"Feinde des Christentums"

Hohenberger, der „Leichtgewichtige"

Bereits in seiner 1924 herausgekommenen Publikation, mit dem Titel:
„Warum warnt die Kirche vor der Internationalen Vereinigung Ernster Bibelforscher?" lässt der 1888 geborene Pfarrer Adam Hohenberger diese mit dem markigen Satz ausklingen:

„Unser Führer zu ernsten Bibelforschung ist daher nicht Russell, sondern Luther."

Das mag denn Herr Hohenberger, für die Seinigen so halten, wie er will. Das ist ja unbestritten. Nun hat er aber sich das Ziel gesetzt, sich mit der Bibelforscherbewegung auseinander zusetzen. Ob er letztere auch mit der genannten These „beeindruckte" erscheint eher zweifelhaft.
Mit „Vorliebe", auch den Band 7 „Schriftstudien" nutzend, zitiert dann Hohenberger Kirchenkritische Passagen aus dem WTG-Schrifttum.
Sein zusammenfassendes Resümee seiner ausgewählten Zitatstellen lautet dann:
„Mit Vorliebe werden die Umstürzler als Beauftragte und als Werkzeuge Gottes hingestellt."

Besagte „Umstürzler" haben es dann auch ihm als Schreckgespenst angetan.
Einer seiner wertenden Sätze in seiner 1924er Publikation lautet im Verfolg dieser Linie dann auch:
„Die "Ernsten Bibelforscher" sind entschlossen, durch Verbreitung ihrer Schriften in aller Welt solange auf die "weltenweite Revolution" hinzuarbeiten, bis alle staatlichen und kirchlichen Ordnungen gestürzt sind. Ihre Gesinnung gegen Staat und Kirche offenbaren sie schon, wenn sie die "politischen, finanziellen und kirchlichen Machthaber" zusammenfassend als "Satans Organisation" bezeichnen, sie spiegelt sich aber vor allem in ihrer Deutung verschiedener Bilder der Offenbarung Johannis."

Auch für Hohenberger und Compagnons war die „derzeitige Welt, die beste aller Welten", solange sie, und das war ja gegeben, für ihn und Seinesgleichen bequeme Beamtenposten abwarf. Da müssten alle jene die sich dem Dogma von der „besten aller Welten" so nicht wähnten anschließen zu können, automatisch ins Lager der Feinde auch von Hohenberger, befördert werden. Ein Feingefühl, das das mit der „beste aller Welten" vielleicht auch anders gesehen werden kann, ist bei ihm jedenfalls nicht feststellbar. Er hat also nur eines zu predigen: Konservatismus, Konservatismus und nochmals Konservatismus.

Nun hat die weitere Geschichte der WTG-Hörigen eindrucksvoll auch die These, von der in religiöser Verpackung daher kommenden Kritik, an der vermeintlich „besten aller Welten" belegt. Letztendlich hat Hohenberger, nur das Jenseits-Angebot im Gepäck. Charakteristisch dafür auch sein Satz:
„Nicht Russells Rauschtrank und Schwärmerei von einem ewigen Fortbestand unserer Erde, sondern nur die durch Christus begründete und durch den Heiligen Geist gewirkte Lebensgemeinschaft mit Gott läßt uns auch dem Ende der Welt getrost entgegensehen. Mögen "Ernste Bibelforscher" sich krampfhaft an d i e s e Erde klammern!
W i r warten eines neuen Himmels und einer neuen Erde nach Gottes Verheißung, in welchen Gerechtigkeit wohnet!"
 
und selbige wäre dann traditionellerweise in den Jenseits-Gefilden vorfindlich.
Hohenberger scheut sich auch nicht, Schnittmengen zu den Antisemiten herzustellen. Mag er zu Details der antisemitischen „Milchmänner" auch Vorbehalte haben, so ist dennoch seine Grundauffassung, auch Antisemiten können „honorig" sein.
Dafür steht auch sein verklausulierter Satz:
„Für Christen, die wissen, was sie an dem reinen Evangelium haben, bedarf eine solche gehässige Beurteilung des Christentums und offenkundiger Parteinahme für das Judentum keiner Widerlegung."

Sowohl in einer Serie von Zeitschriftenartikeln, als auch zusammengefasst als Broschüre, nahm Hohenberger im Jahre 1926 das Bibelforscher-Thema erneut auf. Diesmal titelt er:
„Christus und sein Reich nach der Entstellung durch die „Ernsten Bibelforscher".
Wieder richtet sich sein Widerspruch etwa gegen die Ablehnung der Seelenlehre durch die Russellianer. Wieder vollzieht er eine Annäherung an die politischen Antisemiten, wenn er etwa formuliert:
„Seit 1914 sind jedoch aus dem Judentum anstelle der "glaubenstreuen Überwinder des alten Bundes", die von den Toten auferstehen sollten, einflußreiche Führer der russischen und deutschen Revolution hervorgegangen. Diese seltsame "Erfüllung" der Prophezeiungen Russells muß umso mehr Aufsehen erregen, als die E. B. keinen Zweifel darüber lassen, daß sie "an diesem Werke, die jetzigen Reiche in Stücke zu schlagen, beteiligt sein werden."

Im Jahre 1932 veröffentlichte der Pfarrer Adam Hohenberger in der "Allgemeinen Evangelisch-lutherischen Kirchenzeitung" erneut  einen sich über insgesamt vier Ausgaben erstreckenden Fortsetzungsbeitrag. Als Titel wählte er: "Die 'Ernsten Bibelforscher' als Feinde des Christentums".

Nachdem er einige markante Stellen aus den Rutherford-Schriften zitiert hat, kommentiert er:

"Die aufgeführten Stellen entstammen nicht den Veröffentlichungen eines Gottlosenverbandes, sondern finden sich in Büchern und Schriften des Präsidenten der Internationalen Bibelforscher-Vereinigung."

An anderer Stelle schreibt er noch: "Solche Äußerungen erweisen die 'Verkündigung der Wahrheit' als Wühlarbeit gegen das Christentum und die Schriften der Bibelforscher als Schmähschriften, die sich denen der Gottlosenverbände ebenbürtig an die Seite stellen. Der Umstand, dass in letzterer Gott und Christus offen abgelehnt werden, während die Bibelforscher desto mehr von Jehova und seinem 'Hauptbeamten und Generalfeldmarschall Jesus Christus reden, bringt sie dem Neuen Testament nicht näher."

Nach Hohenberger "kostet es keine geringe Überwindung, sich durch den Wust von Schmähungen hindurchzuarbeiten."

Hohenberger zitiert auch jene Passagen, namentlich aus der Russellliteratur, in welchem "der Zionismus verherrlicht wird". Derselbe Hohenberger, veröffentlichte im Jahre 1948 nochmals eine Schrift über die Zeugen Jehovas. Auch in seiner 1948-er Schrift zitiert er die Zionismus-Passagen, ohne zur Kenntnis zu nehmen, dass die zwischenzeitlich bei den Zeugen Jehovas zum "alten Eisen" geworfen worden waren. 1932 verstieg er sich zu der These: "In dieser offenkundigen Parteinahme für den Zionismus liegt zugleich die Erklärung, warum die Bibelforscher die christlichen Glaubensbekenntnisse als Fabrikate des Satans bekämpfen, eine Zusammenfassung des jüdischen Glaubens aber wiederholt abdrucken."

Weiter wiederholt Hohenberger im Jahre 1948 einige Zitate aus den Schriftstudien Band 7. So etwa dieses

„Gott wird die weltliche Ordnung der Dinge der Gewalt der bösen Anarchisten preisgeben, und er wird des „Christentums“ Ordnung der Dinge nebst allen, die damit verknüpft sind, wüst und öde machen, und zwar buchstäblich durch die Gewalt der Anarchisten, die der bestehenden Ordnung fremd und feindselig gegenüberstehen und geistlicherweise durch die Söhne Gottes.“ (Schriftst. VII, 671).

Oder auch dieses Zitat von ihm:

„Die böse und verderbte Zivilisation, die als „Christentum“ bekannt ist, soll noch öder und wüster gemacht werden als die Wildnis, welche Palästina umgibt. Sie soll ganz vom Erdboden hinwegefegt werden, um Platz zu machen für die einziehende neue Ordnung der Dinge“ (Schriftst. VIII, 538).

Auch das scheint Hohenberger zitierenswert:

„Die Anarchisten werden Kirchenmitglieder in großer Zahl - von Millionen - buchstäblich abschlachten.“ (Schriftstudien VII, 636)

Hohenberger unterlässt es aber nachzuweisen, aus welcher Ausgabe des Bandes VII der Schriftstudien er denn zitiert haben will. Es wird nicht bestritten, das es dort ähnliche Formulierungen geben mag. Zur Seriosität würde allerdings gehören, dass dann näher zu verifizieren

Nutzt man die leicht zugängliche Ausgabe von 1925 ist festzustellen. Keine wörtliche von Hohenberger bemühte Zitatstelle, ist dort so auf den angegebenen Seiten nachweisbar. Es drängt sich der Verdacht auf. Er zitiert lediglich nach dem Hörensagen.

Beispiel Zitat S. 636:

Der katholische "Brett vorm Kopf"-Apologet Fritz Schlegel schreibt in seinem 1925er Pamphlet (S. 66):

"Die Teufelsmaske der ernsten Bibelforscher. Zweiter Band Propheten und Pioniere des gewaltsamen Umsturzes"

Ferner stellen wir den Verfolgungen des Christentums in Russland folgender „Prophezeiung“ gegenüber:

„Die Anarchisten werden Kirchenmitglieder in großer Zahl von Millionen buchstäblich abschlachten (VII, 635,36)

Das wäre dann so eine "Belegstelle" die auch Hohenberger bemüht haben könnte:

Beispiel Zitat S 538.

Da könnte Hohenberger die Seite 551 der 1925er Ausgabe zitiert haben, die in der Tat ähnliches offeriert. Er indes nennt eine andere Seitenzahl.

Beispiel Zitat S. 671.

So auch von Jonak (dem faschistischen Apologeten) in seinem 1936er Buch zitiert.

Indes seine tatsächlichen Gewährsmänner benennt Hohenberger keinesfalls"

Was will Hohenberger noch im Jahre 1948 damit "rüberbringen"? Wohl dieses. Er ordnet sie damit in díe Kategorie der politischen Umstürzler ein. So behauptet er denn auch vollmundig:

"Schon längst wurde aber auch ganz offen zugegeben, daß Jehovas Zeugen als „Söhne Gottes“ mit den Umstürzlern gemeinsam am Werke stehen." (S. 10)

Mit einer solch oberflächlichen These bringt Hohenberger nur seine eigene Inkompetenz zum Ausdruck. Will man ein Gesamturteil zu Hohenberger formulieren, dann möchte ich sagen, dass er zwar einerseits relativ umfänglich die Bibelforscherliteratur zitiert. Das er andererseits jedoch nicht zu einem tieferen Verständnis ihrer Prämissen vorgestoßen ist. Er richtet sein besonderes Augenmerk auf die kirchenkritischen Aspekte. Er betreibt auch hier nur oberflächliche Apologetik. Er bemerkt, dass da eine Gruppe existiert, die seinesgleichen unbequem ist. Zu einem Verständnis, weshalb dem so ist, stößt er nicht vor. Wie auch, dann müsste er ja die Geschichte seiner eigenen Kirche kritisch hinterfragen. Dazu ist er nicht willens und nicht in der Lage.

Hohenberger ist exemplarisch für die zeitgenössische evangelische Geistlichkeit die sich mit den Bibelforscher/Zeugen Jehovas befasst hat. An Oberflächlichkeiten herumkratzend, haben sie Ursache und Wirkung bis heute noch nicht verstanden!

Exkurs, betreffend die angebliche Zitatstelle in der WTG-Literatur die da von buchstäblich abschlachten redet.

Bis zum Beweis des Gegenteils (und dieser notwendige Beweis ist bis heute nicht erbracht) steht fest: Als wörtliches Zitat in der zeitgenössischen WTG-Literatur, nicht vorhanden. Unter anderem Hohenberger erweckt diesbezüglich aber den Eindruck, als verwende er ein wörtliches Zitat.

Die Sachlage lässt sich dergestalt aufklären. Im Karl Rohm Verlag, Lorch (Württemberg) erschien um 1923 eine Schrift eines gewissen Karl Haug mit dem Titel: "Die ernsten Bibelforscher auch Milleniumsleute oder Russelianer genannt".

Haug und andere unterstellt schon mal, Russell sei angeblicherweise "Jude". Eine eindeutige Falschbehaptung. Weiter regt er sich über ein WTG-Flugblatt auf, dass die Überschrift: "Proklamation. Ein Aufruf an die Führer der Welt" trägt. Ergänzend teilt er zu diesem Flugblatt mit;

"Gegen Ende des Jahres 1922 verbreiteten die “ernsten Bibelforscher” ein Flugblatt in Millionen von Exemplaren, teils durch Beilage in Tageszeitungen z. B. im Berliner Lokalanzeiger, teils durch Verteilung auf den Straßen, an Kirchentüren, in Versammlungen, teils durch wörtlichen Abdruck im Inseratenteil von Tageszeitungen."

Und besagtes Flugblatt kommentiert er seinerseits mit den Sätzen:

"In diesen Zeilen liegt eine Verhetzung des Volkes allerschlimmster Art. Dies sagt der Jude unter der Maske des frommen Bibelchristen: Deutscher Mensch, deine Fürsten, Beamten, Offiziere haben sich verbunden, um dich buchstäblich abschlachten zu lassen.

So eine Gemeinheit! Glaubt der deutsche Michel diesen Blödsinn, dann wird er erfüllt mit Hass und Wut gegen seine geistlichen und weltlichen Führer und in seinem Denken dahin geführt, sich an ihnen zu rächen und sie allesamt in der kommenden neuen Revolution totzuschlagen. Diesen geheimen Ziel dienen die “Ernsten Bibelforscher” bewusst oder unbewusst. Das totschlagen der Geistlichen prophezeien sie auch das soll geschehen, weil es “Gottes Wille” sei. Bolschewisten sind es, die aus der Bibel einer Mordwaffe schmieden.!"

Es liegt also der Fall so, das ein eindeutig von Haug als Kommentarsatz formulierter scharfmacherischer Satz, von anderen, eben auch von Hohenberger, dann zu einem "wörtlichen" WTG-Zitat befördert wurde. Die Nazis spielten in organisatorischer Beziehung erst in den 30er Jahren eine größere Rolle. Gleichwohl ist der genannte Karl Rohm Verlag ein Vorläufer der Nazibewegung.

Die Wikipedia notiert zu ihm auch: "Rohm publizierte antisemitische Propaganda".

Noch ein Wesenselement zu ihm sei aus der Wkipedia zitiert: Er verlegte auch den Lorcher Astrologischer Kalender, der von 1919 bis 1990 erschienen ist. In der frühen Nazibewegung sammelten sich durchaus auch obskure Sektierer; eben auch im Karl Rohm Verlag.

http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Rohm

Eine andere im Karl Rohm Verlag erschienene Hetzschrift (Leonard Miksch: "Die ernsten Bibelforscher") bezeichnet den in Rede stehenden Kral Haug ausdrüücklich als einen "schwäbischen Theologen".

Auf der Suche nach den WTG-Aussagen, die da das Mißfallen des Haug erweckt haben könnten, sei beispielhaft auf das WTG-Flugblatt "Aufruf an die Welttmächte" verwiesen

http://wtarchive.svhelden.info/archive/de/Publikationen/1926_JR_Aufruf_an_die_Weltmaechte.pdf

Was immer man an seinem Inhalt kritisiert, eine Vokabel wie "abschlachten" findet man in ihm nicht. Das gilt auch für weitere WTG-Publikationen.

Gewissermaßen ein zeitgenössisches Gegenstück zu Hohenberger ist der Aufsatz von Bernhard Regge "Bibelforscherkonjunktur?" in der Zeitung "Der Freidenker" vom 16. 8. 1932. Regge geht von der These aus: "Bei aller Naivität, die diesen Leuten eigen ist, darf man diese Bewegung keineswegs bagatellisieren, darf man die Gefahr nicht unterschätzen, die mit ihrer verworrenen antikirchlichen, sozialen und antikapitalistischen sowie religiös-phantastischen Einstellung verbunden ist."

Regge kommentiert weiter: "Aber auch die kirchlichen Institutionen sind von dieser Krise betroffen. Die geschichtliche Verbundenheit der Kirche lässt in den gesellschaftlichen Machtkämpfen keine Neutralität aufkommen, sondern nur eine einseitige Parteinahme zugunsten der Reaktion. So muss diese zu einem Hilfsmittel der reaktionären Kräfte werden und als Teil dieser muss sie sich auch antisozial gebärden. Die Folge ist ein starkes Entfremden großer Volksmassen."

Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen "betet" Regge dann - wenig überzeugend - den Darwinismus als "Evangelium" nach. Wobei er damit weder bei den Zeugen Jehovas, noch bei den Kirchen irgendeinen "Eindruck" machen dürfte. Jedoch seien noch seine Schlussausführungen zitiert:

"Eines ist nur bewiesen, dass es eine jämmerliche Fiktion ist, von übersinnlichen Mächten eine Verbesserung der Lage des Menschen zu erhoffen, dass jeder Ausflug in die metaphysische Sphäre, jedes sich verlassen auf irrationale Kräfte eine Aufgabe dieses Kampfes bedeutet. Der soziale Kampf ist ein gesellschaftlicher Kampf den kein 'Gott' den Bedrückten abnehmen wird.

Das 'Paradies' fällt nicht vom Himmel, sondern jede Besserung der materiellen Existenzbedingungen der Schaffenden, die Beseitigung der kriegerischen Interessenpolitik der Herrschenden kann nur durch irdischen Kampf erreicht werden. Diese Art des Bibelforschen und anderer religiöser Institutionen, den Massen eine utopische Prognose zu suggerieren, ihnen eine kindliche Wunschzettel-Fata-Morgana vorzuspielen, führt nicht dem Ziele entgegen, sondern schafft eine einschläfernde, träumerische Passivität im bedeutungsvollen Freiheitskampf der Unterdrückten."

1932er Rückblick zur Zeugen Jehovas-Geschichte

Hohenberger zum Thama Bibelchronologie der WTG

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