Annotationen zu den Zeugen Jehovas

Rutherford's Hölle

Besonders hervorhebenswert ist sie eigentlich nicht, die Rutherford-Broschüre aus dem Jahre 1926 mit dem Titel "Die Hölle". Darin wandelt er (noch) in den Pfaden seines Vorgängers Russell, der dies bekanntlich auch zu einem seiner Lieblingsthemen erkoren hatte und der sich als einer feiern ließ, der den "Wasserstrahl auf die Hölle" gerichtet habe.

Die von Rutherford durchgesetzten lehrmäßigen Veränderungen spiegeln sich in dieser Schrift auch noch nicht wieder. So wird in ihr die "Wiederkunft Christi" immer noch auf 1874 terminiert. Einige Jahre später sollte es dann "1914" gewesen sein.

Bezeichnend ist es schon, dass auch Rutherford einräumt, es gibt in der Bibel sehr wohl Stellen, die im Sinne einer Höllenlehre gedeutet werden können, und die von anderen Kirchen auch so gedeutet wurden (werden). Rutherford weiß aber Rat.

In seiner Diktion sei es so, dass es in der Bibel Stellen gibt, die wörtlich verstanden, aber auch solche die "symbolisch" zu verstehen seien. Dies ist für ihn der entscheidende Schlüssel um die konventionelle Höllenlehre ad acta zu legen.

Wer entscheidet nun, was ist symbolisch, was ist buchstäblich zu verstehen? Hier besteht in der Tat eine "Grauzone". Forsch wie Rutherford ist, hat er auch hier keine Skrupel. Eine buchstäbliche Hölle wäre mit einem Gott der Liebe nicht zu vereinbaren, so seine "glasharte Erkenntnis". Ergo könne es sich nach Rutherford, auch nur darum drehen auszuloten, welche symbolische Erklärung für die entsprechenden Bibelstellen anzuwenden sei. Eine buchstäbliche Erklärung will er in allen Fällen, wo es nach "Hölle" riecht, grundsätzlich ausgeschlossen wissen, da dies ja das Bild eines "lieben Gottes" tangieren könnte.

Schade, die Broschüre erschien schon im Jahre 1926. Wäre sie zwei Jahrzehnte später erst erschienen, hatte man sich wohl die Frage nicht ganz verkneifen können, wie denn sein "Gott der Liebe" beispielsweise zu Auschwitz stand. Letzteres sieht denn doch wohl eher nach einer Hölle, als denn dem Gegenteil davon aus.

Im übrigen, man hätte keineswegs nur auf Auschwitz abzustellen. Die Greuel des ersten Weltkrieges waren auch Rutherford sehr wohl geläufig. In seiner Zeitschrift "Goldenes Zeitalter", dass nicht eintrat und deshalb schon 1938 "Trostbedürftig" wurde, hatte er selbst mal ein einschlägiges Titelbild reproduzieren lassen, den Gaskrieg im Ersten Weltkrieg betreffend.

)

Einer der da mit von diesem Gaskrieg getroffen wurde, hieß übrigens Adolf Hitler. Solche Erfahrungen haben ihn dann auch hart gemacht um dafür zu sorgen, dass auch anderen eine buchstäbliche Hölle bereitet wurde. Und der "liebe Gott" sah wieder einmal tatenlos zu.

Wie immer man auch über die Frage streiten mag: Symbolische oder buchstäbliche Auslegung. Eines scheint mir doch sicher zu sein. Zieht man die Weltgeschichte mit zu Rate, spricht ein vielfaches mehr dafür, dass es eine Hölle gibt, zumindest in diversen weltgeschichtlichen Konstellationen eine solche, die von den Menschen selbst bereitet wurde. Es wäre lediglich eine Frage der "Exegetik", die passenden Bibelstellen dazu heranzuziehen und entsprechend auszulegen.

Wie tönte doch Rutherford in dieser Broschüre noch (S. 36):

"Wer in der heutigen Zeit lebt, und die Tatsache wahrnimmt, daß die Gunst Gottes, wie Jesus verheißen hat, zu den Juden zurückkehrt, kann sowohl durch Glauben, als auch durch faßbare Beweise (äußere Geschehnisse) deutlich erkennen, daß die Kluft zwischen Juden und Heiden jetzt überbrückt wird. Die Herauswahl der Kirche wird bald vollendet sein; der neue Bund wird bald in Kraft treten; und dann werden allen Israeliten die Augen des Verständnisses geöffnet werden, damit sie zu einer Erkenntnis der Wahrheit kommen, Christum als den Messias annehmen und die Segnungen des Lebens empfangen."

Schnee von gestern - mag man dazu nur noch anmerken.

Der Konfesionskundler Konrad Algermissen etwa, hatte auch schon zeitgenössisch jene Broschüre gelesen und aus ihr zitiert (Algermissen, Konfessionskunde, 4. Aufl. S. 777). Algermissen erschien auch besonders daraus jener Satz zitierenswert, worin Rutherford verlautbarte:

"Die Auferstehung der Toten wird bald beginnen. Mit dem Worte 'bald' meinen wir nicht das nächste Jahr; aber wir glauben zuversichtlich, daß es geschehen wird, ehe ein weiteres Jahrhundert vergeht" (Hölle S. 55).

Das war damals der Strohhalm, den Rutherford den Seinigen im Nachgang des 1925-Desasters anbot und der von etlichen wohl auch gierig ergriffen wurde. Das Jahrhundert von dem damals die Rede war, gehört übrigens, falls noch nicht bemerkt, zwischenzeitlich auch der Vergangenheit an.

Die Substanz des Rutherfordglaubens ist Wunschdenken. Etwa adäquat dem des Lottospielers der auch darauf hofft, dass "seine" Zahlen den großen Treffer bringen und der in seinem Bewusstsein verdrängt, dass für nur einen nennenswerten Treffer viele, sehr viele Nieten unabdingbar sind. Ganz abgesehen davon, dass keineswegs alle eingezahlten Beträge als Gewinnausschüttung zur Verfügung stehen. Noch mehr wird verdrängt, dass die Verwaltung und der Staat, bezüglich Lotterien, erhebliche Teile des Gesamtaufkommens erst mal abzweigen, die nie als Gewinnausschüttung zur Verfügung stehen.

Die "Glücksbedürftigen" sind in der Regel immer die Verlierer. Der eigentliche Gewinner ist eigentlich nur der Veranstalter einer Lotterie, respektive seine staatlichen Konzessionäre im Hintergrund.

So wie trotz dieser simplen Erkenntnis, bestehende Lotterien keineswegs am "Hungertuch" nagen, so verhält es sich auch wohl mit den Religionslotterien.

Um Emanuel Kant zu bemühen. Die Menschheit ist offenbar immer noch im tiefsten in ihrer selbstverschuldeten Unmündigkeit gefangen.

Eine nüchterne, leider aber zutreffende Schlussbilanz.

Freude der Ungläubigen

Pech, Schwefel und Kolophonium

Schlagt die Kirchen, wo immer ihr könnt

ZurIndexseite