Annotationen zu den Zeugen Jehovas
Kunstfehler - Der Fall Albert Wandres
Das 1974er
Jahrbuch der Zeugen Jehovas notiert unter anderem:
„Albert Wandres war schon vor dem 7. Oktober 1934 als Bezirksdienstleiter tätig,
und sein Name war der Gestapo bald gut bekannt, besonders durch die laufenden
Gerichtsverhandlungen in verschiedenen Städten des Ruhrgebietes, wo er
arbeitete. Als Antwort auf die Frage, woher die Angeklagten ihre Literatur
erhalten hätten, war oft der Name Wandres zu hören. Die Gestapo setzte alles
daran, ihn in ihre Gewalt zu bekommen."
Offenbar ist dieser Wandres noch in einer anderen - eher beiläufigen Beziehung - in die Zeugen Jehovas-Geschichte eingegangen.
Wie man weis, können (auch) WTG-Fürsten selten der Versuchung entsagen, sich ins „rechte Licht" zu setzen. Dieser Versuchung war auch Herr Konrad Franke dergestalt verfallen, dass er es einmal für angemessen hielt, der staunenden Zuhörerschaft in einem Vortrag seine ganz individuelle Sicht der Zeugen-Geschichte in der Nazizeit mitzuteilen.
Dieser Vortrag erlebte noch eine Nachgeschichte dergestalt. Er wurde auf Kassette aufgezeichnet, und von interessierten Kreisen später transkripiert. Aber oje, in WTG-Sicht, die jene Transkription vornahmen, schwammen nicht mehr auf frommen WTG-Kurs. Da kann ja dann wohl nichts „Gutes" herauskommen. Jedenfalls nichts Gutes für die WTG. Jedenfalls gelangte diese Transkription wohl auch zur Kenntnis der englischsprachigen seinerzeitigen Zeitschrift „The Christian Quest". Und was die besonders relevante Passage in diesem Vortrag anbelangt, so ist sie neuerdings auch in dem Buch von James Penton „Jehovah's Witnesses and the Third Reich" mit abgedruckt.
Auch das muss man sagen: An der fraglichen Passage hat sich eine hitzige Diskussion entzündet. So hitzig, dass Dr. Detlef Garbe in den ersten Auflagen seines Buches noch im Sinne von „The Christian Quest" zitiert. In späteren Auflagen dann aber (sicherlich zum Wohlwollen von Herrn W.) genau diese Passage inhaltlich zurücknahm, sich nicht mehr damit identifizierte.
Der Streitpunkt, der da die Gemüter so zum wallen brachte ist eben der. Ob die Berlin-Wilmersdorfer Veranstaltung vom 25. Juni 1933, äußerlichen Fahnenschmuck trug. Oder eben nicht. Und der das ganze sozusagen, via seinem Vortrag ins Rollen gebracht hatte, war eben Herr Konrad Franke. Würde diese Passage stimmen, kämen die W. und Co, wohl arg ins Schwitzen. Das kann man schon nachvollziehen. Da sie aber nun darauf verweisen können, auch Garbe zu ihrer Sicht der Dinge bekehrt zu haben, sind sie ja nun aus „dem Schneider raus".
Diese Passage soll hier und jetzt nicht bewertet werden.
Was ich aus meiner Sicht dazu glaubte anzumerken, kann man unter
Beflaggung
nachlesen.
Es sei diese Passage hier jetzt also kommentarlos wieder gegeben. Laut Franke (siehe vorstehend) spielte sich das so ab:
„Viele konnten schon nicht mehr (zu dieser Veranstaltung) kommen. Aber ich hatte das Vorrecht, mit Bruder Albert Wandres auf dem Motorrad von Wiesbaden bis Berlin bei strömendem Regen zu fahren. Aber das hat uns nicht viel ausgemacht. Aber wir waren erschüttert, als wir am nächsten Morgen in die Tennishallen kamen und nicht diese Stimmung vorfanden, wie wir sie sonst bei Kongressen vorfinden. Als wir hereinkamen, waren die Hallen mit Hakenkreuzfahnen geschmückt. Aber nicht nur das. Als jetzt nun die Versammlung eingeleitet wurde, wurde sie mit einem Lied eingeleitet, was wir jahrelang und überhaupt in Deutschland nie gesungen hatten, wegen seiner Melodie. Der Text war wohl gut, aber die Melodie
... Nun, Musiker, die hier sind, die werden an den Noten sofort erkennen, daß es die Melodie war "Deutschland, Deutschland, über alles". Könnt ihr euch vorstellen, wie es uns zumute war? Viele könnten nicht mitsingen. Es war gerade, als wenn ihnen die Kehle zugeschnürt wurde. Was hatten wir denn bloß jetzt für eine Führung, die uns in diese Gefahren brachte und in die Gefahr, jetzt unter diese Umständen zu straucheln, statt uns zu helfen, uns beizustehen, damit wir eine furchtlose Stellung einnahmen?"
Nun sollte auch Herr Franke später noch, in Sachen Wandres was sagen. Und zwar in seinem eigenen Vernehmungsprotokollen vor der Gestapo, finden sich auch seine Angaben zu Wandres.
Indes, auch das ist deutlich. Die Gestapo befragte nicht nur Franke zu Wandres. Sie tat ähnliches auch bei anderen Personen. Und da es die Umstände so fügten, dass Herr Erich Frost, bereits vor Herrn Konrad Franke in die Mühlen der Gestapo geriet, braucht man sich nicht zu verwundern, dass auch Frost zu Wandres befragt wurde. Der qualitative Unterschied ist der, dass Frost ihr Hinweise gab, welche die Gestapo weiterführten. Die Aussagen von Franke zurselben Person, hatten schon nicht mehr diesen Neuigkeitswert für sie.
Und so findet sich in den Gestapoprotokollen des Erich Frost auch die Angabe:
„Wandres, Albert, Bezirksdiener, lernte ich im Jahre 1928 in Süddeutschland, in Wiesbaden, gelegentlich der Aufführung "Das Schöpfungsdrama" als Anhänger der IBV kennen. Ich bin dann noch einmal mit ihm zusammengekommen. Auch Wandres war mit in Luzern. Er war s. Zt. schon Bezirksdiener für Rheinland, Baden und Württemberg. Er wurde in Luzern als Bezirksdiener nur nochmals bestätigt. ... Von Wandres erhielt ich von allen Bezirken das meiste Geld. Bei jedem Berliner Treff händigt er mir durchschnittlich 1500,- RM aus, so dass ich insgesamt 8000 bis 10 000,- RM von ihm erhalten habe."
Und in einer weiteren Gestapo-Vernehmung von Frost kann man lesen:
„Meine Angaben auf Blatt 9 in der Vernehmung vom 15. 4. 37 habe ich wie folgt
zu ergänzen:
Mit Wandres traf ich in Stuttgart 2 mal zusammen. Der erste Treff lag im
November oder Dezember 1936. Wir trafen uns am Bahnhof und suchten die Wohnung
einer Glaubensschwester auf. Den Namen der Glaubensschwester kann ich nicht
angeben. Die Wohnung befindet sich schräg rüber vom Café "Olga" und zwar in der
Straße, die die Olgastr. schneidet. Die Hausnummer selbst kann ich nicht
angeben. Die Wohnung ist aber im 2. Stockwerk gelegen. Soweit ich mich entsinnen
kann sind in diesem Grundstück keine Geschäfte untergebracht. Es handelt sich um
ein reines Wohngrundstück. In der Wohnung wo zugegen waren: Bezirksdiener
Wandres, sein Unterbezirksdiener Ludwig Stickel aus Pforzheim. Unterhielten wir
uns über die Wahrheit und erörterten Fragen des Glaubens. Organisatorische
Fragen, insbesondere, ob im Bezirk alles in Ordnung sei, wurden schon auf dem
Wege zu dieser Wohnung behandelt."
Auch Garbe hat sich mit dem Fall Wandres auseinandergesetzt. Bei Garbe etwa findet sich die Angabe:
„Über die Art, wie Wandres seine Treffen mit den Gruppendienern arrangierte, hatte die Staatspolizeistelle Darmstadt die Polizeibehörden bereits mit einem Rundschreiben vom 8.7.1937 informiert: "Seine Treffpunkte mit den örtlichen Leitern der IBV. im Westen bestimmt er auf die folgende Weise: Er schreibt eine Postkarte mit harmlosem Inhalt und fremder Unterschrift. Auf der Postkarte gibt er ein Datum an, an dem er mit dem Kartenempfanger an dem angegebenen Treffpunkt zusammenkommen will. Dieses Datum ist aber nur fixiert [!]. In Wirklichkeit trifft Wandres schon eine Woche vorher am Treffpunkt ein."
Wie immer man das ausgesagte auch bewertet. Eines ist deutlich. Der Fall Wandres wurde für die Gestapo immer dringender. Und eines Tages hatte sie ihn dann auch erwischt. Gertrud Pötzinger kann man da auch als Zeugin bemühen. Letztere durch eines gewissen „Bruder" Müller ans Gestapomesser geliefert, notiert in ihren Erinnerungen:
"Es herrschte eine etwas bedrückte Stimmung; Bruder Ditschi und Schwester
Löhr waren verhaftet worden. Bruder Wandres war sich bewußt, daß nun er die
gesamte Verantwortung zu tragen hätte. Mit der Zuversicht, daß Jehova unser Werk
segnen würde, übernahm er diese Aufgabe mit einer kleinen Einführungsrede.
Nun bat ich ihn, mit mir auf meine Tour zu gehen und die Brüder in meinem Gebiet
zu ermuntern. Er war einverstanden. Wir wollten uns am Hauptbahnhof in Dresden
treffen, von wo aus wir beide zusammen reisen wollten. Der gewisse Bruder Müller
sollte uns ebenfalls begleiten. Nun war ich am 3. September 1937, wie
vereinbart, in Dresden am Hauptbahnhof, aber Bruder Wandres war nirgends zu
sehen. Ich durchsuchte den gesamten Bahnhof nach ihm, leider erfolglos.
Ich war sehr beunruhigt; es war nicht seine Art, bei Verabredungen
unpünktlich zu sein. Was konnte passiert sein? Müller überredete mich, in den
Wartesaal der l. Klasse zu gehen. Dort saßen bereits einige Herren und ich
setzte mich so, daß ich die Tür im Blickfeld hatte. Ich fühlte mich nicht sehr
wohl und sagte zu Müller:
"Ich möchte hier weg. Das sind Leute von der Gestapo." Er meinte nur abwertend,
ich sollte mir nichts einbilden, es wären doch nur Sportsleute. "Nein! So sehen
die nicht aus", erwiderte ich. Erneut verwarf er meinen Einwand: "Vielleicht
sind es irgendwelche Vertreter." Auch diese Antwort konnte mich nicht umstimmen.
Ich wollte weg!
Nun fiel ihm ein: "Du hast den ganzen Tag noch nichts gegessen. Weißt du was,
jetzt ißt du erst einmal etwas. Ich bestelle dir Spinat mit Spiegelei. Das magst
Du sicher." Es erschien mir in diesem Moment sehr einleuchtend. Also blieb ich.
Nachdem der Kellner mein Essen gebracht hatte kam Müller in den Sinn, zu seiner
Großmutter zu gehen, die gleich hinter dem Bahnhof wohnte, um frische
Unterwäsche zu holen! Kaum war er weg, kam ein Herr direkt von der Tür her auf
meinen Tisch zu.
Ohne mich nach meinem Namen zu fragen, sagte er: "Sie sind verhaftet! Machen Sie
kein Aufsehen!" Der Kellner kam eilends gelaufen um abzukassieren. Er hatte wohl
erkannt, daß es ein Kriminalbeamter war. Ich wurde abgeführt."
Wenn es also auch Frau Pötzinger erwischte, dann braucht man wohl nicht sonderlich verwundert zu sein feststellen zu müssen. Eines Tages, erwischte es - trotz aller seiner Clevernes - auch Herrn Wandres.
Und als ihn die Gestapo dann endlich hatte, war ihr das sogar eines Siegesmeldung wert. Letztere aus den Beständen des Bundesarchivs entnommen, war wie folgt formuliert:
Tagesmeldungen des Gestapa 16. 9. 1937
Im Zuge der weiteren Aktion gegen die "Internationale Bibelforschervereinigung"
wurden folgende Hauptfunktionäre festgenommen.
Albert Wandres (geb. 10. 04. 02 zu Kehl a. Rh. ) Reichsdiener
Hermann Emter (geb. 7. 4. 04, Bezirksdiener für Schlesien
Gertrud Pötzinger geb. Mende (Kurierin)
Ludwig Stickel (Bezirksdiener für Württemberg)
Georg Ebert (geb. 2. 2. 91) Stellvertreter und Nachfolger von Stickel
Auguste Schneider (geb. 6. 1. 91) Bezirksdiener für Baden
Walter Friese (geb. 28. 5. 98, Bezirksdiener für Thüringen, Prov. Sachsen und
Hannover
Arthur Förster (als Nachfolger für Friese vorgesehen)
Erich Venhofen (geb. 4. 7. 02, Bezirksdiener für Westfalen
Franz Stoldt (geb. 17. 4. 1890, Bezirksdiener für Berlin
Hermann Fritz, Hauptfunktionär in Hamburg
Frieda Christiansen (geb. 12. 12. 97) Bezirksdienerin für Schleswig Holstein
Charlotte Perske (Hauptfunktionärin für Berlin)
Ausserdem konnten auf Grund der Aussagen der vorgenannten Hauptfunktionäre
bisher 27 Gruppendiener festgenommen werden. ...
Die vom Geheimen Staatspolizeiamt eingeleitete Aktion gegen Funktionäre der IBV
führte vor kurzem zur Ermittlung bestimmter Wohnungen in Berlin, in denen
Funktionäre der illegalen IBV, in den Monaten Mai bis Juli ihre Haupttreffs
abgehalten hatten. Unter sachdienlicher Zusammenarbeit mit der Stapoleitstelle
Berlin wurde im Verfolg dieser Feststellung am 21. 8. 1937 die IBV-Funktionärin
Elfriede Löhr ergriffen. Die Löhr die nun mit gefälschten Pässen und sonstigen
Ausweisen seit etwa einem Jahr aktiv für die illegale Organisation tätig ist,
hat in erster Linie seit März d. Js. Kurierdienste geleistet und die
Verbindungen der IBV von Deutschland nach dem Auslande aufrecht erhalten.
Nach eingehenden Untersuchungen wurde schliesslich das Berliner Quartier der Löhr ermittelt. Dieses teilte sie mit dem Reichsdiener des sogenannten Deutschen Werkes der IBV, Heinrich Dietschi. In dem Quartier wurde umfangreiches Material der IBV-Organisation erfasst. Durch die ständige Überwachung des Quartiers mit Unterstützung von Beamten der Stapoleitstelle Berlin wurde in der Nacht zum 25. 8. 1937 der Reichsdiener Heinrich Dietschi festgenommen, der unmittelbar aus Paris von dem Weltkongress der IBV kam, der dort unter persönlicher Leitung des Richters Rutherford in der Zeit vom 20. 8. bis 23. 8. 1937 stattgefunden hat."
Da war nun die Gestapo einen ganz wesentlichen Schritt voran gekommen. Und rückblickend hat man zu sagen, dieser Schritt war mit der einstweiligen Totalzerschlagung der Zeugen Jehovas in organisierter Form, in Hitlerdeutschland identisch. Erst nach Ausbruch des 2. Weltkrieges vermochten sie sich organisatorisch (aber eher regional begrenzt) wieder aufzurappeln.
Nun ist wie ausgeführt, Wandres in der Reihe von Verhaftungen der WTG-Spitzenfunktionäre, erst verhältnismäßig spät dran gekommen. Anderen vor ihm, muss man bescheinigen. Einmal in die Gestapoklauen gekommen, „sangen" sie sehr wohl. Sollte nun ausgerechnet Wandres eine Ausnahme von dieser Regel sein???
Kürzlich wurde in Köln eine regional bezogene Broschüre der Zeugen Jehovas
vorgestellt. 40 Seiten Umfang. Etliche Abbildungen in ihr enthalten. Und auch
das sei gesagt. Liest man sie, hat man das Gefühl lediglich die Tafeln einer der
„Standhaft"-Ausstellungen, eben diesmal in Broschürenform, vor sich zu haben.
Mehr als die mageren „Standhaft-Tafeln" inhaltlich zu einzelnen Personen
mitteilen. Mehr teilt auch diese Broschüre kaum mit.
Das alles ist durchaus geeignet mit der „Bild-Zeitung" verglichen zu werden.
Große Balkenüberschrift. Und dann inhaltlich fast nichts.
Zielstellung dieser Broschüre sind die regionalen, Köln bezüglichen Aspekte. Und eben in diesem Kontext ist auch die Angabe enthalten, dass Wandres es war, der die örtlichen Zeugen Jehovas in der fraglichen Zeit mit WTG-Schrifttum versorgte. Dafür stehen dann solche Sätze wie der:
„Nach der Verhaftung (des Dienstleiters) Blumes am 17. 03. 1937 war Elly Fey aus Köln-Nippes bis zu ihrer Verhaftung am 10. 09. 1937 als Gruppendienerin von Köln für die Schriftenverteilung verantwortlich. ... Wandres traf sich einmal im Monat mit Elly Fey in ihrer Wohnung und händigte ihr Publikationen der IBV aus.
Es kam, wie man
erahnen kann. Eines Tages erwischte es auch Frau Frey. Und nun fühlt sich die
besagte Broschüre zu der Aussage berechtigt:
„Zur Hauptverhandlung sollte Albert Wandres gegen Elly Fey aussagen. Zuvor auf
die anstehende Hauptverhandlung angesprochen erklärte er: „Man möge mir im
Gerichtssaal einen Galgen aufstellen, ich werde kein Wort sprechen, und wenn mir
dies mein Leben kosten sollte."
A ja. Das wäre dann in der Tat eine seltene Ausnahme von der Regel. Jedenfalls hat auch Herr Wandres die Hitler'schen KZ's überlebt. Im „Wachtturm" vom 15. 11. 1965 gibt es dann auch einen Bericht von ihm. Der wiederum „glänzt" durch den Umstand, bezüglich der relevanten Details aus der Nazizeit, so gut wie aussagelos zu sein. Nun ja. Durch Schweigen, kann man ja bekanntermaßen einiges bewältigen.
Da ich die zitierte Akte mit der martialischen Passage nicht persönlich kenne, kann ich dazu nichts weiter sagen. Das mag denn da so drin stehen.
Indes, und damit mag diese Betrachtung sich ihrem Ende zuwenden, hatte ich persönlich vom Fall Wandres bisher einen anderen Eindruck. Der Einfachheit halber sei einfach mal zitiert, wie ich diesen anderen Eindruck schon früher mal zusammengefasst hatte:
In einem Lagebericht des Generalstaatsanwaltes in Karlsruhe an das Reichsjustizministerium vom 16. 12. 1937 wird ausgeführt, dass durch die Aussagen des inhaftierten Bezirksdieners für Rheinland, Baden und Württemberg, Albert Wandres "die Überführung von zum Teil alten und Hartnackigen Bibelforschern in Pforzheim, Freiburg, Baden-Baden, Karlsruhe und Mannheim möglich wurde." [37]
Auch dieses Beispiel zeigt, dass es der Gestapo gelang einen "Dominoeffekt" zu erzielen. Auch die Zeugenleitung musste sich mit der Tatsache auseinandersetzen, dass Wandres bei der Gestapo unter Druck "gesungen" hat.
"Etwa Mitte September (1937) erwartete nun die ahnungslose Paula gemäß der getroffenen Verabredung Bruder Wandres auf dem Bahnhof in Bingen. Sie hatte zwei große Koffer voll Literatur bei sich. Plötzlich trat ein Herr auf sie zu und sagte: Guten Tag, Paula! Albert kommt nicht, und Sie müssen jetzt mit mir gehen! Es war sinnlos, Widerstand zu leisten, denn der Fremde war ein Gestapo-Agent. Er fügte hinzu: Sie brauchen nicht auf Albert zu warten; wir haben ihn bereits verhaftet und haben ihm auch sein Geld abgenommen Herr Wandres hat gesagt, dass Sie mit zwei Koffern ankommen würden und das sie Paula sind!" [38]
Die Zeugenleitung versucht die Sachlage herunterzuspielen mit
der Andeutung, die Gestapo könnte ja diese Erklärung bei der Verhaftung der
"Paula" auf anderem Wege gewonnen haben. Dem steht der Bericht des Karlsruher
Generalstaatsanwaltes gegenüber, der eindeutig erklärt, dass Wandres es gewesen
ist, dessen Aussagen zu weiteren Ermittlungserfolgen führten.
Es soll nicht bestritten werden, dass Wandres vor seiner Verhaftung eine gewisse
Cleverness an den Tag legte. Aber auch die Gestapo bestand nicht nur aus
"Nachtwächtern". Einmal in ihre Fänge gebracht, haben sie auch ihn zum reden
gebracht."
Es sei nochmal zitiert:
"Nun ist wie ausgeführt, Wandres in der Reihe von Verhaftungen der
WTG-Spitzenfunktionäre, erst verhältnismäßig spät dran gekommen. Anderen vor
ihm, muss man bescheinigen. Einmal in die Gestapoklauen gekommen, „sangen" sie
sehr wohl. Sollte nun ausgerechnet Wandres eine Ausnahme von dieser Regel
sein???"
Laut Wrobel wurde Wandres dann in seinem eigenen Gerichtsverfahren neben dem
"Reichsleiter" als "einer der Hauptfunktionäre" eingestuft. Laut Steinberg
unterstanden ihm 65 ZJ-Funktionäre in anderen Orten. Schon zu Zeiten der
Weimarer Republik, war er faktisch zum Hauptamtlichen Funktionär für die
WTG-Interessen aufgestiegen. Nunmehr unter den widrigen Umständen des
Naziregimes setzte er dann diese Art von "Karriere" fort.
Im "Wachtturm" vom 15. 11. 1965 macht Wandres in seinem
dortigen Bericht, der wie für WTG-Verhältnisse nicht unerwartet, einige
neuralgische Punkte "kunstvoll" umgeht, auch die Angabe. Er sei bei einem 1937er
ZJ-Kongress in Paris mit anwesend gewesen. Habe dort auch mit Rutherford
persönlich wegen der Lage in Deutschland konferiert. War quasi beauftragt, das
deutsche Werk wieder mit "anzukurbeln".
Erstens kam es anders, und zweitens als Rutherford und Wandres dachten. Schon
zwei Tage nach seiner Rückkehr aus Paris, gelang es der Gestapo Wandres habhaft
zu werden. Die Zeiten, wo die Gestapo, durch unerwartete Flugblatt-Aktionen noch
überrumpelt werden konnte, waren nunmehr endgültig vorbei. Die Gestapo hatte aus
diesen von ihr so nicht erwarteten Flugblatt-Aktionen durchaus auch ihre
internen Lehren gezogen.
Eine dieser Lehren kann man in dem, wie Gertrud Pötzinger mal zu formulieren beliebte, den sie beeindruckenden "Bruder Müller" mit seiner enormen "Gebetskunst", nachlesen.
Es spricht vieles dafür, dass Wandres schon zwei Tage nach seiner Paris-Rückkehr ergriffen werden konnte, ist keineswegs dem "Kommissar Zufall" , sondern dem "Kommissar die Gestapo hat gelernt" zuzuordnen.
Vierzig Tage am Stück hintereinander, sei er dann durch die Gestapomühlen durchgedreht worden, teilt Wandres in seinem WT-Bericht selbst beiläufig mit. Davon seien die ersten zehn Tage die schlimmsten gewesen. Es besteht keinerlei Anlass solcherlei Aussage in Frage zu ziehen. Wenn also die Gestapo sich vierzig Tage Zeit für Wandres nahm, dann doch wohl sicherlich nicht, weil sie "vor lauter langer Weile" etwa nicht wusste, wie sie denn ihre Zeit "totschlagen" sollte. Die inzwischen gelernt habende Gestapo hatte dabei durchaus konkrete Ziele im Hinterkopf. Und eines dieser Ziele war eben auch, dass von Wandres zu erfahren, was sie wissen wollte.
Klappt es am ersten Tage noch nicht so recht, so dürfte indes die Bilanz der Gestapo am vierzigsten Tage wohl etwas anders ausgesehen haben. Und die Gestapo wäre nicht die Gestapo gewesen, hätte sie das Gefühl gehabt, noch etwas hat Wandres nicht gesagt. Dann hätten sehr leicht aus den vierzig auch sechszig Tage oder mehr werden können.
Das sei jetzt nicht primär als Vorwurf an die Adresse der Opfer verstanden. Diesem diabolischem System zu widerstehen, war auf Dauer kaum möglich. Allenfalls geht der Vorwurf an die Adresse von Rutherford, welcher um seiner vermeintlich Organisations-Egoistischen Ziele, diese Konfrontation mit beförderte, dass dabei anfallende "Kanonenfutter" billigend in Kauf nahm.
Kürzlich wurde in Köln eine regional bezogene Broschüre der Zeugen Jehovas vorgestellt. ... Liest man sie, hat man das Gefühl lediglich die Tafeln einer der „Standhaft"-Ausstellungen, eben diesmal in Broschürenform, vor sich zu haben. ...
Zielstellung dieser Broschüre sind die regionalen, Köln
bezüglichen Aspekte. ...
Dafür stehen dann solche Sätze wie der:
„Nach der Verhaftung (des Dienstleiters) Blumes am 17. 03. 1937 war Elly Fey aus
Köln-Nippes bis zu ihrer Verhaftung am 10. 09. 1937 als Gruppendienerin von Köln
für die Schriftenverteilung verantwortlich. ... Wandres traf sich einmal im
Monat mit Elly Fey in ihrer Wohnung und händigte ihr Publikationen der IBV aus.
Es kam, wie man erahnen kann. Eines Tages erwischte es auch Frau Fey. Und nun
fühlt sich die besagte Broschüre zu der Aussage berechtigt:
„Zur Hauptverhandlung sollte Albert Wandres gegen Elly Fey aussagen. Zuvor auf
die anstehende Hauptverhandlung angesprochen erklärte er: „Man möge mir im
Gerichtssaal einen Galgen aufstellen, ich werde kein Wort sprechen, und wenn mir
dies mein Leben kosten sollte."
A ja. Das wäre dann in der Tat eine seltene Ausnahme von der Regel.
Jedenfalls hat auch Herr Wandres die Hitler'schen KZ's überlebt."
Wenn man in neueren WTG-Voten vernimmt, der zeitgenössische WTG-Funktionär Albert Wandres, habe sich als ein besonders standhaftes" Exemplar erwiesen. So etwa in einer von Herrn Lorsbach herausgegebenen, Köln bezüglichen Broschüre.
Dann möge man es nachsehen, wenn als Kommentar dazu angemerkt wird. Solcherart Voten wirken geradezu „beflügelnd" sich auch ein eigenes Bild solcher Standhaftigkeit zu verschaffen.
Nun ist der Haken bei der Sache wohl der. Auch zeitgenössische Gestapo-Funktionäre befassten sich verschiedentlich schon mit Herrn Wandres, und ließen ihre Eindrücke, in Aktenform, auch für die Nachwelt zurück. Ein solches Dokument überschrieben „An die SD-Führer aller SD-Oberabschnitte", schließt mit der abschließenden Forderung an die Empfänger, bis zum 25. 12. 1937 „ausführlich" (in Sachen Zeugen Jehovas) zu berichten.
Und damit die Herren Empfänger jenes Schreibens (etwa auf den
September 1937 zu datieren), auch wüssten, wie und was sie den so zu berichten
hätten, gibt es in diesem Schreiben auch eine Zusammenfassung des Standes in der
Zeugen Jehovas-Angelegenheit.
Und siehe da. In eigenen Kreisen redete die Gestapo durchaus relativ
ungeschminkt.
Dieses Schreiben ist auch deshalb als interessant einzustufen, dieweil es noch
ein paar mehr Namen nennt. Was Herrn Wandres darin anbelangt, so kann man ihm
allenfalls „Kunstfehler" attestieren, von denen aber die Gestapo profitieren
konnte. Indes darf man wohl auch „Kunstfehler" eben als Fehler bezeichnen. Es
sei hier nicht unbedingt der erhobene Zeigefinger präsentiert. Aber ich könnte
mir vorstellen. Auch andere werden diese Gestapo-Ausführungen als nicht
uninteressant einstufen. Daher seien sie im nachfolgenden kommentarlos, einmal
vorgestellt:
Nachdem im März d. J. die zweite illegale Organisation der IBV zerschlagen worden war, begann der flüchtige Bezirksdienstleiter Heinrich Dietschi, B. D. für Westfalen, Oldenburg und Schleswig-Holstein, die dritte illegale Bibelforscher-Organisation aufzubauen. In wenigen Wochen war diese Organisation bis auf Ostpreussen Mecklenburg und Pommern vollkommen intakt und die einzelnen Bezirksdiener setzten ihre illegale Tätigkeit mit verstärktem Eifer fort.
Nachdem die Bezirksdienstleiterin für Bayern, Elfriede Löhr, durch die Staatspolizei festgenommen worden war, konnte durch einen bei ihr vorgefundenen Sicherheitsschlüssel die illegale Wohnung des Reichsdieners Dietschi ermittelt werden. Die Wohnung wurde durch Beamte der Geheimen Staatspolizei besetzt und am 28. 6. 37 konnte Dietschi bei einem Anlauf festgenommen werden.
Es wurde festgestellt, dass als Nachfolger
des Dietschi der Bezirksdiener Albert Wandres, B. D. für Rheinland, Baden und
Württemberg, die Reichsleitung der illegalen IBV übernommen hatte. Dieser wurde
am 3. September 1937 in Dresden festgenommen und dem Geheimen Staatspolizeiamt,
Berlin überführt.
- 2 -
Aufgrund der bei ihm vorgefundenen Aufzeichnungen wurden weitere Ermittlungen
angestellt, die zur Festnahme von folgenden Bezirksdienern geführt haben:
1. Emter, Hermann, wohnhaft in Freiburg i. B. D. für Schlesien; dort war als
Nachfolgerin der bereits festgenommenen Bezirksdiener Fehst und Rothe.
2. Bötzinger, geb. Mende, Gertrud, tätig, die gleichfalls festgenommen werden
konnte; ihr Nachfolger war Emter.
3. Stickel, Ludwig, B. D. für Württemberg.
4. Ebert, Georg, war als Nachfolger von Stickel bestimmt und sollte auch in
dessen Bezirk sich einarbeiten.
5. Schneider, Auguste, B. D. von Baden.
6. Förster, Arthur, Hannover, war als Nachfolger von B. D. Friese, Walter,
gedacht und war im Besitz von Adressenmaterial aus dessen Bezirk.
Aus den Aufzeichnungen des B. D.
Wandres ging hervor, dass am 11. 9. 37 in Berlin, Ostenderstr. 28b, Erdgeschoss,
links, ein Reichstreff der verbliebenen Bezirksdiener stattfinden sollte. Dieser
Treff wurde von Beamten des Gestapa überwacht und hier wurden folgende Personen
fetstgenommen:
1. Friese, Walter aus Halle/S., B. D. für Thüring. Friese galt nach der
Verhaftung des Wandres als der neue B. D.
2. Stoldt, Franz, Berlin, B. D. für Berlin.
3. Venhofen, Erich, B. D. für Rheinland und Hannover, war als Nachfolger von
Dietschi für dessen Bezirk vorgesehen.
4. Frau Jansen, Hamburg, B. D. für Schlesw.-Holst.
5. Kasellowski, Berlin, Kurier für den B. D. Stoldt. (K. war nach Aussagen des
B. D. Stoldt vorgesehen als B. D. f. Mecklenburg und Pommern und sollte an
diesem Reichstreff vom B. D. Friese als B. D. Bestätigt werden).
- 3 -
6. Perske, Charlotte, Berlin, Gruppendienerin in Gross-Berlin, Deckname
„Posaune".
Weiter wurden im Verlauf der Aktion 27 Gruppendiener und andere Funktionäre festgenommen und den zuständigen Stapostellen übergeben. Im Reichsgebiet wurden bisher 7 Vervielfältigungsapparate mit den dazu gehörigen Schreibmaschinen sichergestellt. Ein weiterer Vervielfältigungsapparat befindet sich in Bochum und wird in Kürze beschlagnahmt werden. In Hannover konnte ein Bücherlager mit etwa 1.000 Karton IBV-Schriften sichergestellt und beschlagnahmt werden. Auch sind etwa 7.000,- IBV-Gelder erfasst worden. Nach dem Stand des hiesigen Ermittlungsergebnisses sind jetzt sämtliche B.D.-Leiter Deutschlands festgenommen worden. Es ist aber anzunehmen, dass von seiten der IBV-Anhänger versucht wird, die Organisation von neuem aufzubauen.
Zur Ermittlung der IBV-Organisationen, insbesondere der noch freien Gruppen- und Zellendiener, sind folgende Hinweise von Wichtigkeit:
Die IBV-Funktionäre sind angewiesen, Treffs und Bestellungen entweder 7 Tage vor- oder 7 Tage nachher in Notizbücher einzutragen. Es ist allerdings auch schon festgestellt worden, dass Treffs am richtigen Tage notiert worden sind.
Angeblich wollen sich die einzelnen IBV-Funktionäre nicht mit richtigem Namen kennen und nennen sich mit Spitznamen z. B. Posaune, Simpel, Gideon, Oskar u. ä. In den meisten Fällen sind ihnen aber die richtigen Namen bekannt.
Dietschi hatte die Anweisung gegeben, dass alle IBV-Angehörigen die Anschriften von Bekenntnispfarrern und Bekenntnischristen feststellen sollen. Auch solche Leute sollen namentlich gemeldet werden, die an nationalen Feiertagen wie z. B. 1. Mai, Geburtstag des Führers u. ä. nicht flaggen.
- 4 -
Die Anschriften gingen vom Zellendiener über den Gruppendiener an den
Bezirksdiener, der sie bei monatlichen Reichstreffs in Berlin dem Reichsdiener
übergab. Zum Sammeln der Anschriften waren 2 besondere Stellen (Berlin und
Bremen) eingerichtet, wo diese mit Schreibmaschinen auf Bogen geschrieben
wurden. Abschriften hiervon übergab Dietschi dem Bibelhaus in Bern. Bei der
nächsten Aktion der IBV sollten an erster Stelle an diese Anschriften
Flugblätter verteilt werden.
Vom 21. bis 24. August fand in Paris ein Kongress sämtlicher Bibelforscher der Welt statt, an dem etwa 3 - 4.000 Personen, darunter 1.200 Deutschsprechende, teilgenommen haben. Aus Deutschland waren nur Dietschi, Wandres, Venhofen und Stickel, sowie einige Glaubensbrüder zugegen. Unter diesen ist ein gewisser Weiß, der Rheinschiffer sein soll. Es ist möglich, dass dieser mit dem Sender, über den bereits berichtet wurde, in Verbindung zu bringen ist.
Zu dem Sender ist noch folgendes zu sagen:
Dietschi beabsichtigte, einen Kurzwellensender aufzubauen, der entweder auf
einem Rheinboot oder einem Kraftwagen aufgestellt werden sollte. Angeblich wird
dieser Sender in der Schweiz hergestellt. Da bisher noch keine Sendungen
abgehört werden konnten, muss angenommen werden, dass der Sender noch nicht
aufgebaut worden ist, bezw. sich noch in der Schweiz befindet. Festgestellt
werden konnte nur, dass bereits unter den Glaubensbrüdern eifrig für diesen
Sender gesammelt worden ist.
Die einzelnen vom Gestapa festgenommenen Bezirksdiener werden in Kürze den zuständigen Stapostellen übergeben; damit diese örtlich die restlose Zerschlagung der IBV durchführen können. Die Oberabschnitts-Referenten werden hiermit angewiesen, sich sofort mit den Stapostellen in Verbindung zu setzen und dafür zu sorgen, dass diese Aktion gegen die IBV gründlichst durchgeführt wird.
- 5 -
Es ist nunmehr zu hoffen, dass die illegale Betätigung der
Zeugen Jehovas in Deutschland endgültig ihr Ende findet. Die Oberabschnitte
haben über das Ergebnis der Aktion bis zum 25. 12. 37 ausführlich zu berichten.
Siehe auch noch ein Dokument reproduziert. Sein Inhalt sei keineswegs überbewertet. Es geht lediglich um den Umstand, dass es der Gestapo möglich wurde, durch eine von Wandres erpresste Aussage, eine bestimmte "Spur" weiter zu verfolgen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
In der Nazi-Zeitung „Westdeutscher Beobachter" (Köln), Ausgabe vom 5. 4.
1938 gelesen.
(Ergänzende Anmerkung. In einer Köln bezüglichen ZJ-Broschüre gibt es diesen
Artikel auch als Faksimilie und magerer Detail-Zitierung. (S. 16). Insbesondere
wird dort der Herr Wandres als Heroe herausgestellt. Etwas makaber wirkt in
diesem Kontext allerdings der Satz des „Westdeutschen Beobachters"
„Dieser „Märtyrer" jener Gesinnung, der zur Zeit eine Gefängnisstrafe von
fünf Jahren absitzt, hatte nämlich seinerzeit, wie er selbst zugibt, aus freien
Stücken die heutige Angeklagte verraten und belastet."
Das dortige Faksimilie ist aber so undeutlich, dass es kaum lesbar ist. Ein
Volltext in Abschriftform wird gleichfalls nicht geboten.
Daher an dieser Stelle, seine Zitierung (kommentarlos),
(Abschrift, soweit entzifferbar).
Zwei sonderbare Heilige vor dem Sondergericht
„Ernste" Bibelforscher verbohrt und verlogen
Krankheitsträger hat man von jeher abgesondert und von der Umwelt ferngehalten,
damit das Gift nicht weiter verbreitet werde, das sie im Blute haben und die
Allgemeinheit nicht verseucht werde. Epidemien gibt es aber nicht nur im Sinne
der Medizin, es gibt auch geistige und seelische Erkrankungen, die weite Kreise
erfassen können. Der Schaden den sie verbreiten, ist nicht geringer als der, den
im Mittelalter etwa die Pest oder der Aussatz.
Eine dieser modernen Geisteskrankheiten hat uns das geschäftstüchtige Amerika in
einer Hochflut von Schriften und Traktaten nach Deutschland gebracht, indem es
die Werber dieser Bibelforscher entsandte, die sich mit Vorbehalt 'ernste'
nennen, weil sie wohl wissen, daß man sonst von vornherein an ihrem Verstande
zweifeln würde. Sie bilden eine Gefahr für jeden Staat, den sie maßen sich an
mit ihrem albernen Gewäsch, das sie als ihren Glauben ausgeben, die
Staatsgesetze zu messen. Da aber der kulturbolschewistische Krimskram den ein
verkrustestest Hirn aus der Bibel und angeblichen Offenbarungen zusammenstoppeln
ganz uneinheitllich ist, so vermag jeder dieser sonderbaren Zeugen Jehovas eine
andere Meinung über die Grundgesetze des Staates auszuhecken und sie abzulehnen.
Es war darum, vor allem anderen oft erläuterten Gründen abgesehen, nicht mehr
als eine Vorsichtsmaßregel, daß der nationalsozialistische Staat dieser Sekte
jede Betätigung verbot, zumal auch die Fäden zum Bolschewismus deutlich zutage
traten.
Trotzdem gibt es immer noch Fanatiker, die von der göttlichen Sendung ihrer
„Meister" überzeugt sind, daß sie auch heute noch den Irrsinn verbreiten wollen
den man ihnen verzapft hat. Und so hatte sich denn das Kölner Sondergericht
gestern morgen wieder mit einer „Zeugin Jehovas" zu befassen, in im Jahre 1931
im Deutzer Strandbad getauft wurde, und seitdem immer tiefer in die
Verstrickungen ihres Wahnes hineingeraten war. Es wäre wenig über diese
Verhandlung zu sagen, hätte nicht der Reichsleiter dieser amerikanischen ...
Sekte als Zeuge eine Figur dargeboten, die die ganze Hohlheit seines Glaubens
offenbarte.
Dieser „Märtyrer" jener Gesinnung, der zur Zeit eine Gefängnisstrafe von fünf
Jahren absitzt, hatte nämlich seinerzeit, wie er selbst zugibt, aus freien
Stücken die heutige Angeklagte verraten und belastet.
Man hätte ihr sonst vielleicht ihren Irrglauben, niemals aber ihre illegale
Tätigkeit für die verbotene Bewegung auch beweisen können. Diese bestand darin,
daß die Frau sozusagen die Nachfolgerin eines bereits abgeurteilten
Bezirksleiter wurde, daß sie verbotene Schriften in empfang nahm und verteilte,
dem Herrn Reichsleiter Gelder ablieferte usw. Heute, wo er Gelegenheit gehabt
hätte, seiner Glaubensschwester zu helfen, verweigerte dieser hartnäckig jede
Aussage. Die Angeklagte selbst aber, die sich als „Zeugin Jehovas" doch zu
besonderer Wahrheitsliebe verpflichtet fühlen müßte, leugnete ebenfalls
hartnäckig etwas Verbotenes getan zu haben. Den Deutschen Gruß bezeichnet sie
als eine verbotene Verehrung eines Menschen, sie bete nur Jehova an. Auch an
einer Wahl teilzunehmen, verstoße gegen ihren Glauben. Früher allerdings hat sie
stets gewählt, nur schweigt sie darüber, wem sie ihre Stimme gab.
Das Sondergericht zog aus dem hartnäckigen leugnen der Angeklagten und dem
Zeugen den einzig möglichen Schluss, dass seine damalige Darstellung richtig
gewesen sei.
Sonst hätte er wohl jetzt gesprochen. Es verurteilte die Beschuldigte zu zwei
Jahren Gefängnis unter Anrechnung der Schutz- und Untersuchungshaft.
Nachtrag:
In einer thematisch vorangegangenen Broschüre: "
Die
NS-Verfolgung der Zeugen Jehovas in Köln (1933 – 1945) wird der fragliche Artikel aus dem „Westdeutschen Beobachter" , dort auf den Seiten 16, 17 mit erwähnt.
Dann gab es noch eine Broschüre aus dem Jahre 2006, letztere herausgegeben mit Unterstützung der Zeugen Jehovas nahen Arnold Liebster Stiftung, die auch den Fall Elly Fey mit erwähnt. Der Passus „Westdeutscher Beobachter" ist dort allerdings - ersatzlos - wegrationalisiert.
„Dieser „Märtyrer" [Wandres] jener Gesinnung, der zur Zeit eine Gefängnisstrafe von fünf Jahren absitzt, hatte nämlich seinerzeit, wie er selbst zugibt, aus freien Stücken die heutige Angeklagte verraten und belastet."
So kann man Geschichte auch „bewältigen". Das Unangenehme unter den Teppich kehren. Wer das ganz besonders gut kann, sind offenbar die Zeugen Jehovas!