Re: 1. 12. 1954 (Vor fünfzig Jahren)


Rund ums Thema Zeugen Jehovas

Geschrieben von Drahbeck am 01. Dezember 2004 06:57:38:

Als Antwort auf: Re: 22. 11. 1954 (Vor fünfzig Jahren) geschrieben von Drahbeck am 22. November 2004 06:44:13:

Dem katholischen Jesuitenorden wird unter anderem vorgeworfen (Zitat aus einem kirchlichen Lexikon protestantischer Prägung [Calwer Kirchenlexikon] :
„Aber am verwerflichsten ist der dritte Grundsatz der Mentalreservation, der gestattet, wissentlich etwas Erlogenes zu behaupten, ja eidlich zu erhärten, wenn man nur - flüsternd oder nur denkend - einen geheimen, stillen Vorbehalt macht, wodurch das Behauptete wieder aufgehoben wird, oder sich eines zweideutigen Ausdrucks („Amphidolie") zu bedienen, wodurch der andere irregeführt wird."

Abgesehen von den mit genannten offenkundigen Meineiden (da mag die WTG nicht mitziehen). Abgesehen von dieser Einschränkung, propagiert die WTG in der Sache, genau diese jesuitische Mentalreservation, namentlich bezogen auf Verbotsländer. Etwa Hitlerdeutschland, der DDR oder anderer dieser „Güte". So auch in ihrer „Wachtturm"-Ausgabe vom 1. 12. 1954. Das die Jesuiten, wie gelesen, ähnliches praktizieren, erfährt man indes in diesem WT-Artikel nicht. Das ist für die WTG offenbar kein Thema, will sie doch als „eigenständig" gelten und nicht als „Abklatsch von irgendetwas".

Es ist offenbar eine „Gratwanderung", der mit solchen Grundsätzen die Bahn geebnet wird. Wer sich zum taktischen Lügen aus Prinzip verstehen kann, der wird diese Grenze vielleicht nicht immer auf die „großen Fälle", für die das gedacht ist, beschränken: sondern vielleicht auch im Alltag auf ähnlich schiefe Bahnen geraten. Da muss nun der WT „gegensteuern", und das versucht er des lang und breit in vorgenannter WT-Ausgabe. Da werden dann diverse Einzelfälle genannt, wo der WT das taktische Lügen nicht angewendet wissen will. Unter anderem liest man da:

„Es ist nicht immer eine gute Gewohnheit, wenn Brüder Geld von anderen Brüdern borgen. … Wenn Brüder untereinander Geschäfte tätigen und Abmachungen treffen hinsichtlich Geldleistungen und Warenzahlungen, sollten sie ihr Versprechen halten, die Wahrheit sagen und jede Unehrlichkeit meiden. Weil uns das Gedächtnis im Stiche lasen kann und um Streitigkeiten vorzubeugen, ist es ratsam, die getroffenen Vereinbarungen schriftlich festzuhalten. …

Falls der Übertreter sich aber weigert, eine Sache so in Ordnung zu bringen, wie es sich gehört, ist es dann angebracht, daß der Bruder, der das Darlehen machte, den Schuldner-Bruder vor Gericht zieht und ihm den Prozeß macht? …
Indes kann einem solchen die Gemeinschaft der Versammlung entzogen werden, wenn er ein Erpresser ist. … Ob eine geprellte Person jemanden, dem die Gemeinschaft entzogen worden ist, vor Gericht ziehen will, muß sie entscheiden. … Doch ist es gut, die Kosten, die sich an Zeit und Geld ergeben, in Betracht zu ziehen. Prozesse sind kostspielig, und bisweilen kommt es so heraus, daß alles den Rechtsanwälten für ihre Gebühren zufließt. Auch ist es nötig, daran zu denken, ob durch eine solche öffentliche Maßnahme nicht Schmach auf das Werk kommt. Deshalb sollte ein Bruder seinen Bruder nicht vor Gericht ziehen; es kommt Schmach auf die Organisation. … Bei einer Person, der die Gemeinschaft entzogen worden ist, liegt aber die Sache anders, obwohl die Leute im allgemeinen nicht erkennen mögen, daß jemandem, dem der Prozeß gemacht wird, die Gemeinschaft entzogen ist …"

Siehe vergleichsweise auch:

Schlafende Hunde geweckt

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