Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Und auch darin irrt Herr Hirch

Bekanntlich hat Herr Waldemar H. (und im Konzert mit ihm auch Herr B., nebst WTG) die in meiner Sicht Falschbehauptung aufgestellt, die innerkirchliche Publikation namens "Sektenkundliche Mitteilungen" (später umbenannt in "Religiöse Sondergemeinschaften") hatte sich zu sehr von der DDR CV "vereinnahmen" lassen. H. hat seine Behauptung auf den Bereich der Redaktion unter Dr. Reinhold Pietz beschränkt. Die nachfolgenden Ausgaben dieses Periodikums hat er nicht mehr in seine Betrachtung mit einbezogen.

In Antwort darauf habe ich die Zeugen Jehovas bezüglichen Ausführungen genannten Zeitraumes, einmal im Detail dokumentiert; und meine damit mehr als genug sachlichen Grund zu haben, dieser H.-These zu widersprechen. Das alles ist eine durchaus umfänglich zu nennende Dokumentation geworden.

Da H. die Nach-Pietz-Zeit nicht bewertet hat, habe auch ich das nicht getan. Dennoch soll jetzt mal eine begrenzte Ausnahme von dieser Regel vorgenommen werden.

Bekanntlich hatte das polnische Regime Anfang der 1980er Jahre erhebliche Schwierigkeiten im eigenen Land, die mit dem Namen "Solidarnosc" verbunden, in die Weltgeschichte eingegangen sind. Die von dieser Gewerkschaft ausgerufenen flächendeckenden Streiks machten dem Regime arg zu schaffen. Es hätte wahrlich nicht viel gefehlt und es wäre zu einem Einmarsch von Militärtruppen aus anderen kommunistischen Ländern nach Polen gekommen. 1968 gab es eine ähnlich dramatische Situation schon in der Tschechoslowakei.

Das es im Falle Polen dennoch nicht zu einem erneuten Einmarsch kam, hing am symbolischen seidenen Faden. Flächendeckend sollten die Streiks nach Solidarnosc-Planung werden. Ganz "flächendeckend" hingegen waren sie doch wohl nicht, denn es gab Streikbrecher. Nicht aus den Reihen der katholischen Kirche. Die stand geschlossen hinter Solidarnosc. Es gab aber doch organisierte Streikbrecher. Nicht organisiert im Sinne der bewussten politischen Aktion; aber organisiert durch ein verbindendes Weltbild, dass alle diese Streikbrecher hatten. Ihr Name: Zeugen Jehovas!

Großes Aufatmen beim kommunistischen Regime. Der schlimmste Kelch ging offenbar noch einmal vorbei. Dank den Zeugen Jehovas!

Das war schon einen politischen Preis wert. Darüber war man sich auch in Warschau im klaren. Und der Preis wurde gezählt. Jehovas Zeugen, in Polen zeitlich noch vor der DDR verboten, bekamen nun die Genehmigung zu Kongressreisen ins westliche Ausland zu fahren. Das war erst der Anfang. Weitere Schritte folgten. Sie durften gar nunmehr im eigenen Lande, große, öffentlichkeitswirksame Kongresse veranstalten. Das hätten wohl auch sie, vor 1980 sich nicht vorstellen können. So können sich die Zeiten ändern!

Ach ja, da gab es doch noch in der DDR eine Zeitschrift namens "Christliche Verantwortung". Hat sie je diese polnische Entwicklung kommentiert? Eine einzige Fehlanzeige. Jenes Blatt sonst doch wahrlich nicht sprachlos, überfiel eine merkwürdige Sprachlosigkeit zu diesem Aspekt. Nun war auch für die westlichen Tagespresse die Zeugen Jehovas kein besonderes Thema. Dieser polnische Aspekt ist jedenfalls meines Wissens nie in der zeitgenössischen bundesrepublikanischen Tagespresse kommentiert oder berichtet worden. Übrigens wahrte auch die WTG weitgehendes Stillschweigen. Deren Kalkül offenbar, nicht durch laute Kommentare eine hoffnungsvolle Entwicklung wieder kaputt machen. Man wäre also in der DDR diesbezüglich sozusagen "dumm gestorben", hätte es die genannte Innerkirchliche Publikation nicht gegeben, die als einzigste, darüber berichtete. Auch dieser Punkt passt so überhaupt nicht zu dem Zerrbild, dass da H. und Konsorten entworfen haben.

Auch bei dieser kirchlichen Berichterstattung wurde wieder die altbekannte Linie gefahren, nur zu zitieren; aber eigene Kommentare weitgehend zu vermeiden. Das war unter den politischen Rahmenbedingungen, auch die einzigst sinnvolle Möglichkeit. Darin kann ich keinesfalls etwas verkehrtes erkennen.

Nachstehend seien auch noch einmal diese Polen bezüglichen seinerzeitigen Berichte dokumentiert

Religiöse Gemeinschaften, Nr. 41, Februar 1984

Zeugen J e h o v a s (ZJ)

(Dem regelmäßig auch in deutscher Sprache erscheinenden Informations-Bulletin der polnischen "Christlich Sozialen Gesellschaft - ChSS" entnehmen wir einen Beitrag der Rubrik"

"In der Presse" in der Nummer 10/1983)

Z e u g en J e h o v a s in P o l e n

In letzter Zeit erscheinen in den Massenmedien in Polen zunehmend häufiger Informationen über die Zeugen Jehovas. Hier Auszüge aus dem im Wochenblatt "Polityka" Nr. 40 vom 1 .Oktober 1983 veröffentlichten Artikel von Barbara Olszewska:

Die Anfänge der Organisation der Zeugen Jehovas in Polen entfallen auf das Jahr 1925, in dem es auf dem Gesamtpolnischen Kongress der Bibelforscher zum Zusammenschluß von zwei Gruppen kam, der sog. deutschen mit Sitz in Lodz und der polnischen aus Warschau. Den Vorsitz über beide Gruppen führte Wilhelm Leopold Scheider. Bis zum Jahre 1945 entwickelte sich die Bewegung der Zeugen Jehovas bei uns zulande unter dem Einfluß und der unmittelbaren Leitung der Deutschen, der Zentrale in Magdeburg unterstehend, die nach der Delegalisierung dieser Konfession durch Hitler nach Bern in der Schweiz übersiedelte. Im Vorkriegspolen waren die Zeugen Jehovas formell nicht anerkannt; sie "betätigten sich den Rechten einer tolerierten Vereinigung gemäß. Unbekannt ist die Anzahl der Bekenner bis zum Ausbruch des. II. Weltkrieges. Die einen Quellen geben 1100 Personen an, andere 10 000. Die Diskrepanz resultiert u.a. daraus, weil die formellen Anforderungen, die den Bekennern vor dem Kriege gestellt wurden, geringer waren als heute - sie würden nicht rigoros verpflichtet die "Frucht" darzubringen, teilten sich mithin in "Menschen guten Willens", die sich zur Gemeinschaft mit der Organisation bekennen, sowie in die minder zahlreichen, die ebenfalls schriftliche Berichte vorlegten. Trotz ihrer kleinen zahlenmäßigen Stärke, hörte man vor dem Kriege von den Zeugen Jehovas ziemlich viel wegen der häufigen Skandale und Prozesse vor dem Hintergrund der Beleidigung römisch-katholischer Dogmen und des Klerus. Aktivere Mitglieder der Organisation saßen oftmals in Gefängnissen ein. Während der Okkupation .gingen sie in die Konzentrationslager, weil sie sich weigerten, Schützengräben auszuheben, in Rüstungsbetrieben zu arbeiten u.a.m., denn die von ihnen akzeptierte Doktrin verwehrt ihnen den Anteil an allem, was mit Gewalt, Töten und Krieg zusammenhängt.

Nach der Befreiung begann die Organisation, in beträchtlich vorteilhafteren rechtlich-politischen Bedingungen zu agieren, was aus der Tatsache der gesetzlichen Gleichberechtigung, aller Konfessionen, resultiert. Bis 1949 waren die Zeugen Jehovas, die in ihren Reihen über 10 000 faktische Mitglieder konzentrierten, außerhalb jeglicher Kontrolle der staatlichen Organe. Die fünfziger Jahre brachten ihnen Verfolgungen; die Organisation wurde delegalisiert, und ihre Leitung der Spionage für die Westmächte angeklagt. Nach 1956 erfolgten Rehabilitationen, Renten und Entschädigungen. Der freigelassene Scheider hatte den Ehrgeiz, seine Glaubensgenossen auf den ersten Platz in Europa zu forcieren. Man begann somit in der Organisation auf Quantität zu setzen, indem Statistiken gefälscht wurden. Ein Rekord jagte den anderen; 1957 gab es 48 500 Zeugen Jehovas, ein Jahr später, waren es bereits 74 000, im folgenden zählte man schon 85 000. Danach nahm man Vernunft an und begann die Daten richtig zu stellen, doch volle Klarheit darüber, wie viele Zeugen Jehovas es momentan in Polen gibt, herrscht bis heute nicht. Personen von außerhalb der Konfession schätzen ihre Organisation auf etwa 54 000, sie selbst verdoppeln diese Zahl, indem sie sich auf .die diesjährigen Versammlungen berufen, an denen 100 000 Menschen teilgenommen hatten.

Gleichwohl es zur erneuten Registrierung der Zeugen Jehovas bei uns noch nicht gekommen ist, stellen die Mitglieder dieser Organisation übereinstimmend fest, daß das Klima, das ihnen die Behörden derzeit für ihre Betätigung schaffen, außergewöhnlich günstig sei. Sie können zwanglos Versammlungen im Inlande abhalten und sich zu ähnlichen ins Ausland begeben / z. B. versammelten sich die Zeugen im Zeitraum des verhängten Kriegsrechts ganze 84-mal an öffentlichen Plätzen, 5000 Bekenner reisten zum religiösen Kongreß aus Polen nach Österreich/. Möglicher weise überlegt … - Witold; Wegner - kommt es zum Moment, aus dem Schatten heraus zutreten? Nicht nur erschwert uns niemand von Amts wegen unsere religiösen Praktiken, auch während unserer Wanderungen von Wohnungstür zu Wohnungstür stoßen wir zunehmend seltener auf Erscheinungen brutaler Reaktionen in Wort und Tat; Wegner, Ökonom von Beruf, der seit Jahren in. seinem Beruf nicht tätig ist, befaßt sich in der Hauptsache als Pionier, der Verkündung der "guten Botschaft''.

Der Obrigkeit gegenüber verhalten sich die Zeugen Jehovas loyal, indem sie der Ansicht sind, daß ein jede, selbst die schlimmste, besser sei als Anarchie. Als: in der Werft ereignisreiche Streiks währten nahmen Arbeiter die den Zeugen Jehovas angehörten, nicht daran teil, sie arbeiteten auch als einzige an freien Sonnabenden. Von der Allgemeinheit unter Druck gesetzt, interpretierten sie ihre Haltung, damit sie hätten den Arbeitsvertrag mit der Direktion und nicht mit der Gewerkschaft geschlossen. Sie geben zu daß die Mehrheit der Kollegen diesen Gesichtspunkt teilte und keine Schikanen ihrerseits erlitten.

Die meiste Sorge bereitet den Bekennern die Verweigerung des Militärdienstes, eben aus religiösen Gründen. Falls es nicht, gelingt, diesen in eine Arbeit in Gruben oder Krankenhäusern umzuwandeln /bemerkenswert ist, daß jüngstens derartige Möglichkeiten zunehmend größer sind/, müssen, die Einberufenen, eine Gefängnisstrafe absitzen. "Die Verweigerung des Militärdienstes", so Edward Kwiatosz, 38 Jahre hauptamtlicher Arbeit in der Organisation, eines von fünf Mitgliedern des für die Konfession in Polen verantwortlichen Gremiums - "ist persönliche Sache eines jeden unserer Brüder, niemandem nötigen wir hier irgendwelchen Standpunkt auf."

Religiöse Gemeinschaften, Nr. 45; Februar 1986
Zeugen Jehovas (ZJ)
In der Zeit vom 16. -18. August 1985 fanden im größten Warschauer Stadion dreitägige Religionsfeierlichkeiten der Zeugen Jehovas statt, unter dem Motto "Das Volk, das die Aufrichtigkeit bewahrt". Während des Treffens wurden ideelle und moralische Grundsätze der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas besprochen. Während des Treffens fanden religiöse Zeremonien statt, darunter die Zeremonie der Taufe. Es wurde auch Beunruhigung ausgesprochen über die Situation der heutigen Welt und die Bedrohung durch, den Rüstungswettlauf. Am Treffen nahmen etwa 40 000 Personen aus Polen teil, sowie ausländische Delegationen, u.a. aus den Vereinigten Staaten Nordamerikas, Frankreich, Großbritannien, Bundesrepublik Deutschland und Japan. Ähnliche Feierlichkeiten fanden auch in den Stadien von Wroclaw, Poznan und Chorzow statt. Nach Beendigung der Feierlichkeiten in Warschau empfing der Leiter des Amtes für Glaubensfragen, Minister Adam Lopatka, Vertreter der Zeugen Jehovas aus Polen, Harald Abt und Edward Kwiatoss, sowie aus der Weltzentrale dieses Bekenntnisses Theodor Jaracz und Milton Henschel. Sie überbrachten den staatlichen Behörden ihren Dank für die Erlaubnis, das Treffen abzuhalten. Es fand auch ein Meinungsaustausch statt zum Thema der Situation der Zeugen Jehovas in Polen, sowie der Perspektiven einer rechtlichen Anerkennung dieser Gemeinschaft.

Über die Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas haben wir in Nr. 10/1983 des Informationsbulletins … umfangreiches Material veröffentlicht. Diese Gemeinschaft hat nach ihrer Entlegalisierung durch die Staatsbehörden Ende der vierziger Jahre keinen Antrag auf erneute Registration gestellt und hat augenblicklich keinen legalen Rechtsstatus. Ihre Tätigkeit stützt sich auf Art. 82 der Verfassung der Volksrepublik Polen, wo es heißt:

"Die Volksrepublik Polen sichert ihren Bürgern Freiheit des Gewissens und des Glaubens. Die Kirche und andere Religionsgemeinschaften können unbehindert ihre religiösen Funktionen ausüben." Trotz nicht geregelter Rechtssituation üben die Zeugen Jehovas mit Hilfe der eigentümlichen Mittel rege Propagandatätigkeit für ihr Bekenntnis aus. In den letzten Jahren hat die Gemeinschaft der Zeugen Jehovas eine Reihe von Öffentlichen Treffen organisiert, unter Zustimmung der staatlichen Behörden.

(Nach: Informationsbulletin der Christlieh Sozialen Gesellschaft - ChSS - Warschau, 1985, 9, S. 7f)

Ergänzend noch:

In der massgeblich von B. mit redigierten Zeitschrift "Kirchliche Zeitgeschichte" (Heft 1/2002) gibt es auch zwei Aufsätze die auf die Zeugen Jehovas in Polen Bezug nehmen. Der eine von den polnischen WTG-Mitarbeitern Jürgen Ordowski und Jan Scheider verfasst. Der andere von dem deutschen WTG-Funktionär Wolfram Slupina.

Verwundert liest man darin (S. 264) "Die kommunistische Verfolgung dauerte bis zur gesetzlichen Anerkennung am 12. Mai 1989 an." Eine merkwürdige "Verfolgung" mit öffentlichen Kongreßveranstaltungen und anderes mehr, mag man dazu nur sagen.

Gemäß den Angaben in genannter Zeitschrift gab es in Polen im Jahre 1930 zwischen 500 und 600 Zeugen Jehovas. Nach 1933 war die Einfuhr der aus der Schweiz bezogenen Zeitschrift "Das Goldene Zeitalter" nicht mehr möglich. "Daher wurde sie (die Zeitschrift) ab 1936 bis zu ihrem amtlichen Verbot im Jahre 1936 in Lodz gedruckt. … Die letzte in Lodz gedruckte Ausgabe des 'Zloty Wiek' erschien am 1. September 1936. Nur einen Monat später kam die Zeitschrift unter dem Namen 'Nowy Dzieni' (Neuer Tag) heraus in Warschau, wo sie bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gedruckt wurde."

1937 wurde der "Wachtturm" (Straznico) verboten.

Am 22. März wurde das Zweigbüro in Lodz geschlossen und die Organisation für verboten erklärt. Die Zahl der ZJ im Jahre 1939 wird mit 1039 beziffert.

Weiter liest man:

"Im Dezember 1942 gelang den Nationalsozialisten die Aufdeckung eines Druckzentrums.

Mit der Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion geriet etwa die Hälfte der polnischen Zeugen Jehovas in deren Machtbereich.

Auch Slupina konstatiert:

"Ein spezieller Auslöser für Repressionen gegen Zeugen Jehovas war ab 1950 - ebenso wie in der DDR - der Stockholmer Friedensappell zur Ächtung der Atombombe."

Im Klartext: Also die vermeintliche "Politiklosigkeit" der Zeugen Jehovas.

Nach Slupina gab es Ende 1952 in Polen fast 20.000 Zeugen Jehovas. 1956 sollen es dann 37.411 gewesen sein. 1960 dann rund 50.000.

Zitat Slupina:

"Der zahlenmäßige Anstieg der Zeugen Jehovas wurde 1956 - 1958 noch dadurch begünstigt, dass in der 2. 'Ära Gomulka' über 200.000 polnische Staatsbürger zurückkehren durften."

Noch ein anfechtbares Zitat von Slupina. Auf Seite 340 behauptet er:

"Noch im Juli 1977 ist dokumentiert, daß die Informationen eines 'CV-Mitarbeiters aus der VR Polen' an die MfS-Abteilung XX/4 für Zersetzungsmaßnahmen ausgewertet wurden."

Was ist dazu zu sagen? Fakt ist, die CV hatte auch Kontakte nach Polen. Namentlich genannt (und der liegt der WTG wohl besonders "schwer im Magen") beispielsweise zu Josef Wereski, welcher auch in Polen analog zur deutschen CV, auf erheblich niedrigerem Niveau, auch einen periodischen Briefversand betrieb. Der war allerdings nicht staatlich subventioniert, wie im Falle CV. Wereski musste zusehen, wie er über Spenden seine Unkosten hereinbekam. Das ist ihm mehr schlecht als recht "gelungen". Natürlich gab es untereinander Kontakte. Das ist nie bestritten worden. Aber kein CV-Mitarbeiter hat sich Wereski je vorgestellt als "im Dienste des MfS stehend". Für Wereski war die CV eben auch nur eine spezifische deutsche christliche Gruppe.

Wenn der Geldgeber MfS da diese Kontakte auch ausgewertet haben sollte, ist damit noch lange nicht der "Beweis" erbracht; dass die Kontaktpartner der CV sich über den finanziellen MfS-Hintergrund im klaren waren. Aber das wollen die Slupina oder H. gar nicht so genau wissen. Es geht ihnen nur um billige Stimmungsmache, auch in diesem Fall.

Weiteres Zitat Slupina:

"Im November 1977 erhielten der damalige Präsident der amerikanischen Religionsgesellschaft der Zeugen Jehovas, Frederick W. Franz, sowie Daniel Sydlik und Theodore Jaracz, ebenfalls Mitglieder der leitenden Körperschaft der Zeugen Jehovas in der Weltzentrale in Brooklyn (New York), die Erlaubnis, nach Polen einzureisen. Eine neue Ära für Jehovas Zeugen in Polen begann. Nach diesem ersten offiziellen Besuch folgte 1978 ein Höflichkeitsbesuch von Milton Henschel, dem damaligen Vizepräsidenten und ab 1993 Präsident der Watch Tower Society, sowie Theodore Jaracz beim Amt für religiöse Angelegenheiten. Die Haltung der Behörden wurde allmählich toleranter. Ende der 70er Jahre erhielten etliche polnische Zeugen Jehovas die Genehmigung zur Ausreise um Kongresse in Frankreich und Dänemark zu besuchen. Im Sommer 1980 wurden etwa 2000, ein Jahr später sogar 5000 polnischen Zeugen Jehovas der Besuch eines zweisprachigen Kongresses (deutsch und polnisch) in Wien gestattet.

Am 5. Juli 1981 fand nach vielen Jahrzehnten der Repression der erste öffentliche Kongreß in Polen statt; 5751 Personen waren in Danzig (Gdansk) anwesend. Im gleichen Jahr folgten 2 Kongresse in Skowino bei Krakau.

1984 erhielten Jehovas Zeugen in Polen erstmals die Erlaubnis, Zehntausende biblische Druckschriften aus den Vereinigten Staaten einzuführen."

An diesen Ausführungen genannter WTG-Vertreter fällt schon mal auf, dass die Streikbrecherdienste der Zeugen Jehovas, die dem kommunistischen Regime einen besonderen Belobigungspreis wert waren, nicht mit einer Silbe Erwähnung finden. Aber das kennt man ja schon zur Genüge auch aus anderen Bereichen der WTG. George Orwell läßt grüßen!

Hingewiesen sei auch noch auf den Bericht über Polen in 1994er Jahrbuch. Ihm kann man entnehmen, dass die Zeugen Jehovas-Geschichte in Polen keineswegs "glatt" verlief. Ein paar Zitate:

"Beunruhigende Gerüchte über Spaltungen unter den Brüdern in Amerika gelangten nach Polen und verursachten Probleme. Hinzu kam, daß ein Beauftragter einer gegnerischen Gruppe von den Vereinigten Staaten nach Warschau reiste, um die dortige Gruppe negativ zu beeinflussen. Dadurch, daß die Gegner die meisten Brüder auf ihre Seite zogen, brachten sie die rechtliche Körperschaft, deren sich die Brüder in Polen damals bedienten, unter ihre Kontrolle. Das führte unter anderem dazu, daß die Brüder in Warschau ihre Versammlungsstätte verloren.

Bruder Kasprzykowski hatte nach dem Ersten Weltkrieg für die Brüder zwar wertvolle Dienste geleistet, doch später wurde der Stolz für ihn zu einem Hindernis. Sein Stolz zeigte sich schon zu einem frühen Zeitpunkt dadurch, daß er Rat übelnahm; später wurde er ein ausgesprochener Gegner seiner früheren Brüder. Als Der Wachtturm immer deutlicher die Verantwortung jedes einzelnen betonte, sich am Predigen der guten Botschaft zu beteiligen, fand er bei denen Anklang, die nichts weiter tun wollten, als zuzuhören."

Eine Zeitlang gab sich die Warschauer Versammlung den Anschein der Einheit, indem weiterhin alle zusammenkamen. Aber in Wirklichkeit war sie stark gespalten. Beim Gedächtnismahl 1925 spitzte sich die Lage zu. Von den ungefähr 300 Brüdern blieben nur 30 der Gesellschaft gegenüber loyal.

Parallel sei noch eine Passage aus der CV 93 über die polnische Bibelforscherzeitschrift "Swit" zitiert:

"Das letzte Foto in dieser "Swit" Nr. 6/1976 zeigt uns einen engen Mitarbeiter von C. T. Russell, Bruder Cz. Kasprzykowski Er wurde 1905 unter dem Zarismus nach Sibirien verbannt, was von seiner Auflehnung gegen Unrecht und Ungerechtigkeit zeugt. Von Sibirien floh er in die USA. Dort schloß er sich 1908 dem Werk C. T. Russell an. Nach dem Tode Russells kehrte er im Jahre 1920 noch Polen zurück, um die Bibelforscherbewegung

unabhängig von den Irrwegen und Abwegen, die sie dann unter J. F. Rutherford und N. H. Knorr einschlug und geführt wurde, in Polen fortzusetzen. Er starb 1961. Sein Nachfolger in Polen wurde Bruder Waclow Stachowicz, Warszawa. -"

Eine unscheinbare Notiz auf den ersten Blick vielleicht. Auf den zweiten Blick schon nicht mehr ganz so unscheinbar. Es gab in Polen ein reges Pressewesen, außerhalb der Zeugen Jehovas, gestaltet von Kreisen, die früher einmal mit der WTG in Verbindung standen, später dann nicht mehr. Eine dieser Zeitschriften war "Swit". Auch anfechtbar in die Geschichte dadurch eingegangen, dass in ihr als Endzeitdatum 1984 propagiert wurde. Wieder das alte Leiden jener die sich weiter als Christen sehen und ihre WTG-Geschichte nie richtig aufgearbeitet haben. Sie können es dann nicht sein lassen. Die Gier nach irgend einem Endzeitdatum ist ihnen offenbar unausrottbar in Fleisch und Blut übergegangen, auch im Falle von "Swit".

Marginale Unterschiede bestehen zu einer weiteren polnischen Zeitschrift aus diesem Milieu, namens "Na Strazy". Letztere ist noch heute dahingehend "interessant", dass sie jetzt auch im Internet mit vertreten ist.

Sektenkundliche Mitteilungen

Wie immer man darüber denken mag

Waldemar Hirch

Na Strazy

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