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Geschrieben von Drahbeck am 16. Oktober 2004 08:11:10: Als Antwort auf: Honoratioren unter sich geschrieben von Drahbeck am 10. Oktober 2004 12:31:02: In der von Hans Hesse verfassten Einleitung, wird die DDR-Geschichte der Zeugen Jehovas in verschiedene Phasen eingeteilt. 1945-1950. Dann die Phase 1950-1961/62 usw. Schon diese zweite Phase würde ich etwas anders terminieren und zwar bis 1965 verlängert, wo der letzte Enthauptungsschlag" der Stasi, den auch Hesse marginal mit streift, stattfand. Gleichwohl ist diese Frage der Terminierung marginal und nicht das wesentliche. Schon weitaus kritischer werte ich das Hesse'sche Bedauern darüber, dass seiner Meinung nach, in der Geschichtsschreibung über die DDR-Geschichte (bislang) die Zeugen Jehovas nicht sonderlich hervorgehoben vorkommen. Offenbar würde es sich das Quartett Hesse, Hirch, Dirksen, Wrobel, die alle in diesem Band namentlich genannt werden und sich denn gegenseitig nach Kräften fördern, wünschen, gelänge es bezüglich der DDR-Geschichte eine ähnlich wirkungsvolle" Aktion in Szene zu setzen, wie das mit der Standhaft"-Ausstellung nebst Folgeaktionen, die NS-Zeit betreffend gelang. Es verwundert denn auch nicht, von Hesse habe ich auch nichts anderes erwartet, es sei aber trotzdem ausdrücklich nochmal festgehalten, dass z. B. in seinem Literaturverzeichnis nur solche Stimmen Niederschlag fanden, die auf WTG-Kurs schwimmen. Kritik an dem WTG-Kurs ist diesen Kreisen grundsätzlich ein Gräuel". Auf solch parteiische Basis, auf der auch Hesse steht, kann man sich natürlich stellen. Dann gilt es aber auch das Ergebnis nochmal zu benennen: Ein Parteibuch! Einer von vielen Zeugen Jehovas, welche die harte Hand des DDR-Regimes kennenlernten, war also auch der 1924 geborene Ewald Kaven. 1954 verhaftet, zu acht Jahren Haft verurteilt; nach seiner 1960er Haftentlassung führte ihn sein weiterer Weg nach Westberlin. Man erfährt; dort war er wieder beruflich als Schlosser tätig. Keine unspezifische Biographie für das ZJ-Milieu, und zugleich Versammlungsdiener der Versammlung Berlin-Neuköln. Erst im Jahre 1976 begann er seine Erfahrungen in der DDR-Haft einmal aufzuzeichnen. Und erst jetzt im Jahre 2004 kann man sie denn, so man mag, auch in Buchform zur Kenntnis nehmen. Weshalb so spät, wäre zu fragen? Andere politische Häftlinge der DDR, die ihr Weg anschließend in den Westen führte, pflegten in der Regel nicht solange zu warten. Entweder hatten sie etwas mitzuteilen, dann geschah das relativ früh. Oder eben sie hatten nichts mitzuteilen. Nun kann man lediglich entschuldigend geltend machen, dass ein gelernter Schlosser, wohl nicht der geborene Memoirenschreiber ist. Das ist zu akzeptieren. Dennoch greift diese Entschuldigung meines Erachtens zu kurz. Es ist das gesamte Klima in der WTG-Organisation, dass eben diese Abstinenz begünstigte. Der Einzelne ist ein Nichts in dieser Organisation. Die Organisation ist alles. Das ist das Klima. Und die Ergebnisse sind eben, auch in diesem Fall, die jahrzentelange Abstinenz. Bestünde nicht seit Beginn der Standhaft"-Aktion eine neue Ausgangsbasis, wäre mutmaßlich auch Herr Kaven heute noch einer dieser Abstinenten. In der Sache teilt er auch keine sonderlich neuen Erkenntnisse mit. Das die DDR-Haft alles andere als ein Sanatorium" war, dass die Vernehmungsprotokolle DDR-parteilich konzipiert und als nicht objektiv bewertet werden müssen. Das alles wusste man mehr oder weniger schon vordem. Einleitend wird denn auch ein aus den Kreisen der inhaftierten Zeugen verfasstes
Gedicht zitiert, dass auch maßgeblich die Titelwahl des Buches von Ewald Kaven Denn
einmal kommt der Tag, dann sind wir frei" ..." beeinflusste. Neu an diesem Zeitzeugenbericht erscheint mir lediglich der Umstand, worüber etwa auf Seite 33f. berichtet wird, dass die Stasi schon relativ früh ihre IM unter den Zeugen Jehovas hatte. Die dürften dann aber noch in der Regel der Stasirubrik Ausgebrochene" zuzuordnen sein. Einige Sätze, letzteren Aspekt betreffend, aus den diesbezüglichen Ausführungen in
diesem Buch: Im Juli 1951 sah ich Günter dann zum letzten Mal in Wismar. Er wollte in der folgenden Woche zu uns in die Versammlung kommen, aber er kam nicht. Ich fuhr nach Schwerin in seine Unterkunft, um nachzufragen, warum er nicht gekommen war. Schwester Urbanschick erzählte mir, Günter sei nach Berlin gefahren, aber nicht wieder zurückgekommen. In diesem Augenblick kam Hans Wolschke zur Tür herein und fragte auch nach Günter. Keiner konnte dazu etwas sagen. Hans ging mit mir aus dem Haus. Auf der Straße sagte er: 'Ich fahre dich schnell zum
Bahnhof'. Er hatte ein fast neues Motorrad. So eines hatte damals nur die Polizei. Ich
fragte ihn: 'Woher hast du denn so ein Motorrad?' Als Hans einmal nach Berlin fahren wollte, hatte er Gerhard Papke gebeten, ihm dabei
behilflich zu sein. Auf der Rückfahrt hatte Hans dann zu ihm gesagt: 'Ich setze mich hier
ins Abteil und du in den nächsten Waggon, dann fällt es nicht so auf.' Ebenso kopierte Hans die Monatsberichte jeden Monat erst bei der Stasi, ehe er sie nach
Berlin brachte. ... Gerhard ist ... aber dann bald nach Westdeutschland gegangen. In den Versammlungen
wurde bekannt gegeben, dass Hans Wolschke für die Stasi arbeitete. All das hatte Bruder
Wauer mir nach dem Kongress in Berlin mitgeteilt ..." 'In der nächsten Woche', kündigte der Stasioffizier an, 'wird bei Ihnen auf der Zelle
eine Durchsuchung vorgenommen. Dabei wird die Polizei etwas finden und Sie werden sofort
von der Arbeit abgelöst und dann auf Absonderung gebracht. Dann haben wir freie Hand und
können ohne Wissen der Polizei mit Ihnen Kontakt aufnehmen. Wir können ab dann jeder
Zeit miteinander sprechen.' ... Als 1960 aufgrund einer verkündeten DDR-Amnestie, sich auch für Kaven die Option eröffnete, vorzeitig entlassen zu werden, sollte er übrigens auch noch einen ähnlichen Stasi-Anwerbungsversuch erfahren. Die Familie des Kaven, war schon während seiner Haftzeit zu seiner Schwiegermutter nach Westberlin verzogen. Er selbst gab auch diese Westberliner Anschrift als seine Entlassungsanschrift an. Im Vorfeld der anstehenden Entlassung wurde er nun von einem wie er schreibt Beamten des Innenministeriums" kontaktiert. Der kam denn auch relativ schnell zur Sache. Faktisch war das ein Stasibeamter, ersichtlich auch daran, ausgerüstet mit diversen neueren WT und Erwachet!"-Ausgaben, dieses Gespräch zu suchen. In einer formal freundlich" gehaltenen Gesprächsatmosphäre. Eines seiner Gesprächsargumente war der Erwachet!"-Artikel Berlin -
eine geteilte Stadt". Zitat (S. 133): |