ein, daß wir Sonnabends Straßendienst absolvierten. Mit Br. Siegfried Mengeler, einem wahren Hünen, fast 2 Meter groß, stand ich gewöhnlich "Am Denkmal", einem Sammelplatz des Hauptverkehrs auf der Friedrichstraße. Der Mann hatte uns bestimmt dort schon einmal mit dem Wachtturm stehen sehen. Mit der „Harmagedon-Drohung" der Schw. Steckler konnte er natürlich nichts anfangen, mißverstand den Begriff als Personennamen und meinte nun, die Schwester drohe ihm mit diesem kraftstrotzenden Hünen Hermann Gedon (Siegfried Mengeler, nur weil er die Literaturannahme verweigert hatte. Welch ein schreckliches Mißverständnis - und wie beschämend für das Ansehen der Organisation!

Harmagedon - Vielleicht-Rettung

Selbstverständlich unterbreitete ich bei der Auswertung unserer Erfahrungen dieses schreckliche „Hermann-Gedon-Erlebnis" sofort dem Kreisdiener. Br. Ditschi war auch wenig erfreut, als er diese negative Erfahrung zur Kenntnis nehmen mußte. Aber er beherrschte sich, und mit einer Mischung von Freundlichkeit und gebotenem Ernst gab er Schw. Steckler den Rat: „Schon als Kinder haben wir gelernt, mit dem nackten Finger nicht auf angezogene Leute zu zeigen." Die Schwester lachte und gab ihm recht. Br. Ditschi fuhr fort: „Was aber Harmagedon angeht, so hat die Gesellschaft oft genug im Wachtturm darauf hingewiesen, daß es laut Zeph. 2:3 heißt: Vielleicht werdet ihr geborgen am Tag des Zornes Jehovas. Also auch Du bist noch nicht gerettet. Denke mal darüber nach, ob drohende Zeigefinger und Worte dieses V i e l l e i c h t für dich gefährden."

Es fällt mir heute auf, daß der Kreisdiener betonte, die G e s e l l s c h a f t unterstreiche dieses V i e l l e i c h t. In seinem Abschiedsvortrag „Ihr seid das Salz der Erde" kam er noch einmal (wahrscheinlich durch die peinliche Erfahrung angeregt) auf Harmagedon zu sprechen. Diesmal war es wohl mehr seine e i g e n e Meinung, die er klug abgewogen und wohldosiert der ganzen Versammlung warnend vor Augen stellt: „Unser christliches Benehmen wird entscheidend sein. In Harmagedon wird sich zeigen, wer von uns nach draußen gehört - und wer von draußen in die Versammlung gehört."

Für die allgemeine Sichtbrille der WTG sind das ungewöhnliche Worte! Ersetzt man das Harmagedon durch den Ausdruck „Tag des Herrn", kann jeder Christ mit einer solchen Ansicht einverstanden sein.

Dieses Einverständnis war auch bei mir, und kein anderer Diener hat jemals eine ähnliche, in die Tiefe gehende Empfindung bei mir hervorrufen können. Mit diesem Einverständnis, das keinem späteren Zweifel erlag - auch heute noch nicht - habe ich den Kreisdiener in Erinnerung behalten. Damals beschäftigte mich das Phänomen „Ditschi" monatelang. Heute weiß ich, warum: Es war etwas von seinem echt christlichen Wesen in Velbert zurückgeblieben. Der Funke in mir brannte, aber die WTG-Gemeinschaft war nicht der Ort, wo er zur Flamme werden konnte. Sicher, derjenige der den Funken geschlagen hatte, stand zwar am falschen Platz, aber er war immerhin eine selbständige Kraftquelle, und er konnte an jedem Orte stehen. Doch ich war ungefestigt, und so richtete sich meine ganze Konzentration auf die nächste Kreisversammlung. Blickpunkt: Wattenscheid!

Kreisversammlung Wattenscheid -

Diese Kreisversammlung fand 1952 statt; an den genauen Monat kann ich mich nicht mehr erinnern. Die Abwicklung der einzelnen Programmpunkte entsprach im wesentlichen denen der von mir ausführlich geschilderten Kreisversammlung Langenberg. Insgesamt wirkte die Konferenz diesmal nicht so eindrucksvoll und "geschlossen", da in Wattenscheid nicht die dem "Bürgerhaus Langenberg" entsprechende große Lokalität zur Verfügung stand. Die WTG hatte deshalb alle für Veranstaltungen vorgesehenen Räumlichkeiten der "Kronenburg, Gaststätten- und Saalbetriebe" gemietet. Überraschenderweise wurde diese Kreisversammlung auch nicht von Bezirksdiener Erwin Schwafert geleitet, sondern vom deutschen "WTG-Chef": Zweigdiener Erich Frost!

Die zwei "ungleichen" Brüder

Da wirkten sie also zusammen: der von keinen Skrupeln, keinen Gewissensbissen belastete, immer im Sinne der WTG handelnde und sich selbst damit identifizierende Erich Frost, und der feinnervige, von christlichen Maßstäben durchdrungene Heinrich Ditschi. Unwillkürlich drängt sich der Vergleich der "ungleichen" Brüder, Esau und Jakob, auf: der eine, der heilige Dinge wertschätzte, der andere, der sie gering achtete und für ein Linsengericht verkaufte, dennoch aber den Segen erwerben wollte. Es sei gestattet, bei der biblischen Bildersprache zu bleiben: Esau (Erich Frost) ererbte in schriftwidriger Weise, - trotz der erwiesenen Tatsache des Linsengerichts - den Segen der "Gott stellvertretenden" WTG, während Jakob (Heinrich Ditschi) schließlich die Flucht in das Land Midian antreten mußte.

Fassen wir aber zunächst den Höhepunkt der Kreisversammlung (das ist der Sonntagnachmittag für die Öffentlichkeit) zusammen, um die Charakterzüge der beiden ungleichen Brüder herauszuschälen.

Heinrich Ditschi behandelte ein Thema, das auf den Schlüsseltext von Hohelied 2:15 (Elb.) gegründet war: "Fangt uns die Füchse, die kleinen Füchse, welche die Weinberge verderben; denn unsere Weinberge sind in der Blüte!"

Die unnachahmliche Meisterschaft des Kreisdieners, das Thema von der Tiefe her zu durchleuchten und den Sinn des Schlüsseltextes für jeden begreiflich sichtbar und lebendig in den Raum zu stellen, riß die Hörer zu spontanen Ovationen hin. Zugegeben: Die Art seiner mitreißenden Redekunst war emotioneller Natur, nichtsdestoweniger die Exegese (Bibelauslegung) zutreffend. Auf die kleinen Füchse muß geachtet werden. Es handelt sich um Personen, die die christlichen Versammlungen antichristlich unterwandern bzw. untergraben oder unterhöhlen.

Freilich ahnte der Kreisdiener nicht, wie sehr die volle Bedeutung seines Themas auf seinen "ungleichen" Bruder zutraf. Dieser ihm vorgesetzte "Diener" war nicht nur ein "kleiner", sondern ein bereits ausgewachsener "großer" Fuchs!

Wer ist hier der Mietling?

Zuvor hatte Erich Frost den öffentlichen Vortrag gehalten. An das Thema kann ich mich nicht mehr genau erinnern. Dagegen hat sich aber sein dabei erfolgter Angriff auf die kath. Kirche meinem Gedächtnis umso besser eingeprägt. Im Verlaufe seines Vortrages zitierte Erich Frost das "St.Konrads-Blatt", Karlsruhe, wie folgt: "Sollte die rote Flut (gemeint sind sowjetische Streitkräfte!) Europa überfluten, stehen amerikanische Schlachtschiffe bereit, das gesamte Kardinalskollegium nach den Vereinigten Staaten zu überführen." Und in Anlehnung an den Text von Matthäus 16:18 fügte Erich Frost euphorisch hinzu: "Und das ist die Kirche, die von sich behauptet, die Pforten der Hölle würden sie nicht überwältigen!"

Wenn ich mir heute dieses Bild noch einmal vergegenwärtige, komme ich zu folgenden Feststellungen:

Alle Teilnehmer der Wattenscheider Kreisversammlung legten durch ihre Haltung einen erschreckenden politischen Dilettantismus an den Tag. Der Redner Frost, der solchen horrenden Unsinn zu interpretieren wagte, die Zuhörer (ich damals leider nicht ausgenommen), die solche unrealistischen Darstellungen akzeptierten.

Aber immerhin bewies Erich Frost viel Geschick in der Entfaltung von Zweckpropaganda für die WTG. Er verband die bibelverbrämte antikommunistische Verkündigung mit einem kräftigen Seitenhieb auf die katholische Kirche und stellte diese als ,.Mietling" dar. Genau diese Handlungsweise hatte aber er sich ins Stammbuch zu schreiben, als er dann von geschützter Umgebung in Westdeutschland aus den Kommunistenhaß der WTG in unchristlicher Weise herüberschleuderte.

Freilich ahnte Heinrich Ditschi damals noch nicht

Die Rolle des „Mietlings" schließt sich jener Rolle an, die Erich Frost während der Nazizeit seinen Brüdern gegenüber gespielt hat. An dieser Stelle muß ich das eingangs erwähnte Esau-Jakob-Bild zurückholen und es auf den Kreis dessen erweitern. Während Jesus bereits den Judas entließ, als er den Verrat plante, mutet die WTG ihren Mitarbeitern zu, sich Direktiven eines Judas selbst nach erwiesenem vollendeten Verrat zu unterwerfen. Gibt es eine groteskere Vorstellung als diese: Ein Kreisdiener arbeitet unter Leitung eines „Bruders", der ihn an die Gestapo ausgeliefert hat? Es ist empörend und alarmierend zugleich, was unter der „theokratischen Einrichtung" der WTG alles möglich ist. Diese gravierende Tatsache ist im Falle Ditschi/Frost auf Grund der gemeinsamen Veranstaltung der Wattenscheider Kreisversammlung authentisch.

Freilich ahnte Heinrich Ditschi damals noch nicht, mit welchem „Bruder" er hier vor der Öffentlichkeit gottgefällig zu dienen hatte. Andererseits wirft das ein bezeichnendes auf die WTG-Leitung, deren Hauptbeauftragter hier in aller Seelenruhe neben einem seiner verratenen Opfer scheinheilig im Sinne von Judas 3 als Bruder mit ihm "Schulter an Schulter für den allerheiligsten Glauben" kämpft. 1961 erleben wir, wie dieser Staub aufgewirbelt wird.

Zum Hamburger Kongreß 1961 erneut ins Blickfeld

Pressebericht: „Hamburger Stadtpark . . . unter freiem Himmel. In diesem windigen Lokal will eine religiöse Sekte tagen, die … In der zivilisierten Welt aber nicht auftreten kann, ohne belächelt zu werden: die Zeugen Jehovas. Missionseifrig predigen die in Amerika heimischen Sektierer, daß sich Gott vor der Welt rechtfertigen müsse, weil er Luzifer erlaubt habe, Menschen, Staaten und Kirchen einschließlich des Papstes in Rom, zu vergiften . . . Für die Tage der Erbauung werden 75000 Stühle aufgestellt, Proviantzelte errichtet und 12000 Blumen eingepflanzt. Inmitten dieser Bühnenflora wird sich dem Jehova-Publikum eine Dreieinigkeit darbieten, bestehend aus dem Chef der weltweiten Organisation, Mister Nathan Homer Knorr aus Brooklyn (New York), dem Chef des deutschen Zeugendiener Konrad Franke aus Wiesbaden, und dem Vorgänger Frankes, Erich Frost. Der sechzigjährige Frost gilt in diesem Triumvirat als ideologische Autorität … und ist außerdem verantwortlicher Redakteur des 'Wachtturms'. Väterchen Frost, wie er wegen seiner Leutseligkeit in vertrautem Kreis genannt wird, will den würdigen Rahmen unter anderem nutzen, um der 2000 Opfer aus der Zeit des Hitlerregimes zu gedenken, die seine Sekte zu beklagen hat. Die Rolle, die Frost selbst auf diesem Leidensweg der Zeugen Jehovas gespielt hat, wird allerdings in überlieferten Gestapo-Akten anders dargestellt, als in einem Aufsatz, den der frühere Leipziger Cafehaus-Musikus Frost noch vor dem Hamburger Kongreß im 'Wachtturm' unter Titel 'Befreiung von totalitärer Inquisition durch Glauben an Gott' veröffentlichte. Frost bekleidete in der NS-Zeit . . . das Amt des sogenannten 'Reichsdieners' … ihm unterstanden die Bezirksdiener, diesen wiederum die Kreis- und Ortsdiener… .

Aber selbst noch einer großen Verhaftungswelle im Jahre 1936 arbeitete die Organisation noch exakt . . . Das änderte sich erst, nachdem es der Geheimen Staatspolizei 1937 gelungen war, des Reichsdieners Frost habhaft zu werden .. . In seiner Leidensgeschichte erweckt Frost denn auch den Eindruck, daß er seinen Vernehmern tatsächlich 'wie Daniel der Löwengrube' widerstand. Im Haftbuch Nr. 292 des Geheimen Staatspolizeiamtes in Berlin, Dienststelle II B 2, steht es freilich anders. Nach den noch vorhandenen Verhörprotokollen, die von Frost unterschrieben sind, hat nämlich der Jehova-Reichsdiener am 2., 15., 20., 21., 24., 26. und 29. April 1937 ausführlich über seine Gefolgsleute berichtet …

Schließlich nannte er - laut Verhör-Protokoll - den Gestapoleuten auch noch die Namen seiner Bezirksdiener Artur Nawroth (Ostschlesien, Grenzmark), August Fehst (Westschlesien, Teile Sachsens), Otto Dauth (Berlin, Mark Brandenburg), Fred Meier (Westsachsen, Anhalt), Walter Friese (Thüringen, Harzgebiet, Hannover), H e i n r i c h D i t s c h i (Schleswig-Holstein, Oldenburg, Westfalen, Ruhrgebiet), Albert Wandres (Rheinland, Baden und Württemberg) und Karl Siebeneichler (Bayern).

Frost selbst durfte nach seinen Verhören durch die Gestapo

die Haftzelle mit einer Zwangsarbeitsstelle im Emslandmoor vertauschen, wurde entlassen, kam im Krieg zeitweilig ins Konzentrationslager Sachsenhausen und 'schließlich landeten wir als … SS-Baubrigade auf der (Frankreich vorgelagerten Felseninsel Alderney'. Auf dieser Kanal-Insel, so schreibt Frost jetzt in seinem 'Wachtturm'-Artikel, beobachtete er 'in einer sternklaren Nacht … die Invasion der Alliierten'." (Der Spiegel, Hamburg, Nr. 30/1961 in: Die Zeugen Jehovas, Eine Dokumentation über die Wachtturmgesellschaft, Leipzig, Jena, Berlin 1970)

Gemeinsam auf der Kreisversammlung Wattenscheid

Es ist wirklich ohnegleichen, daß Erich Frost seine Henkersdienste für die SS in eine Heldenstory umzufälschen wagte, sie in aller Öffentlichkeit auf dem Hamburger Kongreß als „göttlich geleitet" servierte und sie auch noch im Wachtturm vom 1. Juli 1961 publizierte. Verglichen mit seinen eigenhändig unterschriebenen Protokollen begreift man, daß man es hier mit skrupellosen geistigen Gangstern zu tun hat, die sich nicht scheuen, die Ehrbarkeit des Christentums und den heiligen Namen Gottes persönlich zu mißbrauchen. Wenn man es einmal erfaßt hat, dann begreift man auch mühelos, daß ein solcher Mensch es auch fertig bringt, sich auf der Wattenscheider Kreisversammlung seinem Opfer Heinrich Ditschi als „von Gott" eingesetzter Zweigdiener und Bruder zu präsentieren.

Auch Heinrich Ditschis Unterbezirksdiener

Die sonst so prozeßfreudige WTG wagte es nicht, gegen die 1961-Enthüllungen des Hamburger „Spiegel" vorzugehen. Sie wurden erhärtet durch einen Bericht des „Parlamentarisch-Politischen Pressedienstes in Bonn vom 5. Juli 1961, Nr. 75. Nur nach innen, d. h. also innerhalb der Organisation, sprach man von Verleumdung. Der Wachtturm vom 15. Februar 1962, S. 123, Wiesbaden, tischte den Gutgläubigen das Märchen auf, der Teufel sei am Werk, „der verräterische böse Sklave" trete mit Verleumdungen und Lügen auf, um „Personen, die eine besondere Verantwortung tragen, die Säulen, aus ihren Stellungen zu verdrängen". Aber die Judas-Rolle des „Reichsdieners" Erich Frost ist dokumentarisch bewiesen. Aus dem genannten Haftbuch Nr. 292 der Geheimen Staatspolizei veröffentlichte 1970 Manfred Gebhard in seinem Buch „Die Zeugen Jehovas. Eine Dokumentation über die Wachtturmgesellschaft" im Urania-Verlag die wesentlichsten Protokolle. Auf Seite 173, 174 dieses „Blaubuches" findet der interessierte Leser die Reproduktionen.

Wichtig für den Leser ist nun noch das Verhandlungsprotokoll vom 2. April 1937 (Blaubuch S. 175-177). Hier macht Frost zu den von ihm benannten Bezirksdienern weitere Angaben. Zum Bezirk von Heinrich Ditschi sagt er: „Bekannt ist mir lediglich, daß in den großen Bezirken von D i t s c h i und Wandres Mitarbeiter bzw. sogenannte Unterbezirksdiener tätig waren. Für D i t s c h i kommen hierfür in Frage: 1. Lüdenschloß, Vorname vermutlich Ernst, 2. Pennhofen, die Schreibweise seines Namens und sein Vorname sind mir nicht bekannt, er heißt vermutlich Erich. D i t s c h i sprach immer von einem Erich …"

Aufgrund ihrer eigentümlichen Konfessionsdialektik hat es die Wachtturm - Gesellschaft meisterhaft verstanden, den Zeugen Jehovas 2 Welten vorzugaukeln: Auf der einen Seite steht die Neue-Welt-Gesellschaft unter Führung des unsichtbaren, Herrschers Jesus Christus (der seit 1914 regiert) , sichtbar vertreten durch seinen " treuen Sklaven" Wachtturm-Gesellschaft - auf der anderen Seite steht die Alte - Welt-Gesellschaft unter Führung des unsichtbaren Satans, sichtbar vertreten durch Politik, Hochfinanz und falsche Religion. Alle Aussagen aus dem Lager der NWG sind daher (weil von Gott stammend) grundsätzlich Wahrheit alle Aussagen aus dem Lager der AWG ( weil vom Teufel stammend ) daher grundsätzlich Lüge.

Wie irreal dieses von der Wachtturm - Gesellschaft für die Zeugen-Jehovas zurechtgezimmerte Lehrgebäude ist, konnte bisher ständig nachgewiesen werden, insgesamt, wie im Einzelnen, die Organisation inbegriffen. Entgegen den Behauptungen der Wachtturm - Gesellschaft erwiesen sich die in ihren Augen "weltlichen Aussagen", angefangen vom "Spiegel"Bericht (Hamburg), der "Bonner Information" bis hin zu der Dokumentation über "Die Zeugen Jehovas" von Manfred Gebhard, eine Dokumentation über die Wachtturm-Gesellschaft (Blaubuch), als echt und durchaus glaubwürdig. Von keinem wahrheitsliebendem Menschen können sie ernsthaft bezweifelt werden. Wenn wir an den letzten Gegenstand unserer Erzählung denken, die Leitung des deutschen WTG-Zweiges unter Erich Frost mit Heinrich Ditschi als einem seiner Kreisdiener in der BRD, so sehen wir das ebenfalls.

Für mich war es z.B. bezeichnend, als ich beim Lesen des Protokolls Ad. II B vom 2. April 1937 im Blaubuch, auf einen bemerkenswerten Satz von Erich Frost stieß, der wie folgt festgehalten ist: "Für Ditschi kommen hierfür in Frage:

1. Lüden s c h 1 o ß, Vorname vermutlich Ernst… ."

Für mich war sofort klar, daß dieser Unterdiener von Heinrich Ditschi gar nicht so hieß. Der Leser wird sich gewiß erinnern, daß ich bereits im 1. Artikel, als ich die Langenberger Kreisversammlung ausführlich schilderte, verschiedene Namen nannte. Erst jetzt, beim Lesen dieses Protokolls, muß ich erwähnen, daß auch ein gewisser L ü n e n s c h 1 o ß mitgewirkt hatte. Er war ein enger Freund von Heinrich Ditschi. Das Protokoll erwähnt den Namen L ü d e n s c h 1 o ß und nennt den Vornamen Ernst. Soweit ich es in Erinnerung habe, war der Vorname von Bruder L ü n e n s c h 1 o ß (nicht Lüdenschloß) Karl, nicht aber Ernst. Ich kann mich allerdings irren, nichtsdestoweniger ist aber damit die Echtheit des Gestapo-Protokolls und der Verrat des "Reichsdieners " Erich Frost an seinem Bruder Heinrich Ditschi und dessen Mitarbeiter Bruder Karl Lünenschloß erwiesen.

Darum kann für mich auch überhaupt kein Zweifel daran bestehen, daß das auf Seite 179,180 des Blaubuches stehende Protokoll der Aussage des Erich Frost über Heinrich Ditschi der Wahrheit entspricht.

Ich zitiere aus der Dokumentation:

"Über Heinrich Ditschi, der vom Wachtturm-Gesellschafts-Präsidenten Rutherford 1936 in Luzern zum Nachfolger für Frost bestimmt worden war, falls dieser verhaftet wird, machte er folgende Angaben, die von der Gestapo sofort unterbrochen wurden, als er Ditschis Verbindungen nach Holland nannte, offenbar um sogleich Fahndungen einzuleiten."

Zu meinen (Frost) am 15. 04. 1937 über den Bezirksdiener Heinrich Ditschi gemachten Angaben ergänze ich noch folgendes: Mit Ditschi war ich im Oktober 1936 und dann noch einmal im Dezember 1936. in Dortmund zusammen. Wir trafen uns beide Male vorerst auf dem Hauptbahnhof in Dortmund und gingen dann zusammen nach der Wohnung des Glaubensbruders B e i k e oder P e i k e in der Uhlandstraße, Nummer unbekannt.

B e i k e muß Inhaber einer im gleichen Grundstück gelegenen Stickerei sein, die sich im Erdgeschoß befindet. In beiden Fällen waren bei diesem Treffen anwesend :

W a n d r e s, D i t s c h i sowie der Unterbezirksdiener L ü n e n s c h 1 o ß vom Bezirk Ditschi und ich selbst. Bei diesen Treffen behandelten wir die Auslegung der Bibel und unterhielten uns über die Wahrheit. Der Wohnungsinhaber war nicht zugegen.

Ich muß an dieser Stelle hervorheben, daß ich außer den abgehaltenen Andachten mich immer überzeugen wollte, ob und wie die verschiedenen Bezirksdiener überhaupt noch für die IBV arbeiten. Es konnte ja möglich sein, daß in einigen Fällen Verhaftungen vorgenommen waren und der Bezirk dann ohne Leitung gewesen wäre. In solchen Fällen war es meine Aufgabe, einen neuen Bezirksdiener zu finden und einzusetzen.

D i t s c h i war bereits in Luzern als mein Nachfolger in dem Falle vorgeschlagen und bestimmt worden, wo ich als Reichsdiener verhaftet werde. Im Falle meiner Verhaftung hat sich Ditschi sofort in das Zweigbüro in Prag zu wenden, um weitere Weisungen entgegen zu nehmen. Nebenher möchte ich noch erwähnen, daß Ditschi nach seinen Äußerungen Beziehungen zu Glaubensgeschwistern in Holland hat und mit diesen in ständiger Verbindung steht. Näheres hierüber weiß ich nicht anzugeben. Mir ist nur bekannt, daß Ditschi wiederholt mit Glaubensgeschwistern über Sterkrade in Holland in Verbindung steht. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, daß Ditschi wiederholt persönlich in Sterkrade war.

Die Vernehmung wird abgebrochen. (Blaubuch S. 179-180)

Eine Zwischenbilanz

Zieht man jetzt eine Zwischenbilanz, ergibt sich folgendes Bild:

Rehabilitierung für Heinrich Ditschi und andere christliche Mitarbeiter, dagegen die Entlarvung als Kollaborateure für Wachtturm-Gesellschafts-Paradepferde wie z. B. F r a n k e und F r o s t durch glaubwürdige Publikationsaussagen und Dokumentationen.

Gezwungen durch die Veröffentlichungen im „Spiegel", der schließlich im Blaubuch von Manfred Gebhard veröffentlichten Tatsachen und den daraus resultierenden „Erschütterungen" innerhalb der Organisation, mußte die Wachtturm-Gesellschaft eine eigene Version über die angesprochenen Probleme vor der Anhängerschaft und der Öffentlichkeit abgeben. Dieses tat sie in einem längeren Bericht über die Geschichte des deutschen Wachtturm-Zweiges im Jahrbuch 1974.

Es ist betrüblich festzustellen, daß die Wachtturm-Gesellschaft die Gestapo-Dienste ihrer „Paradepferde" herabspielt, während sie gleichzeitig die Verdienste ihrer ehrlichen christlichen Mitarbeiter in ein schiefes Licht stellt. Damit dürfte auch wieder der Charakter der Wachtturm-Organisation klargestellt sein, die z.B. jede "Versöhnung" vereitelt' hat, die von ehrlichen Brüdern im guten Glauben unternommen wurden, um das Ansehen der Internationalen Bibelforscher-Vereinigung zu retten.

Aus dieser Perspektive muß alles getan werden, um überhaupt zu begreifen, warum die Wachtturm-Gesellschaft sich veranlaßt sah, im Jahre 1974 (nach so langer Zeit) einmal auf Personen wie Frost, Ditschi, Franke usw. einzugehen. Sie mußte auf die Dokumentation von Manfred Gebhard reagieren.

Lassen wir nun das Jahrbuch 1974 der Zeugen Jehovas sprechen. Wir lesen auf Seite 158 zunächst folgendes:

Nun, nachdem Bruder Frost verhaftet worden war, übernahm Heinrich Ditschi die Verantwortung für das Werk, so, wie es in Luzern anläßlich der Besprechung mit Bruder Rutherford beschlossen worden war. Er sah nun seine erste Aufgabe darin, den „offenen Brief" herauszubringen. Daher trat er sofort mit Bruder Strohmeyer, der in Lemgo wohnte

, in Verbindung Bruder Strohmeyer und Bruder Kluckhuhn waren gerade erst aus dem Gefängnis entlassen worden, wo sie eine Strafe von sechs Monaten verbüßt hatten, weil sie das Jahrbuch 1936 gedruckt hatten. Doch Bruder Strohmeyer sagte seine Hilfe zu. Nun galt es, wieder Matrizen aus der Schweiz zu beschaffen. Diesmal aber waren es Pappmatern, die zuerst von den Brüdern stereotypiert werden mußten, um die Druckplatten für die Schnellpressen zu erhalten. Bruder Ditschi hatte die Matern aus der Schweiz besorgt…

Für mich ist sehr auffallend, daß die Brooklyner Führerschaft des Jahres 1974 den Namen eines der bewährtesten Diener des damaligen Zweiges Deutschland nicht richtig zu schreiben weiß.

Aber verfolgen wir nun weiter, was die Jahrbuchschreiber über Heinrich Ditschi (keineswegs mit 'ie' geschrieben!) zu berichten wissen. Wie zu erwarten, werden es zunächst positive Dinge sein. Der berühmte „Pferdefuß" wird sich später zeigen!

Da man die „Blitzaktion" des Jahres 1937, organisiert von Bruder Ditschi, nicht streichen möchte, da sie das ansehen der Wachtturmgesellschaft aufpolierte, wollte und sollte, schreibt das Jahrbuch 1974 auf Seite 159 folgende stolzgeschwellte Zeilen:

„Nachdem hinsichtlich des Drucks alle Fragen geklärt waren, wurde entschieden, daß der „offene Brief" am 20. Juni 1937 in einer „Blitzaktion" verbreitet werden sollte." Schwester Elfriede Löhr berichtet: „Bruder Ditschi, der damalige verantwortliche Leiter für das deutsche Werk, organisierte diese Aktion. Wir waren alle mit Mut erfüllt und es war alles wunderbar eingerichtet und jeder Bezirk hatte eine genügende Anzahl dieser Briefe erhalten. Ich holte einen großen Koffer für den Bezirk Breslau von der Bahn ab und brachte diesen nach Liegnitz zu den Brüdern. Ich selbst hatte auch meine bestimmte Anzahl erhalten, die ich zur festgesetzten Zeit - wie alle Brüder - verteilte."

Dem Leser wird noch in Erinnerung sein, was Manfred Gebhard in seinem Blaubuch berichtete. Das abgedruckte Protokoll der Gestapo auf Seite 179 und 180 zeigte anschaulich, daß Erich Frost in Ergänzung seiner Aussagen vom 15. 4. 1937 außer umfassenden Informationen über Ditschi zusätzlich aussagte, sein Nachfolger habe Verbindungen zu Holland. Daraufhin wurde die Vernehmung von der Gestapo s o f o r t abgebrochen!

Es lohnt sich, das betreffende Gestapoprotokoll der Wachtturm-Gesellschaft-Version gegenüber zu stellen. Das „Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1974" gibt auf Seite 160 folgende Darstellung:

„Da die Mehrheit der Bezirksdienstleiter verhaftet worden war, wurden Schwestern gebeten, in die Bresche zu springen und die Verbindung zwischen Bruder Ditschi und den Versammlungen aufrecht zu erhalten. Eine von ihnen war Elfriede Löhr, die versuchte, mit Bruder Ditschi Verbindung aufzunehmen, nachdem Bruder Frost und Schwester Unterdörfer verhaftet worden waren. Sie fuhr nach Württemberg und nachdem sie einige Zeit gesucht hatte, fand sie Bruder Ditschi in Stuttgart. Er nahm sie mit auf die Reise, um sie mit den verschiedenen Methoden vertraut zu machen, die angewandt wurden, um den Kontakt mit den Brüdern aufrecht zu erhalten.

Es wurden auch gründliche Vorbereitungen für einen fahrbarem. Radiosender getroffen der in den Niederlanden gebaut und etwa im Herbst 1937 eingesetzt werden sollte. Die Gestapo hatte davon schon Kenntnis erhalten und war sehr wütend auf Bruder Ditschi, dessen Name ihr schon lange bekannt war, den sie aber bis dahin ebensowenig fassen konnte wie Bruder Wandres."

Die Wachtturm-Gesellschaft bemerkt im Jahrbuch 1974, daß die Gestapo bereits Kenntnis von der Holland-Aufgabe des Bruder Ditschi hatte. Sie vertuschte bei dieser Darstellung, daß diese Kenntnis der Gestapo nur aus den Recherchen herrühren konnte, die zweifelsohne sofort nach der Vernehmung Erich Frosts eingeleitet wurden, nachdem dieser die Holland-Verbindungen von Heinrich. Ditschi verraten hatte. All dies weiß die Wachtturm-Gesellschaft auch genau selbst. Seit der "Spiegel"-Veröffentlichung haben sich zu viele Stimmen zu Wort gemeldet, als daß die Wachtturm-Gesellschaft dies übersehen könnte. Im Grunde hat sie alles ausgewertet, und nach dem letzten Bindeglied in der Kette der Beweisführung, nämlich der Veröffentlichung des Blaubuches von Manfred Gebhard (1970) im Urania-Verlag mit den schockierenden echten Dokumenten aus jener Zeit, war die Wachtturm-Gesellschaft schließlich zu einer eigenen Darstellung der Vorgänge gezwungen.

Mit dem Jahrbuch 1974 griff sie endlich den Faden auf. Allerdings verschweigt sie dabei sämtliche gegenteiligen Veröffentlichungen. Entspräche ihre Darstellung der Wahrheit, würde sie den "Spiegel" und den "Bonner Parlamentarischen Dienst" der Lüge bezichtigen.. Aber das kann sie sich nicht leisten, denn sie würde bei dieser Kraftprobe in Anbetracht ihrer haltlosen Theorie unweigerlich den kürzeren ziehen! Also gibt sie ihre "frisierte Version" im Jahrbuch 1974 der hörigen Anhängerschaft zum besten. Es ist dabei völlig unverständlich, daß, nachdem ehrliche Mitarbeiter wie Heinrich Ditschi, durch authentische "weltliche Berichte" rehabilitiert wurden und die von der Wachtturm-Gesellschaft verhätschelten "Paradepferde" dagegen schonungslos entblößt, die Wachtturm-Gesellschaft den entgegengesetzten Standpunkt einnehmen muß. Das tut sie dann auch in der nur ihr eigentümlichen Konfessionsdialektik im Jahrbuch 1974. Die Wachtturm-Gesellschaft geht in ihrer Darstellung äußerst geschickt vor wenn sie die Verhaftung von Erich Frost und Ilse Unterdörfer (später auch der Elfriede Löhr) mit Lobeshymnen auf Heinrich Ditschi verquickt. Vorweg will ich aber den Leser schon darauf aufmerksam machen, daß letztendlich der Verräter Frost von der Wachtturm-Gesellschaft rehabilitiert sein wird, der "schwarze Peter" indes bei Heinrich Ditschi hängen bleibt !

Musterbeispiel für WTG-Verfälschungskunst

Unter der Überschrift Nachwirkungen des Kongresses in Paris 1937" finden sich auf Seite 161 f des Jahrbuchs 1974 bemerkenswerte Feststellungen. Sie sind ein Musterbeispiel für WTG-Verfälschungskunst

… Während der zweiwöchigen Abwesenheit des letzten Bezirksdienstleiters hatte sich in Deutschland wieder einiges ereignet. Schwester Löhr, die bei den meist wöchentlich stattfindenden Zusammenkünften anwesend war, bei denen Bruder Ditschi mit etwa fünfzehn Brüdern und Schwestern alle Dienstangelegenheiten besprach, war verhaftet worden. Das kam so:

Da die Besprechungen, die in den meisten Fällen morgens gegen 9 Uhr begannen, sich oft bis 17 Uh ausdehnten, hatten die teilnehmenden Brüder und Schwestern den Wunsch geäußert, mittags eine gemeinsame Mahlzeit einzunehmen. Schwester Löhr wurde gebeten, das Kochen zu übernehmen. Aus Sicherheitsgründen wechselten die Brüder jede Woche den Ort ihrer Zusammenkunft, und das machte es notwendig, den großen Topf, in dem meist ein Eintopfgericht gekocht wurde, zuvor dorthin zu bringen, wo die nächste Zusammenkunft stattfinden sollte. Ob nun der Gestapo durch die Aussagen von Brüdern, die neu verhaftet worden wären, oder auf einem anderen Weg der Ort der letzten Zusammenkunft vor dem Kongreß in Paris bekannt wurde, kann niemand sagen. Jedenfalls behielt die Gestapo diese Wohnung unter Beobachtung und als Schwester Löhr kam, um den Kochtopf drei oder vier Tage vor der nächsten Zusammenkunft abzuholen, folgte ihr die Gestapo zu dem neuen Treffpunkt. und verhaftete sie dort. Die Gestapo erkannte bald, daß sie nicht nur den neuen Treffpunkt gefunden hatte, sondern auch Bruder Ditschis geheimen. Aufenthaltsort. Nach dem Kongreß in Paris kehrte er unmittelbar nach Berlin zurück und betrat seine Wohnung ohne sich zu vergewissern, ob von irgend einer Seite Gefahr drohe. Bruder Ditschi ging in die Falle und wurde auf der Stelle verhaftet.

Den Kenner der Materie bringt es schon gar nicht mehr zum Erstaunen, mit welch meisterhaftem Geschick die WTG bei ihren Darlegungen sich um die Dinge herumzuwinden versteht. Die Verhaftung der Elfriede Löhr geschah also so: "Ob nun die Gestapo durch die Aussagen von Brüdern, die neu verhaftet worden waren … der Ort der letzten Zusammenkunft … bekannt wurde, kann niemand sagen. Jedenfalls behielt die Gestapo diese Wohnung unter Beobachtung und als Schwester Löhr kam … folgte ihr die Gestapo … und verhaftete sie dort." Die Aussagen von unbekannten Brüdern wurden also zum verhängnisvollen Stolperstein für Elfriede Löhr! Diese Darstellung im Jahrbuch 1974 folgt nun genau 4 Jahre nach Erscheinen des "Blaubuches" von Manfred Gebhard. Dort findet sich eine exakte Angabe auf Seite 180 f darüber, wer es war, der die ersten Hinweise der Gestapo zur Kenntnis brachte. Durch weitere Recherchen war dann die Festnahme der Elfriede Löhr nur noch eine Frage der Zeit.

Im Fall von Heinrich .Ditschi verhält es sich ebenso. Nur durch die Angaben des Erich Frost gegenüber der Gestapo wurden zunächst die Verbindungen bekannt und der Fahndungsapparat auf seine Spur gelenkt.

Da Heinrich Ditschi mit Elfriede Löhr zusammenarbeitete, konnte die Gestapo wegen des Frost-Verrates sogar zweigleisig operieren bzw. parallellaufende Fahndungen durchführen. Trotz ihrer am Kern vorbeischlängelnden Darlegungskunst wird diese wohl eher zutreffende Version von der WTG im Grunde auch bestätigt, denn sie schreibt: "Die Gestapo erkannte bald, daß sie nicht nur den neuen Treffpunkt gefunden hatte, sondern auch Bruder Ditschis geheimen Aufenthaltsort." "Wohlgemerkt! Dieser Satz folgt auf die völlig zusammenhanglos geschilderte Geschichte. von der Verhaftung der Elfriede Löhr!

Selbstverschuldung oder .bestellte Falle?

Die sich sofort anschließende Darstellung der Ditschi-Verhaftung ist weiter nichts als eine zweite pointenlose Geschichte: "Nach dem Kongreß in Paris kehrte er unmittelbar nach Berlin zurück und betrat seine Wohnung, ohne sich zu vergewissern, ob von irgendeiner Seite Gefahr drohte. Bruder Ditschi ging in die Falle und wurde auf der Stelle verhaftet."

Hier beginnt. die WTG, Bruder Ditschi unauffällig den "Schwarzen Peter" zuzuschieben. Er ist selbst schuld! Er hat sich nicht "vergewissert"! Das ist natürlich völlig abwegig. Jeder Zeuge Jehovas weiß, daß im Untergrund mit Erkennungszeichen, Merkmalen und dergleichen gearbeitet wird. Zweifelsohne war auch in diesem Falle etwas vereinbart, und bei seiner Rückkehr wird es so gewesen sein, daß das Signal auf "Keine Gefahr" gestellt war. Er war also völlig arglos. Schließlich muß auch gefragt werden, woher die WTG die Weisheit von der "Nicht-Vergewisserung" des amtierenden Reichsdieners hat, wo dieser doch mutterseelenallein auf weiter Flur stand. Zudem ist von 'Bruder Ditschi bekannt, daß er immer (also auch in gefahrlosen Zeiten) die Vorsicht in Person war! Wenn die WTG aber ihre Satzstellung wörtlich verstanden wissen will,' dann bitte: "… betrat seine. Wohnung, ohne sich zu vergewissern, ob von irgendeiner Seite Gefahr drohe." Es dürfte als absurd anzusehen sein, wenn man nach Betreten der Wohnung plötzlich kräftige Fäuste. im Nacken verspürt, sich dann zu vergewissern, woher dieser "Druck" kommt! Was die WTG hier zum besten gibt, ist kompletter Unsinn: Wenn Bruder Ditschi in eine Falle ging, was die WTG verschnörkelt zugeben muß, dann war es eine wohldurchdachte. Daß sie aber zuschnappen konnte und es für Bruder Ditschi kein Entrinnen gab, kam nur durch Kollaboration zustande. Das und nichts anderes ist die nackte Wahrheit.

Bösartige Unterstellung und geschickt getarnte Rufmord-Taktik!

Es steht völlig außer Frage, daß die WTG von Psychologen, Psychiatern, erfahrenen Managern und sonstigen Experten aller Schattierungen sachkundig beraten wird, um mittels ihrer "vergifteten" Speise, dargereicht in "theokratischen" Publikationen, die Gehirne bestimmter Personenkreise im gewünschten WTG-Sinne zu beeinflussen. In einer 100jährigen Praxis hat man darin Routine entwickelt, hat sich auf diesem Gebiet profiliert bis zur absoluten Perfektion !

So ist es weiter nicht verwunderlich, wenn Lobeshymnen auf eine Person sich von der Tiefe her als bösartige Verleumdung oder gar als Rufmord auswirken. Für Außenstehende, die die in ihrer Gefährlichkeit als einzig dastehende Taktik der WTG nicht erkennen, mögen solche Behauptungen Rätsel sein. Aber wer selbst unter dieser angeblich "göttlichen Einrichtung" gedient hat, kennt die Methodik. Im Falle von Bruder Ditschi ist sie leicht nachzuweisen.

Im Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1974, 5,162, Abs. 2 lesen wir folgendes:

Bruder Ditschi hatte viele Jahre unermüdlich in der Untergrundtätigkeit gedient und war nicht vor Gefahren zurückgeschreckt. Er wurde zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, kam aber nicht wie die meisten seiner Brüder in ein Konzentrationslager, nachdem er seine Strafe verbüßt hatte.

Das klingt alles plausibel. Ein Außenstehender würde sagen: "Was will denn der Autor ? Die WTG lobt doch den Mann!" Selbst jüngere Zeugen Jehovas werden nicht fähig sein, den "Pferdefuß" zu finden, mit dem einer der besten Mitarbeiter im deutschen Zweig von der WTG in altbewährter Rufmord-Taktik zu Boden getreten wird. Die Feststellung, daß Bruder Ditschi treu und unermüdlich im Untergrund gedient hat, ist ohne Belang. Das weiß jedermann. Die WTG benutzt diese Tatsache als "Aufhänger" für den gewünschten "Todesstoß", was allerdings schwer zu durchschauen ist.

Es ist hier wichtig, die Geschichte der IBV (Internationale Bibelforscher-Vereinigung) und die damalige Zeit zu kennen. Die WTG weiß genau, daß Bruder Ditschi aufgrund seiner Stellung als ehemaliger "amtierender Reichsdiener" einen großen Einfluß auf die älteren Brüder hat. Diese wissen genau, daß man damals nur dann dem KZ entrinnen konnte, wenn man eine bestimmte Erklärung unterschrieb. Diese beinhaltete das Abschwören des IBV-Glaubens inklusive der WTG - Gefolgschaft. Wenn die WTG daher in ihrem Jahrbuch 1974 schreibt: "Er wurde zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, kam aber nicht wie die meisten seiner Brüder in ein Konzentrationslager", so unterstellt sie Bruder Ditschi, daß er trotz seiner Unermüdlichkeit ein Verräter wurde, weil er die von den Nazis gewünschte "Abschwörung des Glaubens" unterschrieben habe.

Mit einer derart unerhörten Unterstellung hat Bruder Diaschi natürlich jeden Einfluß auf treue Gefährten seiner Zeit verloren. Wer möchte schon mit einem "Verräter" Gemeinschaft pflegen? So entpuppen sich die Lobeshymnen der WTG auf den "unermüdlich im Untergrund tätigen Reichsdiener" in Wahrheit als eine Rufmord-Kampagne übelster Sorte. Aber zum Glück sind Zeugen zur Stelle, die diesen ehrenhaften Menschen rehabilitierten. "Ich schwöre vor Gott und Menschen, ich schwöre im Angesicht Jesu Christi, unseres Erlösers, daß mir Bruder Willi Wittkowski aus Heiligenhaus, seinerzeit Versammlungsdiener in Velbert(Rheinland)bestätigte, daß Bruder Ditschi mit ihm zusammen im Konzentrationslager Buchenwald war,"

Ebenso sagte mir Bruder Gesink, damals Hilfsversammlungsdiener (oder Schuldiener - ich weiß es nicht mehr genau) der Versammlung Mettmann(Rheinland), als ich dort als Beauftragter der WTG den Vortrag hielt: "Das Geheimnis der Seele lüften", daß Bruder Ditschi wie er in Buchenwald war. Beide Brüder sind im WTG-Glauben bis zuletzt verblieben. Will die Brooklyner Führerschaft auch sie zu Lügnern stempeln ? Diese Brüder sind mir heute noch wertvoll. Ihre Aussagen stellen die Behauptungen des Jahrbuchs 1974 infrage. Somit wäre klar, daß hier über Bruder Ditschi eine Lüge publiziert wurde, mit dem Ziel, den Ruf dieses edlen Menschen in den Dreck zu ziehen Die Wahrheit ist vielmehr, daß Bruder Ditschi bis zum "bitteren Ende" durch den "Frost - Verrat" treu gedient hat und auch die Leiden der "meisten Brüder" eben im KZ Buchenwald geteilt hat.

Aber sein kritischer Geist war der neuen WTG-Führung gefährlich. Daß die H.N.-Knorr-Administration und erst recht die heutige WTG-Führung diesen Mann nicht richtig einzuschätzen weiß, beweist schon die Tatsache, daß sie seinen Namen Ditschi nach wie vor in unrichtiger Weise mit "ie", also "Dietschi" schreibt. Damit beweist sie aber offenkundig, daß sie einen ihrer größten "Helden" (womit sie doch so gerne Reklame macht) nur vom Hörensagen kennt !

Ein dürftiger Abschluß

Über die "Verdienste" von Bruder Ditschi hat das Jahrbuch 1974 dann nicht mehr viel zu berichten. Die WTG bringt es fertig, den jahrelangen Einsatz von 1945 bis Anfang 1954 bis zu seiner "Abtrünnigkeit" mit zwei dürftigen lapidaren Sätzen zu kommentieren. Wir lesen im Jahrbuch 1974,S.,162 , Abs. 3 folgendes: Im Jahr 1945, als das Werk wieder aufgebaut wurde, war er einer der ersten, die den Brüdern als "Diener für die Brüder" dienten. Leider begann er später, eigene Theorien zu entwickeln und wandte sich von Jehovas Organisation ab.

Wirklich - schäbiger und geschmackloser geht es nicht mehr. Wenn einer, wie der ganze Jahrbuch-Dienst zeigt, vorbehaltlos mit Feuereifer immer in vorderster Linie stand, wenn er nach dem Grauen des Faschismus als "einer der ersten" sofort "Diener für die „Brüder" war -, dann sollte er sich plötzlich o h n e G r u n d einfach von Jehovas Organisation lossagen? Das ist mehr als lächerlich. Der heilige Name Gottes und der Name seines Gesalbten: Jesus Christus war es, der Bruder Ditschi veranlaßte, die Trennung zu vollziehen. Selbstverständlich weiß das die WTG. Aber weil ihr der eigene Nimbus mehr wert ist als der Name Gottes und Christi, muß sie solche verdienstvollen Menschen, die Gott und Christus respektierten und aus Gewissensnot heraus handelten, diffamieren. Aber die Zeit ist reift. Gott läßt nicht mehr zu, daß ihm wirklich treu ergebene Menschen sang- und klanglos in den Schmutz getreten werden. Das Beispiel Ditschi ist ein Muster dafür.

Opfer des WTG-Terrors nicht mehr wehrlos

Bedauernswerten Opfern des WTG-Terrors war es in der Vergangenheit nie möglich, ihre Rechte zu verteidigen und das geistige Gangstertum einer angeblich von "Gott erleuchteten" Gruppe religiös-politischer Hasardeure den Brüdern und der Öffentlichkeit zu Gehör zu bringen. Da ihnen die finanziellen Mittel fehlten oder die notwendige Unterstützung von Brüdern oder Instituten, gingen ihre Rufe in der Flut der WTG-Publikationen, die allen Unrat aus Kloake und Gosse über sie ausschütteten, ungehört unter.

Wahrscheinlich mußten erst all diese bitteren Erfahrungen durchlebt werden, um die nötigen Erkenntnisse zu gewinnen, wie man seine christlichen Rechte, bedrängte Brüder, fundierte biblische Lehren und das Ansehen echten Christentums zu verteidigen hat. In diesem Zusammenhang ist deshalb bemerkenswert, daß seit den 1950er Jahren "Oppositionelle" wirkungsvolle Wege fanden, der Schmähflut der WTG erfolgreich Paroli zu bieten, Beginnend mit Heinrich Ditschi, der mit kleinen Privat-Schriften und öffentlichen Vorträgen unbewußt die Weichen stellte für die Erkenntnis, daß Presse und sonstige Medien dienstbar gemacht werden müssen, folgten noch weitere verantwortungsbewußte Brüder und Schwestern, die sich sogar teilweise (zum Entsetzen der WTG) als gute Schriftsteller erwiesen. Es seien nur einige genannt:

William J. Schnell (Bücher, USA)

Günther Pape (Bücher, BRD)

Josy Doyon (Buch, Schweiz)

Werner Vetter (Heftserie „Christen", BRD)

Hans Jürgen Twisselmann (Broschüren und Bruderdienst, BRD)

Manfred Gebhard (Buch, DDR)

Willy Müller (Zeitschrift „CV", DDR)

und andere.

Die WTG, die in ihrer selbstgefälligen Aufgeblasenheit scheinbar immer noch nicht begreift, daß sie selbst es war, die mit ihrem Terrorismus die Spreu vom Weizen trennte und aus ihren eigenen Reihen diese Kämpfer hervorbrachte, die nun gegen sie zeugen, sieht sich gezwungen, trotz ihrer offiziellen Totschweige-Taktik immer wieder in ihren Schriften verschnörkelt Stellung zu beziehen und verschiedene Verleumdungen abzuschwächen oder zu bagatellisieren. Denn im Gegensatz zu den ihr "treu gebliebenen Verantwortlichen" haben sich diese "Ehemaligen" nicht gescheut, außer ihren eigenen Belangen auch die Rechte ihrer bedrängten lebenden und toten Brüder zu verteidigen.

Wie oft hat die WTG bewiesen, daß sie nicht einmal davor zurückschreckt, noch über Tote, die einstmals verdienstvolle Mitarbeiter waren, Schimpf und Schande auszugießen. Aber die bedauernswerten Opfer der hintergründigen WTG-Politik stehen heute nicht mehr allein. Ihre Interessen werden heute von einer gut gewappneten Opposition erfolgreich vertreten, und die WTG reagiert, indem sie abschwächt und Abstriche macht an früheren Äußerungen. Ein laufendes Durchforschen ihrer Publikationen beweist das. Auch im Fall Ditschi hat sie reagiert aufgrund der Enthüllungen im "Spiegel" und im Blaubuch von Manfred Gebhard durch ihre Äußerungen über diesen Gegenstand im „Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1974". Und sie wird auch weiter reagieren. Nein, sie hat es schon getan! Seitdem die Zeitschrift "Christliche Verantwortung" vom September 1978 an (Ausgabe 110) die Verteidigung für Bruder Ditschi übernommen hat, hält es die Brooklyner Führerschaft für notwendig, erneut auf dieses Thema einzugehen. Und das in diesem Jahr 1980 !

Selbstverständlich kann diese Tatsache nicht übersehen werden, man muß sie als Autor in der weiteren Schilderung über den Lebensweg von Bruder Ditschi berücksichtigen.

Wichtige Nachbemerkung zum Jahrbuch 1974

Kehren wir nun zum Ausgangspunk des letzten Beitrages zurück. Wie wir gesehen haben, ist es den WTG-Strategen in der nur ihr eigentümlichen "Brooklyner Sprachregelung" gelungen, dem mit soviel Lobeshymnen versehenen Heinrich Ditschi den "Schwarzen Peter" zuzuschieben, Die als Kollaborateure durch authentische Berichte glaubwürdig entlarvten Funktionäre Franke und Frost wurden jedoch von der WTG in Schutz genommen. Es versteht sich von selbst, das dies natürlich nicht im Interesse dieser Personen geschieht, sondern einzig und allein um des Ansehens der WTG willen. Jedes Eingeständnis kompromittiert die "theokratische Fassade"! Im "Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1974" findet sich kein Wort über die Tatsache; die längst der Öffentlichkeit in verschiedenen Ländern bekannt ist. Stattdessen wird ein lückenloser Bericht gegeben, sozusagen fast "nüchtern" wie Frost und Franke zur Organisation kamen, wie sie wirkten und arbeiteten bis auf den heutigen Tag, natürlich "organisationstreu", ohne Tadel !

Im Gegensatz dazu findet man über Heinrich Ditschi gar nichts, außer den WTG-Äußerungen in ihrem Jahrbuch, die ich schon anführte. Wenn aber Bruder Ditschi "viele Jahre unermüdlich im Untergrund gedient hat und vor Gefahren nicht zurückschreckte", wäre es für die Jahrbuch-Leser doch interessant zu erfahren, ob er diese Einstellung schon immer hatte, z.B. bevor er Bezirksdiener (und später Reichsdiener als Nachfolger von Frost) wurde. Aber der Leser erfährt nichts und stößt erst auf den Namen Ditschi im Zusammenhang mit dem Kongreß in Luzern 1936, wo die WTG auf Seite 154 unter der Überschrift: MUTIGE TÄTIGKEIT VERWIRRT POLIZEI den Prager Zweigdiener Heinrich Dwenger wie folgt sprechen läßt:

"Nun sollten die Bezirksdienstleiter Vorschläge machen. Sie schlugen vor, daß mich Bruder Rutherford wieder nach Deutschland zurücksenden sollte. Sie wünschten, daß ich selbst-den Vorschlag einbringen sollte, aber ich sagte ihnen, daß ich das nicht könne, denn ich sei nach Prag gesandt worden und könne deshalb nicht sagen, daß ich wieder nach Deutschland möchte. Ich würde so den Eindruck erwecken, als wäre ich nicht mit meinem Auftrag zufrieden. So kam es, daß Bruder Frost zunächst die Verantwortung übertragen wurde. Dann fragte Bruder Rutherford: "Was ist aber, wenn auch du verhafte wirst?" Für diesen Fall wurde Bruder Ditschi von den Brüdern vorgeschlagen, die Verantwortung für das Werk in Deutschland zu tragen, wenn Bruder Frost verhaftet werden sollte."

Wenn der Leser zu dem hier Gesagten und dem bisher Dargelegten weiter nichts erfährt außer der Tatsache - wie bewiesen wurde - daß Heinrich Ditschi in grotesker Weise die schmutzige Visitenkarte des Verräters Frost untergeschoben wird, dann ist es notwendig, dem Gedächtnis der WTG ein wenig nachzuhelfen.

Wenn laut Selbstdarstellung der WTG nur äußerste Selbstlosigkeit überhaupt erst jemanden zum Bezirksdienstleiter qualifizieren konnte, und wenn selbst ein Martin Pötzinger (der auf Seite 138 beiläufig erwähnt wird) oder ein Konrad Franke für nicht tauglich befunden wurden, das Gesamt werk zu leiten, sondern eben nur ein Heinrich Ditschi, dann ist das objektiv das wahre Werturteil der WTG über diesen Bruder. Im Grunde gibt sie das auch zu, wenn sie auf Seite 139, Absatz 2, unter der Überschrift: DIE UNTERGRUNDARBEIT WIRD ORGANISIERT, folgende Äußerungen macht:

"Das Land würde in dreizehn Bezirke aufgeteilt, und in jedem Bezirk wurde ein Bruder mit guten Hirteneigenschaften zum "Bezirksdienstleiter" wie man damals sagte - ernannt. Es mußte ein Bruder sein, der ungeachtet der damit verbundenen Gefahren bereit war, die kleinen Gruppen aufzusuchen, um sie mit geistiger Speise zu versorgen, sie in ihrer Predigttätigkeit zu unterstützen und im Glauben zu stärken. Mit wenigen Ausnahmen wurden solche Brüder in diese Stellungen eingesetzt, die den Brüdern bis dahin völlig unbekannt waren. Sie hatten jedoch seit Hitlers Machtergreifung bewiesen, daß sie bereit waren, ihre, persönlichen Interessen denen des Königreichs unterzuordnen, Dieses echte Werturteil der WTG spricht Bände.

Ein Werturteil über den Ditschi-Kontrahenten Frost ebenfalls ablesbar?

Für den Leser drängt sich nun zwingend die Frage auf: Ist für den Ditschi - Kontrahenten Frost ein Werturteil ebenfalls ablesbar ? Diese Frage kann mit ja beantwortet werden, obwohl im Jahrbuch eine klare verständliche Antwort fehlt. Da die WTG aber triftige Gründe hatte, speziell in diesem Jahrbuch 1.974 noch einmal Rückschau zu halten über ihr Werk in Deutschland, - wobei sie das Problem Ditschi/Frost auf ihre Weise zu lösen versuchte - muß die Antwort auf die eingangs gestellte Frage überzeugend nachgewiesen werden, das gehört zur Pflicht der Verteidigung, die Bruder Ditschis Rechte zu wahren hat, und das paßt auch in den Rahmen unbedingt notwendiger Nachbemerkungen zum "Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1974".

Es ist auffallend, daß die WTG in ihrer Darstellung über den Werdegang von Heinrich Ditschi seine Vergangenheit im Dunkeln läßt. In der Darstellung über Erich Frost macht sie es umgekehrt. Hier liegt also der Schlüssel verborgen, mit dem wir die Tür zur Wahrheitsfindung aufzuschließen vermögen. Es gilt, wie im Fall Ditschi die Zerrbilder der WTG-Darstellungskunst beiseite zu schieben und aus dem Wortsalat primärer und sekundärer Gedanken alle diejenigen Punkte herauszukristallisieren, auf die es schließlich ankommt.

Nähere Untersuchungen zeigen, daß die Entwicklungsgeschichte der Organisation in der Selbstdarstellung chronologisch (im Uhrzeigersinn) verläuft, wobei die WTG unter Benutzung schlagkräftiger Stichpunkte viel mit Rückblenden arbeitet. An sich ist nichts dagegen einzuwenden, aber im Fall Frost ist zu bemerken, daß dies immer dann geschieht (und das ist vornehmlich für die 1960er Jahre laufend zu beobachten), wenn eigentlich über seine Gegenwart, nicht aber über die Vergangenheit gesprochen werden müßte, wenn dies demnach also ganz offensichtlich zur Vertuschung dient! Ganz objektiv stellt man nach sorgfältiger Analyse fest, daß Erich Frost eigentlich mit dem Jahr 1961 aus dem

Jahrbuch-Bericht ausscheidet, Hier haben wir den konkreten Ansatzpunkt gefunden und den anhängenden Rattenschwanz von Zerrbildern außer acht lassend ist die Feststellung leicht zu treffen, daß ein Schweigen der WTG über Frost im fraglichen Jahr 1961 ein Werturteil über ihn gleichsam beinhaltet. Um die Wahrheit zu vervollständigen, muß an dieser Stelle hinzugefügt werden: Dieses Werturteil betrifft auch den damaligen Präsidenten N. H. Knorr, über den sich die WTG, das Jahr 1961 betreffend, ebenfalls ausschweigt. Der Grund ist klar: Das Jahr 1961 rückt den denkwürdigen Hamburger Kongreß unangenehm ins Scheinwerferlicht, und was Brooklyn darüber im Jahre 1974 zu sagen hat, ist der Kulminationspunkt für die Glaubwürdigkeit der WTG in ihrer Selbstdarstellung. Sie selbst erbringt dafür überzeugend den Beweis.

Presse, Opposition und Blaubuch veranlassen die WTG zu einer neuen Selbstdarstellung

Verlagsanstalten, die ein hohes Ansehen genießen, sind darauf bedacht, ihren guten Ruf zu wahren, Kritik hat dabei die Anstrengungen der Verlagsanstalt in diesem Sinne nicht untergraben, sondern im Gegenteil gefördert. Das ist der Maßstab an dem alles gemessen werden muß. Jeder normale Mensch weiß das. Nun tritt die WTG gar mit göttlichem Anspruch ihrer Publikationsorgane an die Öffentlichkeit. Was kann der Leser erwarten?

Wenn man bedenkt, daß sich die WTG der Mühe unterzieht, im "Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1974" eine detaillierte Schilderung zu geben über ihr Werk in Deutschland - von den ersten Anfängen an bis hin zu dem Jahr des besagten Fluches - dann kann von ihr auch mindestens eine den üblichen Normen entsprechende Darstellung verlangt werden. Das Ausscheiden eines hauptamtlichen Mitarbeitern - sei es nun im Fall Ditschi oder Frost, und gleichgültig aus welchen Gründen immer - ist gewiß keine Kleinigkeit.

Trotz ihres theokratischen Anspruchs kann die WTG aber nicht einmal im Vergleich zu anderen Verlagsanstalten als seriös gelten, denn sie disqualifiziert sich selbst durch Verdrehungen und Verzerrungen von Tatsachen, die seit Jahren schon die Spatzen von den Dächern pfeifen. Hinzu kommt ein sprachlicher Stil, dessen Niveau im Laufe der Zeit noch unter den der "Bildzeitung" gesunken ist. Auf dieses seichten Untergrund bewegt sich die WTG speziell in Fragen, wo ernsteste Beantwortung in qualifiziertester Form vonnöten wäre.

Aber die WTG entspricht von der Praxis her ihrem Naturell, das sich im Jahrbuch 1974 niederschlägt. Darum sielt sie sich im Schlamm, und so wie sie den Fall Ditschi auf schmutzige Art entstellt, versucht sie den Fall Frost auf eine ähnliche Weise zu verschleiern, indem sie nämlich ein Schlammbad veranstaltet, gewissermaßen in der Suhle alle Unerquicklichkeiten hin- und herwälzend bis zur Unkenntlichkeit. Aber gerade damit hat sie sich selbst den allerschlechtesten Dienst erwiesen.

Die WTG hätte besser daran getan, zu ihrem Neugründungsprotokoll 1945 für den Zweig Deutschland zu stehen, worin sie sich verpflichtet, Nazihandlanger aus ihren Reihen auszuschließen. Der Aufstand Heinrich Ditschis im Jahre 1954 brachte bis 1960 in der BRD viel Gemunkel hinter vorgehaltenen Händen. Die Zeitung "Prawda", Moskau, wies darauf hin 1959, daß verschiedene Spitzenfunktionäre im "Dritten Reich" Kollaborateure waren. Aber die WTG war auf ihren Nimbus bedacht, und zum Zwecke weiterer Ausbreitung rührte sie die Reklametrommel mit ihren Märtyrern, wovon der Hamburger Kongreß ein Glanzpunkt sein sollte als Weichensteller für die Zukunft. Zweifelsohne wäre die Rechnung der WTG auch aufgegangen, aber von Beginn an hatte sie einen unreparierbaren Schönheitsfehler. Das war der Bericht im Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" vom 19. Juli 1961. Für die WTG das unberechenbare Fazit einer Einladung an Reporter, die für Publicity sorgen sollen. Natürlich gab es diese, aber leider im negativem Sinne. Das aufgezäumte "Paradepferd" Frost zerstob in ein Nichts vor der Kritik des "Spiegel'', der die Heldenrolle des ehemaligen „Reichsdieners" als eine "drehbuchreife Story" bezeichnete. Die Enthüllungen über den Verrat an Heinrich Ditschi und anderen Glaubensbrüdern unterstrichen diese Bemerkung mit einem nicht zu übersehenden Ausrufezeichen.

Vielleicht hätte sich die WTG jetzt noch korrigieren können mit einer Handlung, die den Bedingungen des bereits erwähnten Gründungsprotokolls entsprach. Aber N, H. Knorr hatte das "Paradepferd" Frost auf dem Kongreß unterstützt. So zog es die WTG vor, lieber die Flucht nach vorn anzutreten.

Doch seit der "Spiegel"-Affaire bekam sie keine Ruhe mehr und wurde zu Maßnahmen gezwungen, die sie dann hinter den Kulissen vollzog, und zu Stellungnahmen, die sie in ihren Publikationen, auf die bekannte, am Kern der Dinge vorbeischlängelnde Art auch gab. In den 1960er Jahren sorgte die Opposition für weitere sensationelle Enthüllungen in Form von Büchern und Schriften. In der DDR hatte einen nicht geringen Anteil daran die Zeitschrift "Christliche 'Verantwortung", All diese Stimmen vereinigte Manfred Gebhard in konzentrierter Form, unterstützt von "weltlichen Quellen" zu einer sehenswerten Dokumentation. Die "Blaubuch"-Dokumente wirkten auf die theokratische Fassade der WTG wie die Posaunen auf die Mauern Jerichos, Die Brooklyner bauten fieberhaft wieder auf, verstopften Löcher im Gemäuer und übertünchten die Risse, Dazu benötigten sie 4 Jahre. Die erneute Selbstdarstellung im Jahrbuch 1974 ist also die direkte Reaktion der WTG auf das "Blaubuch" des Urania-Verlages. An vielen Stellen des Jahrbuches 1974 kann das nachgewiesen werden.

WTG-Bestätigung durch Sekundärfakten

Der schlagende Beweis für das bisher Gesagte ist der Hamburger Kongreß von 1961 und das daraus resultierende stillschweigende Verschwinden von Erich Frost. Im " Blaubuch" wird dazu folgendes ausgeführt: ''Es soll nun gleich das Ende der WTG-Laufbahn Frosts vorweggenommen werden. Zum internationalen Kongreß der WTG im Juli 1961 in Hamburg vollbrachte er als deutscher WTG-Redakteur seinen letzten großen und öffentlichen Betrug. Raffiniert politisch aufgemacht - vor rotem Hintergrund mit der Vokabel ''totalitär" -, stellte er sich in einem "Wachtturm-Bericht", betitelt "Befreiung von totalitärer Inquisition durch Glauben an Gott", wie ein "Daniel in der Löwengrube" vor. Das „Schlimmste" habe er im Konzentrationslager erlebt, das zu Papier zu bringen, „sich die Feder sträubt". Nur durch Glauben an Gott sei er noch am Leben und könne "die Geschichte erzählen".

An der Brutalität und Bestialität von SS und Gestapo besteht kein Zweifel, aber im Falle Frosts sieht es gänzlich anders aus. Angesichts dessen, was er laut Gestapodokumenten alles berichtet hat, ist völlig unglaubwürdig, was er im "'Wachtturm" vom 1. Juli 1961 vom unablässigen Rufen zu Jehova und Schweigen um der Brüder willen schreibt. (s. S. 183)

Die Wahrheit ist vielmehr die: Frost hat nicht nur geschwiegen, sondern er hat ohne jede sichtliche Veranlassung durch die Gestapo, geschweige denn durch Schläge, aus eigenem Antrieb ausgepackt, bis hin zu solchen persönlichen Bemerkungen wie: der Leiter des WTG-Zweigbüros in Prag, Heinrich Dwenger, sei ein "unverheirateter-Sonderling". Nicht nur die vorliegenden Aufzeichnungen über Frosts Bericht an die Gestapo beweisen, daß sein ''Wachtturm''-Artikel ein skandalöser öffentlicher Betrug ist, zugleich bezeichnend für die "Wachtturm-Zeitschrift" als angeblicher göttlicher Kanal für die Zeugen Jehovas. Bei einem Gespräch im, Juli 1956 in Wiesbaden hat Frost offen und reuelos zugegeben, daß er aus Rache an seinen Mitarbeitern, die ihn verraten haben, das ganze WTG-Werk in Deutschland 1937 "hochgehen'' ließ.

Ebenfalls aus Anlaß des internationalen Kongreß im Juli 1961 in Hamburg und unter Bezug auf Frosts Bericht im "Wachtturm" vom 1. Juli 1961 veröffentlichte das Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" am 19 Juli 1961 einen zweiseitigen illustrierten Artikel mit dem Titel: "Väterchen Frost", in dem die wahre Rolle des Frost in der Nazizeit als Gestapohandlanger öffentlich bekanntgemacht wurde. Der Bericht hat folgenden Wortlaut:

… Ein Bericht des „Parlamentarisch-politischen Pressedienstres" in Bonn vom 5. Juli 1961, Nr. 75, unterstützte diese Veröffentlichung im "Spiegel". Damit begann das Ende der WTG-Laufbahn Frosts. Man konnte ihn der Öffentlichkeit nicht mehr länger als Repräsentanten der Organisation vorsetzen … Im Juni 1964 schließlich trat Frost unauffällig und stillschweigend von seinem letzten öffentlichen Posten in der WTG zurück. Seine Stelle als "Wachtturm-Redakteur" am "Kanal Jehovas" nahm der in den USA an der "Gilead"-Schule der WTG ausgebildete "Sonderdiener" Günter Künz in Wiesbaden ein …

Frost suchte schließlich in einer kleinen WTG-Versammlung in einem Ort Südwestdeutschlands Unterschlupf. (Blaubuch S. 182ff).

Genau diese Fakten bestätigt die WTG dadurch, daß sie im Jahrbuch 1974 über Frost ab 1961 nichts mehr aussagt, sein Auftreten beim Hamburger Kongreß übergeht, das Primäre des Kongreßes unterschlägt und auf unbedeutende Sekundär-Fakten ausweicht. Wenn man dann noch feststellt, daß auch diese Sekundär-Fakten zwielichtig sind, anrüchig und schlammbesudelt, dann kann man das Urteil des ''Blaubuches" als Abschluß betrachten!

Der Kulminationspunkt in der WTG - Selbstdarstellung

Wir wollten aber das Werturteil der WTG das sie in Bezug auf sich selbst gibt, nachweisen. Rufen wir uns in geraffter Form noch einmal das Primäre des Hamburger Kongresses ins Gedächtnis:

Die WTG veranstaltet einen internationalen Kongreß. Der Präsident, N. H, Knorr, hält einen vielbeachteten Vortrag, Der deutsche Zweigdiener Franke ist ebenfalls erschienen, um mitzuhelfen, die Reklametrommel zu rühren. Der Grund des Kongresses ist dieser: Es soll der 2000 Todesopfer gedacht werden, die der Hitlerfaschismus der WTG zufügte. Stellvertretend für diese Opfer ist der WT-Redakteur Frost erschienen, der die "Hölle dieser Tyrannei" aus eigener Praxis schildert.

Zum besseren Verständnis der Frost-Gedanken wird der Hamburger Bevölkerung der WT vom 1. Juli 1961 in die Hand gedrückt.

Auf den Seiten 238 bis 239 des Jahrbuches 1974 ist die Selbstdarstellung der WTG in dieser Sache wie folgt nachzulesen:

Der nächste große internationale Kongreß fand 1961 in Hamburg … statt. …Der Kongreß begann bei strömendem Regen und die Festwiese verwandelte sich bald in Matsch und Schlamm. Und es regnete weiter.. Ja, zum Erstaunen anwesender Zeitungsreporter und Kameraleute wurde der Kongreß durch Regen und Schlamm nicht ernsthaft beeinträchtigt. Die MORGENPOST schrieb: "Sie sehen fast alle fröhlich aus, auch in Schlamm und Regen…"

… Ein Polizeibeamter erklärte einem Vertreter des Kongreßbüros: "Wenn es auch die größte Versammlung ist, die bis jetzt in Hamburg stattgefunden hat, sind wir nicht in Sorge über ihren reibungslosen Verlauf. Wir wissen, daß sie auch ohne Polizei auskommen, aber wir meinen, daß es für unsere Beamten eine gute Schulung ist, und hoffen deshalb, daß Sie nichts dagegen haben, wenn sie unter Ihnen sind."… Der Regen spielte dem Rasen des Parks übel mit, aber nachdem der Kongreß vorüber war , füllten Brüder das ganze Gelände wieder mit

Humusboden auf und säten es neu ein. Nun wurde der Park schöner als vorher, und dies zum Vorteil der Behörde und der Hamburger Bevölkerung. Das Herrichten des Stadtparkes und auch das Ausharren unserer Brüder während der Regentage hinterließen bei der Hamburger Bevölkerung einen nachhaltigen Eindruck.

Soweit die WTG-Selbstdarstellung. Wie ersichtlich, gab das faszinierende Thema "Schlamm" dem internationalen Kongreß 1961 in Hamburg, das Gepräge! In diesem Schlamm zieht die WTG die HAMBURGER MORGENPOST fröhlich mit hinein, ebenso einen unbekannten Polizeibeamten, der als Bittsteller für die gesamte Hamburger Polizei bei einem gleichfalls unbekannten Verantwortlichen XYZ des WTG-Kongreßbüros vorspricht, und zu guterletzt auch noch die Behörde und die ganze Bevölkerung der Stadt. Und so rundet sich das Bild des Schlammbades allmählich ab: Der Hauptzweck des Kongresses bestand darin, der Hamburger Polizei Nachhilfeunterricht zu erteilen und einen hübschen Rasenpark anzulegen zum Vorteil der Behörde und zum Nutzen der Hamburger Bevölkerung.

Damit wird vor aller Öffentlichkeit aus "berufenem Munde" bescheinigt: Entsprechend ihrem Niveau ist bei der Schilderung dieses bedeutsamen internationalen Kongresses für die WTG der Schlamm von hervorragender Bedeutung! Und das beweist augenfällig, daß eben dieser Kongreßbericht der eigentliche Kulminationspunkt des ganzen Jahrbuches überhaupt ist.

Dem bisher Dargelegten ist im Grunde nichts mehr hinzuzufügen - die Fakten sprechen für sich. Festzuhalten bleibt lediglich die Tatsache, daß die Wachtturm-Gesellschaft auf berechtigte massive Kritik gezwungenermaßen reagiert hat. Die Art und Weise, w i e sie das tat, war für jeden normal denkenden Menschen eine mehr als überzeugende Bestätigung all dessen, was ihr in bezug auf ihre Unglaubwürdigkeit an Hand von authentischem Material. nachgewiesen wurde.

Wie sich herausstellt, scheint demnach das Wirken der Opposition auf die WTG eine solch immense Wirkung zu haben, daß sie sich schleunigst um eine Stellungnahme bemüht. Die Totschweige-Taktik der WTG ist also nur vordergründig vorhanden. Wie die bisher aufgezeigten Tatsachen beweisen, reagiert sie in Wirklichkeit sehr genau und ausführlich.

Die Methoden sind dabei sehr vielfältig, aber der Kenner der Materie ist daran gewöhnt.

Jehovas Zeugen sind der Ansicht, die WTG reagiere nicht auf die Publikationsaussagen von CV. Es ist deshalb erfreulich nachweisen zu können, daß die WTG sogar auf eine literarisch gestaltete Erzählung reagiert, die in der Zeitschrift "Christliche Verantwortung" in Fortsetzungen abgedruckt wird.

Folgendes zur Gedankenauffrischung:

Wer kannte den WTG-Kreisdiener Heinrich Ditschi aus der BRD? Er wurde zu einem der Hauptkronzeugen gegen die WTG in der BRD! Wie dokumentiert ist, war er eines der Opfer der Gestapo-Kollaboration des BRD-Zweigdieners Erich Frost in der Nazizeit. CV ist nunmehr in der Lage, den WTG-Schleier der Vertuschung über die dramatische Zeugenschaft von Br. Ditschi gegen die WTG zu beseitigen. Lest auch hierüber einen ersten Bericht!

Der hier wiedergegebene Ausschnitt stammt aus dem Leitartikel der Zeitschrift "Christliche Verantwortung" in ihrer Ausgabe Nr. 110 vom September 1978. Mit diesem Datum begann auch gleichzeitig die bereits erwähnte Erzählung. Die Kontrastellung Ditschi-Frost, die für die WTG sowieso ein heißes Eisen ist, wurde dadurch unangenehmerweise wieder in Erinnerung gerufen, Die prekäre Situation der Wachtturm-Gesellschaft, die darin besteht, keine Kontrolle darüber zu haben, was CV in diesem Fall an Informationsmaterial zur Verfügung stand und noch überreicht werden könnte, veranlaßte sie dazu, zunächst prophylaktisch (vorbeugend) zu reagieren.

Es ist gewiß kein Zufall, daß etliche von der "alten Garde" wieder aus der Versenkung hervorgeholt werden und abgehalfterte Paradepferde bei Kongressen wieder kleine Dressurrollen übernehmen dürfen. Vom Ditschi-Kontrahenten Erich Frost wird von Brüdern aus der BRD berichtet, daß er entsprechend dem dargelegten Datum wieder in Erscheinung tritt. Beim Bezirkskongreß der Zeugen Jehovas vom 24.-27.7.1980 in Friedrichshafen hatte er den Programmpunkt: Einleitung, Gebet und Lied!

Reaktion der WTG in "Der Wachtturm" vom 1. Februar 1980

Es ist daher ganz folgerichtig, wenn Ilse Unterdörfer und Elfriede Löhr ebenfalls (von der WTG vorprogrammiert und dirigiert) wieder in Erscheinung treten. Beide waren sie die eingeweihtesten Mitarbeiterinnen in der konträren Reichsdiener-Stellung Ditschi-Frost-. Daher paßt es auch ebenfalls ganz naturgemäß, daß Ilse Unterdörfer für Elfriede Löhr (die mehr für Ditschi als für Erich Frost gearbeitet hatte) stellvertretend miterzählt, obwohl dem Thema entsprechend beide aussagen müßten.

Das ist allerdings nur e i n Aspekt. Im Grunde redet ja nur die WTG, die diese "Alten" geschickt vorschiebt, damit sie auf makabre Weise den z.Zt. laufenden 100-Jahre-Werbe-Slogan unterstützen:

Von Ilse Unterdörfer erzählt.

WIR GABEN NICHT AUF!

Über 100 Jahre im Dienste Gottes trotz schwerer Prüfungen des Glaubens

Im September 1939 befanden wir, meine Freundin Elfriede Löhr und ich, uns im Konzentrationslager Ravensbrück. Gerade war der Zweite Weltkrieg ausgebrochen. Fast sechs Jahre lang hielten Elfriede und ich zusammen mit vielen unserer christlichen Schwestern unter Verhältnissen aus, wie man sie sich schlimmer kaum vorstellen kann, Doch wir Zeuginnen überlebten; Himmler, Hitler und ihre Helfershelfer sind dagegen verschwunden.

Jahre zuvor - noch als Jugendliche - hatten sowohl Elfriede als auch ich den Entschluß gefaßt, unser Leben in den Dienst Gottes zu stellen. Nichts sollte uns dazu bringen können aufzugeben. Bevor wir ins Konzentrationslager eingeliefert wurden, verspürten wir, wie Gott liebevoll für uns sorgte, als wir die gute Botschaft vom Königreich trotz der immer heftiger werdenden Verfolgung durch die Nationalsozialisten predigten. Und auch heute predigen wir noch, ja zusammen haben wir über 100 Jahre im Dienste Gottes verbracht.

Der hier vorgestellte Wachtturm-Beitrag bedarf wohl keines Kommentars, um das zuvor Gesagte zu erhärten. In dieser vordergründig geschilderten Geschichte ist dann so "nebenbei" die neueste Stellungnahme im Fall Ditschi/Frost eingebettet,

"Rebell" Ditschi -1980 von der WTG heraufbeschworenes aktuelles Vorbild für das Überleben der Organisation in gefahrvollen Zeiten!

Da die WTG - wie bereits geschildert - die "Alten" wieder hervorholt, ist der Bericht der Ilse Unterdörfer auf den Seiten 8 - 14 des WT vom 1. Februar 1980 ein weiterer wichtiger Baustein im Plan der Brooklyner, der mithelfen soll, die "gefahrvolle" Zeit - die durch die Falschprophezeiung von 1975 heraufbeschworen wurde - zu überwinden. Als Parallele bietet sich dafür die Ära des Nationalsozialismus an, die tatsächlich für die WTG "gefahrvoll" war in bezug auf Existenz und überleben der Organisation. Also wird diese Zeit zur Ablenkung von 1975 bewußt in den Vordergrund geschoben, Wir werden das bald erkennen. Lesen wir aber zunächst - nachdem wir einige Passagen von Seite 8 bereits zur Kenntnis nahmen - folgende Absätze von Seite 10:

"Da die Nationalsozialisten behaupteten, der Inhalt der Resolution, die wir am 12. Dezember verbreitet hatten, entspreche nicht der Wahrheit, wurden Vorkehrungen getroffen, überall in Deutschland einen 'offenen Brief' mit handfesten Beweisen für die Verfolgung der Zeugen Jehovas zu verbreiten. Während der Vorbereitungen für diesen groß angelegten Feldzug waren Bruder Frost und ich verhaftet worden. Nun arbeitete Elfriede eng mit Bruder Ditschi zusammen, um die Vorbereitungen abzuschließen. Am 20. Juni 1937 konnte der Feldzug erfolgreich durchgeführt werden. Im Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1974 berichtete Elfriede darüber:

'Bruder Ditschi… organisierte diese Aktion. Wir alle waren mit Mut erfüllt, und es war alles wunderbar eingerichtet, und jeder Bezirk hatte eine genügende Anzahl dieser Briefe erhalten. Ich holte einen großen Koffer für den Bezirk Breslau von der Bahn ab und brachte diesen nach Liegnitz zu den Brüdern. Ich selbst hatte auch meine bestimmte Anzahl erhalten, die ich zur festgesetzten Zeit - wie alle Brüder - verteilte.'

Monate vor diesem Feldzug hatte sich die Gestapo gerühmt, unsere Organisation zerschlagen zu haben. Welch ein Schlag muß es daher für sie gewesen sein, als Hunderttausende von Exemplaren jenes Briefes auf solch organisierte Weise in ganz Deutschland verteilt wurden! Es versetzte sie tatsächlich in einen Schockzustand."

Bevor man solche Aussagen zur Auswertung analysiert, muß man sich mit dem Anliegen des gesamten WT vertraut machen. Immerhin ist der Beitrag der Ilse Unterdörfer nur ein Nebenartikel, der zur Unterstützung dient. Das Hauptanliegen der WTG ist in den vorgeschriebenen Studienartikeln enthalten, die den Titel tragen: "Christliche Neutralität bewahren, während Gottes Krieg herannaht", sowie "Gottes Gericht an den falschen Propheten der Christenheit."

Ähnlich wie in der Obrigkeitsfrage, wo die "Systeme der Christenheit" beschuldigt wurden, s i e hätten Römer 13 "beschämenderweise" verletzt, wird auch hier die Christenheit beschuldigt, sie hätte falsch prophezeit bezüglich Sicherheit und Frieden. So wie im ersten Fall, von der WTG-Obrigkeits-Verdrehung abzulenken, wird auch hier von der WTG-Falschprophezeiung 1975 abgelenkt und den Kirchen die Schuld in die Schuhe geschoben. Selbstverständlich in der komplizierten Brooklyner Konfessionsdialektik mit Verlagerung auf Ebenen grauer Vorzeit. In diesem Rahmen der "Verdrängungs-Strategie" muß man die Nebenartikel einordnen. Sie sind die jeweiligen. Taktiken, die das Gelingen der Strategie sicherstellen sollen.

Nach der schleichenden Wiedereinführung von Erich Frost (wenn auch zunächst in untergeordneter Rolle) und nun nach der Vorstellung von Ilse Unterdörfer und Elfriede Löhr durch die WTG, darf naturgemäß ein Heinrich Ditschi nicht fehlen, Es handelte sich in der damaligen "gefahrvollen Zeit" um ein Quartett, das Leitbild war! Nachdem Erich Frost mit Ilse Unterdörfer zur Durchführung der geschilderten Aktion scheiterte, gelang es aber Heinrich Ditschi mit Elfriede Löhr, den Erfolg sicherzustellen. In der jetzt wieder prekär gewordenen Situation kann daher die WTG auf diesen Ruhm nicht verzichten. Und so ergibt sich die erstaunliche Tatsache, daß sich Brooklyn sogar auf den "Rebellen" Heinrich Ditschi beruft (der mehrfach von der Opposition wegen Verunglimpfung seitens der WTG verteidigt werden mußte!), um ihn als "Vorbild" darzustellen, der der Organisation in "gefahrvoller Zeit" das Überleben ermöglichte. Wirklich, man ist sprachlos, mit welchen Mitteln die WTG versucht, Unerfahrene aus der nächsten Generation anzulocken, um das Weiterbestehen des total bankrotten Glaubensgefüges ihrer Organisation zu retten!

Schnitzer in der Darstellung

Wie üblich, wenn man unter Druck steht, wird auch wieder "Jehovas Überwaltung der Dinge" und die "wunderbare Begleitung der Engel" erwähnt. Das ist beileibe kein Novum, sondern eher Charakteristikum für "gefahrvolle Zeiten". Gemäß WT vom 1. Februar 1980 ist dabei bemerkenswert, daß Ilse Unterdörfer und Erich Frost nicht unter "Überwaltung" standen (sie wurden ja verhaftet!), sondern lediglich Heinrich Ditschi und Elfriede Löhr! Darum wäre es angebracht, wenn die WTG bei der Hervorhebung der "Engelbegleitung" ihren obligatorischen erhobenen Zeigefinger auf diese Stelle gesenkt hätte mit dem Aufruf an die Neuen, die es zu übertölpeln gilt: ad notam (nehmts zur Kenntnis)!

Nach neuestem Wissen der WTG von 1980 („helleres Licht von Jehova!") war nämlich der Schlag, der den Nationalsozialisten zugefügt wurde, nur durch Jehova und die Engel ermöglicht worden, die die Zusammenführung der Elfriede Löhr mit Heinrich Ditschi „besorgt" hatten! Wie zuvor dargelegt, hatte Heinrich Ditschi den „Schlag" organisiert. Verfolgen wir also die „wunderbare Überwaltung" gemäß Abs. 3 und 4 auf Seite 10 des WT:

„Dann, am 21. März 1937, weniger als zwei Wochen nach meiner ersten Begegnung mit Elfriede, wurden Bruder Frost und ich verhaftet. Ungefähr zur gleichen Zeit fielen auch gewisse Bezirksdienstleiter der Gestapo in die Hände. Bruder Heinrich Ditschi, ein Bezirksdienstleiter, der noch frei war, übernahm in Bruder Frosts Abwesenheit die Aufsicht über das Werk.

Als weder Bruder Frost noch ich zu einem verabredeten Treffen Ende März erschien, wußte Elfriede, daß etwas nicht stimmte. Nach Hause durfte sie nicht mehr gehen, da sie von der Gestapo gesucht wurde. Elfriedes Problem war: 'Wer ist der Nachfolger von Bruder Frost, und wie kann ich ihn treffen?' Sie betete zu Jehova: da kam ihr plötzlich der Gedanke, in die etwa 150 km von München entfernte Stadt Leutkirch zu fahren, um dort zu versuchen, den Kontakt wiederherzustellen. Noch am selben Tag traf sie in Leutkirch den Bruder, der von Bruder Ditschi geschickt worden war, um sie zu suchen. Gewiß war dies auf die Leitung der Engel zurückzuführen,"

Eigentümlicherweise hatte die WTG über genau den gleichen Vorgang im "Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1974" eine ganz andere Version verlauten lassen, Auf Seite 160, Abs. 4, liest man diesbezüglich folgendes:

"Da die Mehrheit der Bezirksdienstleiter verhaftet worden war, wurden Schwestern gebeten, in die Bresche zu springen und die Verbindung zwischen Bruder Ditschi und den Versammlungen aufrechtzuerhalten. Eine von ihnen war Elfriede Löhr, die versuchte, mit Bruder Ditschi Verbindung aufzunehmen, nachdem Bruder Frost und Schwester Unterdörfer verhaftet worden waren. Sie fuhr nach Württemberg, und nachdem sie einige Zeit gesucht hatte, fand sie Bruder Ditschi in Stuttgart. Er nahm sie mit auf die Reise…"

Es lohnt sich für den Leser, beide Aussagen zu vergleichen. Es wäre auch ratsam; einen guten Atlas zu Rate zu ziehen, um Klarheit zu gewinnen. Im Grunde genügt das. Da die WTG aber den Lapsus beging, sich i n n e r h a l b des Beitrages sogar in einen schwerwiegenden Widerspruch zu verwickeln, wird darauf gesondert eingegangen werden müssen.

Das „Elfriede-Problem" als Ablenkung zur Verschleierung des WTG-Überlebens-Problems

Die widersprüchlichen Aussagen über ein denselben Gegenstand führen zwangsläufig zu der Feststellung, daß sich die WTG wieder einmal eine makabre Stilblüte erlaubte, indem sie das angebliche "EIfriede-Problem" als besondere Delikatesse "göttlicher Erleuchtung" in den Vordergrund ihres Unterdörfer-Beitrages stellte. Zum Zwecke der Gehirnverkleisterung mag ihr das für ihre hintergründige Überlebens-Konzeption dienlich sein, dem aufmerksamen Beobachter wird aber dadurch recht anschaulich aufgezeigt, wie gering die WTG den Intelligenzgrad der Zeugen Jehovas einstuft, daß sie sich auf solche fragwürdigen Bonmuts - oder noch genauer, mit Verlaub gesagt, anrüchigen Hintertreppenwitze - zu leisten wagt; und ferner zeigt das auch, wie manipulierbar selbst hauptamtliche Mitarbeiter sind, die es aus eigener Erfahrung besser wissen müßten.

Damals wie heute handelt es sich nicht um ein „Elfriede-Problem'', sondern um ein echtes „Überlebens-Problem" der WTG.

Ein nicht zu übersehender Widerspruch

Lesen wir noch einmal die eklatante Fragwürdigkeit, die die WTG ihrer hörigen Anhängerschaft zum besten zu geben wagt:

„Elfriedes Problem war: 'Wer ist der Nachfolger von Bruder Frost und wie kann ich ihn treffen?' Sie betete zu Jehova; da kam ihr plötzlich der Gedanke, in die etwa 150 km von München entfernte Stadt Leutkirch zu fahren, um dort zu versuchen, den Kontakt wiederherzustellen. Noch am selben Tag traf sie in Leutkirch den Bruder, der von Bruder Ditschi geschickt worden war, um sie zu suchen. Gewiß war dies auf die Leitung der Engel zurückzuführen."

Betrachtet man den Hintergrund des Geschehens, so ist erkennbar, daß es sich um ein WTG-Problem handelt, nicht: aber um ein Problem der Elfriede Löhr, Die Verantwortung für das Werk ruhte auf den Schultern von Heinrich Ditschi, und bei einem Ausfall der Mitarbeit von Elfriede Löhr hätte er andere Mittel und Wiege suchen müssen und hätte sie wohl auch gefunden, um die geplante Aktion zu starten. Er allein hatte die Aufsicht und mußte weisungsgemäß das Überleben der Organisation sichern. Nur d e s war das alles e n t s c h e i d e n d e Problem!

Die von der WTG im kitschigen Hedwig-Courths-Mahler-Stil erzählte und in den Vordergrund gerückte "Elfriede-Problem-Geschichte'' ist daher weiter nichts als ein Ablenkungsmanöver von den derzeitigen Schwierigkeiten, das "Problem 1975" endgültig zu überwinden. Bemerkenswert ist dabei, daß Elfriede Löhr, die es doch am besten wissen muß, ihr eigenes "Problem" nicht selbst erzählen darf. Das besorgt Ilse Unterdörfer nach strengem Diktat der WTG, und Elfriede Löhr hat lediglich die nach dieser Schablone vorgesehene Rolle zu spielen; in diesem Fall entsprechend dem Courths-Mahler-Schema das naiv-rührselige auf Wunder hoffende Lieschen Müller.

Die völlig auf Emotion abgestimmte Geschichte ist ganz bewußt von den Brooklyn-Routiniers in den Vordergrund geschoben worden. Sie kennen die Mentalität ihrer Anhänger und erachten dieses Sentimental-Bonbon (wie auch viele andere; als ein permanent wirksames Mittel für weiteren Dauerlauf in treuer WTG-Gefolgschaft. Kritische Geister erweisen sich allerdings als resistent, denn sie entdecken trotz aller Vordergründigkeit einen nicht zu übersehenden Widerspruch in der Darstellung des "Elfriede-Pr,oblems"!

Der Widerspruch in der vordergründigen "Elfriede-Problematik" i n n e r h a 1 b des WT-Beitrages

Da ist zunächst der imaginäre Bruder (er wird nicht näher vorgestellt!), der Heinrich Ditschi nach Leutkirch geschickt worden war, um Elfriede Löhr zu suchen. Eine solche Satzstellung des WT setzt voraus; daß Heinrich Ditschi von der Ankunft der Elfriede Löhr wußte, Daraus ist abzuleiten, daß auch Elfriede Löhr den Frost-Nachfolger kannte und ihn vereinbarungsgemäß traf. Damit erweist sich die vordergründige Problematik ("Wer ist der Nachfolger von Bruder Frost und wie kann ich ihn treffen?") als ein für Naive aufgeblasener Sensationsluftballon! Das macht dann auch die wunderbare Leitung der Engel überflüssig, wie auch die Erhörung des zuvor gesprochenen Gebets zu Jehova, um das „Elfriede-Problem" zu lösen. Daß dieser logische Gedankengang der einzig richtige ist, wird durch die WTG selbst bewiesen. Zur Unterstreichung des Gesagten lese man bitte die folgenden 2 Absätze in der rechten Spalte auf S. 9 des WT vom 1. Febr. 1980:

"Im September 1936 gelang es mir nach Luzern (Schweiz) zu reisen, um mit ungefähr 300 anderen Brüdern aus Deutschland an einem Kongreß teilzunehmen, J. F. Rutherford der damalige Präsident der Watch-Tower-Society, betraute dort Erich Frost mit der Aufgabe, unser schwer angeschlagenes Untergrundwerk zu reorganisieren. Einige Tage später wurde bestimmt, daß ich mit ihm zusammenarbeiten sollte.

Im Auftrag Bruder Frosts reiste ich nach München, um Elfriede Löhr ausfindig zu machen. Außer, daß ihr Vater Zahnarzt war, wußte ich nichts von ihr. Ich fand ihre Adresse im Telefonbuch und rief vorsichtshalber erst einmal an. Als wir uns dann trafen, teilte ich Elfriede mit, sie sei eingeladen worden, mit uns zusammen im Vollzeitdienst zu arbeiten. Auf diese Weise nahm eine enge Freundschaft ihren Anfang, die noch heute, 43 Jahre später, besteht. Wir sind in den Konzentrationslagern Gefährtinnen gewesen und arbeiten nun seit über 40 Jahren im Vollzeitpredigtwerk als Partnerinnen zusammen."

Wie das „Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1974" auf S. 154 angibt, hatten 1000 Personen aus Deutschland geplant, am Luzerner Kongreß 1936 teilzunehmen. Aber nur etwa 300 erreichten das Ziel. Ilse Unterdörfer sagt jetzt im WT aus, daß sie zu diesen 300 Teilnehmern gehörte. Nach diesem Eingeständnis der Unterdörfer wollen wir uns, flugs ins Gedächtnis rufen, was wir schon einmal über Luzerner Kongreß gesagt haben, daß das Jahrbuch auf der gleichen Seite durch den Prager Zweigdiener Heinrich Dwenger zu berichten wußte, daß Erich Frost der Leitung des Werkes durch J. F. Rutherford beauftragt und auf Vorschlag der Bezirksdienstleiter g l e i c h z e i t i g Heinrich Ditschi als ein Nachfolger ernannt wurde. Folglich wußte auch Ilse Unterdörfer als Teilnehmer dieses Kongresses von dieser Tatsache. Der WT versucht das zwar zu verschleiern, indem er sagt: „Einige Tage später wurde bestimmt, daß ich (Ilse Unterdörfer) mit ihm (Erich Frost) zusammenarbeiten sollte."

Gut, wir wollen großzügig sein und es dem WT abnehmen; daß Ilse Unterdörfer bei der Besprechung mit J. F. Rutherford als die besagten Festlegungen getroffen wurden, nicht zugegen war. Aber dann erfuhr sie es eben "einige Tage später" wenn wir den wahren Sinn des Verschleierungssatzes zu würdigen wissen, denn sie weiß schon einige Sätze zuvor mit Sicherheit zu berichten, daß Erich Frost vom Präsidenten zum Leiter des Werkes betraut wurde.

Freilich ist es seltsam, daß die N a c h f o 1 g e für Frost in diesem Zusammenhang unerwähnt bleibt. Gerade d a s war aber für den Präsidenten im Interesse des Überlebens der Organisation das Kernproblem. Erinnern wir uns, daß Rutherford in tiefer Sorge fragte, was im Falle einer Verhaftung von Erich Frost geschehen solle, worauf die Brüder Heinrich Ditschi einstimmig als den Leiter des Werkes vorschlugen" Und diese nicht voneinander trennende Koppelung Ditschi/Frost will Ilse Unterdörfer nicht kennen? Aber ist ja nur ein Mundstück, der WT spricht in Wirklichkeit. Der Nachfolger m u ß hier ausgeklammert werden. Warum? Der Leser überzeuge sich: Würde in diesen beiden WT-Absätzen auf S,9 die getroffene Entscheidung des Luzerner Kongresses im Zusammenhang erklärt, dann könnte auf S.10 das "Eifriede-Problem" nicht mehr ins Spiel gebracht werden. Es ist also klar ersichtlich, daß Ilse Unterdörfer den. Frost-Nachfolger Heinrich Ditschi sehr wohl kannte. Dies war auch notwendig, um die Weiterexistenz der Organisation zu sichern. Diese logischen Schlußfolgerungen treffen auch auf Elfriede Löhr zu und werden im Grunde vom WT bestätigt. Wie wir lesen konnten, reiste Ilse Unterdörfer im Auftrage Erich Frosts nach München, um Elfriede Löhr ausfindig zu machen. Wörtlich dann: „Als wir uns dann trafen, teilte ich Elfriede mit, sie sei eingeladen worden, m i t u n s z u s a m m e n im Vollzeitdienst zu arbeiten." Und schließlich hat sich der WT schon zwei Absätze vorher vergaloppiert, noch ehe das Pferd für die beabsichtigte "Elfriede-Problematik richtig auf gezäumt war, als er davon sprach, daß Elfriede Löhr schon 1930 (als eine I. U. noch nicht aktuell war) imm Vollzeitdienst stand. Unsere Feststellungen werden komplettiert durch die Äußerung der Unterdörfer: "Als ich Elfriede im März 1937 zum erstenma1 traf, war sie aber wieder tätig, und zwar im Untergrundwerk" (Seite 9, linke Spalte, Satzstellung unter dem Bild "Ilse Unterdörfer und Elfriede Löhr heute").

Der WT vom 1. Februar 1980 konnte also nicht vertuschen, daß sich die Zentrale in Brooklyn; weiterhin in Schwierigkeiten befindet und das "Problem 1975" noch nicht überwunden hat. Wenn "Rebell" Ditschi ihr dabei helfen soll und WT-Artikel zum Dreh- und Angelpunkt einer "Elfriede-Problematik" gemacht wird, dann ist das außer der beabsichtigten Wirkung auf Neue auch das Eingeständnis an die Opposition, daß die WTG dem Verlust "ditschi-gleicher" Brüder angesichts der prekären Situation echt nachtrauert!

Das "Sorgenkind" der WTG

Die Schlußbemerkung zum Fragenkomplex "Rebellentum" ist keineswegs aus der Luft gegriffen. Es handelt sich nicht einfach nur um eine Behauptung des Autors oder um eine Erfindung von CV. Wer tief in das Wesen der Organisation eingedrungen ist, weiß sehr gut, daß die Wachtturm-Führung auf Grund ihrer vielfältigen Verflechtungen auch selbst an ihr eigenes Spitzelsystem gekettet ist, das aus Verführung und Gegenverführung besteht. Nur ein solches System kann ja auch - mit der nötigen Balance-Akrobatik auf dem Seil über dem Abgrund - all den vielseitigen "Verpflichtungen" gerecht werden. Da man sich als ehemalige Christus-Körperschaft kapitalistischen Interessengruppen auf Gedeih und Verderb "verkauft" hat, kann man eben nicht "aus seiner Haut heraus". Unerbittlich zeigt sich hier der Wahrheitsgehalt der Worte Jesu, daß man nicht gleichzeitig zwei Herren dienen kann. - Matth. 6:24 NW

Die Vorstellung, daß die WTG "ditschiähnlichen" R e b e l l e n echt nachtrauert, ist durchaus nicht paradox. Gerade s i e wären jetzt imstande, wegen ihrer ungeheuchelten Treue gegenüber Gott und Christus und wegen ihrer in der Vergangenheit unleugbar bewiesenen g a n z herzigen Hingabe, für die WTG das "Eisen aus dem Feuer zu reißen"! Aber gerade s i e mußten gezwungenermaßen von der Brooklyner Führerschaft wegen der unseligen Verkettung der WTG mit dem Großkapital "hart" behandelt werden, so daß sie es vorzogen, die Organisation zu verlassen. Die Karrieristen aber, die sich als faschistisch kompromittierte Kollaborateure erwiesen haben, aber auf Grund der Verstrickungen der WTG (2. Tim. 2:4; 2. Petr. 2:19-21) von ihr wider Willen gestützt werden m u ß t e n, sind als "theokratische Nieten" nicht gerade die geeigneten Leute, die müde gewordene Gefolgschaft in der jetzigen Situation mit Hosianna-Gesängen von den Stühlen hochzureißen!

So zeigt sich also, wie man, so schön Volksmund sagt, der "Fluch der bösen Tat": Die wegen der Verflechtung mit dem Großkapital bewußte Irreführung der Gläubigen durch die WTG, die durch sie erfolgte falsche Wegleitung, ihr Fehlverhalten in der Leitungstätigkeit, ihr "Setzen auf falsche Pferde", die Negierung von bewährten Brüdern, die den Versuch unternahmen, organisations- u n d bibelgetreu zu handeln, all das hat dazu geführt, daß sich die WTG mit einem "Sorgenkind" konfrontiert sieht, das zu erheblichen "Gallenstörungen" geführt hat und die normalen Funktionen des Organisationsapparates bedrohlich lähmt. Die bisher aufgezeigten therapeutischen Behandlungen des "Problems" durch die WTG wirkten auf "Gallensteine" nicht gerade atomspaltend.

Das "Krankheitsbild" ist also nach wie vor deutlich sichtbar, und die Brooklyner Zentrale befindet sich in einer nicht gerade beneidenswerten Lage. Zieht man jetzt noch in Betracht, daß die WTG im "Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1980" das Eingeständnis macht, sie sei an der "Enttäuschung von 1975" m i t v e r a n t w o r t 1 i c h, und wenn sie im WT 12 (15. Juni 1980) zu noch weiteren Eingeständnissen bereit ist - ein in der 100jährigen WTG-Geschichte bisher nie gekannter und daher erstaunlicher Vorgang - dann kann man erst ermessen, wie sehr sie bedrängt sein muß.

Berechtigte Fragen

Indes, den Leser beschäftigt etwas anderes. Er stellt zum Beispiel die berechtigte Frage: Wenn es der WT vom 1. Februar 1980 für notwendig fand, die "vier Alten" Ditschi/Frost und Unterdörfer/Löhr erneut ins Rampenlicht zu rücken, warum findet man dann am Ende des "aufrüttelnden" Unterdörfer-Beitrages nur noch drei "Alte" wieder?' Warum wird Frost noch einmal beiläufig erwähnt, Ditschi aber nicht, obwohl E R in der "Elfriede-Problematik" doch die Schlüsselfigur ist unter dramatischer Zeugenschaft von Jehova Gott selbst nebst "Engelbegleitung"? Und wenn der ominöse Beitrag unter dem Titel "Wir gaben nicht auf" die Verhaftung der Unterdörfer (= 1. Teil des W i r ) erwähnt, warum dann Verhaftung der Elfriede Löhr (= 2. Teil des W i r)? Tatsächlich klafft hier eine Lücke, die von der "Ditschi-Aktion" an bis über KZ und Befreiung einfach übersprungen wird:

Unser Wiedersehen

Während Elfriede also noch frei war, befand ich mich in den Klauen der Gestapo. Zuerst wurde ich nur zu einem Jahr und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Aber sofort, nachdem ich die Strafe verbüßt hatte, wurde ich wieder verhaftet und im Frühjahr 1939 in das Konzentrationslager Lichtenburg eingeliefert. Zu meiner großen Überraschung befand sich Elfriede bereits dort.

(WT 1. Febr. 1980, S.10, Spalte rechts)

Bei der Unwichtigkeit der Person von Erich Frost hält es das WT-Schreibkomitee wahrscheinlich für notwendig, die Verhaftung Frost/Unterdörfer trotz ausführlicher Behandlung des Gegenstandes im "Jahrbuch der Zeugen Jehovas 1974" nochmals kurz zu schildern, während man andererseits sogar eine Andeutung der Verhaftung Ditschi/Löhr als verfehlt erachtet, da dieses " als Hauptdarsteller eines Helden-Epos bereits genügend gewürdigt wurde. Die diesbezüglichen Aussagen im besagten Jahrbuch reichen daher vollkommen aus!

Glaubwürdige Lückenschließung durch das Blaubuch

Nicht ohne Grund klafft die Lücke im Bericht des WT vom 1. Febr. 1980. Der Verrat an Heinrich Ditschi und Elfriede Löhr "brandheiße Eisen", die den WTG-Mythos des Märtyrer-Zeugnisses als eine Geschichte skandalösen Spektakels entlarven. Deshalb müssen sie unausgesprochen auf das Jahrbuch 1974 disloziert werden, in der richtigen Annahme der WTG, daß die Zeugen Jehovas beim Lesen des Unterdörfer-Beitrages die "ollen Kamellen" zum Zwecke des Vergleichs nicht mit heranziehen werden.

Nützlichkeitshalber wollen wir das aber jetzt tun. Wir entsinnen uns, daß uns das Jahrbuch eine pointenlose "Kochtopf-Geschichte" auftischte. Damit ist klar, daß eben ein simpler Kochtopf der eigentliche "Sündenbock" war! Um ihn herum versammelten sich ca. 15 Brüder, um ein Eintopfgericht zu löffeln. Selbstredend ist das nicht für jedermann verträglich, z.B. nicht für Magenkranke, wenn man an Bohnen oder Erbsen denkt. So kam es dann, daß durch die unbedachten Aussagen irgendwelcher dieser "Eintopf-Esser" die Gestapo auf die Spur von Elfriede Löhr gelenkt wurde, wobei der "Geruch" des Kochtopfes allerdings die entscheidende Rolle spielte, die zur Verhaftung von Elfriede Löhr führte!

Zur Erklärung der Ditschi-Verhaftung tischte das Jahrbuch dann anschließend die zweite pointenlose Geschichte auf: Mit dem Geruch des unglückseligen Kochtopfes in der Nase hatte die Gestapo auch gleichzeitig Heinrich Ditschis Versteck gefunden. Sie stellte deshalb eine hübsche Falle, in die der amtierende Reichsdiener in schlafmütziger "Nicht-Vergewisserung" auch prompt hineintappte. Dem Anschein nach war für ihn das Eintopfgericht auf eine andere Weise nicht verträglich!

Wie man sieht, ist die Darstellungskunst der WTG phänomenal: Die "Elfriede-Problematik" wird durch Überwaltung Jehovas und mittels Engel-Begleitschutzes gelöst, die "Kochtopf-Problematik" auf ganz einfache Weise durch "Geruch"! Jedenfalls ist klar ersichtlich, daß die spektakulären Lösungsversuche der WTG untauglich sind, die Lücke im WT-Beitrag glaubwürdig zu schließen.

Mit überzeugender Beweiskraft vermag das aber die Dokumentation des Urania-Verlages (Blaubuch). Die Protokolle des Frost Verrats an Heinrich Ditschi sind schon vorgestellt worden, so daß sie sich hier erübrigen. Um aber den WT-Absatz unter der Überschrift "Unser Wiedersehen" richtig einzuschätzen, lohnt es sich, folgende Ausführungen des Blaubuches zur Kenntnis zu nehmen:

Aus München überlieferte Frost der Gestapo insbesondere die aktiv illegal arbeitende Elfriede Löhr, die später zusammen mit Frosts Mitarbeiterin Ilse Unterdörfer ins Konzentrationslager Ravensbrück kam. Frost machte folgende, betont freimütigen Angaben in dieser Sache:

Ad. II B Berlin, den 26. April 1937 V e r h a n d e l t

Vorgeführt erscheint Erich F r o s t, Personalien bereits aktenkundig und erklärt:

Am 6. März 1937, also am Tage des letzten Haupttreffs in Berlin, war Siebeneichler nicht zugegen. Weil wir über ihn besorgt waren, schickte ich die Ilse U n t e r d ö r f e r sofort nach München, um über Siebeneichler Erkundigungen einzuziehen. Ich übergab der Unterdörfer eine mir von Siebeneichler genannte Münchener Telefonnummer. Nach Anruf beim Inhaber dieser Nummer traf sich die Unterdörfer in München mit einer mir unbekannten Glaubensschwester, die mit Vornamen "Gertrud" hieß. Mir ist in Erinnerung, daß die Gertrud personengleich ist mit der Elfriede L ö h r aus München,

(Blaubuch S. 180f)

So glasklar ist also die nackte Wahrheit! Die 1970 veröffentlichte Dokumentation mit dem Nachweis des Frost-Verrats an Heinrich Ditschi und Elfriede Löhr schließt für den Wahrheitssucher völlig zufriedenstellend die Lücke des WT-Berichtes vom 1. Februar 1980. Angesichts der brisanten Thematik vermochte das die WTG mit ihren problematischen "Märchen aus dein Wunderwald" nicht. Somit erweist sich das Blaubuch hier als einzig glaubwürdige Quelle, das die 4 Jahre später im Jahrbuch publizierte "Kochtopf-Problematik" zu einem schizophrenen Nebenprodukt einer von der WTG betriebenen religiös entarteten Tätigkeit stempelt. Diesen Standpunkt scheint die WTG mit uns zu teilen. Die Lahmheit ihrer Erklärungen zur aufgezeigten Thematik sowie die lückenhafte Berichterstattung sind auch 1980 ein indirekter Fingerzeig dafür!

H.B.

Nachwort:

Es ist offensichtlich, dass die CV eine gewisse Ditschi-Verklärung betreibt. Hat er sich doch in späteren Jahren von der WTG getrennt. Dieser Fakt lässt dann wohl einiges übersehen. Dem WTG-Funktionär Frost wird vorgehalten, unter Druck, bei der Gestapo "gesungen" zu haben. Wie aber verhält es sich mit Ditschi? Der wurde doch auch verhaftet, am 25. 8. 1937.

Nun mag sich jeder sein eigenes Urteil dazu bilden, wenn man in der bereits genannten Studie von Elke Imberger auch liest:

S. 347: Alle Sicherheitsmaßnahmen kamen indes zu spät: "Auf Grund der Aussagen des Reichsdieners Dietschi", wie es in einem Aktenvermerk der Kieler Gestapo heißt, "konnten sämtliche 9 Bezirksdiener ermittelt und festgenommen werden". Damit setzte die reichsweite Zerschlagung der Sektenorganisation ein.

S. 348: Eine Massenverhaftungswelle begann. Die Gestapo rollte die Untergrundorganisation systematisch von "oben" nach "unten" auf.

S. 362: Mit dem vernichtenden Schlag der Gestapo gegen die Sekte im Jahre 1937 war die organisierte illegale Tätigkeit der Zeugen Jehovas in Schleswig-Holstein vorüber. Zwar sollte in der Folgezeit vom Westen Deutschlands ausgehend, erneut eine Untergrundgruppierung der Bibelforscher aufgebaut werden, die sich über mehrere Regionen des Reichs ausbreitete, für Schleswig-Holstein jedoch nicht nachzuweisen ist.

Hans Dollinger Erinnerungen

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