Die „Münchener Katholische Kirchenzeitung" trumpft auf
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 12. Mai 2015 22:14
Im Zeitspiegel
Nicht allen Aspekten der Ausführungen zum Bibelforscher-Thema in der „Münchener katholischen Kirchenzeitung" vom 10. 5. 1925 würde ich zustimmen. Das erst mal vorab grundsätzlich festgestellt.
Gleichwohl enthält diese Ausgabe einige Details, die es weiterhin verdienen, dokumentiert zu bleiben.
Vorangegangen war in dem gleichen Blatt in der Nummer 51/1924 unter der Überschrift "Ein ernstes Wort über die 'Ernsten Bibelforscher" eine Ausführung welche den St. Galler Bibelforscherprozeß vermarktete. Das taten auch andere Blätter, keinesfalls nur die MKZ.
In der 1924er Ausführung wurde auch festgestellt:
„Statt des geraden und einfachen Weges gerichtlich gegen die Verbreiter dieser Behauptung, in erster Linie das 'St. Galler Tagblatt' vorzugehen, wie die Züricher (Wachtturm Bibel- und) Traktatgesellschaft es in St. Gallen gegen Dr. Fehrmann getan hat, erklärt nun die Magdeburger Traktatgesellschaft die Schriftleiter jener Zeitungen, welche die Mitteilungen über die Feststellungen und Enthüllungen vor dem Gericht St. Gallen abgedruckt haben, als Verbreiter grober Unwahrheiten.
Die Redakteure sollten die Traktatgesellschaft Magdeburg verklagen, weil die Schriftleiter den Gerichtsbericht über die in St. Gallen so blamabel unterlegene Klägerin, die Traktatgesellschaft - Zürich veröffentlicht haben! ..."

Weiter die MKZ:
„Die Herren Bibelforscher machen sich die Sache sehr leicht. Warum klagen sie denn nicht.
Der Einfachheit halber und damit ja niemand - klug wie die Schlangen und glatt wie die Aale - uns durchschlüpfen kann, formulieren wir folgende 20 Punkte:

Und darin:
„1. Am 21. Januar 1924 haben die Protestanten der Stadt St. Gallen eine große Protestversammlung gegen die Umtriebe der 'Ernsten Bibelforscher' abgehalten.
Nach der Hauptrede des Univ. Prof. Dr. Ludwig Köhler ..."

Und aus Punkt 20 trumpft die MKZ dann auf:
„20 Ist es richtig, daß auch die Polizeidirektion und Regierungsrat des Kantons Nidwalden Missionaren der 'Ernsten Bibelforscher' die Hausierpatente verweigert haben? Daß das Bundesgericht durch diesen Entscheid bestätigt hat? ("Basler Nachrichten" 25. Juli 1924). ..."

Nun also in der Ausgabe vom 10. 5. 1925 nahm jene Kontroverse ihren Fortgang:
Man habe heisst es:
„vom „Pressebüro der Internationalen Vereinigung 'Ernster' Bibelforscher" in Freiburg ein drei Seiten langes Schreiben zugesandt bekommen, das sogar mit dem Preßgesetz zu drohen wagte. Dieses Schreiben ließ jede Kenntnis dieses § 11 vermissen und dem Schreiber fehlte jedes Recht, jede Aktivlegitimation zu einer Berichtigung. Trotzdem haben wir postwendend erwidert".

Man böte an, Korrekturen der eigenen Berichterstattung dann vorzunehmen, wenn sachlich begründeter Anlass dazu bestünde. Einstweilen indes wolle man einige Gegenfragen stellen.
„Die Sache ist uns so wichtig, daß wir Sie hiermit bitten, uns die genaue Adresse des „Herbert von Bomsdorff-Bergen, der in Baden wohnt" (Besitzer des „Freimaurerbriefes") angeben zu wollen, ebenso die genaue Adresse des Verlegers, der „vor Gericht bereits im März 1924 das betreffende Kapitel mit dem Freimaurerbrief widerrufen hat und nun auch das Buch nicht mehr herausgibt."

Und weiter:
„Der „Pressedienst der Bibelforscher" hat uns die gewünschten Adressen, wenn auch falsch, angegeben und sich einverstanden erklärt, daß wir die gewünschte Berichtigung bis nach der Berufungsverhandlung in St. Gallen zurückstellen. Nun warten wir bis zum heutigen Tage auf Antwort des vorgenannten Pressedienstes und um eine dem Pressegesetz entsprechende Einsendung.
Die Bibelforscher schweigen sich vollständig aus. Bis zum heutigen Tage haben wir keine Antwort erhalten."

Der Grund sei offenbar der, dass eine Berufsverhandlung in der Sache am 13. 5. 1925 bereits stattgefunden habe mit dem Ergebnis:
„Die zweite Instanz hat die Bibelforscher neuerdings zur Tragung der Gerichtsgebühren von 500 Fr. verurteilt, hat den erstinstanzlichen Richterspruch über die rechtlichen Kosten bestätigt und überdies die Bibelforscher verurteilt unter solidarischer Haftbarkeit dem von ihnen beklagten Dr. Fehrmann eine außerrechtliche Entschädigung von 863,65 Franken zu bezahlen."

Ihre inzwischen aufgebauten Kontakt zu dem Arzt Dr. Fehrmann und dem Herbert von Bomsdorff-Bergen nutzend, lässt sich die MKZ den Verfahrensablauf von letzterem schildern. Diese führten dann aus:
„Das Kantonsgericht hat die ganze materielle Seite zu beurteilen gehabt", schreibt uns der Angeklagte Dr. med. Fehrmann unterm 28. April, sie ist auch von beiden Parteien in mehrstündigen Plädoyers behandelt worden. In der richterlichen Beurteilung kam aber das Kantonsgericht zu der Abweisung der Kläger wegen mangelnder Aktivlegitimation.
Die V.E.B. legte Statuten ins Recht, die gar nicht ihre sind, sondern die einer englischen Handelsgesellschaft; eigene Statuten hat die V.E.B. nicht und will keine haben -
Sie ist für Angriffe nicht faßbar, wollte sich aber als Klägerin Rechtpersönlichkeit durch Einlegen eines anderen Status verschaffen!"

Als weitere Details in Wiederholung teilweise der eigenen Berichterstattung vernimmt man:
„Unsere Frage 4:
„Ist dieser verantwortliche Leiter der Bibelforscher Konrad C. Binkele in Zürich personengleich mit Mister Binkele, Bürger der Vereinigten Staaten, jüdisch Pinkeles, amerikanisch Bainggele" beantwortete das Pressebüro also:
„Nein! Der Bevollmächtigte K. C. Binkele entstammt christlich-evangelischen Eltern, gebürtig in Eppingen (Baden). Seine Vorfahren waren Arier, er schloß sich unserer Bewegung 1912 an und ist seit 1920 Generalbevollmächtigter und verantwortlicher Vereinigung für Mitteleuropa."

Namentlich die Diffamierung „Binkele jüdisch Pinkeles, amerikanisch Bainggele" spricht dann wohl Bände, und ist kaum als „Ruhmeszeugnis" für die MKZ anzusehen.
Man nahm dann auch noch Kontakt zu einem protestantischen Pfarrer in Eppingen auf, der dann in seiner Antwort mitteilt:
„Der evangelische Stadtpfarrer Ludwig Reimold in Eppingen schreibt uns auf Anfrage ...
Konrad Christian Binkele ist in Eppingen geboren am 4. Dezember 1867. Zu unserer unierten evangelisch-protestantischen Landeskirche Badens haben weder Konrad Christian Binkele, noch seine Vorfahren gehört. Diese hielten sich vielmehr allesamt von jeher zur antikirchlichen Sekte der Neutäufer, die man hier in der Gegend auch Untertaucher nennt, nach der Form ihrer Taufe der Erwachsenen; die Kindertaufe, der Eid u. dergl. wird von ihnen verworfen. Geleitet wird diese Sekte, die unsere Kirche niemals betritt, nicht von ordentlich vorgebildeten Geistlichen, sondern meist von Landwirten aus der Gegend (Gutspächtern). Ihre Kinder bekommen keinen ordentlichen Religionsunterricht. Man kann sagen, daß diese Sekte etwas Staatswidriges an sich hat; manche Kinder dieser Sekte die eine ungenügende Erziehung genossen haben, haben sich schlecht geführt im Leben -
Die Eltern des Konrad Christian Binkele sind Christian Heinrich Binkele, Wagner, eine Reihe von Jahren hier wohnhaft, wo seine Ehefrau herstammte. Der Vater ist geboren am 19. Mai 1837 (wo? ist in unseren Akten nicht ersichtlich, wahrscheinlich auswärts) und gestorben am 27. September 1889 hier Neutäufer. Er hat sich am 14 März 1867 ziviliter trauen lassen mit Christine Trelz, Metzgers-Tochter von Eppingen (letztere geboren dahier am 2. Februar 1847 und gestorben dahier etwa 1908 ebenfalls Neutäuferin).
Die Großeltern (väterlicherseits) unseres Christian Binkele waren: Christian Binkele, Landwirt auf dem Immelhäuserhof (bei Sinsheim a. D. Eisenz, Kreis Heidelberg, Baden) und dessen Ehefrau Christine, geb. Frey, alle der evangelischen Sekte der Neutäufer zugetan. Das gleiche gilt von den Großeltern mütterlicherseits.
Mit Israeliten ist die Familie Binkele nicht verwandt."

Auch wenn auch dieses Votum einige Tendenziösitäten aufweist, ist doch besonders beachtlich, dass eine Unterstellung in Sachen Judentum, mittels dieses „Stammbaumes" erst mal als „abgeschmettert" zu bezeichnen ist.
Dennoch will die antisemitisch angehauchte MKZ einfach nicht locker lassen. Dafür steht dann auch ihre Polemik:
„Richtig ist nach dem Eingeständnis der Bibelforscher auch unser Hinweis, daß sie sich im Prozeß durch das jüdische Advokatenbüro Dr. Liebermann bzw. den ehemaligen polnischen Juden Dr. Adam Reichstein verteidigen ließen (Frage 5 und 6). Beide haben auch in der Verhandlung vom 13. März die Bibelforscher vertreten."

Darauf bekam die MKZ dann die Antwort:
„Das Preßbüro der Bibelforscher erklärt dazu nur:
„Binkele hat seinen Rechtsbeistand nicht befragt, ob dessen Vertreter in Polen oder sonstwo geboren ist. Die Bibel sagt, daß wir Menschen aus einem Blut gemacht sind."

Das indes will die MKZ so nicht gelten lassen und tönt dann weiter:
„Es handelt sich hier nicht darum, wo der Verteidiger Binkeles geboren wurde oder „ob wir Menschen aus einem Blute" sind. Es handelt sich um Weltanschauung. Der ganze Prozeß dreht sich um die eine Frage, ob eine enge Verbindung der „Bibelforscher" mit dem Judentum besteht, was die „Bibelforscher" ganz verzweifelt bestreiten."

Für letztere These wird dann insbesondere auf Philosemitische Passagen in der WTG-Literatur verwiesen, und auch, das dass seinerzeitige Mitglied des Antisemitischen „Deutschvölkischen Schutz und Trutzbundes", August Fetz, auch von der MKZ als „Autorität" gehandelt wird.

Der nächste wesentliche Aspekt den die MKZ abhandelt, betrifft den sogenannten „Freimaurerbrief" und seinen Erstpublizierer in der Öffentlichkeit. Dazu erfährt man via MKZ:
„Der Adressat Herbert von Bomsdorff-Bergen.
Bomsdorff-Bergen war Großkommandeur 33 Grad, Leiter der ... Bruderkorrespondenz für alle fünf Kontinente, außerdem noch der I. Großbeamte und der Inhaber von sechs anderen Ämtern. Er hat der Loge längst, auch offiziell, den Rücken gekehrt ermächtigt uns, seinen Namen zu nennen."

Dann wird die von Bomsdorff-Bergen initiierte Publikationsgeschichte in Sachen dieses Briefes referiert. Und weiter:
„Der Empfänger des (Freimaurer-)Briefes H. v. Bomsdorff-Bergen, schreibt uns weiter mit der Vollmacht zur Veröffentlichung:
Anfangs Juni (1923) erhielt die Redaktion des „Morgen" einen Einschreibbrief von den Rechtsanwälten der sogen. Ernsten Bibelforscher, der Autor des Artikels soll unter Klageandrohung Widerruf leisten. Ich ließ absichtlich die gestellte Frist verstreichen, um die Herrschaften zur Klage zu reizen. Sie klagten aber nicht. Auf Veranlassung des „Morgen" brachte ich am 16. Juni 1923 einen Artikel, der alles andere als ein Widerruf und nur eine neue Bekräftigung der erhobenen Anklagen war. ... Die Bibelforscher schwiegen bis Mitte September, also volle drei Monate. Da erhielt der „Morgen" wieder einen Einschreibebrief der Rechtsanwälte, in welchem nochmals mit Klage gedroht wird, auf die ich ja so sehnlichst gewartet habe, um den Herrschaften vor Gericht die Beweise ihrer „Harmlosigkeit" unter die Nase halten zu können und gleichzeitig weiteren Verdächtigungen durch Gerichtsurteil ein Ende zu machen.
Wiederum ließ ich die Frist von acht Tagen, die mir für den Widerruf eingeräumt wurde, verstreichen, und brachte am 3. Oktober 1923 einen Zeitungsartikel, den jeder, selbst mit einem einfachen Denkvermögen Bedachte als eine direkte Herausforderung zur Klage ansehen muß. ... Man klagte nicht. Die gesetzliche Frist zur Klageerhebung verging, man ließ sie verstreichen ..."

Also Bomsdorff-Bergen direkt wurde WTG-seitig nicht tangiert. Anders hingegen sein Buchverleger, in dessen Verlag, Bomsdorff-Bergen seine Thematik in einem Buche auch mit abhandelte.
Über letzteren vernimmt man dann in der Darstellung des v. Bomsdorff-Bergen:
„Ich habe mich in meinem Verleger arg getäuscht. Ich wußte nicht, daß er wiederholt vorbestraft war.
Es kommt noch besser: Der Herr Verleger schloß mit dem Rechtsbeistand der sog. „Ernsten Bibelforscher" vor der Gerichtsverhandlung einen Vergleich, in dem er hinter dem Rücken des Autors den Inhalt jenes Briefes wiederrief."

Auch der Mit-Interviewte Arzt Dr. Fehrmann kommentierte dann in der MKZ jenen Verleger-Vergleich mit den Sätzen:
„Es ist bezeichnend, daß der Verleger aus eigenen Stücken referiert hat, ohne den Autor auch nur anzufragen oder zu benachrichtigen, trotzdem ihm seine Adresse bekannt war, und daß der Verleger keine Entschädigung, nicht einmal Gerichtskosten bezahlen mußte, sondern diese von der „Internationalen Vereinigung „Ernster Bibelforscher" getragen wurden."

Der Hintergrund wird dann etwas deutlicher in der Form der Zitierung eines weiteren Presseartikels. Dazu liest man dann via MKZ:
„Am 6. Oktober 1924 erhielt der Autor Kenntnis von folgendem Inserat im Oltener Tageblatt.
„ ... Um der Ehre der von ihr vertretenen Wahrheit willen sah sich die Internationale Vereinigung Ernster Bibelforscher genötigt, gegen den oben genannten Verleger beim Bezirksgericht Zürich Klage wegen Ehrverletzung durch die Presse einzureichen ... Am 31. Mai kam folgender Vergleich zustande:
In der heutigen Verhandlung vor dem Untersuchungsrichten widerruft der Verlag L. Keller-Zoller die Veröffentlichung über die Internationale Vereinigung Ernster Bibelforscher auf Seite 141 bis 144 in der Broschüre „Ein Weltbetrug ..." und erklärt, gegen die gerichtliche Beschlagnahme dieser Broschüre, des Leitsatzes oder der Druckplatten nichts einwenden zu können.
Der Verlag verpflichtet sich, die eingeklagten Äußerungen nicht in gleicher oder ähnlicher Form zu veröffentlichen. Gestützt auf diese Erklärung ziehen die Ankläger die Anklage zurück.
Internationale Vereinigung Ernster Bibelforscher
Zentraleurop. Büro Zürich."

Weiter im Kommentar von Bomsdorff-Bergen via MKZ dazu:
„In dem Protokoll jener Vereinbarung ist die Stelle enthalten, daß ich (Buchverleger Keller-Zoller) zu dem Vergleich nur die Hand biete, weil durch Unterschlagung des sog. Freimaurerbriefes mir die Möglichkeit einer richtigen Beweisführung genommen ist, was für mich den Grund bildet zur Verständigung mit den Ernsten Bibelforschern. Die Ernsten Bibelforscher haben auch die Kosten des gegen mich eingeleiteten Verfahrens übernommen. Die Ernsten Bibelforscher, so konstatiert der Verleger weiter, machten nachher breitspurige Veröffentlichungen, ließen aber jene Protokollstelle mit Absicht unerwähnt."

Damit wähnte dann die WTG jene Äffäre „ausgestanden" zu haben. Auf der justiziablen Ebene, vielleicht. In moralischer Sicht wohl kaum!
Eine Zusammenfassende Referierung des gesamten Komplexes hat dann auch Jonak in seinem ZJ-Buch noch offeriert.
In der gedruckten Buchausgabe etwa ab Seite 41.
In meiner eigenen Onlinestellung einiger Auszüge aus dem Jonak-Buch habe ich diese Passage allerdings nicht mit übernommen.
Der Grund ist halt eben, die Überbewertung, die Bibelforscher seien von Freimaurer/Juden fremdfinanziert, kann ich so nicht teilen.
Eine Anschubfinanzierung mag es vielleicht gegeben haben. Auch die Rockefellers und Co pflegten in Sachen Religion zu investieren. Jedoch florierende Geschäftsunternehmen pflegen sich auf lange Sicht selbst zu tragen.
Dieses wirtschaftliche sich Selbsttragen können, muß man fairerweise auch der WTG zugestehen.
Siehe zum Thema unter anderem auch:
Mysnip.128044
Mysnip.113818.

„Weil's wahr ist"
geschrieben von:  Drahbeck
Datum: 14. Mai 2015 00:28
Im Zeitspiegel
Eine bemerkenswerte Demaskierung (in Teilen kann man sogar von einer Selbstdemaskierung sprechen), des Herbert von Bomsdorff-Bergen, kann man auch dem Jahrgang 1925 der „Monistischen Monatshefte" entnehmen (S. 386f.)
Zum Monistenbund erst mal die Anmerkung, er stellte in den 1920er Jahren den eher bürgerlichen Flügel der Freidenkerszene dar. Die war ja alles andere als ein „monolithischer" Block und reichte von den „Freireligiösen" (den „Zahnlosen", wie selbst andere aus dem Freidenkermilieu sinngemäß feststellten), bis eben zu jenen Monisten. Letztere zeichnete auch aus, von Herkunft vielfach den „besseren Kreisen" (und sei es nur finanziell besser) zuzugehören. Aufgrund dieser sozialen Stellung oftmals in der Gefahr, auf den „Pöbel" herablassend zu blicken. Und in der Folge dieser Gemengelage auch eigene Organisationsformen zu praktizieren, die sie vom „Pöbel" (ihrer Meinung nach) abgrenzten.
Was die nicht besseren und eben die „besseren" Kreise in dem Falle doch vereinte, war ihre beiderseitige Kirchenkritische Einstellung.
Eine charakteristische Kommentierung des Monistenbundes, konnte man auch in der zeitgenössischen Zeitschrift „Der Atheist" (Jahrgang 1920 S. 139 ) lesen, die als erstes mal zitiert werden soll. Unter der Überschrift „Spät kommt ihr, doch ihr kommt" wurde dort von Hugo Efferoth kommentiert:
„Der deutsche Monistenbund (hat) ... seine diesjährige Hauptversammlung abgehalten. Die Tagung beschäftigte sich, wie ein der Presse zugestellter Bericht ... besagt, hauptsächlich mit der Festlegung neuer Richtlinien für den Bund.
Worauf es ankommt, das ist der unendlich symptomatische Satz:
„ ... Ist es unsere Pflicht, uns mit den Prinzipien des Sozialismus vertraut zu machen."
In diesem Satz liegt eine Welt von Trennung, von Unverständnis, von Todfeindschaft gerade in den für uns entscheidenden Fragen. Eine geistige Elite des Bürgertums entdeckt nun, ausgerechnet im Jahre des Heils 1920, ihre Pflicht, sich mit den Prinzipien des Sozialismus vertraut zu machen. ... Wenn das am grünen Holze geschieht, was wird dann erst am dürren geschehen.
Früher hat man im Monistenbund bis in die letzten Tage hinein Jahrzehnte lang Häckel zugejubelt, der den Darwinismus und das Prinzip des Kampfes ums Dasein und der Auswahl der Tüchtigsten in brutalster Weise gegen das Proletariat und seine Ideen zu kehren suchte. In einer Weise, die den politisch-geschichtlichen Kenntnissen ebensowenig wie der wissenschaftlichen Unvoreingenommenheit des Gelehrten wahrhaftig Ehre machte.
Heute gesteht man in diesen selben Kreisen, daß man das, was man bekämpft hat, eigentlich noch gar nicht studiert hat.
Ist das nicht also geradezu klassenkämpferischer Katholizismus gewesen, dem man da gehuldigt hat?
Ist das nicht ein Standardbeispiel einer geradezu römischen Antimodernistenhatz, die die bürgerlichen Freidenker einfach von ihren großen Gegnern am Tiber abgeguckt haben?
Hier klafft der Gegensatz zwischen uns und jenen ... es ist sozialistisches, es wird nicht gelesen.
Es ist Karl Marx und den übersieht geflissentlich selbst ein freidenkerischer bürgerlicher Professor.
Wer ihn aber liest, muß zuerst auf dem Vereinswege dazu in aller Form aufgefordert werden. Die Monisten haben selbst aufgedeckt, was uns von ihnen trennt."

Trotz dieser Divergenzen, verdient ein weiter oben Seitenmäßig nachgewiesener Artikel der „Monistischen Monatshefte" eine positive Bewertung.
Sein Verfasser offenbar in der Süddeutschen Stadt Ulm wohnhaft, entdeckte in einer Kirchenzeitung vom 10. 7. 1925, einen von Herbert v. Bomsdorff-Bergen verfassten Artikel. Er referiert dann die Ausführungen des Bomsdorff in diesen Artikel mit den Detailangaben:
„Die Sekten haben im Plan der Weltfreimaurerei eine dreifache Aufgabe.
(In einer Fußnote wird den verirrten Schäflein gütlich zugeredet:
„Ausdrücklich sei konstatiert, daß von diesem Plan, der nur den Eingeweihten des innersten Kreises in allen Teilen bekannt ist, die wenigsten Brüder eine Ahnung haben, denn sonst wäre es unmöglich, daß der Weltfreimaurerei christliche, nationalgesinnte, durchaus ehrenhafte (!) Männer angehören könnten!")

Also liegt Bomsdorff-Bergen voll auf der Linie der Weltverschwörungsapostel.
Nachdem der Autor in den „Monistischen Monatsheften" sich nun die Ausführungen des Bomsdorff-Bergen einverleibt hatte, sucht er als Schlußresümee zusammenzufassen, was er den von dergestalt von Bomsdorff-Bergen „gelernt" habe.
Das ist offenbar dieses:
„Diese verflixten jüdischen Freimaurer, denen leider auch „christlich nationalgesinnte" also „ehrenhafte" Männer angehören, sind an allem schuld. An dem jüdischen Kapitalismus, an dem jüdischen Sozialismus, an dem Weltkrieg, an dem Dolchstoß und an der Inflation."

Und wie sieht es nun mit der Begründung für diese These nach Bomsdorff-Bergen aus:
Dazu konnte der Referent dann nur die sinngemäße Feststellung wiedergeben:
„Warum? Weils wahr ist."

So „einfach" ist das also, heißt man nur v. Bomsdorff-Bergen!

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